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Ein altes Ende und ein neuer Anfang

Sie hatte ihn entdeckt. Es war in ihrer Mittagspause. Eigentlich hatte sie nichts zu tun, also tat sie, was sie am liebsten tat – sie benutzte ihren Computer. Er war gut für jemanden, der nicht gut war und so hatte er gar nicht erst bemerkt, dass sie da war. Stumm betrachtete sie, was er sich gerade ansah und speicherte es in ihrem Kopf ab. Dann tippte sie einige Zeilen und beobachtete, wie sich ihr Trojaner in sein System speiste. Kurz ließ sie ihren Blick über seine Dateien schweifen, dann sah sie auf die Uhr. Sie hatte noch fünf Minuten Zeit. Kurzerhand holte sie ihren Laptop heraus und nutzte den Trojaner, um von ihm in den des Hackers einzusteigen. Dann fuhr sie ihn wieder hinunter und klappte ihn zu.

Sie trug einen weiteren Termin ein und beobachtete, wie der Hacker ihr aufmerksam folgte. Sie hatte nicht vor ihn zu stoppen. Zuerst würde sie herausfinden wer er war. Bis dahin könnte er zwar schon viel Schaden angerichtet haben, aber nichts was sie nicht wieder rückgängig machen könnte. Immerhin war sie schon in seinem Gerät. Er konnte sich hier ruhig austoben, dann wusste sie was er wollte und konnte ihn in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Er würde dann derjenige sein, der aus der Sache nicht wieder herauskommen würde.

Ihr Boss kam zurück und sie stand auf und kam auf ihn zu. „Erik hat angerufen.“ Wie erwartet verdrehte ihr Boss die Augen. „Was hat er jetzt schon wieder für Probleme?“ „Soweit er gesagt hat keine, aber wenn Sie es genau wissen wollen, müssen Sie ihn zurückrufen.“ Sie hörte ihn noch etwas, das wie „dieses kleine Luder“ klang murmeln, dann verschwand er in seinem Büro.

 

Sie erzählte ihm nichts von dem Hacker. Für diese Art von Problem wurde sie weder angestellt noch bezahlt. Es war eher eine Art Hobby für sie und wer wusste schon, ob es sich bei dem Hacker nicht um ein 12-jähriges Kind handelte, dass gerade etwas Spaß haben wollte – bei ihr hatte es zumindest so angefangen und bis jetzt hatte der Hacker sich bloß alles angesehen und noch keinen Schaden angerichtet – zumindest noch nicht.

Erst als sie Zuhause ankam, öffnete sie ihren Laptop und sah sich an, was ihr kleiner Hacker Anfänger so angestellt hatte. Es war nicht mehr als das, was er zuvor getan hatte und so beschloss sie ihm einmal einen Besuch abzustatten. Die ersten Dateien, die sie öffnete, waren Hundefotos. Es waren mindestens hundert. Sie musste lächeln.

Die IP-Adresse war ausgezeichnet verschlüsselt und ihre Achtung stieg vor ihm. Zumindest auf das hatte er geachtet. Sie hätte die nächsten zwei Wochen damit verbringen können sie zu knacken, aber darauf konnte sie gut verzichten. Kurzerhand beschloss sie ihm ein E-Mail zu schicken. „Wonach suchst du genau?“, tippte sie, dann machte sie einen Screenshot von seinem Desktop und lud ihn als Anhang hoch. Sie schickte es ab und stellte eine Benachrichtigung ein, falls er wieder etwas anstellen würde. Vielleicht schaffte sie es ihn von anderen illegalen Dingen abzubringen, wenn sie ihm zurück auf den rechten Weg half. Bei ihr selbst hatte es auf jeden Fall funktioniert.

Impressum

Cover: Anthea Rainel
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2022

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