Vor drei Jahren, es war wie jetzt gerade die Adventszeit, platzte meine jüngere Tochter Lilly morgens ins Badezimmer, gerade, als ich mir einen Tampon einführte.
(Tampon und Adventszeit?? Das passt jetzt nicht wirklich zusammen – aber beide spielen eine tragende Rolle in dieser Geschichte…)
Verwundert blieb meine Dreijährige stehen und starrte mich an, während ich mir die Hose wieder hochzog und zuknöpfte.
„Was hast du da gemacht?“, fragte sie mich dann im Tonfall der spanischen Inquisition.
„Ich habe mir einen Tampon reingeschoben, das muss ich im Moment jeden Tag machen.“
Leichtes Stirnrunzeln, ich sah, wie es in Lillys Köpfchen arbeitete.
„Warum machst du das?“
Innerlich seufzte ich auf, erklärte ihr jedoch kurz – und, wie ich meinte, auch geduldig und kindgerecht - was da ein Mal im Monat bei Frauen passiert und dass es nichts Schlimmes sei.
Damit schien sie sich zufrieden zu geben und wir machten uns ausgehfertig, ich schnappte mir meine Schultasche, sie sich ihre Kindergartentasche, dann lieferte ich sie in der KiTa ab und fuhr zur Arbeit.
Als ich nach Dienstschluss in den Kindergarten eilte, um Lilly wieder abzuholen, grinste mich eine der Erzieherinnen der Nachbargruppe breit an, murmelte nur ein kurzes „Hallo“, bevor sie glucksend in ihrem Gruppenraum verschwand. Seltsam.
Hatte ich mir ihre Belustigung nur eingebildet? Oder war irgendetwas mit meinem Haar, meinem Gesicht?
In einen der "Zerrspiegel" auf dem Flur blickend stellte ich fest, dass ich eigentlich normal aussah - soweit das in einem verzerrenden Spiegel möglich ist. Keine verwischte Schminke. Keine Essensreste. Keine abstehenden Haare.
Steffi, eine der Erzieherinnen in Lillys Gruppe, stand am anderen Ende des Flures auf einer Trittleiter und hängte gerade noch weitere Weihnachtsdekoration auf, obwohl der Korridor bereits wunderschön geschmückt war.
Vor unserem Gruppenraum stand ein kleiner, leuchtender Tannenbaum. Sterne, Engel, Weihnachtsmänner und andere Basteleien der Kinder baumelten überall von der Decke und auf den Tischchen befanden sich Tannengestecke und Buntlichter. Es duftete sogar weihnachtlich nach Tannennadeln, und mit Nelken gespickten Mandarinen.
Kaum sah Steffi, wie ich über den Flur auf sie zu marschierte, da rief sie von der Leiter hinunter in Richtung Lillys Gruppenraum: „Anke, bring´ die Tanne in Sicherheit! Frau Kollasch kommt!“
Dann wandte sie sich mir, die ich verwundert kurz stehengeblieben war, wieder zu und grinste mich an, den Schalk im Nacken.
Warum soll die Weihnachtsdekoration weggeräumt werden, wenn ich komme?, fragte ich mich fieberhaft überlegend.
Ich muss wohl ziemlich belämmert aus der Wäsche geguckt haben, denn als ich Lillys Gruppenraum endlich erreichte, stieg Steffi sofort von der Leiter und sagte mit einem entwaffnenden Lächeln: „Verzeihung, aber Sie sind doch so eine Humorvolle! Ich konnte eben einfach nicht anders… bis Anke und ich endlich kapiert hatten, was Lilly in Wirklichkeit meint!“
Ich verstand nach wie vor nur Bahnhof, das sah sie wohl, denn sie ergänzte: „Ach, was haben wir heute Morgen gelacht! Lilly hat im Morgenkreis mit viel Gestik und ganz wichtiger Miene erklärt: ´Meine Mama schiebt sich im Moment jeden Tag einen Tannenbaum unten rein.´ “
Ach je – jetzt verstand ich, und musste nun ebenfalls grinsen. Die Beobachtung am Morgen hatte meine Kleine wohl doch mehr beschäftigt, als ich vermutet hatte und aus dem Tampon war auf dem Weg zum Kindergarten ein Tannenbaum geworden...
Lilly Kollasch, du kleiner Feger!, dachte ich.
Steffi prustete schon wieder los, dann bemühte sie sich um mehr Ernsthaftigkeit.
„Pardon, ich hoffe, mein kleiner Spruch eben war nicht schlimm… aber es überkam mich so. Über die Story werden wir bestimmt noch ein paar Mal lachen.“
Oh ja, ich auch, dachte ich.
„Nein, alles in Ordnung“, gab ich zur Antwort. Und das war es ja auch.
Es ist gerade das Direkte, Liebenswerte und Witzige, dass ich an Lillys Erzieherinnen so schätze.
Tja, die lieben Kleinen. Diese ist nur eine von recht vielen lustigen – auch peinlichen - Episoden, die ich mit meinen Töchtern bisher erleben durfte und die ich gewissenhaft in einem kleinen Buch festhalte.
Und: eigentlich hoffe ich, dass noch einige Geschichten dazu kommen, die ich ihnen an ihrem 18. Geburtstag dann aufs Brot schmieren kann…
Tag der Veröffentlichung: 06.12.2013
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