95% of the Ocean is undiscoverd. You can't tell me Mermaids don't exist yet …
Draußen war es windstill. Kein einziges Blatt regte sich draußen, der magische Sturm war fort, Jasper war fort und die andern waren in Sicherheit. Jedoch konnte man es in Elenas jetziger Situation nicht wirklich sagen, dass sie sicher war. Die veränderten Vergangenheitsstränge, die ihr Bewusstsein vernebelten, hatten sie zusammenbrechen lassen. Da Elenas Magie eigentlich viel stärker war, als die von irgendjemand anderem, hatte ihr Bewusstsein immer noch mit der realen Vergangenheit zu kämpfen. Doch die surreale gewann und nahm die Oberhand.
Panisch sah Sissi auf ihre bewusstlose Freundin, dann ballte sie die Hände zusammen und taxierte Jacob und Damon. »Was habt ihr getan?!«, fauchte sie, schob sich langsam in Elenas Richtung und ließ die beiden Feinde keine Sekunde aus den Augen.
»Ich hab gar nichts getan!«, knurrte Damon beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. »Natürlich hast du was damit zu tun. Du folgst Jacob auf Schritt und Tritt. Was ist aus dem alten Damon geworden, der Anführer eines Vampirzirkels war. Oh ja. Jetzt erinnere ich mich wieder, du hast ja gar keinen Zirkel mehr. Jeder hat dich verlassen, weil du die falschen Entscheidungen getroffen hast«, warf sie ihm entgegen und war beinahe bei Elena angekommen. Damon kniff die Augen wütend zusammen, während seine hellblauen Augen zornig funkelten.
Jacob jedoch ließ sich nicht davon beirren. »Sissi. Hast du etwa vor uns abzulenken, sodass du zu Elena kannst?«, fragte er amüsiert und hob eine Augenbraue.
Sissi schoss tödliche Blicke auf ihn, doch das beeindruckte den Dämonenhexer nicht. Er fixierte sie und beobachtete jeden ihrer Schritte. Sissi blieb jetzt stehen, sah wieder zu Elena, die immer noch schrecklich blass am Boden lag. »Wieso tust du das? Jede Magie hat ihre Konsequenzen. Je stärker die Magie, desto schlimmer die Folgen!«, schnauzte sie ihn an und presste die Lippen aufeinander, sodass nur noch ein dünner Strich übrig blieb. Jake rollte mit den Augen, langsam ging seine Geduld flöten. Natürlich wusste er von den Konsequenzen, doch solange sie nicht daran starb, bevor er das hatte, was er wollte, dann war ja alles im grünen Bereich.
Doch das sah Sissi anders. Sie würde dieses Problem aus der Welt schaffen und ihre beste Freundin retten, komme was wolle. Denn auch wenn sie wusste, dass die größten Probleme erst aufgetaucht waren, als Elena in ihr Leben getreten war, liebte sie die blonde Hexe dennoch, wie ihre eigene Schwester. Wieder sah sie zu Elena und machte sich große Sorgen. Was wenn sie bereits tot war? Angst durchfuhr ihren Körper wie Säure. Sie konzentrierte sich, starrte auf Elenas Brust und sah erleichtert, dass sie sich hob und senkte. Jetzt widmete sie sich wieder Jacob und Damon.
Beide hatten sich noch nicht von der Stelle gerührt. Es war als würde jeder darauf warten, was der andere nun vorhatte. »Ich werde es rückgängig machen«, murmelte sie mehr zu sich, als zu den beiden Gegnern. Doch Damon und Jacob hatten es dennoch gehört.
Damon hatte nichts dagegen, denn wenn er ehrlich war, wollte er Jacob los haben. Warum er überhaupt bei ihm war, war ihm selbst schleierhaft. Zum einen hatte er Angst, dass Jake ihn tötete, denn er hing an seinem Leben und auch wenn er es nicht gerne zugab, war Jacob stärker wie er. Zum anderen jedoch hatte er das Gefühl, wenn er auf Jacobs Seite war, dann müsste er sich seinen Gefühlen nicht stellen. Den Gefühlen für Elena, die sich in ihn entfalteten, wie ein Schmetterling seine Flügel.
Er leckte sich über die trockenen Lippen, lauschte dem stetigen Herzschlag von Elena und dem rasenden von Sissi. Er wusste was sie vorhatte. Aber ob sie das schaffen würde, war wieder eine andere Frage. Ihr Herz wurde noch schneller. Sie war nervös und sie sah immer wieder zu Elena, die sich jetzt ein kleines wenig rührte. Dann spannten sich ihre Muskeln an und das war der Zeitpunkt, wo sie losrannte. Damon stupste Jake an, lenkte ihn somit ab und fragte: »Weißt du denn was sie meinte mit „den Schatz von Limuria“ finden?« Diese Frage gab Sissi, die benötigte Zeit an den beiden vorbeizurauschen und auf Elena zu zuschlittern. »Elena. Elena wach auf!«, rief sie panisch und erregte somit Jacobs Aufmerksamkeit. Verärgert über sich selbst, dass er sich von dem Vampir ablenken hat lassen, ging er jetzt auf die beiden zu.
Als Elena nicht aufwachen wollte, schob Sissi schnell einen Arm unter ihre linke Achsel hindurch, umschlang ihren Brustkorb und streckte die Hand aus. Ein Schwall von Energie wurde freigesetzt und riss Jacob von den Füßen. Fluchend schlitterte er über den Parkettboden. Doch in der Zeit, als er wieder auf die Beine kam, konnte er nur noch mitansehen, wie Sissi mit Elena verschwand.
Die Magie hatte auch Damon von den Füßen gerissen. Er war unsanft auf sein Hinterteil gelandet und versuchte nun seine rabenschwarzen Haaren wieder zu ordnen.
Dann schon wurde er von Jake am Kragen auf die Füße gerissen.
»Hast du mich etwa mit Absicht abgelenkt, Vampir?«, knurrte Jacob mit zornesgerötetem Gesicht und sah ihn mit einen mordlustigen Ausdruck in den Augen an. Damon sah ihn nur schweigend an. Er lieferte sich mit ihm ein Blickduell. Keiner der beiden Männer wollte als Erstes nachgeben, doch nach einer Weile lockerte Jacob seinen Griff und ließ ihn letztendlich dann doch los. »Okay. Was machen wir jetzt?«
Mit einem lauten Rumms landeten die beiden Hexen im warmen, weichen Sand, an dem die Wellen des Meeres schlugen. Der Strand war überfüllt mit Feen, die hier baden gehen wollten. Viele spielten Volleyball an den Volleyballnetzen, Kinder bauten Sandburgen, während die Mütter auf einem Strandtuch lagen und sich sonnten.
Elena blinzelte leicht, hob die Hand, um die blendende Sonne abzuschirmen und ließ dann den Blick verwirrt über die Feen mit ihren prächtigen Flügeln wandern. Dann blieb ihr Blick an Sissi hängen, die sich unwohl zu fühlen schien. »Wo hast du mich hingebracht?«, fragte Elena, durchbohrte ihre Freundin mit ihren blauen Augen und konnte nicht fassen, dass sie sie einfach so von Jacob weggerissen hatte.
»Wir sind in FairyNova, mein Land. Ich weiß, dass hört sich beinahe an wie ein Name aus einem beschissenen Barbiefilm, aber ich hab den Namen nicht ausgesucht. Der wurde von den Ältesten erwählt und die hatten nicht alle Tassen im Schrank. Manchmal stehen die ständig unter Drogen«, plapperte sie drauflos, aber Elena wollte das alles nicht hören.
FairyNova, das Feenland. Das hieß, dass sie meilenweit von Jacob entfernt war. »Bring mich zurück«, befahl Elena, wollte aufstehen, doch da packte Sissi sie am Handgelenk und hielt sie erschrocken fest. »Das geht nicht, Elena. Du wurdest manipuliert. Deine Vergangenheit wurde gefakt! Du hasst Jacob. Jake ist unser Feind«, versuchte sie zu ihrer besten Freundin durchzudringen.
Doch Elena wollte ihr nicht zuhören. In ihrem Kopf schwirrten die Gedanken, was ihr Kopfschmerzen bereitete. »Nein ist er nicht! Sissi du musst mich sofort zurückbringen!«, rief sie, riss sich von ihrer Freundin los und marschierte dann das Meer entlang. Die Wellen schlugen gegen ihre Füße, durchnässten ihre Schuhe, doch das störte die blonde Hexe nicht.
Sie marschierte weiter, wurde dann aber von Sissi aufgehalten, die sie zu sich herumriss. »Elena. Das ist ein Fehler. Es tut mir wirklich leid«, hauchte sie, sah ihre beste Freundin entschuldigend an und spürte wie die Magie durch ihre Finger kribbelte.
»Zu sehr auf Jake versessen, hast du ihn jetzt vergessen«, sagte sie den Spruch auf, den sie irgendwo mal aufgeschnappt hatte.
Sissi hoffte, dass er zumindest den Rest der Sommerferienwoche anhielt, sodass sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin die letzten Tage genießen konnte.
Die Magie traf Elena an der Stirn, was sie das Gleichgewicht verlieren ließ. Sie fiel nach hinten auf ihren Hintern, dann rieb sie sich benommen die Stirn. Plötzlich jedoch verdrehte sie die Augen und verlor das Bewusstsein. »Oh scheiße«, stieß Sissi erschrocken aus, ließ sich neben die bewusstlose Elena auf die Knie nieder und rüttelte ihre Freundin. Doch sie rührte sich nicht. Dann legte sie ihr Ohr an ihre Brust und hörte erleichtert einen kräftigen Herzschlag. Dann fühlte sie ihre Stirn, die ein wenig warm war, aber nicht fieberisch. Sie hätte wohl doch ein bisschen mehr üben sollen. Jetzt blieb ihr wohl nur das Warten übrig.
»I stay out too late. Got nothing in my brain. That's what people say, mmm-mmm. That's what people say, mmm-mmm«, trällerte Sissi, während sie wartete, dass Elena endlich wieder aufwachte. Bisher hatte sie noch niemand erkannt, obwohl sie die Prinzessin war. Doch das war ihr nur recht. Sie hatte keine Flügeln, da sie mehr Hexe als Fee war. Aber das war in FairyNova nicht ungewöhnlich, denn hier kamen oft Touristen. Egal welche Wesen sie waren. Solange sie sich an die Regeln hielten und keine krummen Dinger drehten, war ihrem Vater alles Recht.
»But I keep cruising. Can't stop, won't stop moving. It's like I got this music. In my mind. Saying, „It's gonna be alright“«, sang sie weiter, wackelte mit ihren Kopf hin und her zum Takt der Musik, dann sah sie, wie ihre Freundin zuckte.
»Elena?«, fragte sie laut, rüttelte an ihr und quietschte erfreut auf, als ihre Freundin die Augen aufschlug. Die blonde Hexe stöhnte auf, fasste sich an die pochende Stirn und sah sich dann um. »W-Wo bin ich?«, wollte sie wissen, dabei blieb ihr Blick an Sissi hängen, die immer noch wie ein Honigkuchenpferd grinste. »In FairyNova. Wir machen hier Urlaub. Du wolltest unbedingt hier her. Weißt du das nicht mehr? Naja dir ist ein Volleyball mit voller Kanne gegen die Stirn. Deswegen wurdest du ohnmächtig«, log sie, dafür war sie aber nicht stolz.
Doch es war notwendig, bis ihr eine Lösung einfiel, wie sie die gefakten Erinnerungen wieder löschen konnte. Es war ein gefährliches Unterfangen, das war ihr klar.
Sie konnte mit einem Schlag die Freundschaft zu Elena verlieren. Bei diesem Gedanken raste ihr Herz regelrecht in ihrer Brust, doch Elena lächelte und nickte. So als würde sie das so akzeptieren, weil es logisch für sie erschien. »Na war klar, dass ich von einem Volleyball ausgeknockt werde«, lachte sie, stand auf und klopfte sich den Sand von der Hose. Dann blieb ihr Blick an einem Eiswagen hängen. Ihr Gesicht begann zu strahlen, als sie ihn erblickte. »Wer erster dort ist, wird vom Verlierer eingeladen!«, rief sie laut und rannte dann kichernd los.
»Hey! Schummlerin!«, meckerte Sissi, dann rannte sie ebenfalls los. Die beiden Freundinnen rannten über den Strand, mussten Badegästen ausweichen und sprangen über Sandburgen hinweg.
Elena beschleunigte, gab alles und bremste dann scharf als Erste vor dem Eiswagen ab. Sissi bekam die Kurve nicht mehr und klatschte gegen das Metall des Wagens. »Autsch«, kam es aus ihrem Mund, rieb sich die wunden Stellen, grinste aber. So viel Ausgelassenheit hatte sie schon lange nicht mehr. Seit einem Jahr folgte ihnen die „Dunkelheit“, in Form von Jacob und Damon. Wobei Damon sich zu verändern schien, aber immer noch auf der falschen Seite stand.
Doch diese Sorgen vergaß sie in diesem Moment. Sie wollte gemeinsam mit Elena diesen Frieden genießen, solange er noch anhielt.
Elena betrachtete alle Sorten, die es an Softeis zur Verfügung gab, dann entschied sie sich für Kokos. Sissi bestellte Vanille mit Karamellsauce. Dann schlenderten beide Mädels gemeinsam den Strand entlang.
»Wie wär's wenn wir uns neue Klamotten herzaubern?«, wollte Sissi wissen, als sie schon das Eis fertig gegessen hatten und Elena ebenfalls. Die beiden sahen auf das Meer hinaus. Als sie ihre beste Freundin ansah, konnte sie sehen, dass sie vollkommen verzaubert auf den Ozean blickte, ihre Augen streiften das Schloss, dass auf einem Felsen stand.
Es war sehr prachtvoll, beinahe märchenhaft. »Dort wohnst du?«, fragte sie fasziniert und sah kurz zu Sissi. Die nickte lächelnd dann schnippte sie und zauberte die sommerlichen Klamotten her. Für sich selbst hatte sie ein bauchfreies T-Shirt mit schwarz-weißen Streifen herbeigezaubert, dazu graue Shorts mit einem High Waist Schnitt, ihre schwarz lackierten Füße steckten in Sandalen. »Wir werden bald dorthin fahren, aber zuerst möchte ich Jetski fahren«, ließ Sissi verlauten und runzelte die Stirn.
Die Klamotten für Elena standen ihr, jedoch waren nicht wirklich geeignet für Jetski fahren. Doch als Elena an sich heruntersah, quietschte sie verzückt. Schon so lange hatte sie kein Kleid mehr getragen. Zumindest kein normales, um einfach einen Tag am Strand zu verbringen.
Ihr Körper steckte in einem weißen Sommerkleid, mit pinken Blumen, die übers ganze Kleid verteilt waren. Auch ihre Füße steckten in Sandalen. Es war luftig und beweglich, also würde es keine Hindernisse darstellen. »Du hast meinen Geschmack getroffen, Sissi«, strahlte sie, fasste sie ans Haar, dass ebenfalls frisiert war. Zwei Strähnen waren an ihrem Hinterkopf mit Klammern fixiert, sonst waren ihre blonden Haare offen.
»Na dann. Geht's mit dem Kleid?«, wollte Sissi wissen, deutete dann mit dem Kopf zu den Jetskis. Sie war schon ganz hibbelig, weil sie endlich diese Teile fahren wollte.
Als Elena nickte, packte sie die Hand ihrer Freundin und zog sie mit sich zu den Jetskis. »Weißt du denn, wie man diese Dinger fährt?«, wollte Elena wissen, die davon keine Ahnung hatte. Sissi zuckte mit den Schultern. Dann meinte sie mit einem verschmitzten Lächeln: »Wird schon schief gehen.« Elena kicherte, zog sich die Schwimmweste an, die ihnen der Bademeister gab, dann setzte sie sich auf einen rot-weißen Jetski. Sie biss sich auf die Unterlippe, sah angestrengt auf den Jetski und überlegte erst mal im Stillen. Dann schlüpfte sie mit der Hand durch den Zündring und startete den Motor.
Bei ihren ersten Versuchen hüpfte sie quietschend über das Wasser. Aber nicht nur ihr ging es so, auch Sissi hatte anfangs ihre Probleme, bis beide Hexen es endlich raus hatten und über das Wasser düsten. »Oh mein Gott! Das ist einfach so genial!«, rief Sissi über ihre Schulter, kniff dabei die Augen zusammen, als die Gischt in ihr Gesicht spritzte.
»Mehr als das. Es ist phänomenal. Ich hatte noch nie so viel Spaß«, ließ Elena verlauten, mit strahlend blauen Augen. Die beiden Freundinnen versuchten ein paar kleine Stunts. Sie zogen ihre Runden über das Wasser, bis sie dann erschöpft wieder an den Strand fuhren.
Später hatten sich die Mädels auf ein großes Strandtuch gelegt und sonnten sich. Die Sonne war zum Glück nicht so aggressiv, sodass sie bräunlich wurden und nicht krebsrot.
»So kann man leben«, meinte Sissi seufzend, setzte die Sonnenbrille ab und sah zu ihrer besten Freundin. Die hatte die Arme unter ihrem Kopf verschränkt und lächelte. »Ja du hast da vollkommen recht«, erwiderte sie, stützte sich nun auf ihren Ellbogen und sah zu Sissi. Dann fiel ihr Blick auf eine Gruppe von Teenagern, die wie Supermodels die Strandpromenade herunterkamen, so als würde ihnen der Strand gehören.
Sissi folgte jetzt Elenas Blick und stöhnte laut auf, als sie die Clique erkannte. »Oh Gott. Die Plastikclique ist auf den Weg hier her«, brummte sie nicht gerade erfreut und folgte ihnen mit den Augen.
»Wer sind die?«, fragte Elena, musterte die Mädels und sah dann zu Sissi, die auf das blonde mittige Mädchen deutete. Sie hatte dunkelblonde Haare, die ihr stufig auf die Schulter fielen, dunkelblaue Augen, die den Strand absuchten und auf ihrer Nase waren unzählige Sommersprossen. »Das ist Charlet Cooper. Die Barbie-Bitch-Anführerin. Daneben die andere Blonde mit den braunen Augen ist Rose Theodore. Rechts von Rose ist Kate Castle. Das ist die, die aussieht als wäre sie bekifft und die letzte brünette mit den grünen Augen ist Barbara Cullen. Eigentlich müsste sie die Anführerin sein, da sie die schönste ist. Aber ist genauso, wie bei Barbie und Theresa. Theresa ist schöner, aber Barbie bekommt die ganze Aufmerksamkeit.«
Sissi zuckte mit den Schultern, rollte sich jetzt auf den Bauch, um die Clique besser im Visier zu haben. Elena tat es ihr gleich. Dabei fiel ihr aber jemand anderes auf.
Ein blonder gutaussehender Rettungsschwimmer, der mit seinem gut trainierten Körper in ihre Richtung lief und sich auf den Rettungsturm hievte, der ihm einen besseren Überblick über den Strand verschaffte. »Uh la la. Auf ein Uhr. Wer ist das denn?« Sissi folgte ihrem Finger, der auf den Rettungsschwimmer zeigte. Als sie ihn erblickte, schnaubte sie und verzog das Gesicht. »Das ist Raymond Quinn. Wir waren mal beste Freunde, bis meine Eltern dachten wir würden ein perfektes Liebespaar abgeben. Er ist ein Prinz eines anderen Königreichs. Ist aber ausgebüxt und hat es sich hier bei uns gemütlich gemacht. Jedoch muss er ab und zu seinen prinzlichen Verpflichtungen nachkommen. Seine Eltern sind nicht so konservativ, wie meine«, erzählte Sissi und beobachtete wieder Charlet, die jetzt Raymond ebenfalls bemerkt hatte.
Sie reckte ihre Brüste vor und stolzierte damit zu Raymond. Unverhohlen begann sie zu flirten, was Sissi mit einem Augenrollen quittierte. »Gott. Sieh dir mal die Melonen an. Die sind bestimmt aus Silikon«, lästerte Sissi und verbarg ihre Verachtung für Charlet keineswegs.
Elena schmunzelte leicht, dann saß sie sich im Schneidersitz hin und musterte ihre Freundin. »Das kann dir doch am Allerwertesten vorbeigehen. Du magst Raymond sowieso nicht auf diese Weise. Du hast einen viel heißeren Freund. Francois«, den Namen von France hauchte sie, klimperte dabei verführerisch mit den Wimpern und spitzte die Lippen zu einem Kussmund. Das sollte eigentlich Sissi zum Lachen bringen, doch es bewirkte genau das Gegenteil.
In ihren Augen glitzerten die Tränen, die sie schnell wegwischte. Schockiert starrte Elena auf ihre Freundin und fragte besorgt: »Was ist denn los?«
Sissi schniefte, dann stotterte sie: »Francois hat mich verlassen. Ich weiß nicht, ob wir jetzt getrennt sind … aber er meinte er wolle mich beschützen und das kann er nicht als Mensch.« Dicke Krokodilstränen kullerten aus ihren Tränendrüsen und fielen auf den Sand. Sofort zog Elena ihre Freundin zu sich und strich ihr tröstend über den Rücken. »Alles wird gut. Wirst schon sehen und jetzt möchte ich endlich das Schloss sehen.«
Gemeinsam standen die beiden Mädchen vor dem beeindruckenden Gebäude und sahen nach oben. Sissi eher weniger glücklich, Elena komplett fasziniert von diesem Märchenschloss. »Das ist so genial. Ich war noch nie in so einem Schloss. Nun ja, außer man zählt Hogwarts dazu. Aber dieses Schloss gehört dir und deiner Familie ganz alleine«, sprach Elena aufgeregt, hüpfte dabei auf und ab, da sie nicht still halten konnte.
Sissi lächelte leicht, freute sich aber, dass Elena so aufgeregt war. Für sie war dieses Schloss etwas alltägliches, mehr ein Gefängnis als ein Zuhause. Aber für ihre beste Freundin war das wie das achte Weltwunder. »Ich kann dich gerne herumführen, wenn du willst«, bot Sissi an und musste sich die Ohren zuhalten, als Elena vor Freude laut jubelte.
Lachend hakte sich Sissi bei der blonden Hexe ein und marschierte dann in das Schloss. Die Wachen grüßten die Prinzessin mit viel Respekt, Sissi nickte als sie vorbeiging, Elena starrte die Wachen mit halbgeöffneten Mund an. Dann ließ sie den Blick über die beeindruckende Halle schweifen und sah letztendlich nach oben, wo die Decke meterhoch über ihren Köpfen schwebten. »Beeindruckend«, hauchte sie ergriffen, ließ alles auf sich wirken und wollte auch keine einzige Sekunde verpassen. Sissi grinste schief und nickte. »So kann man es wohl sagen. Aber weißt du was beeindruckender ist?«, fragte sie, aber erwartete keine Antwort darauf. »Die Küche«, fuhr sie fort, nahm Elenas Hand und zog sie mit sich.
Elena fühlte sich in diesem Moment beinahe wie ein ganz normales Mädchen, dass zu Besuch bei ihrer besten Freundin war.
Sie kamen an vielen Gemälden vorbei und bevor man in die Küche einbog, hing ein Bild von Sissi, dass Elena mit großen blauen Augen bewunderte. »Hätte niemals gedacht, dass auch heutzutage noch solche Ölgemälde gemacht werden«, meinte sie und sah kurz zu Sissi, die ihre Nase kraus zog. Sie selbst wünschte sich dieses Gemälde wäre verbrannt worden. Dann sah sie zu Elena und erwiderte: »Leider werden auch heutzutage noch die Herrscherfamilien auf Leinwand verewigt. Ich meine so ein normales Bild ist doch langweilig.« Dabei rollte sie mit den Augen und war schon auf den Weg zur Türe, während Elena jedoch weiterhin das Gemälde ansah.
Sie verstand nicht, wieso Sissi alles so verabscheute. Sie war eine Prinzessin, wohnte in einem riesigen Schloss und hatte ihre wahren Eltern. Sie musste nie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie pendeln. Und sie ist nicht so in das Hexenzeugs reingeworfen worden, wie sie selbst.
Nur sehr widerwillig löste sie sich von dem Anblick, dann huschte sie Sissi nach, die der Köchin auf den Wecker ging. »Prinzessin. Diese Torte ist für heute Nachmittag. Die Königin bekommt Besuch«, sagte die zierliche Köchin, dessen Flügeln durchsichtig waren und blau schillerten.
Elena kam gerade hinzu, als Sissi die Hände in die Hüften stemmte und sehnsüchtig auf die Torte starrte. Dann wandte sie sich Elena zu und seufzte. »Sieht so aus, als würden wir heute ohne tolle Torte leben müssen«, meinte sie mit einen bedauernden Gesichtsausdruck, ging näher zu Elena zu und senkte die Stimme, sodass nur noch sie, sie hören konnte.
»Du lenkst die Köchin ab, ich klaue die Torte«, orderte die Hexe an, während Elena eine Augenbraue hob. Aber sie nickte, dann schob sie sich lächelnd zu der Köchin vor und streckte ihr ihre Hand entgegen.
»Hi. Ich bin Elena Blake. Ich bin Sissis Freundin. Wir haben uns in Hogwarts kennengelernt«, stellte sich Elena mit einem freundlichen Lächeln vor. Die Köchin wischte ihre Hände an der Schürze ab, erwiderte das Lächeln und gab ihr die Hand. »Hallo Elena. Ich bin Kate Hudgens«, erwiderte Kate und lächelte sanft. Sie sah immer noch jung aus obwohl sie auf die fünfzig zuging. Ihre braunen langen Haare glänzten und die dunkelbraunen Augen funkelten vor Wärme.
»Wie lange arbeiten Sie denn schon für die Stewarts?«, wollte Elena neugierig wissen, während Sissi sich unauffällig immer näher an die Torte wagte. Kate nahm einen Kochlöffel und rührte gedankenverloren in der Suppe. Dann erzählte sie mit einem flüchtigen Lächeln auf den Lippen: »Eigentlich schon mein Leben lang. Ich wurde hier geboren. Zwei Jahre bevor unser jetziger König geboren wurde. Meine Mutter kochte schon für die Königsfamilie, da gab es mich noch nicht einmal. Da ich selbst das Kochen liebte, bin ich hier geblieben. Hier ist es wundervoll. Wie jeden Tag Urlaub.«
Elena sah kurz zu Sissi, die die Torte schon in der Hand hatte, da packte sie das schlechte Gewissen. Doch jetzt war es zu spät, denn Sissi brüllte schon »Lauf« und huschte dann mit der Torte davon.
Elena biss sich auf die Lippen, murmelte schnell eine Entschuldigung und preschte davon. Sie konnte noch das laute Schimpfen von Kate hören, die sie durch die Hallen begleitete.
»Hier entlang, Elena«, rief Sissi über ihre Schulter, machte eine Biegung nach rechts und rannte dann hinaus in den großen, schön angelegten Schlossgarten.
Lachend kamen sie zu einer Bank und ließen sich darauf schwer schnaufend nieder. »Oh man. Das war echt nicht nett«, gab Elena zu bedenken und sah ihre beste Freundin mit einen Gesichtsausdruck an, der Bände sprach.
Sissi rollte mit den Augen, zauberte einen Tisch herbei und stellte die gestohlene Torte darauf. Die Hexe legte ihrer besten Freundin die Hand auf die Schulter und sah ihr dabei in die Augen. Ihre schokoladenbraunen Augen funkelten vor Schalk.
»Kate ist eine Meisterin in Torten backen. Sie hat in Nullkomma nix eine neue, noch bessere Torte herbeigezaubert«, versicherte Sissi ihr und lächelte sie aufmunternd an. Elena sah zu der Torte, die ihr das Wasser in den Mund zusammenlaufen ließ. Die Torte war mit weißem Zuckerguss verkleidet worden, Schokostreusel waren am Tortenboden als Wellen dekoriert. Die wirkliche Dekoration jedoch war Erdbeersirup, dass oben als Spirale gespritzt worden war. Im Kreis waren dann noch Erdbeeren auf einem Bett aus Schlagsahne. Sprich die Torte war die Kalorienbombe, schlechthin.
»Wollen wir unser Diebesgut essen?«, fragte Sissi, als sie Elenas Blick richtig deutete, doch bevor Elena ihren Finger in die Sahne stecken konnte, zog Sissi die Torte fort. »Aber nicht hier«, gluckste sie bei Elenas Gesichtsausdruck. »Hast du Angst erwischt zu werden?«, wollte Elena grinsend wissen, doch Sissi schüttelte den Kopf.
»Ich will dir meinen Lieblingsort zeigen«, hauchte sie verschwörerisch und stand mitsamt der Torte wieder auf. »Da bin ich sofort dabei«, ließ die blonde Hexe verlauten und sprang auf. Sie sah sich neugierig im großen Garten um, bewunderte die schönen Heckentierformen und die vielen Blumen, die in ihrer sommerlichen letzten Blütenzeit standen. Sissi führte Elena durch den riesen großen Garten, bog in ein Labyrinth und wanderte durch die verworrenen Gänge, ganz zielgerichtet, bis sie an einem wunderschönen kristallblauen See ankamen.
Auf dem See waren Schwäne und Enten, Seerosen dümpelten sich darin. Weiden umzäumten den See und das Gras war so grün, wie im Frühling.
Die beiden Freundinnen saßen sich ins Gras, ließen einen Kotatsu herbeizaubern und stellten die Torte darauf. »Lass es dir schmecken«, sagte Sissi und schnitt sich ein Stückchen heraus und legte es auf den herbeigezauberten Teller. Elena tat es ihr gleich. Sobald sie einen Bissen genommen hatte, schwebte sie auf Wolke sieben.
»Das ist köstlich«, schwärmte sie und nahm noch einen großen Bissen. »Finde ich auch«, bestätigte Sissi, dann lächelte sie verträumt, als sie an damals dachte.
Mit Jasmine hatte sie das gleiche getan, doch je älter sie wurden, desto weniger Zeit verbrachten sie miteinander. »Jasmine und ich haben das auch immer getan. Das hier war unser Geheimversteck, dann wurden wir älter und alles wurde komplizierter. Jasmine verzichtete auf den Thron, so wurde es auf mich übertragen und ich musste die Pflichten erfüllen, obwohl sie die verantwortungsvolle war. Aber sie glaubt an die wahre Liebe, was meine Eltern jedoch nicht tun. Sie wollten ihr nicht erlauben, selbst zu entscheiden, wen sie heiratete«, vertraute sie Elena an und seufzte schwer. »Deswegen hat sie komplett darauf verzichtet. Jetzt hat sie ja sogar den Mann ihrer Träume gefunden.« Plötzlich schossen Bilder durch Elenas Kopf. Sie hielt sich den brummenden Schädel und versuchte diese Bilder wieder zu verbannen.
»Elena? Alles okay?«, fragte Sissi besorgt, fasste die Schultern ihrer Freundin an und sah ihr mit einem mulmigen Gefühl in die Augen. Sie wurden wieder klar, fokussierten sich wieder auf Sissi und ihr angespanntes Gesicht, entspannte sich wieder. »Sorry. Also wo sind wir stehen geblieben?«, fragte sie mit einem Lächeln. Sissi atmete erleichtert aus. Noch wirkte der Zauber, aber sie musste wohl solche Sachen vermeiden. Events, die Elena an eine andere Zeit erinnerten.
»Morgen ist dein Geburtstag. Es wird eine wundervolle Party geben. Versprochen«, klatschte Sissi nun in die Hände und sprang auf die Beine. Mit einem Schnippser verschwand der Rest der Torte und würde nun in der Küche wieder auftauchen.
Sie reichte Elena die Hand, die sie dankbar annahm, dann zog Sissi ihre Freundin auf die Beine. »17. Oh man ich werde 17 Jahre alt«, murmelte Elena und lächelte leicht, doch sie wurde ein wenig traurig, als sie daran dachte, dass sie den Geburtstag ohne ihre Adoptiveltern feiern würde.
»Wieso habe ich sie nie besucht?« »Wen?« »Meine Eltern«, erwiderte Elena und sah zu Sissi.
Die jedoch konnte sich ziemlich gut erinnern, wieso Elena es nicht getan hatte. Sie wollte sie in all dieses Chaos nicht mit hineinziehen.
»War viel los«, meinte Sissi nur, dann nahm sie ihre Hand und zog sie mit sich ins Schloss, bevor sie noch mehr Fragen stellen konnte.
~
Gerade als Sissi mit Elena im Zimmer verschwinden wollte, bauten sich zwei gut gekleidete Personen vor den beiden Teenagern auf. »Mum. Dad«, raunte Sissi überrascht und sah sich gleich nach einen Fluchtweg um.
Elena hob eine Augenbraue, dann starrte sie den König und die Königin an. Sie hatte nicht wirklich eine Ahnung, wie sie sich in deren Nähe verhalten sollte. Sollte sie Knicksen, sich verbeugen? Durfte sie überhaupt sprechen, stellte sie sich nicht vor, war das nicht unhöflich? Sie straffte die Schultern, lächelte und streckte ihre Hand aus. Schließlich hatten wir ja 2015, vielleicht waren die normalen Umgangsformen auch bei der Königsfamilien angebracht. »Ich bin Elena Blake. Sissi Freundin«, stellte sich die blonde Hexe vor.
»Oh das ist also Elena. Wir haben schon viel von dir gehört«, plapperte Königin Kelly fröhlich drauf los und zog sie in eine Umarmung. Das Mädchen wurde leicht erdrückt, aber so schnell, wie die Mutter von Sissi sie in die Umarmung gezogen hatte, so schnell löste sie sich wieder.
»Sissi wieso hast du nicht gesagt, dass du eine Freundin hier hast?«, wollte Kelly wissen, sah zu ihrer Tochter und hob eine ihrer perfekten Augenbrauen hoch. Sissi versteckte ihr Gesicht zwischen ihren Fingern und schüttelte leicht den Kopf. »Weil ich nicht wusste, dass ihr hier seid. Ich dachte ihr wärt im Urlaub!«
Während Kelly mit der Zunge schnalzte und verärgert drein sah, gluckste Basil belustigt. »Unsere eigene Tochter schleicht sich nach Hause. So weit haben wir es kommen lassen«, seufzte er dann, aber Kelly hob den Zeigefinger, sodass ihr Mann verstummte.
Jetzt war zumindest klar, wer hier die Hosen anhatte. »Es freut mich wirklich dich kennenzulernen, Elena. Wirklich sehr. Entschuldige aber unsere Tochter für ihre Dreistigkeit. Sie hat leider einfach keine Manieren, obwohl wir sie gut erzogen haben«, dabei sah sie ihre Tochter bedeutungsschwer an. Elena jedoch teilte nicht wirklich die Meinung der Königin.
Sissi hatte sie gut behandelt. Sie sah kein Problem darin. »Also ich fand sie war recht gastfreundlich«, verteidigte Elena Sissi und schenkte ihrer Freundin ein Lächeln, dass diese erwiderte. Die Königin spitzte leicht die Lippen vor Verärgerung. Bisher hatte ihr noch nie einer widersprochen. Basil kam sofort dazwischen und klatschte fröhlich in die Hände. »Na dann, passt doch alles nicht wahr, Liebes?« Aber Kelly zog nur beleidigt eine Schnute.
Der König seufzte leicht, dann wandte er sich wieder Sissi zu. »Der Grund weshalb wir schon da sind, liegt darin, dass wir dir etwas mitteilen müssen, bevor du dein letztes Jahr in Hogwarts machst.«
Sissi wurde es plötzlich übel. Eine schlimme Vorahnung machte sich in ihrem Magen breit. Sie kreuzte hinter ihrem Rücken die Finger und hoffte, dass es nicht das war, was sie befürchtete.
»Sissi Pepsicarola Stewart. Du wirst Raymond Quinn heiraten.« Dabei machte er ein »Tada« mit den Händen und grinste breit. Sissi wurde leichenblass, starrte ihre beide Eltern mit großen braunen Augen an und schüttelte vehement den Kopf. »Nein!«, rief sie aufgebracht und funkelte jetzt beide wütend an. »Ich bin erst 17! Ich werde keinen Mann heiraten den ich Jahre lang nicht gesehen habe und den ich nicht liebe!«, spuckte sie ihren Eltern entgegen.
Dann packte sie Elenas Hand und zog sie mit sich. Sie warf die Türe hinter sich zu, schloss ab und wollte am liebsten ihr komplettes Zimmer verwüsten.
Doch sie atmete tief ein und aus, dann sank sie auf den Teppichboden und machte ein Gesicht wie hundert Jahre Regenwetter. »Oh Sissi. Das tut mir so schrecklich leid. Aber deine Eltern können dich doch nicht zwingen, oder? Ich meine wir haben das Jahr 2015«, versuchte Elena sie aufzumuntern, pflanzte sich neben sie auf den weichen Teppich und strich ihr tröstend über den Rücken. Sissi lehnte ihren Kopf auf ihre Schulter und starrte an die Wand. »Deswegen komme ich nicht gerne nach Hause. Denn das muss ich mir seit 17 Jahren anhören. Naja erst verstanden habe ich es mit 6, aber da war es so richtig verstörend, dass sie paar Jahre gewartet hatten, um es wieder anzusprechen. Aber da war ich bereits in Hogwarts und ich war damals so verliebt in Percy.«
Elena lächelte ihre Freundin an, knuffte sie in die Seite und umarmte sie dann. »Und jetzt bist du verliebt in Francois. Und auch wenn es gerade so aussieht, als wäre alles vorbei, ist es nicht. Ich weiß, dass er dich mag. Wie er dich immer ansieht. Auch wenn ich noch nicht warm wurde mit ihm. Aber zu meiner Verteidigung, ich habe noch nicht die Gelegenheit gehabt ihn richtig kennenzulernen.« Sissi lächelte Elena an, umarmte sie kurz und huschte dann zu ihrer Kommode, wo sie einen gigantischen Schminkkoffer in die Höhe hob und Elena zeigte.
»Das ist unsere letzte Woche, Elena. Wir sollten endlich anfangen, wie ganz normale Mädchen zu sein. Keine Hexenschule, keine Rettungsaktionen, keine Jungs. Einfach wir beide. Beste Freundinnen, die sich gegenseitig Schminken und die Zehennägel lackieren«, sagte sie mit einen breiten Lächeln und traf dabei auf begeistertes Jubeln.
»Ich hab nie wirklich viele Freunde gehabt. Schon gar nicht welche, die meine Nägel lackiert hätten«, erzählte sie kichernd und suchte sich eine pinke Farbe aus. »Ich bin froh, dich kennengelernt zu haben, Sissi.« »Ich erst«, grinste das Mädchen und tunkte den Pinsel in die flüssige Masse. Sie versuchte so gut, wie möglich das schlechte Gewissen zu ignorieren. Doch die Angst, dass Elena womöglich es irgendwann herausfand, wie Sissi sie verzaubert hatte, war ständig präsent und die würde auch nicht weggehen, bis sie endlich eine Lösung für das Problem gefunden hat.
Immer noch guckte Jacob ungläubig auf die Stelle, wo Elena vor ein paar Stunden noch gestanden hatte. Die Nacht hatte sich bereits über die Stadt gelegt, die Sterne waren herausgekommen und der Sichelmond hing schwer am Firmament.
Damon hingegen musste ständig versuchen, nicht vor Schadenfreude zu grinsen. Es amüsierte ihn unglaublich, dass Sissi Elena in Sicherheit gebracht hatte und das direkt vor Jakes Nase, der sich für den allergrößten hielt. Jake wanderte immer noch auf und ab, murmelte vor sich hin und blieb dann so abrupt stehen, dass er beinahe auf dem Teppich ausgerutscht wäre. Dann fixierte er den Vampir, der nun genüsslich aus einem Weinglas Blut trank. »Damon!«, knurrte er, kam auf ihn zu und entriss ihm das Glas, dabei wurde er von Damon angeknurrt. »Was soll das!«, wollte der Vampir wissen und leckte sich dabei die letzten Tropfen von seinen Lippen.
Jacob legte das Glas fort, seine blaue Augen blitzten, dann deutete er auf die Stelle, wo die beiden Hexen verschwunden waren. »Wir müssen einen Weg zu ihnen finden. Wir müssen herausfinden, wo sie hin sind! Das schuldest du mir, nachdem du mich so verraten hattest! Du musst froh sein, dass ich dir nicht dein kümmerliches Herz herausreiße«, ließ der Dämonenhexer verlauten und zwang Damon dann aufzustehen. Dem Vampir passte es natürlich nicht, wie der Kerl mit ihm umsprang, doch er wusste, wann er einstecken musste, um sein eigenes Leben zu sichern.
»Ich wollte nur Elena schützen. Ich meine sie ist doch wichtig«, meinte er mit einem süffisanten Grinsen, was Jacob rasend vor Wut machte.
Auch wenn er Jake nicht töten konnte, so konnte er ihn zumindest ein wenig ärgern. Da der Kerl ihn irgendwie brauchte, fühlte sich der Vampir ein wenig sicherer. Jedoch würde er nicht nein sagen zu Jacob. So weit, wollte er es dann doch nicht treiben.
»Ja, klar. Du verdammter Bastard«, brummte Jake, ließ Damons Lederjacke los und schritt wieder auf und ab. »Spielchen beiseite, Damon. Du weißt, dass ich dich nicht gehen lasse. Du bist wichtig, ein Teil meines Planes«, meinte Jake, in Wirklichkeit zapfte er Damons Macht an, was der Vampir aber nicht bemerkte, da er einige Jahre auf den Buckel hatte sprich eine Menge Macht und Energie, von der sich Jacob bedienen konnte. »Ach ja? Und wie sieht dein Plan aus? Dir ist klar, dass Elena fort ist, oder? Und wir haben keine Ahnung, wo die Feenprinzessin sie hingebracht hat«, schlussfolgerte der Vampir, schmunzelte und nahm das Glas wieder zur Hand.
Dieses Mal exte er das gesamte Blut, sodass der Dämonenhexer nicht mehr ihm das Getränk wegnehmen konnte. Doch das hatte Jake sowieso nicht vorgehabt, denn Damons Worte hatten ihm eine Vorahnung beschert.
»Nun wo fühlt sich eine Prinzessin am sichersten?«, fragte er mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. Er musterte den Vampir, wartete auf seine Antwort, doch dieser kniff nur die Augen zusammen und schürzte die Lippen. Natürlich wusste er die Antwort, doch er sah es nicht ein, sie laut auszusprechen. Jake rollte mit den Augen, fluchte unschön und seufzte dann schließlich.
Der Vampir machte es ihm wahrlich nicht leicht, so etwas wie Triumph zu verspüren. »Schloss. Prinzessinen fühlen sich im Schloss sicher. Da ihr Nachname Stewart ist, wohnt sie in FairyNova. Ich denke dort hat sie Elena hingebracht.« »Und wenn nicht?«, wollte Damon wissen, dessen Nackenhaare sich aufgestellt hatten.
Wieso nur hatte Jake Köpfchen? Eine Woche, dann wäre Elena wieder in Hogwarts gewesen und Jake wäre niemals mehr an sie rangekommen, doch er hatte es in ein paar Stunden erraten.
»Sie ist dort. Da bin ich sicher. Und da ich weiß, dass du einen Narren an der blonden Hexe gefressen hast, wirst du mich auch dorthin begleiten, nicht wahr Damon?«, säuselte Jake und taxierte den Vampir mit seinem spöttischen Blick.
Am liebsten hätte Damon ihm das Genick gebrochen, doch etwas hielt ihn zurück. Diese Ahnung, dass es nicht funktionieren würde. Diese Experimente von denen Jacob ihm erzählt hatte, das waren sicherlich die Auslöser für diese undurchdringliche Dunkelheit, die den Dämonenhexer umgab.
Jacob war skrupellos. Er würde jeden platt machen, der ihm im Weg stand.
Brummelnd stimmte der Vampir zu. Dabei grinste Jacob siegreich und verschwand aus dem Raum.
~
Es stürmte, donnerte und blitzte. Das Geräusch der dicken Regentropfen, die gegen die Scheiben der Fenster klatschten, war laut. Sissi und Elena saßen gemeinsam auf der Fensterbank und beobachteten das Unwetter. Tief unter ihnen schlugen die Wellen gegen die Felsen. Unruhig und bedrohlich. Als es wieder blitzte, zuckte Elena für einen Moment zusammen. »Kann uns der Wind eigentlich wegwehen?«, fragte Elena ernst, denn bei so einem Unwetter war ihr nicht zu spaßen zumute. Irgendwie hatte sie das Gefühl solch ein Unwetter schon einmal erlebt zu haben. Doch immer wieder tauchte ein Tornado in ihren Gedanken auf.
Sissi zog die Rollos zu und lächelte ihre Freundin sanft an. Sie war diese Unwetter gewöhnt. Jedoch als junges Mädchen hatte sie ebenfalls immer Panik gehabt.
»Nein wir werden nicht weggeweht«, meinte sie schmunzelnd, dabei tätschelte sie Elenas Knie. Die Rollos nahmen ihr jetzt die Sicht aus den Fenster, doch das Donnergrollen konnte man dennoch noch hören, auch das laute Pfeifen des Windes.
»Eine Flut?«, bohrte Elena weiter, doch Sissi schüttelte weiter den Kopf. »Diese Unwetter gibt es schon mein Leben lang. Auch ist dieses Schloss mit einem Zauber geschützt. Es ist unzerstörbar«, beruhigte sie Elena, jetzt entspannte sich die blonde Hexe und nickte dann schließlich. »Gut. Eine Frage. Haben wir einmal einen Tornado miterlebt?«, wollte Elena mit krauser Stirn wissen.
Sissi riss leicht die Augen auf, dann stand sie auf und lächelte geschauspielert. »Du fragst Sachen. Ne denke nicht«, lachte sie und ließ sich auf′s Bett fallen.
Elena hörte weiterhin den Wind toben, doch sie glaubte Sissi, denn sie fand keinen Grund, weshalb ihre beste Freundin sie belügen sollte. Jetzt wurde die Türe langsam geöffnet und ein Kopf kam zum Vorschein. Die braunen lange Haare fielen in sanften Wellen hinab und ihre braunen Augen funkelten, als sie die beiden Mädchen entdeckte. »JASMINE!«, rief Sissi erfreut und sprang sofort wieder vom Bett, um ihre große Schwester in den Arm zu nehmen.
»Hey. Habt ihr mich schon vermisst?«, wollte sie kichernd wissen. Elena winkte lächelnd, rutschte von der Fensterbank und kam auf die beiden Mädchen zu, um Sissis Schwester gebürtig zu begrüßen. »Was machst du denn hier?«, wollte Sissi dann nach einer Weile wissen, als sie alle es sich auf dem Bett gemütlich gemacht hatten.
Jasmine flocht ihr Haar, begutachtete die Spitzen und murmelte: »Na ja. Mum und Dad haben mich angerufen. Sie meinten ich soll mit dir reden, da du auf mich hörst. Aber ganz ehrlich. Mein Rat ist. Höre auf dein Herz, Sissi. Dank Elena habe ich auch endlich meine wahre Liebe gefunden, da sie den Fluch gebrochen hatte ..« Doch bevor Jasmine weiter reden konnte, wedelte Sissi mit ihren Händen herum, als hätte sie einen epileptischen Anfall, dazu zog sie noch Grimassen, um ihrer Schwester zu verstehen zu geben, dass sie nicht weitersprechen sollte.
Jasmine wusste zwar nicht, wieso ihre Schwester plötzlich solch ein Theater machte, doch sie hielt die Klappe. Aber irgendwie musste sich die Fee bedanken. Also zog sie die verwirrte Hexe in eine feste Umarmung und bedankte sich so.
»Was meinst du damit. Welchen Fluch?«, fragte Elena, was Sissi gehofft hatte, dass sie es nicht tat. Jasmine sah zu ihrer Schwester, die dann etwas von Zaubertränke murmelte. Diese Erklärung war aber nicht zur Elenas Befriedigung, jedoch beschloss sie es für heute ruhen zu lassen.
Irgendetwas schräges lief da, was ihr aber Sissi vorenthielt.
Vielleicht konnte sie ja morgen es aus ihrer besten Freundin heraus kitzeln, doch als das Licht flackerte, waren die Zweifel vergessen. Der Wind wütete jetzt noch heftiger, die Rollos bogen sich schon unter dem kleinen Orkan. Plötzlich platzte die Glühbirne und tauchte die drei in Finsternis. Aus Schreck kreischten alle drei Mädchen vor Panik auf, dann wurde es zum totalen Chaos.
Jeder versuchte eine Taschenlampe zu finden, dabei rannten sie gegeneinander und stolperten über etwas, was auf dem Boden gelegen hatte.
»Verdammt dieser scheiß Stromausfall«, meckerte Sissi, dann schlug sie sich an einer Kommode an und fluchte lauthals. Ein leises Klopfen drang an deren Ohren. »Alles okay da drinnen?«, fragte eine männliche Stimme. Es war einer der Wachen, der Schreie aus dem Schlafzimmer der Prinzessin gehört hatte. »Ja alles gut!«, rief Sissi schnell und fand endlich eine Taschenlampe. Einer der fetten Sorte. Der dicke Strahl zerteilte die Dunkelheit und ließ die beiden übrigen Mädchen geblendet blinzeln. »So einen heftigen Sturm hatten wir seit Jahren nicht mehr«, brummelte Jasmine, rieb sich dabei ihren Knöchel und sah dann zu Elena, die sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht pustete. Noch sahen sich die drei angespannt an, dann brachen sie in lautes Gelächter aus.
~
Überall lagen Bücher herum. Die beiden Männer hatten einem alten Freund einen Besuch abgestattet, der so gut wie fast jedes Buch besaß. Dieser »Freund« jedoch lag nun mit offener Kehle am Fuße der kleinen Treppe, die hoch zu den Bücherregalen führte.
Damon musste ständig auf das Atmen verzichten, um nicht das schwere Aroma des Blutes riechen zu müssen. Jacob hatte den armen Kerl ohne zu zögern getötet, denn nach Aussagen des Dämonenhexer durften sie keine Zeugen am Leben lassen. Darüber musste sogar Damon den Kopf schütteln. Langsam wurde er verrückt. Ein Jahr lang kannte er den Kerl schon, doch jetzt tatsächlich drehte er vollkommen durch. Er war so verdammt besessen von der Vorstellung seine Geliebte wieder zu leben zu erwecken, dass er blind für die schönen Dinge des Lebens war.
Zum Beispiel war seine Schwester wieder da, doch diesen Erfolg genoss Jacob nicht. Er wollte mehr. Er war rastlos und das machte ihn gefährlich.
Seine Augen huschten über die Buchrücken, dann blieb er vor einem alten Exemplar stehen und zog es vorsichtig hinaus. Damon stand gelangweilt da und tat nur so als würde er suchen, doch dann bemerkte er das rasende Herz von Jake, der den Staub vom Buch pustete. »Ich hab da was!«, ließ er verlauten, ging mit dem Schinken zu einem Tisch und schlug es auf. Ganz systematisch ging er vor, überflog Seiten, suchte nach Schlüsselwörter und blieb dann bei einer Seite stehen.
Damon sah dem Dämonenhexer neugierig über die Schulter und sah dabei eine Triquetra, die auf der Seite abgebildet war.
Bevor er jedoch lesen konnte, scheuchte Jake ihn bereits fort. »Nicht so nah Vampir. Ich mag es nicht, wenn du mir auf den Nacken atmest. Wir brauchen eine Zauberkreide. Besorg sie mir, dann können wir endlich dieses Portal öffnen.« Seine Stimme duldete keinen Widerspruch, sodass der Vampir murrend abzog und in fünf Minuten bereits wieder hier war.
In der Zwischenzeit hatte Jacob alles vorbereitet. Er hatte noch in der Haarbürste ein blondes Haar von Elena gefunden und wartete jetzt nur noch auf die Zauberkreide, die ihm der Vampir aushändigte. Damon verzog sich in den Schatten und beobachtete alles aus einer sicheren Distanz, falls irgendetwas schief gehen sollte.
Jake jedoch schien zuversichtlich. Auf seinen Lippen lag ein selbstbewusstes Lächeln, als er mit einer Perfektion, die man nicht von ihm erwartet hätte, das Triquetra auf die kahle Wand zeichnete.
Dann verbrannte er das Haar, pustete die winzigen Partikeln Richtung Symbol und sah mit großer Zufriedenheit, dass sich das Portal öffnete. »Du musst schon näher herkommen, Damon«, meinte der Hexer spöttisch und hob eine Augenbraue, als er den Argwohn in seinen blauen Augen entdecken konnte. Doch Damon wollte ihm nicht noch mehr Angriffsfläche bieten. Also trat er entschlossen hervor und sah Jake stur an. »Bist du sicher dieses Portal bringt uns nach FairyNova?«, wollte er argwöhnisch wissen. Jake schmunzelte, zuckte mit den Schultern und war bereits mit einem Bein im Portal. »Finden wir′s heraus«, meinte er nur und verschwand.
Damon blieb nicht lange zum Zögern. Denn schon schloss sich das Portal langsam.
Zur Sicherheit schnappte er sich die Zauberkreide und schlüpfte ebenfalls dann ins Portal, bevor es sich endgültig schloss.
Einzig der tote Freund blieb liegen und bewies, dass jemand hier gewesen war.
Nach dem harten Stromausfall flackerten endlich wieder die Lichter, bis sie wieder hell an der Decke leuchteten und die düsteren Schatten verscheuchten. Jedoch regnete es draußen immer noch in Strömen. Die Regentropfen klatschten gegen die Scheiben, erzeugten ein sanftes Rauschen, doch der schlimme Wind war nun fort. Was die drei Mädchen ungemein beruhigte. »Das gröbste ist überstanden«, meinte Jasmine, stand am Fenster und sah hinaus in die Nacht. Jetzt zog sie wieder die Rollos nach unten und zog die langen Vorhänge zu. Dann sah sie zu den beiden Teenagern und lächelte beruhigend.
Elena und Sissi saßen beide im Schneidersitz auf dem weichen großen Kingsize-Bett und rieben sich die Arme. Das Zimmer war ziemlich kühl geworden, doch dank der Erfindung Heizung, die es auch in FairyNova gab, war das Zimmer in einer halben Stunde kuschelig warm.
»Seid ihr schon aufgeregt? Das letzte Schuljahr«, begann Jasmine ein Gespräch und saß ebenfalls nun auf dem Bett, den beiden gegenüber. Elena hatte ihre Füße angezogen und ihre Arme um die Beine geschlungen, dabei hatte sie ihr Kinn auf ihre Knie gelegt und musterte jetzt Jasmine. »Ich weiß nicht. Ich denke dieses Jahr ist mein wirklich erstes richtiges Jahr. Letztes Jahr hatte ich nicht von Anfang an mitbekommen. Und die restlichen Wochen habe ich ebenfalls verpasst wegen Damon«, murmelte sie leise, als sie an den Vampir dachte, lief ihr ein Schauder über den Rücken.
Es war ein seltsames Gefühl. Auf der einen Seite hasste sie ihn wie die Pest, dann gab es noch den Pfad, der ihn verstand. Dann jedoch gab es da noch einen dritten Weg, einen kleinen Trampelpfad, der verschwommen war.
Irgendetwas stimmte nicht mit ihren Erinnerungen. Sie konnte sich noch nicht einmal mehr erinnern, wie sie überhaupt hier her gekommen war! Irgendetwas war hier falsch. Irgendetwas stimmte mit ihrem Kopf nicht und das wird sie herausfinden. Nur wusste sie noch nicht wie. Jetzt erst fiel ihr ein, dass ihr Schattenbuch fehlte. Wo war das magische Buch denn?
Auf ihrer Stirn bildete sich eine steile Falte. Die beiden Schwestern sahen Elena an, dann räusperte sich Sissi leise und legte eine Hand auf die ihrer Freundin. »Ist alles okay bei dir, Elena?«, fragte Sissi sanft und lächelte sie sanft an. Elena erwiderte das Lächeln, nickte, aber wollte wissen, wo ihr Buch war. Jetzt zog Sissi eine Schublade auf und holte das Schattenbuch heraus.
»Hier ist es«, trällerte die dunkelhaarige Hexe, gab es Elena, die erleichtert aufatmete und das Zauberbuch an ihre Brust drückte. »Danke.«
Die beiden Schwestern sahen sich an, dann stand Jasmine auf und lächelte, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen. »Sissi kannst du mir deine Feuchtigkeitscreme zeigen?«, wollte Jasmine wissen und sah ihre Schwester bedeutungsvoll an. Sie nickte, sprang aus dem Bett und folgte Jasmine ins große Badezimmer. Elena öffnete in der Zwischenzeit das Buch und suchte nach einem Zauberspruch, der ihre Kopfschmerzen verschwinden ließ.
Jasmine zog die Türe hinter sich zu und stemmte nun die Hände in die Hüften. »Sissi erklärst du mir jetzt bitte mal, was du mit der armen Elena gemacht hast?«, wollte ihre Schwester mit hochgehobener Augenbraue wissen.
Sissi lächelte ertappt, ließ ihre Finger durch ihr Haar gleiten und versuchte überall hinzusehen, nur nicht in die Augen ihrer Schwester, die jede ihrer Lügen aufdecken konnten.
Doch Jasmine war unglaublich stur. Sie blieb mit verschränkten Armen vor der Türe stehen und ließ ihre kleine Schwester keine Sekunde aus den Augen. »Okay. Du hast mich erwischt. Elena wurde von Jake manipuliert. Er hat ihre Vergangenheit total durcheinander gebracht. Ich hab keine Ahnung, wie Elena überhaupt noch leben kann, aber sie ist mächtig Jazzy. Sie ist unglaublich stark. Das verschafft uns Zeit, alles wieder in Ordnung zu bringen.« Jasmine sah geschockt zu ihrer Schwester. Sie hatte zwar einiges erwartet, aber nicht das. Sofort nickte sie, nahm ihre Schwester in den Arm und hauchte: »Ich werde dir helfen.« Dann schob sie Sissi wieder aus dem Bad, bevor Elena sich fragen konnte, wo sie blieben. Doch die blonde Hexe war so vertieft in ihrem Buch, dass sie die beiden noch nicht einmal wahrnahm.
»Elena?«, riss Sissi sie aus ihren Recherchen. Sie hob den Kopf und sah ihre Freundin fragend an. »Wir sollten schlafen. Morgen ist dein Geburtstag und ein langer Tag! Jasmine wird heute bei uns schlafen«, sagte Sissi und sprang dabei ins Bett. Nur sehr widerwillig legte Elena das Buch fort, doch ihre müden Augen würden sowieso irgendetwas wichtiges übersehen. »Gute Idee. Morgen ist auch noch ein Tag«, gähnte Elena und kuschelte sich dann in die weiche Decke.
Sissi legte sie auf die andere Seite und Jasmine in die Mitte. »Gute Nacht, Mädels«, sagte Jasmine und schloss die Augen. »Nacht«, kam es von beiden Hexen, dann löschte Sissi mit einem Schnipsen das Licht, sodass sie alle in Finsternis gehüllt wurden.
~
Während der Nacht schlugen die Wellen sehr hoch gegen die Klippen, sogar so hoch, dass das dreckige Wasser in den Pool schwappte. Wieder war das Meer unruhig, wütend, so als wäre der Seegott über etwas erzürnt. Elena schlief in dieser Nacht schlecht. Ständig wälzte sie sich hin und her, sah schreckliche Bilder aus einem anderen Leben, aber konnte sie nicht wirklich greifen.
Das laute Krachen weckte sie letztendlich auf. Sie schreckte hoch und hatte das Gefühl beobachtet zu werden. Sie hatte das Gefühl etwas lauerte in den Schatten. Doch je länger sie in die Schatten starrte, desto lächerlicher kam ihr ihre Verwirrtheit vor.
Was war nur mit ihr los, dass sie ständig so sprunghaft war? Sie fröstelte leicht, sah zu den beiden Mädchen, die tief und fest schliefen und legte sich dann ebenfalls wieder hin.
Elena zog ihre Decke bis unters Kinn und schloss wieder die Augen. Sie schloss die Bilder fort und schlief dann ein. In der Zwischenzeit wurde mit den Wellen etwas in den Pool katapultiert. Je weiter die Nacht voranschritt, desto schwächer wurde die stürmische See, bis die Oberfläche wieder glatt war und es so aussah, als wäre nie etwas gewesen.
~
»Langschläfer. Wach endlich auf«, rief Sissi, rüttelte an ihrer Freundin und ließ nicht locker bis die blonde Hexe die Augen aufschlug. Ihre hellen blauen Augen sahen müde aus, als sie jedoch die Waffeln mit Vanilleeis, frischen Erdbeeren und Schlagsahne sah, war sie schlagartig wach. »Alles gute zum Geburtstag«, piepste Sissi schrill, umarmte ihre Freundin stürmisch und hockte sich neben sie ins Bett. »Vielen lieben Dank«, hauchte Elena gerührt, leckte sich über die Lippen und sah mit großen Augen auf das köstliche Frühstück. »Willst du auch was?« »Oh nein. Jasmine und ich haben schon gefrühstückt. Das gehört alles dir«, sagte sie mit einem breiten Grinsen.
Elena lachte glockenhell, dann nahm sie ihre Gabel und spießte eine Erdbeere auf, die sie sich in den Mund schob.
»Was erwartet uns im letzten Jahr?«, wollte sie wissen, während sie mit dem Löffel das Eis löffelte. Sissi schnappte sich dann doch eine Erdbeere, aß sie seufzend und band sich die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz. »Nun. Prüfungen denke ich. Du hast eine Menge nachzuholen. Aber du kannst dort dich in einen Kurs einschreiben. Es ist nicht mehr so wie früher. Vieles hat sich in den Jahren verändert«, erklärte sie lächelnd, während Elena weiter mampfte. »Okay. Dann schaffe ich es sicherlich. Muss mich nur reinhängen«, meinte sie lächelnd und verspeiste die gesamte Waffel.
»Natürlich schaffst du das«, munterte Sissi sie auf, stellte das Tablett weg und überreichte Elena die Klamotten, die sie für sie herausgesucht hatte.
»Danke. Das bedeutet mir viel«, erwiderte Elena, schnappte sich die Klamotten und verschwand dann im Bad, um zu duschen.
Nach einer warmen Dusche zog Elena die Jeans und die rosefarbene Bluse mit keinen Ärmeln an. Als sie in den Spiegel sah, konnte sie den schwarzen BH durchschimmern sehen. Einen kurzen Moment kräuselte sie die Nase, da es nach ihrer Meinung zu freizügig war, doch dann ließ sie es doch an, schlüpfte nur noch schnell in braune Ballerinas und föhnte ihre Haare trocken, die ihr über die Schulter fielen. Dann schminkte sie sich noch schnell dezent und kam aus dem Bad. »Fertig«, sagte sie lächelnd, marschierte auf die Fenster zu und öffnete die Vorhänge, sowie die Rollläden und das Fenster. Scharf sog sie die Luft ein, als sie das Chaos draußen entdeckte.
»Sissi komm mal her«, raunte sie, schon spürte sie ihre Freundin neben sich, die mit großen Augen die Zerstörung ansah. »Wie schrecklich.« Raymond war fleißig dabei mit andern Feen die Äste aufzuheben, sowie Löcher zu stopfen und abgeknickte Bäume abzuschneiden und wegzuräumen.
Die beiden Teenager sahen sich an, dann rannten sie beide nach draußen, um es aus nächster Nähe zu beobachten. »Wir hatten wahrlich noch nie sooo einen schlimmen Sturm gehabt. Hier sieht es aus, wie nach einem Hurrikan«, murmelte Sissi, während sie mit Elena Richtung Pool marschierte. Im Pool waren ebenfalls Äste und Blätter. Er schillerte nicht mehr blau, sondern war nun dreckig grün vom Meer, gespickt mit Algen und was sonst noch angespült wurde.
Während Elena sich auf das Wasser konzentrierte, sah sich Sissi um, um Raymond im Auge zu behalten. Vielleicht konnte sie ihn ja irgendwie hinaus ekeln. Dann würde die Hochzeit platzen. Zumindest wäre das Plan A. Dann jedoch entdeckte sie etwas anderes.
Ein Portal öffnete sich und daraus stolperten Jake und Damon. Beide sahen sich um und grinsten selbstzufrieden. Geschockt riss Sissi die Augen auf. Wenn die beiden hier waren, dann war die Gefahr groß, dass Elena ihre falschen Erinnerungen zurückbekam.
Sie wandte sich zu ihrer Freundin um, packte ihre Hüfte und zog sie jetzt mit sich. Weit weg von Damon und Jake. »Wir könnten ihnen unsere Hilfe anbieten«, sagte sie schnell, ließ Elena los und marschierte schnell Richtung Strand. Sie dachte Elena würde ihr folgen, doch die war abgelenkt.
Im Pool leuchtete irgendetwas auf dessen Grund. Die Neugierde siegte.
Sie beugte sich über das Wasser, versuchte angestrengt zu erkennen, was dort am Abgrund lag. Doch als sie sich noch mehr vorbeugte, brach unter ihren Schuhen eine Fliese ab, was ihr das Gleichgewicht nahm. Sie ruderte quietschend mit den Armen, doch bevor Sissi zurückrennen konnte, um ihre Freundin vor dem unerwarteten Bad zu retten, hatte bereits die Schwerkraft gewonnen. Elena fiel platschend ins dreckige Wasser.
Damon zögerte keine Sekunde. Schon tauchte sein Kopf ins Wasser ein, sein Körper durchbrach die Oberfläche und seine Arme durchpflügten die Wassermoleküle. Elena hielt die Luft an, viel zu schockiert um nach oben zu schwimmen, sank sie nach unten bis zum Grund des Pools und sah dann etwas auf sich zu kommen. Es hatte Haare und ein Gesicht. Vor Entsetzen riss Elena die blauen Augen auf, öffnete den Mund zu einem stummen Schrei, der Wasserbläschen von ihrem Mund aufsteigen ließ und zappelte mit den Armen und Beinen.
Plötzlich umschlangen sie Arme, die sie nach oben zogen, an die Oberfläche, wo sie keuchend nach Luft schnappte. Sie zappelte in Damons Armen, wollte so schnell wie möglich aus diesem Pool, wo sie dieses Ding entdeckt hatte. Ein Wesen mit blonden langen Haaren und einem Gesicht, dass sie aber aufgrund des dreckigen Wassers nur verschwommen erkennen konnte.
Sie hatte keine Ahnung, was sich da in Sissis Pool befand. Alles was sie wollte, war genügend Abstand zum Wasser zu bringen. »D-Da … da war was im Pool«, kreischte sie mit schriller Stimme, während Damon größte Mühe hatte sie weiterhin festzuhalten, ohne dass sie ihm durch die Arme flutschte und wieder unterging.
»Ist ja gut. Halt still«, beschwerte sich der Vampir leicht, zog sie mit sich, spürte dann unter seinen Füßen die Poolstufen und trat drauf. In der gleichen Bewegung, schob er eine Hand unter ihre Kniekehlen und stützte mit der anderen ihren Rücken. Elena registrierte noch nicht einmal, wer sie da aus dem Pool gerettet hatte. Panisch sah sie über Damons Schulter zum Wasser und wiederholte ständig, dass da etwas im Pool gewesen war. Damon trug sie mit stoischer Geduld weiterhin und setzte sie dann auf einen Liegestuhl. Während er ihr sanft das Wasser von der Wange wischte, strich er ihr beruhigend über den Rücken, doch bevor er ihr besänftigende Worte sagen konnte, wurde er bereits von Elena fort geschubst.
Sissi baute sich beschützerisch vor Elena auf, verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte den Vampir böse an. »Was macht ihr hier?!«, zischte sie angesäuert, während Elena weiterhin völlig durch den Wind davon hauchte, dass dort unten etwas war.
Damon sah besorgt zu der blonden Hexe, er wollte sie am liebsten trösten, doch Sissi stand ihm im Weg. »Siehst du nicht, dass sie völlig durch den Wind ist«, motzte er die Hexe an, doch die rührte sich kein Stückchen. »Ich kümmere mich gleich um sie, aber erst muss ich mich um euch kümmern!«, konterte sie, dabei nahm sie Jacob ebenfalls ins Visier. Der Dämonenhexer lachte verächtlich und steckte nun die Hände in seine Hosentasche. »Ich komme nur, um das zu holen was mir gehört«, meinte der schmunzelnd. Jetzt war Elena still und sah auf. Ihr Blick traf den von Jake, der sie mit einem breiten Grinsen musterte.
»Ich gehöre niemanden«, sagte sie mit zusammengekniffenen Augen. Jetzt waren ihre Augen auf Jacob und Damon gerichtet, vergessen war das Ding im Pool.
Jake sah jetzt der blonden Hexe in die Augen und erkannte die Verwirrung. Seine Augen wurden schmäler als ihm klar wurde, dass man Elena verzaubert hatte, um seinen Plan zu vereiteln. »Elena. Du und ich. Wir sind Freunde«, versuchte er mit einer freundlichen Stimme. Er wollte genau das Gegenteil von dem sein, was sie von ihm kannte. Die Verwirrung nahm auf ihrem Gesicht zu. Sissi sowie auch Damon erkannten das, also musste Sissi eingreifen, bevor Jacob durch ihren dünnen Zauber brechen konnte. »WACHEN!«, brüllte sie so laut sie konnte. »WACHEN. HIER IST EIN VAMPIR UND EIN HEXER!« Sofort stürmten die Wachen herbei, schnitten den beiden den Fluchtweg ab und wirkten eine Magie, sodass deren Magie außer Kraft gesetzt wurde. Auch für Damon gab es kein Entrinnen, denn seine Macht war ebenfalls fort.
»Elena! Elena du wurdest verzaubert!«, rief Jacob als letzten Versuch, doch da überwältigten die Wachen ihn bereits. Da half kein Treten und Fluchen. Eisern hielten sie ihn fest und führten ihn fort. Damon hingegen wehrte sich nicht, aber er warf einen letzten Blick auf Elena, die die beiden beobachtete. »Hör nicht auf ihn. Jake will dich nur manipulieren«, sagte er und wurde dann fortgezogen.
Die beiden Männer wurden eine lange dunkle Treppe hinuntergeführt, die steil und gefährlich aussah. Ein falscher Schritt und sie würden stürzen. Raue Wände umschlossen die Gruft. Je tiefer man kam, desto kälter wurde es und desto mehr roch es nach Tod und Verzweiflung.
Fackeln säumten deren Weg. Mit einem Wink einer Wache, wurden sie entzündet und leuchteten ihnen den Weg. »Ihr werdet es noch bereuen«, brüllte Jacob sich heiser, doch die Wachen schubsten ihn nur mit einer versteinerten Miene weiter.
Dann blieben sie vor einer Zelle stehen, schlossen sie auf und schubsten beide Gefangenen so hart hinein, so dass sie beide das Gleichgewicht verloren und zu Boden stürzten. »So. Hier könnt ihr euch darüber ärgern, dass ihr so dämlich wart«, meinte eine Wache, zog den Rotz hoch und spuckte den Schleimbatzen vor ihre Füße. »Dreckiges Pack. Niemand greift die Prinzessin an.« »Wir haben sie nicht angegriffen«, maulte Damon, stand auf und klopfte sich den Dreck von der Kleidung.
»Natürlich habt ihr das nicht«, meinte die andere Wache sarkastisch, dann gingen sie ohne ein weiteres Wort. Die schwere Türe wurde oben zugeschlagen und dann war es still hier unten. Nur hier und dort hörte man ein vereinzeltes leises Wimmern.
Jacob lief rastlos auf und ab, schüttelte ständig ungläubig den Kopf und pikste dann Damon mit den Zeigefinger in die Brust. »Das ist alles deine Schuld. Hättest du nicht Elena »gerettet««, begann er erbost und setzte das gerettet mit seinen Fingern in Anführungszeichen. »Dann hätten sie niemals mitbekommen, dass wir hier waren!«
Damon ignorierte ihn. Er wusste er hätte sie nicht retten müssen, aber er hatte das Bedürfnis gehabt. Er musste einfach sichergehen, dass es ihr gut ging. Würde er es gedanklich nicht vehement abstreiten, dann würde er einsehen müssen, dass er sich in die Hexe verliebt hatte. Obwohl sie ihn nie wirklich ermutigt dazu hatte. Aber man konnte eben nicht aussuchen in wen man sich verliebte.
Damals hatte er sich geschworen, nie wieder Liebe zu einer Hexe zu empfinden. Das jedoch war glimpflich in die Hose gegangen. »Aber nein Mister Ich hab einen Heldenkomplex entwickelt, musste unseren Standort verraten und jetzt sitzen wir hier in diesem verdammten Kerker fest«, murrte Jake weiter, während er weiter auf und ab wanderte.
Damon ließ ihn fluchen und schimpfen. Er hockte sich auf den Boden, zog die Beine an seine Brust und umschlang seine Beine mit den Armen. In dieser Position verharrte er und wartete.
Nur wusste er nicht, auf was er wartete.
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Elena starrte immer noch auf den Fleck, wo die beiden abgeführt wurden, dann ließ sie langsam den Blick zu Sissi gleiten. »Was meinte er damit? Wieso dachte Jacob wir wären Freunde?«, wollte sie wissen und sah ihrer besten Freundin in die Augen. Sissi fuhr sich nervös durch das schokobraune lange Haar und lächelte Elena beruhigend an. »Er versucht dich zu manipulieren. Das macht er immer. Wir haben andere Probleme als die Lügen von Jake«, wiegelte sie ab, packte jetzt Elena an der Hand und wollte sie mit sich Richtung Schloss ziehen, doch sie stemmte sich dagegen.
»Warte. Da war was im Pool. Sollten wir nicht nachgucken?«, fragte sie und fixierte nun das ruhige Wasser. Normalerweise konnte man hindurchsehen, doch durch die ganzen Algen und dem angespülten Schmutz war das Wasser undurchdringlich. »Dafür haben wir später auch noch Zeit. Das Ding da drinnen haut nicht ab«, meinte sie nur achselzuckend und zog wieder an Elenas Handgelenk.
Dieses Mal ließ sie sich mitziehen. Mit einem kurzen Blick über ihre Schulter, sah Elena zurück, doch die Wasseroberfläche blieb ruhig, so als hätte sie es sich nur vorgestellt.
»Heute ist dein Geburtstag, Elena. Nichts und niemand kann das heute zerstören!«, prophezeite Sissi mit einem warmen Lächeln. Jetzt lächelte auch Elena und nickte fest. Ihre Freundin hatte Recht. Es war ihr Tag und den sollte sie sich nicht selbst vermasseln. In ihrem ganzen Leben hatte sie bisher nur einen schönen Geburtstag gehabt. Dieser sollte ebenfalls zu den schönsten Erinnerungen gehören. Sie folgte ihrer Freundin durch das große Schloss, passierte einen offenen Raum und ging dann nach draußen auf die Terrasse, die in den großen Garten führte.
In den paar Stunden, die die beiden draußen beim Pool verbracht hatten, war der Garten in eine wunderschöne romantische Kulisse verzaubert worden. In den Bäumen hingen Lampions in verschiedenen Farben, ein weißer runder Tisch mit drei Stühlen stand in der Mitte, umgeben von Rosen und Lilien.
Staunend sah sich Elena um, war überwältigt von der Schönheit der Dekoration. Sissi schob sie weiter auf den Tisch zu, schnipste, sodass Elena wieder komplett trocken wurde und ließ sich darauf nieder. »Und gefällt's dir? Ich dachte mir nur du, ich und Jasmine. Ich meine warum eine Party mit fremden Leuten feiern?«, plapperte Sissi fröhlich drauf los. Und dann trug Jasmine eine riesige Torte herein, dazu sang sie Happy Birthday in das Sissi mit einstimmte. Elena strahlte ihre beiden Freundinnen dankbar an, war gerührt von deren schiefen Gesangseinlage und pustete dann mit viel Elan die 17 Kerzen aus. »Danke Leute, ganz ehrlich. Das ist sowas von süß von euch. Das wäre alles gar nicht nötig gewesen«, hauchte Elena gerührt, lächelte die beiden Stewart-Schwestern liebevoll an und konnte ihr Glück kaum fassen. »Ach was. Das war bitter nötig«, meinte Sissi kichernd, nahm von Jasmine die Polaroidkamera ab, die sie um den Hals hängen hatte und dirigierte die beiden Mädels näher heranzurücken. »Sagt cheese«, quietschte sie, grinste in die Kamera und drückte ab, als sie das einvernehmliche Cheese hörte. Es blitzte und das Foto kam aus dem Schlitz heraus. Dann machten sie sich über den Kuchen her.
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Es waren nur noch zwei Kuchenstückchen da. Alle drei Mädchen waren papp-satt und konnten sich kaum rühren. Die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen, es wurde frischer und Grillen stimmten ihren Nachtgesang an. Während Sissi und Jasmine sich aufrafften, um den Sonnenuntergang zu betrachten, schnappte sich Elena die zwei Kuchenstückchen und meinte sie müsste kurz auf die Toilette. Da die beiden nicht zu ihr sahen, bemerkten sie auch nicht, was sie dabei hatte und meinten sie würden hier auf sie warten.
Schnell huschte Elena hinein und steuerte die Türen zum Kerker an. Sie brauchte Antworten! Ihr Kopf fühlte sich ganz schwindlig an. Vielleicht sprach ja Jacob die Wahrheit oder aber Damon hatte recht, der gerufen hatte, dass Jake sie manipulieren wollte. Aber so oder so. Sie wusste, sie beide waren die Feinde. Seit wann also war Damon plötzlich so anders? Wie konnte sie seine Wandlung verpassen?
Die Wachen schaltete sie mit einem kleinen Schlafzauber aus, der nicht schwer war. Als sie zusammensanken und zum Schnarchen begannen, schlich sie vorbei, öffnete leise die schwere Tür und schlüpfte hindurch. Es dauerte ein wenig, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnte, dann stieg sie langsam die Stufen hinab, wagte es aber nicht die Fackeln zu entzünden.
Es war unheimlich still. Sie hatte das Gefühl in eine Gruft hinabzusteigen. Es war auch kalt hier unten und der modrige Geruch stieg ihr sofort in die Nase. Sie rümpfte die Nase, stolperte leicht und fiel. Doch sie fiel nicht tief, denn sie hatte bereits das Ende der Treppe erreicht. Fluchend rappelte sie sich auf, inspizierte die Kuchenstückchen, die glücklicherweise unversehrt waren. Dann machte sie sich auf den Weg an den Gittern entlang. Ein bisschen Licht schien den Gang entlang, doch nirgendwo konnte sie die beiden Insassen sehen, bis sie zum letzten Gitter kam.
Jacob schnarchte leise vor sich hin, doch Damon war wach und hatte sie bereits gehört. »Elena«, hauchte er leise und so als würde er es nicht glauben können. Er war so schnell am Gitter, dass sich Elena erschreckte und auf ihren Hintern landete. Aber die Kuchenstückchen, die blieben unversehrt. Darüber musste Elena kichern, dann schob sie die beiden Teller durch die Gitter und rückte näher heran, sodass sie den Vampir in die blauen Augen sehen konnte.
»Elena bist du das?«, fragte er vorsichtshalber noch einmal nach und sah in ihr hübsches Gesicht. Die Hexe zog eine Augenbraue hoch und musterte ihn. »Ja. Wer soll ich denn sonst sein?«, flüsterte sie glucksend und hatte schon die tausend Fragen auf der Zunge, doch Damon redete bereits schon weiter. »Du musst sofort hier weg. Bevor Jake aufwacht«, wisperte er herrisch, doch Elena schüttelte den Kopf, sodass ihre Haare flogen und kurz sein Gesicht streiften. Er roch Orchidee und Vanille. Seine Nasenflügel blähten sich leicht auf, als ihn der süßliche Duft der Hexe traf.
Wenn er ehrlich war, wollte er, dass sie bei ihm blieb. Aber er musste sie beschützen. In ihrer Nähe konnte er nicht selbstsüchtig sein. Nicht mehr. »Wieso?«, wollte sie wissen, ihr Blick streifte den schlafenden Jacob, dann sah sie wieder zu Damon, der sie mit einem kleinen Lächeln ansah.
»Er versucht dich zu manipulieren. Ich weiß du kennst mich nur als den Bösen und es tut mir leid. Mir tut alles leid, was ich dir und deinen Freunden angetan habe. Es tut mir leid. Aber du musst jetzt gehen, bevor er aufwacht.« Elena knabberte an ihrer Unterlippe, musterte den Vampir und hatte schon die Worte »Ich verzeihe dir« auf der Zunge, doch sie hielt sie zurück.
Denn es konnte auch ein Trick sein. Vielleicht wollte der Vampir sie ebenfalls manipulieren. Deswegen runzelte sie nur die Stirn und deutete auf die Kuchenstückchen. »Guten Appetit.« Dann stand sie auf, klopfte sich den Staub von den Klamotten und wandte sich dann ab. »Alles gute zum Geburtstag«, sagte er leise, doch Elena hatte es dennoch gehört. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und huschte dann schnell nach oben.
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Als Elena im Zimmer ankam, hatte sie es ganz für sich alleine. Sie atmete tief ein und aus, dann setzte sie sich auf die Fensterbank, um nach draußen zu sehen. Von hier oben hatte man den Pool im Blick. Wieder musste sie an das Ding unter Wasser denken. Sie war sich sicher, da war etwas und sie musste einfach herausfinden, was es war.
Die Türe ging abermals auf und Sissi kam herein. Seufzend kam sie auf ihre Freundin zu und hockte sich neben sie. »Da bist du. Wir haben dich schon gesucht. Dachten du wärst ins Klo gefallen«, lachte sie und stupste Elena an, die nur schmunzelte. »Wir müssen endlich herausfinden, was da im Pool war«, sagte Elena und sah ihre Freundin fest an. Sissi presste leicht die Lippen aufeinander und wollte nicht nachgeben. »Eigentlich dürfen wir nachts gar nicht mehr draußen sein. Sperrstunde und so ...«, meinte sie und holte nun ein verpacktes Geschenk aus ihrer Schublade.
Elena hob leicht eine Augenbraue und verschränkte die Arme vor der Brust. »Seit wann kümmern dich Regeln?«, wollte sie belustigt wissen und konnte erkennen, wie Sissi kurz rot wurde.
Ohne darauf einzugehen, drückte sie Elena das Geschenk in die Hand und seufzte theatralisch. »Okay. Aber erst packst du das aus und dann gucken wir, welches Monster dort im Pool haust«, scherzte sie und streckte ihrer Freundin die Zunge entgegen.
Elena boxte ihr scherzhaft auf den Oberarm und nahm dann das Geschenk an. Mit neugierigem Blick öffnete sie es und entdeckte eine silberne Kette. Es war die Hälfte eines Herzens. Jetzt holte Sissi aus ihrem Ausschnitt eine Kette. Die andere Seite des Herzens. »Happy Birthday, Elena«, sagte sie mit einem breiten Grinsen und half Elena die Kette ranzumachen.
»Danke«, bedankte sie sich gerührt, strich über die schöne Kette und umarmte dann ihre beste Freundin fest. »Das ist das beste Geschenk überhaupt«, meinte Elena, knuddelte Sissi und ließ die Kette unter ihrem Ausschnitt verschwinden, wo es in Sicherheit war.
Die beiden Mädels lächelten sich an, dann packte Elena Sissis Hand und zog sie mit sich auf die Beine. »Aber jetzt gucken wir nach ob vielleicht Loch Ness in deinen Pool haust«, witzelte die blonde Hexe und zog Sissi mit. »Ha ha, wie witzig«, meinte Sissi und rollte mit den Augen. Aber sie war ebenfalls neugierig, was sie dort im dreckigen Wasser erwartete.
Sissi und Elena mussten über den niedrigen Zaun klettern, da der Pool bereits abgesperrt war. Die Sperrstunde wurde streng gehand habt, eigentlich jeder hielt sich daran, außer eben Sissi und Elena, die versuchten so leise wie möglich zu sein. »Verdammt der Zaun ist echt ein hartes Stück«, murmelte Sissi, während sie sich beinahe einen Fuß ausrenken musste, um darüber zu kommen. Wie ein Faultier hing sie darauf, bisweilen war Elena bereits schon auf der anderen Seite gelandet und schlich sich mit der Taschenlampe zum Pool. Dann ertönte ein Ratsch und Sissi jammerte. »Meine Hose! Na wundervoll. Der Zaun schuldet mir 50 Dollar«, brummte sie und zu allem Überfluss verlor sie das Gleichgewicht und landete im Gebüsch. Zumindest hatte das Gestrüpp ihren Fall gedämpft, aber Sissi sah unglücklich aus und zog einen Schmollmund. »Oh Sissi«, kicherte Elena, kam auf ihre Freundin zu und reichte ihr eine Hand, um ihr herauszuhelfen.
Sissi grummelte weiter, ergriff sie aber dankbar und ließ sich herausziehen. »Das ist nicht mein Tag«, nörgelte sie, wischte sich die Blätter aus den Haar und kräuselte die Nase. Elena zupfte ihr den Rest der Blätter und Zweiglein aus dem dunkelbraunem Haar und zog sie dann mit sich zum dreckigen Pool, dessen Wasser im Mondlicht glitzerte.
»Okay. Ich hab Sardellen dabei. Vielleicht könnten wir das Ding damit füttern oder so«, meinte Sissi, holte aus der kleinen Tasche eine Dose und öffnete sie dann. Eine kleine tote Sardelle verschwand auf dem Wassergrund. Gespannt hockten beide Mädels am Rand des Pools und warteten. Doch nichts geschah. »Okay. Wohl kein Sardellenfan«, meinte sie mit einem verschmitzten Grinsen und suchte jetzt nach der Tupperbox, in der tiefgefrorene Fischstäbchen lagen. Sie öffnete die Box und warf ein Fischstäbchen hinein, dann noch eins. »Fischstäbchen, ernsthaft?«, fragte Elena und hob eine Augenbraue. Ihre blauen Augen ruhten skeptisch auf ihrer Freundin, die nur mit den Achseln zuckte.
»Vielleicht ist es ein Oktopus«, verteidigte sie ihre Fischstäbchen, doch Elena konnte darüber nur den Kopf schütteln. Oktopoden aßen sicherlich keine tiefgefrorene Fischstäbchen, da musste sie nicht einmal Expertin auf diesem Gebiet sein, um das zu wissen.
Aber sie hielt den Mund, denn es hatte sowieso keinen Sinn mit Sissi darüber zu streiten. Beide Mädels waren sturköpfig und keiner von den beiden würde nachgeben, bis es zu einem großen Streit ausarten würde. »Dieses Ding hatte Haare«, brummte aber Elena dennoch leise vor sich hin, denn sie wusste was sie gesehen hatte. Etwas beinahe menschliches! Sissi seufzte leicht und saß sich nun im Schneidersitz hin, da ihr langsam die Knie wehtaten. »Dann wars eben ein Oktopus mit Perücke«, scherzte sie, fing sich aber dabei einen bösen Blick von Elena ein.
»Nicht witzig«, zischte sie beleidigt und verschränkte nun die Arme vor der Brust. »Wie wär′s mit Meerjungfrau?«, erklang eine eindeutig weibliche und menschliche Stimme. Sissi kreischte vor Schreck auf. Elena handelte schnell, hielt ihrer besten Freundin den Mund zu und sah dann zu der blonden Nixe, die mit ihrer Schwanzflosse kurz auf das Wasser klatschte.
Beide Hexen starrten mit weitaufgerissenen Augen auf die Meerjungfrau, die kicherte und sich sichtlich amüsierte. Dann schob Sissi Elenas Hand von ihrem Mund und schüttelte den Kopf. Sie war nicht davon begeistert, ganz und gar nicht. »Meerjungfrau«, knurrte sie regelrecht, zog Elena mit sich, als sie zurückwich und ließ den blonden Eindringling keine Sekunde aus den Augen. »Meerjungfrauen essen Menschenfleisch!« Jetzt wurden Elenas Augen noch größer. Sie hatte mal davon gelesen, aber hätte nie gedacht, dass sie mal tatsächlich auf eine Meerjungfrau stößt.
Die Meerjungfrau hob eine Augenbraue und gluckste. Dann verschwand sie unter Wasser und schwamm langsam, wie ein hungriger Hai auf die beiden zu. Sie schnellte aus dem Wasser und sagte einfach nur »Buh«. Die beiden Hexen kreischten sich die Seele aus den Leib und sprangen zurück, sodass sie schon die Poolhauswand an ihren Rücken spüren konnten.
Dann als hätten sie endlich bemerkt, wie laut sie waren, hielten sie sich gegenseitig die Münder zu, sodass der Schrei im Keim erstickt wurde. Die Meerjungfrau giggelte und lachte sich kaputt. »Oh man. Das ist einfach nur witzig. Ihr süßen kleinen Menschlein. Ich bin Vegetarierin. Ich fresse euch schon nicht«, meinte sie belustigt, während ihre ozeanblauen Augen die beiden Mädchen amüsiert musterten. Misstrauisch beäugte Sissi die Meerjungfrau, denn sie konnte nicht glauben, dass sie eine Vegetarierin war. »Sie schwindelt sicherlich, um uns in Sicherheit zu wiegen«, zischte Sissi hinter hervorgehaltener Hand und sah Elena an.
Elena knabberte an ihrer Unterlippe und zuckte mit den Schultern. Sie wusste es nicht. Vielleicht war sie ja tatsächlich Vegetarierin. Sowas konnte doch mal vorkommen, oder nicht?
»Vielleicht sagt sie ja die Wahrheit«, murmelte die blonde Hexe, doch Sissi schüttelte überzeugt den Kopf. »Nope niemals«, diskutierte sie weiter, was die Nixe mit einem Augenrollen quittierte und blubbernd unterging. »Sie ist eine Heuchlerin. Eine Betrügerin«, redete sich Sissi in Rage, mit einer schnellen Bewegung tauchte sie wieder auf und funkelte Sissi an. »Ich kann dich auch unter Wasser hören«, schmollte sie und zog eine Schnute. Seufzend lehnte sie sich an den Beckenrand und sah die beiden Hexen ehrlich an.
»Mein Name ist Aquamarine. Ich bin wirklich eine Vegetarierin und sollte ich es nicht sein, wir weiblichen Nixen essen nur Männer«, erklärte sie mit einer Oberstufenlehrerinstimme. Sie ließ ihre Finger durch das Wasser gleiten und musterte die beiden Mädchen, die ein wenig blass geworden waren. Doch Elena nickte jetzt, denn sie glaubte der Meerjungfrau.
»Okay. Du bist Vegetarierin und falls nicht, dann frisst du uns nicht, weil dir Männer besser schmecken«, schloss sie und sah kurz zu Sissi, die ihre Lippen aufeinanderpresste und nicht ganz überzeugt aussah. Aquamarine schwamm rückwärts durch den Pool, ließ sich ein wenig treiben und starrte dabei in den Sternenhimmel. Sie war weit, weit weg von Zuhause. Abgehauen. Aber das würde sie den beiden noch nicht erzählen. Vorerst, bis sie sich sicher war, dass man ihnen trauen konnte.
Sie tauchte unter, machte eine Rolle und schoss dann heraus, in der Luft machte sie einen Salto und tauchte wieder sanft ins Wasser ein. »Wir können ihr nicht vertrauen«, flüsterte Sissi zur gleichen Zeit und sah beunruhigt zu der Nixe, die Kunststückchen machte. Elena jedoch hörte auf ihr Bauchgefühl und das sagte ihr, dass keine Gefahr ausging. »Ich glaube nicht, dass sie uns was tut«, sagte sie, plötzlich packte jemand ihren Fuß und riss sie von den Füßen. Sie flog auf ihren Allerwertesten und starrte auf Aqua, die neugierig den Fuß betrachtete.
»Das ist wirklich interessant«, meinte sie mit zusammengekniffenen Augen, kicherte dann und sah die beiden Hexen an. Dann ließ sie Elenas Fuß los, den sie dann außer Reichweite zog. »Nächstes Mal warn mich vor«, meinte Elena und rieb sich den Hintern. Aquamarine lächelte entschuldigend, dann sah sie die beiden Mädels an. »Habt ihr vielleicht Gummibärchen oder sowas?«, fragte sie neugierig und hungrig.
Sissi spitzte leicht die Lippen. Sie wollte eigentlich nicht teilen, aber die Sorge, dass Aquamarine stattdessen sie beide aß war größer, also griff sie in ihren Rucksack, öffnete die Packung und gab ihr eine Handvoll, die die Meerjungfrau genüsslich aß. »Danke«, mampfte sie zufrieden und machte es sich bequem. »Okay wie bist du hier in Sissis Pool gelandet?«, wollte jetzt Elena wissen und saß sich nun im Schneidersitz hin. Aqua verspeiste einen roten Bären und rümpfte dann die Nase. »Als ich von Zuhause abhaute, da hat mein Vater überreagiert. Die See wurde katastrophal und die Flut hat mich dann hier rein befördert.« Dabei sah sie über das Wasser, dass ganz ruhig war.
»Und wer ist dein Vater?«, wollte Elena neugierig wissen, während Sissi immer noch misstrauisch die Nixe beäugte. »Mein Vater ist Poseidon«, erwiderte sie, als wäre das das normalste überhaupt.
Jetzt riss Sissi die Augen auf, leckte sich über die Lippe und starrte Aquamarine an. Das bedeutete sie war Percys Halbschwester. Trauer umschattete ihre Augen, als sie an ihren alten Freund dachte. »Tut mir leid...« »Was denn?«, wollte Aqua verwirrt wissen, als sie die traurigen Mienen der Mädchen sah. »Na wegen Percy. Er ist ja dein Halbbruder und er ist tot«, stieß Sissi mit zittriger Stimme hervor, aber da begann Aquamarine glucksend zu lachen.
Wütend sah Sissi auf die Meerjungfrau. Heißer Zorn durchfuhr ihren Körper. Sie fand das absolut NICHT lustig! Wie konnte man lachen, wenn jemand tot war?! Doch Aqua lachte weiter, als sie sich beruhigt hatte, presste sie unter einem Kichern hervor: »Tot? Percy und tot?! Nein. Nein ist er nicht. Der ist Zuhause und musste untertauchen. Dad hatte ihn damals gerettet, als irgendso ein Mistkerl ihn BEINAHE umgebracht hatte«, erzählte sie und lächelte jetzt beide an.
Die beiden Mädchen sahen sich verblüfft an, aber Elena hatte es schon immer geahnt. Erleichterung durchströmte sie. Und auch Sissi entspannte sich, die Trauer der letzten Monate fiel von ihr ab. Eine große Last wurde ihr von den Schultern genommen.
»Gott sei Dank«, hauchte sie leise und seufzte, dann wandte sie sich wieder Aquamarine zu. »Wieso bist du abgehauen?«, wollte sie wissen, dabei musterten ihre braunen Augen die Meerjungfrau. »Mein Vater wollte mich mit irgendeinen fremden Meermann verheiraten. Ich heirate nicht ohne Liebe!«, sagte sie laut und machte ihrem Ärger Luft. Die beiden Mädels sahen sich an. Das kam ihnen ziemlich bekannt vor. Dann hörten sie Schritte. »Mist. Wir müssen gehen. Die Wachen«, zischte Sissi und zog Elena mit sich. »Wir kommen morgen wieder!«, rief Elena über ihre Schulter und erhaschte noch einen Blick auf Aqua, die dann unter die Oberfläche des Wasser verschwand.
Der nächste Morgen brach an. Die Sonne kroch über den Horizont und tauchte FairyNova in ein goldenes Licht. Die Bewohner waren schon früh wach, arbeiteten bereits und beseitigten den letzten Rest der Sturmschäden. Die Sonne fand sogar ihren Weg durch das schmale Fenster, die jede Zelle aufweisen konnte und weckte Damon auf, der die Nase kräuselte und dann sich in den Schatten verkroch. Der Ring funktionierte zum Glück noch, auch wenn seine Stärke und Schnelligkeit hier unterdrückt wurde. Wie er doch Magie verabscheute, da konnte noch nicht einmal seine Macht etwas ausrichten. Vor allem aber hatte er irgendwie Hunger und zwar nicht auf Kuchen oder einem Sandwich, sondern auf Blut. Damons Blick wanderte zu Jacob, der seinen Blick feindselig erwiderte.
»Was guckst du so?«, zischte er angriffslustig, was Damon nur amüsierte. Er konnte das Knurren von Jakes Magen hören, dabei sah er auf die zwei leeren Teller. Er hatte alle beide Kuchen gegessen, denn er wollte Jake natürlich nichts übrig lassen. Schließlich hatte Elena die Kuchen nach unten gebracht, warum sollte er da teilen?
Jacob wollte sowieso nur die Macht über ihn behalten, so etwas wie Freundschaft konnte er niemals von ihm erwarten. Und er wollte auch nicht mit ihm befreundet sein. Jacob hatte so viel mehr Dunkelheit in sich, als der Vampir selbst und er hatte schon viel viel schlimmes getan. Irgendwie vermisste er seine Tagebücher. Er hatte schon lange nicht mehr reingeschrieben. Eigentlich hatte er damit aufgehört, als er das erste Mal Elena gesehen hatte. Dabei aber verspürte er mehr denn je das Bedürfnis etwas hineinzuschreiben. Aber das musste jetzt warten. Vielleicht, wenn er hier draußen war. Vielleicht… falls er das überlebt. Ob sie ihn hinrichten werden? Würde Elena oder Sissi das zulassen? Er wusste, dass beide nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen waren, aber ob sie so weit gehen würden?
Schließlich waren sie keine Mörderinnen. »Hast du etwa meinen Teil gegessen?«, riss Jake ihn plötzlich aus seinen Spekulationen, langsam sah er zu seinem Zellengenossen und grinste überheblich. »Nun. Elena war so nett und hat Kuchen mitgebracht. Sie hatte gestern Geburtstag, da du geschlafen hast, dachte ich mir, ich kann den Kuchen, doch nicht verkümmern lassen«, meinte er grinsend und schon spürte er Jacobs Hände um seinen Hals.
Doch dieses Mal würde er sich nicht so leicht unterkriegen lassen. Irgendwann muss es ja Schluss sein. Irgendwann reichte seine Tyrannei. Damon grub seine Fingernägel in Jacobs Haut und blitzte ihn wütend an. »Lass. Mich. Los!«, knurrte er und entblößte seine Fangzähne, doch Jake drückte weiter zu und kniff die Augen zusammen.
»Du bist echt frech geworden. Hast wohl dein Feuer wieder gefunden, huh? Hat dir der Anblick von Elena den Mut gegeben?«, wollte Jacob spöttisch wissen, Damon schob seine Arme durch den freien Spalt, drückte sie dann auseinander und schaffte es somit, dass Jake seinen Griff ein wenig lockern musste, das nutzte er und trat mit seinem Fuß so fest er konnte in Jakes Magen, sodass er zurücktaumelte. Damon rieb sich den Hals, auf dem sich rote Flecken ausbreiteten, wo Jake zugepackt hatte.
»Ich weiß nicht, wieso ich überhaupt bei dir dabei bin. Warum ich dir überhaupt folge! Aber Fakt ist, dass ich mir nicht alles von dir gefallen lasse, Jake!«, knurrte der Vampir und im selben Moment wurde ihm endlich klar, weshalb er Jake folgte. Es war wegen Elena.
Denn dort wo Jacob hinging, dort war auch die blonde Hexe. Wenn er Jacob folgte, konnte er sie wenigstens beschützen. Auch wenn er bisher einen sehr miesen Job gemacht hatte.
Jacob sah einen Moment den Vampir an und lachte dann laut. »Plötzlich wird mir alles klar«, meinte er glucksend, doch Damon knurrte nur als Antwort. Er musste sich endlich einen Plan machen. Er musste hier raus und er musste Jake loswerden und dann musste er dafür sorgen, dass Elena wieder ihre richtigen Erinnerungen bekam. Er konnte sich vorstellen, dass diese Zauberei nur alles schlimmer machte. Ihr Kopf musste total durcheinander sein, auch wenn vielleicht Sissis Zauber noch stärker war, aber früher oder später würde die Manipulation von Jacob wieder die Oberhand bekommen. Während er überlegte, war Jacob schon wieder bei ihm und brach ihn einfach das Genick. Das tötete zwar keinen Vampir, aber würde Damon für einige Stunden außer Gefecht setzen. Damon sackte zusammen und landete auf dem Boden. Jake grinste zufrieden und genoss die eintretende Stille.
~
Sissi wachte gähnend auf, reckte sich und ließ die Gelenke knacken. In die Decke gewickelt schlummerte ihre beste Freundin und schien einen friedlichen Traum zu haben. Deshalb beschloss sie, Elena mal nicht zu wecken. Leise stand sie auf und tappte zum Fenster, wo sie nach draußen sah. Dort ließ sie den Blick über ihre Heimat gleiten, dann blieb sie am Pool hängen.
Am leeren Pool. Gerade pumpte man das dreckige Wasser ab und man wollte die Äste entfernen. Es kroch ihr eiskalt durch die Glieder. Aquamarine, schoss es ihr sofort durch den Kopf. Sie drehte sich um, rannte auf ihr Bett zu und rüttelte heftig an Elena, die erfolglos versuchte ihr den Rücken zu zuwenden. »Elena! ELENA!«, brüllte Sissi ihr ins Ohr und blieb hartnäckig. »Wach auf, Elena! Sie pumpen den Pool ab. Aqua. Sie werden Aqua töten!«, rief sie vor Schreck. Gestern noch war sie misstrauisch gegenüber der Meerjungfrau gewesen, doch jetzt, wo sie darüber geschlafen hatte, kam ihr das Mädchen gar nicht mehr so gefährlich vor.
Wieder rüttelte sie an ihrer Freundin, die dann langsam aufwachte und über ihre Augen rieb. »Was ist?«, fragte sie schlaftrunken, noch mit einem Fuß in der Traumwelt. »Aquamarine! Der Pool. Sie lassen das Wasser ab«, erklärte sie noch einmal und warf ihr jetzt Klamotten zu, während sie in ihre schwarze Jeans und dem Regenbogentop schlüpfte.
Jetzt war Elena hellwach. Ihre Augen weiteten sich, dann zog sie ebenfalls den Schlafanzug aus und schlüpfte ins Alltagsoutfit. Eine Jeans, dazu eine weiße Bluse mit Rosenmuster und eine braune Lederjacke. Schnell schlüpfte sie noch in die braunen Stiefeletten und folgte Sissi nach draußen, sobald sie zumindest noch ihre Zähne geputzt und die Haare gekämmt hatte.
»Was werden sie tun, wenn sie die Meerjungfrau entdecken?«, fragte Elena, als sie neben Sissi die Stufen nach unten lief. »Sie werden sie töten«, erwiderte Sissi todernst und zog Elena zu einer kleinen Nische.
Dort packte sie den Kerzenhalter an der Wand, drehte ihn nach rechts und dann öffnete sich eine Geheimtüre. »Geht schneller«, winkte sie Elena zu sich und verschwand im dunklen Geheimgang. Kurz noch sah Elena skeptisch in die Finsternis, doch dann gewann die Sorge um Aqua und sie folgte ihrer besten Freundin. »Sissi warte. Ich kenne mich hier nicht aus!«, rief sie und rannte so schnell sie konnte, um zu der Hexe aufzuschließen.
Sissi war bei der Weggabelung stehen geblieben und wartete auf Elena, die keuchend vor ihr stehen blieb. Sie hatte einfach keine Kondition. Hatte sie noch nie. Vielleicht konnte sie in Gefahrsituationen rennen ohne zu schnell aus der Puste zu kommen, aber jetzt gerade, wo ihr eigenes Leben nicht in Gefahr war, bekam sie schon Seitenstechen. »Da lang«, sagte Sissi, packte Elenas Handgelenk und zog sie nach links.
Nur die kleine magische Flamme, die auf Sissis Handfläche tanzte, spendete ihnen Licht. »Wie weit noch?«, wollte Elena wissen, denn irgendwie war ihr der schmale Durchgang nicht ganz geheuer. Er summte vor uralter Magie, sie wusste nicht wie, aber sie konnte es spüren. So als wären hier ein paar Seelen gefangen. Ein Schauder lief ihr über den Rücken und sie war richtig glücklich, als sie endlich hinaustraten und die Sonne auf ihre Gesichter schien. »Ach endlich«, hauchte Elena erleichtert, sog die klare salzige Luft ein. Eine leichte Brise brachte das Aroma des Meeres zu ihnen. Elena entspannte sich und folgte Sissi weiter, die ohne stehenzubleiben auf das Tor zum Pool rannte. Als sie beide endlich ankamen, war bereits das komplette Wasser fort und man putzte eifrig die Poolfliesen. »Oh nein«, hauchte Elena erschrocken und schlug die Hände vor den Mund.
Ihre Augen suchten das Areal nach der Meerjungfrau ab, doch sie fand sie nirgendwo. Ob jemand sie bereits weggeführt hatte? Würde sie ohne Wasser nicht eingehen, fragte sie sich und bekam eine Gänsehaut bei dieser Vorstellung. Sissi starrte gleichermaßen schockiert auf den leeren Pool, dann marschierte sie zu den Arbeiter, der die Pumpe gerade abstellte.
»Ähm, hey. Mal ne Frage. War irgendwas im Pool?«, wollte sie mit einer unschuldigen Miene wissen. Seine weißen Schmetterlingsflügel, die am Rand bläuliche Muster aufwiesen, flatterten träge, dann kicherte er leise, aber verbeugte sich respektvoll. »Prinzessin. Da war einiges im Wasser. Sogar kleine Fische. Aber Wertgegenstände oder etwas größeres als ein Clownfisch war nicht drin. Nichts gefährliches«, wollte er sie beruhigen. Natürlich beruhigten sie diese Worte, aber nicht, weil nichts »gefährliches« dort drinnen gewesen war, sondern, weil die Meerjungfrau irgendwie dort rausgekommen war, bevor das Wasser abgepumpt wurde.
»Okay. Cool«, meinte Sissi, machte Handbewegungen und zog dann Elena mit sich. Der Arbeiter sah den beiden Mädels kurz noch nach und ging dann mit dem Abpumpgerät davon.
»Wo könnte sie hingegangen sein?«, dachte Sissi laut und zog jetzt Elenas Aufmerksamkeit auf sich, die gerade noch die Flügel der Fee bewundert hatte. Jetzt sah sie zu Sissi und ließ dann den Blick über die Gebäude schweifen. Dann fiel ihr ein Schuppen ins Auge, wo man einige Schwimmgeräte aufbewahrte. Aufblasbare Schwimmringe, Wasserbälle oder Netze. »Vielleicht ist sie dort drinnen und hat sich versteckt«, schlug Elena fort und schon machten sich beide auf den Weg zum Schuppen. Sie öffneten langsam die hölzerne Türe und dann wurde sie mit einer gelben Schwimmnudel verprügelt. »Woah. Warte. Ich bin′s. Sissi. Ich komme in Frieden«, rief sie quietschend und hob die Hände. Aquamarine schlug noch zweimal zu, bevor sie endlich die Stimme erkannte und die Schwimmnudel fallen ließ. »Oh. OH! Tut mir so leid«, rief sie entschuldigend und kicherte dann. »Guckt mal. Ich habe Füße! Ich musste aus dem Pool raus, plötzlich verschwand die Flosse und Beine wuchsen mir. Und guckt das mal an.«
Dabei deutete sie jetzt auf ihren blanken Hintern und drehte ihnen den Rücken zu. Ihre ozeanblauen Augen funkelten, als sie aufgeregt mit dem Hintern wackelte. »Ich kann darauf sitzen!«, entfuhr es ihr grinsend, denn sie hatte bis zu diesem Tage nie eine Ahnung gehabt, dass sie ein Mensch wurde, sobald sie an Land ging. »Woah«, entfuhr es den beiden Mädels gleichzeitig, dabei hielten sie sich jetzt die Hand vor die Augen, um nicht den Nackedei ansehen zu müssen. »Wie wär′s, wenn du dir was anziehst?«, meinte Elena gutmütig und hielt immer noch die Augen geschlossen.
Aquamarine sah jetzt an sich herunter, dann begann sie im Schuppen zu suchen. »Wieso eigentlich bekleidet ihr euch so?«, wollte sie wissen, denn als Meerjungfrau hatte sie nur einen Muschel-BH getragen. »Weil man das eben so tut. Wir sind zivilisiert«, erklärte Sissi und zuckte mit den Schultern.
Aqua beobachtete die beiden Hexen kurz und nickte dann schließlich. »Okay«, meinte sie nur und entdeckte nun eine Badehose und ein gelbes »I love FairyNova« T-Shirt. Sie schlüpfte hinein und zog das T-Shirt an, dann hüpfte sie an den beiden Mädels vorbei und stupste sie an. »Bin bekleidet«, trällerte sie und sah sich nun um. Ihr langes glattes, blondes Haar hatte eine eisblaue Strähne auf der rechten Seite. Ihre blauen Augen funkelten und ihr Lächeln strahlte mit der Sonne um die Wette. Die beiden Freundinnen öffneten die Augen und musterten die aufgekratzte Meerjungfrau, die alles in sich aufnahm. Das Meer war zwar ihre Heimat und unter Wasser gab es eine Stadt, die riesig und schön war. Aber nichts war mit den Hügeln und der Sonne zu vergleichen. FairyNova mit den schönen weißen Stränden, dem riesigen Schloss und den schönen grünen Grasflächen.
»Komm wir müssen endlich von hier weg«, murmelte Sissi und war schon Richtung Haustüre unterwegs. Elena hakte sich bei Aqua ein und zog sie sanft mit sich.
~
»Ihr geht schon wieder?«, fragte Jasmine verdutzt, als sie ihre Eltern mit Koffern in der Halle stehen sah. Schon den ganzen Tag hatte sie Sissi und Elena nicht gesehen. Sie hatte nach ihnen gesucht, zwar nicht überall, aber auf jeden Fall in ihrem Zimmer. Doch das Bett war bereits von dem Dienstmädchen gemacht worden und es fehlte jegliche Spur von ihnen.
Kelly und Basil sahen zu ihrer ältesten Tochter und lächelten sie dann liebevoll an. Auch wenn sie auf das Erbe verzichtete, liebten sie Jasmine dennoch genauso sehr, wie sie Sissi liebten. Sie wollten nur das beste für ihre beiden Kinder, auch wenn sie zu verbohrt auf die Traditionen hielten.
»Jap. Deine Mum wollte nach Paris«, meinte Basil schlicht und einfach, winkte dabei einen Diener heran, der die Koffer nahm. Jasmine runzelte leicht die Stirn und musterte ihre Eltern.
Paris. Sie waren doch schon so oft in Paris gewesen. Nie waren sie hier länger als ein paar Tage. Es war als würden sie regelrecht vor FairyNova flüchten. Doch Jasmine wusste es besser. Die beiden hatten damals soviel für sie alle geopfert und auch hatten sie damals den Krieg überstanden. Jetzt wollten sie einfach ihr Leben genießen und im Moment leben.
»Nehmt ihr mir vielleicht süße Schuhe mit?«, scherzte Jasmine und umarmte ihre Mum, dann ihren Dad. »Natürlich, Schatz«, meinte Kelly ernst, die eine Sucht nach Schuhen hatte, die sie regelmäßig befriedigen musste. Jasmine schmunzelte leicht, dann fiel ihr wieder ein, worüber sie mit ihren Eltern sprechen wollte. »Hey, bevor ihr geht. Könntet ihr nicht das alles abblasen? Die Verlobung und so? Ich meine wir sind im 21sten Jahrhundert. Irgendwann müssen wir auch diese Tradition loslassen«, tastete sie sich langsam voran, doch da stieß sie auf taube Ohren.
»Nein das geht nicht. Traditionen sind da, um sie einzuhalten. Das gilt auch für Regeln«, meinte ihr Vater streng. Seine braunen Augen, die er an seine Kinder weitervererbt hatte waren immer noch warmherzig, auch wenn sein Gesicht vor Strenge verkniffen war. »Aber Dad«, versuchte Jasmine es weiter, doch er schüttelte den Kopf und küsste dann Jasmine auf die Stirn.
»Da du verzichtet hast, mein Schatz, liegt die Last nun eben auf Sissis Schultern«, meinte er und traf dabei einen ungewollten wunden Punkt bei Jasmine. Sie wollte nicht egoistisch sein, aber sie würde für nichts auf der Welt Jeremy verlassen. Sie liebte ihn abgöttisch, also musste sie wohl eine andere Lösung für ihre kleine Schwester finden.
»Na gut«, seufzte sie. »Viel Spaß in Paris.« »Danke«, sagten die beiden gleichzeitig und marschierten dann Hand in Hand aus dem Schloss, während Jasmine ihnen nachsah.
Irgendwann würde sie die beiden schon noch weichklopfen oder es geschah vielleicht noch ein Wunder. In dieser Welt voller Magie, konnte schließlich alles geschehen.
Die Bettfedern quietschten protestierend, als Aquamarine auf und ab hüpfte. Sie jauchzte vergnügt, ihre blonden langen Haare flogen auf und ab und ihr Grinsen war so breit wie noch nie. Elena und Sissi saßen gemeinsam auf einen Sessel und sahen der Meerjungfrau dabei zu, wie sie wie ein hyperaktiver Flummiball auf und ab hüpfte. »Juhu«, kicherte sie und sprang immer höher. »Das macht so viel Spaß. Das könnte ich den ganzen Tag tun«, rief sie laut und fröhlich.
Die beiden Freundinnen sahen sich einen Moment an und seufzten dann gleichzeitig. Das ging jetzt schon seit einer Stunde so. Bisher konnten sie das hyperaktive Bündel noch nicht zähmen. Aber langsam riss Sissis Geduld. Also lehnte sie sich ein wenig vor und lächelte Aqua an. »Hey. Könntest du mal kurz aufhören mit dem Rumgehüpfe?«, fragte Sissi, während Aquamarine noch einen kleinen Hüpfer machte und dann auf ihren Hintern fiel.
Sie zappelte mit ihren Füßen und quietschte vergnügt. »Ich llllliiiieeebbeee Füße!«, trällerte sie munter und sah dann die beiden an. Elena konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, die Meerjungfrau war unglaublich, doch die Zeit lief ihnen vorbei. Es dauerte nicht mehr lange, dann waren die Sommerferien vorbei. »Okay also du meintest dein Vater würde dich verkuppeln wollen und deshalb bist du davon gelaufen, richtig?«, wollte Elena wissen, rutschte hin und her und musterte Aquamarine, die immer noch ihre Füße betrachtete.
»Jap. Richtig«, erwiderte sie, dann legte sich ihr Blick auf die Muschel, die vibrierte. Sissi folgte ihrem Blick, runzelte leicht die Stirn und legte dann den Kopf schief. »Vibriert … vibriert da meine Meeresmuschel?«, wollte sie jetzt wissen, doch bevor sie einen Muskel bewegen konnte, war bereits schon Aqua aufgesprungen und schnappte sich die Muschel.
»Jap. Das tut sie. Man hört doch das Meeresrauschen, wenn man ans Ohr hält. Manche Menschen glauben das wäre Humbug, aber es ist die Wahrheit. Jedoch funktioniert das nicht nur auf die eine Seite. Das Meer hört dich ebenfalls«, erklärte sie und ging jetzt ran. Dabei verzog sie sich auf den Balkon, um in Ruhe mit ihren Dad zu telefonieren.
Während sich Aqua mit Poseidon stritt, sahen sich die beiden Freundinnen an und flüsterten miteinander. »Das würde zumindest erklären, weshalb Percy immer so viel wusste. Oh mein Gott! Er wusste auch, dass ich mal in ihn verliebt war. Wie peinlich!«, quietschte Sissi, was Elena amüsierte. Sie kicherte laut, ihre Augen funkelten, dann musterte sie ihre beste Freundin. »Glaubst du Francois kommt zurück?«, fragte sie jetzt leise Elena und sah dabei so verloren aus.
Elenas Lachen brach abrupt ab, als sie die verletzten braunen Augen ihrer Freundin sah. »Ja. Er liebt dich. Er ist verrückt nach dir, Sissi.« »Wieso aber ist er dann gegangen?«, wollte sie wissen, ihre Stimme war brüchig und leise.
Elena biss sich auf die Lippe, rückte näher zu ihr und legte ihr jetzt sanft einen Arm um die Schulter. »Er hat es für dich getan. Er will dich beschützen. Er kommt zurück. Da bin ich mir sicher«, sagte sie und lächelte Sissi aufmunternd an. Jetzt schaffte sogar Sissi ein kleines Lächeln. Aber immer noch vermisste sie ihn höllisch! Oft fragte sie sich, ob es ihm genauso ging und dann wieder fragte sie sich, warum er noch nicht aufgetaucht war. »Wir haben ein Problem«, sagte Aquamarine jetzt und unterbrach die beiden Mädels.
»Was ist los?«, wollte Elena wissen, als sie das gequälte Gesicht der Meerjungfrau sah. Aqua seufzte, quetschte sich dann zwischen Elena und Sissi aufs Sofa und knetete ihre Hände. »Drei Tage«, murmelte sie leise, von dem fröhlichen Mädchen war nichts mehr zu sehen.
»Was ist in drei Tagen?«, wollten Elena und Sissi, wie aus einem Munde wissen. Aquamarine warf ihr Haar nach hinten und klärte dann alles auf. »In drei Tagen muss ich die wahre Liebe finden oder ich bin verloren. Mein Dad meint, wenn ich das nicht schaffe, dann wird er mich zurückholen und ich werde diesen Meermann heiraten müssen! Drei Tage! Glaubt ihr das ist machbar?«, wollte sie von ihren neuen Freundinnen wissen. Elena und Sissi sahen sich über Aquas Rücken hinweg an und kommunizierten nur mit ihren Augen, doch sie brauchten keine Worte, um sich zu verstehen.
Sie würden ihr helfen, auch wenn drei Tage für die wahre Liebe nicht wirklich ausreichten. Doch schließlich gab es ja sowas, wie die Liebe auf den ersten Blick!
Vielleicht hatte ja Aquamarine Glück. »Wir werden dir helfen«, sagte Elena fest und zauberte mit diesen Worten Aqua wieder ein Lächeln auf den Lippen. Die Meerjungfrau sprang auf und rannte jetzt zum Balkon, um frische Luft zu schnappen. Sie zog die salzige Luft tief ein und ließ dann den Blick über den Strand schweifen. »Okay. Jetzt muss ich nur noch den perfekten Kandidaten finden«, meinte sie, als wäre es ganz normal, dass man sich einfach mal aussuchte in wen man sich verliebte. Elena schob sich neben sie auf den Balkon und schüttelte leicht schmunzelnd den Kopf. »Du kannst dir nicht aussuchen in wen du dich verliebst! Lass den Blick schweifen und hör auf dein Herz. Macht es einen Hüpfer, dann vielleicht gibt es eine Chance. Aber oftmals kann auch Liebe einfach nur einseitig sein«, warnte die blonde Hexe Aquamarine, die jetzt jemanden gesichtet hatte, bei dem ihr Herz einen Hüpfer machte, so wie Elena es gesagt hatte. Auf den Wellen surfte Raymond und machte eine gute Figur dort auf dem Windsurfbrett. Nicht nur Aqua beobachtete ihn, auch viele Verehrerinnen am Strand waren total beeindruckt vom dem Prinzen.
»Ich will Liebe mit ihm machen!«, sagte Aquamarine und merkte noch nicht einmal, dass sie gerade ziemlich zweideutig gesprochen hatte. Die beiden Freundinnen sahen sich lachend an, aber dann nickten sie amüsiert. »Mit Raymond?«, fragte Sissi verschmitzt und stupste Aqua an, die jetzt verträumt nach unten sah, als der Blondschopf über den Strand joggte und Richtung Duschen lief. »Raymond«, hauchte sie, während sie das R rollte, als würde sie schnurren.
»Also ich hab nichts dagegen«, meinte Sissi grinsend, denn es wäre perfekt, wenn er sich in Aqua verlieben würde. Dann hätte sie zumindest eine Chance ihre Eltern umzustimmen. Denn niemand konnte doch auch noch Raymond zwingen, dass er sie heiratete oder nicht? Sissi wird ihre Eltern wohl nie verstehen. Schon rannte Aquamarine ins Zimmer zurück und die Treppen nach unten, bis sie nach draußen kam. Schnell folgten ihr die beiden Hexen.
~
Währenddessen hatte sich Raymond unter die Dusche gestellt und wusch das Salz von seiner Haut. Seine Bauchmuskulatur spannte sich an, als das eiskalte Wasser seinen Körper traf. Abgehackt atmete er ein und aus, ging von dem Wasserstrahl fort und schüttelte sich, wie ein nasser Hund. Seine blonden Haare standen ihm vom Kopf weg, der Wind ließ ihn frieren, aber gleichzeitig wärmte die Sonne seine gebräunte Haut. Aquamarine hüpfte über den Sand und war in flinken Schritten bei ihm. »Hi«, trällerte sie fröhlich und zog damit seine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Augenbraue schoss nach oben, als er sie erblickte. Dann ließ er unwillkürlich den Blick über sie gleiten. Er hatte sie noch nie in seinem Leben gesehen, aber sie sah wunderschön aus.
Ob ihr sonniges Gemüt, vielleicht auch noch eine interessante Frau offenbarte? »Hey«, antwortete er schließlich, als er genug geguckt hatte. Sein Lächeln erreichte seine Augen, seine perlweißen Zähne kamen zum Vorschein und seine graublauen Augen funkelten verschmitzt.
»Kennen wir uns?«, wollte er dann wissen, als Aqua ihn nur anglubschte. In der Zwischenzeit waren auch Elena und Sissi dazugestoßen. Doch bevor Elena zu Raymond gehen konnte, zog Sissi sie hinter einen Balken, wo man sie nicht sehen konnte. Sie legte einen Finger auf ihre Lippen und bedeutete somit Elena zu schweigen und nur zu lauschen und zu beobachten.
Elena zuckte kurz mit den Schultern und sah dann zu Raymond und Aquamarine. »Ich bin Aquamarine«, stellte sich die Meerjungfrau vor und lächelte ihn weiterhin freudestrahlend an. Er gluckste leicht, das Mädchen war wirklich mal eine Abwechslung. »Freut mich dich kennenzulernen, Aqua. Ich bin Raymond«, dabei hielt er ihr die Hand hin, doch sie runzelte nur verwirrt die Stirn. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was er von ihr wollte.
Ray ließ die Hand sinken und kratzte sich jetzt verlegen am Kopf. Sonderbar, aber irgendwie mochte er sie. Zumindest wollte er sie gerne kennenlernen.
»Liebst du mich?«, fragte sie jetzt aufgeregt und trat von einem Fuß auf den andern. Leicht verdattert sah er sie jetzt an. Erst glaubte er sich verhört zu haben, doch als er ihr erwartungsvolles Gesicht entdeckte, wusste er, er hatte richtig gehört.
Ein Strandbuggy schoss den Strand entlang und blieb stehen. Zwei seiner Freunde saßen drinnen. Einer malträtierte die Hupe, um Raymonds Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Yo! RAY!«, brüllte Bryan, der Kerl, der die Autohupe vergewaltigte. Raymond winkte genervt und brummte ein »gleich«, bevor er sich wieder Aquamarine zuwandte, die auf eine Antwort wartete. »Ähm, Aqua … ich will jetzt wirklich nicht deine Gefühle verletzen, aber ich bin nicht in dich verliebt. Aber ich finde dich heiß«, setzte er schnell hinzu, als er ihr enttäuschtes Gesicht sah.
»Mensch Raymond. Beweg deinen Arsch hier her. Wir haben noch was vor«, meckerte sein anderer Kumpel Reggie und kniff die dunkelbraunen Augen zusammen.
»Aber ...«, piepste sie leise, als ihr bewusst war, dass er sie nicht liebte. »Können wir später reden?«, fragte er und war schon auf halben Wege zum Buggy. »Wir sehen uns, ja?« Dann winkte er ihr zu, lächelte sie an und sprang in den Strandbuggy, der davonbretterte. Aqua starrte mehrere Minuten völlig reglos hinterher und drehte sich dann schließlich um, als sie Sissi und Elena in ihrem Rücken spürte. »Er liebt mich nicht«, jammerte sie und knetete ihre Hände. Ihr Gesicht war von Enttäuschung gekennzeichnet und schon sah sie sich mit dem Meermann verheiratet.
Doch Sissi lächelte und tätschelte sie dann am Arm. »Liebe braucht ihre Zeit. Was hat er denn gesagt?«, wollte sie wissen, denn alles hatte sie auch nicht richtig verstanden.
»Dass ich heiß bin«, seufzte sie, steuerte eine Hängematte an und ließ sich darin nieder. Elena schmunzelte leicht, lehnte sich gegen die Palme und sah zu der Nixe. »Na das ist ein Anfang. Er hat schon mal Interesse gezeigt«, versuchte sie Aqua aufzumuntern, doch die blies Trübsal. »Aber er muss mich lieben! Nicht Interesse zeigen. Ich muss meinem Vater doch beweisen, dass wahre Liebe existiert! Ich will nicht diesen Meermann heiraten«, jammerte sie weiter, dabei warf Sissi ihr verständnisvolle Blicke zu. »Ich kann dich da verstehen, Aqua. Aber wir bekommen das schon hin«, versicherte Sissi ihr, denn wenn die Meerjungfrau nicht mit dem Prinzen zusammenkam, dann war sie genauso geliefert. Elena wollte wirklich helfen, doch unwillkürlich musste sie an Damon denken und an Jacob. Sie hatten wirklich noch andere Probleme. Größere Probleme.
»Vielleicht aber sollten wir uns erst einmal um Damon kümmern. Ihn loswerden«, warf Elena ein und sah dabei ihre Hexenfreundin an, die kurz zusammenzuckte. Sie hatte den Vampir und den Hexer tatsächlich vergessen. Aber sie beide waren im Verlies. Dort kamen sie niemals heraus.
»Damon? Wer ist Damon?«, wollte die Meerjungfrau jetzt neugierig wissen. »Ist das dein Freund?« Dabei sah sie Elena musternd an, die sofort den Kopf schüttelte. Sie lachte über diese Vorstellung, aber gleichzeitig wurde sie rot. »Nein«, bestritt sie es vehement und hoffte auf einen Themenwechsel. Aqua hob eine Augenbraue, dann begann sie zu schmollen. »Dann bekommt ihr eben nicht den Wunsch«, meinte sie schnippisch und quälte sich jetzt aus die Hängematte. Sissi hielt sie am Handgelenk fest und drehte sie zu sich. »Wunsch?«, wollte sie wissen.
Ihre Augen funkelten neugierig, auch Elena konnte die Neugierde nicht verbergen. Aqua wusste sie hatte die beiden an der Angel.
Sie machte eine bedeutungsschwangere Pause und lächelte dann geheimnisvoll. »Ja, Wunsch. Wenn ihr einer Meerjungfrau helft, dann habt ihr einen Wunsch frei«, meinte sie ehrlich, dann musterte sie beide Mädels. Sissi sah jetzt flehend zu Elena. Ihre braunen Hundeaugen bettelten regelrecht, ihre Lippen waren zu einem flehenden Schmollmund verzogen.
Elena hielt dem Hundeblick nicht lange stand. Sie seufzte ergeben und kapitulierte dann. »Okay. Okay. Dann machen wir eben das Unmögliche möglich«, meinte Elena, stemmte die Hände in die Hüften und überlegte, wie sie das bewerkstelligen sollten. Hätten sie doch nur mehr Zeit, dann wäre das sicherlich ein Klacks. Aber nur noch dreieinhalb Tage und dann war die Deadline erreicht!
Doch Aquamarine war guter Dinge, quietschte erfreut und hüpfte dann davon.
Sissi und Elena sahen sich an und schüttelten dann gleichzeitig den Kopf. »Sie ist total durchgeknallt«, meinte Elena scherzhaft und grinste leicht. Sissi lachte herzhaft, hakte sich bei Elena ein und folgte gemütlich Aqua, die immer noch Richtung Schloss hüpfte. »Oh ja das ist sie. Aber sie hat zumindest das Herz am rechten Fleck«, meinte Sissi lachend und genoss das unbeschwerte beisammen sein mit ihren Freundinnen.
»Da hast du recht«, stimmte ihr Elena zu und sah Aqua nach. Aquamarine hatte es verdient die wahre Liebe zu finden und sie beide werden alles in ihrer Macht stehende tun, damit Aquas Wunsch in Erfüllung ging.
Der nächste Tag brach an, wieder lachte die Sonne am Himmel und regte dazu an im Meer zu schwimmen. Jedoch waren diese Gedanken für Damon gerade ziemlich fremd, denn nur ein einziger Gedanke beherrschte seinen Kopf. Nämlich der Durst nach Blut. Sein Gesicht war schon ganz blass, seine Kehle brannte und seine Sinne schwanden langsam.
Er saß am Felsen gelehnt und fixierte Jacob. Sein Hunger war so übermächtig, dass er schon daran dachte, ihn auszusaugen. Ungehindert den Konsequenzen, denn es konnte auch in die Hose gehen, sodass Jake ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, tötete. »Was guckst du so?«, wollte er wissen, kniff die Augen zusammen und ließ den Blick über sein blasses Gesicht gleiten.
»Du siehst … hungrig aus«, kommentierte er das wächserne Gesicht von Damon, der ihn böse anblitzte. »Ach ne. Wir sind nur Tage hier eingesperrt und ich habe bisher kein Tropfen Blut bekommen. Natürlich hab ich Hunger, Arsch«, knurrte er schnippisch, spürte seine trockene Kehle und lehnte sich erschöpft zurück an das kühle raue Gestein in seinem Rücken.
»Wir kommen hier raus. Wir brauchen nur einen guten Plan«, brummte Jacob, dann sprang er auf seine Beine und rüttelte an den Gittern. »HEY!«, brüllte er, doch seine Stimme hallte nur ungehört durch den Kerker. Hier und dort konnte man leises Wimmern hören, aber sonst war es unglaublich still. Damon konnte das Rauschen seines Blutes hören, das Pochen seines Herzens.
Er leckte sich über die trockenen Lippen, dann wollte er es sich es etwas bequemer machen und spürte plötzlich etwas in seiner Tasche. Verwirrt griff er hinein und holte die Zauberkreide heraus. Die hatte er komplett vergessen. Seine stumpfen Augen begannen plötzlich zu strahlen. »Oh mein Gott!«, rief er jubelnd aus, hievte sich schwerfällig auf und wedelte mit der Kreide herum. »Was ist das?«, wollte Jacob wissen, dabei sah er seinen Zellengenossen verwirrt an.
Doch der strahlte weiterhin wie ein Kerl, der im Lotto gewonnen hatte. »Die Zauberkreide!«, rief er aus, sah sie an, als wäre es ein Schatz und wich zurück, als Jake es ihm nehmen wollte.
»Zauberkreide?«, fragte er verständnislos, denn er stand auf den Schlauch. »Na. Die Kreide, die ein Portal erzeugen kann!«, erklärte Damon ungeduldig und zeichnete bereits das Triquetra auf den rauen Fels. Es leuchtete Erkenntnis in Jakes dunkelblauen Augen auf. »Ah!«, machte er und erlebte einen Aha-Effekt. Damon konnte nur den Kopf schütteln, aber jetzt beherrschte ihn wieder nur der Gedanke an Blut. Er musste sofort hier raus oder er würde hier eingehen.
Seine Finger schlossen sich um die Zauberkreide, dann beendete er mit Schwung das Triquetra. Jacob stand hinter ihm und murmelte die Worte, dann schimmerte die Wand und das Portal öffnete sich.
»Na endlich«, seufzte Damon, schubste Jacob fort und trat als erster durch das Portal, er spürte den Sog und war dann verschwunden. Verärgert stierte Jake auf das Portal, dann trat er ebenfalls hindurch. Weg von der Zelle.
~
Die beiden Hexen waren bereits schon sehr früh wach. Aber bis sie dann endlich angezogen waren, das dauerte eine Ewigkeit. Aquamarine hatte es versäumt ihnen zu sagen, dass sich ihre Beine zu Flossen verwandelten, sobald die Sonne unterging. So mussten sie die Meerjungfrau provisorisch im Bad unter bringen, aber auch wenn die Wanne groß war, bot sie dennoch nicht ausreichend Platz für ihre blaue Flosse. Sie mussten eine andere Lösung für sie heute Abend finden, damit sie mehr Bewegungsfreiheit hatte.
Sissi trug eine schwarze Jeans, eine rot-schwarz karierte Bluse und schwarze Ankleboots, dazu hatte sie ihre dunkelbraunen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und sich dezent geschminkt. Elena trug ihre blonden langen Haare wieder gelockt und offen. Dazu eine Hotpants, blaue Chucks, ein graues Top und eine schwarze Lederjacke, die sie aber auszog, als sie einen Blick nach draußen warf. Aquamarine, die ihre Beine wieder hatte, hatte sich von Sissi ein pinkes Kleid mit schwarzem Gürtel ausgeliehen und dazu pinke Ballerinas.
Nun ja eigentlich gehörte das Kleid Jasmine, aber Sissi hatte es damals für irgendeine echt langweilige Familienfeier gebraucht und es dann versäumt ihrer Schwester das pinke Kleid zurückzugeben. »So wir müssen endlich Operation Prinz Charming in die Tat umsetzen«, sagte Elena, nachdem sie sich einen Keks in den Mund geschoben hatte. »Raymond!«, trällerte Aquamarine, hüpfte durch′s Zimmer und konnte einfach nicht stillhalten.
»Ja Raymond«, bestätigte Sissi kichernd, schnappte sich ebenfalls einen Keks und knabberte daran. Elena packte Aquamarine an der Hand und zog sie jetzt neben sich auf das Bett. »Okay hör zu. Der erste Schritt ist, ihn anzurufen«, meinte Elena lächelnd und sah zu ihrer Freundin, die jetzt aufstand. »Wir gehen in die Bibliothek, dort haben wir wenigstens unsere Ruhe und niemand stört uns dort«, sagte Sissi, während sie Richtung Türe unterwegs war.
Elena krallte sich die gesamte Kekspackung, denn die würde sie sicherlich nicht hier lassen. Die drei Mädels gingen gemeinsam durch den Flur, liefen die langen Treppenstufen hinunter und bogen dann links in die Bibliothek ab. Doch sie waren nicht alleine, als sie die Doppeltüren öffneten und die riesige Bibliothek betraten. Regale reihten sich an Regale und reichten bis nach oben an die hohe Decke. Fein säuberlich waren sie einsortiert, kein Körnchen Staub war zu sehen und hier und dort waren Schildchen, die einen Buchstaben aufgedruckt bekommen hatten. Von A-Z, auch waren die Bücher nach Genre sortiert. Jasmine stöberte gerade und suchte sich neue Bücher.
Sie liebte es zu lesen, sie könnte den ganzen Tag damit zubringen.
Als sie jedoch Schritte hörte, wirbelte sie herum, ein Buch hoch erhoben, bereit dem Eindringling eins überzubraten. Dann jedoch sah sie Elena und Sissi. Sie entspannte sich, lächelte dann und klemmte sich die Bücher unter den Arm.
»Hey ihr beiden. Wer ist das?«, wollte sie wissen und nickte dabei in Aquas Richtung. Sissi sah kurz zu der Meerjungfrau, dann lächelte sie fröhlich, sie hoffte, dass sie ganz normal wirkte, sodass Jasmine nichts ungewöhnliches bemerkte. Jas jedoch hob eine Augenbraue und musterte ihre kleine Schwester eingehend. Sie kannte eben Sissi, besser als ihre Schwester glaubte, aber jetzt erst einmal war es wichtig, ihr zu sagen, dass ihre Eltern ihre Meinung nicht änderten.
Aber bevor sie dazu kam, es Sissi mitzuteilen, wurde sie bereits schon Richtung Türe geschoben. »Sorry Jazzy, aber wir haben eine sehr wichtige Besprechung. Wir reden später, ja?«, sie gab ihr kurz einen Kuss auf die Wange und machte dann die Türe vor ihrer Nase zu. Mit offenen Mund starrte Jasmine eine Weile die Eichentüre an, dann schüttelte sie den Kopf und seufzte laut. »Typisch Sissi«, brummte sie schmunzelnd, dann machte sie sich auf den Weg in ihr Zimmer, um die Bücher zu lesen.
Sissi führte Elena und Aquamarine zur Fensterfront, wo eine gemütliche Hängematte hing. In der Hängematte war Platz genug für alle drei Mädels. »Okay. Erster Schritt ist: Anrufen«, erklärte Sissi und händigte Aquamarine das schnurlose Telefon aus. Aqua runzelte die Stirn und legte den Kopf schief. »Was soll ich jetzt tun?«, wollte sie dann verwirrt wissen, dabei sah sie ihre beiden Freundinnen an. Elena lächelte sie freundlich an, nahm das Telefon und übergab es Sissi, damit sie die Nummer eintippen konnte. »Funktioniert wie die Muschel. Einfach an′s Ohr halten und reinsprechen«, erklärte Elena freundlicherweise, hörte wie Sissi die Nummer eintippte und streckte die Hand dann aus, damit sie das Telefon in ihre Hand legte.
»So hier«, dabei tippte sie auf das grüne Telefonzeichen und gab es ihr. Aquamarine sprang jetzt auf, mit dem Telefon in der Hand und drückte es dann mit glänzenden Augen an ihr Ohr.
Das Freizeichen ertönte, sie wartete, dann hörte sie eine Stimme. »Hallo?«, fragte Raymond, Aqua hielt die Luft an, dann kreischte sie gellend und warf das Telefon aus dem Fenster.
Es segelte durch die Luft und zerschellte dann auf dem Asphalt. Aquamarine klatschte vergnügt in die Hände und sah dann mit funkelnden Augen zu Elena und Sissi, die sie mit offenen Mündern ansahen. »Das war lustig. Wollen wir das nochmal machen?«, fragte sie kichernd, dann kam Leben in die beiden Mädels. Sie kicherten los, schnappten nach Luft und hielten sich vor Lachen den Bauch.
~
Jetzt war Plan B dran. Da der Anruf fehlgeschlagen war und die beiden Hexen es nicht noch einmal ausprobieren wollten, mussten sie Plan A streichen, aber sie hatten immer noch einige Pläne im petto.
»Okay. Was jetzt?«, wollte Aquamarine wissen, sie konnte kaum still sitzen, so aufgeregt war sie. Elena folgte Sissi in den Fahrradkeller in dem zwei Fahrräder vor sich hin vegetierten. »Sag mal wie lange bist du nicht mehr gefahren?«, wollte Elena amüsiert wissen, als sie den Staub sah. Dann kitzelte er in ihrer Nase und sie musste zweimal hintereinander niesen. »Gesundheit«, sagte Sissi grinsend, schnappte sich ein Fahrrad und schob es nach draußen. »Danke«, dankte die Hexe ihrer Freundin und nahm das andere Fahrrad. »Wir haben nur zwei, aber wir sind drei«, kommentierte Elena deren jetzigen Situation. Wieder machte ihr der Nebel in ihrem Kopf zu schaffen.
Wie ein tollwütiges Tier krallte sich der Schmerz in ihren Kopf. Für einen Moment schwankte sie, aber hielt sich noch auf den Beinen.
»Elena? Alles in Ordnung?«, fragte jetzt Sissi besorgt, stellte das Fahrrad schnell an den Baum und stützte jetzt ihre Freundin. Elena lächelte kurz und nickte dann, als sich die Kopfschmerzen verdünnisierten. »Ja. Nur diese Kopfschmerzen«, brummte sie, schob dann das Fahrrad hinaus in die Sonne, die ihr in die Augen stach, was nicht gerade eine Hilfe war.
»Sie werden bestimmt bald wieder weg sein«, versicherte sie ihr und lächelte aufmunternd. Aquamarine jedoch musterte Elena scharfsinnig und meinte dann: »Sie wurde verzaubert. Viel zu oft. Die Magie verlangt ihren Tribut. Egal was der zweite Zauber bewirken soll, er kann nicht für immer den ersten Zauber verschleiern. Der erste ist zu mächtig. Den kann nur die verzauberte Person selbst lösen.« Leicht baff sah Elena Aqua an, und auch Sissi riss die Augen weit auf. Sie hätte niemals gedacht, dass Aqua so ein Feingefühl hatte.
Vorsichtig sah sie zu Elena, die verwirrt dreinschaute, doch dann zuckte sie nur mit den Schultern. »Okay. Aber niemand hat mich verzaubert, da irrst du dich wohl«, dann nahm sie das Fahrrad und setzte sich drauf. »Los, setz dich vorne drauf, dann fahren wir los.« Aquamarine wollte jedoch nicht nachgeben. Denn sie war sich sicher, was sie sah. Aber als sie einen kurzen Blick zu Sissi warf, die beharrlich den Kopf schüttelte, schloss sie wieder den Mund und saß sich dann vorne auf den Lenker. »Cool. Lasst uns zu Raymond«, zwitscherte sie eine Spur zu fröhlich.
Elena runzelte leicht die Stirn, unwillkürlich musste sie an Aquas Worte denken. Doch das war alles so verdammt verwirrend, dass sie es dann doch aufgab und lieber sich auf das hier und jetzt konzentrierte. »Okay. Wollen wir?«, fragte Sissi nach einer Weile. Es wurde ein klein wenig frischer, der Wind spielte mit den Haaren der drei Mädchen. Elena stabilisierte das Rad und dann gab sie Schwung und trat in die Pedalen.
»Fahr voraus. Du weißt schließlich wo er wohnt«, sagte Elena und grinste kurz. Es war gar nicht mal so einfach mit der zusätzlichen Last zu fahren. Sissi sah kurz über ihre Schulter, nickte und fuhr dann voran.
Es dauerte nicht lange, da fuhren sie auch schon am Fenster vorbei, wo Raymond gerade seine Übungen machte. Er machte Situps, Liegestützen und Klimmzüge. Dann fiel sein Blick nach draußen, wo er die drei Mädels entdeckte, die kichernd mit den Fahrrädern hin und her fuhren. Raymond beobachtete sie amüsiert, da fiel ihm die Blonde auf. Die, die gefragt hatte, ob er sie liebt.
Sein Blick ruhte auf ihr, als sie dann zu ihm sah, winkte er lächelnd und entlockte ihr ebenfalls ein Lächeln. Aber plötzlich bremste Elena, ein Ruck ging durch Aquamarines Körper und dann flog sie. Sie flog durch die Luft, kreischte erschrocken auf und landete im Sand.
Elena jedoch starrte immer noch auf das Portal, nicht weit von ihr weg. Denn deswegen hatte sie erst angehalten. Aus dem Portal traten zwei ihr wohlbekannte Gestalten. Damon und Jacob. Scharf sog sie die Luft ein, dann blieb ihr Blick an Aquamarine hängen. »Oh mein Gott! Aqua!«, rief sie geschockt aus, aber bevor sie überhaupt auf sie zu rennen konnte, war bereits schon Raymond bei Aquamarine und begutachtete die Schürfwunde am Knie. »Das sieht schlimmer aus, als es ist«, beruhigte er sie und lächelte sie sanft an. Seine grau-blauen Augen funkelten leicht als er sie betrachtete. Er fand sie wunderschön und nach wie vor wollte er sie kennenlernen, auch wenn sie ein wenig anders war. Aber das machte sie irgendwie aus. »Ein bisschen Wasser ...« »Nein, nein, nein«, sagte sie schnell und sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an.
Raymond runzelte leicht die Stirn, dann holte er nur das Pflaster heraus. »Okay, dann nur ein Pflaster«, sagte er schmunzelnd und verarztete sie, während Sissi und Elena jetzt auf die beiden Feinde zugingen. »Wie seid ihr entkommen?!«, verlangte Sissi zu wissen und musterte die beiden kalt. Jake schob Damon beiseite, baute sich nun vor Sissi auf und schürzte die Lippen. Seine Geduld war definitiv am Ende. Die beiden hatten lange genug Friede, Freude, Eierkuchen gespielt, aber jetzt würde er sie zurück bringen und dann wird er gemeinsam mit Elena den Schatz von Limuria finden. »Nicht so wichtig. Was jedoch wichtig ist, ist der Schatz von Limuria. Elena in deinem Buch steht drinnen, wo er ist. Du musst es mir sagen! Wir hatten gemeinsam vor nach diesem Schatz zu suchen!«, sagte er, fixierte dabei Elena und versuchte mit ihr Augenkontakt zu halten.
Aber Sissi versuchte sie fortzuziehen. Sie würde es nicht zulassen, dass Jacob Elenas Geist weiter manipulierte. Eher würde sie die beiden für immer wegsperren lassen.
Aber Elena entzog ihr die Hand und ging jetzt auf die beiden Männer zu. »Schatz von Limuria?«, wollte sie wissen, erst sah sie Jake an, dann fiel ihr Blick auf Damon, der gequält aussah und furchtbar blass. »Ja. Du hattest etwas davon gesagt, als du den Zauberspruch beendet hattest«, versuchte er ihr auf die Sprünge zu helfen, doch es klingelte nichts.
»Sei endlich still. Aus deinen Mund kommen nur Lügen!«, rief sie schrill und versuchte wieder Elena mit sich zu ziehen. »Du bist doch die Lügnerin!« »Nein bin ich nicht! Du hast sie manipuliert!« »Ach und du etwa nicht, huh?«, rief Jake wütend, die beiden schrien sich in Rage und kamen sich immer näher, bis dann letztendlich Elena dazwischen ging und die beiden Streithähne auseinander brachte. Sie legte eine Hand auf jede Brust und sah zwischen den beiden hin und her.
Jake presste die Lippen aufeinander, sein Gesicht war vor Wut ganz verkniffen, Sissi ging es nicht anders. Hilfesuchend sah Elena nun zu Damon, der jetzt Jacob zurückzog und festhielt.
»Hey was soll das?!«, fauchte er ungestüm, doch auch wenn Damon geschwächt war, so konnte er ihn dennoch festhalten, denn auch Jake war geschwächt. »Beruhig dich! Ich will nicht schon wieder in diese Zelle!«, knurrte er angespannt, was genau das bewirkte, was es sollte.
Jake wurde still, denn die Aussichten wieder dort eingesperrt zu sein, waren auch für ihn nicht gerade prickelnd. Elena sah jetzt zu den Beiden. Sie hatte keine Ahnung, wer die Wahrheit spricht, aber solange sie nicht den Nebel lichten konnte, solange mussten sie wohl einen Kompromiss finden.
»Okay hört zu. Da ihr ja unbedingt alle mich wollt beziehungsweise mich für irgendwas braucht, machen wir einen Deal. Waffenstillstand, bis die Sommerferien vorbei sind. Wir müssen Aqua helfen und dann bekommen wir einen Wunsch frei. Wenn sie die Liebe ihres Lebens gefunden hat, dann sprechen wir noch einmal über diesen Schatz, okay?!«, fragte Elena und sah beide Parteien an.
Sissi gefiel das überhaupt nicht. Aber sie musste Elena Recht geben. Sie hatten jetzt andere Probleme und die Priorität gehörte jetzt Aquamarine. Damon knabberte an seiner Unterlippe, musterte die blonde Hexe und schmunzelte dann.
Sie war noch schöner, wie vor einem Jahr. Ob das überhaupt möglich war? Sicherlich lag es daran, dass sie stärker geworden war. Selbstbewusster, mutiger und sie hatte die Kontrolle über ihre Magie. »Ich bin dabei, aber erst einmal brauch ich was zu trinken.« »Klar, bekommst du«, versprach Elena ohne nachzudenken. Sissi knuffte sie empört in die Seite, aber sie blieb still. »Ja, okay Waffenstillstand«, brummelte sie, verschränkte die Arme und sah bockig in die Runde. Jetzt fielen alle Blicke auf Jacob, der die Nase kräuselte. So war das nicht geplant gewesen. Er hatte gehofft zu dieser Zeit schon Miriam in seine Arme schließen zu können.
Aber er musste wohl mitspielen, um das zu bekommen, was er wollte. Noch einmal in diesen Kerker wollte er nicht, also nickte er schließlich grummelnd.
Während die vier Waffenstillstand schlossen, amüsierten sich Aquamarine und Raymond ziemlich gut. Sie redeten und redeten, bis der Mund trocken wurde.
Als es dann Zeit war aufzubrechen, lud Raymond sie zur Strandparty ein, die morgen stattfand. Natürlich sagte Aqua begeistert zu. Sie war ihrem Ziel ein Schritt näher.
Nachdem sie alle sich gesättigt hatten, waren sie auf Sissis Zimmer gegangen und lasen sich Magazine durch, die ihnen mit ihren Psychotests weiterhelfen sollten. Ein ganzer Stapel lag auf dem Bett verteilt, in den Aquamarine blätterte und jedes kleine bisschen sich durchlas. Elena saß auf der Fensterbank und starrte nach draußen. Sie hielt nichts von Psychotests und auch nicht wirklich von den ganzen Texten in den Magazinen. Liebe erfuhr man nicht durch Worte, Liebe erfuhr man, wenn man es fühlte. Natürlich konnten Worte dich in andere Welten führen, sie konnten dich traurig oder glücklich machen. Aber Liebe … Liebe spürte man nur, wenn man die sanften Lippen der Person spürte, die man liebte. Liebe spürte man, wenn man den sanften Atem spürte, der deine Wange streifte. Liebe spürte man, wenn man ein warmes Kribbeln in der Magengegend verspürte, wenn man die Person sah, die man liebte. Unwillkürlich schweiften ihre Augen über den Raum.
Aqua hing mit dem Kopf nach unten, über dem Bettrand, während Sissi im Schneidersitz auf dem Boden saß und las. Jacob hatte sich in einen Sessel gepflanzt und war eingeschlafen und Damon … Damon beobachtete sie und als sich ihre Blicke trafen, lächelte er sanft.
Langsam stand er auf und kam jetzt auf Elena zu. Dann sah er sie fragend an, mit einer kleinen Handbewegung erlaubte sie ihm, sich zu setzen. Er ließ sich auf die Fensterbank nieder und musterte dann die blonde Hexe. »Wie geht′s dir?«, wollte er leise wissen und stupste sie am Knie an. Sie lächelte ganz kurz und ließ dann wieder den Blick nach draußen gleiten. »Ich weiß es nicht. Manchmal habe ich das Gefühl irgendetwas stimmt nicht mit mir.« Elena konnte nur auf ihre Hände sehen, dann jedoch spürte sie seine warmen Hände um ihre. Er strich ihr sanft über die Fingerknöcheln und lächelte traurig. »Nun. Das liegt daran, dass da etwas durcheinander bei dir ist. Aber darauf fokussieren wir uns, wenn wir deiner kleinen Freundin geholfen haben«, versprach er ihr und zwang sie, ihn anzusehen.
Elena hob den Blick und nickte dann. »Okay. Ich vertraue dir zwar nicht, aber ich glaube dir.« Dann entzog sie sich ihm und ging auf Sissi zu, die die beiden beobachtet hatte. »Und? Schon etwas interessantes gefunden?«, wollte sie wissen und ließ sich neben ihre Freundin fallen. Sissi hob eine Augenbraue und deutete dann zu Damon. »Und? Was wollte er?« »Nichts«, meinte Elena achselzuckend. »Er meinte nur, er hilft mir, wenn wir Aqua geholfen haben.« »Bei was will er dir helfen?«, will sie misstrauisch wissen und sah zu Damon, der immer noch bei der Fensterbank saß. Sie traute dem Vampir kein bisschen über den Weg. Und das wird sich niemals ändern.
»Na dass ich wieder ich werde«, erwiderte Elena, lachte leicht und schnappte sich dann ein Magazin. »Leute ich habe alles durchgelesen und was jetzt?«, wollte Aqua wissen, machte einen Purzelbaum und saß dann neben den beiden Hexen.
Sissi sah auf die Uhr, dann grinste sie breit. »Jetzt gehen wir shoppen. Denn er hat dich schließlich zur Strandparty eingeladen und da musst du perfekt aussehen!«, sagte sie lächelnd, dann erhob sie sich und half ihren beiden Freundinnen auf. »Dann lasst uns mal shoppen gehen!«, rief Aquamarine, denn das kannte sie natürlich. Sich hübsch machen, war ihr halbes Leben.
Sissi und Aquamarine stürmten schon aus dem Zimmer, bevor Elena es überhaupt realisierte. Damon bequemte sich ebenfalls auf die Beine, boxte im Vorbeigehen Jacob in den Magen und gluckste belustigt, als Jake erschrocken aufwachte. »Arsch«, brummte er daraufhin ungehalten und wollte ihm in den Hintern treten, doch da war Damon schon außer Reichweite und konnte darüber nur amüsiert und schadenfroh lachen. Der Vampir schob Elena nach draußen, dann folgten sie Aqua und Sissi, die angeregt quasselten, über Nagellack und Schuhe.
Elena konnte nicht wirklich mitreden. Sie hatte sich aus solchen Dingen nie etwas gemacht. Sie zog an, was ihr gefiel. Sie schminkte sich zwar und sie machte ihre Haare, aber Markennamen bedeuteten ihr nichts. »Müssen wir wirklich mit zum Shoppen?«, fragte Damon und zog eine gespielt gequälte Grimasse. Elena sah kurz zu ihm und schmunzelte dann leicht. »Klar. Wir brauchen starke Männer zum Tüten tragen«, scherzte sie und hörte ihn leise Lachen. Sie sah kurz zu ihm und sah seine blauen Augen, die amüsiert funkelten, dann zwinkerte er ihr kurz zu.
Sie rollte mit den Augen und trat dann hinaus in den Sonnenstrahl. Die Nachmittagssonne erwärmte ihre Gesichter und ließ für einen Moment all die Probleme in weiter Ferne rücken.
~
Alle fünf saßen im Bus und fuhren zur Mall. Es war etwas komplett normales, doch gleichzeitig auch war es seltsam. Vor allem als sich Damon zu ihr saß und sie seine Nähe spürte. Sie verspürte zwei Dinge gleichzeitig. Zum einen nahm sie seinen typischen Damon-Duft wahr und seine Wärme, zum anderen aber musste sie an das letzte Jahr denken und die Fetzen, die ihr übrig geblieben waren. Jedoch hatte sie Schwierigkeiten zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden.
»Wo wollen wir zuerst hin?«, fragte Aquamarine aufgeregt, sah über die grauen Sitze zu Elena und Damon und grinste dabei beide an. Sissi tat es ihr gleich, sie suchte nach Jacob, denn den wollte sie ebenfalls im Auge behalten. Aber am meisten jedoch machte ihr Damon′s neuerdings großes Interesse an Elena irgendwie Angst. Sie fragte sich, was er vor hatte. Ob er sie manipulieren wollte und sie dann tötet, sobald er das bekam, was er wollte? Nämlich das Buch der Schatten.
Er war schon immer scharf auf das Buch gewesen. Sissi kniff die Augen zusammen und durchbohrte den Vampir mit ihren tödlichen Blicken. Damon erwiderte gelassen den Blick.
Elena sah zwischen den beiden hin und her. »Also falls du mit mir Platz tauschen willst, immer wieder gerne«, meinte Elena grinsend, dafür bekam sie dieses Mal den tödlichen Blick ab. »Ne. Aber du kannst dich ja zu uns setzen«, schlug Sissi mit einem zuckersüßen Lächeln vor. Elena hob eine Augenbraue und schüttelte dann den Kopf. »Nein, danke. Ich brauch Platz. Zu dritt da reinquetschen? Da bleib ich lieber bei ihm.« Dabei deutete sie auf Damon, der mit der Zunge schnalzte. »Ich hab einen Namen, Blondie«, tadelte er sie und brachte sie zum Grinsen. »Damon«, betonte sie jede Silbe und brachte ihn zum Schlucken, als er seinen Namen in diesem Ton aus ihren Mund hörte. Für einen Moment starrte er ihr nur in die Augen, dann jedoch rief er sich wieder in den Sinn, dass er eigentlich mit einer Blake nichts mehr anfangen wollte.
»Wie lange dauert die Fahrt noch«, nörgelte Damon, um sich abzulenken. »Ach jetzt sind wir schon bei dieser Frage? Wir fahren erst ungefähr fünf Minuten. Musst dich noch gedulden, Zecke«, brummte Sissi und drehte sich dann wieder nach vorne.
»Zecke?«, wiederholte er die Beleidigung eingeschnappt. »Na ja. Schwarz bist schon mal«, neckte Elena ihn und deutete auf seine Haare. Damon wandte sich Elena zu und kniff jetzt die Augen zusammen. »Zecken haben Zangen«, grummelte er weiterhin beleidigt und sah wie Grumpycat höchstpersönlich aus. Jetzt kicherte Elena und schlug ihm dabei lachend sachte auf den Arm. »Du hast zwei Reißzähne!«, erwiderte sie unter ihrem Kicheranfall und setzte zwei Finger an ihren Mund um zwei Zangen anzudeuten. Jetzt musste Damon auch grinsen. Er tat es ihr gleich und pikste sie dann in die Seite. »Frechheit. Hast du ein Glück, dass wir Waffenstillstand haben«, meinte er und bekam eine von Elena in die Seite geboxt. »Du hättest gegen mich gar keine Chance. Ich habe Magie. Du würdest einen Stromschlag bekommen, bevor du überhaupt deine Beißerchen in die Nähe meines Halses bekommen würdest«, meinte sie fest von ihren Fähigkeiten überzeugt. »Ach ist das so?«, wollte er wissen und hob eine perfekte Augenbraue.
»Kostprobe?« »Nein danke. Ich passe«, meinte er heiser lachend. Jacob beobachtete Damon und Elena. Er wurde leicht wütend, bei den Gedanken, dass Damon gerade glücklich war und er nicht. Der verdammte Vampir hatte es nicht verdient. Nur dumm, dass es genau die Hexe war, die er unbedingt brauchte. Aber wenn er das hatte, was er wollte, dann würde er sie vor seinen Augen töten. Bei diesen Gedanken musste er boshaft grinsen.
~
Das Einkaufszentrum war riesig. Es hatte vier Stockwerke und strotzte nur so vor Läden und Shoppingsüchtigen. Überall konnte Elena schillernde Flügel erkennen, hier und dort waren ganz normale Menschen oder auch andere Wesen. Sie konnte nicht entscheiden was, was war, aber Damon stupste sie jedes Mal an und erklärte ihr, welches Wesen sie gerade passiert hatten.
Kobolde, Elfen, Hexen und so vieles mehr. Elena kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Es war so anders, wie bei den Menschen. Hier flogen Kugeln durch die Luft und Glitzerstaub, die Bilder an den Wänden bewegten sich, wie auch in Hogwarts und die Dekoration schillerte in allen Regenbogenfarben. Jeder schien den andern auszustechen wollen.
Eine Explosion aus Farben und bunten Waren. »Kommt, da lang«, dirigierte Sissi alle zur Rolltreppe, die sie grinsend betrat.
Aqua sah auf die Rolltreppe, gluckste erfreut und setzte vorsichtig einen Fuß darauf, schon wurde sie mitgezogen. Sie klammerte sich an das Geländer und sah sich staunend um. Je höher sie kamen, desto größer wurden ihre Augen. »Das ist einfach alles so fantastisch«, rief sie ergriffen und sah zu Elena und Sissi. »Bei uns Zuhause gibt es sowas nicht«, erzählte sie und sog alles auf, wie ein Schwamm. »Wie ist es denn bei dir Zuhause?«, wollte Elena neugierig wissen und folgte den beiden Mädels zu Mister*Lady. Sofort stürzten sie sich auf die Klamotten, als würde es um deren Leben gehen. Elena beobachtete die beiden amüsiert, bis jedoch Sissi und Aqua sie an beiden Armen packten und sie mit sich zogen.
Es wurde eine regelrechte Fashionshow. Hier und dort wurden neue Outfits probiert, es wurde gekichert und jedes Kleidungsstück kritisch beäugt. Bis sie dann endlich die passenden Klamotten gefunden hatten, waren schon zwei Stunden vergangen.
»Jetzt noch die Haare und die Fingernägel«, trällerte Sissi, packte die ganzen Tüten und marschierte mit der Meerjungfrau aus den Laden. Elena hatte selbst einige Tüten zu tragen. Doch die nahm ihr Damon ab, auch wenn sie protestierte, er bestand darauf.
Da er ein ziemlicher Sturkopf sein konnte, gab Elena dann schließlich auf und ließ ihn die Tüten tragen. Sissi ging wieder zielstrebig voraus, Aqua hüpfte nach und die andern drei marschierten ebenfalls nach. »Unsere letzte Station«, verkündete Sissi mit strahlenden braunen Augen und blieb vor dem Beauty Salon stehen. Dann sah sie zu Aquamarine und Elena, die beiden Männer ignorierte sie gekonnt. »Na dann. Lasst uns rein«, meinte Elena, sah kurz zu Damon und schob dann die beiden Mädchen hinein. Sofort nahm sich eine Verkäuferin der drei Teenager an.
Noch war die Sonne hoch am Himmel und tauchte alles in ein strahlendes Licht. Damon konnte immer noch staunen, wie die Mädels aussahen. Als wäre alles mit Magie verändert worden, die Haare saßen perfekt und die Klamotten passten zu dem Make up. Elena trug ein sonnengelbes Top mit Spitze, dazu einen weißen Rock und eine Jeansweste. Ihre Füße steckten in einfachen Sandalen und auf ihren blonden Haaren saß ein Strohhut mit Ripsband.
Sissi trug ein schwarzes Top und einen Blümchenrock mit beigen Ballerinas und einer Kette mit einem Schmetterlingsanhänger. Aquamarine hingegen, machte Barbie Konkurrenz. Sie trug einen pinken Rock mit Falten, dazu ein hell pinkes Top und pinke Ballerinas. Ihre Haare waren stark gelockt, so wie bei einem Engel. Sie strahlte mit der Sonne um die Wette und war ganz hin und weg. »Ich liebe diesen Strand einfach. Einer der schönsten Strände der Welt«, flötete Aquamarine mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. Unwillkürlich suchte sie den Strand nach Raymond ab.
Aber bei der großen Menge an Besuchern war es kaum möglich den Prinzen zu finden. Sissi hatte in der Zwischenzeit Jasmine entdeckt, die schnurstracks auf sie zu kam, im Schlepptau hatte sie Jeremy, der ihr keine Sekunde von der Seite wich. »Hey Jas. Hi Jer«, begrüßte Sissi die beiden fröhlich und ließ den Blick über die Strandparty gleiten, die in Stil von Hawaii ausgerichtet worden war. Jasmine jedoch verstellte ihr den Blick und verschränkte jetzt die Arme vor der Brust. »Sissi. Unsere Eltern werden in zwei Tagen, den mit eingerechnet wieder da sein und dann wollen sie dich verheiraten! Können wir jetzt endlich reden? Uns einen Plan ausdenken?«, fragte sie, doch da lächelte Sissi nur geheimnisvoll und umarmte ihre Schwester. »Ich hab einen Plan. Keine Sorge. Du musst dich nicht mehr darum kümmern. Hab viel Spaß beim Fest«, sagte sie lächelnd, dann wandte sie sich zu ihren Freunden um.
»Also wollen wir es angehen?«, fragte sie die vier und sah jeden einzelnen an. »Klar. Allzeit bereit«, erwiderte Elena lachend und hakte sich dann bei den beiden ein.
Gemeinsam gingen sie den Strand entlang, tiefer in die Feier hinein. Der Duft von gebrannten Mandeln waberte in der Luft und auch der süßliche Duft von Zuckerwatte konnte man riechen. Elena war kein Fan von Zuckerwatte, aber sie liebte gebrannte Mandeln. Schon suchte sie in ihrer Tasche nach Kleingeld, was sie aber nicht besaß. »Mist«, brummte sie und sah sehnsüchtig mit wässrigen Mund auf die braunen Mandeln. »Willst du eine Packung?«, fragte Damon, der ihren Blick gesehen hatte. »Kein Geld«, meinte Elena achselzuckend und wollte sich schon abwenden, da hielt sie aber Damon auf. »Ich kauf dir eine Packung«, dann war er schon beim Verkäufer bevor Elena protestieren konnte. »Hier«, grinste er breit und hielt ihr die Packung hin. Elena zögerte noch, dann jedoch nahm sie sie an. »Danke«, murmelte sie leise, lächelte kurz und ging dann Sissi nach, die bereits die Menge nach den Prinzen absuchte.
»Wo ist er denn?«, murmelte sie, scannte die Menge und entdeckte ihn dann endlich in der Nähe des Wassers. »Hier ist er«, rief Sissi, packte Aqua bei der Hand und zog sie mit sich.
Die Mädels marschierten zu dem blonden Kerl, währenddessen hielt Jacob Damons Arm fest und drehte ihn zu sich um. »Mir reißt langsam aber sicher der Geduldsfaden, Damon! Wo sind wir hier denn? In einem beschissenen Barbiefilm, wo alles Friede, Freude, Eierkuchen ist und wo Einhörner Regenbogen ausscheißen?«, beschwerte er sich zornig und sah mit voller Verachtung auf die fröhlich Feiernden. Damon konnte dabei nur mit den Augen rollen. »Du bist aber wieder gut drauf. Geduld. Als Vampir muss man das immer auf die harte Weise lernen. Wenn man etwas will und will, dass es wirklich funktioniert, dann muss man Geduld aufbringen können«, meinte er nur und wollte sich von Jacob losreißen, aber der Dämonenhexer hielt ihn eisern fest.
»Geduld? Geduld tötet das Tempo. Ich will endlich alles hinter mir haben. Fertig«, meinte er schnippisch und ließ dann Damon los. Da er sowieso nichts anderes tun konnte, außer warten, verschwand er. Elena würde nirgendwo anders hingehen. Aber vielleicht fand er ja etwas, womit er endlich allem ein Ende bereiten konnte.
»Hey Aquamarine«, rief Prinz Raymond, als er die blonde Meerjungfrau erblickte. Er lächelte fröhlich und starrte sie an, dann huschte ein kleines Lächeln über seine Lippen. Ziemlich pink angezogen, aber er musste sich eingestehen, dass es ihr stand. »Toll siehst du aus«, sagte er und joggte auf die Mädels zu. »Hallo Prinzessin Sissi.« »Hallo Ray«, begrüßte Sissi ihren alten Freund kurz, dann schob sie Aqua nach vorne, damit sie in den Mittelpunkt geriet. Wieder streiften seine Augen die Nixe. »Hast du vielleicht Lust zu tanzen?«, wollte er dann wissen und grinste breit. Aqua schien als hätte sie ihre Zunge verschluckt. Sie konnte nur fasziniert auf den Prinzen gucken und nickte dann übermütig mit dem Kopf. »JA!«, rief sie begeistert und hakte sich bei ihm ein, als er ihr den Arm anbot.
Als sie in das Festzelt gingen wurden sie von den tanzenden Paaren überwältigt. Überall sah man schillernde Flügelpaare, Lampions waren in den verschiedensten Farben aufgehangen worden und die Zeltdecke zeigte den Himmel. Zahlreiche Tische mit dem verschiedensten und köstlich aussehendsten Speisen waren längsseits aufgereiht worden und hier und dort stand ein Schokoladenbrunnen oder ein Brunnen, der mit Punsch aufgefüllt worden war. Raymond zog Aquamarine direkt in die tanzende Menge, wo er mit ihr tanzen wollte. Flashlight wurde gespielt, ein Cover von FM Reset. Aqua sah zu den tanzenden Leuten, versuchte deren Tanzbewegungen zu kopieren, jedoch gelang es ihr nicht wirklich und alles was sie zustande brachte waren seltsame Wischbewegungen. Raymond starrte ihr mit hocherhobenen Augenbrauen zu und gluckste dann belustigt. Sie war wirklich so anders als sonst irgendein Mädchen.
Sie konnte nicht wirklich tanzen, sie war überdreht und wie ein offenes Buch. Sie betrachtete alles so, als hätte sie es noch nie im Leben gesehen. Vor allem aber sah sie wie jemand aus, die nicht von hier kam. Dessen Leben wo ganz woanders stattfand und er hatte das Gefühl, dass sich ihre Kultur total unterschied von seiner eigenen.
Er wollte mehr von ihr erfahren, er wollte wissen, welches Wesen sie war. Denn er wusste mit Sicherheit, dass sie keine Fee und kein Mensch war. Aber es ging von ihr eine uralte Magie aus, eine andersweltige Magie. Während er sie betrachtete und grübelte, standen Sissi und Elena am Rand der Tanzfläche und tauchten eine Erdbeere in die Schokolade. »Ich liebe Schokoerdbeeren«, seufzte Elena und biss genüsslich davon ab. »Ich auch«, gab Sissi grinsend zu und sah dann wieder zu Aqua, die jetzt von Raymond im Tanzen unterrichtet wurde. »Ich wünschte Francois wäre hier«, murmelte Sissi leise und knetete ihre Finger traurig. Elena strich ihr tröstend über den Rücken und gab ihr dabei einen Kuss auf die Schläfe.
»Er kommt wieder«, versuchte sie Sissi zu trösten, was Sissi mit einen kleinen Lächeln dankte. Dann jedoch verdüsterte sich ihr Blick. »Was hat denn dieser Hexer schon wieder vor«, knurrte sie, als sie Jacob sah, wie er sich durch die Menge drückte und dann verschwand.
»Ich bin gleich wieder da. Bleib hier«, befahl die Hexe ihrer Freundin und war dann verschwunden. Elena sah ihr besorgt nach und wusste dann nicht, was sie mit sich anfangen sollte. Irgendwie fehlte ihr die Action und die Gefahr. Ihr Körper war manchmal ziemlich angespannt, da sie darauf wartete, dass jetzt etwas schreckliches passierte. Alles war so friedlich. So gewöhnungsbedürftig. »Tanzen?«, wollte dann eine männliche Stimme wissen und eine Hand wurde ihr angeboten. Sie ließ den Blick von der Hand nach oben gleiten und sah in ein Paar hellblaue Augen, die sie musterten. Es war Damon. Ob das vielleicht ein Test war? Sie konnte sich immer noch nicht erklären, warum er plötzlich so nett war. »Wieso bist du so … unkompliziert?«, wollte sie dann wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Damon ließ die Hand nicht sinken. Er schmunzelte leicht und seine Augen funkelten amüsiert. »Unkompliziert? Heißt das ich bin ständig kompliziert?« »Ja. Und nervig.« »Nervig auch noch«, sagte er und schnalzte mit der Zunge. »Da muss ich dir ja Kopfschmerzen bereiten.« »Jap. Jedes Mal«, meinte Elena dann grinsend und sah wieder zu seiner Hand. »Aber dennoch können wir doch tanzen oder? Du siehst aus, als wäre es dir langweilig«, wollte er sie mit seinem charmanten Lächeln umstimmen. Elena sah zur Tanzfläche, entdeckte dabei Raymond und Aqua, die viel Spaß hatten und suchte dann nach Sissi, doch die war nicht mehr im Zelt. Dann fiel ihr Blick wieder auf den Vampir, der immer noch auf ihre Antwort wartete. »Okay. Nur das eine Mal«, meinte sie seufzend und nahm seine Hand. »Du wirst es nicht bereuen«, versprach er ihr, zog sie zur Tanzfläche und ließ sie in einer Drehung in seine Arme fallen. Elena öffnete langsam die Lippen, um etwas zu sagen, doch es war, als wären ihr die Worte abhanden gekommen. Damon lachte leise und tanzte dann mit ihr. Sie ließ sich von ihm führen und rang nach Worten. Sie wollte nicht neugierig sein, aber sie wollte unbedingt wissen, wie lange er überhaupt schon lebte. Sie wollte Geschichten von früher hören, wollte einfach nur wissen, wie es damals war und wo er gelernt hatte so zu tanzen.
Seine Hand lag sanft auf ihrem Rücken, mit einer Sicherheit, die sonst kaum einer besaß, führte er sie über die Tanzfläche und ließ sie dabei keine Sekunde aus den Augen.
In diesen Moment verliebte er sich gänzlich in sie. Er verliebte sich und gestand es sich endlich selbst ein. Ihre Locken hüpften und flogen, das Blond sah aus wie der Sonnenschein. Ihre blauen Augen, wie der weite Ozean und ihre Lippen waren rosig und voll. Perfekt zum Küssen, doch das traute er sich nicht. Er wollte den Moment nicht zerstören, denn er wusste, dass sie es nicht zulassen würde. Also tanzte er weiter und spürte ihren neugierigen Blick auf sich. »Was ist?«, wollte er dann wissen und nahm keine Sekunde den Blick von ihrem Gesicht. Elena sah ihn ertappt an, wurde kurz rot und räusperte sich dann. »Nun ja. Ich habe mich gefragt, wie alt du wohl bist«, gab sie kleinlaut zu und hörte ihn Lachen. Bei dem Klang seines Lachens, musste sie ebenfalls lachen. »Tut mir leid, wenn ich neugierig bin.« »Nein. Das macht mir nichts aus«, sagte er dann ehrlich und tanzte mit ihr weiter. »Und? Wann wurdest du geboren?«, wollte sie wissen und musste noch nicht mal mehr auf ihre Füße gucken.
Es war als würde sie auf Autopilot laufen. »Okay. Ich wurde am 28. Juni. 1448 geboren«, erzählte er ihr schmunzelnd, ihre Augen wurden größer bei diesem Datum. »Wow. Das sind ja ...« »567«, ergänzte er ihren Satz mit einem verschmitzten Lächeln. »Boah du alte Schachtel«, erwiderte sie grinsend und lachte, als er sie kurz überrascht ansah. »Du musst echt viel erlebt haben. Hast du einen zweiten Vornamen?«, wollte sie weiter wissen und sah ihn wieder an.
Damon drehte Elena um ihre eigene Achse und zog sie wieder zu sich, jetzt legte Elena ihre Arme um seinen Hals und verschränkte sie dahinter. Er konnte ihren Atem auf seinem Gesicht spüren und musste schwer schlucken. »Ja den hab ich«, sagte er, um sich abzulenken. Elena wartete geduldig, bis er weitersprach. »Francesco. Deiner?«, fragte er neugierig und dann endete der Tanz und die Leute räumten die Tanzfläche. Elena blieb mit ihm mitten auf der Tanzfläche stehen und lächelte leicht. Schon dachte Damon, sie würde es ihm nicht verraten, doch dann sagte sie: »Amara.«
~
Sissi hatte überall nach ihm gesucht, doch sie fand Jacob nicht mehr. Egal, wo er gerade war, er war auf jeden Fall nicht in der Nähe. Seufzend ging sie wieder zurück ins Zelt und beobachtete Damon und Elena beim Tanzen. Sie verzog das Gesicht, aber sie störte die beiden nicht, denn etwas beziehungsweise jemand anderes lenkte sie ab. Charlet war soeben ins Zelt getreten und wollte Aquamarine und Raymond ansteuern. Sissi wusste, dass sie auf Raymond scharf war, aber sie musste es unterbinden, sonst würde der Plan nicht funktionieren. Also stellte sie sich ihr in den Weg und hielt Charlet auf. »Geh aus den Weg, Prinzessin«, maulte Charlet, denn sie hatte noch nie Respekt vor Sissi gehabt, doch bevor sie sie wegschieben konnte, war Raymond bereits mit Aqua hinausgegangen.
»Charlet gib es auf. Ray interessiert sich für jemand anderen und wir sollten es ihm gönnen! Wenn du ihn wirklich magst, dann versaust du das nicht«, redete Sissi ihrer Erzfeindin ins Gewissen.
Charlet zog die rot geschminkten Lippen kraus, dann schien sie über die Worte nachzudenken, doch sie wollte dennoch an Sissi vorbei. Aber die trat ihr jedes Mal in den Weg. »Du willst doch nicht, dass ich die Wachen hole, oder?«, drohte Sissi ihr jetzt und da erst zeigten ihre Worte eine Wirkung. Sie sah sie spitz an und rauschte dann angesäuert davon. Jetzt kam Elena zu Sissi und wollte wissen, was Charlet hier wollte. Sissi wandte sich zu ihrer besten Freundin um und meinte: »Aqua den Moment versauen.« »War klar«, brummte Elena, dann sah sie sich verwirrt um. »Wo ist denn eigentlich, Aquamarine?« »Mit Raymond weg«, beantwortete die Hexe die Frage, doch da sah Elena auf die untergehende Sonne. »Oh. Oh. Wir müssen sie sofort hier fortbringen«, sagte Elena panisch und deutete auf den Sonnenuntergang. Jetzt erkannte auch Sissi den Ernst der Lage und hetzte mit Elena nach draußen.
In der Zwischenzeit hatten Raymond und Aqua es sich im Sand gemütlich gemacht und redeten über alles mögliche. Belangloses Zeug, aber wichtig für sie. »Glaubst du eigentlich an die Liebe auf den ersten Blick?«, wollte sie dann wissen und sah den blonden Prinzen an, der Sand durch seine Finger rieseln ließ. »Ich weiß nicht. Ich glaube eher daran, dass man mit einem Blick sagen kann, ob man die Person näher kennenlernen möchte. Aber mit nur einem einzigen Blick kann man nicht sagen, ob die Person nett ist oder der größte Kotzbrocken der Welt. Man weiß nicht, ob man die gleichen Interessen teilt«, erklärte er mit einen kleinen Lächeln.
»Aber spürt man es nicht einfach? Es gibt Seelenverwandte, oder nicht?«, wollte sie wissen, und dachte dabei an die ganzen Artikeln. Raymond sah auf die ruhige See und erwiderte: »Ja sowas könnte es geben. Aber ich glaube nicht, dass es nur einen einzigen Seelenverwandten gibt.«
Bevor Aqua noch mehr sagen konnte, liefen bereits Elena und Sissi auf die beiden zu. »Wir müssen gehen, Aqua!«, riefen sie wie aus einem Munde, schon wollte Aquamarine protestieren, doch dann sah sie die rote Sonne, die hinter dem Horizont verschwinden wollte.
»Komme morgen Mittag zum Pier. Ich werde dort auf dich warten«, sagte die Meerjungfrau schnell, dann küsste sie ihn. Raymond erwiderte überrascht, doch bevor er den Kuss vertiefen konnte, war Aqua bereits fort. Die drei Mädels fuhren mit den Fahrrädern fort. Jedoch beobachtete Charlet sie und als sie dann fortfuhren, folgte sie ihnen.
Die drei Mädels traten in die Pedale und ließen schon bald das Fest hinter sich. Über die sanften grünen Hügeln, die in weiter Ferne die Feenberge offenbarten, fuhren sie einem Wassertank entgegen, der von Bäumen und einer weiten Graslandschaft umzäunt war. Die Reifen der Fahrräder durchpflügten den Trampelpfad und blieben dann quietschend stehen, als sie auf die Bremse drückten. »So wir sind da«, sagte Sissi und sah beunruhigt auf den Sonnenuntergang. Ihnen blieb sicherlich nur noch fünf Minuten, wenn nicht weniger. Schnell sprang sie ab und zog Aquamarine mit sich zur Leiter. Elena folgte und nahm das magische Spektakel nur allzu gut war. Kleine Feen, die kleiner als Barbiepuppen waren, schwirrten im großen Gras herum. Sie waren kunterbunt. Blau, pink, gelb und was es noch so an Farben gab. Ihre Ohren waren spitz und die Melodie, die sie machten, war ihre Sprache, die sie untereinander nur verstanden. Es sei denn man hatte diese uralte Sprache gelernt, dann konnte man sich an deren fröhlichen Gespräche beteiligen.
Während Sissi und Aquamarine die halbe Leiter schon hochgeklettert waren, begann Elena jetzt erst die erste Sprosse zu erglimmen. »Wie kommt es, dass die Feen in deinem Reich wie Menschen aussehen, aber diese kleinen Dinger nicht?«, wollte Elena wissen, als sie immer höher auf den Wasserturm kletterte. »Weil sie zwar zur Feengattung gehören, aber wir nennen sie Pixies«, erklärte Sissi, bestieg die letzte Sprosse und war dann auf der Plattform des Wasserturms angelangt. Ächzend öffnete sie die störrische Türe und offenbarte das Wasser, dass nach Aqua rief. Aqua sah ein letztes Mal zur untergehenden Sonne, dann ließ sie den Blick über die Hügel schweifen. Nur noch morgen, dann musste sie wieder zurück. Sie würde es wahrlich vermissen.
Schnell sprang sie ins Wasser und schon verwandelten sich ihre Füße in blaue Flossen. »Pixies? Sind das nicht englische Kobolde oder so?« »Mehr oder weniger. Auch Feen ähnliche Geschöpfe. Kleine Wesen eben. Glaub mir diese Pixies sehen zwar toll und zugleich lustig aus, aber es sind boshafte kleine Geschöpfe«, warnte Sissi ihre Freundin vor und half ihr dann auf die Plattform, als sie endlich die letzte Sprosse der Leiter erreicht hatte.
»Wow«, entfuhr es Elena, als sie aus dieser Höhe das wundervolle grüne Land erblickte, mit seinem Strand, den Seen, den Bergen und dem Schloss, dass auf dem Felsen thronte. Davor erstreckte sich eine ganze Stadt, die Sissi bisher Elena noch gar nicht gezeigt hatte. Bisher hatte sie nur die Abkürze zum Strand benutzt, doch Elena konnte von hier aus ein Riesenrad entdecken. Sie seufzte leicht entzückt und betrachtete träumerisch die Lichter, die nun alle angingen, als die Sonne unterging. »Wundervoll.« »Wir gehen noch zum Jahrmarkt. Aber jetzt erst einmal, genießen wir das Feuerwerk«, sagte Sissi leise, umarmte kurz Elena und sah dann zu Aquamarine. »Ich werde die Türe offen lassen, damit du das Feuerwerk auch sehen kannst«, sagte Sissi lächelnd und sah wie Aquas blaue Augen zum Funkeln begannen. »Danke. Euch beiden. Ihr seid die besten Freunde überhaupt«, sagte sie mit ehrlicher Stimme und sah beide Hexen dankbar an. »Kein Thema«, winkte Elena ab, lächelte Aqua herzlich an und kletterte dann gemeinsam mit Sissi wieder hinunter.
Während sie mit dem Fahrrädern wieder zurückfuhr, stellte gerade jemand anderes den Motor ab. Gemeinsam mit ihren Freundinnen beobachtete Charlet, wie die beiden Hexen davonfuhren, dann fixierte sie den Wasserturm. »Was zur Hölle, machst du dort oben?«, murmelte sie fragend und stieg aus dem Cabrio. Ihre Neugierde wurde wegen einem Zauberbann, den Jacob über sie gelegt hatte, nur noch intensiver. Der Dämonenhexer verbarg sich im Dunkeln und grinste boshaft. Er wartete solange, bis Charlet die Sprossen erklomm und oben angelangte. Dann verschwand er im Schatten. Während Charlet nach oben kletterte, zerbarsten am Abendhimmel die Feuerwerkskörper und tauchten die Abendwelt in viele verschiedene Farben ein.
Raymond saß in seinem Rettungsschwimmerhochstuhl und sah nach oben. Während er dem Feuerwerk zusah, musste er ständig an Aqua denken und an morgen.
Nicht weit vom Prinzen entfernt, tanzten Jasmine und Jeremy ausgelassen miteinander. Elena und Sissi saßen auf einem Hügel oberhalb der Stadt und betrachteten ebenfalls das Feuerwerk, das ein guter Abschluss für diesen Tag war. Die Meerjungfrau sah ebenfalls dem Spektakel zu und ahnte nichts davon, dass gleich ihr Leben endete. Charlet schob sich weiter auf die offene Türe zu und spähte hinein. Ihre Augen trafen Aquas, die erschrocken aufquiekte und dann untertauchte. Dabei schlug sie mit der Schwanzflosse auf das Wasser und erzeugte kleine Wellen.
Charlet sah die Flosse und begann dann so laut zu schreien, dass ihr Geschrei von den Wänden abhallte. »Meer … Meerjungfrau!«, brüllte sie sich die Seele aus den Leib und schlug die Türe zu und verriegelte sie. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb und der Angstschweiß sammelte sich an ihrem Haaransatz. »Nein, warte. ÖFFNE BITTE WIEDER DIE TÜR!«, rief Aquamarine und schwamm auf die Türe zu. Sie hämmerte dagegen, doch Charlet ging ohne auf ihre Hilferufe einzugehen weiter.
Sie kletterte die Leiter so schnell sie konnte hinunter, doch in der Mitte der Leiter löste sie sich plötzlich oben von den Scharnieren und wankte gefährlich. Charlets Herz blieb für einen Moment stehen, sie rührte keinen Muskel. Als sich die Leiter wieder in die Senkrechte brachte, kletterte sie vorsichtig weiter nach unten. Als sie mit ihren High Heels das Gras berührte, atmete sie erleichtert aus und rannte dann zurück zum Auto, doch ihre Freundinnen waren fort. »Nein, nicht euer Ernst«, rief sie wütend aus, als ihr Auto mit ihnen fort war.
Wütend stampfte sie wieder zurück und rüttelte solange daran, bis die Hälfte der Leiter abbrach, welches sie dann ins Gras warf. »Tja. Jetzt kommst du da nicht mehr raus!«, zischte Charlet und machte sich auf den Weg nach Hause.
Der nächste Morgen brach an, langsam krochen die Sonnenstrahlen über den Himmel und fanden ihren Weg hinein zu Charlets Zimmer. Sie schlug die Augen auf, sprang aus ihrem Luxusbett und zog sich schnell ihre Joggingsachen an. Dann machte sie ein wenig ihre Haare nass, so als würde es aussehen, als wäre sie gerade vom Joggen zurückgekommen. Sie hatte keineswegs die Meerjungfrau im Wassertank vergessen und wenn ihr Plan aufging, dann würde man die Prinzessin meutern, denn sie hatte dieses gefährliche Wesen nach FairyNova gebracht. Prinzessin hin oder her, die Sicherheit des Volkes ging vor. Wild entschlossen ihrer Erzfeindin etwas auszuwischen, stieg sie aus ihrem Fenster und rannte dann ein wenig hin und her, um ein wenig außer Atem zu kommen, dann machte sie sich zum Garten auf, wo ihr Vater gerade die Zeitung las und ein Croissant aß.
Er war ein sehr angesehener Nachrichtensprecher und besaß sogar seinen eigenen Nachrichtenchannel. Ihr Ziel war es seinen Vater zum Wassertank zu locken.
»Daddy!«, kreischte sie schrill und setzte ihre beste panische Miene auf. »Daddy!«, rief sie noch einmal, als ihr Vater nicht reagierte. Seine blauen Augen lagen immer noch auf dem Lokalteil, er zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, als sie wieder Daddy kreischte.
Wütend stampfte Charlet auf ihren Vater zu, riss ihm die Zeitung weg und bekam dann endlich seine Aufmerksamkeit. »Oh Schatz. Morgen. Hab dich gar nicht gehört«, sagte er mit einen kurzen spöttischen Lächeln und trank einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. Charlet knirschte mit den Zähnen und verengte die Augen zu Schlitzen, doch dann erinnerte sie sich an ihren Plan und zog an seinem Ärmel. »Daddy! Du musst sie retten!«, rief sie und versuchte so gut wie möglich panisch zu wirken. Da ihr Vater ihr sowieso nicht wirklich Aufmerksamkeit schenkte, bemerkte er noch nicht einmal, dass sie unglaublich schlecht schauspielerte. »Wen retten?«, wollte er wissen, während er genüsslich sein Croissant aß. »Das Mädchen! Das Mädchen im Wasserturm. Ich war gerade joggen und da hörte ich sie nach Hilfe rufen«, erzählte Charlet und hoffte darauf, dass er endlich mit seinem Fernsehteam dorthin ging.
Aber Tyrion Cooper betrachtete lieber den Dreck unter seinen Fingernägeln. »Hast du die Feenpolizei benachrichtigt?«, wollte er dann wissen und nippte noch einmal am Kaffee. Für einen kurzen Moment sah Charlet dumm aus der Wäsche, doch dann fing sie sich wieder. »Nein, Daddy. Ich dachte mir … dass du bestimmt als Held herausgehen willst«, schmeichelte sie ihm und das zeigte Wirkung. Denn Tyrion war noch eitler als seine Tochter. Seine blonden perfekt gestylten Haare funkelten in der aufgehenden Sonne, von zu viel Haarspray.
»Du hast Recht«, murmelte er und schon zog er sein Handy heraus. Charlet grinste breit, entfernte sich langsam von ihrem Dad und hörte, wie er sein Team zusammentrommelte. Sie musste sich daran hindern Luftsprünge zu machen, aber sie fühlte sich gerade in diesen Moment unschlagbar.
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Elena lag auf dem Bett und fixierte schon seit einer geschlagenen Stunde ihr Buch der Schatten. Doch bisher konnte sie sich noch nicht durchringen es zu öffnen. Mit dem Buch kamen sowieso nur die Probleme und gerade lief es einfach so toll für sie. Aber es ließ ihr einfach keine Ruhe.
Die Frage, was nun dieser Schatz von Limuria war, spukte ihr ständig durch das blonde Köpfchen. Ihre blauen Augen verengten sich, dann sah sie wieder zu dem Buch. Sie nagte an ihrer Unterlippe, dann sah sie zu Sissi, die noch selig schlief und lächelnd ihren Traum träumte. Seufzend legte sich Elena wieder auf den Rücken und sah nach oben. Dort waren phosphoreszierende Sterne, die sie auch damals bei ihren Adoptiveltern besessen hatte.
Unwillkürlich schweiften ihre Gedanken zu den beiden. Sie waren so freundlich und liebevoll zu ihr gewesen. Irgendwie bereute sie es, dass sie sie nicht besucht hatte, aber gleichzeitig fand sie es besser so. So waren sie zumindest in Sicherheit. Sie musste mächtiger werden, die Schule abschließen und dann würde sie zurückkehren zu den beiden. Dann konnte sie sie am besten beschützen. Bei diesen Gedanken huschte ihr ein kleines Lächeln über die Lippen, doch dann musste sie wieder an den Schatz denken. Jacob wollte ihn unbedingt und so wie es aussah, drehte sich alles um den Schatz. Sie war sich sicher, dass er auch der Grund war, weshalb sie sich an manche Dinge nur verschwommen erinnern konnte.
Jetzt schielte sie wieder zum Buch und gab dann ihrem Drang nach. Sie streckte die Hand aus und konzentrierte sich verbissen. Das Buch begann zu zittern, dann öffnete es sich, schwebte ein wenig nach oben und drehte sich nun um, sodass der Buchdeckel oben war. Dann begann es mit den Buchdeckeln zu schlagen und flatterte auf Elenas ausgestreckte Hand zu. Elena packte grinsend das Schattenbuch und feierte still ihren kleinen Sieg.
Dann saß sie sich bequem hin, achtete aber darauf, dass Sissi nicht aufwachte. Mit einem kurzen Seitenblick vergewisserte sie sich, dass ihre Freundin noch schlief, dann blätterte sie durchs Buch. Jetzt versuchte sie einen anderen Zauber. Sie dachte an das Wort Limuria. Doch nichts geschah. Also schloss sie jetzt die Augen, legte ihre Handflächen darauf und konzentrierte sich wieder. Sie spürte ihre Magie durch ihren Körper strömen, es war wie ein Prickeln. Dann blätterte das Buch selbstständig um und blieb schließlich bei einem Eintrag stehen.
Elena öffnete die Augen und überflog nun den Text dazu. Zuerst gab es ein paar Zaubertränke, die man mit dem Medaillon brauen konnte und auch ein paar kleine Zauber. Aber das interessierte Elena nicht, viel wichtiger war ihr die Geschichte des Medaillons.
Und dann wurde sie endlich fündig. Es war nur ein kurzer Eintrag und die Schrift war ziemlich stark geschwungen, sodass sie Mühe hatte das Geschriebene zu entziffern. Nach ein paar Minuten hatte sie es dann geschafft und wurde mit jedem Wort wütender.
Der Schatz von Limuria ist ein goldenes Medaillon, auf dessen Deckel eine Sanduhr abgebildet ist. Wenn man den Deckel öffnete, da fand man eine kleine Einkerbung vor, um dort das Foto des verstorbenen hineinzulegen. Dann drehte man dreimal und brachte ein Opfer dar. Jedoch sollte man sich gewahr sein, dass man die Toten nicht zurückbringen sollte. Manche Verstorbene kommen nämlich nicht so zurück, wie man sie in Erinnerung hatte.
Das Medaillon ist seit 200 Jahren im Besitz der Stewarts, die dazu auserwählt wurden es zu bewachen, bis es im magischen Turnier wieder weitergereicht wird. 200 Jahre, solange war immer die Zeit der Wache …
Doch zu mehr kam sie nicht mehr, denn jetzt sah sie wie Sissi aufwachte. Elena klappte das Buch zu und fixierte ihre beste Freundin, der sie vertraut hatte. »Wieso hast du es mir nicht gesagt?«, wollte sie barsch wissen und stand nun auf. Sissi noch komplett verpeilt, verstand nicht wovon Elena sprach. »Was nicht gesagt?«, fragte sie leicht verstört und ließ nun den Blick zum Schattenbuch wandern. Ihre braunen Augen weiteten sich ein wenig vor Schreck, dann sah sie in die funkelnden blauen Augen der Hexe. Elena drückte das Buch an ihre Brust und sah Sissi überaus enttäuscht an. »Dass dieser Schatz dir gehört. Deiner Familie. Das ihr die Wächter seid!« »Weil … weil es nicht wichtig war«, versuchte Sissi ihre Verschwiegenheit zu verteidigen, doch Elena schüttelte mit den Kopf und glaubte ihr kein bisschen. »Nicht wichtig? Warum will dann Jake den Schatz?! Sissi ich will endlich die Wahrheit! Die bist du mir schuldig«, presste Elena hervor und versuchte ihr bestmöglichstes um diplomatisch zu bleiben.
Sissi zuckte zusammen, sah verzweifelt zu ihrer Freundin und suchte nach einer Ausrede, doch als sie in ihr Gesicht sah, wusste sie, dass sie sich nicht mehr so leicht abspeisen ließ.
Also seufzte sie ergeben und begann zu erzählen: »Du wurdest von Jacob verzaubert, sodass du glaubst, dass du ihm was schuldig bist. Dass ihr beide Freunde seid! Aber das stimmt nicht, Elena. Ihr seid Feinde! Deswegen habe ich dich verzaubert, um den ersten zu überdecken, damit ich die alte Elena wieder zurückbekomme. Leider hab ich noch keine Möglichkeit gefunden den ersten Zauber zu brechen.« Ungläubig hatte Elena ihr gelauscht und schüttelte jetzt den Kopf. Immer und immer wieder. »Das darf doch nicht wahr sein! Sissi ich dachte wir wären Freunde«, fauchte Elena und war auf den Weg zur Türe, doch Sissi war flinker und verstellte ihr den Weg. »Elena, wir sind Freunde! Ich liebe dich, wie meine eigene Schwester! Das musst du mir glauben. Ich habe immer nur an dein Wohl dabei gedacht! Bitte, glaub mir«, flehte sie Elena an, doch Elena konnte nicht. Vor allem aber hatte sich der Nebel immer noch nicht gelichtet, was sie nur noch mehr an säuerte.
»Ich muss jetzt alleine sein, Sissi. Bitte lass mich vorbei«, sagte Elena so ruhig, wie es ihr möglich war. Sissi ließ die Schultern hängen. Jede Faser ihres Körpers wehrte sich dagegen, doch sie trat beiseite, um ihre Freundin vorbeizulassen. Elena rauschte hinaus und ließ Sissi zurück, die ihr traurig nachsah. Genau das wollte sie verhindern, doch sie wusste, dass es nicht für immer bei diesem Frieden bleiben würde. Niedergeschlagen schnappte sie sich die Fernbedienung und schaltete den Flachbildfernseher an. Vielleicht munterte sie ja irgendeine Show auf. Aber als sie den Bildschirm anschaltete, da liefen gerade die Lokalnachrichten.
»Ich stehe hier vor einem Wasserturm, wo man Hilferufe gehört hatte … die Feuerwehr ist bereits vor Ort ...«
Vollkommen geschockt starrte die Hexe auf den Bildschirm, dann hauchte sie leise »Aqua«, bevor sie, wie von der Tarantel gestochen hinausrannte und sich auf die Suche nach Elena machte.
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Raymond wusste es war noch viel zu früh, aber er konnte nicht mehr still sitzen. Also war er bereits schon um zehn Uhr zum Pier aufgebrochen, um dort auf Aquamarine zu warten.
Ständig sah er auf seine Uhr und hoffte, dass die Zeit schneller verging. Doch desto öfter man zur Uhr sah, desto langsamer schien sie zu vergehen. Seufzend wanderte er den Pier entlang, ließ den Blick über das ruhige Meer gleiten und schweifte mit den Gedanken ab. Er hatte schon immer das Meer geliebt. Es war beinahe wie ein zweites Zuhause für ihn. Manchmal auch wünschte er sich, dass er einfach nur ein ganz normaler Kerl war. Kein Prinz. Keine Verpflichtungen.
Seine Gedanken wanderten zu Sissi, die er schon seit seiner Kindheit kannte. Er sah in ihr eigentlich mehr eine Schwester. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen mit ihr Kinder zu zeugen. Er liebte sie, aber eben nicht auf diese Weise und er wusste, dass es Sissi genauso erging wie ihm.
Doch auch wenn die Zeit vorangeschritten war, so war sie in manchen Traditionen stehen geblieben, doch er hatte sich geschworen, wenn er je König wurde, dann würde er das abschaffen.
Keine Zwangsvermählung mehr. Jeder sollte den heiraten können, den man wollte. Wieder sah der Prinz auf's Meer und dachte nun an Aquamarine, die ihn verzaubert hatte. Er mochte sie und er war sich sicher, dass er sie eines Tages sehr lieben wird. Er brauchte nur ein wenig mehr Zeit, um sie richtig kennenzulernen. Doch dazu müsste sie erst einmal kommen. Wieder sah er auf seine Uhr, aber es waren erst fünf Minuten vergangen.
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Sissi konnte Elena überreden, mitzukommen. Aber sie wusste, dass es nicht wegen ihr war. Elena war nur mitgekommen, wegen Aquamarine. Als die beiden Mädels dann dort ankamen, hatte sich bereits eine schaulustige Menge um den Wasserturm versammelt, der mit einem Absperrband abgesperrt worden war. Feuerwehrleute fuhren die Leiter der Drehleiter aus und stiegen nach oben, um dort das Mädchen zu befreien. Inmitten des Geschehens war Tyrion Cooper und lächelte mit seinen perfekten Zähnen in die Kamera. »Jetzt ist es bald soweit«, sprach er in das Mikro und sah zum Wasserturm, dann suchte er in der Menge nach seiner Tochter und winkte sie zu sich.
»Das arme Mädchen, dass wahrscheinlich gestern Nacht dort reingefallen war, wird endlich gerettet.« Charlet kam mit einem breiten Grinsen auf ihren Dad zu und entdeckte dann die beiden Hexen. Ihr Grinsen wurde noch breiter, dann nahm sie das Mikrofon entgegen und sprach hinein: »Nun, ich war heute Joggen und da hörte ich Hilferufe. Ich bin sofort zu meinem Dad und hab es ihm berichtet. Er weiß immer was zu tun ist. Er ist ein wahrer Held«, schmeichelte sie ihrem Vater und grinste breit. Dann kam der Moment, als die Feuerwehrleute die Türe öffneten und etwas gefunden hatten. »Nun ist es soweit«, sprach Tyrion zur Kamera und hielt den Atem an.
Jeder, auch Elena und Sissi, sahen dorthin. Langsam kam der Feuerwehrmann heraus, der einen Taucheranzug trug und hielt einen kaputten Delfinluftballon in die Höhe. »Das war das einzigste dort drinnen«, rief er nach unten und grinste breit. Dann konnte er nicht mehr an sich halten und lachte. Auch die andern Feen begannen zu lachen und auch Sissi und Elena, die vor Erleichterung mitlachten. Tyrion jedoch war das Lächeln auf den Lippen gefroren. »Schnitt! Mach die verdammte Kamera aus!«, rief er und bekam dabei ein ganz rotes Gesicht. Er kochte vor Zorn und sah jetzt seine Tochter wütend an, die genauso geschockt war. Wie ein Fisch machte sie den Mund auf und zu, ohne einen Ton herauszubekommen. »Oh, natürlich. Du wolltest mich bloßstellen, nicht wahr? Das war wieder einer deiner Streiche?!«, brüllte er sie an, doch Charlet wurde ganz bleich und schüttelte den Kopf. »Nein Daddy! Die beiden wissen davon«, dabei deutete sie auf die beiden Hexen, doch ihr Vater hörte ihr gar nicht mehr zu.
»Dein Autoschlüssel«, verlangte er nun und streckte die Hand aus. »Nein!«, brüllte Charlet und hatte jetzt Tränen in den Augen. »DADDDYYY!!« »SOFORT!«, brüllte er jetzt so laut, dass sich die Leute schon zu den beiden umdrehten. Charlet wurde scharlachrot, fasste dann in ihre Tasche und holte wehmütig den Schlüssel heraus. Tyrion schnappte ihn sich und stampfte dann wütend davon. Sissi und Elena sahen sich an. Sie waren erleichtert, dass Aqua nicht dort oben gewesen war, nur … wo war die Meerjungfrau?
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Aqua sah auf den Bildschirm, dann schaltete sie den Fernseher aus und sah zu ihrem Retter. »Danke, dass du mich da rausgeholt hast. Ohne dich wäre ich sicherlich jetzt tot«, sagte sie dankbar und stand nun auf. Ihr Retter lächelte leicht, fuhr sich durch die schwarzen Haare und zuckte mit den Schultern. »Ach nicht der Rede wert«, winkte er ab, doch da umarmte Aquamarine ihn bereits fest. Damon war überrascht darüber, doch dann erwiderte er die herzhafte Umarmung.
Er tätschelte ihr den Rücken kurz, dann schob er sie wieder von sich. »Nicht jeder hätte das getan.« »Das stimmt, aber verrat's niemanden. Soll ja niemand wissen, dass ich plötzlich ein weiches Herz habe«, scherzte er, aber meinte es ernst. Er wollte nicht, dass Jacob oder sonst wer davon erfuhr. Aqua lächelte ihn sanft an, dann ließ sie den Blick aus den Fenster gleiten.
Elena und Sissi gingen gerade am Fenster vorbei, denn beide waren auf den Weg zum Pier, da sie glaubten Raymond hätte Aqua gerettet.
Damon folgte ihrem Blick und wurde dann leicht traurig. »Du hast einer Meerjungfrau geholfen, das heißt du hast einen Wunsch frei«, meinte jetzt Aqua, als sie seinen sehnsüchtigen Blick vernahm. Doch Damon schüttelte den Kopf. Wenn dann wollte er, dass die Gefühle echt waren. Nicht, weil irgendein Zauber es von ihr verlangte. »Nein, danke. Wenn es sein sollte, dann wird es so werden. Wenn sie aber nicht für mich bestimmt ist, dann ist das eben so. Am Schicksal sollte man nicht rütteln, das musste ich schon auf die harte Tour lernen«, vertraute er ihr leise an und sah dann Elena verschwinden.
Die Meerjungfrau musterte den Vampir eine zeitlang, dann nickte sie aber. Sie konnte seinen tiefen Schmerz spüren und die Dunkelheit, gegen die er schon seit vielen Jahren kämpfte. »Du wirst irgendwann gewinnen«, versprach sie und lächelte freundlich. Damon lachte rau. Er glaubte nicht daran, aber sie hatte in ihn ein kleines Fünkchen Hoffnung geweckt.
Raymond wartete immer noch. Jetzt war es längst über Mittagszeit und er machte sich langsam Sorgen. Wann kam sie denn endlich? Ob sie vielleicht in Schwierigkeiten war oder hatte sie einfach das Treffen vergessen? Der Prinz schüttelte leicht den Kopf. Nein er war sich sicher, dass sie sicherlich nicht ihn versetzen würde, dazu war sie zu versessen auf dieses Treffen gewesen.
Er strich sich durch seine dunkelblonden kurzen Haare und schritt wieder auf und ab. Dann lehnte er sich gegen das Geländer und sah auf die See hinaus. Seufzend ließ er die Gedanken schweifen.
Währenddessen waren Elena und Sissi beim Pier angelangt. Gemeinsam kletterten sie die Böschung hinunter und waren auf den Weg unterm Pier. Sie konnten Aquamarine nirgendwo entdecken, doch dann sahen sie die Meerjungfrau auf den Prinzen zurennen.
Erleichtert stießen beide Hexen den angehaltenen Atem aus und lauschten dann deren Gespräch.
»Aqua. Da bist du ja endlich«, begrüßte er sie lächelnd und war unglaublich erleichtert, dass er richtig gelegen hatte.
Aquamarine wurde für einen kurzen Moment rot, dann erwiderte sie das warmherzige Lächeln strahlend. »Tut mir leid, wegen der Verspätung. Es gab ein paar … Komplikationen«, antwortete sie und wanderte dann mit dem Prinzen langsam dem Pier entlang.
Die Sonne lächelte am Himmel, keine einzige weiße Wolke war am strahlend blauen Himmel zu entdecken. Möwen flogen kreischend über sie hinweg und in der Ferne sprangen Delfine aus dem Wasser. Der Pier war wie ausgestorben, sie hatten ihn ganz für sich alleine. »Wie geht’s dir?«, fragte er dann, um zumindest mit einem Gespräch zu beginnen. Sie sah zu ihm und seufzte leicht glücklich. Er war einfach perfekt und sie wünschte sich, er wäre ihre wahre Liebe. Denn nur noch dieser eine kleine Tag blieb ihr! Sonst müsste sie nach Hause und ihr Dasein mit diesem Meermann fristen. Nur wenn sie daran dachte wurde ihr übel.
»Also mir geht es soweit gut und dir?«, erwiderte sie und sah zu ihm. Eine sanfte Brise ließ seine Haare ins Gesicht fallen, die er sich dann ständig aus den Gesicht streichen musste. »Mir auch. Hast du eigentlich Lust mit mir zum Jahrmarkt zu gehen?«, fragte er dann schon beinahe schüchtern und versenkte die Hände in seinen Hosentaschen. Aquas Lächeln wurde traurig.
»Raymond ist total in sie verschossen«, ließ Sissi leise verlauten und wanderte synchron zu den beiden oben, unten weiter. Elena jedoch blieb ein wenig zurück und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Das kann man nicht so sagen. Ich glaube eher, dass er sie nur mag. Er hatte noch nicht einmal Gelegenheit sie richtig kennenzulernen«, murmelte Elena und sah auf den Boden. Sissi wandte sich nun zu ihrer besten Freundin um und konnte sich ein verärgertes Schnauben nicht verkneifen. »Wieso glaubst du denn nicht an die Liebe auf den ersten Blick? Ich meine bei mir und Francois war das so.« »Und wir haben ja gesehen, wo das hingeführt hatte«, brummte sie und bereute zugleich die Worte.
Sissi sah sie verletzt an und ging dann schweigend weiter. Elena ließ leicht die Schulter sacken und sah zum Rücken ihrer Freundin. »Es tut mir leid, Sissi ...«, begann sie, doch Sissi beschleunigte nur ihren Schritt. Seufzend folgte Elena ihr und lauschte dem Gespräch der beiden oben weiter.
»Ich kann nicht«, sagte jetzt Aqua bedauernd und blieb stehen. Raymond blieb ebenfalls stehen und sah sie jetzt verwundert an, dann wurde seine Miene zu einer enttäuschten. »Oh«, murmelte er, doch da nahm Aqua seine Hand und sah ihm in die schönen grau-blauen Augen. »Es liegt nicht an dir, Ray. Aber ich muss leider wieder nach Hause. Ich war hier nur zum Urlaub hier«, sagte sie und erzählte ihm eine verschleierte Wahrheit. »Kannst du nicht deinen Aufenthalt ein wenig verlängern?«, flehte er sie jetzt, denn sie jetzt zu verlieren, war ihm zuwider. Doch Aqua schüttelte traurig den Kopf. »Ich kann nicht. Aber ich habe eine Frage an dich, Raymond«, sagte sie jetzt und Hoffnung blitzte in ihren blauen Augen auf. Raymond sah sie neugierig an und bedeutete ihr stumm weiterzureden.
»Ray… liebst du mich?«, fragte sie und wartete atemlos auf ihre Antwort. Währenddessen waren Elena und Sissi den Weg zurückgelaufen, kletterten nun die Böschung wieder nach oben und rannten zu einem Guckrohr. »Verstehst du was sie sagen?«, fragte Elena leise, während Sissi hindurchsah. »Nein, leider nicht«, murmelte sie leicht abweisend. »Sissi, es tut mir leid. Es tut mir wirklich leid, das hab ich nicht so gemeint. Ich glaube ich bin einfach eifersüchtig, weil du so leicht deine große Liebe gefunden hast. Und ich … ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich will und bin verwirrt«, gestand sie ihr reumütig und sah zu ihrer Freundin.
Verwundert sah Sissi auf die blonde Hexe und schüttelte leicht den Kopf. »Aber du bist eine Heldin, Elena.« »Ich bin keine Heldin«, flüsterte sie leise, doch Sissi bestritt es vehement. »Doch!«, beteuerte Sissi, umfasste Elenas Schulter und sah ihr fest in die Augen.
»Hör zu. Ein Held gewinnt nicht immer. Helden sind diejenigen, die am meisten verlieren. Denn einem Bösewicht interessiert es nicht, wenn er Verbündete verlor. Bösewichte sind egoistisch, einem Held wird dabei das Herz zerrissen! Aber auch wenn ein Held manchmal verliert, steht er dennoch wieder auf und kämpft weiter! Sie stehen wieder aus der Asche auf, wie Phoenixe. Helden geben nicht auf! Elena du bist eine Heldin. Ich habe noch nie jemanden getroffen, die so hartnäckig ist wie du. Die für das Gute kämpft, egal wie viel es abverlangt.« Jetzt hatte Elena Tränen in den Augen. »Ich wünschte nur, ich könnte alle retten«, flüsterte sie und fand sich dann in den Armen ihrer Freundin wieder. »Manchmal kann man einfach nicht alle retten. Aber man kann es versuchen.« »Danke«, hauchte sie und schmiegte sich an Sissi.
Derweil wartete Aqua immer noch auf eine Antwort von Raymond. »Ich … Aqua hör zu … ich mag dich«, begann er vorsichtig, doch da unterbrach ihn die Meerjungfrau bereits.
»Aber du liebst mich nicht«, sagte sie traurig und knetete ihre Finger enttäuscht. »Aber wieso muss ich dich denn jetzt lieben? Gib mir Zeit, dann werde ich es eines Tages tun. Du bist so ein wundervoller, interessanter Mensch, Aquamarine!«, sagte er, doch da rollte Aqua bereits die erste Träne über die Wange. »Ich habe keine Zeit mehr, Ray«, schniefte sie und sah zu ihm. Jetzt fühlte er sich leicht schuldig, er wollte sie niemals zum Weinen bringen. Er wischte ihr sanft über die Wange und sah sie flehend an. »Bitte, Aqua...« Doch bevor er weitersprechen konnte, da war plötzlich Charlet aufgetaucht. »Du miese Schlampe!«, brüllte sie sie an und schubste sie dann so kräftig, dass Aqua kreischend ins Wasser stürzte. »AQUA!«, rief Raymond schockiert und starrte dann wütend zu Charlet. »WAS SOLLTE DAS BITTESCHÖN!« Dann sah er wieder zu Aquamarine, die nun einen Schwanz hatte.
Seine Augen weiteten sich leicht, Raymonds Blick blieb an ihrer Flosse haften, doch dann riss er sich zusammen und rief: »Ich hole Hilfe!« Denn das Meer wurde nun sehr stürmisch. Wellen schlugen wütend an den Pier und der Himmel wurde urplötzlich grau. Gewitterwolken zogen auf und dann wurde nicht weit entfernt ein Strudel erzeugt, der Aqua zu sich ziehen wollte.
Geschockt sahen Elena und Sissi sich an, dann rannten sie so schnell wie möglich Richtung Aqua und Ray. Der Prinz rannte ihnen entgegen und rief, dass er einen Rettungsring holt und war dann verschwunden. Doch die beiden Mädels wussten, dass es dann schon längst vorbei war.
»Ich werde hineinspringen und sie retten«, sagte Sissi, doch Elena schüttelte den Kopf, packte Sissis Handgelenk und rief: »Nein. Das ist viel zu gefährlich.« »Aber Poseidon wird sie nach Hause ziehen und dann wird sie verloren sein!«, brüllte Sissi gegen den starken Wind an.
Jetzt funkelten Elenas Augen, sie nahm Sissis Hand und lächelte. »Alleine wäre es viel zu gefährlich. Aber wir springen alle beide. Gemeinsam!« Sissi drückte Elenas Hand und nickte. Für einen Moment hatte sie ihre alte Elena zurück. Elena, die nicht aufgab und alles gab für ihre Freunde. »Gut. Ich bin froh, dich zu haben«, sagte Sissi mit einem liebevollen Lächeln. »Geht mir genauso«, erwiderte sie verschmitzt. Dann rannten die beiden Mädels an der verdutzten Charlet vorbei, kamen beim Ende des Piers an und stießen sich vom Rand ab.
Für einen Moment flogen sie durch die Luft, dann stürzten sie gemeinsam in die wütenden Fluten.
Die Gischt schlug ihnen ins Gesicht und die Wellen versuchten sie nach unten zu ziehen. Manchmal verschluckte Elena das Salzwasser, was sich durch ihre Kehle brannte und sie zum Husten veranlasste. Doch sie würde nicht aufgeben, nicht bis Aqua gerettet war. Mit neu gewonnener Kraft schwamm sie weiter, und kam dann schließlich bei der Boje an, wo sich Aqua panisch festklammerte. Für jetzt reichte es, doch der Sturm tobte weiter und wurde immer aggressiver. »Aqua geht’s dir gut?«, fragte Elena, als sie sich daran festklammerte, um nicht unterzugehen. Auch Sissi war bereits bei der Boje angekommen und sah leicht ängstlich zum Meer.
»Nein. Ich brauche noch mehr Zeit. Ich will nicht wieder zurück. Aber ich habe versagt. Schwimmt zurück, bevor ihr noch umkommt!«, rief sie gegen den Wind an und sah zu dem Strudel, der nicht weit von ihnen alles in die Tiefe riss. Elena folgte ihrem Blick, doch das machte sie mehr wütend, als ängstlich. Sie konnte es nicht fassen, dass manche Eltern nur so intolerant sein konnten.
Sie hatte zwar auch nicht immer die besten Pflegeeltern gehabt, aber sie war auch nicht deren leibliche Tochter gewesen. Man konnte ja von leiblichen Eltern ein wenig mehr erwarten!
»Hör zu. Wir gehen nirgendwo hin, denn aufgegeben wird nicht. Du bist unsere Freundin Aqua und wir haben dir ein Versprechen gegeben und das werden wir halten!«, meinte die Hexe ernst, musste sich noch ein wenig mehr an der Boje klammern, um nicht fortgeschwemmt zu werden.
»Aber es ist vorbei, Elena. Ich konnte meinem Vater nicht beweisen, dass es wahre Liebe gibt! Es tut mir so leid. Vor allem da ihr nun den Wunsch nicht bekommt«, sagte sie traurig, schlug mit ihrer Schwanzflosse und ließ den Blick senken. Sie würde ihnen so gerne den Wunsch geben, aber sie bekam nur die Kraft, wenn man ihr half. Elena legte ihre Hand auf Aquas und tätschelte sie leicht.
»Das ist nicht so wichtig. Es ging nie wirklich um den Wunsch. Es ging um dich. Wir lieben dich, so wie du bist. Und deswegen wollten wir dir helfen, weil wir wussten, dass du ein toller Mensch Schrägstrich Meerjungfrau bist«, sagte Elena mit einem sanften Lächeln und sah kurz zu Sissi, die zustimmend nickte. »Auch wenn ich anfangs ziemlich ausgetickt bin«, entschuldigte sie sich mit einem kleinen Grinsen und kam nun jetzt auch näher.
Um sie herum ging sozusagen die Welt unter, aber das störte sie gerade nicht groß. Sie wollten Aqua zeigen, dass sie für sie da waren und dass ihr nichts geschehen konnte. Aqua hatte Tränen in den Augen und umfasste mit einer Hand beide Hände der Hexen. »Danke. Ich wusste gar nicht, dass man auch weint, wenn man glücklich ist«, schniefte sie lächelnd, dann fiel ein Tropfen ins Wasser und bewirkte wahre Wunder. Die graue See beruhigte sich, die Wolken verzogen sich und der Himmel wurde wieder strahlend blau, sowie das Wasser um sie herum.
»Was ist jetzt passiert?«, wollte Elena verwundert wissen, als ihr nicht mehr das Wasser gegen das Gesicht schlug. Aqua jedoch strahlte jetzt mit der Sonne um die Wette. »Ihr habt es geschafft! Ihr habt ihm bewiesen was wahre Liebe ist!!! Eure Freundschaft ist tausend Mal mehr wert. Ihr habt für mich euer Leben riskiert und ihr habt mich nicht aufgegeben. Er hat es kapiert. Endlich!«, schniefte sie überglücklich und umarmte die beiden Hexen nun fest. Sie konnte es kaum fassen, dass sie nun nicht mehr nach Hause beordert wurde. Sie musste nicht mehr diesen schrecklichen Meermann heiraten und konnte endlich sich Zeit mit Raymond lassen.
Die beiden Hexen sahen sich jetzt an und begannen dann haltlos zu jubeln. »Oh mein Gott! Du musst nicht fort!«, riefen sie überglücklich und fielen sich wieder in die Arme. Zumindest so gut, wie sie es im Wasser tun konnten. Alle drei Mädels lachten überglücklich, dann wurde Aqua ein wenig ernst. »Ihr habt einen Wunsch frei.« »Elena soll den Wunsch bekommen«, sagte da Sissi, doch Elena schüttelte vehement den Kopf. »Nein. Mich bekommen wir schon wieder hin. Jetzt ist wichtig, dass du nicht Raymond heiraten musst. Also wünsche ich mir, dass Sissis Eltern endlich Verständnis für Sissi zeigen und sie nie wieder zu etwas zwingen«, sagte sie schnell, bevor ihre Freundin protestieren konnte.
Aqua lächelte Elena bewundernd an, dann schossen kleine Wasserfontänen aus ihren Fingern und hüllten Sissi ein. »Nun. Du wirst nie wieder etwas gegen deinen Willen tun müssen«, sagte Aquamarine und sah nun an den beiden Hexen vorbei. Denn dort schwamm gerade Raymond mit einem Surfbrett auf sie zu. »Na besser zu spät als nie«, meinte Sissi jetzt kichernd und sah dann wieder zu der Meerjungfrau. »Wir lassen dich jetzt alleine mit ihm. Danke für alles.« »Nein ich danke euch«, ließ sie verlauten und war unglaublich aufgeregt. Elena lachte heiser und schwamm dann gemeinsam mit Sissi zurück zum Ufer.
Raymond nickte den beiden zu, als sie an ihm vorbeikamen. Dann blieb er vor Aqua stehen, er richtete sich auf und lächelte dann strahlend. »Gott sei dank, geht es dir gut«, sagte er ehrlich und verspürte keine Angst. Hätte sie ihn töten wollen, dann wäre er sicherlich nicht mehr auf der Welt.
»Du bist nicht angewidert?«, fragte sie vorsichtig nach und schwamm nun auf das Board zu. Er schüttelte den Kopf und klopfte nun auf das Surfbrett. »Nein. Niemals.« Aqua hievte sich auf das Brett und sah ihn dann voller Zärtlichkeit an. »Danke. Also falls du dich fragst, ob es stimmt … ja tut es. Aber ich bin Vegetarierin«, erzählte sie und schob sich jetzt näher zu ihm.
Sein Lächeln erreichte seine Augen, dann nahm er ihre Hände in seine und beugte sich zu ihr herüber. »Das hab ich mir schon gedacht. Sonst wäre ich nicht mehr hier«, meinte er grinsend und dann küsste er sie. Für sie war es, als würden gerade Feuerwerkskörper in ihr explodieren.
Noch nie hatte sie so etwas wunderschönes in ihrem Leben verspürt.
Währenddessen hatten Elena und Sissi das Ufer erreicht und schleppten sich triefend und keuchend an Land. »Wir haben es geschafft. Wir haben es tatsächlich geschafft«, quietschte Sissi und zog Elena in eine feste Umarmung. Elena lachte, schlang die Arme um ihre Freundin und drückte sie. »Ich will dich niemals verlieren«, sagte sie leise und vergrub ihr Gesicht in ihr blondes Haar. »Wirst du nicht. Wir bleiben bis zu meinem Tode Freunde«, versprach sie und blieb einen Augenblick so verharren. Sissi schniefte laut, löste sich und grinste dann breit. »Ich hoffe mal dein Tod tritt nicht zu schnell ein.« »Ach, wo. Ich werde uralt«, scherzte sie und begann leise zu lachen. »Ja gemeinsam mit Krückstöcken kämpfen wir dann gegen die Bösen«, meinte sie grinsend. Bei dieser Vorstellung barsten beide Mädchen in Gelächter aus.
»Über was lacht ihr denn?«, wollte Damon wissen, als er die beiden endlich gefunden hatte. Die beiden Hexen wandten sich zu ihm um und grinsten über beide Ohren. »Damon!«, riefen sie lachend und kicherten noch mehr, als er sie überrascht ansah. Schließlich war es das erste Mal, dass sich die beiden über ihn freuten.
»Wie wär's, wenn wir unseren letzten Tag beim Jahrmarkt verbringen?«, schlug Damon jetzt grinsend vor und traf auf Begeisterungsrufe. Dann machten sich die drei auf den Weg zum Jahrmarkt. Der letzte Tag der Sommerferien. Morgen schon würde es auf den Weg nach Hogwarts gehen.
Als sie den Jahrmarkt erreichten, erstrahlte er bereits mit all seinen Lichtern und erhellte die Nacht, sodass es beinahe wie Tag erschien. Das Kettenkarussell war die erste Anlaufstelle, die die beiden Mädels ansteuerten. Sie versuchten Damon zu überreden, doch er winkte ab. So fuhren sie alleine, danach ging es auf das Riesenrad, dass sie hoch über FairyNova brachte.
Staunend ließ Elena den Blick über die Stadt gleiten. Sie hoffte, dass sie hier her öfters kommen durfte. Es war eine wundervolle, magische Welt, an die sie sich bestimmt ihr Leben lang noch erinnern würde. Als die Gondel wieder hinuntersank und sie aussteigen mussten, da entdeckte sie eine Schießbude, bei der Damon stand und sie zu sich winkte. Sie zögerte, wandte sich zu Sissi um und fragte: »Lust etwas zu gewinnen?« Doch Sissi schüttelte den Kopf und sah sehnsüchtig zu dem Hamburger. »Ich hab Hunger. Ich werde mir glaub ich was ungesundes gönnen. Soll ich dir auch was mitnehmen?«, erwiderte sie und grinste breit. »Nein, danke. Ich werde später essen. Aber ich will jetzt etwas gewinnen«, meinte sie und grinste breit. Sissi schmunzelte leicht, wünschte ihrer Freundin noch viel Spaß und ging dann zur Essensbude.
Elena derweil schlenderte zu Damon und nahm sich jetzt eins der Gewehre. »Na. Amüsierst du dich schön?«, fragte sie ihn, sah durch das Fernrohr und visierte die beweglichen Ziele an.
»Nicht gerade«, erwiderte er wahrheitsgemäß, stieß sich jetzt von der Wand ab und gesellte sich zur blonden Hexe. »Aber ich glaube das ändert sich gleich.« Elena sah kurz auf und schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Denkst du nur weil ich eine Frau bin, kann ich nicht schießen?« »Nun, ich glaube du hast es nicht in dir, die Tierchen abzuknallen, auch wenn sie nur aus Pappe sind«, neckte er sie und deutete nun auf den Bären. »Guck. Es gibt einen Teddybären zu gewinnen«, meinte er lachend und ließ den Blick über die ganzen Teddys schweifen. »Welche Lieblingsfarbe hast du?«, wollte er dann wissen, als sie ihn einen pikierten Blick zu warf.
Sie guckte wieder durchs Guckloch und sah das Fadenkreuz. Das konnte doch nicht so schwer sein. »Wieso willst du das wissen?«, meinte sie und schoss jetzt. Aber sie schoss daneben.
Damon musterte sie amüsiert und ließ den Blick zu ihr gleiten. Er verliebte sich immer mehr in sie. Aber wie er bereits vermutet hatte, würde sie kein einziges treffen. Manchmal konnte er eben die Menschen ziemlich gut einschätzen beziehungsweise in diesem Fall die Hexe.
Elena jedoch dachte nicht daran aufzugeben. Sie versuchte sich zu entspannen. Vier Schuss hatte sie noch frei. Einmal wird sie wohl treffen und dann zumindest einen Trostpreis ergattern. Irgendeinen Preis musste sie gewinnen, oder der Vampir würde Recht behalten. Sie straffte jetzt die Schulter, biss sich auf die Unterlippe und schoss noch einmal. Doch wieder traf sie nicht. Seufzend erhob sie sich jetzt, um sich ein wenig zu strecken. Damon hatte sie in der Zwischenzeit beobachtet und lächelte jetzt sanft. »Komm schon. Das schaffst du«, ermunterte er sie, doch sie schüttelte den Kopf. »Nein du hast Recht. Ich bin dazu nicht geeignet. Um deine Frage zu beantworten. Meine Lieblingsfarbe ist hellblau.«
Sie lächelte ihn kurz an, dabei ließ er den Blick über die Bären schweifen und fand einen einzigen mit einer hellblauen Schleife. »Darf ich vielleicht?«, fragte er sie und deutete auf das Gewehr. »Klar warum nicht«, meinte sie schmunzelnd und händigte ihm das Gewehr aus.
Er legte es an seine Wange, sah auf die höchste Zahl und schoss dreimal hintereinander. Er traf jedes Mal und deutete dann auf den Teddybär mit der hellblauen Schleife. »Hier für dich«, meinte er und lächelte zuckersüß, doch Elena lehnte ab. »Nein. Den hast du gewonnen. Ist dein Verdienst«, versuchte sie sich herauszureden, in Wirklichkeit war es irgendwie seltsam von Damon etwas anzunehmen. Es fühlte sich zwar richtig an und das machte ihr irgendwie Angst. Seltsame widersprüchliche Gefühle tobten in ihrem Körper. Sie hatte bisher noch nie so gefühlt. Zumindest nicht in seiner Nähe. Doch Damon wollte nicht aufgeben. Noch war noch nicht alles verloren.
Also nahm er den Bären, bewegte seine Arme und setzte ein unschuldiges Gesicht auf. Mit verstellter Stimme sagte er: »Aber Elena. Ich will doch ein schönes Zuhause. Dieser Brummbärvampir würde nur mein Schaumstoffblut aussaugen. Du musst mich vor diesem schrecklichen Mann retten.« Damon setzte ein Schmollgesicht auf und wackelte mit dem Bären weiter, bis Elena kichernd den Teddybär an sich nahm. »Unverbesserlich«, sprach sie und sah ihn jetzt aus anderen Augen. »Wie wirst du ihn nennen?«, wollte er wissen, auf seinen Lippen lag ein glückliches Lächeln und immer wieder konnte er nur staunen, wie wunderschön sie war.
Er wollte niemals wieder, dass sie ihn abgrundtief hasste.
Elena sah auf den Bären, dann wieder zum Vampir. »Ich glaube ich nenne ihn Ikarus«, beschloss sie und musste dann darüber lachen. Sie war siebzehn und gab ihrem Stoffbären einen Namen. »Das ist ein toller Name«, meinte Damon und lachte jetzt. »Nun ja, solange du ihn nicht verbrennst.« Elena machte ein empörtes Gesicht und knuffte ihn in die Seite.
»Der Teddy wäre wirklich in deinen Händen eingegangen«, meinte sie neckend und streckte ihm die Zunge entgegen. Damon hob die Augenbraue und sah sie gespielt beleidigt an. »Also bitte. So böse bin ich nun auch wieder nicht.« »Das werden wir noch sehen«, meinte sie und deutete dann zum Essensstand. »Ich hab Hunger. Kommst du mit?«, lud sie ihn ein und machte ihn damit zum glücklichsten Mann auf Erden. »Sehr gerne«, erwiderte er glücklich, doch plötzlich erstarrte Elena. Es war als würde ein Elefant auf ihrer Brust sitzen. »Elena?«, fragte jetzt Damon, als sie keuchend nach Luft schnappte und ganz aschfahl wurde. »Ich … mir geht’s ..mies«, erklärte sie abgehakt, stolperte und stützte sich bei Damon ab.
»Soll ich einen Arzt holen? Was fehlt dir?«, fragte er jetzt panisch und voller Angst. Das erste Mal, dass er das wieder verspürt hatte. Und es traf ihn wie ein Schwall eiskaltes Wasser.
Zu einer Antwort kam Elena nicht mehr, denn ihre Beine gaben einfach so nach. Sie brach zusammen. Damon reagierte flink und fing sie auf. »Elena?«, fragte er entsetzt und strich ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Jetzt ließ er sich mit ihrer schlaffen Gestalt zu Boden sinken und zog sie an sich. Er wiegte sie hin und her, legte seine Wange an ihr Haar und suchte panisch nach Sissi. »Ich werde dich retten. Keine Sorge. Wir schaffen das. Bleib bei mir«, flehte er und entdeckte dann endlich die Feenprinzessin. »SISSI!«, brüllte er so laut er konnte, fühlte Elenas Puls und versuchte sie wieder aufzuwecken, doch es gelang ihm nicht. Sissi sah nun genervt in seine Richtung, doch als sie Elena in seinen Armen entdeckte, so bleich und leblos, wurde auch sie aschfahl. Sie ließ das Eis fallen und rannte nun auf die beiden zu.
»Was ist passiert?«, fragte sie panisch und sah den Vampir an. »Sie ist einfach so zusammengebrochen«, hauchte Damon, kaum fähig mehr zu sagen. Die Sorge um die Hexe schnürte ihm die Kehle zu. »Der Zauber. Mein Zauber wirkt nicht mehr. Ich glaube der hatte sie eigentlich am Leben gehalten. Wir müssen Jacobs Zauber lösen oder sie wird sterben!«, sagte Sissi ernst und hatte jetzt Tränen in den Augen. »Damon. Bitte du musst mir helfen. Solch eine schwarz magischen Zauber kann man nur von schwarz magischen Hexen lösen lassen. Dort komme ich nicht hin. Du musst sie zu Faye Raven bringen. Sie ist in Los Angeles. SOFORT! So schnell du kannst!« Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er rannte in Vampirgeschwindigkeit los und war felsenfest entschlossen Elena zu retten.
- ENDE DES DRITTEN BUCHES -
Tag der Veröffentlichung: 25.04.2018
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