Marina fluchte, schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und schaute sich dann schuldbewusst um. Eigentlich sollte sie dies nicht tun, doch sie war wieder Mal am Verzweifeln. Sie suchte im Internet nach einem bestimmten Artikel, der von Pferden handelte. Doch ihr Computer machte wieder mal, was er wollte.
In der Schule teilte der Lehrer alle Schüler in der Klasse in Gruppen mit drei Schülern auf und gab ihnen eine Aufgabe. Die Aufgabe der Arbeitsgruppen war, Pferde in der Zucht und im normalen Alltag zu beschreiben. Wie lebten sie, was, fraßen sie, wie waren sie untergebracht und wo kommen sie eigentlich her? Diesmal wollte der Lehrer Herr Bärle, das Marina, Corinna und Gwen in einer Arbeitsgruppe zusammenarbeiteten.
Es klopft an Marinas Zimmertür, da sie nicht antwortete, was sie sonst immer tat, öffnete sich die Tür langsam. „Marina Schatz, Corinna ist am Telefon und möchte mit dir sprechen. Es geht um eure Aufgabe in der Arbeitsgruppe.“ Mit diesen Worten reichte die Mutter von Marina das Telefon weiter an ihre Tochter und verschwand. Über die Störung war Marina froh, denn sie brauchte erst mal eine Pause, um runterzufahren, wie sie es nannte. „Hallo Corinna, na wie geht es voran?“ „Hallo Marina, na es geht so, finde den Artikel nicht den ich suche. Mir brummt der Schädel. Wollen wir ne Runde Fahrrad fahren? Gwen kommt auch mit, sie ist gerade hier.“ Marina brummte etwas und überlegte. Corinna legte sich ins Zeug und versuchte, Marina zu überzeugen. „Ach komm, es ist Samstag, schreiben kannst du immer noch. Die blöde Aufgabe läuft uns nicht weg. Wir haben doch eine Woche zeit. Es ist ein Zirkus hier im Dorf.“ Da wurde Marina hellhörig, Zirkus der hatte bestimmt auch Pferde. Etwas begeisterter willigte Marina dann doch ein. „O.K. Komme zu dir, bis gleich!“
Marina beendete das Gespräch und wandte sich ihrem Computer zu. Sie schloss alle Fenster, die sie beim Durchsuchen des Internets geöffnet hatte, löschte den Verlauf und fuhr den Computer hinunter. Marina nahm nun das Telefon und brachte es ins Wohnzimmer zurück, denn dort stand die Station. Sie stellte das Telefon auf die Station und ging zu ihrer Mutter in die Küche. "Mama ich gehe zu Corinna, bin zum Mittagessen nicht da, bleibe sicher bis zum Abend weg." Marina gab ihrer Mutter einen Kuss. "Gut Marina, aber um 19.00 Uhr bist du spätestens zu Hause. Dein Vater kommt heute früher von der Arbeit und wir wollen alle gemeinsam zu Abend essen." Es war selten das alle gemeinsam zum Abendessen zusammensaßen, denn ihr Vater musste immer sehr lange arbeiten und kam erst spät nach Hause. Marina nickte und ging mit eiligen Schritten in den Flur um sich ihre Jeans Jacke zu holen, die sie dort aufgehängt hatte. Sie war erst vierzehn Jahre, doch verhielt sie sich oft, als wäre sie bereits erwachsen. Deshalb hatte ihre Mutter sehr großes Vertrauen zu ihr und wusste genau, wenn Marina sagte, dass sie zu einer bestimmten Zeit wieder daheim wäre, dann war es auch so.Marina lief in die Garage um ihr Fahrrad zu holen, das dort stand. Ein kleines Stück schob sie das Rad, dann schwang sie sich auf ihr Fahrrad und radelte los. Corinna wohnte nicht weit entfernt von ihr, sie fuhr nur fünf Minuten. Jeder hier lebte in einem Haus, ob Eigentum oder zur Miete. Marina genoss die Fahrt durch die Natur. Davon gab es hier genug, viele Rapsfelder waren es in diesem Jahr. Sie blühten wunderschön, die Vögel sangen und die Apfelbäume fingen an, ihre Blüten zu zeigen. Oft kam es Marina vor als wäre es ein Wettbewerb. Jeder Baum sagte schau her, wie schön ich bin. Als Marina bei Corinna ankam, stellte sie ihr Rad an der Seite des Hauses ab. Sie schloss ihr Fahrrad nicht ab, lehnte es nur gegen die Hauswand.
Marina ging nach vorn zum Eingang des Hauses und klingelte.
Bevor sie die Hand von der Klingel nahm, öffnete sich die Eingangstür.
Corinna stand vor ihr und strahlte. "Meine Mutter sah dich kommen, da rief sie mich gleich, komm rein." Marina trat ein und Corinna schloss die die Tür, dann rief sie. „Mama wir gehen in mein Zimmer!“
„Hallo Frau Wendt!“sagte Marina als sie eintrat. Corinna und Marina liefen die Treppen hinauf. Corinnas Zimmer lag oben im ersten Stock. Corinna hatte noch einen Bruder mit Namen Lucas, das Zimmer lag neben ihrem. Ihre große Schwester Jenni war nur ab und zu ein Mal zu Hause, auch das Zimmer lag im ersten Stock.Die beiden betraten nun das Zimmer von Corinna, in dem Gwen saß und wartete. "Hallo Gwen." Marina war mit Gwen noch nicht so richtig warm geworden, denn Gwen war gerade erst hergezogen und seit einigen Tagen in Ihrer Klasse. Im Gegensatz zu Corinna, die mochte jeden auf Anhieb. Corinna bemerkte die ruppige Art von Marina und rammte ihr den Ellenbogen in die Rippen, dann zischte sie. "Man sei locker sie ist nett." Corinna zuliebe tat Marina etwas was ihr widerstrebte, doch wenn Corinna meinte,
Gwen wäre nett, konnte man es glauben. Marina setzte sich zu Gwen.
"Kann ich mal was fragen?" Gwen schaute Marina an und sagte ganz entspannt. "Klar leg los." Noch war Marina nicht sehr wohl, doch sie fragte. "Was bedeutet dein Name eigentlich?" Gwen lächelte.
"Meine Mutter hatte mich auf den Namen Gwyneth getauft, er kommt aus dem Englischen walisischen. Ursprünglich Gwynedd, es bedeutet 'die Weiße' oder auch die Gesegnete. Da ich diesen Namen nicht besonders mag, unter anderem, weil er schwer auszusprechen ist, nenne ich mich einfach Gwen, den Namen kriegt fast jeder über die Lippe." Corinna rief euphorisch in die Runde. "Mädels wir wollten doch mit dem Fahrrad fahren."
Marina schaute auf und lächelte. "Ja zu dem Zirkus."
Alle gleichzeitig riefen "Na dann los!" und ein schallendes Gelächter war nun zu hören.Die drei Mädchen schauten sich an und lachten erneut, dann gingen sie los, sie wollten mit dem Fahrrad fahren und Spaß haben. Sie gingen nun alle drei aus Corinnas Zimmer und liefen die Treppen hinunter. Marina und Gwen riefen. "Wiedersehen Frau Wendt!" Corinna ging zu ihrer Mutter, die gerade im Esszimmer den Tisch deckte.
"Mama wir fahren Fahrrad und eventuell beim Zirkus vorbei."
"Ja Corinna ist gut, komm nicht zu spät nach Hause, du weißt wir wollen um sieben essen." Corinna gab ihrer Mama einen dicken Kuss.
"Klar Mama mach ich, bin pünktlich da." Auch Corinnas Mutter konnte sich immer auf ihr Mädchen, wie sie oft sagte, verlassen. Das, was Corinna versprach, tat sie auch. In dieser Hinsicht waren sich Corinna und Marina ähnlich, auch auf Gwen war verlass, doch das wusste hier noch niemand.Die Mädchen verließen nun das Haus und jede ging zu ihrem Rad. Gwen war als Erste losgefahren dann Corinna und Marina. Sie fuhren in Richtung Dorfrand, denn am Rande des Dorfes, auf einem freien Gelände, hatte ein Zirkus seine Zelte aufgeschlagen. Corinna und Gwen lachten viel, nur Marina hielt sich zurück. Warum eigentlich? Vorher im Zimmer von Corinna war sie eigentlich ganz locker, oder war das nur gespielt? Gwen lachte zwar viel und machte Scherze, doch entging ihr nicht, Marina verhielt sich merkwürdig. Am Zirkus angekommen hielten die Mädchen an, stiegen von den Rädern und liefen zum Zirkus. In einem passenden Moment gesellte sich Gwen zu Marina, die immer etwas hinter den anderen beiden lief. Gwen fragte Marina "Du magst mich nicht." Ohne zu lächeln, schaute Marina Gwen mit ernstem Gesicht an.
"Das ist es nicht, brauche etwas mehr Zeit um mich an jemanden zu gewöhnen, bei Corinna ist das anders. Sie mag jeden und wundert sich dann, wenn sie enttäuscht wird. Habe nichts gegen dich. Lass mir einfach etwas Zeit." Gwen verstand Marina, denn ihre gerade verstorbene Schwester, war ähnlich. "O.K. Möchte nur das Du weißt, du kannst dich immer auf mich verlassen. Brauchst du mal etwas oder kann ich helfen, sag es." Gwens Lächeln war verschwunden, denn sie meinte ernst, was sie sagte. Corinna rief die beiden "Hey kommt her, hier ist jemand den wir fragen können!" Marina und Gwen liefen sogleich zu Corinna. Ein Mann, dachten die Mädchen jedenfalls, lief als Clown gekleidet herum. Als der Clown die drei Mädchen bemerkte, ging er zu ihnen und fragte sie "Kann ich euch helfen?" Gwen fragte "Sie sind doch eine Frau, dachte Männer machen diesen Job." Da lachte der Clown
"Ja ich bin eine Frau, mein Mann ist krank geworden, jetzt helfe ich aus, das wolltet ihr sicher nicht fragen." Marina übernahm nun das Sprechen und fragte. "Könnten sie uns etwas über ihre Pferde erzählen, denn ich sah auf dem Plakat das Sie Pferde im Programm haben. Wir sind in der Schule zu einer Arbeitsgruppe eingeteilt worden und sollen über Pferde schreiben." "Nein ich leider nicht, aber unser Harry kann euch sicher mehr erzählen, fragt nachher auch mal Louis, der weiß viel über Pferde. Im Übrigen da läuft Harry." Bella, Clown Luidor, wie man sie im Zirkus nannte, zeigte auf einen großen starken Mann, der vorüberlief. Marina bedankte sich bei Clown Luidor und alle drei liefen zu dem Gezeigten hin. Etwas außer Atem kam Marina bei Harry an, die anderen folgten. Wieder übernahm Marina das Reden. "Guten Tag sind sie Harry? Der Clown da hat uns gesagt wir könnten sie fragen, denn sie kümmern sich um die Pferde." "Ho ho ho, immer langsam, jetzt hole erst mal Luft, bist ja völlig außer Atem. Ich lauf euch nicht weg.
Kommt, muss mit meinen Tieren noch trainieren für die Vorstellung am Abend. Möchtet ihr dabei zusehen? Danach können wir gern reden."
Die Mädchen klatschten begeistert in die Hände und folgten Harry in den Stall. Er holte drei wunderschöne Andalusier aus den Boxen und stellte sie der Reihe nach vor. "Das ist unser Hengst Ponto, hier die wunderschöne Stute Sina und das ist unsere kleine Pina, sie lernt noch." Jedes Pferd wieherte bei der Nennung seines Namens, als ob es Hallo sagen wollte. Corinna, Gwen und Marina waren so überwältigt von der Schönheit der Tiere, dass ihnen der Mund offen stehen blieb. Corinna fand als Erste ihre Fassung wieder. "Ihr seid ja schön und so artig, ihr lauft nicht weg." Harry lächelte selbstzufrieden.
"Nein sie laufen nicht weg, das ist das Erste was ich versucht habe ihnen beizubringen. Wenn wir jetzt losgehen, dann laufen sie einfach hinterher. Kommt wir gehen zur Manege." Die Vier gingen los und die wunderschönen Pferde liefen hinterher als sei es das normalste von der Welt.
Die drei Mädchen saßen nun da und bestaunten, wie Harry mit den Pferden trainierte. Ein gut gekleideter Mann kam in das Zirkuszelt und stellte sich neben Harry. Harry sagte laut."Mädels das ist Lorenzo, er wird heute die Pferde in der Manege vorführen. Mein Fuß war gebrochen und ist noch nicht vollständig verheilt, kann sie daher im Moment nur trainieren."
Ja das hatten die Mädchen schon bemerkt, Harry hinkte etwas. Mit einem Mal klatschte Lorenzo in die Hände und ein kleines süßes Pony trabte in die Manege und reite sich ein. Nach einer Runde liefen die Andalusier weiter, das kleine Pony blieb genau dort stehen, wo Corinna, Marina und Gwen saßen.
Es stelle die Vorderbeine auf die rote Holzumrandung und die drei Andalusier sprangen, als wäre es das leichteste von der Welt, über ihn hinüber. Locker und entspannt liefen sie nach dem Sprung weiter. Nach einer Halben Runde liefen sie auf die Mitte zu, in der Harry und Lorenzo standen und blieben stehen. Es waren jetzt zwanzig Minuten vergangen, doch den Mädchen kam es vor, als hätte alles gerade erst begonnen. Lorenzo verneigte sich nach allen Richtungen, als würde Publikum überall sitzen. Lorenzo sagte begeistert. "Das hat doch reibungslos geklappt, genau wie gestern. Pina wird immer besser und macht jetzt alles richtig." Harry nickte nur, denn er war noch nicht davon überzeugt, dass Pina alles hundertprozentig konnte. "Schauen wir mal, wie es am Abend läuft." Harry drehte sich zu den Mädchen und rief. "Werde die Pferde in den Stall zurückbringen, dann können wir reden."
Marina, Corinna und Gwen standen auf, um zu Harry zu laufen. Er lief in Richtung Stall und die Pferde folgten ihm. Die Mädchen hatten es nun schon gesehen, doch waren sie davon begeistert, dass die Pferde Harry nachliefen, ohne dass er ein Halfter mit Führungsleine benutze. Sie waren auch nicht schreckhaft, denn Pferde sind doch Fluchttiere und würden bei starkem Knall oder anderen lauten Geräuschen erschrecken. Nicht diese Drei, es war wundervoll mit anzusehen, wie viel Vertrauen sie zu Harry hatten. Er versorgte die Pferde, schmuste mit jedem Einzelnen und zum Schluss bekam jedes Pferd noch einen Kuss, ein kleiner Klaps auf das Hinterteil, die Pferde verschwanden in ihren Boxen und Harry schloss diese. Er wandte sich jetzt den Mädchen zu, die den ganzen Zeitraum über still an einer Stelle gestanden hatten und zusahen, wie sich Harry um die Pferde kümmerte. "So ihr drei, jetzt gehen wir zu meinem Wagen, dann können wir uns in Ruhe unterhalten.
Vielleicht sollte ich besser Louis rufen, er weiß viel.
Ja besser ist es, denn er hat noch etwas mehr Erfahrung mit Pferden, kommt mit." Das war sicher eine gute Idee von Harry, denn Louis war zweiundsiebzig Jahre alt und hatte in seinem Leben viel mit Pferden erlebt. Harry holte Louis und nun setzten die Fünf sich zusammen und sprachen viel. Bis zum Abend redeten sie über das Thema Pferde und Marina machte sich viele Notizen. "Mädels jetzt müssen wir Schluss machen, die Vorstellung beginnt in fünfundvierzig Minuten. Ihr könnt gern bleiben und euch die Vorstellung ansehen." Harry lächelte. Marina erhob sich, dann sagte sie. "Nein das ist schade, das müssen wir auf einen anderen Tag verschieben. Wir müssen pünktlich zu Hause sein, es ist schon spät wir müssen los. Danke für ihr Angebot!" Corinna und Gwen erhoben sich ebenfalls, verabschiedeten sich und alle drei gingen nun gemeinsam zu ihren Rädern. Auf dem Heimweg sagte Corinna. "Du Marina das wird aber mehr etwas über Zirkuspferde und normale Haltung von Pferden. Unser Lehrer wird nicht so begeistert sein." Gwen lachte und Marina sagte. "Es ist eine Geschichte über Pferde, wir haben uns mühe gegeben, nur das zählt in meinen Augen. Im Übrigen, bringt mir morgen die Artikel vorbei die ihr gefunden habt und ich füge dann alles zusammen." Gwen sagte darauf hin "Gut machen wir, doch soviel, wie wir heute erfahren haben, ist es bestimmt nicht." Die drei Mädels lachten. Wenn das alles geschafft war, dann wollten sie wieder zum Zirkus gehen, um sich die Vorstellung anzusehen. Die drei Andalusier begeisterten sie immer noch, denn Ponto, Sina und Pina waren fantastisch. Mit einem Lachen im Gesicht fuhren die drei Mädchen nun nach Hause und freuten sich auf das Abendessen. Morgen würde Marina alles fertigschreiben und der Lehrer Herr Bärle, konnte nicht sagen, sie hätten nicht zusammengearbeitet. Marina wusste auch schon genau, wie sie ihre Geschichte nennen würde 'Zirkus im Dorf'.
Texte: Iris schimmelpfennig
Bildmaterialien: www.kartenspass.de
Tag der Veröffentlichung: 21.05.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Copyright 2012 I.Schimmelpfennig