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Jung sein das kann jeder ........

Jung sein kann jeder , aber alt werden ……..

Das will gelernt sein.

Ich überlege, was ich zu dem Thema „Älterwerden „ beitragen kann. Ich komme ins grübeln, denke über mein Leben, über mein Alter und das Älterwerden nach .Eigentlich müsste ich mit meinen 75 Jahren wissen, wie das so ist mit dem Älterwerde. Ich könnte jungen Leuten von meinen Erfahrungen, die ich in den 75 Jahren gesammelt habe, erzählen. Ich könnte auch den abgedroschenen Satz wiederholen: „Altwerden ist nichts für Feiglinge“ Dieser Satz trifft bis jetzt jedoch noch nicht auf mich zu. Im Gegenteil, ich genieße jeden Tag, den der Herrgott mir noch schenkt. Und ich bin dankbar für jedes Jahr, dass ich bis jetzt leben durfte. Doch ich glaube, jeder erlebt das Älterwerden anders, jeder macht da so seine eigenen Erfahrungen. Und Ratschläge, wie man am besten mit dem Älterwerden klar kommt, kann ich keinem geben. Dazu fällt mir folgendes Zitat ein:

Weise ist nicht,

wer viele Erfahrungen macht,

sondern wer aus wenigen lernt,

viele nicht machen zu müssen.

(Karlheinz Descher)


In jungen Jahren hatte ich mehr Probleme mit dem Älterwerden . Als Kind ging es mir nicht schnell genug damit. Ich wollte endlich erwachsen werden, mein Leben selbst in die Hand nehmen und nicht mehr von den Eltern und Lehrern bevormundet werden.

Dann wurde ich endlich erwachsen und mit 21 Jahren volljährig, habe geheiratet und in der Zeit vom 23. Lebensjahr bis zum 30. Lebensjahr drei Kinder zur Welt gebracht. Ich kam mir noch jung vor, aber alt genug, um schon genügend Lebenserfahrungen gesammelt zu haben. Was natürlich ein Irrtum war. 

 

An meinem 30. Geburtstag haderte ich dann ein wenig mit meinem Älterwerden. Die „3 „ und nicht mehr die „2 „ vor meinem Alter zu haben, störte mich. Ich fühlte mich auf einmal alt und war ein wenig traurig. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass nun die Jugend endgültig vorbei sei. Aber letztendlich entschloss ich mich nicht zu trauern und zu jammern, sondern zu feiern und mich über das, was ich bis dahin aus meinem Leben gemacht hatte , zu freuen.

 

Als ich vierzig wurde und die Kinder erwachsen und anfingen ihre eigenen Wege zu gehen fühlte ich mich richtig toll. Die Jahre zwischen 40 und 50 habe ich als das schönste Frauenalter empfunden. Mein Mann war noch berufstätig und ich hatte wieder viel Zeit nur für mich.

 

Und dann kam die 50. Als mir bewusst wurde, dass ich, wenn es hoch kommt, nur noch 30 Jahre zu leben habe, erschrak ich. Ich stellte fest, dass ich die Hälfte meiner zu erwartenden Lebenszeit bereits überschritten hatte und das machte mich nachdenklich und traurig und ein wenig depressiv. Ich fiel in ein Loch.

 

Mit 60 hatte ich dann diese Traurigkeit wieder überwunden. Die Kinder waren längst aus dem Haus und mein Mann, inzwischen Rentner, und ich genossen unsere Zweisamkeit, übten unseren gemeinsamen Bowlingsport noch intensiver aus, unternahmen gemeinsame Fernwanderungen und Radtouren, verreisten viel, besuchten wieder öfter Theatervorstellungen. Ich frönte wieder intensiver meinem Hobby, dem Lesen. Unsere allergrößte Freude im Alter sind aber unsere Enkelkinder, die wir einfach nur lieben dürfen, für alles andere sind die Eltern verantwortlich.


Ich bin mit 75 noch neugierig auf das Leben, schaue nur nach vorne und freue mich über jeden Tag.

Natürlich lief in meinem Leben nicht alles rund, aber das ist ja nicht das Thema, deshalb lasse ich die Schicksalsschläge, die auch mich nicht ganz verschonten, außer acht. Es gab in meinem Leben schöne und weniger schöner Zeiten. Ich blicke mit ein wenig Wehmut aber ohne Reue zurück, bedauer nichts und hoffe, dass ich nicht alles falsch gemacht habe. Für mich war und ist es gut so wie es ist.

 

Gesundheitlich ging es mir bis auf kleine Zipperlein und einige gut verlaufene Operationen ganz gut. In den letzten Jahren habe ich ein paar Gleichgewichtstörungen, die mich daran hindern längere Fahrradtouren zu unternehmen, aber nun ist halt wieder wandern angesagt.

Ab und zu zwickt es schon einmal irgendwo, mal ist es der Rücken, mal die Schulter.Im Moment will mein rechter Fuß nicht so recht, wie ich , aber dann sage ich mir: „ Das ist nicht so schlimm, das ist nur das Alter.“ Diesen Satz habe ich in einemBuch über Loki Schmidt gelesen und er hat mir sehr gut gefallen.

 

Zugegeben, mein Äußeres hat sich im Laufe der Jahre auch ein wenig verändert. Das Gewicht stimmt nicht mehr. In Kleidergröße 38 passe ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr. Ungefähr 4 Zentimeter kleiner bin ich auch geworden, ein paar Falten im Gesicht, die mich aber nicht stören. Im Gegenteil ,ich liebe jede einzelne Falte, weil sie zu meinem Leben gehören,nicht zu vergessen meine Cellulitis. Dazu fällt mir ein Zitat ein, das ich mal gelesen habe :

 

Alternde Menschen sind wie Museen: .

Nicht auf die Fassade kommt es an,

sondern auf die Schätze im Inneren.

 

Ich weiß, dass es nicht allen in meinem Alter so gut geht. Viele haben echte gesundheitliche Probleme, viele sind altersarm und einsam. Der Partner lebt nicht mehr. Die Kinder wohnen weit weg, oder der Kontakt ist abgebrochen. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis haben sich in den letzten Jahren die Reihen sehr gelichtet. Ich habe um viele Freunde und Verwandte getrauert, und ich vermisse sie sehr. Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert , und man kann es sich nicht aussuchen.

Ich hoffe, dass ich noch einige gute Jahre haben werde , denn ich liebe das Leben, und dass ich am Ende meines Lebens mit Ernst Ferstl sagen kann:

Die Kunst eines erfüllten Lebens

Ist die Kunst des Lassens:

Zulassen-

Weglassen-

Loslassen.






 


Impressum

Texte: Dora Fries
Tag der Veröffentlichung: 04.03.2014

Alle Rechte vorbehalten

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