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Kapitel 1

 

Die letzten Töne der Orgel verklangen. Sie schwebten noch eine Weile in der Luft, dann war es still. Der Chor driftete auseinander. Gemurmel wurde lauter und lauter. Von Pfarrer Mausig kam ein scharfes „Pscht“, dann trat wieder Stille ein. Die Kinder strömten durch das große Kirchenportal, über dem mit Lametta geschmückte Tannenzweige hingen, nach draußen.

Nur Paul und Lea blieben noch in der Kirche. Paul war zwölf Jahre alt, seine Schwester war ein Jahr jünger als er. Langsam und andächtig schritten sie auf den Altar zu, auf dessen rechter Seite auf einem mit einem goldenen Tuch bedeckten Tisch die Arndorfer Krippe stand. Sie war dieses Jahr der Gemeinde des Städtchens Talgut als Leihgabe zur Verfügung gestellt und heute aufgebaut worden. Sonst stand die Krippe auf dem Altar der Kirche des Klosters Oberbaumbach.

Von dem berühmten Bildhauer Arndorf vor zweihundert Jahren geschnitzt, stellte die Krippe ein wertvolles Stück Kirchenkunst dar.

Ehrfurchtsvoll bestaunten die beiden Kinder die Krippe. Besonders das Gesicht des Christuskindes war genau gestaltet. Es hatte runde Wangen und schaute den Betrachter mit strahlenden Augen an.

„Gefällt sie Euch?“

Die Kinder drehten sich herum, um zu sehen, wessen Stimme sie aufgeschreckt hatte. Ein kleiner Mann in schwarzem Anzug, schwarzem Hut und einem schwarzen Regenschirm über dem linken Arm stand hinter ihnen.

„Ja, ja, schaut sie euch nur an, aber fasst nichts an und macht nichts kaputt. Diese Krippe ist das Wertvollste, was es gibt auf der Welt. Ich habe dafür gesorgt, dass sie dieses Jahr hier bei uns in der Kirche stehen kann. Ich habe also auch die Verantwortung dafür.“ Seine Augen glänzten wie im Fieber.

Lea schaute den Mann mit großen Augen an, nahm Pauls Arm und zog ihn mit sich fort. Der Mann lachte laut.

„Was soll das Lea. Was ziehst du so an mir?“ Paul schaute seine Schwester erstaunt an.

„Der Mann macht mir Angst“, antwortete sie. „Wer ist das?“

„Ach, vor dem brauchst du keine Angst zu haben. Das ist doch Herr Albus, der Besitzer der Albus-Werke. Sabrina, seine Tochter geht doch in unsere Schule.“

„Ach Sabrina. Die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Rainer Güllich
Bildmaterialien: Stefan Rottler
Cover: Stefan Rottler, Stock-Fotografie-ID: 907973052
Tag der Veröffentlichung: 18.11.2021
ISBN: 978-3-7554-0010-3

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Theo, Lutz und Frida

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