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Ich erwache und es geht mir sofort miserabel. Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen. Na toll, besser könnte mein Tag gar nicht anfangen. Ich bin etwas verwirrt und weiß nicht so richtig was für ein Tag es ist. Ich schaue auf die Decke meines Schlafzimmers. Ich starre die Lampe an, die von oben herunter hängt. Erst heute merke ich, wie beschissen die Lampe wirklich aussieht und wie sie mich ankotzt. Ich muss mir unbedingt eine neue Lampe kaufen.

Ich richte mich in meinem Bett auf und sitze mich auf die Bettkante. Ich suche verzweifelt meine Pantoffeln mit den Füßen, finde sie jedoch nicht. Ich finde sie schließlich, jedoch ziehe ich die Pantoffeln verkehrt an. Ich rege mich auf. Was mich der Tag schon wieder ankotzt! Und das schon nach ein paar Minuten nach meinem Erwachen. Ich versuche mich etwas zu beruhigen und lenke mich ab, indem ich mich in meinem Schlafzimmer umschaue. Ich sehe einen Schreibtisch, einen Drehstuhl, einen Nachttisch, eine Lampe und einen Elefanten. Es ist alles so wie immer. Ich stehe nun auf, ziehe meinen Pyjama zurecht, da dieser sich etwas verdreht hatte. Plötzlich fällt mir ein, dass etwas nicht stimmt. Ich schaue nochmal durch das Zimmer. Ich sehe: Schreibtisch, Drehstuhl, Nachttisch, Lampe, Elefant. Plötzlich machte es Klick.

Was um alles in der Welt macht ein Elefant in meinem Schlafzimmer? Wie ist er nur hier hinein geraten? Irgendetwas sagt mir, dass der Elefant schon eine Zeit lang in meinem Zimmer wohnte. Seltsam. Unmöglich, dass diese Kreatur schon immer hier war. So ein Tier muss einem ja auffallen. Schon alleine, dass der Elefant eine Miniaturversion ist, so in etwa ein Meter zwanzig hoch, ziemlich zufrieden mit seinem Rüssel, seinen Ohren und seinem Schwanz synchron wackelt. Und vor Allem ist der Elefant rosa. Ja, „es“ ist rosa. Ein rosafarbener, ziemlich glücklicher Miniaturelefant.

Was ist das für eine Scheiße? Was soll ich nur mit diesem Tier anfangen? Wenn es wirklich über eine längere Zeit hier im Zimmer haust, dann habe ich es wahrscheinlich die ganze Zeit ignoriert. Da dies vermutlich über längere Zeit geklappt hat (sonst wäre es mir schon viel früher aufgefallen), werde ich es einfach weiter ignorieren.

Ich verlasse einfach mein Schlafzimmer und gehe in die Küche, wo ich mir ein kleines Frühstück, also Kaffee und eine Aspirin, zubereiten. Genau das brauche ich um dieses dumme Tier zu vergessen. Ich setze mich an den Tisch und kippe das Glas Wasser mit der Aspirin herunter. Ich spüre Erfrischung in meinem Mund. Genau das, was ich brauche um den faden Geschmack aus dem Mund zu bekommen. Den Elefant übrigens hätte ich vergessen, wäre er nicht plötzlich aus dem Nichts in der Küche wieder aufgetaucht. Er steht nun neben dem Tisch und wackelt immer noch fröhlich mit den Ohren. Er scheint gut gelaunt zu sein, im Gegensatz zu mir. Er stört mich nun noch mehr als zuvor, da er ohne zu fragen ein Glas Erdnüsse aus dem Schrank genommen hat. Nun isst er sie einfach und verursacht eine riesengroße Sauerei auf dem Tisch. Ich wollte sie heute Abend essen um den Stress von der Arbeit etwas zu vergessen, doch dies kann ich mir ja jetzt wieder abschminken. Blöder Elefant! Wenn ich am Abend nach Hause gehe, habe ich nicht mal etwas um mich abzulenken. Ich versuche den Elefanten zu verstören indem ich ihn böse ansehe. Dies hilft jedoch nicht, mein neuer Untermieter lässt sich einfach nicht aus der Ruhe lassen. Seine Gelassenheit grenzt schon an Arroganz, als wäre es seine Wohnung und ich wäre hier nur zu Besuch. […]

Den Elefanten kann ich ja nun getrost vergessen, denn ich mache mich nun auf die Arbeit. Ich steige in mein Auto, das in der Garage steht. Ich habe den Elefanten seit dem Frühstück nicht mehr gesehen. Ist auch besser so, denn was würde ich bloß tun, wenn mein Chef davon Wind bekommen würde? Ich will mir das gar nicht ausmalen. Ich hoffe die Arbeit im Büro hilft mir dabei, den Dickhäuter zu vergessen. Ich starte den Motor, öffne die Garage mit der Fernbedienung, lege den Rückwärtsgang ein, drehe mich um, um aus dem Rückfenster zu schauen und fahre rückwärts aus der Garage heraus. Ich verrenke mir den Hals um aus dem Fenster zu schauen, denn der Elefant nimmt zu viel Platz ein. Moment … Elefant? Meine Güte, wie kommt der denn hier rein? Ich bremse.

- Hau ab!, rufe ich ihm entgegen.

Ich sehe den Elefanten missmutig an. Der Elefant rührt sich nicht und schaut aus dem Fenster heraus. Es scheint so als könnte er es kaum erwarten im Büro zu erscheinen. Eins muss man ihm lassen: wenigstens isst er nun keine Erdnüsse mehr und hat sich bereits angeschnallt. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Mit aller Kraft könnte ich es nicht bewegen, dafür ist der Dickhäuter zu schwer. Er muss schon freiwillig heraus gehen. Doch dies möchte er anscheinend nicht. Da er keine Dummheiten anstellt, entscheide ich mich ihn einfach zu ignorieren, vielleicht würde er so verschwinden oder er würde wenigstens mir nicht mehr auffallen.

Ich fahre aus der Garage heraus und fahre auf die Strasse. Der rosafarbener Elefant stört mich nun nicht mehr, ich ignoriere ihn einfach. Es macht mir mal nichts aus, dass er das Fenster geöffnet hat. Mir doch egal. Mit etwas Willenskraft wird alles möglich. […]

Ich sitze nun in meinem Büro und arbeite etwas von dem Papierkram ab. Meine Kopfschmerzen sind schon lange passé und meine gute Laune ist auch wiedergekehrt. Den rosafarbener Dickhäuter habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal als ich ihn sah, war ich im Parkhaus. Er war dort seiner Wege gegangen, wahrscheinlich ist er irgendwo spazieren gegangen oder was weiß ich. Solange er nicht hier ist, ist alles ok.

Es klopft an meiner Bürotür. Ich bete den Besucher herein. Es ist die Sekretärin meines Chefs. Dieser möchte mit mir reden, sagt sie. Was der denn von mir möchte? Wahrscheinlich wartet da drinnen noch mehr Papierkram auf mich oder so etwas Ähnliches. Ich mache mich auf den Weg ins Büro.

- Guten Tag!, sage ich als ich ins Büro hineintrete, nach dem ich geklopft hatte. Wie geht es Ihnen?

- Wie’s mir geht?, fragt der Chef Wut entbrannt. Was soll denn diese Frage? Was erlauben Sie sich hier?

- Wie meinen Sie?, frage ich nach.

Noch nie löste einer meiner Begrüßungen solch eine Reaktion aus. Was war denn geschehen?

- Haben Sie denn keine Augen im Kopf?!? Möchten Sie mich verarschen oder was? Sehen Sie nicht, was sie angerichtet haben?

Ich bin verdutzt und schaue mich kurz im Büro um. Ich sehe: Ein Regal, einen Bürotisch, einen Sessel, ein Bild, einen Chef, einen rosafarbenen Elefanten … Moment Mal! Sessel, Chef, Elefant. Was zum Teufel macht der Elefant schon wieder hier?!?

- Können Sie mir sagen, was dies zu bedeuten hat?, fragt mein Chef zornig und zeigt auf den Dickhäuter. Warum in aller Welt haben Sie ihren Elefanten in mein Büro geschickt?

- Mein Elefant? Ich bin für nichts verantwortlich!, antworte ich ihm.

Wie um alles in der Welt weiß er, dass der Elefant zu meinen Bekanntschaften zählt?

- Ja ganz genau, dein Elefant!, macht mein Chef mich dumm an. Ich habe ein Auge zugedrückt, als du jeden Tag einen Elefanten mit dir herum geschleppt hast. Da war der Elefant immer in deinem Büro, was mich nicht störte. Doch das, was du heute fertig gebracht hast, setzt dem Ganzen noch die Krone auf! Ein Elefant in meinem Büro!

- Aber …, möchte ich mich verteidigen, als ich heute morgen aufgestanden bin, war er einfach da! Es ist nicht meine Schuld, ich kann den Elefanten nicht steuern, er tut das was ihm gefällt…

- Davon, brüllt mein Chef mich an, möchte ich gar nichts wissen. Schaff dieses Vieh aus meinem Arbeitsplatz!

Ich bin wütend und schaue den Dickhäuter an. Jetzt fängt er auch noch an Erdnüsse zu essen.

- Jetzt sieh dir mal an!, fährt mein Chef fort, jetzt macht er auch noch Dreck!

- Aber…

- Widersprich mir nicht! Ich verstehe, dass manche Menschen eine Meise habe, doch du hast einen Elefanten! Verstehst du das nicht? Wenn es sein muss, nimm dir einen Tag frei um den Elefanten loszuwerden, oder wenigstens so zu dressieren, dass er nicht ins Gebäude mehr mitgeht.

- Schon gut, murmele ich vor mir hin. Soll ich die Erdnüsse auch mitnehmen?

- Ja!, schnaubt mein Chef, .. euh nein, lass sie hier, ich könnte sie gebrauchen. […]

Ich schlendere nun durch die Fußgängerzone. Ich bin wütend. Wütend auf mich und vor Allem auf den rosafarbenen Elefanten. Warum ich? Warum ein Elefant und nicht etwas unauffälligeres wie, sagen wir mal eine Mücke? Warum werde ich verfolgt und nicht der Mann, der mir entgegenkommt? Ich schau das Viech wütend an. Wegen diesem kleinem Arschloch kann ich nicht arbeiten gehen. Ich versuche den Elefanten so verstört wie nur möglich anzuschauen. Vielleicht lässt er mich dann in Ruhe… Es hilft jedoch immer noch Nichts. Er geht immer noch neben mir her.

Ich wende mich vom Dickhäuter ab und schaue die Menschen an. Der Elefant weicht nicht von meiner Seite. Ich bemerke, dass die anderen Passanten gar nicht auf das Tier reagiere. Sie gehen einfach vorbei, ohne nur eine Sekunde den Elefanten anzustarren. Es ist ja nicht so, als würde man jeden Tag einen rosafarbenen Miniaturelefanten in der Fußgängerzone sehen. Es scheint so, als ob sie sich nicht für meinen Elefanten interessieren. Sie haben kein Interesse oder keine Zeit sich mit dem Tier auseinander zu setzen. Auch nicht, wenn das Tier, im Gegensatz zu mir, immer noch gut gelaunt zu sein scheint.

Ich bleibe stehen. Der Elefant auch. Ich schaue ein weiteres Mal den Elefanten böse an. Er wackelt immer noch fröhlich mit den Ohren. Es scheint sogar als würde er lächeln. Ich fühle mich verarscht und werde nun richtig böse. Ich verpasse dem Elefanten einen Fußtritt ins Schienenbein. Der Dickhäuter erschreckt, stößt einen Schrei hervor, rennt einige Schritte weg und dreht sich um. Er nimmt seinen Rüssel in den Mund und es scheint sogar, als würde er anfangen leise zu flennen. Auf einmal fühle ich mich miserabel. Ich sehe ein, dass ich etwas überreagiert habe. Ich fühle mich schuldig, denn das Problem liegt nicht beim Elefanten. Dieser hat nichts verbrochen, er hat mich nur begleitet. Das Problem liegt an mir. Diese Kreatur scheint ein Teil meines Lebens zu sein, also muss ich versuchen damit zu leben oder noch besser, es als ein Teil von mir anzusehen. Vielleicht kann ich so einen Weg finden, um den Elefanten in Zaun zu halten.

Ich stecke meine Hände in meine Taschen und spüre, dass etwas Rundes in meiner rechten Tasche ist. Ich nehme es heraus und sehe, dass es eine Erdnuss ist. Ich versuche mich mit dem Elefanten wieder zu versöhnen und gehe auf ihn zu. Ich biete ihm die Erdnuss an. Er nimmt sie zart aus meiner Hand und schiebt sie in sein Maul. Es fängt wieder an mit seinen Ohren freundlich zu wackeln. Es scheint, als würde es meine Entschuldigung akzeptieren. Das „Viech“ scheint doch nicht so arrogant zu sein, als ich es dachte. Ich fange an, mich an den Elefanten zu gewöhnen, auch wenn dieser rosa ist.

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Tag der Veröffentlichung: 18.07.2011

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