Wir retten unseren Bauernhof
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kleine Gute Nacht Geschichten, die zusammen eine große Geschichte ergeben.
Autor:
Mathias Büscher, Höhenweg 8, 53505 Berg
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Weit draußen vor der Stadt lebte einst ein Bauer mit dem Namen Karl.
Tag für Tag arbeitete er schwer im Stall und auf seinen Feldern. Trotzdem reichte sein Geld nur gerade so aus, um sich und seine Tiere zu versorgen. Geld für schlechte Zeiten zurückzulegen – daran war gar nicht zu denken.
Und so passierte, was passieren musste.
Eines Tages fuhr ein großer schwarzer Wagen auf den Hof des Bauern.
Vier Männer in grauen Anzügen stiegen heraus und gingen geradewegs rüber in das Haus von Bauer Karl. Ihre Gesichter sahen ernst und grimmig aus, und die Tiere auf dem Hof ahnten schon, dass dieser Besuch bestimmt nichts Gutes zu verheißen hatte.
Bello, der Hund von Bauer Karl, hatte ebenfalls ein ungutes Gefühl und schlich den grauen Männern schnell hinterher. Unbemerkt legte er sich leise in der Stube vor den Kamin und lauschte wachsam der Unterhaltung.
Erst war auch alles in Ordnung.
Bauer Karl holte für jeden der grauen Männer ein Glas frisch gepressten Orangensaft und einige Leckereien zum Knabbern.
Zwar sahen die grauen Männer immer noch ernst und grimmig aus, aber nachdem sie sich kurz gestärkt hatten, sprachen sie mit Bauer Karl nur über die Tiere, die Ernte und darüber, was es sonst noch so Neues auf dem Hof gab.
Alles in allem eine ganz normale Unterhaltung.
Doch dann passierte es!
Plötzlich schlug die Stimmung um und aus der normalen Unterhaltung wurde ein handfester Streit.
Erschrocken hob Bello, der Hund, den Kopf.
Hatte er etwas verpasst? Warum waren die grauen Männer plötzlich so böse mit Bauer Karl? Und warum war es auf einmal zum Streit gekommen?
Der arme Hund Bello, so gutmütig und treu, hätte die grauen Männer am liebsten gleich wieder aus dem Haus gejagt.
Trotzdem hielt er inne.
Jetzt war es klüger, erst mal abzuwarten. Vielleicht würde er dann erfahren, warum es plötzlich zum Streit gekommen war und was die grauen Männer wirklich hier auf dem Hof von Bauer Karl zu suchen hatten. Schließlich waren sie bestimmt nicht hier um über die Tiere, die Ernte und die Neuigkeiten zu sprechen.
Aufmerksam hörte er zu.
Er versuchte die grauen Männer zu verstehen, dem Streit zu folgen und das Stimmengewirr zu sortieren – bis endlich …
Dann hatte er genug gehört. Er wusste bescheid. Jetzt musste er handeln!
„Das ist ja nicht zu fassen! Die grauen Männer wollen uns unseren schönen Bauernhof wegnehmen! Das muss ich sofort den anderen Tieren erzählen!“, dachte er bei sich, stand auf und schlich sich wieder nach draußen.
Bello verlor keine Zeit!
Er rannte über den Hof und rief die anderen Tiere zusammen. Und wie immer, wenn es etwas Wichtiges zu besprechen gab, versammelten sich alle um das Kartoffelkistenpodest hinter der Scheune.
Endlich kam auch Otto, das Bürgermeisterschwein, um die Ecke getrottet.
So elegant, wie ihm nur möglich, stieg er auf sein Kartoffelkistenpodest und reckte majestätisch seinen Kopf in die Höhe.
„Liebe Gemeinde!“ eröffnete er die Versammlung, wurde jedoch gleich von einem lauten Knall unterbrochen.
Denn, just in diesem Moment stiegen die vier grauen Männer in ihr Auto und schlugen die Türen so fest zu, dass es deutlich hinter der Scheune zu hören war. Anschließend fuhren sie mit quietschenden Reifen davon.
Bürgermeisterschwein Otto wartete einen kurzen Moment und startete dann einen neuen Versuch:
„Liebe Gemeinde!“, rief er.
„Herzlich willkommen zu dieser Versammlung! Als Erstes möchte ich noch mal darauf hinweisen, dass nur ich, als Bürgermeister dieses Bauernhofes, das Recht habe, eine Versammlung, wie diese hier, einzuberufen. Aber aufgrund der besonderen Situation möchte ich mal nicht so streng sein und übergebe hiermit das Wort an Bello.“
Bello, der Hund, konnte es gar nicht mehr erwarten.
„Wir haben ein großes Problem!“, fing er an.
„Die Ernte war sehr schlecht in diesem Jahr. Auf einen heißen, langen Sommer folgte ein früher Winter. Im Sommer war schon die Hälfte der Ernte von Bauer Karl vertrocknet, und als ob das noch nicht reichen würde, ist im Herbst noch mal ein guter Teil erfroren.“
„Ja, ja wissen wir. Wir haben das alle mitbekommen. Wir waren auch hier, Bello! Nun sag endlich, wer diese Männer waren und was sie hier wollten?“, unterbrach Carusso, der Hahn, ihn.
Carusso, der Hahn, brannte vor Neugier und wollte sich jetzt nicht das Geplapper anhören, dass Bello, der Hund, sonst so von sich gab, bevor er endlich die interessanten Neuigkeiten erzählte.
„Ist ja schon gut“, antwortete Bello beleidigt. Dann fuhr er fort:
„Die Ernte von Bauer Karl reichte jedenfalls in diesem Jahr nicht aus, um ihn und uns zu versorgen. Also musste Bauer Karl sich von diesen grauen Männern eine ganze Menge Geld leihen – und das, obwohl er nicht wusste, wie er es ihnen je zurückzahlen sollte.
Diese grauen Männer haben nun von Bauer Karl verlangt, seinen Hof, also unser Zuhause, an sie zu verkaufen. Damit sollte er seine Schulden bei ihnen begleichen.
Sie meinten, dass dieser Hof sowieso viel zu klein sei, um in der heutigen Zeit bestehen zu können.
Auch könnte Bauer Karl es ja viel einfacher haben, wenn er sich in der Stadt eine neue Arbeit suchen würde.“
„Was hat denn Bauer Karl dazu gesagt?“, unterbrach Carusso, der Hahn, ihn schon wieder.
„Warte doch ab, Carusso“, wies Bürgermeisterschwein Otto ihn zurecht und bat Bello, den Hund, gleich darauf, seine Geschichte weiter zu erzählen.
„Natürlich hat Bauer Karl erst mal gefragt, warum dieser Hof so wichtig für die grauen Männer sei, wo er sich doch nicht lohnen würde. Aber sie wollten gar nicht den Hof, sondern nur das Grundstück, auf dem er steht. Den Hof, so meinten sie, würden sie einfach abreißen und stattdessen hier ein schmuckes und großes Hotel errichten.
Bauer Karl, so meinten sie weiter, könne sich ja auch um eine Arbeit in eben diesem Hotel bewerben. Sie würden dann persönlich dafür Sorge tragen, dass er etwas Leichteres zu tun bekam, als die schwere Arbeit hier auf dem Hof.“
„Und was hat jetzt Bauer Karl dazu gesagt? Komm endlich zum Punkt!“, tönte es jetzt von hinten.
Aber dieses Mal war es gar nicht Carusso, der Hahn, der Bello, den Hund, einfach unterbrach, sondern Otto, das Bürgermeisterschwein, selbst.
„Du bist ja noch schlimmer als ich, und ich bin immerhin Politiker“, hatte er noch hinzugefügt.
Das wollte Bello nicht auf sich sitzen lassen und kam endlich zur Sache:
„Bauer Karl“, meinte er, „will das nicht und hat gesagt, dass er seinen Hof niemals an diese grauen Männer verkaufen würde.
Ihm würde schon etwas einfallen, wie er seine Schulden zurückzahlen könne.
Und dann hat er die grauen Männer einfach hinausgeworfen! Deshalb sind sie eben so ärgerlich wieder weggefahren.
Sie haben einfach nicht bekommen, was sie wollten.“
Erleichtert atmeten die Tiere auf. Sie mussten ihr zu Hause nicht verlassen. Bauer Karl hatte zu ihnen gehalten und dafür waren ihm alle seine Tiere aus tiefstem Herzen dankbar!
Alle Tiere …? Ja, alle Tiere – bis auf Kapella die Ziege.
„Bauer Karl hätte sich einfach kein Geld leihen dürfen“, meckerte sie los.
„Dann gäbe es diese grauen Männer gar nicht und wir müssten uns nicht so große Sorgen um Bauer Karl und unseren Hof machen.“
Natürlich mussten die anderen Tiere Kapella, der Ziege, recht geben.
Bauer Karl hätte sich kein Geld leihen dürfen, ohne zu wissen, wie er es ihnen wieder zurückzahlen würde.
Trotzdem achtete in diesem Moment niemand auf ihr Gemecker.
Denn, den anderen Tieren war in diesem Moment ein großer Stein vom Herzen gefallen und sie waren einfach nur froh, dass sie erst mal hier auf dem Bauernhof bleiben durften.
Erst mal!
Zum Glück konnte Bauer Karl die grauen Männer vertreiben. Zum Glück hatte er seinen Bauernhof nicht an sie verkauft. Und zum Glück hatte er zu seinen Tieren gehalten, statt sich eine andere, einfachere Arbeit zu suchen.
Noch eine ganze
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 14.08.2014
ISBN: 978-3-7368-3204-6
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