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Titel

 

 

Bucht

der

Schwäne

 

 

 

Von

M.S. Kelts

 

Gay Fantasy

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Copyright ©

M.S. Kelts

2016

 

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Foto: Colourbox.de

 

Coverdesign: Irene Repp

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Text: M.S. Kelts

 

Klappentext: M.S. Kelts

 

Korrektur und Lektorat: Susanne Scholze, Nadine Said

 

 

 

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten sind rein zufällig.

 

Es handelt sich um eine Fantasystory, das sollte beim Lesen bedacht werden.

 

Im wahren Leben: Bitte safer Sex!

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und andere Verwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

1 Kapitel

1.

 

Langsam tauche ich den steilen Felsabbruch nach oben, bis ich das vorgelagerte, flache Gebiet vor der Küste erreiche. Der Ruf drängt, wummert in meinem verwirrten Hirn.

Ich weiß, warum ich verwirrt bin. Ich bin zu nahe. Zu nahe am Festland, um den schmerzhaften Erinnerungen länger entkommen zu können. Die Grenzen verschwimmen, hier in der Nähe von Erde und Luft. Die Vergangenheit strömt in meinen Kopf, wie das Wasser um mich herum.

Mein Fluch holt mich ungebremst ein. Altes Wissen fällt über mich her wie ein Raubfisch! Welche Schmach! Ich wollte so gern ein Mensch sein und bin damals trotz des Wunsches gegangen, weil die Wahl zu schmerzhaft und endgültig war. Und jetzt? Irgendjemand wagt es mich zu rufen, lässt mich nicht länger vergessen und verbietet mir den Aufenthalt im heilenden Meer.

Was ich nicht verstehe: Der Ruf gilt mir persönlich! Tamanor! Das Muschelhorn verklingt und gleich im Anschluss erklingt mein Name. Wie ist das möglich? Niemand weiß davon, dieses Wissen ist vergessen, genauso wie unsere Rasse.

Nur noch Mythen und Legenden …

Tamanor!

So nannte ich mich und das rief bei den Menschen so manches Kopfschütteln hervor, weil der Klang so fremdländisch ist. Ja, ist er. Ich hätte meinen Namen ablegen können, tat es aber nicht, weil ich feige war. Zu feige dazu, ganz ein Mensch zu werden. Ich hielt mir mit meinem Geburtsnamen eine vage Chance auf Rückkehr offen, die ich schließlich auch genützt habe.

Das Leben an Land bedeutet genauso Vergessen, wie das Dasein im Meer. Fluch und Segen zugleich. Ist man lange genug dort, hört das jeweils andere auf zu existieren.

Also entschied ich mich für das Vergessen und das Meer. Und jetzt bin ich gezwungen, an Land zurückzukehren, weil ich gerufen werde, von einer Macht, der ich nicht entgehen kann und die mich zu ihrem Sklaven macht.

Ich will es nicht, will das Meer nicht verlassen, nicht noch einmal wissen, fühlen …

Sand trübt das Wasser, als ich mich ungestüm auf den Rücken drehe und mich mit den Händen an langstieligen Wasserpflanzen festhalte. Kleine Fische umschwärmen mich, begleiten mich hier im seichten Wasser, wie ihre großen Artgenossen in der Tiefe. Sie streifen meine Schuppen, die unterhalb meines Nabels beginnen und die meinen Körper zur Hälfte in ein Wasserwesen verwandeln. Würde jetzt die Sonne scheinen, würde diese Region in allen Farben schimmern. Wie ein Regenbogen, sagen die Menschen …

Menschen!

Ein Exemplar von ihnen muss die verfluchte Muschel blasen, anders ist es nicht denkbar.

Ich sehe nach oben. Der Vollmond hängt tief am Himmel, die bleiche Form unstet und wabernd durch das Wasser.

Wieder erschallt der langgezogene Ton. Meine Kiemen zittern, als ich schnaubend ausatme. Wie lange halte ich es aus, nicht an Land zu gehen? Ich habe keine Ahnung. Aber eines steht fest, ehe ich nicht sämtliche Erinnerungen wiederhabe, macht es keinen Sinn. Unwissenheit macht schwach, angreifbar.

Also ein Stückchen weiter. Geschmeidig drehe ich mich wieder um und gleite mit einem Flossenschlag bedächtig durch das ruhige Wasser. Nicht mal das Meer ist mir gnädig und bietet den Schutz einer aufgewühlten See. Nein, es liegt spiegelglatt da, schützt mich nicht mit Wellen, oder gar dem Geräusch kaum vorhandener Brandung. Weder verbirgt es mich vor dem Muschelhorn, noch vor Entdeckung.

Ich hebe meinen Kopf hoch, so dass meine Augen gerade über die Oberfläche blicken. Die Nickhaut wischt die Feuchtigkeit weg, meine Sicht wird klar.

Bei Poseidon! Dieser Geruch! Unbedacht habe ich die Nase ebenfalls über die Oberfläche gehalten und eingeatmet. Unwillkürlich stütze ich mich ab und schnuppere, schwelge. Land, Erde, die Überreste von Muscheln und Tang am Strand, ferner Regen und der Duft von … Holunder!

Ja, ich entsinne mich.

Diese weißen, großen Dolden, die so wunderbar süß dufteten …

Frühsommer.

Donnie!

Das Salzwasser schlägt über mir zusammen, als ich mich ruckartig in die Tiefe zurückziehe.

Schmerz! Tief und scharf, wie eine geschliffene Koralle, bohrt er sich in mein dummes Herz.

Der Grund warum ich mir nichts sehnlicher wünschte als ein Mensch zu sein und gerade deshalb gegangen bin.

Donnie und ein uns Wasserwesen unbekanntes Gefühl: Liebe!

Das muss es zumindest gewesen sein, denn ich kann mich an nichts erinnern, das so berührend, brennend und quälend vor Lust und Leid war. Es machte mir Angst. Nein, ich verfiel in Panik und zog die einzig mögliche Konsequenz: Ich verschwand.

Donnie.

Auch jetzt komme ich nicht umhin, mit Tränen in den Augen und einem Lächeln an ihn zu denken. Der unbeschwerte Mann mit den funkelnden dunklen Augen und den ständig zerstrubbelten, langen, schwarzen Haaren. Fröhlich, attraktiv, aufgeschlossen und … unwiderstehlich. Eine dumme Mischung. Eine, der ich nur zwei Tage widerstand, ehe ich seinem Charme verfiel. Ich war Wachs in seinen Händen, wie ein Wassertropfen in brennender Sonne. Verschwand unter seinen Küssen und Berührungen, vergaß mich …

Mein Schrei, der eher dem eines Tieres, denn dem eines menschlichen Wesens gleicht, scheucht die Möwen und Schwäne auf, als er schrill die Nacht durchschneidet. Weg hier! Egal wie. Voller Furcht peitsche ich das flache Wasser auf und hechte in die tiefere Zone zurück. Kälte umflutet mich, ich bin dankbar für die Dunkelheit und spüre, wie es sofort leichter um meine Seele wird.

Wieder ertönt das Muschelhorn.

Verflucht! Ich schieße wütend nach unten, dicht über dem Boden entlang, wirble Muscheln, Krebse und Unmengen Sand auf. Ich will das nicht! Wer wagt es, mich zu rufen? Zu welchem Zweck?

Ich erstarre, das Wasser undurchsichtig schwarz um meine Gestalt, die mir plötzlich selbst so fremd erscheint. Dank meiner guten Augen kann ich meine leicht fluoreszierenden Hände sehen, erkenne die Schwimmhäute zwischen meinen Fingern, die langen Nägel, spitz wie Krallen, mein schwarzes Haar, das wie eine feine Wolke um mich herum schwerelos im Wasser schwebt.

Das Donnies so ähnlich ist.

Mensch sein. Lieben dürfen. Vertrauen …

Fremde, beängstigende Dinge, dennoch heiß ersehnt. Aber … der Ruf des Horns spricht eine andere Sprache. Es erzählt von Sklaverei und Gefangenschaft. So hat man uns zumindest immer berichtet. Wann? Ich weiß es nicht mehr, es liegt viele Jahrhunderte zurück, damals, als es noch viele von uns gab und das Meer kein Hort der Einsamkeit war.

Davon abgesehen ist der Ruf nicht ebenso seltsam, wie der Ort, an dem er erklingt?

Kein Wunder kommt mir Donnie sofort in den Sinn, neben den Gefühlen für ihn. Es gibt Milliarden Kilometer Küste rund um jeden Kontinent, aber ausgerechnet hierher werde ich beordert. An den Ort, den ich vor zwei Jahren fluchtartig bei Nacht und Nebel verließ, wie ein Feigling.

Den Blick in die Düsternis des tiefen Wassers der Ostsee vor mir gerichtet, flackern Bilder vor meinen Augen auf. Es war Frühsommer, die See noch rau und aufgewühlt vom Winter, als ich mit aller Macht ein Mensch werden wollte. Ein kleiner Campingplatz direkt am Meer, leergefegt und brach. Die Küste gefiel mir, war ungezähmt und voller Versteckmöglichkeiten. Im April kamen die Menschen und bauten ihre Wohnwagen auf. Ich mischte mich unter sie, half in gestohlener Kleidung und bekam zum Dank Essen und ein Dach über dem Kopf. Ich blieb, arbeitete als Mädchen für alles und meine Überzeugung, dass dieses Leben erstrebenswert sei, gewann an Kraft.

Im Juli kam Donnie und alles änderte sich. Ein Student aus London auf Deutschlandbesuch. Er surfte und segelte viel, lud mich ein, aber ich durfte dem Wasser nicht zu nahe kommen, da mein Körper darauf reagiert. Also zierte ich mich, was ihn aber nicht davon abhielt, mir weiter den Hof zu machen.

Abends am Strand, an einem Lagerfeuer, das mit der Strahlkraft und der Farbenpracht der untergehenden Sonne konkurrierte, ging ich auf sein Werben ein. Was folgte waren drei Monate voller Glück. Seine Kumpels reisten weiter, er blieb einfach bei mir. Es war ihm ernst, das weiß ich, aber … wie sollte es funktionieren? Keine seiner unzähligen Fragen konnte ich beantworten, wie auch? Ich hatte keine Familie, keine Vergangenheit, kein Leben vor ihm.

Nur das Meer!

Dann ging ich dorthin zurück. Vergaß mein Glück, Donnie, mein erstrebtes Leben. Für immer, wie ich hoffte, aber jetzt?

Tamanor! Der Schall der Muschel lässt das Wasser vibrieren. Ich drücke meine Hände auf meine Ohren, aber mein ganzer Körper reagiert auf die Schwingungen, was die Geste sinnlos macht.

Macht es Sinn, es weiter hinauszuzögern? Im Grunde nicht. Egal was mich dort erwartet, jetzt kann ich noch im Schutz der Dunkelheit an Land gehen. In gut drei Stunden wird es hell, dann ist die Katastrophe noch viel größer.

Ich sammle mich, treibe an die Oberfläche und blicke hinüber zu der dunklen Landmasse. Wieder ist Sommer, Holunderduft weht herüber, sticht heraus aus dem Potpourri der Gerüche. Der Campingplatz ist um diese Jahreszeit gut frequentiert und doch still, dank der Tiefe der Nacht. Vereinzelt brennen Laternen und aus ein paar Vorzelten dringt Licht. Schlaflose Urlauber. Ansonsten ist es ruhig. Der Wind, der heute Nacht von Land weht, bringt kaum Geräusche mit. Ich beobachte die Ufer rechts und links der weitläufigen Lagune. Nichts als Schwärze, außer …

Kann das sein? Nein! Das muss ein Zufall sein, alles andere wäre undenkbar.

Von mir aus gesehen links flackert ein Feuer am Strand. Winzig klein und fast unsichtbar, aber es ist da.

Unsere Stelle!

Das muss einfach Zufall sein. Mein Herz poltert unvermittelt los und raubt mir den Atem. Leider kann ich den Lockruf nicht einordnen, die genaue Richtung nicht bestimmen, aber er kommt nicht von diesem beleuchteten Fleckchen Strand, soviel ist sicher.

Was mache ich jetzt?

Ich werde mich auf meine Sinne verlassen müssen. Widerstehen kann ich dem Klang auf Dauer nicht. Resigniert tauche ich unter und treibe wieder über die Kante nach oben in die flache Zone. Ein sanfter Stoß mit der Schwanzflosse genügt, um mich mehrere Meter auf die Küste zuzutreiben. Ich drifte nach links, dort befinden sich in Ufernähe zwei größere Felsen, hinter denen ich mich verbergen kann, um die Gegend zu erforschen.

Wolken verdunkeln den Mond und geben mir neuen Mut. Vielleicht …

Wieder erklingt der dunkle Ton markant und klar in der Stille. Da ich nun viel näher dran bin, erkenne ich, dass er wirklich nicht aus der Nähe des kleinen Lagerfeuers kommt, sondern weiter von rechts, aus der Richtung des Campingplatzes. Ein widerliches Gefühl überfällt mich, als sich meine Schuppen sträuben, als wären es menschliche Haare. Ist es eine Vorahnung? Eine Eingebung, dass hier etwas passiert, auf das ich keinen Einfluss habe? Ich schüttle mich und knurre unwirsch, was allerdings wieder einem Pfeifen ähnelt. Meine Meermenschnatur ist noch die dominante Seite. Das wird sich erst ändern, wenn ich noch weiter Richtung Land schwimme oder trockenen Boden erreiche.

Dennoch spüre ich, dass ich bereits menschliche Züge und Gedanken annehme, denn ich bin neugierig. Und diese Neugierde treibt mich voran, hilft mir, die Pflicht meiner Art zu erfüllen, indem ich herausfinde, wer das Horn bläst und aus welchem Grund. Ich habe vor, es danach mit mir in die Tiefe zu nehmen, damit kein anderer Artgenosse an Land gelockt werden kann.  

Ja, ein guter Plan und diesen zu haben, macht mir Mut. Langsam drifte ich weiter, auf jede Bewegung an Land achtend. Es rührt sich nichts, außer ein paar frühen Vögeln und Kaninchen, die am Ufer nach Nahrung suchen. Das Feuer brennt, als wäre es von alleine entstanden. Eine Falle? Vielleicht, aber von wem und warum? An Zufälle glaube ich nicht, dazu ist der Ort zu bedeutungsschwer.

Unwillkürlich verharre ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 22.08.2016
ISBN: 978-3-7396-7002-7

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