Provinz Musikmanager & Die bauernschlauen Wirte Teil 1
Viele Wirte mit größeren Sälen hatten auch nicht den Mut, eine regelmäßige öffentliche Tanzveranstaltung an einem Wochenendtag zu veranstalten. Es war auch nicht getan mit einer Annonce in dem Käseblatt ihrer Umgebung.
Das rief mich auf den Plan um einige ausgesuchte Säle zu testen und um zu sehen, ob diese Gegend interessant war für regelmäßige Veranstaltungen. Wichtig war, dass die Gruppen in dieser Gegend einen Bekanntheitsgrad hatten und dann die rechtzeitige Werbung per Plakataktion und nicht nur Anzeigen, sondern auch der Versuch, im redak¬tionellen Teil ein wenig Werbung zu bekommen.
Solche Dinge gelingen eher mit namhaften Gruppen. Bedingung war für die Zusammenarbeit, dass die Wirte keinerlei Kostenbeteiligung für ihren Saalbetrieb forderten. Ich den Eintritt, der Wirt den Umsatz. Für jede Veranstaltung wurden 3 - 400 Plakate 14 Tage vor der Veranstaltung plakatiert Der neu angeschaffte VW Bus war mit zig Eimern angerührtem Tapetenkleber voll gestellt, Tesafilm für die Fenster der Läden und Krampenpistolen für die Wände und Bäume.
Und ab ging die Post. Die ganze Umgebung wurde beworben. Vorbild für mich war die Circus Plakatierung, die alles bepflasterte. Wenn die erste Veranstaltung lief, wurde gleich nachgesetzt und so wurde eine Gegend nach der an¬deren erschlossen.
In einigen Gegenden war so der Hund verfroren, dass man froh war, auch nur annähernd die Kosten rein zu bekommen. Was manches Mal nicht gelang. In anderen Gegenden lief es wie geschmiert und man konnte eine Regelmäßigkeit einführen und hatte für die Gruppen wieder einen neuen festen Veranstaltungsort.
Mit jedem festen Punkt wurde die eigene Position für die Bands bindender. Wenn die Gruppen nicht zur Stange hielten wurden sie ausgeschlossen und umgekehrt wurden die Wirte gesperrt, wenn die wiederum ausscherten.
Es gab auch ganz schlaue Wirte, die gerne das gesamte Geschäft gemacht hätten.
Also Eintritt und Umsatz. Natürlich machte ich Verträge. Die Verträge waren aber nichts wert weil die wussten, dass man die Vergnügungssteuer nicht so ernst nahm und statt 600 Personen nur 150 abrechnete.
Fünfundzwanzig Prozent Vergnügungssteuer, ohnehin eine Schweinerei, die sich auch nur unsere Bürokraten einfallen lassen können. Vielleicht noch eine Tanzschrittsteuer, oder Lachsteuer. Die konnte man doch nur hintergehen. Das wussten natürlich die Wirte und einige drohten damit., die Vertraglichkeit zu unterlaufen.
Der Veranstaltungsort war ja nach einem halben Jahr eingeführt und so bekannt, dass die umliegenden Bewohner automatisch dorthin ausgingen. Da war eben was los.
Diese Machtprobe mit diesen Wirten musste ich des Öfteren durchleben. Einen festen Veranstaltungssaal hatte ich bei Rotenburg an der Wümme.
Der Laden lief höllisch und es waren jedes Mal ca. 500 – 800 Personen als zahlende Gäste im Saal. Eigentlich war der Saal nur für max. 2- 300 Personen zugelassen. Bis eines Tages der Wirt, Bauer Hellwinkel - etwa um die 60 – und einer Fassonfrisur schön hoch angesetzt und übergangslosen Blubberkopf, auf Plattdütsch bedeutete, dass er „dat nu auch allein“ könnte.
Ich kannte das und hatte meine Erfahrung. All mein Protest und Drohungen nützten gar nichts. Er hatte auch schon ohne mein Wissen Kapellen eingekauft und in 4 Wochen wollte er dann loslegen. Die guten Gruppen bekam er ohnehin nicht und die Restlichen hielten auch zu mir. Einige Gruppen, die ich auf Grund mangelnder Qualität nicht nahm, bekam er natürlich.
Ich kannte aber in der Nähe einen Saal, zwar nicht so schön und auch nicht ganz so groß, aber für meine Zwecke reichte er.
Für einen anderen Saalbetrieb hatte ich die bestzie¬hende Gruppe aus Schottland vorgesehen „John O’Hara and the Playboys“ die in Rotenburg immer für Rekorde gesorgt hatten.
Eine Showgruppe par Excellence, die alles vom Ho¬cker riss. Ich disponierte um und nahm diese Gruppe, um dem Abweichler Konkurrenz zu machen und ihn zur Rai¬son zu zwingen. Der Wirt im benachbarten Dorf freute sich, dass er nun auch von dem großen Kuchen einen Teil abbe¬kommen könnte.
Ich druckte gleich noch 200 Plakate mehr und klebte, tackerte und lief durch jeden Imbiss, Bäcke¬rei, Fleischerei in der 25- 30 km Umgebung um die Werbung zu platzieren. Es war dennoch ein ganz schönes Risiko, gegen einen von mir selbst etablier¬ten Laden anzustinken.
Dann kam der Tag der Rache.
Wir öffneten um 20 Uhr - eine riesige Schlange bildete sich und der La¬den war um 21.30 Uhr total überfüllt. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt keinen mehr reinlassen. Bauer Hellwinkel von nebenan kam mit seinem Sohn, sah die vielen Menschen und entschuldigte sich. Wi häb dat doch nicht so gemeint, plapperten Vater und Sohn .
Er hatte einen einseitig hochroten Kopf und erzählte mir, dass er vor der Höhensonne eingeschlafen wäre. Es sah zu komisch aus und zwischendurch musste ich einfach loslachen.
Was er sicherlich als Triumpflachen deutete.
„Bi mi is nix los“, stotterte er immer zwischendurch. Und Sohnemann wiederholte es . Dat geit doch nich Herr Glantz. Doch doch, dat geit. Ihr seht das doch.
Bauer Hellwinkel und ich machten einen neuen Vertrag und er musste die Hälfte der Vergnügungs¬steuer zuzahlen, damit ich keinen Angriffspunkt mehr bot.
Schweren Herzens unterschrieb er und von nun an war Frieden zwischen uns. Diese Situation musste ich mit anderen schlauen Wirten mehrere Male erleben.
Experiment Electrophorus - Kurzbeschreibung
Manfred Säuerling und Georg Rosenrunge, zwei Männer mit unterschiedlicher Hautfarbe, zwei Wissenschaftler auf zwei unterschiedlichen Gebieten, zwei Freunde mit unterschiedlichen Interessen, zwei Welten, die aufeinander treffen. Und doch haben die beiden etwas gemeinsam: die Vorliebe für das Abenteuerliche und die Faszination der Natur.
. Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen er und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk – die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen.
Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.
Tag der Veröffentlichung: 31.01.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An den Wirt "Zur gemütlichen Einkehr" in Bothel b. Rotenburg/Wümme Bauer Hellwinkel und seinem Sohn Alfred in Gedenken.