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Riechen...

Riechen …..

Immer der Nase nach

Der Geruchssinn ist der unmittelbarste der menschlichen Sinne.

Wenn man zum ersten Mal einen Raum betritt oder einen unbekannten Menschen trifft, ist es in der Regel der Geruchssinn, der einem die ersten Eindrücke verschafft.

Der Geruchssinn schützt vor verdorbenen ‚Essen, Gas, Rauch und Feuer und er hat großen Einfluss auf die Partnerwahl, wenn er fehlt drohen ernsthafte Folgen für unsere Gesundheit. Ein gesunder Mensch kann mehr als 10000 verschiedene Düfte unterscheiden.

Wie war es denn eigentlich, als ich meinen Mann vor über 60 Jahren kennen lernte?

Haben ihn zuerst meine Augen als gut aussehend wahrgenommen, haben meine Ohren seine Stimme als angenehm empfunden oder war es meine Nase, die ihn als gut riechend wahrgenommen hat? Ich glaube, es war alles zusammen. Gut gerochen hat er auf jeden Fall und ich beschnupper ihn auch heute noch gerne.

Es ist seltsam, welche Kindheitserinnerungen manchmal haften bleiben. Es mag 1944 gewesen sein .Nach einem Luftangriff auf meine Heimatstadt Essen, kamen wir aus dem Luftschutzkeller hoch und nahmen einen Brandgeruch wahr, der von zwei in unserer Straße von Bomben getroffenen Häusern kam, die lichterloh brannten. Und ich sehe noch meine Mutter vor mir, die sich nach jedem überstandenen Bombenangriff vor Erleichterung, dass uns nichts passiert war, eine Zigarette anzündete. Ich meine noch heute den Geruch in der Nase zu verspüren.

Es muss kurz nach Ende des Krieges gewesen sein. Ich war ca. 7 Jahre alt und es herrschte 1945 Lebensmittelknappheit.. Die Menschen mussten vor den Läden stehen, um z. B. ein Brot zu ergattern oder einen Rinderknochen zum Auskochen, um eine gute Suppe zubereiten zu können.

Ich erinnere mich, dass mich meine Mutter damals für eine kurze Zeit alleine zuhause gelassen hatte, um vielleicht beim Bäcker anzustehen, nachdem sie sich aber bei mir erkundigt hatte, ob ich das wohl schaffe und keine Angst hätte. Ich wollte tapfer sein und versicherte keine Angst zu haben.

Als die Tür hinter meiner Mutter ins Schloss fiel, war es bei mir mit dem tapfer sein vorbei und ich fing an zu weinen. Da entdeckte ich die Kittelschürze meiner Mutter, die sie abgelegt hatte und am Kleiderhaken hing. Ich grub mein Näschen da rein, nahm den Geruch meiner Mutter wahr und der vertraute Geruch tröstete mich ein wenig.

Welche Erinnerungen verbinden mich denn noch mit dem Riechen?

Ich erinnere mich an die Zuckerrüben, die auf dem Herd köchelten, von denen meine Mutter einen sehr schmackhaften Brotaufstrich, nämlich Rübenkraut kochte. Zuggegeben der Gestank war fürchterlich, aber das Ergebnis dafür hervorragend, wenn dann noch Brot und Butter da war, dann war es ein Genuss.

Aber da gab es noch einen anderen Geruch, den meine Nase wahrnahm, als meine Mutter wo auch immer ein Hühnchen aufgetrieben hatte, das nun auf dem Herd schmorte und einen köstlichen Geruch verbreitete. Das sind die Gerüche, die mir aus der Kindheit in Erinnerung geblieben sind.

Im Laufe meines Lebens habe ich viele verschiedene Gerüche wahrnehmen können.

Etwas, worüber sich meine Nase auch heute noch freut, ist der Duft des frisch aufgebrühten Kaffees. Wenn ich in einer Bäckerei stehe nimmt meine Nase den köstlichen Geruch der frisch gebackenen Brote auf.

Vor ein paar Jahren sind wir den Rennsteig in Thüringen gewandert, 168 Kilometer in 10 Tagesetappen .. Ich erinnere mich an einen Tag, als mir kurz vor einem Wanderparkplatz der Geruch von frisch gebratenen Thüringer Bratwürsten in die Nase stieg. Und so gut wie sie gerochen haben, haben sie auch geschmeckt-

Jede Jahreszeit hat nicht nur ihr eigenes Aussehen, sondern auch ihren eigenen Geruch. Im Frühjahr liebe ich den Geruch des frischen Grün der Wiesen und den Duft der ersten Frühlingsblumen. Im Sommer liebe ich die reinigende Luft nach einem Gewitter. Den Geruch des Herbstnebels mag ich nicht so. Im Winter würde ich mich mal wieder über den Schneegeruch freuen.

Von all den 10000 Düften zu schreiben bräuchte ich sicherlich Jahre, deshalb will ich es bei meinen Erinnerungen belassen und meinen Beitrag hiermit schließen.

 

 

 

 

Impressum

Texte: Doris Frese
Tag der Veröffentlichung: 05.03.2020

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