Schöne Grüße von Marianne.
Eines Tages stellte sich ein gutaussehender, seriös gekleideter Mann mit Namen Rosenberg im Büro vor. Er grüßte schön von Marianne Rosenberg, seiner Nichte, die angeblich nicht wenig Lust hätte, wieder in guten Läden wie im „Abaco“ aufzutreten. Er erzählte mir beiläufig, dass er mit Teppichen handele.
Ich hatte damals Marianne schon im Mic Mac Moisburg, als sie noch mit ihrem Vater auftauchte, weil sie noch minderjährig war. Sie war großartig, aber jetzt sollte sie ihre schwarze Gruftphase haben und nicht mehr ihre alten Titel singen wollen. Herr Rosenberg sagte bei weiteren Besuchen, „das kriegen wir schon hin“. Langsam kannte man sich.
Er gab mir seine Visitenkarte, auf der alles bestätigt stand wie Name, Adresse mit Rufnummer - Handel mit hochwertigen Teppichen. Und er ließ immer wieder schöne Grüße ausrichten von Marianne. Bis mir der Gedanke kam, dass ich ja noch einen Riesen-Täbriz Bildteppich zusammengerollt bei mir liegen hatte, den ich nach meinem Umzug aufgrund seiner Größe nicht mehr legen konnte. Ich rief ihn an und bot ihm diesen Riesen Teppich an.
„Ja da habe ich doch sofort jemanden, der sich garantiert dafür interessiert und auch den geforderten Preis zahlen würde. Einen Grafen in Göttingen.“ (O-Ton Rosenberg-Onkel)
Er kam sofort, um sich den Täbriz anzuschauen.
Fragte beiläufig, ob er ihn zum Probeliegen bei dem besagten Grafen mitnehmen dürfe. Ich hatte keine Bedenken, ließ mir den Erhalt quittieren. Dann waren er und der Teppich weg und von diesem Zeitpunkt an dauerhaft von meiner Bildfläche verschwunden. Seine angegebene Wohnung wurde zwei Tage später aufgelöst.
"Rosenberg" war mit meinem Riesenteppich auf und davon. Ich machte sofort eine Anzeige wegen Unterschlagung. Ob der Name dieses Herrn stimmte, konnte ich nicht feststellen. Eine Person namens "Rosenberg" gab es nicht in diesem Ort. Die Visitenkarte war manipuliert. Und die Dame bei der er wohnte war mit ihm auf der Flucht. Das ging ins Leere. Der schöne Teppich lag, so schien es, für immer zur Probe, nur nicht bei mir.
Nun fügte sich, dass im Abaco ein Stammgast auffiel, der immer sehr früh kam und sein Lamborghini mit Oldesloer Kennzeichen in der Nähe der Eingangstür parkte, damit auch jeder sah, dass er so eine Protzkarre fuhr. Er machte einen auf dicke Hose. Ich kam mit ihm einmal ins Gespräch, das reichte eigentlich.
Er erzählte mir, dass er ein Finanzdienstleister sei mit einem angegliederten Strukturvertrieb. Mehr konnte ich nicht registrieren. Allgemein wurde er Lamborghini Jürgen genannt.
Einige Jahre später las meine Freundin in der Lübecker Zeitung von einer Haushaltsauflösung in Bad Oldesloe mit vielen Designermöbeln. Wir suchten eine möglichst moderne Anrichte, also eigentlich ein Designerstück, als Raumteiler für meinen Wintergarten und machten uns nach vorheriger Terminabsprache auf den Weg ins nahe gelegene Bad Oldesloe.
Vor der Tür des Hauses stand ein etwas in die Jahre gekommener Lamborghini, der natürlich sofort auffiel. Die Tür wurde geöffnet von einer leicht verwelkten Dame, die ich auch irgendwoher kannte. Dann kam der Hausherr. Es war Lamborghini Jürgen. Ausgesucht höflich, ausgesucht schleimig. Er erkannte mich auch sofort. Er sprach sehr schnell, fast hastig.
Es hörte sich an, als wenn er es eilig hätte, diese Haushaltsauflösung schnell voranzutreiben. Beide führten mich durch die Räume, um mir die Teile zu zeigen, die zum Verkauf standen. Die Anrichte gefiel mir nicht sonderlich. Im nächsten Zimmer lag, halb ausgebreitet, ein Bildteppich, der mir seltsam bekannt vorkam mit einer Täbriz-Dorfszene. Ich bat darum, den Teppich ganz auszubreiten und traute meinen Augen nicht.
Vor mir lag mein von Rosenberg unterschlagener Täbriz Teppich, der zum Probeliegen bei einem Grafen in Göttingen liegen sollte.
Meine Freundin kannte zwar die Geschichte, aber nicht den Teppich. Das war mein Glück, sonst hätte sie mit einer falschen Reaktion eventuell alles zunichte machen können. Ich bekundete starkes Interesse und verhandelte mit Lamborghini Jürgen zum Schein über den Ankauf. Deshalb fotografierte ich
auch den Teppich zusammen mit Jürgen und seiner Freundin.
Er wollte 30.000 DM, „ein echter Bild Täbriz“, das wäre ein Drittel des tatsächlichen Wertes. Eine Expertise hatte er nicht. Ich dagegen hatte eine von einem iranischen Tennispartner, der zugelassener Sachverständiger vor den Hamburger Gerichten war. Ließ Jürgen in dem Glauben, dass dies der wahre Wert wäre. Heuchelte Interesse, aber müsste erst einmal nachmessen, ob ich ihn bei mir legen könnte. Ich wollte mich dann in ein paar Tagen melden. Am nächsten Tag machte ich meine Aufwartung in der zuständigen Polizeistation mit Fotos aus früheren Zeiten, der Rechnungsquittung, Expertise und der Einstellung des Verfahrens wegen Unterschlagung gegen Unbekannt. Der Teppich wurde konfisziert und nach 14 Tagen hatte ich ihn endlich zurück.
Man sieht sich immer zweimal im Leben.
Texte: Coopyright Th.+C.Glantz
Tag der Veröffentlichung: 20.11.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
In Gedenken an den Herren "Rosenberg", der mich mit viel Geschick um einen 4 x 5 m. Täbriz Bildteppich gebracht hat.