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Das verstehe ich unter Heimat

Das verstehe ich unter Heimat

 

Der Begriff „Heimat „ war mir als Kind schon sehr vertraut. Ich erlebte als knapp 7 jährige das Kriegsende in einem Vorort von Essen. Die Stadt war durch Bombenangriffe stark gebeutelt. Es gab viele Ausgebombte, die ihr Hab und Gut verloren hatten und heimatlos waren. Der Zusammenbruch der Ostfront führte zu einer Massenflucht iAus den Ostgebieten riss der Flüchtlingsstrom nicht ab, und aus einigen Gebieten z,. B. dem Sudetenland kamen die Heimatvertriebenen. Das waren deutsche Staatsangehörige, die als Folge des Zweiten Weltkrieges ihre Heimat in den damaligen deutschen Ostgebieten( in den Grenzen 1914 und 1937) verlassen mussten.Viele Menschen hatten also ihre Heimat verloren.

 

Heute sind es die Flüchtlinge aus Syrien und dem schwarzen Kontinent, denen nun das gleiche Schicksal widerfährt.

 

Der Gedanke, dass unser Haus durch eine Bombe zerstört werden könnte, war schrecklich für mich, und als Kind betete ich, dass es nicht passiert.

 

Aber auch diese schlimme Zeit hatte mal ein Ende. Ich verlebte eine unbeschwerte Kindheit und Jugendzeit in meiner Heimatstadt Essen. Ich lernte dort meinen Mann kennen, wir heirateten, bekamen drei Kinder und bis zum 30. Lebensjahr sah ich Essen als meine Heimat an.

 

Dann 1968 wechselten wir, berufsbedingt durch meinen Mann, unsere Heimatstadt und zogen von Essen nach dem 80 Kilometer entfernten Hamm. Der Abschied von den Eltern und Geschwistern meines Mannes und den Freunden fiel uns nicht leicht. Doch die Neugier auf unser neues Zuhause ließ uns den Abschiedsschmerz vergessen Es dauerte auch nicht lange und wir hatten uns in unserem neuen Heim eingelebt und fanden sehr schnell auch neue Freunde

 

Alle drei Kinder wurden hier in Hamm eingeschult. Es wurde unsere neue Heimat. Und hier wohnen wir nun schon 46 Jahre. Ich fühle mich hier sehr wohl.

 

Aber ich hätte mich wahrscheinlich in jeder anderen Stadt wohl gefühlt, denn ich verbinde den Begriff Heimat mit dem Gefühl der Geborgenheit. Da ist meine Heimat, wo meine Familie ist und meine Freunde sind.

 

Im letzten Jahr unternahmen wir auf Wunsch unserer jüngsten Tochter eine Reise in die Vergangenheit. Wir haben alle Orte in Essen aufgesucht, die für uns von Bedeutung waren. Wir ließen unsere Vergangenheit wieder mit unseren Geschichten aus unserer Kinder- und Jugendzeit lebendig werden.

 

Wir besuchten das Haus in dem mein Mann groß geworden, wo er zur Schule gegangen ist und wo ich meine Kindheit verlebt habe. Die Schule, in der ich damals eingeschult wurde gab es leider nicht mehr. Wir standen vor den Kirchen, in denen wir konfirmiert wurden, und in der wir geheiratet haben und unsere Kinder getauft worden sind. Da war der Bolzplatz auf dem mein Mann als Kind Fußball gespielt hatte, mit einem Ball aus Lumpen, weil es damals nach dem Krieg noch keine anderen Bälle gab. Ich zeigte der Tochter die Straße in der ich mit meinen Freundinnen gespielt und auf der ich das Rollschuhfahren gelernt hatte. Wir fuhren auch zum Nachbarvorort Essen Steele, und ich zeigte meinem Mann und Steffi die Realschule die ich besucht hatte.

 

Schließlich standen wir auch vor dem Haus, in dem unsere erste kleine Wohnung nach der Heirat war und in der unser Sohn geboren wurde.

 

Zum Schluss suchten wir das Haus auf, das bis zum Wohnortwechsel 1968 mit unseren drei Kindern unser Zuhause war.. Steffi konnte sich aber nicht mehr so recht daran erinnern. Sie war knapp 4 Jahre alt, als wir nach Hamm gezogen sind.

 

Als wir wieder nach Hause Richtung Hamm fuhren, bedankte sich Steffi bei uns, dass wir sie auf diese wunderbare Reise der Erinnerungen mitgenommen hatten. Es wäre wunderschön gewesen, zu sehen, zu hören und zu spüren, wie die Vergangenheit durch uns lebendig wurde. Es wäre ein toller Tag gewesen, gefüllt mit unserer Geschichte, die letztendlich ja auch ihre Geschichte geworden ist.

 

Auch für uns waren die Erinnerungen in unserer alten Heimat schön. Trotzdem möchten ich unser jetziges Zuhause, welches nun seit 46 Jahren unsere Heimat ist mit der alten Heimat nicht mehr tauschen.

 

Heimat ist, wo wir unseren Lebensfaden

festgemacht haben.

(unbekannt)

Das verstehe ich unter Heimat.




























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Impressum

Texte: Dora Fries
Bildmaterialien: Coverfoto, Glaselefant Maxi-Park Hamm
Tag der Veröffentlichung: 10.01.2015

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