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1. Kapitel

Eilig lief ich durch die vor Hitze dampfenden Straßen in Richtung der Promenade von Santa Monica. Ich hatte dort in einem Café eine Verabredung mit meinem Flirtcoach. Einen Flirtkurs zu machen, war nicht meine Idee gewesen. Meine Freundinnen hatten den glorreichen Einfall gehabt, mir Unterrichtsstunden bei einem Flirtprofi zu meinem 26ten Geburtstag zu schenken. Sie waren der Ansicht, dass ich nach vier Jahren Single-Dasein dringend Nachhilfe in Bezug auf den Umgang mit dem anderen Geschlecht benötigte.

Mit einem Seufzer wischte ich mir den Schweiß von der Stirn, während ich mithilfe meines Smartphones versuchte an mein Ziel zu gelangen. Ich hatte keine Ahnung, was mich gleich erwartete und ertappte mich immer wieder bei dem Gedanken, den Termin einfach sausen zu lassen und mich stattdessen mit einem Roman in mein Lieblingscafe zu setzen. Meine Freundinnen brannten aber natürlich schon darauf, zu erfahren, wie es gewesen war. Deshalb sah ich mich gezwungen, in den sauren Apfel zu beißen. Allerdings hoffte ich inständig, dass sich das Coaching mehr auf die Theorie und weniger auf die Praxis beschränkte. Ich hatte nämlich wirklich keine Lust wildfremde Männer an zu flirten. Das hatte ich noch nie getan und sah auch keinen Grund, das zu ändern. Die meisten Partnerschaften entstanden ohnehin innerhalb des Bekanntenkreises oder am Arbeitsplatz. Wobei ich von zu Hause aus arbeitete und sich in meinem Freundeskreis nur vergebene Männer befanden.

Als ich das Lokal direkt an der Ufermpromenade erreicht hatte, blieb ich einige Meter von diesem entfernt stehen. Sollte ich den letzten Schritt wagen?

Auf ihrer Homepage hatte ich Fotos von der Flirtexpertin gesehen. Eine blonde und sehr gepflegt aussehende Frau hatte mir auf diesen entgegengelacht. In einem Hosenanzug hatte Annabelle McGregor wie eine erfolgreiche Businessfrau gewirkt.

Es dauerte nicht lange, bis ich sie an einem der runden Tische sitzen sah. Sie trug ein eng anliegendes, schwarzes Kleid, das ihre schlanke und perfekt proportionierte Figur bestens zu Geltung brachte. Ihre hellblonden Haare reichten ihr fast bis zur Taille und waren ein wahrer Blickmagnet. Doch diese Frau fiel nicht nur deshalb auf. Es war vor allem ihre Ausstrahlung, welche meinen Blick auf sie bannte.

Selbst aus der Ferne, bemerkte ich, dass sie ein Mensch war, der sich in der eigenen Haut pudelwohl fühlte. Jede ihrer Bewegungen strahlte Selbstsicherheit und Anmut aus.

Ich bewunderte solche Frauen und war nun doch neugierig, welche Tipps sie mir mitgegeben konnte. Wenn ich nur einen Hauch ihrer Gelassenheit und Ausstrahlung erlangen könnte, wäre das mehr als ich je erwartete.

Dennoch zögerlich, wie es meine Art war, ging ich auf sie zu. Währenddessen drehte sie ihren Kopf leicht zur Seite und griff nach dem großen Becher mit Milchkaffee, der vor ihr stand.

Als ich einen halben Meter vor ihr stoppte ich, hob sie ihren Kopf und sah mich mit einem strahlenden Lächeln an. Um ihre Augenwinkel bildeten sich viele kleine Lachfältchen, welche ihr Alter verrieten. Ich schätze sie auf Anfang vierzig. In ihrem Gesicht steckte Leben, gerade weil es nicht mehr so makellos wie das einer Zwanzigjährigen war. Sie hatte ausdrucksstarke, blaue Augen und eine größere Charakternase.

„Schön, dass Sie sich doch getraut haben“, stellte sie sogleich mit einem verschmitzten Grinsen fest.

Ich fühlte mich ertappt, aber vielleicht war das auch nur einer ihrer Standardsätze, wenn sie auf eine neue Klientin traf.

Sie stand auf und reichte mir die Hand.

„Annabelle McGregor“, stellte Sie sich mir vor, „und sie müssen Miss Wyler sein.“

„Mia Wyler“, nickte ich.

„Setzen Sie sich doch bitte“, bat sie mich und wies mit der Hand auf den freien Stuhl neben sich.

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Tag der Veröffentlichung: 11.02.2016

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