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Schiller undGoethe

Schiller und Goethe

 

Mein Herz schlägt für Schiller



Für Klärchen



Durch meine Deutschlehrerin bin ich mit Schiller bekannt geworden.
Sie war eine Schillerverehrerin und wir lernten durch sie in der Schule fast alle Schillerdramen und Balladen kennen.
Von Goethe ist mir nur die Novelle Hermann und Dorothea aus der Schulzeit in Erinnerung geblieben..

Nachdem wir auch noch einen Film über Friedrich Schiller sahen, wurde Schiller für mich der Dichterheld meines Lebens.

Mit Goethe habe ich mich erst nach meiner Schulzeit ein bisschen mehr befasst.

Als Schiller 1759 in Marbach am Neckar geboren wurde, war Goethe bereits 10 Jahre alt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft in Leipzig promovierte er in Straßburg und vollendet mit 23 Jahren 1772 in Wetzlar, wo er als Praktikant am Reichskammergericht tätig war, den “Götz von Berlichingen“, das als erstes seiner Werke Aufsehen erregte. Sein Roman “Die Leiden des jungen Werthers” erschien 1774 und machte ihn über die Grenzen hinaus berühmt.
Zu der Zeit war Schiller gerade einmal 15 Jahre alt und besuchte die Militärschule des despotischen Herzogs Karl Eugen, die 1775 als “Hohe Karlsschule“ nach Stuttgart verlegt wurde. Schiller sollte dort zum Juristen ausgebildet werden , durfte dann aber doch in die Medizin wechseln.

Anders als bei Goethe, der während seines Studiums viel lieber an Poesie Vorlesungen teilnahm und sich als Maler und Kupferstecher ausbilden ließ und seinen naturwissenschaftlichen medizinischen Ambitionen nachging, und in weltoffenen Bürgerhäusern verkehrte, schrieb Schiller in seinem letzten Studienjahr als Aufschrei gegen die eigenen Erlebnisse in der vom Dichter Schubart genannten “Sklavenplantage” heimlich das Schauspiel “Die Räuber”, das er auf eigene Kosten drucken ließ und das im Januar 1782 am Mannheimer Theater uraufgeführt wurde. Der Dichter wohnte der Premiere heimlich bei. Mit diesem Drama spielte er sich unauslöschlich in die Herzen der Deutschen. In dem Drama geht es um <Rebellion!! Die Söhne proben den Aufstand gegen die Väter.>

Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste, stampfende Füße, heisere Aufschreie im Zuschauerraum. Fremde Menschen fielen einander schluchzend in die Arme, Frauen wankten, einer Ohnmacht nahe, zur Tür. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.
(Aus einem Augenzeugenbericht der Uraufführung)


Im Herbst 1782 floh Schiller aus dem Machtbereich des Herzogs von Württemberg nach Mannheim.

Zu der Zeit ab 1776, war Goethe bereits Minister (Geheimer -Legationsrat) am Hof von Sachsen- Weimar.

Fazit: Goethe war mit 27 Jahren schon ein berühmter und gestandener Mann.
Schiller dagegen war mit 23 Jahren ein mittelloser Flüchtling. Anders als Schiller, der sich nach der Flucht aus Stuttgart als Berufsschriftsteller verstehen musste, sah Goethe sein Schreiben als eine Liebhaberei im höheren Sinne an.

Es sind die Gegensätze die mein Herz für Schiller höher schlagen lassen. Der gefühlvolle Goethe und der zähe Wille bei Schiller. Goethe setzte auf Natur und Schiller auf Freiheit.
Diese Gegensätze waren es wohl auch, die zu der Freundschaft der beiden führte. Ihre Freundschaft spornte sie zu Höchstleistungen an. Schiller schrieb seine klassischen Dramen, die er mit Goethes Hilfe auf die Bühne brachte, und Goethe erlebte durch Schiller seine zweite schöpferische Jugend.

Goethe führte ein gelungenes langes Leben, während Schiller sein Schaffen seiner Krankheit abrang und sehr jung starb.

Es hat lange gedauert, bis diese Freundschaft ihren Anfang nahm und gewachsen ist.,
Schiller nennt diese Freundschaft das <wohltätigste Ereignis seines ganzen Lebens>. Sie ist ihm nicht in den Schoß gefallen: Sieben bittere Wartejahre, in denen Goethe ihm die kalte Schulter zeigt.

Die erste Begegnung zwischen Schiller und Goethe fand am Sonntag, den 7. September 1788 im Hause Lengefeld statt, geschickt eingefädelt von Charlotte Lengefeld, der späteren Frau von Schiller, die er im Februar 1790 ehelichte.

Schiller war nach dieser Begegnung sehr enttäuscht von Goethes Distanz zu ihm .
Schillers Resümee dieser ersten Begegnung: < ich zweifle, ob wir einander je sehr nahe rücken werden ………..sein ganzes Wesen ist schon von Anfang her anders angelegt als das meinige, seine Welt ist nicht die meinige, unsere Vorstellungsarten scheinen wesentlich verschieden …….. Die Zeit wird das Weitere lehren.>

Goethe empfand den kometenhaften Aufstiegs Schillers als Bedrohung. Er erzählte später, er wäre erschrocken gewesen über das hohe Ansehen, dass Schiller in der Öffentlichkeit genoss. Immer noch seien ihm die <Räuber> verhasst gewesen. Und Schiller sei für ihn immer noch ein kraftvolles, aber unreifes Talent.

Erst am 20. Juli 1794 entwickelte sich zwischen Goethe und Schiller nach einem Gespräch eine der intensivsten und fruchtbarsten Freundschaften der Weltgeschichte.

Unbestritten sind beide, Schiller und Goethe, unsere größten Dichter, ihre Werke sind einzigartig. Deshalb ist die Frage berechtigt, warum ich Schiller mehr liebe. Es ist das Privatleben, welches mir den Geheimrat Goethe menschlich nicht viel Sympathie abringen konnte.
Ich meine damit auf der einen Seite das Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin Christiane Vulpius, und auf der anderen Seite die Zuneigung zu Frau Charlotte von Stein. Fleischeslust und Intellekt schön säuberlich getrennt.

Doch auch das hätte mich nicht so sehr gestört, sondern die Tatsache, dass er Christiane Vulpius vor der Welt und seinen Freunden versteckt hielt.

Christiane zog zunächst zu Goethe in das Haus am Frauenplan. Kurz nach der Niederkunft des gemeinsamen Sohnes August, musste Goethe das Haus, in dem er zur Miete wohnte verlassen und in das vor der Stadt gelegene Jägerhaus umziehen. Die bessere Weimarer Gesellschaft war so empört über Goethes Liaison, dass es der Herzog für geraten hielt, die beiden aus dem repräsentativen Haus am Frauenplan zu entfernen. Die Mäkeleien hielten allerdings auch nach dem Umzug weiter an.
Für Goethe hatte die Umquartierung, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, etwas Demütigendes.

In der heutigen Zeit, wäre das alles wahrscheinlich kein großes Problem gewesen. Das ist es noch nicht einmal so sehr, was mir an Goethes Wesen nicht gefällt. Es ist die Tatsache, dass, Christiane, nachdem er schon 6 Jahre mit ihr zusammen lebte, wenn Gäste im Hause waren, nicht mit am Tisch saß, sie für die Gäste auch sonst weitgehend unsichtbar blieb. Der Hausherr sie regelrecht vor den neugierigen Gästen verbarg.

Bei einem stundenweise Besuch, einer Nachmittagsvisite oder einer Abendgesellschaft ist das vorstellbar.

Aber bei einem Aufenthalt von vierzehn Tagen? Als Schiller 1794 14 Tage als Goethes Gast im Haus am Frauenplan weilte. Goethe war inzwischen wieder dort eingezogen, sollen sich Schiller und Christiane Vulpius nicht auf der Treppe, im Hof, oder im Garten begegnet sein. Das kann kein Zufall gewesen sein.

Christiane Vulpius wurde aus der beginnenden Freundschaft ausgeschlossen. So blieb es über die zehn Jahre der Freundschaft.
Ein Beweggrund für Goethes Verbergen seiner Lebensgefährtin könnte Schiller selbst gewesen sein. Goethe traute ihm vielleicht kein freizügiges Urteil über sein Privatleben zu.

<Schlüpfrig und nicht sehr decent> findet Schiller die <Erotica Romana>. Die Zeilen sind an seine Frau gerichtet.

Während Goethe nur knapp einem sozialen Abstieg infolge der Verbindung mit Christiane Vulpius entging, begann mit Schillers Heirat mit Charlotte am 22. Februar 1790 für ihn sein sozialer Aufstieg.

Formal ehelichte Goethe Christiane 1806.

Die Freundschaft zwischen Schiller und Goethe festigte sich immer mehr. Goethe, der mit seinem Roman <Wilhelm Meister> nicht voran kam, machte nach seiner Italienreise dem Freund das Angebot, ihn, Schiller, zum Zeugen und Mitwirkenden bei der Entstehung des Romans zu machen.

Schiller schreibt an seinen Freund Körner: “ Seinen Roman will er mir bandweise mitteilen, und dann soll ich ihm allemal schreiben, was in dem künftigen stehen müsse, und wie es sich verwinkeln und entwickeln werde.”

Als Goethe 1797 die Schweiz bereiste, hatte es ihm die herrliche Natur um den Vierwaldstädter See so angetan, dass er sie in einem Gedicht darstellen wollte. Um dieser Landschaftsdarstellung noch mehr Reiz und Leben zu geben, habe er sie mit bedeutenden menschlichen Figuren bevölkern wollen. Und da sei ihm der Tell eingefallen.

Goethe trat den Stoff an Schiller ab Am 12. September 1803 schreibt Schiller an Körner: < das auszuführen was ich im Kopf habe, so soll es ein mächtiges Ding werden und die Bühnen von Deutschland erschüttern.> Dieses mächtige Ding war der <Wilhelm Tell>

<Wilhelm Tell> wurde Schillers populärstes Freiheitsdrama. Das in Zeiten militärischer Besetzungen oder Diktatur immer wieder verboten wurde, wie unter Napoleon zur Zeit der Besetzung Deutschlands durch die Franzosen 1806 - 1813 oder unter Hitler im Juni 1941, der am 4. Februar während eines Tischgesprächs erklärte:< Ausgerechnet Schiller muss diesen Heckenschützen verherrlichen…….>

Schillers Krankheitsanfälle wurden immer heftiger. Vielleicht gerade deshalb deckte Goethe den Freund mit Arbeit ein. Er gibt ihm Korrekturarbeiten und bittet ihn ein Sammelband aus seiner < Farbenlehre > zu studieren und ein Urteil darüber abzugeben.
Goethe handelt nach dem Grundsatz, es dürfe der Tod keine Macht über das Leben haben, solange es noch währt.

Schiller und Goethe treffen sich zum letzten Mal am 1.Mai 1805 auf dem Weg ins Theater. Man wechselt nur wenig Worte, dann kehrt Goethe wieder um, er fühlt sich schlecht.

Am Abend des 9. Mai stirbt Schiller. Der Beerdigung am 11. Mai bleibt Goethe fern. Er ist krank, und er kann den Tod nicht leiden.

Drei Wochen später schreibt er an seinem engen Vertrauten dem Komponisten Karl Friedrich Zelter: <Ich dachte mich selbst zu verlieren, und verliere nun einen Freund und in demselben die Hälfte meines Daseins>

In den letzten Jahren seines Lebens ging Goethe dazu über, das Bild Schillers zu verklären. Er formulierte es so . < Ein Glück für mich war es ….., dass ich S c h i l l e r n hatte. Denn so verschieden unsere beiderseitigen Naturen auch waren, so gingen doch unsere Richtungen auf Eins, welches denn unser Verhältnis so innig machte, dass im Grunde Keiner ohne den Anderen leben konnte.>

Goethe starb am 22. März 1852 in Weimar. Er überlebte Schiller um 47 Jahr



Rasch tritt der Tod den
Menschen an,
Es ist ihm keine Frist
gegeben;
Er stürzt ihn mitten in der
Bahn,
Er reißt ihn fort vom vollen
Leben.
Bereitet oder nicht, zu gehen,
Er muss vor seinem Richter
Stehen!
Aus: Wilhelm Tell




Quellennachweis:
Rüdiger Safranski “Goethe & Schiller, Geschichte einer Freundschaft

Siegrid Damm: Das Leben des Friedrich Schiller, eine Wanderung

Jean Claude Lin/Herbert Arthen: Kraftwerk Schiller

Impressum

Texte: Doris Frese
Tag der Veröffentlichung: 18.01.2010

Alle Rechte vorbehalten

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