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Der Rechnungszettel

Es tut sich was – weltweit. Kann keiner leugnen. Die Preise explodieren, die Wirtschaft schlittert in eine Krise, die Energiekosten haben sich schon lang selbständig gemacht und die Politiker schauen mehr auf den eigenen Sack als auf jene, die sie gewählt haben. Angst, Armut und Sorge um einen Arbeitsplatz – sofern man noch einen hat - greifen rasant um sich. Altwerden, Kranksein, Aufmucken, Wünsche haben sind alles Dinge, die man sich nicht mehr leisten kann.

Ein bezeichnendes Schlaglicht, wie weit die Verzweiflung schon um sich greift, sei hier aufgezeigt.

Auch ich muss mich schon zusehends mit kostengünstigen Lebensmitteln eindecken. Gottlob gibt es Großmarktketten, wo man bei größeren Mengen doch noch ein wenig Geld sparen kann. Ich nenne hier aus meiner Umgebung nur drei, etwa Hofer, Lidl oder Penny. Alles klar?

Also dort kaufe ich die letzten Jahre schon ein, damit ich nicht ganz unter die Armutsgrenze schlittere. Bei meinem letzten Einkauf vorige Woche hat sich folgendes zugetragen.

Endlich habe ich alles Zeug beisammen, das günstige Wasser, die Margarine, etwas Obst, 3 Pakete Tiefkühlgemüse usw. Auch eine Packung WC-Papier.

An der Kassa verstaue ich alles im Einkaufswagen, bezahle und fahre hinaus auf den Parkplatz zu meinem 12 Jahre alten 323er. Den Rechnungszettel lasse ich wie immer achtlos an der Kasse liegen.

Das machen alle, oder doch fast alle. Keiner denkt sich was dabei. Nur wenige alte Mutterln nehmen den Zettel mit, kramen ihre Brille raus und vergleichen die Preise oder rechnen nach. Was weiß ich. Also ich packe das Glump in den Kofferraum; als ich fast fertig bin, stürzt eine Ausländerin auf mich zu, reißt meinen fast geleerten Einkaufswagen an sich und schreit in irgend einer slawischen Sprache nach Hilfe, der Polizei usw. Das Wagerl hält sie fest umklammert. Leute werden aufmerksam, aus dem Laden nähert sich die Geschäftsführerin – sie kommt auf uns zu, fragt nach der Ursache der Aufregung.

Nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass die etwas zerlumpt gekleidete dunkelhäutige Ausländerin, die von mir soeben gekauften Waren als ihr Eigentum einfordert. ch bin sprachlos, die Geschäftsführerin ahnungslos, so ruft sie die Polizei. Und schnell sind die Burschen mit Blaulicht da, stellen sich vor mein Auto und springen heraus. Die Geschäftsführerin erläutert den Beamten die Situation.

Der ältere der beiden Einsatzfahrer möchte wissen, wem nun wirklich die gekauften Sachen gehören. Die Verkäuferin wird sich doch noch daran erinnern, wer von und beiden Wasser, Obst, Tiefkühlgemüse usw. soeben eingekauft hat. Die alte Immigrantin oder ich, der Ur-Wiener. Sie kann nicht!

Da zieht die Alte mit dem Kopftuch doch tatsächlich aus einer ihrer speckigen Rockfalten einen Rechnungszettel hervor und hält ihn zittern den Beamten hin. Die vergleichen kurz mit dem Inhalt meines Kofferraums, dann lassen sie mich alles wieder ausräumen. Jede Erklärung meinerseits ist zwecklos. Ich werde wie ein Dieb behandelt und bin vorläufig festgenommen. Hilfe! Holt mich da raus! Ich bin doch unschuldig, verdammt noch mal!




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Tag der Veröffentlichung: 05.04.2010

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