Von erfüllten – und unerfüllten Träumen.
Nenne dich nicht arm, weil Deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind , wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.
(Marie v. Ebner Eschenbach)
Wer kennt sie nicht? Die Träume. Manchmal sind es konkrete Träume, man hofft, dass sie sich eines Tages erfüllen, und dann gibt es die Träume, von denen man schon von vorne herein weiß, dass sie sich nicht erfüllen werden.
So einen Traum hatte ich als 15 jährige. Mein Traum war es eine Schauspielerin zu werden. Ich wollte nicht zum Film und auch nicht zum Fernsehen. Nein, ich träumte davon jeden Abend auf einer Bühne zu stehen und in eine andere Rolle zu schlüpfen,
Im Deutschunterricht war ich mit Feuereifer dabei, wenn es darum ging Gedichte und Balladen zu rezitieren , und wenn wir die Dramen der Klassiker mit verteilten Rollen lasen, war ich in meinem Element, wenn ich eine Rolle bekam. Bei Schulfeiern in der Aula war ich die Auserwählte aus meiner Klasse, die ein Gedicht vortragen durfte.
Leider fehlten die finanziellen Mittel für den Besuch einer Schauspielschule. Und ich fing nach der Schulentlassung eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau an.
Dann lernte ich meinen Mann kennen, und der Traum Schauspielerin zu werden verflüchtigte sich. Dafür hatte ich meinen Traummann gefunden. Kein schlechter Tausch. Ich habe seit 54 Jahren mit ihm ein, wie ich meine, erfülltes und zufriedenes Leben hinter mir.
Mein schauspielerisches Talent konnte ich dann bei meinen drei Kindern und später auch den Enkelkindern anbringen, indem ich ihnen sehr häufig Geschichten und Märchen vorlas . Und sie waren ein dankbares Publikum.
Ich weiß auch nicht, ob meine Begabung ausgereicht hätte, eine gute Darstellerin zu werden. Vielleicht hätte ich ja gar nicht erst die Aufnahme Prüfung bestanden. Deshalb war und ist es schon gut so , so wie es ist.
Obwohl , manchmal habe ich gedacht, es wäre schon für mein Ego gut gewesen, zu erfahren, ob meine Begabung ausgereicht hätte, erstens auf der Schauspielschule aufgenommen zu werden und zweitens dann auch später in dem Beruf erfolgreich zu sein
Manchmal bereue ich es, dass ich nie den Mut hatte, bei einer Laienspielgruppe anzufragen, ob ich mitmachen kann. Mein Mann meint zwar das könnte ich immer noch, doch unsere vielen gemeinsamen Hobbys, und jetzt auch noch BX füllen mich so aus, dass es mir jetzt im Alter einfach zu stressig wäre. Ganz davon abgesehen, ob ich noch den Text lernen könnte (lach). Und wenn ich während einer Aufführung einen Hänger hätte, wäre mir das sehr peinlich.
Vor ein paar Jahren spielte ich in unserer Gemeinde am Heiligabend in der Kirche beim Krippenspiel die Maria . Das hat mir sehr viel Freude gemacht Zweimal im Jahr findet bei uns in Hamm ein Lyrik Abend statt, und ich lese dort jedes Mal ein Gedicht vor. Mein Lieblingsdichter ist Friedrich Schiller. Ich wurde auch schon lobend in der Presse erwähnt. Und das reicht mir jetzt.
Aber einige Träume, die ich schon als Teenager hatte, haben sich auch erfüllt. Ich hatte den Traum mit dem Fahrrad durch Deutschland zu radeln. Mit 54 Jahren habe ich mir diesen Traum erfüllt und bin mit meinem Mann von Hamm aus bis nach Flensburg herauf und zurück bis Bremen gefahren.
Das waren 1067 Kilometer
Für den Rest bis Hamm mussten wir die Eisenbahn in Anspruch nehmen, da der Urlaub meines Mannes zu ende war.. Ein Jahr später sind wir von Lübeck aus an der Ostsee entlang, bis zur polnischen Grenze geradelt. Dabei haben wir alle Inseln angefahren, die Halbinsel Poel, Fischland /Darß, Hiddensee, Rügen und Usedom. Dort haben wir in Ahlbeck, direkt gegenüber der Seebrücke , übernachtet. Das waren insgesamt etwas über 800 Kilometer.
Nachdem 1989 die Mauer fiel, träumte ich davon, einmal den Rennsteig zu wandern. Erst 2011 mit 73 Jahren erfüllte sich dieser Traum . Wir sind von Eisennach in 10 Wanderetappen 168 Kilometer bis nach Blankenstein gewandert. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis.
Selbst mein Traum einmal in meinem Leben eine Opernvorstellung in der Arena di Verona zu erleben hat sich erfüllt. Inzwischen waren wir schon sechsmal da. Zuletzt besuchten wir in diesem Jahr Verdis „Maskenball“.
Mein Fazit: Wenn das Theaterspielen das Einzige in meinem leben ist, was sich nicht erfüllt hat, alles andere aber stimmig ist, dann habe ich doch bis jetzt ein gutes leben gehabt.
Aber ich habe einen Traum, den nicht nur ich, sondern alle Menschen haben, der Traum vom Frieden auf der ganzen Welt, doch der wird sich wohl nie erfüllen. Kriege, Hungersnöte und Katastrophen fanden seit Menschengedenken statt, und sie werden auch weiterhin stattfinden aus welchen Gründen auch immer. Und das wird sich auch nicht ändern. Das ist die Realität. Alles andere sind unerfüllte Träume. Leider!
Texte: Dora Fries
Bildmaterialien: Eigenes Coverbild
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2014
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