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So hatte es angefangen

Lara war zufrieden mit ihrem Job. Sie war bloß eine einfache Sekretärin, wie manche sagen würden, aber das reichte ihr. Sie war glücklich so wie ihr Leben war. Der Job war sicher und sie arbeitete für wichtige Persönlichkeiten. Sie hatte gute Kontakte und es war vielen vielleicht nicht bewusst, aber ohne Menschen wie sie würde hier Chaos herrschen. Sie managten hier alles. Sie machten wichtigen Menschen das Leben einfach, ohne sie würde alles zusammenbrechen. Sie war sich nicht einmal sicher, ob all die Menschen, die an Sekretärinnen gewöhnt waren es ohne diese schaffen würden irgendwelche Termine einzuhalten.

 

„Guten morgen, Sir“, begrüßte sie ihren Boss, der an ihr vorbei in sein Büro ging. Wie von selbst bewegten sich ihre Füße zur Kaffeemaschine. Sie drehte sie auf und machte einen Kaffee. Ganz stark. Genau wie er es mochte. Dann brachte sie ihm die Tasse auch schon. „Guten Morgen, Lara. Was steht an?“, begrüßte er sie erst, als er einen Schluck genommen hatte. Sie schenkte ihm ein Lächeln. „Ich habe Ihre Termine eingeteilt. Zwischen 9 und 10 treffen Sie Richter Frenk und dann nach habe ich Ihnen sämtliche Zeugen zum Tresner Fall vorgeladen. Sie haben je eine 20-minütige Pause dazwischen.“ Ihr Boss lächelte und sie ging zurück zu ihrem Schreibtisch.

 

Sie setzte sich und starrte stumm auf die elegante Mahagoni Holztür. Ihr Boss war nicht sehr anspruchsvoll. Er ließ ihr viele Freiheiten – vor allem weil er wusste, dass sie ihre Arbeit gut machte. Sie musste lächeln, als sie sich an den Tag zurückerinnerte, an dem er sie eingestellt hatte. Sie war die Erste gewesen, die sich beworben hatte. Die Schlange hinter ihr war riesig gewesen, aber sie hatte den Job bekommen. Sie wusste selbst nicht genau wieso, aber er war nie unzufrieden mit ihr gewesen.

 

Sie war so nervös gewesen, als sie sein Büro betreten hatte. Dennoch erinnerte sie sich noch genau an seine Worte. „Meine vorherige Assistentin hat gekündigt, weil sie schwanger wurde und sich um das Kind kümmern wollte. Haben Sie dasselbe vor?“ „Verzeihung, aber ich weiß nicht inwiefern sie meine persönlichen Angelegenheiten etwas angehen, solange ich gute Arbeit leiste“, war ihre Antwort gewesen. Er hatte bloß gelächelt. „Können Sie mit einer Kaffeemaschine umgehen?“ „Sie sagen das, als wäre das etwas Schwieriges.“ Seine Antwort war wieder nur ein Lächeln. „Wie sieht es mit Terminplänen aus? Können Sie so etwas erstellen.“ „Ohne weitere Probleme. Ich bin ausgezeichnet was Zeitmanagement angeht. Sonst hätte ich mich nicht für diesen Job beworben.“ „Was ist mit Loyalität?“ „Ich weiß nicht genau worauf sie hinaus wollen?“ „Wenn Sie einer meiner Kollegen abwerben wollen würde. Würden sie den Job annehmen?“ Sie hatte kurz gezögert. Sie kannte diesen Mann doch gar nicht. Was sollte sie darauf bloß sagen? Sie hatte geschluckt und sich gerader aufgesetzt. „Das würde auf die Bedingungen ankommen. Ich würde mir anschauen welche Vor- oder Nachteile ich hätte, aber wenn ich mit dem Job bei Ihnen zufrieden sein würde, denke ich nicht, dass Ihr Kollege eine Chance hätte.“ Er hatte wieder nur gelächelt – dann hatte er ihr gesagt, dass sie den Job hätte. Und er hatte dafür gesorgt, dass sie keinerlei Gründe hatte zu kündigen. Sie war mit ihrem Job zufrieden.

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Tag der Veröffentlichung: 13.06.2022

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