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Wochentag




Er wandelte schon ewig auf einsamen Pfaden. Eigentlich war er es leid, keinen Menschen an seiner Seite zu haben. Er hatte sich zwar gut in die Situation einfinden können, hatte mit sehr viel Ideenreichtum sein Schicksal gemeistert. Doch heute hatte er das untrügliche Gefühl, dass alles anders werden würde, dass eine Veränderung anstand, dass die Einsamkeit ein Ende finden könnte. Er würde zum Strand gehen. Was war heute eigentlich für ein Tag? Ach, ja. Freitag.


Als er seine Behausung verließ, rief ihm sein gezähmter Papagei die Worte nach, die er ihm in unsäglicher Mühe beigebracht hatte. „Armer Robinson, armer Robinson!“


Goldfieber



Er hatte monatelang gebraucht, um hier am Klondike anzukommen. Unvorstellbare Strapazen lagen hinter ihm. Es dauerte nicht lange und er legte sich mit anderen Goldsuchern eine Goldwaschanlage zu. Sie warf enorm viel ab. Sie waren in ein regelrechtes Goldfieber gekommen. Der reinste Goldrausch. An diesem Tag hatten sie kiloweise viele Nuggets gescheffelt. Total erschöpft hatte er sich in seine Pferdedecke gewickelt und war sofort eingeschlafen.
Als er am nächsten Morgen erwachte, musste er über seinen Traum lächeln. >>>




Die Pizzeria, die er als Geschäftsführer für die Mafia leitete, war keine Goldwaschanlage … er betrieb hier das, was man als Geldwäsche bezeichnen konnte.


Die Panne



Pfarrer Moser hätte beinahe geflucht. Da war ihm doch der Motor ausgegangen und die Kurbel, mit dem man den Automotor wieder anwerfen konnte, war ihm zu Boden gefallen. Wegen seines Bandscheibenvorfalls konnte er sie nicht aufheben. Was nun?
Rechts, etwas ab der Straße, sah er das Kloster des Ursulinenordens liegen. Dort würde man ihm helfen. Er machte sich auf den Weg dorthin und klopfte an das hölzerne Tor. Eine Nonne öffnete ihm.
„Entschuldigen Sie“, sagte der Pfarrer. „Ich bekomme meine Kurbel nicht hoch. Können Sie mir vielleicht helfen?“


„Spinnen Sie? Wir leben in Keuschheit. Wir sind ein Nonnenkloster und kein Freudenhaus!“


Vom Regen in die Traufe



Die junge Frau saß vor dem Spinnrad, das sich drehte und drehte … Der zart gesponnene Faden, der durch ihre Hand glitt, war aus feinstem Gold. Der große Haufen Stroh, der auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes lag, bereitete ihr große Sorge. Wie sollte sie es schaffen, dieses Stroh bis zum nächsten Morgen zu Gold zu spinnen? Plötzlich öffnete sich knarrend die Tür. Ein Zwerg stand vor ihr.
„Ey, Schneewittchen. Du kannst aufhören zu spinnen. Du bist im falschen Märchen.“
Sie atmete erleichtert auf.


„Ach … und einen schönen Gruß von Deiner Stiefmutter. Sie sendet dir diese Apfelhälfte. Guten Appetit!“

Impressum

Texte: Rainer Güllich
Tag der Veröffentlichung: 12.10.2012

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