Das trunkene Schiff
Als ich hinabschwamm,
vom Gleichmut des Flusses getragen,
Spürt ich das Schlepptau der Treidler nicht mehr.
Von schreiender Rothaut an Pfähle geschlagen
Waren nackt sie Ziel für Messer und Speer.
Ich scherte mich wenig um Männer und Frachten.
Obs Korn war, ob Wolle, war mir einerlei.
Vorbei der Spektakel, den am Ufer sie machten.
Den Fluss schnell hinab, zum Meer, ich war frei.
Ein Stern, er gab meiner Meerfahrt den Segen.
Wie Kork hin und her auf den Wellen geschmissen
Spürt ich sie rollend über mich fegen.
Nie werd ich die Lichter des Hafens vermissen.
So süß kann Kindermund kein grüner Apfel schmecken
Wie mir das grüne Wasser, das durchs Holz mir drang.
Es wusch mich rein von Dreck und Blauweinfl ecken.
Fort schleudert es das Ruder, der Anker, er zersprang.
Und seitdem bad ich im Gedicht des Meeres,
Dem sterndurchsunkenen, das milchig blinkt.
Das alles Himmelblau verschlingt als wär es
Des Wassers Leiche, die da still versinkt.
Ich weiß wie Himmel bersten, wie Blitze niederhämmern.
Ich kenn den Sog der Strudel und den Strom der Nacht.
Wie aufgescheuchtes Taubenvolk seh ich den Morgen
dämmern.
Und manchmal sieht mein Auge auch, was Menschen nur
gedacht.
Gleich einer Insel wogt auf meinem Deck das Zanken
Streitender Silbervögel um den weißen Kot.
Doch ich treib weiter. Durch die morschen Planken
Scheint Himmel auf Ertrunkne bleich und tot.
Sternarchipele seh ich dort in weiter Ferne ragen.
Ich, ein verlornes Schiff, zur Wanderschaft nicht mehr bereit.
Ich fühl, ihr Wellen, eingehüllt in euer Schlagen,
Wie wassertrunken mein Gerippe, wies an der Zeit.
Jedoch genug geweint. Gebt mir den Tod zum Tausche.
Grausam der Mond, die Sonne bitter schwer.
Lasst mich zum Schlafen hier in herbem Liebesrausche.
O du mein Kiel zersplittre und über mir sei Meer!
Tag der Veröffentlichung: 31.08.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Das trunkene Schiff hat besonderen Einfl uss auf die abendländische
Lyrik ausgeübt. Voll dunkler Worte hat es mit
dazu beigetragen, dass die Lyrik sich immer mehr von der
Wirklichkeit abgewandt hat. Man nennt das Symbolismus