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Kapitel 1. - Die Nacht der sieben Schatten.

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( 1 ) - Lucy Hales Sicht.

 

Ein langer Traum aus dem Ich versuche aufzuwachen. Ein schmerzhafter Ort voll Hass und voller Trauer. Einen Schritt zu wagen, ist wie zu entscheiden, ob man sterben will oder nicht. Das ist es, was uns zu dem macht, was wir sind.

Unsere Ängste formen uns. Sie lassen uns manchmal fallen und sehr oft halten sie uns davor zurück, falsche Entscheidungen zu treffen. 

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„Wie lange sitzt du schon hier?“, höre ich jemanden fragen und blicke hinauf.

Vor mir steht Allain, ein Freund von mir. Er hat lockige braune Haare und honigbraune Augen. Seine Grübchen zeigen sich erneut und er macht es sich, neben mir gemütlich.

Allain war der beste Freund, meines besten Freundes: Armin. Doch Armin ist vor knapp zwei Jahren verschwunden und seitdem hat keiner je wieder etwas von ihm gehört. Man sieht es mir zwar nicht an, aber ich habe bis heute noch immer nicht verkraften können, dass er weg ist. Seitdem unser gemeinsamer bester Freund verschwunden ist, haben Allain und ich Freundschaft geschlossen. Davor sind wir wie Feinde gewesen.

Allain betrachtet meine Haare und meint beeindruckt: „Deine weißen Haare passen wirklich zu deinen eisblauen Augen.“

Wie oft möchte er mir das eigentlich noch sagen? Jeder hier bewundert mein Aussehen und ich kann noch immer nicht nachvollziehen, wieso.

„Wann reist du ab?“, fragt Allain und sieht mich fragend an.

Ach, stimmt ja…die Abreise. Vor wenigen Tagen bin ich auserwählt worden, um eine Reise in die Menschenwelt zu wagen. Es ist schließlich nicht üblich, dass ein Engel auf die Erde herabsteigt.

Allain klopft mir stolz auf die Schulter. Ich grinse ihn an und antworte: „Ich werde in wenigen Stunden abreisen.“

„Wie läuft das eigentlich ab? Hat dich der Engelsrat schon aufgeklärt?“, möchte er wissen und blickt mir neugierig in die Augen.

Nun…ich bin zwar seit achtzehn Jahren ein Engel der Elite-Truppe, aber trotzdem hat mich der Engelsrat nie wirklich aufgeklärt.

Ich zucke mit den Schultern und meine: „Sie haben gemeint, dass ich runter auf die Erde fliegen muss.“ „Und?“

„Ja, dass ich auf einem Landepunkt landen soll.“, beende ich meinen Satz und ziehe unwissend die Augenbrauen hoch.

„Hast du gar keine Angst?“

„Wovor denn?“

„Du weißt ja, dass wenn man vom Himmel auf die Erde fällt, stirbt. Wer sagt, dass dir das nicht auch beim Fliegen passieren kann?“

Na toll…jetzt habe ich Angst. Aber so gut, wie ich mit meiner unnötigen Tollpatschigkeit bin, werde ich diesen Sturz ohne jegliche Probleme überstehen.

Allain legt sich auf das saubere Gras und starrt den Sternenhimmel an. Seine Arme sind hinter seinem Kopf verschränkt.

Wir starren auf die befüllte Stadt unten. Heute ist ein besonderer Tag. Wir nennen ihn auch: Die Nacht der sieben Schatten.

Wieso sieben Schatten? Nun, der erste Schatten kommt bei Sonnenaufgang. Er führt einen in den Tag hinein. Der zweite Schatten kommt beim Aufstehen. Er hilft dir, dich auf den Tag vorzubereiten. Der dritte Schatten ist dafür zuständig, um dich zum Lächeln zu bringen. Der vierte Schatten hilft dir, um dich rauszutrauen. Der fünfte und sechste Schatten halten dich, den ganzen Tag auf den Beinen. Der siebte und letzte Schatten führt dich in der Nacht ins Bett und holt die anderen Schatten zu sich zurück.

Dies ist eine alte Geschichte aus dem Engelsreich. Es ist der Tag, an dem es einen Kampf zwischen den Engeln und Dämonen gegeben hatte. Sie wird jedem erzählt, um zu zeigen, dass man nie alleine ist. Denn dieser Schatten symbolisiert Gott. Gott ist immer da, wenn man ihn braucht und deshalb sollte man sich immer bedanken.

„Ich frage mich, wieso diese Menschen da unten keine Engel geworden sind.“, spricht Allain das Thema an und ich blicke verwirrt rüber zu ihm.

Ich staune schockiert: „Wie? Du weißt das nicht?“ Er schüttelt seinen Kopf und schließt dabei die Augen. „Nun…wir werden als Engel geboren. Aber dann gibt es auch noch die Menschen, die unten auf der Erde geboren werden. Jedem einzelnen Menschen wird die Aufgabe erteilt, das Leben ohne jegliche Sünden zu überstehen. Wer dies schafft, bekommt einen Platz im Himmel. Es gibt aber auch noch die Menschen, die sich dem Bösen zuwenden. Diese finden ihren Platz im Himmel, bei den Dämonen und dem Teufel. Aber man darf nie vergessen, dass Gott einem immer verzeiht. Bitte um Vergebung und du bekommst sie auch.“

Allain starrt mich mit seinem Du-Bist-Schon-Ein-Streber-Blick an. Ich grinse ihm stolz zu und betrachte erneut den befüllten Marktplatz.

„Du willst doch Armin finden, oder?“, beginnt Allain und unerwartet werde ich nervös.

Er spricht von unserem besten Freund? Ich dachte, dass Allain schon darüber hinweg ist. Ob er genauso oft an Armin denkt, wie ich es immer tue? Wenn ich so darüber nachdenke, dann ist es Allain auch nicht immer gut ergangen.

Ich nicke und antworte zielsicher: „Er ist in der Menschenwelt verschwunden. Ich werde ihn ganz sicher wiederhierherbringen!“

Vielleicht sind solche große Versprechen nicht wirklich klug. Wer weiß, ob ich sie einhalten kann. Ja natürlich möchte ich meinen besten Freund wieder sehen, aber wer kann mir sagen, dass er noch am Leben ist? Es gab schon so oft die Vermutung, dass ihn die Dämonen getötet haben. Wie ich diese Wesen hasse…

 

..Neben dir aufzuwachen ist so real..

 

Ich drücke meine Hand gegen meine Stirn und schließe reflexartig meine Augen. Mein Kopf brennt höllisch und mir kommen langsam aber sicher die Tränen.

„Lucy!“, schreit Allain und ich reiße meine Augen auf.

Eine dunkle Aura umhüllt meinen Körper. Vor meinen Augen brennt alles und das einzige was ich noch wahrnehmen kann, ist wie Allain versucht mich wachzurütteln.

Die Stadt steht in Flammen und die Menschen dort versuchen sich in Sicherheit zu bringen. Viele Engel stehen schon Kampfbereit. Andere kämpfen gegen Dämonen.

Allain brüllt panisch: „Lucy! Was hast du getan?!“

„W-Was…wieso i-ich?!“, stottere ich verwirrt und traue mich nicht, mich zu bewegen.

Er zieht mich an meinem Arm hoch und zeigt auf das große Feuer. „Du hast geschrien und von einer Sekunde auf die andere sind hier Dämonen erschienen! Dämonen können nicht in unser Reich!“

„Das ist alles wegen mir…?“, versuche ich, mit einem Frosch im Hals zu fragen und zittere bei jedem Buchstaben.

 

..Es ist nur eine Frage der Zeit gewesen..

 

Ich halte erneut meinen Kopf. Doch diesmal beginnt sich alles zu drehen. Ich falle nach hinten und spüre nicht die weiche Erde, sondern wie ich im freien Fall runterfalle. Das allerletzte, das ich gehört habe, ist Allain. Doch was er gesagt hat, ist mir unbekannt.

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Tag der Veröffentlichung: 29.11.2014

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