Cover

Erste fahrbare DISCO bei Obst Harry
Modern Jazz und Tanzmusik- eine kuriose Festlichkeit.
Der Provinz Musikmanager
____________________________
Doch zwischendurch kam eine aus der Not geborene Idee. Eines späten Nachmittags rief ein Wirt an und sagte mir, dass die engagierte Gruppe einen Autoun¬fall habe. Ob ich nicht eine Ersatztruppe hätte oder eine Superanlage mit Plattenspieler. Hatte ich nicht. Superanlage mit Plattenspieler - das war der Hin¬weis.

Am nächsten Tag war ich bei der Fa. Höper, die Musikanlagen für die Gruppen individuell zu¬sammenstellten und bauten. Drei Wochen später hatte ich ein fahrbares Discothekenpult mit 2 Plat¬tenspielern- Mischer – Micro und zwei riesigen Bo¬xen. So entstand vielleicht die erste transportable Disco. Die Wirte bekamen diese Nachricht und von nun an war die fahrbare Disco mit Jockey im Einsatz.

Ich testete auch meine Fähigkeiten als DJ auf Hochzei¬ten, Betriebsfeiern, Schützenfesten und ähnlichen Festivitäten. Diese Art von Belustigungen waren eigentlich ziem¬lich dankbar musikalisch zu unterhalten, da nach dem Essen die Gesellschaft anfing langsam ins Glas zu gucken und mit fortlaufender Zeit immer besof¬fener und dadurch zum Spielball des Jo¬ckeys wurde. Sie machten alle Spiele mit und waren dankbar für jeden Tempowechsel.

Der Start war eigentlich die größte Schwierigkeit, da die Lautstärke sehr unterschiedlich aufgenommen wurde. Den Jüngeren konnte es nicht laut genug sein, die Älteren fingen sofort an zu meutern. Wenn man den goldenen Mittelweg gefunden hatte und der Pegel des Alkohols eine bestimmte Grenze überschritt, lief alles von selbst und ging meistens noch 2- 3 Stunden länger als vereinbart.

Dann klingelte es in der Kasse, denn Überstunden wurden extra honoriert. Es sprach sich rum und mit Tanzabenden bei den Bismarcks oder etablierten Golf- und Reitervereinen wurden Gagen von 1500 - 2000 DM an einem Abend gezahlt und das im Jahre 1967.

Es war schon erschreckend zu sehen, wie manche honorige Figur vor meinen Augen durch den Alkoholgenuss zerfiel. Man selbst durfte nur ganz wenig trinken- gerade soviel, dass man die Stimmung gut anpassen und langsam steigern konnte.

Einmal hatte ich einen Geschäftsmann an der Al¬ster, ein reicher Obsthändler mit Namen Harry, der direkt am Wasser mit riesiger Markise zur Alster eine 3-4 Hundert m² große Wohnung hatte und eine Festlichkeit aufziehen wollte mit über 150 Leuten, vom Besten und Feinsten.

Dafür wäre ich der Richtige, so glaubte er. Durch irgendwelche andere Parties hatte es sich verbreitet. Er zahlte auch das was ich wollte, hatte aber nur eine Bedingung. Obst Harry wollte gerne Einfluss neh¬men auf die musikalische Gestaltung.

Na ja, das ist eigentlich kein Problem, so vermutete ich. Schon beim Aufstellen der Anlage kam er mit einem riesigen Packen LPs an und zeigte mir, wel¬che Art von Musik er gerne am Abend hören wollte.

In meiner jugendlichen Unbekümmertheit schaute ich mir die Platten auch nicht genau an. Glaubte, wenn ich mal ein oder zwei Stücke davon spielen würde, dass es damit getan wäre. Der Abend begann mit leichter und leiser Unterma¬lung zum Buffet. Da kam Harry schon an und wollte, dass ich von seinen Platten, also nach seinem Geschmack etwas spielen sollte.

Jetzt erst schaute ich mir die LPs des Gastgebers an. Es waren ausnahmslos Modern Jazzer- wie, Miles Davis, Doldinger, Charlie Parker, Dizzy Gillespie, Thelonious Monk. Noch glaubte ich, dass ich den Spagat der Musikschiene irgend¬wie hinkriege.

Spielte zur Untermalung seine ange¬kreuzten Stücke. Als es dann aber daran ging, die Leute nach ihrem festlichen Mahl auf die Tanzfläche zu kriegen, musste ich schon auf die Tanzmucke, also aktuelle Hits zurückgreifen.

Kaum hatte ich die Leute schon etwas in Stimmung, und die Tanzfläche sich lang¬sam füllte, kam Obst Harry der Gastgeber an und beschwerte sich, was für eine Musik ich machen würde. Wir wären hier nicht auf einer Betriebsfeier, beschimpfte er mich. Also fing ich an, von seinen Platten wieder einige Stücke zu spielen.

In Sekundenschnelle war die Tanzfläche leer, kein Schwein tanzte und die Gäste beschwerten sich bei mir, dass das nun wirklich keine Tanzmusik wäre. Ich schickte sie zu Obst Harry, aber der blieb stur. Also was machen? Ich fing schon langsam an zu zittern und war richtig hilflos. Ließ meinen Freund ans Pult, der Gott sei Dank noch da war, ließ ihn Musik machen und verzog mich in die Küche, um mit Obst Harry eine ernsthafte Diskussion zu füh¬ren.

Er blieb immer noch bei seiner Musik und wollte nicht, dass ich den Mainstream der aktuellen Musik spielen sollte.
Ich konnte ihm nicht vermitteln, dass dies eine Party und kein Modern Jazz Konzert ist. Die Gäste wollen tanzen und Modern Jazz ist etwas für die Ohren, aber nichts fürs Tanzbein.

„OK“. sagte ich, „ich übernehme die Verantwortung und ziehe meine Musik durch und wenn sich Leute beschweren, dann verzichte ich auf die Gage“. Es gäbe sonst nur den Weg, die Anlage abzubauen. Er ließ mich gewähren und ich legte meine Musik auf von „Creedance Clearwater“ bis „Clapton“- zwischendurch „Dear Mrs. Applebee“, einige tanzbare Stücke von Ella und Satchmo zu seiner Beruhigung.

Zudem hatte ich eine damals eigene Technik, die Tanzenden langsam in Fahrt zu bringen. Ich spielte die Titel nie aus, sondern maximal die Hälfte des Titels, machte Übergänge gleich in ein anderes Stück, ohne dazwischen zu quatschen.Das hatte einfach den Effekt der Lebendigkeit, wurde nicht langatmig, war aber anstrengender.

Im Prinzip waren es immer nur Medleys, denn so konnte man die Leute auf der Tanzfläche halten, denn jedes Stück wurde nach ca. 2 Minuten langatmig und wenn man dann ein neues Opening hatte, tanzten die Leute durch. Der Maßstab für einen guten Jockey war immer die Fülle der Tanzfläche.

Bei jedem Plattenwechsel gingen ein paar Daumen der später wie wild Tanzenden hoch. Diese „Daumen hoch Zustimmung“ für die einzelnen Stücke ermutigte. Na bitte, dachte ich, funktioniert doch. Auch hier machte ich es so, auch wenn Obst Harry die Tanzfläche mit wackelndem Kopf umkreiste. Langsame Engtanzeinlagen abwechselnd mit schnelleren und einigen Rock and Roll Einlagen von Litte Richard rundeten so richtig diesen schwierigen Abend ab.

Als die Gäste so um 3 Uhr nachts, natürlich angetrunken, noch eine Polonaise mitmachten und durch das ganze Haus und über die Straße marschierten, verstand Obst Harry die Welt nicht mehr. Ich bekam an diesem Abend zwei weitere Engagements und verteilte ca. 15 Visitenkarten. Die Gage bekam ich mit der Bemerkung, dass die Gäste zufrieden waren, er aber nicht.




Experiment Electrophorus - Kurzbeschreibung

Manfred Säuerling und Georg Rosenrunge, zwei Männer mit unterschiedlicher Hautfarbe, zwei Wissenschaftler auf zwei unterschiedlichen Gebieten, zwei Freunde mit unterschiedlichen Interessen, zwei Welten, die aufeinander treffen. Und doch haben die beiden etwas gemeinsam: die Vorliebe für das Abenteuerliche und die Faszination der Natur.

. Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen er und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk – die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen.

Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.


Impressum

Texte: Copyright Th.+c. Glantz
Tag der Veröffentlichung: 29.01.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Obst Harry wollte zu seiner Party Miles Davis, und ich die Tanzmucke. Lesen sie was daraus geworden ist.

Nächste Seite
Seite 1 /