Das tut man nicht. Das sollte man zumindest so glauben, aber James sah die Dinge da nicht immer so genau. Er sah Regeln und Anweisungen eher als Vorschläge an. Streng gesehen gab es da gewisse Punkte, die seiner Meinung nach solcher Vorsichtsmaßnahmen bedurften, doch das bedeutete nicht, dass sie ihn aufhalten konnten.
Vorsichtig zog er den Dietrich aus seiner Jackentasche und setzte ihn am Schloss an. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis es klickte und die Tür aufsprang. Schnell flitzte er hinein und zog sie sacht hinter sich zu. Keine fünf Sekunden später kam der Wachmann um die Ecke. James konnte seine Schritte hören. Sie blieben nicht vor der Tür stehen, sondern wanderten den Gang weiter hinunter. Geschickt angelte James sein Handy aus der Jackentasche und warf einen Blick auf die Überwachungskameras, in die er sich gehackt hatte. Der Wachmann ging um die nächste Ecke und verließ das Stockwerk. Er musste lächeln. Er ging hinunter, das hieß er hatte eine gute Stunde Zeit, bis er wieder in diesem Stock sein würde. Zumindest waren das seine Berechnungen. Er hatte die letzten zwei Wochen damit verbracht sich auf diesen Zeitpunkt vorzubereiten. Er würde verdammt sein, wenn er das nun nicht schaffen würde. Flink ging er auf das große Bücherregal zu. Es stand zur linken Seite des großen Schreibtischs. „Richter Ashwood“, stand in großen Buchstaben auf dem Namensschild, das darauf stand. James ignorierte es und suchte nach dem richtigen Buch. Zufrieden zog er es ein Stück heraus und trat zurück. Surrend drehte sich das Regal zur Seite und gab einen langen Gang frei. Er musste lächeln. Es war so offensichtlich, dass hier ein geheimer Raum sein musste. Die Gebäudepläne stimmten nicht überein und wenn er sich richtig informiert hatte, bog der Gang rechts ab und man gelangte zu einem Schacht. Es war nur dieser Bereich frei, bis drei Stockwerke höher wieder ein leerer Fleck im Plan aufgetaucht war. Vermutlich gab es im Schacht eine Leiter, oder einen Aufzug, um hinaufzukommen. James tippte auf letzteres. Ashwood hatte genug Geld, um es sich zu leisten können. James wusste auch woher es kam. Viele andere nicht, oder sie sahen einfach weg.
Schnell betrat er den Gang und lautlos schloss sich die Bücherregal Tür hinter ihm. Er warf erneut einen Blick auf die Überwachungskameras und suchte nach dem Wachmann. Der kämpfte gerade mit einem Snackautomaten um einen Müsliriegel. Er musste lächeln, als er immer wieder gegen die Scheibe schlug und laut fluchte. Beruhigt ließ er sein Handy wieder in die Jackentasche gleiten. Stattdessen holte er seine Taschenlampe heraus und eilte den Gang entlang.
Es war ein Aufzug, doch man brauchte einen Schlüssel, um ihn benützen zu können. Kurzerhand drückte er die Klappe, an der Decke des Aufzugs auf. Geschickt kletterte er das Seil hinauf und zog zuerst die Türen, dann sich selbst hinauf.
Er sah den Safe sofort – obwohl das vermutlich nicht vorgesehen war, aber er hatte einen siebten Sinn für hinter Bildern versteckten Safes. In Windeseile hängte er es ab und knackte ihn. Er öffnete ihn und lächelte. Er fand die Dokumente sofort, blätterte sie durch und nahm sie an sich. Das war‘s. Nun würde Ashwood niemanden mehr erpressen können. Nun waren sie sicher.
Er machte sich nicht die Mühe den Safe wieder zu schließen, oder das Bild aufzuhängen. Er solle ruhig wissen, dass jemand hier war. So schnell wie er gekommen war, verließ er das Gebäude wieder.
Bildmaterialien: Anthea Rainel
Tag der Veröffentlichung: 02.01.2022
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