Gut Regenbogen
Von Hexen, Einhörnern
und anderen magischen Wesen
Ein Fantasieroman für junge
und jung gebliebene Menschen
von
Michaela Lipp
Klappentext
… Sleipnir steht neben mir. „Ich habe es zu erklären vergessen, du darfst kein Einhorn Horn von einem Kind berühren. Es hat viel Kraft, aber es nimmt auch Kräfte, die Zauberkräfte weg. Hat das dein Hund gewusst? …
Bei der Rettung der schwarzen Einhörner, denen es auf Galapagos wegen des Klimawandels zu heiß wird, helfen viele magische Wesen mit. Die Junghexe Celina ist nicht alleine. Ihre Mutter Walburga, ihre Tante Angelica, genannt Lica, Suse, die alte Chefin von Gut Regenbogen und viele weitere Hexen, sowie magische Tiere helfen mit, dass Gut Regenbogen zur neuen Heimat für Einhörner, zu einem Gnadenhof für (magische) Tiere und zu einem Betreuten Wohnen für Hexen erweitert wird. Sie müssen sehr vorsichtig sein, denn das Syndikat von Hexern und Zauberern möchte das Monopol auf Einhorn-Horn nicht verlieren.
Magie, Gefahr durch Zauberer, Pläne schmieden und gemeinsam umsetzen, sowie zarte Liebe sind die Zutaten in diesem spannenden Abenteuerroman.
Einführung
Die junge Hexe Celina ist Ärztin. Sie bekommt eine Praxisstelle für ihre Forschungen auf Gut Regenbogen. Als auf Galapagos schwarze Einhörner gesehen worden sein sollen, wird sie eingeladen, ihre Forschungen dort zu betreiben. Ihre Hexen-Tante Angelica, Lica genannt, begleitet sie, während ihre Mutter, Walburga, zu Hause bleibt und sich um die Arztpraxis von Celina kümmert.
Auf Galapagos entdeckt Celina das Geheimnis der schwarzen Einhörner. Neben ihrer Tante wird sie auch noch von Munin, ihrem Raben, unterstützt. Celina muss ihre Entdeckung aber für sich behalten, da die anderen Hexen und Hexer vom Syndikat sind. Das Syndikat ist auf Profit aus und möchte die Einhörner finden, um an deren Hörner zu kommen, die besondere magische Wirkung haben.
Celina entschließt sich jetzt, zu ihrer Ausbildung als Ärztin für Menschen auch noch Veterinärmedizin zu studieren und möchte einmal eine Praxis für Mensch und Tier anbieten.
Als sie vom Einhorn Sleipnir vor einer Schlange gerettet wird, baut sich ein Kontakt mit den Einhörnern auf. Diese möchten Galapagos verlassen, weil das Klima dort immer heißer wird.
Gemeinsam mit ihrer Tante Lica und ihrer Mutter wird nun die Rettung der Einhörner geplant. Sie erwerben ein großes Stück Land, das an Gut Regenbogen grenzt und planen einen Gnadenhof für Tiere, vor allem für magische Tiere, ein betreutes Wohnen für Menschen, für Hexen und Hexer, eine Arztpraxis samt Krankenhaus für Mensch und Tier, auch beheizbare Wohnstätten für die Wärme gewohnten Einhörner von Galapagos.
Unterstützt werden sie von vielen magischen Tieren. Vor allem die Katzen vieler Hexen spielen eine wichtige Rolle, und ein Waran aus Galapagos.
Was die Tiere denken, reden, hört Celina telepathisch in ihrem Kopf, und auch ihre Gedanken werden von den magischen Tieren „gelesen“.
Als Celina Suse, die Leiterin von Gut Regenbogen kennenlernt, stellt sich heraus, dass diese eine Urururahnin von Celina ist. Beide stammen in direkter Linie von Frigg und Odin ab.
Es kommt zum Kampf mit dem Syndikat.
Am Ende wird Celina die neue Leiterin vom erweiterten Gut Regenbogen. Sie hat die Unterstützung von vielen Hexen, von ihrer Mutter und ihrer Tante, die ihre Jugendliebe wieder getroffen hat, von Suse und von den vielen magischen Tieren. Am wichtigsten allerdings ist für Celina die Unterstützung, die sie von Lung bekommt.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern viel Freude mit Celina und ihren Gefährten. Was sie alle uns vermitteln wollen, ist, dass man sehr viel erreichen kann, wenn man ein Ziel vor Augen hat und wenn man in unserer vernetzten Zeit die Talente jedes Einzelnen richtig verwendet. Dabei können auch Kinder und Jugendliche ihren Beitrag leisten.
Glaubt an euch!
Michaela Lipp
Inhalt
Die Hexen-Messe
Galapagos - Wir kommen an
Die erste Zeit auf der Insel
Im Unterholz
Später am Tag
Lica und Mama erfahren, was los ist
Nach dem Abendessen
Ein neuer Tag
Zurück in Österreich
Daheim
Konkrete Pläne
Neuigkeiten von den Katzen
Gut Regenbogen und Frau Suse
Hilfe wird benötigt
Das Treffen der Hexen
Atempause auf der Insel
Bei Suse
Zurück nach Hause
Gefahr
Celina und die Zauberer
Die Hexen-Messe
Ich darf mit zur Hexen-Messe. So lange habe ich warten müssen. Dieses Jahr bin ich 20 geworden. Für eine Hexe also volljährig. In vielen neuen Geschichten und Märchen sind die Hexen jünger, Kinder noch. Aber eine richtige Hexe ist mit zwanzig erst erwachsen. Oder hat jemals einer Bilder von früher gesehen, auf dem Hexen nicht alt sind? Alt, alt mit Warzen und Buckel, so kennt man sie.
Ja, jetzt bin ich hier das erste Mal dabei, und ich bin begeistert! So viele Stände, soviel zu sehen. Mit meiner Mama Walburga und deren Schwester Angelica besuche ich diese Messe. Ich darf mich aber frei bewegen, wir treffen uns in drei Stunden wieder.
Jetzt geht es los. Ich bin überwältigt, lasse mich treiben. Sehe mir die Stände an. Herrliche Sachen, zuerst stehe ich bei einem Kräuterstand. Alles Mögliche in frischer Form und auch getrocknet. Die Düfte sind faszinierend.
An allen Körben möchte ich riechen, zwar kenne ich viele einheimische Kräuter, aber es gibt auch welche, von denen ich nicht wusste, dass sie in Zaubertränke gehören.
Lindenblätter gegen trockenen Husten, Pfefferminze als Magenschutz in Naturform.
Ich stamme aus einer Familie von Hexen. Mehrere Generationen schon sind die Frauen in unserer Familie hellsichtig und mit Kräutern auf Du und Du.
Schon als kleines Mädchen habe ich alles Mögliche von meiner Mutter, von den Tanten und Großmüttern gelernt. Nachts auf dem Friedhof, manchmal nackt. Im Wald in Vollmondnächten. Meine Finger erkennen schon viele Stängel und Blätter im Dunklen. All das bekam ich quasi mit der Muttermilch intus.
Zu Geburtstagen erhielt ich immer Kräutermischungen für meine Puppenküche, Voodoo-Puppen statt Barbies und mitwachsende Kinderbesen, die jedes Jahr neu gebunden wurden, und für die meine Mama immer einen dickeren Stiel kaufen musste.
Ich bin eine moderne Hexe, ich habe andere Ansichten, als Uroma Lilith, die aus Irland stammt. Von ihr habe ich meine wunderschönen roten Haare geerbt und Sommersprossen. Jetzt gerade ist das ja der Mode- Trend schlechthin. Manche Mädchen lassen sich sogar Sommersprossen tätowieren: Freckling ist das Wort dazu. Wenn die wüssten, mit welchen Hilfsmitteln meine Vorfahren das überdeckt haben.
Ich schweife ab. Zurück zur Hexen-Messe
Ein zweiter Stand: Hier gibt es Hexenkessel aus Kupfer. Auf dem Schild über den Waren steht: Für alle Herdarten geeignet, auch für Induktion und offenes Feuer. Spülmaschinenfest, lebensmittelecht, teflonbeschichtet- also brennt nichts an und ganz neu: Selbstrührend.
Ich notiere mir diesen Artikel samt Bestellnummer, wobei mir der Verkäufer einen Messerabatt geben will. Da zögere ich nicht lange, ich kaufe mir einen. Die Liste der Dinge, die ich unbedingt brauche, wird dadurch aber nicht kürzer.
Der nächste Stand bannt wieder meine Aufmerksamkeit. Fixprodukte von Maggo.
Fertigpackungen mit Hexentrank. Auch diese nehme ich näher in Augenschein. Kleine und größere Pfandgläser und Flaschen fertig mit Hexenkesselmischungen. Nur Aufwärmen. Oder solche, die man mit kaltem Wasser anrührt, in kochende Flüssigkeiten einrührt. Alles ist abgestimmt auf die gängigsten Hexenkessel-größen.
Ich höre die Hexen um mich herum reden. Eine Ältere sagt: »Frischer Zaubertrank ist viel besser, das haben wir früher alles selber gemacht.« Die Jüngeren aber sind -wie fast alle- im ewigen Zeitstress. Sie kennen viele Fixprodukte von Maggo. Sogar hier sehe ich viele, die durch die Messe hetzen, als ob diese in fünf Minuten endet.
Wahrscheinlich sehe ich aus, wie ein Kind am Weihnachtsmarkt. Meine Augen leuchten, meine Wunschliste wird länger und länger.
Wieder ein Stand: Neugierig schaue ich mich um. Kleine Sprüh-Flacons. Ein Tester. Soll ich es wagen? Ich lese die Inhaltsstoffe durch. ‚Kalter Kaffeedunst‘!
Ein Lächeln geht über mein Gesicht. Ein Schönheitsmittel natürlicher Art, ohne Chemie, ohne Treibgas. Heute besonders günstig. Eine sehr hübsche, ältere Hexe geht vorbei, sieht es und nimmt einen der Tester. Sie besprüht ihre Haut, diese spannt sich augenblicklich. Sie fragt die Handelshexe:
»Wie lange hält die Wirkung an? Wieviel ist in dem Flacon?« Am Ende nimmt sie einen Jahresvorrat, zahlt kontaktlos mit Kreditkarte und gibt ihre Lieferadresse an. Der Besenbote von UPS liefert noch heute aus.
Nichts für mich, aber im Hinterkopf behalte ich diesen Einfall. Es gibt vielleicht eine andere Idee, die Hexe zu Geld machen kann. Ich schreibe mir das in mein Handy. Vielleicht eine APP, die Gedanken notiert. Die Handy- und Computerzeit ist auch bei uns Hexen angekommen.
Hinterwerk. Dort gibt es den neuen Thermomax. Ein Multifunktionstool zum Schneiden, Rühren, Erhitzen und Zerkleinern. Eine eingebaute Waage hilft die richtige Menge der Zutaten einzufüllen.
Es gibt schon fertige Rezepte, die in diesem Koch-Computer eingespielt sind. Ein Kochvortrag läuft gerade, eine Hexe führt den Thermomax vor. Sie macht eine Art Eintopf. Innerhalb kürzester Zeit ist das Gemüse geschnitten und gar. Im Edelstahltopf wird alles zubereitet.
Ein Chip, der zukaufbar ist, hat die gängigsten Rezepte aufgespielt. Es gibt auch einen Facebook-Auftritt und diverse Rezepttauschseiten auf YouTube, Pinterest, Instagram & Rezeptwelt. Aber der Preis ist schon sehr … happig. Netto 1399 € plus Kochbuch mit 200 Rezepten.
Wer den Chip mit den Hexenrezepten haben will, muss natürlich aufzahlen. Dann aber hat man Zugriff auf circa 2000 Rezepte. Und dieser Chip kostet ‚nur‘ 200 Euro Messepreis. Und die Lieferzeit beträgt im Moment noch sechs Wochen. Hexen aus dem Ausland müssen den ortsüblichen Steuersatz dazurechnen.
Hinterwerk typisch amerikanischer Werbeauftritt. In jedem Land sind sie bekannt. Gut geschulte Staubsaugervertreter- Verkäufer sind überall zu finden, auf jeder Messe haben sie ihre festen Stammplätze. Aggressive Werbung, eben amerikanisch.
Hinterwerk wollten auch in die Hexenbesenherstellung, aber da hatten sie Pech. Jede Hexe hat ihre eigenen Vorlieben für Besen. Und Motorbesen, selbst von Hinterwerk, waren und sind verpönt.
Ich gehe neugierig weiter zu der Hexenbesenmanufaktur, die hier ihren Stand hat.
Doch ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, ich muss mich mit Tante Angelica und meiner Mama Walburga treffen. Die beiden sind das beste Beispiel für Teilzeithexen, bzw. für Nebenerwerbshexerei. Sie hatten lange Zeit noch einen anderen ‚Brotberuf‘, der ihnen ein gewisses Festeinkommen im Monat beschert, und die Hexerei war eher am Wochenende bzw. im Urlaub im Vordergrund. Seit ich meine Ausbildung beendet habe, ist es etwas leichter für uns alle drei.
Meine Mutter hat mich in eine Privatschule gebracht, dort habe ich schon mit 15 meine Matura abgelegt. Das Arztstudium habe ich auch relativ schnell geschafft. Seit diesem Jahr bin ich private Allgemeinärztin, also eine Wahlärztin ohne Kassenvertrag. Meine Mama und Tante Angelica sind inzwischen meine »Arzthelferinnen«.
Obwohl ich die Arbeitgeberin der beiden bin, ist das hier heute die erste Hexen-Messe meines Lebens.
Wir haben uns im Restaurant verabredet. Den Tisch haben wir wohlweislich schon im Voraus bestellt. So treffe ich zwei gut gelaunten Frauen, die lachen und -wie ich- schwer bepackt sind. Ich setze mich zu ihnen, und wir reden alle drei weiter. Natürlich kennen sich die beiden etwas besser aus, aber auch sie waren noch niemals so lange auf dieser Messe. Ich habe unseren Ausflug zum Betriebsausflug erklärt und die Praxis zugemacht. Ich lese die Speisekarte. Die Auswahl ist phänomenal! Französische Küche gepaart mit Hexenkochkunst. Das ist wie … Ach es fällt mir nicht ein. Im Gourmet-Himmel. Vielleicht eine Eis-Kugel, bei der jeder Löffel nach etwas Anderem schmeckt.
Wir nehmen uns das Drei- Gänge- Tages- Menü. Dazu die Weinempfehlung, und am Ende kommt noch das Eis in den verschiedenen Geschmacksrichtungen mit Schlagrahm und Schirmchen. An manchen Tagen mag ich mein Leben mehr als an anderen Tagen. Das viele Lernen in meiner Jugend war nicht immer einfach, aber es gibt ein paar Zaubersprüche, die einem helfen, das Lernen zu lernen und zu beschleunigen. Ich werde sie einmal aufschreiben.
Wir planen unser weiteres Vorhaben. Wir haben einen Messe-katalog dabei und haben schon im Vorfeld angekreuzt, was wir noch ansehen wollen. Tantchen und Mama wollen zu der Halle mit der Mode. Neue Modistinnen stellen aus. In einer halben Stunde ist eine Modeschau. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Wir zahlen wieder mit meiner Karte und gehen Richtung Halle vier. Unterwegs geben wir unsere Einkäufe dem Hexen-UPS, so dass alles in unser Hotel geliefert wird.
Die Modeschau ist klasse. Wir haben noch recht gute Plätze ergattert und sitzen bequem. Die Models tragen wunderschöne Kleider mit versteckten Taschen für Zauberutensilien, die nicht auftragen.
Es gibt Hüte mit eingebauten Perücken, für Bad-Hair-Days. Und es gibt Kleider, die die Farbe wechseln. Wir bestellen gleich ein paar für uns drei und für die Praxis eine neue ‚Kittelkollektion‘.
Zurück zur Messe. Dort gibt es wieder neue Sachen. Eine Hexe verkauft Armbänder, die unsere zuvor eingespeicherten Zaubersprüche langsam auf einem Display ablaufen lassen kann. Passend zu der Sprechgeschwindigkeit der Besitzerin. Eines kaufe ich mir sofort und dann noch zwei für Mama und Angelica, sie haben gesehen, dass diese Armbänder mit einem Farbwechsler versehen sind, die sich automatisch an das Outfit anpassen.
Wieder ein Stand mit Fertig-Kessel-Mischungen, dieses Mal von der Firma ‚Knurr‘.
Es sind dieses Jahr so viele Besucher angekündigt, dass man merkt, dass die Firma ‚Plastikbehälter‘ gerade einen Kongress in der gleichen Stadt abhält. So fällt niemandem auf, dass Frauen mittleren Alters sehr geschminkt durch die Stadt eilen. Das ist gut geplant. Die Firmen ‚Edelstahltopf‘ und ‚Kerzenlicht‘ haben abgelehnt, Pech für sie.
Tantchen möchte sich bei der Hexe ihres Vertrauens ein neues Tier holen, ihre Katze war leider in einen Schrumpftrank gefallen, weil darin Mäuseschwänze mitgekocht wurden. Der Duft war für sie unwiderstehlich. Aber eine Katze, die kleiner ist als eine Maus, ist leider für eine Hexe nicht unbedingt brauchbar. Wir suchen die Halle 9 auf. Ein Duft von Tieren kommt uns entgegen. Eine Hexe verteilt am Eingang Bonbons, die uns den Gestank vergessen lassen. Jetzt geht es hinein. Gleich am Anfang ist eine Hexe, die Tiere für Zaubertränke züchtet. Sie hat Kröten mit acht oder mehr Beinen, Frösche, die das ganze Jahr laichen, Molche, die sich alle paar Stunden teilen und noch viel mehr Neuzüchtungen. Ich bin begeistert.
Daneben ist ein großer Stand mit Crowdfunding. Da wird Geld gesammelt für Mamut-Elfenbein, das in Sibirien im ewigen Eis steckt. So wird Elfenbein gespart. Viele Tränke benötigen so ein Hornpulver. Die Hexen, die dort stehen, sind geschult und erklären geduldig allen die Vorgehensweise. Ich lasse mir einen Prospekt geben, werde zuhause das erst mit meinem Finanzberater von der Wirtschaftskammer besprechen. Es liest sich sehr sinnvoll.
Und dann sind wir am Ziel: Der Tiertrainer, der die Begleiter für Hexen züchtet. In ein paar Gehegen kullern zuckersüße Jungkatzen herum. Große Augen, kleine Nase und einen Mini Mund. Züchtungen, die keine Haare verlieren, bzw. solche, welche die Allergiker unter uns nicht niesen lassen. Doch es gibt auch Raben, die sehr neugierig von niedrigen Bäumen herunter schauen. Diese Bäume wurden extra gepflanzt. Gerade läuft eine Vorführung von den Tiertrainern. Die Raben wirken wirklich sehr intelligent. Ich bin hin- und hergerissen, sehe den Vorführungen genau zu. Ja, so einen Vogel will ich haben, obwohl ich mich erst für eine Katze entscheiden wollte. Doch das Flügeldings ist das richtige Tier für mich. Tante will wieder eine Katze. Sie steht am Gehege, und eine jetzt schon langbeinige Babykatze ignoriert Tante Angelica besonders. Ja, diese wird es sein. Die Katze ist schwarz mit weißen Krallen. Faszinierend! Angelica lässt sich die Katze bringen und berührt sie zart. Dieses kleine Kuschelding lässt ein wohliges Schnurren hören, ihre weißen Krallen fahren heraus und in den Arm von Angelica. Meine Tante schüttelt die kleine Katze heftig und zeigt ihr, dass sie die Herrin ist. Da ist es entschieden. Diese wird es sein.
Jetzt gehen wir zurück zu den Raben. Die Tiere sitzen auf den Ästen und sehen uns neugierig an. Sie verdrehen ihre Köpfe, und ich muss lachen. Einer dieser Raben hat ein schönes, vorwiegend schwarzes Federkleid, das bei Bewegungen blau oder grün leuchtet. Er lässt mich nicht aus den Augen. Dieser Vogel tänzelt auf dem Ast auf mich zu und flattert dann auf meine Schulter. Der Tiertrainer ist ärgerlich:
»Das macht Azra sonst nie, entschuldigen Sie bitte.« Und zu dem Raben sagt er: »Azra, sofort auf den Ast zurück, belästige doch die junge Frau nicht.« Azra aber zupft zärtlich mit ihrem gefährlich aussehenden Schnabel an meinem Ohr. Als ich hin fasse, lässt mir Azra meinen Ohrring in die Hand fallen.
»Ich kaufe ihnen Azra ab, er scheint meine Ohrringe nicht zu mögen. Die mag ich auch nicht.« Ich nehme Azra gleich mit. Der Trainer schimpft und sagt:
»Azra hat einen starken Willen, noch nie war er jemandem so nahe, wie Ihnen. Er kann zwar alle Befehle, aber er gehorcht nicht. Suchen Sie sich einen anderen Raben aus.« Ich drehe mich etwas und sage zu Azra:
»Flieg zum Ast«. Azra tut, was ich sage. Dann sage ich:
»Komm wieder her, ich nehme dich mit.« Mit drei Flügel-schlägen sitzt Azra wieder auf meiner Schulter. Der Trainer meint:
»Wenn Sie diesen temperamentvollen Vogel wirklich wollen, bitteschön, unterschreiben Sie hier und hier auf dem Kaufvertrag. Wenn Sie ihn hier auf der Messe frei herumtragen, empfehle ich Ihnen die Haftpflichtversicherung. Sofort gültig.« Wieder zahle ich mit meiner Karte und bekomme noch einen Beutel mit ‚Zubehör‘ in die Hand. Futter, Leinen und die ‚Besitzurkunde‘. Aber ich denke, Azra wird mir sehr wohl zeigen, was er mag und dass er zu mir gehört.
Tante Angelica hat ihre Katze auch gekauft, aber sie lässt sich das kleine Ding erst nächste Woche nach Hause liefern. Munter gehen wir drei samt Azra weiter. Der Rabe sitzt brav auf meiner Schulter, ich spüre ihn kaum. Es fühlt sich richtig an. Mama hat ihre Katze ‚Lady‘ und will auch keine neue. Die verkleinerte Katze von Angelica wird bei mir in der Praxis bleiben, bis die neue Katze sich an Angelica gewöhnt hat. Das dauert in der Regel nur ein paar Wochen. Katzen sind so eigensinnig. Mal sehen, auf welchen Namen sie ‚nichthört‘.
Gegen Abend, kurz vor Schluss der Messe kommen wir gut gelaunt im Hotel an. Wir packen alles zusammen und genießen den Abend ohne Schuhe auf unseren Betten. Am nächsten Tag geht es nach Hause.
Galapagos - Wir kommen an
Nachdem sich die die Gerüchte immer mehr verdichtet haben, dass auf den Galapagos Inseln ein schwarzblaues Einhorn gesehen wurde, dessen Horn goldfarben schimmert, werde ich von meiner Doktormutter auserwählt, dass ich mitkommen darf. Da ich mein soziales Hexenjahr im Gestüt ‚Regenbogen‘ ableisten will, werde ich jetzt mit auf die Galapagos Inseln genommen, und ich bekomme sogar diese ganze Forschungsreise finanziert. Die Stiftung der ‚Einhorn Liebhaber‘ bezahlt die Reise für mich und für meine Begleitperson. Diese Stiftung lernte ich ja auch erst kürzlich bei den Hexentagen kennen. Meine Ausbildungshexenmutter hatte sich für mich eingesetzt. Jetzt, nachdem ich den Bachelor und die Masterprüfungen hinter mir habe, bin ich relativ gerne in der Universität und werde zu vielen neuen Sachen geschickt.
Meine Mama möchte nicht mit, sie will zuhause bleiben, aber meine Tante Angelica fliegt nach einigem Zögern nun doch mit. Die Neugierde siegt. Und ich bin froh, dass sie dabei ist. Meine zweite Mutter.
Die Praxis ist wieder auf Notfall-Ambulanz beschränkt, Mama kümmert sich um das, was sie machen kann.
Relativ kurzfristig packen wir unsere Sachen ein, nicht mehr als die üblichen 20 Kilogramm, wie das normale Fluggepäck. Natürlich wird alles auf ein handliches zwei Kilogramm Handgepäck geschrumpft.
Die Stiftung der ‚Einhorn Liebhaber‘ sind viele Hexen und Hexer, die Einhorn-Produkte in ihren Zaubertränken benutzen. Diese wirtschaftstreibenden Persönlichkeiten benutzen ihr Geld, um lukrative Einhorn Zucht zu betreiben.
So packe ich meinen Zauberstab, Hexenbücher, Schulbücher, Laptop und die anderen Forschungssachen ein. Ein wenig Kleidung, Kosmetika, Handy, das genügt. Ach ja, natürlich einen Akku für Strom. Das Ziel unseres Fluges ist Lima. Der erste Zwischenstopp ist in Amsterdam, danach geht es direkt nach Lima. Dort gibt es eine Übernachtung. Puuh, da sitzt man über 29 Stunden im Flugzeug. Zwar hätte ich ein Buch zum Lernen im Reisegepäck, aber nach dieser langen Zeit bin ich froh, wieder die Beine zu vertreten. Wir haben doch mit fast 12 000 km Entfernung einen Zeitunterschied von sieben Stunden. Neben mir sitzt Tante Angelica, zu der ich jetzt nur Lica sagen soll. Sie sieht so jung aus mit ihrer neuen Haarsträhne, die sie sich selbst eingefärbt hat. Es soll keiner erfahren, dass sie meine ‚alte‘ Tante ist.
Wir schlafen beide zwischendurch eine paar Stunden eingehüllt in leichte Decken, die uns die freundlichen Stewardessen brachten. Für kurze Flüge benutzen wir unsere Besen, aber bei so einem langen Flug ist dann doch eine Fluglinie von Vorteil. Rund um uns herum sind einige aus unserer Forschungsgruppe. Immer wieder reden wir davon, was passiert, wenn wir eines oder mehrere dieser schwarzblauen Einhörner finden. Was diese wohl fressen, wie könnten wir dann so ein Einhorn oder gar eine Familie nach Hause bringen? Es gibt so viele Fragen, welche immer wieder neue Fragen aufwerfen. Ich mache mir Notizen, und wir reden auch über ein Frachtflugzeug. Ach es hört sich alles so kompliziert an. Aber wir nehmen einen Schritt nach dem anderen.
Bevor ich losgeflogen war, durfte ich -zwar nur für kurze Zeit- im Gestüt Regenbogen mithelfen. Man erklärte mir, was die jeweiligen Einhörner bevorzugen an Nahrung, welche Betreuung sie brauchen und auch, wie scheu, ja fast unsichtbar, sie sind. Ich sah in der Woche, in der ich dort sein durfte, nur an einem Tag einmal ein Einhorn. Weit weg, und als es mich bemerkte, war es verschwunden. So schien es, dass sich diese intelligenten Tiere einfach unsichtbar machen können.
Das Einhorn Gestüt ist ein geschützter Bereich für die seltenen und scheuen Einhörner. Es hat einen Shop mit Einhornprodukten. Nur registrierte Hexen oder Zauberer bekommen die Erlaubnis dafür, da Einhorn-Hornprodukte besonders kräftig in Zauber-tränken wirken. Im Shop gibt es diverse Hornteile, die auch online angeboten werden. Getrocknetes Horn, pulverisiert von 100%iger Reinheit bis zu 10%igem Hornmehl gestreckt mit Kuh-Horn-Mehl als Fix-Kessel-Mischung. Auch gibt es Einhorn Mähnen, Einhorn Schweifhaar, und ich sah eine kleine Phiole mit Einhorn Schweiß zu einem horrenden Preis. Aber das habe ich noch nie verarbeitet, und auch Mama und Tante Angelica haben kein Rezept mit solcher Zutat. Aber wir haben viele Jahre ohne Einhorn Produkte unsere Zaubertränke gemischt, erst seit Neuestem bemerken wir, dass das jetzt ein wahrer Hype ist.
Da Einhörner sehr scheu sind, geschieht auch ihre Fort-pflanzung in Verstecken. Auf dem Gestüt gibt es viele künstlich angelegte Hecken. Diese bilden ein Labyrinth, in das sich die Einhorn Paare verziehen und wo sie sich verbergen können. Auch ein dichter Wald, in dem sich die Tiere frei bewegen können, grenzt an die Weiden. Einhorn Kinder kommen immer schneeweiß zur Welt. Je nach den Farben der Eltern, so glaubt man, verändern sich die Farben der Kinder im Lauf der Zeit. Diese Färbung könnte auch von der Ernährung abhängig sein, genau weiß es niemand. Natürlich verraten die Tiere nie, was sie fressen. Und Einhorn Kinder sah bisher niemand auf dem Gut Regenbogen. Es gibt es noch andere Tiere hier, da das ganze Anwesen als Wildpark mit Gnadenhof getarnt ist. Es gibt Zebras, Alpakas und Trampeltiere, auch viele Albino-Tiere. Natürlich auch die ganzen Alpen-bewohner, wie auch Schnee- Steinböcke. So kann man die Sichtung von Einhörnern in der Zeitung immer noch auf die schneeweißen Steinböcke schieben.
Sehr selten sind die schwarzblauen Einhörner. Sie hat man bisher angeblich nur auf den Galapagos- Inseln gesichtet. Dort aber hat bisher noch keiner geforscht, ob es sie wirklich gibt und was diese Einhörner fressen. Vielleicht wird das meine Doktor-Arbeit. Hexe D.o.S (Doktor of Science), das ist mein Ziel. Meine Hexendoktormutter hat mir schon viel beigebracht, ich hoffte in dem begehrten Praktikumsplatz auf dem Gut ‚Regenbogen‘ meine Forschungsarbeit erledigen zu können. Nun geht es mit einer kleinen Propellermaschine nach Galapagos, was habe ich für ein Glück. Leider hätte mein Rabe Azra für Galapagos recht lange in Quarantäne gemusst, das wollte ich ihm ersparen. Er darf zuhause bleiben und sich mit Mamas und Licas Katzen streiten. Was sie eben immer tun.
Als wir jetzt aus dem Flugzeug steigen, schwitze ich sofort. Mit dem Insel-Bus geht es weiter zum Hafen. Wir fahren mit einem kleinen Schiff weiter zu ‚unserer‘ Insel. Für diese haben wir eine längere Aufenthaltsgenehmigung. Den ersten Tag haben wir noch frei, der Jetlag ist anstrengend, die sieben Stunden Zeitunterschied belasten uns Neuankömmlinge schon sehr.
Aber natürlich schaue ich mich um, nachdem wir alles in unser Zelt geschafft haben. Das Trinkwasser ist knapp, das erfahre ich gerade, als ich duschen will. Aber nachdem immer wieder mal ein kühler Luftzug vom Meer über die Insel bläst, ist es mir bald nicht mehr so wichtig.
Die erste Zeit auf der Insel
Wir haben unser Zelt am hinteren Ende des Platzes. Rund herum sind Zäune, die recht stabil aussehen. Als ich nachfrage, werde ich aufgeklärt, dass das gegen die Warane helfen soll, aber auch gegen andere Tiere, die gerne Fleisch fressen.
Ich bekomme Gänsehaut, Warane habe ich bisher nur im Fernsehen gesehen, aber dabei leider auch, wie diese Raubtiere so eine Ziege ruck-zuck vertilgt haben.
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 27.03.2022
ISBN: 978-3-7554-1027-0
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Bei der Rettung der schwarzen Einhörner, denen es auf Galapagos wegen des Klimawandels zu heiß wird, helfen viele magische Wesen mit. Die Junghexe Celina ist nicht alleine. Ihre Mutter Walburga, ihre Tante Angelica, genannt Lica, Suse, die alte Chefin von Gut Regenbogen und viele weitere Hexen, sowie magische Tiere helfen mit, dass Gut Regenbogen zur neuen Heimat für Einhörner, zu einem Gnadenhof für (magische) Tiere und zu einem Betreuten Wohnen für Hexen erweitert wird. Sie müssen sehr vorsichtig sein, denn das Syndikat von Hexern und Zauberern möchte das Monopol auf Einhorn-Horn nicht verlieren.
Magie, Gefahr durch Zauberer, Pläne schmieden und gemeinsam umsetzen, sowie zarte Liebe sind die Zutaten in diesem spannenden Abenteuerroman.