Christmas Gift
von
M.S. Kelts
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Text: M.S. Kelts
Klappentext: M.S. Kelts
Betaleser*in: Sonne Avantara, Michael Leitner
Lektorat: Susanne Scholze
Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten sind rein zufällig.
Im wahren Leben: Bitte safer Sex!
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und andere Verwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
1.
Eric
Der Blick auf die Uhr am Armaturenbrett zeigt mir, dass ich in dem verdammten Stau auf der Autobahn viel zu viel Zeit verloren habe. Und zu allem Überfluss hat der ohnehin schon kräftige Schneefall weiter zugenommen. Was bedeutet, dass vor den Scheinwerfern meines Camping-Busses ein regelrechter Schneesturm tobt, der meine Sicht auf unter 100 Meter beschränkt.
So langsam frage ich mich wirklich, ob ich es noch rechtzeitig auf den Campingplatz schaffe, bevor er geschlossen wird. Eigentlich könnte ich sehr gut frei stehen, aber bei dem Schneefall, und da laut Wettervorhersage noch mehr kommen soll, bin ich mir nicht sicher, ob ich dann am Morgen vielleicht komplett eingeschneit bin.
So hatte ich mir den Anfang meiner Reise nicht vorgestellt. Dennoch spüre ich tiefen Frieden und gleichzeitig aufkommende Abenteuerlust in mir, auch wenn der erste Teil meines Trips jetzt durch den Schneefall erschwert wird. Mein halbes Jahr Auszeit wird jedoch nicht aus dem Ruder laufen, weil ich meine erste Station nicht pünktlich erreiche.
Irgendetwas wird mir schon einfallen.
Und aus diesem Grund setze ich den Blinker und fahre rechts in eine Ausbuchtung, um mein Navi nach einer näherliegenden Alternative zu befragen. Für einen Augenblick genieße ich einfach den Ausblick. So stellt man sich doch eigentlich Weihnachten vor, oder? Die Straße führt durch einen dichten Wald. Die Bäume, der Waldboden und natürlich die Fahrbahn sind vollständig unter einer luftigen weißen Schneedecke begraben. Mir gefällt dieser Anblick sehr, auch wenn ich mich bei der Planung entschieden habe den Heiligen Abend irgendwo in südlicheren Gefilden zu verbringen. Dafür habe ich noch vier Tage Zeit, und obwohl ich Weihnachten allein sein werde, fühlt es sich für mich perfekt an.
Es gibt niemanden den ich zurücklasse, und alle, denen etwas an mir liegt, sind informiert und stehen hinter meinem Plan. Arbeitstechnisch ist ebenfalls alles geregelt und als Restaurantfachmann muss ich mir ohnehin keine Sorgen machen lange arbeitslos zu sein. Vielleicht kann ich mir so auf meiner Reise hin und wieder etwas Taschengeld verdienen.
Das Einzige, was mein Herz immer noch schwer werden lässt, sind die Gedanken an den Verlust meines treuen Begleiters, der eigentlich an meiner Seite sein sollte. Vor etwa vier Monaten musste ich meinen Terriermischling Gnom nach einer kurzen, aber ziemlich heftig verlaufenden Krankheit über die Regenbogenbrücke ziehen lassen. Obwohl es mich auf der einen Seite natürlich unabhängiger macht, hätte ich diese Reise gerne mit ihm zusammen unternommen. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich mich hin und wieder einsam fühle.
Ich kneife für einen Augenblick die Augen zu und schüttle den Kopf, weil ich spüre, dass das Starren in die stetig fallenden Flocken jenseits der Windschutzscheibe mich in eine Art Trance verfallen lässt. Das würde meine Ankunft am geplanten Ziel noch weiter verzögern. Denn, das wird mir jetzt klar, es gibt tatsächlich nur diesen einen Campingplatz in der näheren Umgebung. Falls ich nun wirklich nicht rechtzeitig ankomme, könnte ich noch das nächstgelegene Dorf anfahren und vielleicht dort irgendwo Unterschlupf finden.
Ich schalte in den ersten Gang, setze den Blinker und bin im Begriff loszufahren, als mir auf der recht engen Straße ein Auto entgegenschlingert. Es sieht nicht so aus, als hätte der Fahrer das Gefährt im Griff. Ich warte deshalb lieber ab und hoffe, dass er, wenn er ins Schleudern gerät, über die Böschung auf der anderen Seite rutscht.
Aber wir haben beide Glück. Der Fahrer bekommt seinen Wagen wieder unter Kontrolle, bleibt auf der richtigen Straßenseite und das Auto huscht an mir vorbei, ohne dass etwas passiert. Ich sehe ihm im Rückspiegel nach und bete nur, dass das auch so bleibt, denn bei dieser Geschwindigkeit ist ein Unfall beinahe vorprogrammiert. Kopfschüttelnd fahre ich langsam los und folge weiter der verschneiten Straße.
Nach ein paar Minuten lichtet sich der Wald, geht in eine große Wiese über. Direkt vor mir beginnt, etwa einen Kilometer entfernt, das nächste, diesmal größere Waldgebiet und dahinter erheben sich die Berge. Aufgrund der Dunkelheit, des tatsächlich noch stärker werdenden Schneefalls, und des Windes, der von links kräftig gegen meinen Bus drückt, hat die Szenerie etwas Bedrohliches. Warum auch immer, mir stellen sich die Nackenhaare auf und ein Schauder rinnt mir über den Rücken.
Um wegen des Windes gegenzulenken halte ich das Lenkrad gut fest und bin innerhalb weniger Augenblicke wieder zwischen den schützenden Bäumen verschwunden. Abgesehen von dem Wagen vorhin habe ich das Gefühl der einzige Mensch hier zu sein. Zum Glück kann ich gut mit mir allein sein, sonst wäre das alles hier sehr verstörend.
Es folgt eine weite Rechtskurve, danach wird die Straße etwas breiter, und linkerhand führt eine Abzweigung tiefer in den Wald. Sie sieht trotz des Schnees eher wie ein Feldweg aus, dennoch sind dort relativ frische Reifenspuren zu sehen.
Ich weiß nicht warum, aber ich gehe vom Gas und rolle mehr oder weniger im Schritttempo daran vorbei. Und genau das ist sicherlich auch der Grund, warum ich trotz des Wetters, der Dunkelheit und der damit verbundenen schlechten Sicht, ganz weit hinten auf diesem Weg etwas Farbiges zu erkennen glaube. Die Welt außerhalb meines Busses ist ein Potpourri aus Weiß, Grau, Dunkelgrün und Schwarz, aber trotzdem bilde ich mir ein etwas Oranges gesehen zu haben.
Ich gebe dezent Gas, damit ich nicht ins Rutschen komme, und fahre weiter, aber das komische Gefühl bleibt. Nach etwa hundert Metern trete ich etwas genervt auf die Bremse und halte an. So wird das definitiv nichts mit dem Campingplatz. Aus unerfindlichen Gründen habe ich das Gefühl nachsehen zu müssen. Über mich selbst verärgert, weil ich mal wieder meiner Intuition Folge leiste, anstatt der Logik zu vertrauen, wende ich auf der schmalen Straße und fahre zur Abzweigung zurück. Im Geiste sehe ich mich morgen schon mit dem Klappspaten mein Fahrzeug ausgraben und mir aus Schneewasser meinen Kaffee kochen. Aber was soll‘s, selbst mir ist klar, dass man seinem Gefühl vertrauen sollte und der Bauch hat einfach öfter Recht als der Kopf.
Nachdem ich in meine Jacke geschlüpft bin, meine Mütze aufgesetzt und Handschuhe angezogen habe, steige ich aus und versinke fast bis zu den Knien im Schnee. Die Luft ist unglaublich sauber und riecht nach Winter, Wald und Feuchtigkeit. Die absolute Stille wird nur durch den leise fallenden Schnee und das Knacken der Äste über mir durchbrochen. Aber als ich angestrengt lausche ist da noch ein anderes Geräusch zu hören, ein sehr leises, hohes Fiepsen. Erneut stellen sich mir sämtliche Haare auf und ich laufe auf dem Weg in den Wald hinein.
2.
Laurentius
Ich beiße mir auf die Zunge, um mir einen lauten Fluch zu verkneifen. Hier herumzuschreien ist nicht sonderlich hilfreich, angesichts der fünf Hunde, die mich durch die Gitter ihrer Zwinger erwartungsvoll, aber schüchtern anschauen. Dank ihrer Vergangenheit sind sie sowieso schon traumatisiert, sodass mein Brüllen das zögerlich aufgebaute Vertrauen wieder zunichtemachen könnte.
Und außerdem bin ich ohnehin selbst schuld. Ich musste ja auf die glorreiche Idee kommen meinen ehrenamtlichen Helfern und meiner einzigen Angestellten, Rosemarie, bereits eine Woche vor Weihnachten freizugeben. Selbst das wäre noch nicht das größte Problem, wäre ich vorgestern nicht so dumm beim Schneeschippen gestürzt, dass ich mir das rechte Handgelenk verstaucht habe. Ich kann noch froh sein, dass es nicht gebrochen ist, das wäre dann tatsächlich richtig blöd.
Aber auch so macht es die Arbeit hier nicht wirklich leichter. Schlimm genug, dass mein Dad jetzt die Sprechstunde in der Tierarztpraxis übernimmt, weil ich dazu wirklich nicht in der Lage bin. Wie ich allerdings die Schneemassen, die für die nächsten Tage vom Wetterbericht angedroht wurden, bewältigen soll, ist mir wirklich ein Rätsel. Zur Not muss ich morgen irgendwie noch mal ins Dorf, oder meinen Kumpel Sepp anrufen, damit er meine Besorgungen erledigt. Aber dann müsste ich ja mit der Sprache rausrücken, dass ich mich verletzt habe, was dann letztendlich wieder dazu führen würde, dass genau die Leute, die ich in die wohlverdienten Feiertage geschickt habe, wieder hier stehen, um mir zu helfen. Wenn es nicht so bescheuert wäre, und mein Arm weniger weh täte, könnte ich tatsächlich drüber lachen.
Ich verdrehe die Augen, stelle den umgefallenen Fressnapf wieder auf den Tisch und schicke ein Stoßgebet gen Himmel, der Weihnachtsmann möge mir doch irgendeinen Retter schicken.
Nachdem ich die fünf Hunde im Innenraum und die Katzen in ihrem separaten, großen Spielzimmer in einer Zeit gefüttert habe, in der ich sonst den ganzen Bereich versorge, schlüpfe ich in meine warme Arbeitsjacke und verlasse am gegenüberliegenden Ende den zu Zwingern umgebauten Stall, um die Pferde und Schafe mit Heu zu versorgen. Als ich den kurzen Weg zum Stall hinübergehe, dabei die Stille genieße und die kalte saubere Luft tief in meine Lungen
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 19.12.2020
ISBN: 978-3-7487-6889-0
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