Krudewig • Reisekosten 2014
Praxisleitfaden
Reisekosten 2014 und Bewirtungskosten
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Umsatzsteuer
ISBN 978-3-942361-13-2
4. Auflage 2014
© Krudewig Steuermedien GmbH, Meckenheim
www.krudewig-steuermedien.de
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Vorwort
Die Reisekostenreform 2014 soll die Abrechnung der Reisekosten vereinfachen und zu einer größeren Rechtssicherheit führen. Es ist eher fraglich, ob diese beiden Ziele tatsächlich erreicht werden. Darauf kommt es letztlich nicht an, weil die Neuregelungen ab 2014 umgesetzt werden müssen. Niemand kann sich erlauben, einfach weiterzumachen wie bisher. Es ist wichtig, von vornherein alles richtig zu machen, damit keine unnötigen Steuerbelastungen eintreten.
In diesem Praxisleitfaden sind alle relevanten Themen auf den Punkt gebracht, wie z. B. dass
• es bei Unternehmern und Freiberuflern auf den Mittelpunkt ihrer dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit ankommt,
• es für Arbeitnehmer zur Ermittlung der Entfernungspauschale nur eine erste Tätigkeitsstätte geben kann (gilt also auch für GmbH-Geschäftsführer); eine tabellarische Übersicht zeigt die Unterschiede zwischen 2013 und 2014,
• es bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unterschiedliche pauschale Methoden gibt und zwar die 0,03%-Methode oder die 0,002%-Regelung,
• kostenlose Mahlzeiten bei der Reisekostenabrechnung mit Arbeitnehmern (Gesellschafter-Geschäftsführern) nicht mehr als Arbeitslohn versteuert werden, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Verpflegungspauschale hätte,
• doppelte Haushaltsführungen, insbesondere die Unterkunftskosten, ab 2014 anders abgerechnet werden müssen.
Da, wo es zum besseren Verständnis erforderlich ist, werden neben den Neuregelungen für 2014 auch noch die alten Regelungen erläutert, z. B. in Form von tabellarischen Übersichten. Dadurch wird auf einen Blick erkennbar, wie die Reisekosten ab 2014 (abweichend von 2013) abgerechnet werden müssen.
Die Ausführungen sind leicht verständlich und durch viele Praxisbeispiele problemlos nachvollziehbar. Berücksichtigt sind auch die Erläuterungen aus dem umfangreichen BMF-Schreiben vom 30.9.2013 zu den neuen Reisekosten.
Wilhelm Krudewig
Steuerberater
Inhaltsverzeichnis
1 Neuregelung der Auswärtstätigkeiten
2 Ab 2014: Erste Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmern/Gesellschafter-Geschäftsführern
2.1 Wann und wo der Arbeitnehmer/Gesellschafter-Geschäftsführer eine erste Tätigkeitsstätte hat (Neuregelung ab 2014)
2.2 Abgrenzung zwischen erster Tätigkeitsstätte und Auswärtstätigkeiten
2.2.1 Erster Schritt: Arbeitgeber legt die erste Tätigkeitsstätte fest
2.2.2 Zweiter Schritt: Checkliste, wenn keine bzw. keine eindeutige Festlegung durch den Arbeitgeber erfolgt ist
2.3 Ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers
2.4 Fahrten zu einem Sammelpunkt bzw. zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet
3 Hauptbetriebsstätte bei Unternehmern
3.1 Beginn und Ende einer Auswärtstätigkeit
3.2 Tätigkeit außerhalb des eigenen Hauptbetriebs- bzw. der regelmäßigen Arbeitsstätte
4 Inlands-Reisekosten bei Selbstständigen und Unternehmern
4.1 Fahrtkosten
4.1.1 Verwendung eines Privat-PKW
4.1.2 Vorsteuerabzug beim privaten PKW
4.1.3 Verwendung eines Firmenwagens
4.1.4 Nutzung anderer Verkehrsmittel
4.2 Mehraufwand für Verpflegung
4.2.1 Inländische Verpflegungspauschalen
4.2.2 Vorsteuerabzug aus den tatsächlichen Aufwendungen
4.2.3 Abgrenzung zu den Bewirtungskosten
4.3 Übernachtungskosten
4.3.1 Übernachtung im Inland
4.3.2 Übernachtung bei Privatpersonen
4.3.3 Vorsteuerabzug aus Übernachtungskosten
4.3.4 Abgrenzung von Übernachtung und Verpflegung
4.3.5 Für welche Leistungen sind 7 oder 19% Umsatzsteuer zu zahlen
4.3.6 Abrechnung der Einzelleistungen
4.3.7 Business-Package/Service-Pauschale in Höhe von 20%
4.4 Nebenkosten bei einer Auswärtstätigkeit
4.5 Mehrere Auswärtstätigkeiten an einem Tag
4.6 Verpflegungsmehraufwendungen nach Ablauf von 3 Monaten
4.7 Worauf es bei der 3-Monatsfrist ankommt
4.8 Wie Reisekosten bei einer Fahrtätigkeit abgerechnet werden
5 Auslands-Reisekosten bei Selbstständigen und Unternehmern
5.1 Was bei der Abrechnung von Geschäftsreisen ins Ausland zu beachten ist
5.2 Wie bei Auslandsreisen der betriebliche Anlass nachzuweisen ist
5.3 Übersicht: Aufwendungen, die steuermindernd geltend gemacht werden können
5.4 Fahrtkosten können bei Auslandsreisen geltend gemacht werden
5.4.1 Verwendung eines Firmenfahrzeugs
5.4.2 Verwendung eines privaten PKW
5.4.3 Verwendung eines Leihwagens
5.5 Mehraufwand für Verpflegungskosten bei Auslandsreisen
5.5.1 Pauschbeträge am Tag des Grenzübertritts
5.5.2 Grenzüberschreitende auswärtige Tätigkeit an einem Tag
5.5.3 Ausländische Verpflegungspauschale bei einem nur kurzen Aufenthalt im Ausland (Transitfahrt)
5.5.4 Verpflegungspauschale bei Flugreisen ins Ausland
5.6 Übernachtungskosten im Ausland
5.6.1 Herausrechnen der Verpflegungskosten aus den Übernachtungskosten
5.7 Nebenkosten bei Auslandsreisen
6 Inlandsreisekosten bei Arbeitnehmern/GmbH-Geschäftsführern (Reisekostenerstattungen)
6.1 Reisekostenabrechnung bei Arbeitnehmern
6.2 Wann der Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte bzw. eine erste Tätigkeitsstätte hat
6.3 Fahrtkostenerstattung bei Arbeitnehmern
6.3.1 Abrechnung der tatsächlichen Kosten (Firmen-PKW)
6.3.2 Arbeitnehmer verwendet seinen eigenen PKW
6.3.3 Erstattung nach Kilometerpauschalen
6.3.4 Übernahme der Kosten für andere Beförderungsmittel
6.4 Erstattung des Verpflegungsmehraufwands
6.5 Gestellung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber
6.5.1 Unentgeltliche oder teilentgeltliche Verpflegung ohne Auswärtstätigkeit
6.5.2 Unentgeltliche oder teilentgeltliche Verpflegung bei Geschäftsreisen bis zum 31.12.2013
6.5.3 Unentgeltliche oder teilentgeltliche Verpflegung bei Geschäftsreisen ab dem 1.1.2014
6.5.4 Kürzung der Verpflegungspauschale wegen der Gestellung von Mahlzeiten
6.5.5 Erstattung der doppelten Verpflegungspauschale
6.6 Ermittlung der Verpflegungspauschale bei gemischten Reisen/Veranstaltungen
6.7 Erstattung von Übernachtungskosten
6.7.1 Abgrenzung von Übernachtung und anderen Hotelkosten
6.7.2 Gestellung des Frühstücks bei Übernachtungen auf Geschäftsreisen
6.8 Erstattung von Nebenkosten
6.9 Besonderheiten bei längerfristigen Auswärtstätigkeiten
7 Auslandsreisekosten bei Arbeitnehmern/GmbH-Geschäftsführern (Reisekostenerstattung)
7.1 Reisekosten, die der Unternehmer seinem Arbeitnehmer steuerfrei erstatten kann
7.2 Erstattung der Fahrtkosten bei Auslandsreisen
7.2.1 Der Arbeitnehmer nutzt einen Firmenwagen
7.2.2 Der Arbeitnehmer nutzt seinen privaten PKW
7.2.3 Der Arbeitnehmer nutzt einen Leihwagen
7.3 Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auslandsaufenthalten
7.3.1 Pauschbeträge am Tag des Grenzübertritts des Arbeitnehmers/GmbH-Geschäftsführers
7.3.2 Grenzüberschreitende Auswärtstätigkeit an einem Tag
7.3.3 Erstattung der doppelten Verpflegungspauschalen
7.4 Erstattung der ausländischen Übernachtungskosten
7.4.1 Herausrechnen der Verpflegungskosten aus den Übernachtungskosten
7.5 Erstattung von Nebenkosten bei Auslandsreisen
8 Abrechnung von Reisekosten mit dem Auftraggeber
9 Kombinierte Reisen: Trennung der betrieblichen und privaten Kosten
9.1 Aufteilung in einen betrieblichen und privaten Anteil ist zulässig
9.1.1 Aufteilung bei Fortbildungsveranstaltungen
9.1.2 Aufteilung bei Selbstständigen und Unternehmern
9.1.3 Aufteilung der Kosten bei Arbeitnehmern/GmbH-Geschäftsführern
9.1.4 Aufteilung, wenn der Arbeitgeber (z. B. eine GmbH) die Geschäftsreise anordnet
9.1.5 Freie Tage zwischen den geschäftlichen Terminen
9.2 Kostenübernahme für eine gemischte Dienstreise durch den Arbeitgeber
9.2.1 Aufteilung in steuerfreien Arbeitslohn und geldwerten Vorteil
9.3 Private Mitveranlassung bis 10% (Bagatellgrenze)
9.4 Sprachkurse im Ausland
10 Entfernungspauschale 2014
10.1 Grundsätze bei der Ermittlung der Entfernungspauschale
10.2 Wie die Entfernung zur Betriebsstätte ermittelt wird
10.3 Auswirkungen durch die Wahl der Verkehrsmittel
10.3.1 Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
10.3.2 Teilweise Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln
10.3.3 Der Unternehmer verwendet einen privaten PKW
10.3.4 Der Unternehmer verwendet seinen Firmen-PKW
10.4 Anwendung der pauschalen 1%-Methode
10.5 Ermittlung der abziehbaren Kosten mithilfe eines Fahrtenbuchs oder durch Schätzung
10.6 Kombinierte Nutzung von PKW und öffentlichen Verkehrsmitteln
10.7 Abzug der tatsächlichen Kosten bei Behinderung
10.8 Fahrgemeinschaften
10.9 Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber
10.10 Fahrten zwischen Betriebsstätten/Arbeitsstätten
10.10.1 Mehrere Betriebsstätten/Arbeitsstätten
10.10.2 Entfernungspauschale bei Arbeitnehmern mit mehreren Dienstverhältnissen
10.10.3 Pauschale Berechnung mit 0,03% oder mit 0,002%
10.10.4 Nutzung für Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte ohne Privatfahrten
10.10.5 Fahrten des Unternehmers zum Betrieb ohne Privatfahrten
10.11 Pauschale Lohnsteuer bei Erstattung der Entfernungspauschale
10.12 Fahrtkosten bei einem Vollzeitstudium und bei Bildungsmaßnahmen sind voll abziehbar
10.13 Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale
11 Doppelte Haushaltsführung
11.1 Betriebliche/berufliche Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung
11.2 Übersicht über die abziehbaren Aufwendungen
11.3 Prüfschema doppelte Haushaltsführung
11.4 Doppelte Haushaltführung auch bei Wegverlegung des Hauptwohnsitzes
11.5 Eigener Hausstand am Wohnort, der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist
11.6 Umfang, in dem Verpflegungskosten geltend gemacht werden können
11.7 Aufwendungen für Fahrten zwischen dem eigenen Hausstand und dem Beschäftigungsort
11.7.1 Private Nutzung des Firmenwagens wird pauschal ermittelt
11.7.2 Ermittlung der privaten Nutzung des Firmenwagens nach den tatsächlichen Kosten
11.7.3 Ansatz der Pauschale, wenn keine Kosten entstanden sind
11.8 Abzug der angemessenen Kosten für eine Unterkunft am Beschäftigungsort
11.8.1 Maximal abziehbare Unterkunftskosten bis zum 31.1.2013
11.8.2 Maximal abziehbare Unterkunftskosten ab dem 1.1.2014
11.8.3 Steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber und Werbungskostenabzug
11.8.4 Maximal abziehbare Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland
11.9 Einrichtung der Zweitwohnung am Beschäftigungsort
11.10 Umzugskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung
11.10.1 Abgrenzung: Umzugskosten oder doppelte Haushaltsführung
11.11 Gestaltung einer doppelten Haushaltsführung
12 Bewirtungskosten
12.1 Wann ist von Bewirtungskosten auszugehen
12.1.1 Abgrenzung zwischen privatem und betrieblichem Anlass
12.2 Trennung von geschäftlichen und betrieblichen Bewirtungskosten
12.2.1 Übersicht: Abgrenzung von geschäftlichen und betrieblichen Bewirtungskosten
12.3 Zu 100% abziehbare Bewirtungskosten
12.3.1 Bewirtung im Rahmen des Leistungsaustauschs
12.3.2 Bewirtung eigener Arbeitnehmer
12.3.3 Aufmerksamkeiten
12.3.4 Produkt- und Warenverkostung
12.3.5 Kundschaftstrinken
12.4 Geschäftliche Bewirtungskosten, zu 70% abziehbar
12.5 Zuordnung bei den Nebenkosten der Bewirtung
12.6 Wann der Ort der Bewirtung von Bedeutung ist
12.7 Höhe der angemessenen Bewirtungskosten
12.8 Bewirtung während einer Geschäftsreise
12.9 Nachweis der Bewirtungskosten
12.10 Aufzeichnungspflichten
12.11 Besonderheiten bei der Umsatzsteuer und dem Vorsteuerabzug
13 Anlagen
Reisekostenabrechnung 2014 (Inland)
Reisekostenabrechnung 2014 (Ausland)
Reisekostenabrechnung 2014 (Arbeitnehmer/mit Verpflegungspauschale)
Reisekostenabrechnung 2014 (Arbeitnehmer ohne Verpflegungspauschale) Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten im Ausland sind als Download der jeweils aktuellen Fassung von unserer Website abrufbar
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1 Neuregelung der Auswärtstätigkeiten
Die Reisekosten sind mit Wirkung vom 1.1.2014 neu geregelt worden. Nach wie vor kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um Auswärtstätigkeiten handelt oder um Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb bzw. erster Tätigkeitsstätte. Eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit (= Geschäftsreise) liegt vor, wenn ein
• Unternehmer außerhalb der eigenen Wohnung und außerhalb der Betriebsstätte, die den Mittelpunkt seiner auf Dauer angelegten betrieblichen Tätigkeit bildet, tätig wird,
• Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird. Zu den Arbeitnehmern gehören auch GmbH-Gesellschafter, die steuerlich als Arbeitnehmer ihrer GmbH einzustufen sind.
Ein Unternehmer bzw. Arbeitnehmer unternimmt somit eine Auswärtstätigkeit (bzw. eine Geschäftsreise), wenn er sich aus betrieblichen bzw. beruflichen Gründen vorübergehend von seiner Wohnung und seiner Hauptbetriebsstätte bzw. seiner ersten Tätigkeitsstätte entfernt. Auf die Entfernung und Zeitdauer kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 18.12. 2008, VI R 39/07).
Zentraler Punkt für Arbeitnehmer (GmbH-Gesellschafter/Arbeitnehmer) ab 2014: Es kommt auf die erste Tätigkeitsstätte an. Dieser neue Begriff weicht inhaltlich von dem ab, was bis zum 31.12.2013 unter einer regelmäßigen Arbeitsstätte zu verstehen ist.
Zur alten Rechtslage bis 31.12.2013 hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung zur Abrechnung von auswärtigen Tätigkeiten (Geschäftsreisen) in den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR)dargelegt. Was ab 2014 bei den Neuregelungen zu beachten ist, hat das BMF in einem umfangreichen Schreiben dargelegt (BMF-Schreiben vom 30.9.2013, IV C 5 – S 2353/13/10004). Die pauschalen Kilometersätze (0,30 € pro Kilometer) dürfen Freiberufler und Unternehmer allerdings nur für private Beförderungsmittel ansetzen. Beim Firmen-PKW sind die tatsächlichen Kosten anzusetzen.
Die steuerlich abziehbaren Aufwendungen für Auswärtstätigkeiten setzen sich zusammen aus:
• Fahrtkosten (R 9.5 LStR),
• Verpflegungsmehraufwendungen (R 9.6 LStR),
• Übernachtungskosten (R 9.7 LStR) und
• Reisenebenkosten (R 9.8 LStR).
Arbeitnehmer bzw. Unternehmer, die bei ihrer individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig werden, üben immer eine auswärtige Tätigkeit aus. Es kommt also entscheidend darauf an, die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Betriebsstätte von den Auswärtstätigkeiten abzugrenzen.
2 Ab 2014: Erste Tätigkeitsstätte bei Arbeitnehmern/ Gesellschafter-Geschäftsführern
Die Entfernungspauschale ist bei Arbeitnehmern, zu denen auch GmbH-Gesellschafter gehören können, nur für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anzusetzen. Dieser Begriff tritt ab dem 1.1.2014 an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte.
Wichtig! Arbeitnehmer können (bezogen auf das jeweilige Beschäftigungsverhältnis) nur eine erste Tätigkeitsstätte haben (§ 9 Abs. 4 EStG). Allein die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer regelmäßig den Betrieb seines Arbeitgebers aufsucht, sagt noch nichts darüber aus, ob es sich um eine erste Tätigkeitsstätte handelt. Wenn ein Arbeitnehmer fortdauernd immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht, kann maximal nur eine Betriebsstätte seine erste Tätigkeitsstätte sein.
Bis zum 31.12.2013 kam es entscheidend darauf an, ob und welche Tätigkeiten der Arbeitnehmer am Betriebssitz ausgeübt hat (BFH-Urteile vom 9.6.2011, VI R 55/10, VI R 36/10, VI R 58/09). Ab dem 1.1.2014 ist die erste Tätigkeitsstätte maßgebend, die in erster Linie auf die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers abstellt. Die nachfolgende Übersicht zeigt die Rechtslage vor und nach dem 1.1.2014:
Übersicht: Regelmäßige Arbeitsstätte bzw. erste Tätigkeitsstätte
Grundlage: § 9 Abs. 4 EStG (n.F) (Begriff der ersten Tätigkeitsstätte)
Grundlage: BFH (s.o.) und BMF-Schreiben vom 15.12.2011
Erste Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung
• des Arbeitgebers,
• eines verbundenen Unternehmens,
• eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (Leiharbeit)
Regelmäßige Arbeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung
• des Arbeitgebers oder
• eines ausgegliederten Unternehmens, dem der Arbeitnehmer zugeordnet wurde (Outsourcing)
Weitere Voraussetzung: Arbeitnehmer soll unbefristet für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden
Die Zuordnung richtet sich nach der dienst- und arbeitsrechtlichen Festlegung bzw. nach Absprachen und Weisungen (ist dann auch verbindlich für das Finanzamt).
Die dauerhafte Zuordnung des Arbeitnehmers erfolgt aufgrund von dienstrechtlichen/arbeitsvertraglichen Festlegungen.
Fehlt eine dienst- und arbeitsrechtliche Festlegung oder ist sie nicht eindeutig, ist die betriebliche Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, an der der Arbeitnehmer
• typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
• je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder
• mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll
(Prognose)
Fehlt eine derartige Festlegung, dann befindet sich die regelmäßige Arbeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, in der der Arbeitnehmer
• arbeitstäglich oder
• je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder
• mindestens 20% seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll
(Prognose)
Liegen die Voraussetzungen für mehrere Tätigkeitsstätten vor, ist diejenige Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitstätte, die
• der Arbeitgeber bestimmt oder
• der Wohnung am nächsten liegt, wenn die Bestimmung fehlt bzw. nicht eindeutig ist.
Wird im Einzelfall geltend gemacht,
dass
• eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte ist oder
• keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt,
ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunktes der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.
Eine Bildungseinrichtung ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, auch wenn sie zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitlichen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (BFH-Urteil vom 9.2.2012, VI R 42/11).
Eine erste Tätigkeitsstätte ist auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitlichen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird.
2.1 Wann und wo der Arbeitnehmer/Gesellschafter-Geschäftsführer eine erste Tätigkeitsstätte hat (Neuregelung ab 2014)
Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte ist von zentraler Bedeutung, weil Arbeitnehmer (bezogen auf das jeweilige Beschäftigungsverhältnis) nur eine erste Tätigkeitsstätte haben können. Für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte dürfen nicht die tatsächlichen Kosten, sondern nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer geltend gemacht werden.
Wann von einer ersten Tätigkeitsstätte auszugehen ist, ist in § 9 Abs. 4 EStG gesetzlich geregelt. Danach ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung
• des Arbeitgebers,
• eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder
• eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten,
der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer
• unbefristet oder
• für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
• über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus
an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll (Prognose).
Fehlt die Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer
• typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
• je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder
• mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit
tätig werden soll.
Der Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben. Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen für mehrere Tätigkeitsstätten vorliegen. In diesem Fall bestimmt der Arbeitgeber, welche Tätigkeitsstätte die erste Tätigkeitsstätte sein soll. Trifft der Arbeitgeber hierzu keine oder keine eindeutige Bestimmung, ist die Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte anzusehen, die der Wohnung örtlich am nächsten liegt.
Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitnehmer arbeitet als leitender Mitarbeiter an 3 Tagen in der Woche in der Hauptniederlassung seines Arbeitgebers in Köln. An einem Tag in der Woche ist er in der Niederlassung in Düsseldorf tätig und an einem weiteren Tag der Woche in Bonn.
Lösung: Der Arbeitnehmer hat in Köln seine erste Tätigkeitsstätte. Er kann für diese Fahrten nur die Entfernungspauschale geltend machen. Bei einem Firmen-PKW ermittelt er die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte mithilfe der 0,002%-Methode. Seine Fahrten zu den Niederlassungen in Düsseldorf und Bonn sind als auswärtige Tätigkeiten einzustufen, die er nach Reisekostengrundsätzen abrechnet.
Wichtig! Der Arbeitgeber muss die Kosten des Firmenwagens, die auf die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte des Arbeitnehmers entfallen, als steuerpflichtigen Arbeitslohn erfassen. Das gilt auch für GmbH-Gesellschafter, die Arbeitnehmer ihrer GmbH sind. Der Arbeitgeber erfasst den vollen Betrag, weil eine Saldierung mit der Entfernungspauschale nicht zulässig ist. Der Arbeitgeber darf die Entfernungspauschale allerdings erstatten, wenn er diese mit 15% pauschal versteuert.
Praxis-Tipp
Berufliche Fahrten sind auswärtige Tätigkeiten, wenn und soweit keine erste Tätigkeitsstätte vorhanden ist. Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, den dieser auch für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nutzen kann, muss er von vornherein wissen, ob der Arbeitnehmer in seinem Betrieb eine erste Tätigkeitsstätte hat.
Gibt es keine erste Tätigkeitsstätte, sind alle Fahrten mit ihren tatsächlichen Kosten steuerlich abziehbar, sodass die Fahrten des Arbeitnehmers zum Betrieb nicht als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen.
2.2 Abgrenzung zwischen erster Tätigkeitsstätte und Auswärtstätigkeiten
Ob und wo der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte hat, ist gemäß § 9 Abs. 4 EStG in mehreren Stufen zu prüfen. Dabei ist zwingend die folgende Reihenfolge einzuhalten:
Erster Schritt:
Der Arbeitgeber hat die erste Tätigkeitsstätte festgelegt (auf die Qualität der Tätigkeit kommt es nicht an).
Zweiter Schritt:
Ohne Festlegung bzw. ohne eindeutige Festlegung durch den Arbeitgeber sind die gesetzlich vorgegebenen Merkmale entscheidend.
2.2.1 Erster Schritt: Arbeitgeber legt die erste Tätigkeitsstätte fest
Ordnet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer arbeits- oder dienstrechtlich einer bestimmten Tätigkeitstätte dauerhaft zu, befindet sich dort seine „erste Tätigkeitsstätte“. Diese Zuordnung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Der Arbeitgeber kann z. B. aus organisatorischen Gründen eine bestimmte Betriebsstätte (Dienststelle) als erste Tätigkeitsstätte festlegen, er muss es aber nicht.
Es liegt keine erste Tätigkeitstätte vor, wenn die Zuordnung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen (z. B. zur Führung der Personalakten) erfolgt. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt allerdings vor, wenn die Zuordnung sich auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers bezieht. Auf die Qualität der Tätigkeit (also auch auf den Umfang der Tätigkeit) kommt es nicht an.
Konsequenz: Hat der Arbeitgeber eine erste Tätigkeitsstätte seines Arbeitnehmers (z. B. die GmbH für ihren angestellten Gesellschafter) wirksam festgelegt, dann ist dies auch für das Finanzamt verbindlich.
Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitgeber weist seine Betriebsstätte in den Arbeitsverträgen mit seinen Arbeitnehmern immer als erste Tätigkeitsstätte (Haupttätigkeitsstätte bzw. Stammdienststelle) aus. Diese Zuordnung nimmt er auch bei seinen Außendienstmitarbeitern (Handelsvertretern) vor.
Ergebnis: Die Betriebsstätte des Arbeitgebers ist auch bei den Handelsvertretern als erste Tätigkeitsstätte zu behandeln, weil die Handelsvertreter die Betriebsstätte zur Abwicklung der Aufträge aufsuchen. Das hat zur Folge, dass alle Fahrten des Handelsvertreters von der Wohnung zur Betriebsstätte und von der Betriebsstätte zur Wohnung als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einzustufen sind, für die nur die Entfernungspauschale geltend gemacht werden kann.
Hat der Arbeitgeber die erste Tätigkeitsstätte festgelegt, kommt es nicht darauf an,
• in welchem Umfang der Arbeitnehmer dort tatsächlich tätig wird,
• ob er regelmäßig dort tätig wird und
• ob der Arbeitnehmer an mehreren Tätigkeitsstätten tätig wird und die Tätigkeit an den anderen Tätigkeitsstätten einen größeren Umfang einnimmt als an der ersten Tätigkeitsstätte.
Konsequenz: Da es ab 2014 nicht mehr auf Umfang und Qualität der Tätigkeit ankommt, besteht ein Gestaltungsspielraum, den der Arbeitgeber zu seinen Gunsten und zu Gunsten seiner Arbeitnehmer nutzen kann.
Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer betreibt zwei Geschäfte. Ein Geschäft befindet sich in Köln und das andere Geschäft in Bonn. Der Arbeitnehmer, der in der Nähe von Bonn wohnt, ist regelmäßig
• an einem Tag der Woche in Bonn (Entfernung von der Wohnung zum Betrieb 8 km) und
• an vier Tagen in der Woche in Köln (Entfernung von der Wohnung zum Betrieb 48 km).
Der Arbeitgeber bestimmt die Betriebsstätte in Bonn als erste Tätigkeitstätte, sodass die Entfernungspauschale für die Fahrt nach Bonn anzusetzen ist. Die Kosten für die Fahrten nach Köln fallen im Rahmen einer auswärtigen Tätigkeit an und sind voll abziehbar. Die Verpflegungspauschalen können für die Dauer von 3 Monaten geltend gemacht werden. Nach einem zusammenhängenden Urlaub von 4 Wochen beginnt der 3-Monatszeitraum wieder neu.
Praxis-Tipp
Es gibt Situationen, in denen es sinnvoll ist, wenn der Arbeitgeber eine erste Tätigkeitsstätte
• festlegt, um ein vorteilhaftes Ergebnis zu erzielen (wie im vorhergehenden Beispiel)
• nicht festlegt, damit z. B. Handelsvertreter, die nur ihre Aufträge im Betrieb abwickeln, ihre Fahrten insgesamt als auswärtige Tätigkeiten abrechnen können.
Der Arbeitnehmer, der nahezu ausschließlich im Außendienst tätig ist, kann für seine Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nur die Entfernungspauschale geltend machen, wenn sich eine erste Tätigkeitsstätte am Betriebssitz befindet. Ohne erste Arbeitsstätte handelt es sich bei den Fahrten der Handelsvertreter zur Betriebsstätte um auswärtige Tätigkeiten, bei denen die Fahrtkosten voll abziehbar sind.
Da es keine bestimmte Form gibt, wie der Arbeitgeber seine arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen zu dokumentieren hat, reicht es aus, wenn hierzu keinerlei Aussagen getroffen werden.
Problem! Finanzbeamte, insbesondere Betriebsprüfer, werden versuchen, günstige steuerliche Ergebnisse mithilfe des § 42 AO zunichte zu machen. Im BMF-Schreiben vom 30.9.2013 (IV C 5 – S 2353/13/10004) ist bereits jetzt eine Tendenz absehbar, wonach die Finanzverwaltung unliebsame Gestaltungen als Missbrauch behandeln und nicht anerkennen will. Das gilt insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern, Arbeitnehmer-Ehegatten und anderen, mitarbeitenden Familienangehörigen, weil es hier darauf ankommt, ob die Vereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten. Da es sich um eine Neuregelung handelt, dürfte es schwierig sein festzustellen, was in dieser Situation überhaupt zwischen Fremden üblich ist. Die Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung, die sicherlich auch vor den Finanzgerichten ausgetragen werden, sind absehbar.
Fazit: Der angekündigte Vereinfachungseffekt, der mit der Neuregelung erzielt werden sollte, ist nicht existent.
2.2.2 Zweiter Schritt: Checkliste, wenn keine bzw. keine eindeutige Festlegung durch den Arbeitgeber erfolgt ist
Hat der Arbeitgeber keine erste Tätigkeitsstätte bestimmt oder ist sie nicht eindeutig, hängt es von der Arbeitszeit ab, die der Arbeitnehmer an der jeweiligen Tätigkeitsstätte verbringt. Der Arbeitnehmer hat gemäß § 9 Abs. 4 EStG seine erste Tätigkeitsstätte dort, wo er entweder
• typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder
• je Arbeitswoche mindestens zwei volle Arbeitstage verbringt oder
• mindestens 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Liegen die Voraussetzzungen für mehrere Tätigkeitsstätten vor, dann bestimmt der Arbeitgeber, wo sich die erste Tätigkeitsstätte befindet. Hat der Arbeitgeber keine Bestimmung getroffen, gilt die Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte, die der Wohnung des Arbeitnehmers am nächsten liegt.
Prüfung der ersten Tätigkeitsstätte
Praxis-Beispiel:
Ein Arbeitnehmer wohnt in Bonn und ist zuständig für zwei Filialen seines Arbeitgebers in Köln und Düsseldorf. Er hält sich wöchentlich regelmäßig an 3 Tagen in Düsseldorf auf und an 2 Tagen in Köln. Die Entfernung von der Wohnung zur Filiale in Düsseldorf beträgt 100 km und die Entfernung zur Filiale in Köln 50 km. Der Arbeitgeber hat keine Aussagen dazu getroffen, welche Filiale die erste Tätigkeitsstätte sein soll.
Lösung: Die Voraussetzungen, um von einer ersten Tätigkeitsstätte ausgehen zu können, liegen bei beiden Filialen vor. Der Arbeitnehmer hält sich sowohl in Düsseldorf als auch in Köln regelmäßig an mindestens 1/3 der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit auf. Da der Arbeitgeber keine Zuordnung vorgenommen hat, ist die Filiale in Köln die erste Tätigkeitsstätte, weil sie am nächsten zur Wohnung des Arbeitnehmers liegt. Dass der Arbeitnehmer mehr Zeit (regelmäßig 3 Tage) in Düsseldorf verbringt als in Köln (2 Tage), spielt keine Rolle.
Konsequenz: Der Arbeitnehmer kann für die beiden wöchentlichen Fahrten nach Köln nur die Entfernungspauschale geltend machen. Bei den 3 Fahrten nach Düsseldorf handelt es sich um Fahrten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit, die voll abziehbar sind.
Keine erste Tätigkeitsstätte: Das vorstehende Prüfschema macht auch deutlich, dass ab dem 1.1.2014 keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, wenn der Arbeitnehmer
• in verschiedenen Filialen seines Arbeitgebers wechselnd tätig ist und in allen Filialen weniger als 1/3 seiner Arbeitszeit verbringt oder
• den Betriebssitz seines Arbeitgebers nur zu Kontrollzwecken bzw. zur Auftragsabwicklung aufsucht oder
• am Betriebssitz seines Arbeitgebers nur das Kundendienstfahrzeug übernimmt oder Material usw. ein- und auslädt.
2.3 Ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers
Eine erste Tätigkeitsstätte hat der Arbeitnehmer nur in einer „ortsfesten betrieblichen Einrichtung“
• seines Arbeitgebers oder
• eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder
• eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten.
Übt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers aus, z. B. auf einer Baustelle oder in einem Fahrzeug (Bus, Flugzeug oder Schiff), dann wird er auswärts tätig. Der Arbeitgeber kann ihm die Reisekosten lohnsteuerfrei erstatten.
Damit aus einer Tätigkeitsstätte eine erste Tätigkeitsstätte wird, muss der Arbeitnehmer einer Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet werden. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer einer Betriebsstätte seines Arbeitnehmers unbefristet zugeordnet ist. Bis zum 31.12.2013 liegt in solchen Fällen eine regelmäßige Arbeitsstätte vor.
In den anderen Fällen macht der Gesetzgeber ab dem 1.1.2014 die Rechtsprechung des BFH teilweise wieder rückgängig. Der BFH hat entschieden, dass keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegen kann, wenn der Arbeitnehmer in einer betrieblichen Einrichtung eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten (Kunden des Arbeitgebers) tätig wird.
Ab dem 1.1.2014 kann auch die betriebliche Einrichtung eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten (Kunden des Arbeitgebers) eine erste Tätigkeitsstätte sein. Das ist aber nur dann der Fall, wenn geplant ist, den Arbeitnehmer dort
• länger als 48 Monate (4 Jahre),
• für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses oder
• unbefristet
zu beschäftigen. Es handelt sich um eine Prognose, die zu Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. bei einer Änderung der Tätigkeitsmerkmale getroffen werden muss. Hinsichtlich der dauerhaften Zuordnung ändert sich nichts, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Prognose nicht zutrifft. Maßgebend ist somit das, was der Arbeitgeber im Vorhinein festgelegt hat.
Praxis-Beispiel (Einsatz auf mehreren Baustellen):
Ein Bauunternehmer setzt seinen Arbeitnehmer auf einer Großbaustelle in Essen ein. Der Arbeitnehmer ist dort vom 27.2.2014 bis zum 2.10.2014 tätig. Anschließend arbeitet er auf einer anderen Baustelle. Der Arbeitnehmer fährt jeweils unmittelbar von seiner Wohnung zur Baustelle, ohne den Betrieb seines Arbeitgebers aufzusuchen.
Konsequenz: Der Arbeitnehmer hat keine erste Tätigkeitsstätte. Er wird an ständig wechselnden Einsatzstellen tätig und übt somit eine auswärtige Tätigkeit aus, die nach Reisekostengrundsätzen abzurechnen ist.
Praxis-Beispiel (Abordnung über längere Zeit):
Der Arbeitgeber beschäftigt einen Arbeitnehmer in seiner Niederlassung in Bonn. Diesen Arbeitnehmer ordnet er für 3 Jahre nach München ab, um die dortige Niederlassung den veränderten Verhältnissen anzupassen.
Konsequenz:
Die Abordnung nach München ist vorübergehend, sodass während der gesamten Zeit eine auswärtige Tätigkeit vorliegt.
• Die Verpflegungspauschalen können nur für die ersten 3 Monate erstattet werden.
• Die Fahrtkosten sind uneingeschränkt abziehbar und zwar die Fahrten zwischen Bonn und München und von der Unterkunft in München bis zur Niederlassung und zurück.
• Der Arbeitgeber zahlt die Kosten der Unterkunft. Die Einschränkungen, die bei einer doppelten Haushaltsführung zu beachten sind, gelten hier nicht.
Praxis-Beispiel (Verlängerung der Abordnung):
Ein EDV-Spezialist ist in der Niederlassung seines Arbeitgebers in Bonn beschäftigt. Der Arbeitgeber setzt diesen Arbeitnehmer für 3 Jahre in seiner Niederlassung in Hamburg ein, um dort ein neues EDV-System aufzubauen. Wegen technischer Schwierigkeiten verlängert sich der Aufenthalt um 15 Monate.
Konsequenzen: Die Tätigkeit in Hamburg war für 36 Monate = 3 Jahre geplant. Das ist entscheidend. Die Verlängerung um 15 Monate führt nicht dazu, dass aus der Niederlassung in Hamburg eine erste Tätigkeitsstätte wird. Bei der Tätigkeit in Hamburg handelt es sich somit - trotz der Verlängerung - um eine auswärtige Tätigkeit, die während der gesamten Zeit vorliegt.
Praxis-Beispiel (auswärtige Tätigkeit auf Dauer):
Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Köln hat Mandanten im Raum Nürnberg. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stellt einen Arbeitnehmer aus Nürnberg ein, der ausschließlich für diese Mandanten arbeitet. Es erfolgt keine Zuordnung zum Standort in Köln.
Konsequenz: Der Arbeitnehmer fährt nur gelegentlich nach Köln und begründet dort keine erste Tätigkeitsstätte. Er begründet, weil er für mehrere Kunden tätig wird, auch keine erste Tätigkeitsstätte bei den Kunden im Raum Nürnberg. Der Arbeitnehmer übt dauerhaft eine auswärtige Tätigkeit aus.
Praxis-Beispiel (Zeitarbeitnehmer ohne zeitliche Begrenzung):
Eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt einen Arbeitnehmer, der ohne zeitliche Begrenzung bis auf Weiteres (für mehr als 48 Monate) bei einem Kunden als kaufmännischer Angestellter eingesetzt wird.
Konsequenzen: Der Arbeitnehmer hat keine erste Tätigkeitsstätte in der Leiharbeitsfirma. Da der Arbeitseinsatz für einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten bei einem Kunden geplant ist, begründet der Leiharbeitnehmer beim Kunden eine erste Tätigkeitsstätte. Er übt deshalb keine auswärtige Tätigkeit aus. Der Leiharbeitnehmer kann für seine Fahrten zum Kunden nur die Entfernungspauschale geltend machen.
Praxis-Beispiel (Kettenabordnung eines Zeitarbeitnehmers):
Eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt ohne zeitliche Begrenzung einen Arbeitnehmer, der bei verschiedenen Kunden eingesetzt wird. Dieser Arbeitnehmer wird für 36 Monate bei einem Kunden als kaufmännischer Angestellter eingesetzt. Kurz vor Ablauf der 36 Monate wird der Vertrag um 18 Monate verlängert, sodass die Gesamtlaufzeit 54 Monate beträgt.
Konsequenz: Der Arbeitnehmer hat weder in der Leiharbeitsfirma noch beim Kunden der Leiharbeitsfirma eine erste Tätigkeitsstätte. Der ursprüngliche Arbeitseinsatz war für einen
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2013
ISBN: 978-3-7309-6346-3
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