Cover

Goldfarben



Goldfarben flimmerte es mir, als ich nach 40 Kilometern als Erster ins Stadion einlief. Die Großleinwand zeigte, dass mein Vorsprung ausreichte, wenn ich die allerletzten Kräfte noch mobilisieren könnte.
Das Publikum tobte, als ich schließlich glücklich erschöpft die Ziellinie nach 2:o6:58 Std. überquerte. Meine bisherige Bestzeit hatte bei dreieinhalb Stunden gelegen, selbst Experten war ich kaum bekannt, man hatte die Afrikaner favorisiert.
„Verraten Sie das Geheimnis dieser Leistungsexplosion!“ - Fernsehreporter umringten mich. Ich lächelte wortlos.
Tags darauf erwachte ich nach verdientem Schlaf, blickte verstohlen nach rechts und links, schloss sicherheitshalber die Rollläden, bevor ich die Schüssel mit Cornflakes füllte.


Echte Maskerade



Er wurde mit der Marlboro im Mundwinkel geboren. Er war hart und verwegen, suchte Freiheit und Abenteuer im Großstadtdschungel. Die Tage verbrachte er im Sattel – seines Drahtesels – und beim Zischen seines Lassos erschauderten die Büffel, gäbe es hier welche.
Nun steht er im Regen der Bonbons inmitten Helaugeschreis. Er empfindet nur Verachtung für die Kostümierten mit ihren Pappnasen, Perücken und Partybemalung. Er wahrt seine Identität, in kariertem Hemd, Westernhut und Sporenstiefeln.
Er wird sich erst Aschermittwoch kostümieren, Anzug und Krawatte aus dem Schrank holen und klugerweise den Colt in die Schublade zurücklegen, wenn er im Bilanzbuchhalterkostüm in die Firma geht.


Danke, blendend



Wenn ich im Park auf dem Rücken lag, erzeugte das intensive Sonnenlicht durch meine geschlossenen Augenlider hindurch grell-heitere Gelbtöne im Wechsel mit feurigem Rot, sogar ein grün-bräunliches Farbenspiel durch vorbeiziehende Wölkchen. Durch Blinzeln und Zusammenkneifen der Lider konnte ich Farbtöne beeinflussen, Schlieren, Dampfgebilde, ja, bunte Elfen und Koboldfiguren entwickelten Eigendynamik auf meiner Netzhaut.
Gedanken über den grauen Alltag, die Farblosigkeit meines Lebens nach Sonjas Fortgang ließen sich damit nicht vertreiben.
Als jemand meinen Namen rief, gab ich mit dem Öffnen meiner feuchten Augen einer Träne den Weg frei.
"Das kommt davon, wenn man in die Sonne schaut", mahnte Rolf lachend.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.02.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /