Carla
Ein prickelnder Liebesroman
von
Michaela Lipp
Klappentext
»Meine Schönheit! ...«, so beginnen seine Briefe.
Dunkelgrüne Tinte auf lindgrünem Papier mit einem Duft nach männlichem Parfum.
Wer ist dieser geheimnisvolle Briefeschreiber, der Carla, die Immobilienmaklerin, immer wieder mit kleinen Geschenken verwöhnt und ihr diese Botschaften hinterlässt? Der so viel über sie weiß? Carla und ihre beiden Freundinnen, Carmen und Cathrin rätseln. Ist es Carlas Liebhaber oder der tolle Tänzer?
Ist es …
Carla lässt sich zuerst auf dieses »Spiel« ein, das sie jederzeit abbrechen könnte, das aber so prickelnd, so aufregend ist. Sie genießt eine Zeit lang alle Aufmerksamkeiten des geheimnisvollen Verehrers.
Sie erinnert sich in Rückblicken, wie sich alles entwickelt hat, indem sie die Briefe noch einmal zur Hand nimmt. Dabei wird ihr bewusst, dass es eine einseitige Beziehung ist, die sie selber nicht steuern kann und beschließt, den Kontakt abzubrechen.
Doch dann kommt alles anders ….
Vorwort
Wie alles begann
Am Anfang war … eine Kurzgeschichte. Ich fand sie gelungen, doch die Freunde rund um mich meinten: Das schreibst du aber fertig, oder? Spannend, erotisch, gelungen! Wie geht es weiter?
Und jetzt? Tja, dann hat es ein paar Jahre gedauert, bis ich es dann tatsächlich umgesetzt habe.
Und da ist er jetzt, mein Roman
Carla ist eine junge Frau, die plötzlich nach einem Caféhausbesuch von jemand Fremden angehimmelt wird. Ist es Bewunderung, Liebe oder doch etwas Anderes? Briefe in grüner Tinte auf lind-grünem Papier und die richtigen Geschenke zur rechten Zeit bringen schauderndes Herzklopfen. Sie lässt sich auf ein prickelndes Spiel ein. Es tut gut, verwöhnt zu werden. Sie weiß nicht, wer der Bewunderer ist, doch sie kann dieses Spiel jederzeit beenden.
Es gibt aber auch einen ehemaligen Liebhaber, der klammert, der sie sogar bedroht, als er merkt, dass er verloren hat. Dabei holt sich Carla Hilfe. …
Lassen Sie sich in Carlas Leben hineinziehen und fiebern Sie mit …
Hinweis
Es gibt in Österreich und in Deutschland Hilfen für Frauen, die sich bedroht fühlen.
In Deutschland: www.hilfe-fuer-frauen-ev.de (0208 390139)
In Österreich: www.frauenhelpline.at (0800 222555)
Danke
Ich wurde von einigen Menschen unterstützt, denen ich sehr herzlich danke.
Da sind zuerst Karin und Helga, beide sehr kompetente Immobilienmaklerinnen. Ich kannte mich in dieser Branche nicht aus. Danke für eure kostbare Zeit, mich ein wenig in diese Tätigkeit einzuweisen, bzw. das Manuskript zu lesen und sachliche Fehler zu entfernen.
Danke auch meinem Mann Willi, der mich durch meine Höhen, meine Tiefen, meine Schreibtage und meine Schreibhemmungen begleitet hat, der mich immer wieder aufgerichtet und animiert hat, weiter zu schreiben.
Danke auch allen Probeleserinnen, die stets wissen wollten, wie es weiter geht.
Danke, Ihnen, den Leserinnen und Lesern, dass Sie diesen Roman erworben haben. Viele schöne Momente mit Carla!
Michaela Lipp
Michaela Lipp
Jahrgang 1965, geboren in Deutschland, verheiratet in Österreich. Veröffentlichungen als freie Autorin. Sie ist Netzwerkerin für Schreibende und hält (Lese-)Workshops zu Sozialkompetenz-Themen in Grundschulen sowie gemeinsam mit ihrem Ehemann Schreibseminare in Oberstufen und für Erwachsene. Ihre Bücher findet man im Shop des L&L-Verlags www.LL-Verlag.at
Impressum
Autorin: Michaela Lipp
Cover: Wilhelm Maria Lipp nach Ideen von Wine van Velzen
Die Bildelemente am Cover sind von Margit Funk
Inhalt
1 Klappentext, Vorwort, Inhalt
2 Der Ball
3 Briefe, Erinnerungen
4 Freundinnen
5 Tanz
6 Armin
7 Büroarbeit
8 Ärger
9 Die Einweihungsfeier
10 Bernd
11 Ein neues Projekt
12 Entschuldigung
13 Trennung
14 Entscheidungen
Der Ball
Mittwoch
Heute im Briefkasten - ein Brief für mich. Mal wieder. Ich freue mich, setze mich an den Küchentisch und lege den Umschlag vor mich hin.
Schon eine Zeit lang bekomme ich Briefe wie diesen. Wieder dieses lindgrüne Papier, immer diese dunkelgrüne Tinte und stets dieser Duft von männlichem Parfum.
Etwas unruhig zapple ich hin und her. Öffne ich ihn gleich oder braue ich mir einen Tee?
Erst den Tee! Ziehen lassen! Ich zwinge mich zur Selbst-kontrolle, bin ich denn ein Kind, das Weihnachtsgeschenke vor sich liegen hat? Ich fühle mich so ... Jetzt, der erste Schluck Tee, dann mit dem Brieföffner den Umschlag aufschlitzen. Eine Art Zeremonie ...
Ich ziehe diese grün beschriebene Seite heraus, schließe nochmal kurz die Augen und denke nach:
Seit zwei Monaten bekomme ich regelmäßig Briefe von IHM. Er kennt mich, beschreibt immer wieder mein Tun und meine Arbeit. Er ist nie aufdringlich, nie anzüglich. Manchmal bekomme ich Blumen von ihm, manchmal kommt ein Pizzabote und bringt mir meine Lieblingspizza nach meiner Arbeit. Ich weiß, er sieht, was ich wann tue, und doch habe ich keinen Moment Angst. Oh doch, einen Moment gab es, aber auch das war nur auf Grund eines Missverständnisses.
Ich öffne die Augen, beginne den Brief zu lesen:
»Meine Schönheit!
Heute habe ich ein Anliegen an dich:
Ich möchte mit dir tanzen …«.
Ich atme tief durch, welch wunderschöne Idee, ich gehe doch so gerne zum Tanz.
»Du wirst einen Maskenball besuchen, und ich werde bei dir sein, nur sage ich dir nicht, wer ich bin. Wenn du einverstanden bist, bekommst du am Freitag eine zu dir passende Garderobe zugestellt und auch die Uhrzeit, zu der du dich bereithalten wirst.«
Wieder ohne Unterschrift, aber ich weiß sowieso nicht, wie er heißt, Mr. Unbekannt.
Mein Herz pocht voll Vorfreude, und ich schaue auf den Kalender.
Noch zwei Tage bis Freitag, dann weiß ich, was ich anziehen werde.
Ein volles Schönheitsprogramm erwartet mich jetzt natürlich. Sorgsam teile ich mir meine Zeit ein. Rasieren, maniküren, Wimpern färben und Brauen zupfen. Pediküre, Schminksachen durchsehen und auch Nagellack verschiedener Farben durch-probieren.
Ich kann es kaum erwarten, gehe rastlos zur Arbeit und eile mit vielen Schönheitsmitteln und Ratschlägen nach Hause. Sogar die Spitzen meiner Haare lasse ich mir am Donnerstag schneiden, und ich nehme mir von dort einen Haarfestiger mit. So bin ich für fast alles gewappnet.
Freitag
Ich fiebere dem Feierabend entgegen, bald geht es los.
Eilig fahre ich nach Hause …
Dort vor der Wohnungstüre liegt ein, nein liegen zwei, sogar drei Kartons. Ich nehme sie hoch, bringe sie hinein und stelle sie auf mein Bett. Ein Brief ist auch dabei.
Was mache ich zuerst auf? Ich schaue ratlos und unruhig herum. Da, auf diesem einen kleinen Paket ist eine Drei. Ich schau die anderen Sachen an, eine Zwei auf dem großen Paket, nur der Brief hat keine Zahl. Also beginne ich mit dem ersten kleinen Paket. Der Anfang!
Ich öffne: Wunderschöne goldene Sandalen. Meine Größe???
Ich stelle sie vor mich auf den Boden und schiebe vorsichtig meinen Fuß hinein. Ich kann es kaum glauben, sie passen wie angegossen, sind so bequem wie lange keine Schuhe mehr. Richtige Tanzschuhe! Ich drehe mich im Kreis und lache leise auf.
Nun gibt es kein Zurückhalten mehr, der zweite Karton! Andächtig öffne ich ihn. Es raschelt, Eierschalen-farbiges Papier. Ich schiebe es ungeduldig zur Seite. Ein Kleid, dunkelgrüne Seide, fast bodenlang und …
Es ist zu eng, sicherlich!
Ich lege es aufs Bett und beginne mich auszuziehen, ich will es sofort anziehen, doch dann besinne ich mich, packe den Karton weiter aus.
Halterlose Strümpfe, hautfarben, und ein Wäsche-Set in dem gleichen Grünton wie das Kleid. Es sieht aus, als ob alles exakt in meiner Größe ist.
Nun kommt der dritte Karton an die Reihe. Langsam setze ich mich in meiner eigenen Unterwäsche auf das Bett. Ich öffne ihn andächtig. Dort finde ich eine Maske. Aus Venedig, das sehe ich auf den ersten Blick. Eine wunderschöne Halbmaske in Gold. Nur die Augenpartie wird damit verdeckt, der Mund bleibt frei und erkennbar.
Ich halte mir die Maske vor die Augen und sehe in den Spiegel. Es verändert doch sehr.
Jetzt ist der Brief dran. Ich öffne ihn, lege den Brieföffner weg und beginne zu lesen:
»Meine Schönheit!
Heute darf ich dir diese Ver-Kleidung überreichen, bitte halte dich morgen Abend um 19.00 Uhr bereit, du wirst abgeholt.
Viel Spaß!«
Nun hält mich nichts mehr. Ich nehme das Kleid in die Arme, mache ein paar Walzerschritte und drehe mich dabei, bis ich laut lachend auf mein Bett falle.
Samstag
Es ist an der Zeit, mich anzuziehen. Fertig mit dem Duschen, die Haare hochgesteckt und die Haut nach Mandelöl duftend, komme ich aus dem Bad. Ein Tropfen Parfum hinters Ohr. Die Finger- und Fußnägel passend lackiert, und das Gesicht geschminkt.
Andächtig ziehe ich mich an, jedes Teil passt, als ob es für mich gemacht wäre. Der BH zwickt nicht und trägt auch nicht auf. Woher weiß der Mann nur, was für mich richtig ist?
Dann lasse ich das Kleid über meinen Kopf hinabsinken und befestige die Maske hinter den Ohren, sehe mich im großen Spiegel an und bin begeistert von mir. Dass ich so aussehen kann! Wunderschön! Ich drehe mich nochmal und lächle mich an. Ja, so wird das ein Vergnügen werden.
Es klingelt an der Türe. Ich laufe zur Haustüre, stecke meinen Schlüssel in die goldene Handtasche, und es kann losgehen.
Ein Mann in Livree mit einer getönten Brille erwartet mich und legt mir ein Cape über die Schultern. Wir gehen zu der Limousine, er spricht nicht mit mir, hilft mir auf den Rücksitz und schließt die Türe. Dann geht er zum Fahrersitz und startet den Motor. Ein anerkennendes Lächeln geht über seinen Mund, als er mich im Spiegel betrachtet, dann aber wird er ernst, und wir fahren los.
Ich versuche, ihn anzusprechen, ihn zu fragen, wohin die Fahrt geht, doch er schweigt, und so belasse ich es bei dem einen Versuch. Die Fahrt dauert lange … Ich kenne mich kaum aus, aber es ist auch nicht so wichtig, finde ich. Es ist spannend. Ja, und aufregend.
Wir kommen bei einer Villa an. Dort stehen nur große Autos, und es laufen viele Diener umher. Einer öffnet mir die Türe der Limousine, und ich steige aus. Wortlos folge ich diesem Diener. Im Eingangsbereich nimmt er mir vorsichtig das Cape ab und geleitet mich zu einer großen Doppeltüre. Dort stehen zwei Pagen, die beide Türhälften zeitgleich öffnen. Ein Ballsaal liegt vor mir, und ich gehe hinein.
Da eilt ein maskierter Mann auf mich zu, verneigt sich und nimmt meine Hand mit den Worten: »Darf ich bitten?«
Er führt mich auf die Tanzfläche, auf der sich viele maskierte Menschen im Dreivierteltakt bewegen. Ein langsamer Walzer, wie schön.
Er stellt sich in Tanzrichtung, und wir tanzen über das Parkett. Er führt galant und sicher, ich fühle mich sehr wohl. Als der Tanz endet, bringt er mich an einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen, dort lässt er mich hinsetzen und geht davon.
Ein Diener kommt und reicht mir ein Glas Champagner. Eisgekühlt und angenehm mild in der Säure. Ich genieße jeden Schluck.
Ein anderer Mann, auch mit einer Halb- Maske, kommt auf mich zu. Er lächelt mich an, auch er nimmt er meine Hand und geleitet mich auf die Tanzfläche. Wieder ein Walzer, ich genieße jeden Schritt. Diese zierlichen Schuhe sind so wunderbar, dass es fast ein Schweben ist. Und so tanze ich den ganzen Abend über mit verschiedenen Männern. Keiner spricht viel mit mir, aber es ist so herrlich.
Walzertakt, mal der Wiener, mal der Langsame. Ich sehe die Blicke der anderen Frauen, keine hat so eine schöne Robe, keine so eine wunderschöne Maske, die wie pures Gold glänzt.
Immer wieder tanze ich im Mittelpunkt. Fühle mich begehrt und sehr sexy in der herrlichen grünen Robe. Es wird spät. Ein kleiner Imbiss zu Mitternacht, dann wieder Tanz bis in den frühen Morgen.
Danach kommt ein Diener auf mich zu:
»Madame, Ihr Wagen wartet.« Ich folge ihm in den Vorraum, dort bekomme ich das Cape wieder, und ich werde zu dem gleichen Wagen geleitet, der mich hergebracht hatte. Auch der Fahrer ist der gleiche, ich setze mich in den Fond, schließe die Augen und summe noch die Melodie des letzten Tanzes.
So komme ich gegen morgen zurück und gehe ins Haus. Der Fahrer drückt mir einen grünen Umschlag in die Hand und verneigt sich.
Sehe ich wieder ein Lächeln um seine Lippen? Nein, ich habe mich wohl getäuscht.
Ich öffne den Brief:
»Meine Schöne!
Es war herrlich, dich zu riechen und dich im Arm zu halten.
Ich möchte das wieder tun.«
Briefe, Erinnerungen
»Meine Schöne!
Es war herrlich, dich zu riechen und dich im Arm zu halten.
Ich möchte das wieder tun.«
Versonnen lächle ich, als ich diese Worte wieder und wieder lese. Noch weiß ich nicht, wer ER ist, aber es ist schön, daran zu denken.
Neben meiner Kaffeetasse liegt das Bündel Briefe, die ich seit zwei Monaten erhalten habe. Altmodisch habe ich sie mit einem grünen Stoffband umwickelt, es ist so passend gewesen. Das Band war in einem Rosenstrauß gewesen, den ich auch von IHM bekommen habe.
Ich öffne die Schleife und lege den Brief zu den anderen …
Meine Gedanken schweifen zurück zu den Anfängen. Ich durchlebe jeden Tag noch einmal, als wäre es jetzt.
Tag 1, Donnerstag
Ich gönne mir in der Arbeitspause einen Caféhausbesuch. Als ich von der Kuchentheke komme, liegt ein Brief auf meinem Platz. Darauf steht:
»Liebe Unbekannte, ich möchte Ihnen ein Kompliment aussprechen:
Sie sehen so wunderschön aus.
Danke für Ihr Lächeln, das ich heute zum ersten Mal sehen darf.«
Ich schaue mich um, aber kein Mensch zeigt Interesse an mir. Habe ich heute ein besonderes Parfum aufgelegt? Auch habe ich mich doch nicht anders geschminkt, also sonst … Für mich so einen Brief? Gerade für mich?
Nun, ich lächle, stecke den Brief ein, genieße meinen Kaffee und ein Stück Esterhazy-Torte. Als ich bezahlen will, sagt mir die Bedienung, dass das nicht nötig sei, weil das schon geschehen ist. Aber sie verrät nicht, von wem. Nun, dann freue ich mich darüber und verlasse das Lokal. Beschwingt ist der ganze Tag, ich fühle mich verehrt, so etwas liest man doch sonst nur in Liebesromanen, und doch … es fühlt sich gut an.
Am Abend zuhause lege ich diesen Zettel auf den Wohnzimmertisch und schaue nochmals freudig lächelnd darauf, als ich zu Bett gehe. So eine Nachricht lässt das Leben beschwingter aussehen!
Tag 3, Samstag
Heute Morgen lächle ich mir im Spiegel zu und beginne die Zähne zu putzen. Keine Schminke wie sonst, weil ich heute zum Schwimmen gehen will. Das Wetter ist so herrlich warm, und ich werde im See schwimmen.
Als ich zum Postkasten gehe, hängt ein kleines Anemonen-Bündel an der Haustüre, und ein Brief ist dabei. Wieder sehe ich mich um, kein Mensch zu sehen. Ich stelle diese empfindlichen Blumen sofort ins Wasser, sie sind taufrisch, wunderschön und zartduftend.
Erst danach öffne ich den Brief:
»Guten Morgen, unbekannte Schönheit!
Ich hoffe, die Blumen sind nach Ihrem Geschmack, ich fand sie so passend für einen Anfang zwischen uns.«
Grüne Tinte - grünes Papier, gestern war es noch grüne Tinte auf weißem Papier! Und ein zarter männlicher Duft. Uh, nun wird es mir doch komisch, ER weiß, wo ich wohne …
Aber das wissen so viele Menschen in meinem Bekanntenkreis. Wieder beruhige ich mich, was soll passieren? Die Polizei ist ein Telefonat weit entfernt, das Handy habe ich stets bei mir. Und es ist kein Problem, herauszufinden, wer wo wohnt. Die Anemonen scheinen mir zuzunicken: Was soll es. Genieße dein Leben.
Beschwingt nehme ich meine Badesachen und verlasse das Haus.
Am See angekommen, lege ich meine Decke in den Schatten und laufe erst einmal in den See, um dort ein paar Runden zu schwimmen. Noch ist es früh am Tag, ich bin beinahe alleine dort. Danach trockne ich mich sorgfältig ab und lege mich hin. Mit einem Buch in der Hand schlafe ich aber dann doch schnell ein und erwache erst einige Zeit später wieder.
Neben dem Buch, das mir aus der Hand gerutscht ist, liegen ein Brief und eine Flasche Sonnencreme. Ich öffne den Brief sehr sorgfältig und lese ihn:
»Unbekannte Schönheit!
Ihr habt vergessen, Euch einzucremen.
Gerne würde ich das jetzt tun, aber dafür ist es noch zu früh…«
Jetzt werde ich neugierig wie eine richtige Detektivin. So setze ich meine Sonnenbrille auf und nehme mein Buch hoch. Langsam mustere ich die Menschen um mich herum. Während meines Schlafes sind doch einige Leute mehr an den See gekommen, um dieses Wetter zu genießen. Frauen mit Kindern schließe ich von vornherein aus. Doch gibt es jemanden, den ich schon im Café gesehen habe? Hinter meiner Sonnenbrille fühle ich mich sicher, so kann ich alle um mich herum ansehen. Betont langsam drehe ich mich auf den Bauch, um auch die Menschen hinter mir zu mustern. Da, der Mann, der mit der Sonnenbrille, habe ich ihn nicht schon einmal gesehen? Er bemerkt meine Blicke und kommt auf mich zu … sonnenverbrannt und eine Bierdose in der Hand. Oh nein, das ist ER sicherlich nicht, ich schicke den Mann weg. Wieder mustere ich die Menschen um mich herum, aber es sind so viele inzwischen, und ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wer eventuell auch im Caféhaus gewesen ist.
Entmutigt lege ich das Buch weg und gehe nochmals ins Wasser, bevor ich den See verlasse. Es wird zu laut für mich.
Als ich nach Hause komme, finde ich noch einen Brief für diesen Tag in meinem Briefkasten:
»Guten Abend schöne Frau!
Gut, dass Sie auch kein Bier mögen. Dieser Mann bin ich nicht!
Schlafen Sie wohl.«
Tag 6, Dienstag
Gerade komme ich nach der Arbeit nach Hause und lege eben den Wohnungsschlüssel ab, als es an der Haustüre klingelt:
Der Fahrer meiner Lieblings- Pizzeria steht vor mir mit einer flachen Schachtel in der Hand. »Pizza Chef für Sie und ein kleiner italienischer Salat«. Ich hebe abwehrend die Hand, ich habe doch nichts bestellt. Doch der Bote lächelt: »Alles bezahlt, guten Appetit!«, und lässt mich ziemlich verwirrt zurück.
Erst jetzt sehe ich den grünen Umschlag obenauf. Ungeduldig reiße ich ihn auf:
»Guten Abend schöne Frau!
Heute sahen Sie so müde aus, und leider essen Sie alleine, aber ich darf Sie einladen!
Ein anderes Mal wird es nicht alleine sein.
Einen schönen Abend für Sie!«
Mit Appetit mache ich mich über meine Lieblingspizza her und genieße auch den frischen Salat. Ein Glas leichten Rotwein dazu. Lambrusco, ja der ist richtig.
Tag 7, Mittwoch
Ich bin wieder arbeiten und komme beschwingt nach Hause. Die Sonne ist heute freundlich, und ich überlege, ein wenig Rad zu fahren. An meiner Haustüre steht etwas, ich sehe es schon von weitem ... Mein Herz klopft schon wieder schneller. Ah ich liebe Überraschungen. Ein Paket, was da wohl drinnen ist? Ich nehme es mit in die kühle Wohnung, stelle es auf den Küchentisch. Dann öffne ich vorsichtig den Karton. Erst finde ich da einen Briefumschlag, dann eine Styroporverpackung. Ich nehme sie ab. Dort steht … ein Eisbecher. Vanilleeis, Amarena- Kirschen und Schlagsahne. Ich fange an zu lachen, stelle den Becher auf den Tisch und hole mir einen Eislöffel dazu. Dann setze ich mich auf die Terrasse in den Schatten, lege die Füße hoch, und nehme das Eis anstatt eines Abendmahls zu mir. Ich betrachte den Brief-umschlag. Während meine Lippen den ersten Vanillegeschmack genießen können, öffne ich ihn und lese:
»Guten Abend Schönheit!
Heute gibt es eine Abkühlung für Sie. Und heute habe ich eine Bitte an Sie:
Sahen Sie schon den Kartoninhalt komplett an?«
Ich habe den Löffel in der Hand, er schwebt vor meinem Mund … lege ihn sofort in den Eisbecher zurück und gehe in die Küche. Dort, im Karton ganz unten, unter der Styroporverpackung liegt eine Packung mit Kerzen, viele lindgrüne und eine schwarze! Sehr aufgeregt lese ich weiter:
»Falls Ihnen unser ›Spiel‹ nicht gefällt, können Sie es sofort abbrechen, indem Sie die schwarze Kerze in ihr Schlafzimmerfenster stellen und anzünden. Niemals würde ich Ihnen zu nahe treten oder Ihnen schaden wollen. Falls es Ihnen aber wie mir Spaß macht, stellen Sie eine grüne Kerze hinein. So sehe ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.«
Ich überlege nicht eine Sekunde lang. Heute Abend wird eine grüne Kerze brennen, und mir ist klar, es wird mehr passieren in meinem Leben, als ich es mir jemals erträumt hatte.
Kerzen
Heute werde ich am Abend eine Kerze anzünden. Gegen 22 Uhr ist es dunkel genug, ich schiebe den Vorhang ein wenig zurück, so dass nichts passieren kann, stelle eine der lindgrünen Kerzen in ein sicheres Kerzenglas und lege mich schlafen. Immer wieder schaue ich versonnen zum Fenster und horche in mich hinein. Mache ich etwas falsch, wenn ich mich auf dieses ›Spiel‹ einlasse? Auf der anderen Seite weiß ich, ich würde es bereuen, es abzubrechen, dieses Abenteuer einzugehen. Der Seeweg nach Indien würde jetzt auch noch nicht entdeckt worden sein, wenn Vasco da Gama sich nur auf sicherem Terrain bewegt hätte.
Ich schlafe glücklich ein.
Mein Schlafzimmer geht nach Osten, ich habe die Morgensonne im Gesicht, als ich aufwache. Fröhlich springe ich aus dem Bett, gehe zur Dusche und vor den Schrank, was ziehe ich heute an? Ich sehe hinaus, das Wetter ist herrlich, ein Kleid muss es sein, ein Sommerkleid, passende Wäsche dazu, keine Strümpfe. Ein einfaches Augen-Make-up und einen hellroten Lippenstift. Ach ja, ein wenig von meinem Lieblingsparfüm, welches so angenehm zitronig duftet, rundet das ganze ab. Die dazu passenden Sommerschuhe habe ich auch gleich gefunden. Heute werde ich in der Mittagspause mit meinem Freund Bernd zum Essen gehen. Also bürste ich meine Haare sorgfältig und stecke sie mit wenigen Handgriffen hoch. Bei dieser Wärme ist es so angenehmer. Ich steige in mein Auto und drehe das Radio an. Beschwingt fahre ich zu meinem Arbeitsplatz und stelle das Auto so ab, dass es gegen Abend im Schatten steht.
Mein Mail-Fach blinkt fröhlich, als ich den PC hochfahre, so dass ich mich in meine Arbeit stürze. Kurz vor Mittag erinnert mich mein Handy an meine Verabredung; ich nehme meine Handtasche, kontrolliere mein Make-up und öffne die Haarspange. Mit wehenden Haaren laufe ich die Straße entlang.
Nur ein paar Schritte bis ins Lokal. Dort wartet schon mein Freund auf mich. Er kommt mir entgegen, lächelt, streicht mir die Haare aus dem Gesicht, um mich zart zu küssen. Bernd duftet wieder herrlich nach Moschus. Ich lege die Arme um seinen Nacken und stelle mich auf die Zehenspitzen, um seinen Kuss zu erwidern. Er benutzt immer Pfefferminze- oder Mentholbonbons, weil er weiß, dass ich das mag. Er rückt mir den Stuhl zurecht, setzt sich mir gegenüber und meint:
»Ich habe für Dich schon mitbestellt. Es gibt heute frisches Zanderfilet mit Kartoffeln, das hat mich so richtig angelockt.« Ich nicke und denke, hat er mich schon immer so bevormundet? Aber ich lasse mir das Essen von diesem Gedanken nicht verdrießen. Der Kellner stellt ein Glas Prosecco vor mich hin, und ich proste Bernd zu. Zuerst genießen wir einen Salat als Vorspeise, dann den Fisch. Während des Nachtischs, es gibt Espresso und eine Mousse au Schokolade mit Schlagsahne, schlupfe ich aus einer Sandale und lass meinen nackten Fuß von unten in seinem Hosenbein verschwinden.
Als ich mich zurücklehne und Bernd ansehe, bemerke ich ein Lächeln um seine Lippen zucken. Ich ahne, dass er mal wieder einen Abend mit mir verbringen will, nein, nicht nur den Abend, die ganze Nacht. Auch ich bin nicht abgeneigt, er ist ein aufmerksamer Liebhaber. Er hat keinerlei Ansprüche auf mich, und das macht es so einfach mit ihm.
Ich hauche ihm einen Kuss über den Tisch zu, und meine Zehenspitze kitzelt seine Wade noch einmal zärtlich, um darauf wieder in die Sandale zu schlupfen. Er legt mir eine Musical Karte auf den Tisch: Heute Abend, acht Uhr. Er legt den Kopf schief auf die Schulter und schaut mich fragend an:
»Hast Du Lust?« Ich antworte provozierend:
»Auf Dich oder auf die Musik?« Er erwidert:
»Auf beides.« Als ich ihn anlächle und nicke, meint er: »Gut, ich hole dich ab.«
Wir verabschieden uns zärtlich küssend, und ich freue mich auf den Abend. Aber erst muss ich wieder arbeiten gehen.
Gegen 17 Uhr mache ich Feierabend und fahre nach Hause. Es ist herrlich warm, und ich freue mich auf das Musical. Schnell dusche ich nochmal und laufe wieder zum Kleiderschrank. Dieses Mal ziehe ich ein leichtes, elegantes Etui-Kleid, Strümpfe und Pumps an.
Die Haare hochgesteckt und eine Sonnenbrille wie Audrey Hepburn machen mein Outfit komplett. Eine helle, leichte Strickjacke über die Tasche, fertig bin ich. Als ich auf die Uhr sehe, ist es schon kurz nach sieben. Mein Blick fällt auf das Fensterbrett. Die Kerze steht noch abgebrannt da. Ich lächle in mich hinein und höre draußen Bernd vorfahren. Ich laufe hinaus zu ihm, und er schaut mir bewundernd entgegen.
Jetzt geht es ins Theater. Heute ist ›May fair Lady‹ dran. Ich liebe Eliza Doolittle mit ihrem schrecklichen Dialekt, freue mich mit ihr über ihre Erfolge und summe leise viel von der Musik mit. Manchmal möchte ich aufspringen und mittanzen, es ist so herrlich mitreißend. Und ihre Liebe zu Dr. Higgins ist so … ›wunderschön, wunderschön!‹
Beschwingt verlassen wir das Theater, ich habe mich in Bernds Arm eingehackt, und er hält meine Hand wie schon den ganzen Abend. Er war so aufmerksam, verwöhnte mich in der Pause mit Sekt, und nun sind wir auf dem Weg zur Parkgarage. Er küsst mich ganz zart auf die Lippen, hauchfein. Einen, zwei, drei Küsse, ganz viele …
Wir lachen und sind wie Teenager, küssen uns im Auto, und seine Hand rutscht unter mein Kleid. Gleich sind wir bei mir zuhause. Er hilft mir aus dem Auto, um mich gleich wieder zu berühren. Meine Frisur hat sich längst aufgelöst, die Haare liegen in weichen Wellen auf meinen Schultern und umrahmen mein Gesicht. Bernd küsst mich wieder und wieder und lässt seine Hände auf die Rückseite meines Kleides wandern. Ich öffne die Haustüre, und wir gehen hinein. Das Kleid fällt schon auf halbem Weg zum Schlafzimmer. Er hat es hinabgezogen und übersät meinen Körper mit Küssen. Engumschlungen fallen wir ins Bett. Schuhe, Kleidungsstücke liegen verschlungen am Boden, als ob sie ein eigenes Spiel der Liebe üben. So wache ich am Morgen auf, alleine. Bernd ist schon in der Nacht zu seiner Familie zurückgekehrt, und ich merke mal wieder, dass mir etwas fehlt, wenn ich alleine aufstehe.
Ich drehe mich nochmals um und nehme das Kissen zu meinem Gesicht. Es duftet nach Bernd. Ich räkle mich noch einmal im Bett und gehe dann herrlich befriedigt und doch hellwach unter die Dusche.
Auch hier riecht es nach Bernd, sein Duschgel, welches ich immer hier stehen habe, ist noch offen. Jetzt muss ich mich doch anziehen, ein neuer Tag und viel Arbeit warten auf mich.
Gegen Mittag kommt ein Bote in mein Büro und bringt mir einen Strauß gelber Rosen. Eine Nachricht ist auch dabei, aber nicht auf grünem Papier, sondern auf weißem. Bernd schreibt:
»Dankeschön!«
Schade eigentlich. Ich dachte kurz, der Blumenstrauß sei von jemand anderem.
Freundinnen
Heute werde ich mich mit einer Freundin treffen. Cathrin hat mal wieder Zeit zu einem ausgiebigen Damentreffen. Und wir beide erzählen uns ja immer alles, so dass ich jemanden habe, dem ich von den Briefen erzählen werde, sie um Zustimmung und auch um Absolution bitten kann.
In der Mittagszeit treffen wir uns in einem Lokal und haben natürlich viel zu erzählen. Erst berichtet sie mir von ihrer neuen Herbstkollektion und über ihre Pläne vom Familienurlaub. Dann beginne ich, ihr von den Briefen zu erzählen. Vom Caféhaus und von den Blumen, vom See, wie ich mich dort umgesehen habe und auch von der Pizza. Ihre Augen werden immer größer und größer, und sie fragt erst mal nicht viel, um danach ganz viele Bedenken zu äußern:
»Wie dumm bist du doch, Carla. Ich bitte dich, gehe zur Polizei, das ist ja ein Fall von Stalking!«
Aber ich beruhige sie, erzähle ihr, dass ich weder Angst habe noch Probleme damit. Auch von den Kerzen berichte ich ihr und welche Sicherheit ich damit habe.
Dann überlege ich laut, ob Bernd der Briefeschreiber ist, so aufmerksam war er doch niemals zu mir. Aber auch, dass Bernd nicht im Café war und auch niemals am See, weil er nicht gerne in Gewässern schwimmt, in denen er den Grund nicht erkennen kann.
Also muss der Mann, der die Briefe schickt, jemand anderer sein. Wir lassen alle möglichen Männer aus unserem Bekanntenkreis Revue passieren, doch es ist kein Passender dabei, auf den alles zutreffen würde.
Cathrin und ich genießen den Mittag mit viel Lachen, mit einem angenehmen Nachtisch samt gutem Kaffee.
Am Abend zuhause blicke ich auf den Tag zurück. Mir wird bewusst, dass ich schon fast zwei Tage nichts von dem geheimnisvollen Briefeschreiber gehört habe. Sollte ich jeden Tag eine Kerze ins Fenster stellen? Das habe ich natürlich gestern nicht getan, als Bernd mit mir zusammen war. Hm, war das ein Fehler, die Kerze außer Acht zu lassen?
Soll ich heute Nacht eine anzünden?
Schaden kann es nicht, also gut, ich stelle eine der grünen Kerzen, die in meiner Kommode liegen, ins Fenster. Mein Bett ist so einladend, so dass ich mich gleich hineinkuscheln mag.
Tag 11, Sonntag
Es ist Sonntag, ich habe eigentlich meinen freien Tag.
Wieder weckt mich die Sonne, und ich starte gut gelaunt in den Morgen. Ein wenig Büroarbeit werde ich doch erledigen. Heute beobachte ich die Menschen um mich herum viel genauer als sonst, es könnte ja der Briefeschreiber dabei sein. Aber es ist ein Tag wie fast jeder andere. Kein Publikumsverkehr, nur Rechnungen schreiben, meine Lose-Blätter-Sammlung sichten und bald wieder Feierabend machen.
Nicht eintönig aber auch ohne Brief und ohne Geschenk. Irgendwie erwartungsvoll komme ich am Nachmittag zurück nach Hause und ... Wieder nichts.
Ich nutze das Wetter und radle zum See. Die Familien mit Kindern sind schon am Aufbrechen, also wird es bald ruhig werden. Ich kleide mich um und laufe in den See. Das Wasser ist vom sonnigen Tag noch herrlich aufgewärmt, und in der untergehenden Sonne ist es angenehm, noch ein Paar Züge zu schwimmen. Abtrocknen und umziehen, anschließend packe ich alles zusammen, ich bin fast alleine am See. Nur ein Liebespaar ist noch im Wasser und nutzt das Alleinsein jetzt aus. Ich sehe den beiden ein wenig zu und beschließe, sie dann aber doch alleine zu lassen.
Auf dem Weg zum Auto ist es schon dämmrig, und ich
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Bildmaterialien: Margit Funk
Cover: Wilhelm Maria Lipp
Lektorat: Wilhelm Maria Lipp
Tag der Veröffentlichung: 26.11.2022
ISBN: 978-3-7554-2601-1
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Allen Leserinnen und Lesern, die Romantisches mögen.