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Timmy erzählt

Timmy erzählt.

Eine Hundewoche bei Doris und Werner.

Vorwort:

 

Meine Schwiegermutter musste 1985 infolge eines Herzinfarkts ins Krankenhaus. Mein Mann und ich erklärten uns bereit ihren Langhaardackel Timmy für 4 Wochen zu uns zu nehmen.

Unsere drei Kinder verbrachten irgendwo ihre Ferien, waren deshalb also nicht zu Hause, und ich hatte Zeit, mich um Timmy zu kümmern.

Timmy war knapp ein Jahr alt, noch sehr verspielt und forderte sehr viel Aufmerksamkeit.

Ich hatte mich eigentlich auf ein paar Wochen Ruhe, ohne Kinder, gefreut, und war nicht bereit, mich voll und ganz dem Hund zu widmen, was dazu führte, dass ich dem Hund gegenüber manchmal ein schlechtes Gewissen hatte.

Da ich wusste, dass meine Schwiegermutter sich um Timmy sorgte, und ich ihr nichts von meinen Gewissensnöten erzählen wollte, kam mir der Gedanke, was Timmy wohl seinem Frauchen erzählen würde, wenn er sprechen könnte. Ich versuchte mich in Timmy hinein zu versetzen und schrieb einen Brief, den ich der Schwiegermutter dann ins Krankenhaus schickte.

Timmy erzählt:

Also weißt Du Doris, viel lieber würde ich ja jetzt ein Schläfchen halten. Gerade habe ich es mir in meinem Körbchen gemütlich gemacht, und nun verlangst Du so was von mir.

Na, ja, aber andererseits für mein Frauchen tu ich alles; wenn Du meinst, dass sie sich darüber freut. Schließlich wird uns Hunden nachgesagt, dass wir treu und anhänglich sind. Das stimmt ja auch, nur muss das wirklich jetzt sein?

Dann werde ich mal mein Hundegehirn ein bisschen anstrengen. Tja, wie war das noch, warte mal, ich überlege

Jetzt fällt es mir ein.

 

Liebes Frauchen:

Die Doris meinte, ich soll Dir einmal erzählen, wie es mir hier so ergangen ist in der einen Woche. Sie will das dann auf der Maschine mit den vielen runden Tasten aufschreiben und Dir schicken. Und weil ich Dich so gerne habe und Dir gerne eine Freude bereiten möchte, erzähle ich es Dir jetzt.

Es war am Sonntagnachmittag, als mich Werner und Doris abholten. Die Fahrt in ihrem Auto kam mir sehr lang vor. Wenn die Doris mich nicht ab und zu gestreichelt hätte, wäre ich langsam ungeduldig geworden.

 

War ich vielleicht froh, als wir endlich unser Ziel erreicht hatten. Die Wohnung kannte ich noch von meinem letzten Besuch, als ich für eine Woche mit Dir hier war. So wie ich das mit meinem Hundeverstand erfassen konnte, sollte ich jetzt wohl für eine Weile hier bleiben. Abwarten und Wasser trinken, dachte ich. Ein kleines bisschen hoffte ich auch, dass Du liebes Frauchen mich hier erwarten würdest. Aber Du warst natürlich nicht da. Es war überhaupt niemand das. Mir war jetzt schon alles egal.

 

Gespannt beobachtete ich, wo mein Körbchen hingestellt wurde. Ich sollte also in dem gleichen Zimmer schlafen, in dem Du geschlafen hattest, als wir hier waren. Sollte ich etwa ganz alleine hier schlafen? Aber nicht mit mir. Vorerst ließ ich sie gewähren und beschloss auf alle Fällt auf der Hut zu sein.

 

Ach, meine Ente hatten sie ja auch mitgebracht.

 

Ja, und dann fing der Werner auch schon an mit mir zu toben. Ich muss sagen, das ließ sich ganz schön an. Das gefiel mir schon mal.

Was, mehr nicht? Das war aber nicht viel. Ich muss schon sagen, da war ich aber mehr gewöhnt. Und nun ging er auch noch weg, ohne mich mitzunehmen.

Ich musste bei der Doris bleiben. Die hatte inzwischen meinen Trinknapf mit Wasser gefüllt und in die Küche gestellt. Mein Fressnapf war auch voll. Geflügelhappen!! Da hatte ich nun gar keinen Appetit drauf. Aber ich wollte nicht schon am ersten Abend unangenehm auffallen und fraß etwas aus Höflichkeit.

 

Ich merkte, die Doris war nicht zufrieden damit. Nun machte sie den Fernseher an und setzte sich auf die Couch. Für mich das Signal zu toben. Ich holte meine Ente und sah Doris erwartungsvoll an.

 

„ Nein, Timmy, ich tobe jetzt nicht, ich möchte jetzt Fernsehgucken.“

 

Das war ja ganz was Neues. Nein, meine liebe Doris, so nicht, nicht mit mir. Du kennst mich noch nicht. Das lasse ich mir nicht gefallen, dachte ich, und nun legte ich los. Ich stellte mich in die Diele und fing laut an zu bellen. Richtig schön laut. Ich fand überhaupt, so schön hatte ich noch nie gebellt

.

Aber stell Dir vor Frauchen, das machte keinen Eindruck auf Doris. Im Gegenteil, nun schimpfte sie auch noch. Ich tat so, als hörte ich nichts und bellte lustig weiter. Wer sag`s denn. Ich hatte es schließlich geschafft, und sie tobte mit mir. Mein erster Erfolg.

Mit der werde ich spielend fertig, dachte ich und war erst einmal zufrieden.

 

Um einen guten Eindruck zu hinterlassen, fraß ich noch etwas, obwohl es mir nicht besonders schmeckte und legte mich ohne Widerbellen ins Körbchen.

 

Nach einiger Zeit kam der Werner auch wieder nach Hause. Aber was war denn das nun wieder? Die beiden verschwanden in ein ganz anderes Zimmer und zwischen meinem und ihrem Zimmer war noch die große Diele. Die merken wohl auch nichts mehr, dachte ich und überlegte, wie ich dem Abhilfe schaffen könnte.

 

Und ich hatte eine Idee.

 

Ich verließ mein Körbchen und legte mich einfach in die Diele. Richtig, Werner musste zur Toilette (ich nehme an, sein Bein hoch halten), er sah mich und …..ja, war denn das zu fassen, ich musste wieder in mein Körbchen. Ich wieder raus, wieder in die Diele rein. Jetzt kam die Doris, sie steckte mich auch wieder ins Körbchen.

Da war wohl nichts zu machen. Trotzdem, ich fand, sei sollten bestraft werden. Ich noch einmal raus, rein in die Küche, hob mein Bein, und ein kleiner Bach schmückte den Boden.

So, das hatten sie nun davon. Zufrieden schlief ich nun ein.

 

Dann kam der Montagmorgen.

 

Träumte ich, oder hörte ich richtig?

Nein kein Traum.

Warum in aller Welt stehen die denn schon auf? Das war ich nun gar nicht gewöhnt. Vielleicht müssen sie nur mal ein Bein hoch heben, dachte ich. Nein falsch. Für die ist die Nacht anscheinend herum. Na , ja, ich hätte zwar noch weiter schlafen können, aber was soll s.

Oh, je! Jetzt sah die Doris die Bescherung in der Küche. Ganz wohl war mir nun doch nicht. Sie schimpfte ein wenig und meinte, ich wäre ein böser Timmy. Ich legte mich einfach auf die Seite und tat so, als hörte ich nichts.

Jetzt war sie ruhig.

 

Ob ich wohl mal ein Auge riskieren kann? Ob sie noch böse ist? Nein, böse war sie nicht mehr, sie meinte nur, ich soll sie nicht so mit meinem Hundeblick anschauen als ob ich kein Wässerchen trüben könnte.

 

Aber ich hatte mit meiner Aktion erreicht, dass mein Körbchen nun in die Diele gestellt wurde.

Sonst ist an dem Tag dann eigentlich nichts Besonderes passiert

 

Ein Problem ist das Gassigehen. Wenn die Doris mit mir geht, will sie nie dahin gehen, wo ich hin will. Und so leicht, wie ich dachte, werde ich doch nicht mit ihr fertig. Donnerwetter, das hätte ich nicht gedacht. Ich ziehe jedes Mal meine übliche Tour ab, bleibe einfach sitzen und will nicht weiter. Bloß, sie lässt sich nicht darauf ein. Sie zieht mich einfach weiter. Unverschämtheit !!!

 

An den übrigen Tagen gab es zwar so kleine Differenzen zwischen Doris und mir, aber es lohnt sich nicht davon zu erzählen.

Liebes Frauchen. Nun bin ich schon fast eine ganze Woche hier. Eigentlich geht es mir ganz gut hier, davon abgesehen, dass du mir sehr fehlst, wenn mir bloß die Doris nicht immer ihren Willen aufzwingen möchte.

 

Aber wie gesagt, ich bin auf der Hut. Ich wehre mich, so gut sich ein Langhaardackel wehren kann. Mach Dir keine Sorgen um mich. Ich halte es schon noch ein Weilchen hier aus.Trotzdem freue ich mich darauf, wenn wir zwei wieder zusammen sind.

 

Es grüßt Dich mit einem kräftigen Wau, wau

Dein Timmy.

Impressum

Texte: Doris Frese
Tag der Veröffentlichung: 03.03.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In gedenken an meine Schwiegermutter und Timmy, dem Langhaardackel

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