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Titel

 

 

Traumbeeren

 

von

 

M.S. Kelts

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M.S. Kelts

2015

 

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Bild: pixabay.com User: PublicDomainPictures

 

Cover: Rigor Mortis

 

Text: M.S. Kelts

 

Klappentext: Susanne Scholze

 

Korrektur und Lektorat: Susanne Scholze, Ramona Gutbrod

 

 

 

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten sind rein zufällig.

 

Es handelt sich um eine Fantasystory, das sollte beim Lesen bedacht werden.

 

Im wahren Leben: Bitte safer Sex!

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und andere Verwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.

Text

 

 Der Platz ist wunderschön und so friedlich. Die Sonne geht langsam hinter der Hügelkette, jenseits des abgelegenen, kleinen Lochs, im Süden Schottlands, unter. Es ist Ende August und zu meinem Glück ausnahmsweise seit einer Stunde regenfrei, so dass ich wenigstens mein Zelt aufbauen und mein Gepäck trocken hineinbringen kann.

Es ist völlig still, bis auf den Wind und das vereinzelte Tschilpen von Vögeln. Die Straße liegt einen guten halben Kilometer hinter mir. Das Motorengeräusch der sporadisch vorbeifahrenden Autos dringt nicht bis hier herunter. Die letzten Meter bis ans Ufer bin ich zu Fuß gegangen und habe die frische Luft und das wohlige, nicht in Worte zu fassende Gefühl, das hier zu kennen, genossen. Mein Auto habe ich auf dem Parkplatz der Burgruine auf der kleinen Landspitze stehen lassen.

Ich bin jetzt gut eine Woche in den schottischen Highlands, aber erst seit heute Morgen habe ich das Gefühl richtig angekommen zu sein.

Warum ich unbedingt hierher in den Urlaub wollte? Ich kann es nicht beschreiben, es war wie ein innerer Zwang. Dieses wilde, einsame Land, die blutige Geschichte eines Volkes, das so vehement für seine Freiheit kämpfte, hat mich schon immer fasziniert. Ebenso der alte Glaube, die verstreut zu findenden mythischen Gräber und Dolmen. Von den Männern in Kilts ganz zu schweigen. Davon sind mir bis dato aber leider noch nicht wirklich viele begegnet und wenn, dann waren es eher ältere Herrschaften, die zwar sehr schick aussahen, mich aber ansonsten kaltließen. Mein Traummann war bedauerlicherweise nicht darunter, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, wenigstens einmal so einen richtig knackigen, muskulösen Kerl im Kilt zu sehen.

Mein BWL-Studium habe ich vor ein paar Wochen beendet, und ehe es in den Arbeitsalltag geht, wollte ich mir diesen Traum erfüllen. Die passende Gelegenheit mal die Seele baumeln lassen und das tun, was ich will, ohne auf andere oder Stundenpläne der Uni Rücksicht nehmen zu müssen.

Etliche Jahre habe ich für diesen Trip gespart und jeden Euro, den ich übrig hatte, auf mein Reisekonto einbezahlt. Und jetzt bin ich wirklich im Land meiner Träume! Ein paar Wochen mit dem Auto und Zelt ins Hochland, für viele wahrscheinlich eher ein Horrortrip als Urlaub, aber ich mag diese Unabhängigkeit und die Einsamkeit. Die Stille, die unberührte Natur genießen und den Stress der letzten Jahre hinter mir lassen. Über den zweiten Grund möchte ich gar nicht weiter nachdenken, auch wenn es unvermeidlich ist, dass er immer wieder in meine Gedanken Einlass findet. Er hat einen Namen: Samuel! Das genügt zum jetzigen Zeitpunkt völlig.

 

Bis jetzt bin ich viel gewandert, habe die Sehenswürdigkeiten des Hochlands besucht, Edinburgh angeschaut und die Offenheit und Freundlichkeit der Schotten kennengelernt. Was mich besonders fasziniert, sind die atemberaubend schnellen Wetterwechsel, welche die grüne, saftige Landschaft innerhalb von Minuten anders aussehen lassen. Ich kann stundenlang an einem Ort ausharren und zusehen, mich dabei zu Hause fühlen! Was seltsam ist, da ich meine Heimat, den Süden Deutschlands, sehr mag. Erst hier wird mir bewusst, was den Unterschied ausmacht: der Duft nach der See! Das ganz eigene Parfüm der Highlands! Das berührt etwas in mir, das mich traurig, aber zugleich auch euphorisch macht.

 

Heute ist mir etwas sehr Seltsames passiert, was all meine bizarren Gedanken und Empfindungen weiter verstärkt.

Nach einer zweistündigen Fahrt durch grüne, nebelverhangene Hügel, habe ich dieses kleine Loch und die Burgruine entdeckt. Ich weiß nicht genau, wo ich mich befinde und irgendwie bin ich zu dämlich, diese Landmarken auf meiner neu gekauften Karte zuzuordnen.

Die Küstenstraße führt die Hügel hinauf und hinter einem davon fand ich ein winziges Dorf, genauer gesagt vier Häuser, wovon eines dankenswerterweise ein Laden war, in dem ich meinen Lebensmittelvorrat aufstocken konnte. Eine alte Frau stand hinter der Theke, und als ich sie um Auskunft bat, gab sie mir die zwar bereitwillig und freundlich lächelnd, aber … ich verstand kein Wort!

Mein Englisch ist gut, aber sie bediente sich der gälischen Sprache und der bin ich nicht mächtig. Wir verständigten uns mit Händen und Füßen. Irgendwann kam mir die Idee, sie zu fragen, ob ich nicht mein Zelt am Ufer des Lochs aufstellen dürfte. Obwohl ich nur daran vorbeigefahren war, hatte sich das Bild unwiderruflich in mein Gedächtnis gebrannt, so, als ob eine längst verflogene Erinnerung plötzlich wieder präsent wäre.

Das schien sie problemlos zu verstehen, denn sie nickte eifrig, beschrieb mir den besten Weg an das Ufer und eine Stelle, an der ich, unbeobachtet von Besuchern der Ruine, hausen konnte. Dankbar wollte ich den Laden verlassen, als sie mich am Ärmel zurückhielt. Mit einem breiten Grinsen drückte sie mir eine Schale roter Beeren in die Hand, die mich etwas an Cranberrys erinnerten. Ich wollte sie dankend ablehnen, aber sie wies sie freundlich und bestimmt zurück.

Ausdrücklich erklärte sie mir ein weiteres Mal den Weg zum Loch und ein hinzugekommener, älterer Mann unterstrich ihre nachdrückliche Bitte, mich so lange wie ich wollte dort niederzulassen.

 

Jetzt ist es so weit. Mein Zelt steht und der Nachmittag geht langsam in den Abend über. Noch immer regnet es nicht. Im Gegenteil der Himmel ist nur leicht bewölkt. Die untergehende Sonne zaubert ein grandioses Farbenspiel auf ferne Kumuluswolken, lässt die Hügel hinter dem spiegelglatten Loch wirken, als wären sie aus einem Fantasyfilm. Die Stimmung ist ähnlich fremdartig, seltsam spannungsgeladen und …

Ich lausche und lege konzentriert den Kopf schief.

Dudelsackklänge!

Eine laue Brise trägt die mystischen, fernen Töne aus Richtung der Ruine herüber. Eine leise, tragische Melodie, sicher erzählt sie von verlorenen Schlachten, nicht heimgekehrten Liebsten. Der Standort des Spielers ist von hier nicht ersichtlich und verstärkt somit den zauberhaften Eindruck.

Mit einem starken Kaffee in der Hand genieße ich den eigenartig schönen Moment, ehe ich mich in das Zelt zurückziehe. Die letzten Sonnenstrahlen verwandeln das Wasser in flüssiges Silber, in der Mitte des Sees bildet sich ein sprudelnder Kreisel. Unwillkürlich muss ich an Nessie denken und grinse. Das hier ist ganz sicher nicht Loch Ness, dazu ist es viel zu klein und abgelegen. Aber Schottland ist ein Land der Sagen und Mythen, wer weiß schon, was für Wesen in den undurchdringlichen Tiefen der unzähligen Seen hausen. Es plätschert, Blasen steigen auf, wahrscheinlich ein größerer Fisch auf Beutezug. Der kleine Kreis aus Wellen breitet sich aus, bis er ans flache Ufer rollt. In der tiefen Stille klingt die kaum wahrnehmbare Brandung wie zahllose helle Glöckchen. Dann ist das Wasser wieder still und eben, wie ein unberührter Spiegel, der langsam die Farbe von altem, beschlagenem Silber annimmt.

Die Wolkenbank zieht zu mir herüber und verschluckt das letzte Licht. Die Spannung in der Luft verdichtet sich, ich kann es nicht erklären. Urplötzlich befällt mich tiefe Melancholie, das Gefühl, etwas sehr Wichtiges, ungemein Schönes verloren zu haben, zu dem ich just in diesem Moment irgendwie die Verbindung finde.

Was ist hier los? Tränen laufen über mein Gesicht und mir wird klar, dass der Grund für meine Flucht, die Enttäuschung mit Samuel, weitaus schwerwiegender ist, als ich bis dato annahm.

Ich lasse die Gedanken das erste Mal seit dem Ende unseres Wasweißich zu. Vielleicht hilft es ja darüber nachzudenken, den unvermeidlichen Schmerz anzunehmen.

Wie dumm von mir zu glauben, dass hinter unserer „Partnerschaft“ Liebe stecken könnte. Genauso dumm, wie ich glauben konnte, er würde sich für uns outen! Nein, nichts davon entsprach seinen Vorstellungen.

Ich war nur der Typ, den er fickte, der ihm seine schwulen Fantasien von Dominanz erfüllte und ihm das Gefühl gab, einen Mann zu unterwerfen. Das waren seine Gründe, ein halbes Jahr lang jedes Wochenende andere Hotelbetten zu erproben. Ansonsten … nicht ansprechen, immerhin war er zwei Jahre älter als ich!

Arschloch!

Mein Grund, das alles über Monate hinweg in Kauf zu nehmen, regelrecht darum zu betteln, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Liebe! Irgendwann ist es entgegen jeder Vernunft eben passiert. Jetzt habe ich den Schmerz der Zurückweisung als Dank für meine Suche nach etwas, was sich wohl jeder wünscht: die große, nie endende Liebe!

Über die Trauer bin ich inzwischen großteils hinweg. Jetzt ist einfach der Gedanke, genau das nie zu finden, der Grund für meine Tränen.

Schluss machte Samuel schon vor den Abschlussfeiern, als er Kontakt zu potentiellen Arbeitgebern aufnahm und sich keinen „rosa“ Fleck in seiner Vita leisten durfte und wollte. Nachfragen konnte ich nicht, weil er seine Nummer geändert hat und ich dummerweise nie erfahren habe, wo er wohnt. Ich bin naiv, ich weiß. Jeder andere Trottel hätte längst gewusst, dass er es nicht ernst meint, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Nachdem er sein Studium zum Ende des Semesters beendete, ist er sang- und klanglos aus meinem Leben verschwunden und ich bin nach Schottland geflüchtet. Hin und wieder bin ich noch wütend, ich weiß, dass ich diese sinnlose Liebe erst noch verdauen muss. Hilft nichts, wieder ein Reinfall.

Jetzt hier, am Ufer dieses verwunschenen Sees, spüre ich, dass diese Liebe der Inbegriff meiner Suche ist. Plötzlich ist der Gedanke daran so stark, dass ich heule. Ich will … lieben, fallen, von der Klippe springen und aufgefangen werden, heimkommen zu dem Einen.

Wunschträume!

Sie tun weh, weil ich spüre, dass ich diese Liebe schon irgendwann hatte. Die Empfindung fühlt sich an, wie etwas, das in einem anderen Leben geschah: Alt, bekannt, wohlig warm und doch voller Schmerz.

Der erste Regentropfen trifft meine Wange, erinnert an eine Träne. Ich stehe auf und schütte den Rest des kalten Kaffees auf den mageren Grasboden. Aus den rosa Wolken hat sich eine handfeste Regenfront gebildet.

Kaum im Zelt, öffnet der Himmel seine Schleusen und erfüllt die Dunkelheit mit dem Plätschern der Tropfen. Ich liebe das Geräusch auf der Plane, es vermittelt Geborgenheit und das Gefühl in einem eigenen Kosmos zu sein. Meine Einsamkeit rückt in den Hintergrund, wird nebensächlich angesichts der Naturgewalt jenseits des dünnen, wasserdichten Stoffes.

Die Keramikschale mit den Beeren steht auf dem Boden neben meinem Rucksack. Ehe ich mein Lager richte, koste ich eine und bin von dem süßen, fruchtigen Geschmack überrascht. Mit nichts vergleichbar, eine Mischung aus Erdbeeren, Honig und Salbei? Auf jeden Fall unglaublich lecker. Das wird mein Nachtisch, ehe ich in meinen Schlafsack krieche.

Zehn Minuten später ist es so weit. Die Campinglampe erhellt einen kleinen Kreis neben meinem Kopf gerade ausreichend, damit ich noch ein paar Seiten in meinem Krimi lesen kann. Die Beeren wandern der Reihe nach in meinen Mund und der Geschmack wird von einer zur nächsten intensiver. Die machen ja regelrecht süchtig, schlimmer als Gummibärchen!

Ehe ich mich versehe, ist die Schale leer. Morgen werde ich nochmal ins Dorf wandern und fragen, ob ich nicht welche kaufen kann, die sind wirklich der Hammer.

Ich werde schläfrig, das Geräusch des Regens, der jetzt nur noch als gleichmäßiges, eintöniges Rauschen zu vernehmen ist, tut sein Übriges. Ich lösche die Lampe und kuschle mich tief in meinen Daunenschlafsack.

Wind kommt auf, die Zeltplane flattert, bewegt sich, als streife eine unsichtbare Hand darüber.

„Willkommen!“, denke ich.

Ich wundere mich über die komische Eingebung, aber es stimmt. Unwillkürlich lächle ich in der Finsternis, die nicht so dicht ist, wie sie sein sollte. Vollmond ist erst in einer Woche, dennoch ist es hinter der Stoffbarriere eher grau, als schwarz.

Egal!

Alles ist gut.

Ich weiß es!

Gähnend fallen mir die Augen zu. Der Regen hört unvermittelt auf, mein Herz beginnt zu rasen.

Willkommen!

Ja!

Ich bin hier!

Ich bin zurück!

 

***

 

Es ist mitten in der Nacht, als ich schlagartig hellwach bin. Ich denke zumindest, dass es sehr spät sein muss, weil es stockfinster ist. Ich kann meine eigene Hand nicht vor Augen sehen, aber … Nein, es ist doch nicht völlig dunkel, als ich mich aus der Tiefe des Schlafsackes empor wühle. Eigenartige Schatten huschen über die Plane - gelb, unstet. Es ist auch nicht völlig still, leises Knacken und Knistern dringt an meine Ohren. Langsam drehe ich mich um, in die Richtung, in der das Loch liegt und versuche mein pochendes Herz zu beruhigen.

Wieder ist diese eigenartige Empfindung von etwas Gewichtigem, etwas … Seelenerschütterndem da und raubt mir den Atem.

Überrascht stelle ich fest, dass die Geräusche und der Lichtschein wohl den gleichen Ursprung haben: ein Feuer!

Lautlos schlüpfe ich aus dem Schlafsack, ziehe Jogginghosen und einen warmen Pullover über. Dann öffne ich den Reißverschluss und strecke langsam den Kopf hinaus. Es regnet nicht mehr und entgegen den letzten Nächten ist es nicht neblig oder dunstig, sondern sternenklar und die Luft so rein wie in den Bergen. Und … etwa zehn Meter von meinem Zelt entfernt, auf halber Strecke zwischen mir und dem Ufer des Lochs brennt ein Lagerfeuer!

Sprachlos starre ich auf die sauber aufgeschichteten Scheite und den ordentlichen Steinkreis drum herum. Wo zur Hölle kommt das so plötzlich her?

Sprachlos erweitere ich die Öffnung und steige ins Freie. Es ist überraschend warm, die Luft voller sommerlicher Düfte nach unbekannten Blumen. Erneut dringt das ferne Geräusch von Bagpipes an meine Ohren und jagt eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper. Der Zauber längst vergangener Geschichten nimmt mich gefangen. Ich richte mich auf und lasse meine Behausung ein paar Schritte hinter mir. Linker Hand, auf einer kleinen Landzunge liegt die Ruine, die jetzt … Mir klappt der Mund auf und ich erstarre unbeweglich.

Was zur Hölle geht hier vor? Die Burg ist nicht länger geschleift und eingestürzt, sondern sieht aus, als hätte man sie erst vor ein paar Jahren erbaut. Der eingestürzte Burgfried ragt wieder in die Höhe, oben weht in der seltsam klaren Nacht eine Fahne in der trägen Brise. Und die Fenster im Hauptgebäude und dem Turm sind erleuchtet. Der leichte Wind trägt die Ausdünstungen eines Stalles herüber und ein Wiehern macht die ganze Szenerie vollends unwirklich.

Was war in den Beeren? Träume ich? Ist das hier eine Art Drogenrausch? Aber es fühlt sich real an, ich kann den Duft riechen, die Geräusche unterscheiden, zuordnen.

Meine Beine bewegen sich gänzlich ohne mein Zutun in Richtung des einladend flackernden Feuers. Fassungslos starre ich auf einen Kleiderhaufen auf der linken Seite. Ein wirres Durcheinander diverser, karierter Stoffbahnen, Lederschuhen, einer Art archaischem Brustgeschirr stattlichen Umfangs und … ein riesiges Schwert! Die Waffe ist offensichtlich in Gebrauch, die blanke Klinge ist sauber und gepflegt, das Heft zeigt jedoch deutliche Abnutzungsspuren.

Ich schaue mich um und gehe auf Zehenspitzen näher ran. Wer spielt mir hier einen kruden Streich? Wird hier ein Film gedreht und mein Zelt schlichtweg übersehen?

Neugierig beuge ich mich über die antik anmutenden Utensilien und mustere sie erneut. Das Ledergehänge ist wirklich riesig! Wow. Ich bin eher der schmale, androgyne Typ, der auch mit viel Training keine Muskeln ansetzt. Über was für einen Brustkorb dieses Ungetüm passt? Mir wird mulmig. Vielleicht sollte ich den Mann, so er sich denn hier wieder einfindet, mal aufklären, dass ich nur ein paar Meter hinter ihm mein Zelt aufgebaut habe. Ich hole mal meine Taschenlampe, damit derjenige, der sich hier in original schottischem Kilt, beziehungsweise genau ohne den, irgendwo rumtreibt, nicht erschrickt, wenn ich plötzlich dastehe.

Also zurück zum Zelt … Fuck! Mein Herz setzt aus! Mein Stoffzuhause ist weg! Das gibt’s doch nicht! Was zur Hölle … Ein Platschen hinter mir reißt mich aus der Betrachtung der leeren Dunkelheit und jagt eine Gänsehaut über meinen Rücken.

In Zeitlupentempo drehe ich mich zum See um, suche das Ufer ab, das sich erfreulicherweise noch gerade so innerhalb des Lichtkreises des Feuers befindet. Weiter draußen wellt sich das Wasser, als tauche etwas daraus auf. Nicht, als, es taucht etwas auf! Unwillkürlich stolpere ich aus dem beleuchteten Kreis nach hinten und starre wie gebannt auf das Kommende.

Die glatte Fläche des Wassers hebt sich, wird durchbrochen. Eindeutig ein Kopf! Die Breite der Schultern lässt auf den Besitzer des Kilts schließen. Jetzt steht der Mann auf, streicht sich die langen, im Mondlicht silbern glänzenden Haare aus dem Gesicht, wobei sich seine Silhouette deutlich vom Wasser abzeichnet. Meine Kehle wird trocken. Weitere Schritte verdeutlichen, dass er eindeutig der Besitzer des Schwertgurtes ist und ihn zweifelsfrei auch ausfüllt. Ich werde verrückt! In meinem Hals bildet sich ein fetter Kloß. Jetzt steht er auf, streicht seine langen Haare nach hinten, erklimmt das flache Ufer … und hebt den Blick.

Verflucht! Obwohl ich sicher bin, außerhalb des Lichtes zu stehen, bilde ich mir ein, dass er mir direkt in die Augen blickt. Ich sollte flüchten, die Beine in die Hand nehmen, der Muskelberg sieht aus, als wäre mit ihm nicht gut Kirschen essen, aber … Scheiße, was für ein Mann! Das Wasser perlt über einen muskulösen, über 1,90 cm großen Körper, der einem Bodybuilder zur Ehre gereicht.

Was für eine saublöde Mischung! Mein Gehirn schreit lautstark: Davonlaufen! Mein Schwanz schwillt an, zeigt somit seine unmissverständliche Begeisterung für dieses archaische Prachtexemplar und meine Hormone hüpfen vom Alarm - in den Sabbermodus.

Also bleibe ich wo ich bin, wie ein Kaninchen, das regelrecht hofft von der Schlange gefunden zu werden. Atemlos schaue ich zu, wie er das Feuer erreicht, ein daneben liegendes Holzscheit hineinwirft, so dass Funken in die Höhe stieben.

Er richtet sich zu voller Größe auf und produziert unglaubliche, völlig unpassende Bilder in meinem Kopf. Ich unter ihm, er in mir, stoßend, wie er mich mit seiner urwüchsigen Kraft fickt, bis ich in seinen Armen den Verstand verliere.

Ich quietsche, glaube ich, oder gebe ein ähnlich, dämliches Geräusch von mir, was mich veranlasst die Hände vor den Mund zu schlagen. Er hingegen grinst unvermittelt und sein herbes, kantiges Gesicht

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 24.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9663-5

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