Begegnung mit Kollege Torpedo
Gespräch unter Männern Teil Kapitel
Rosenrunge schüttelte verlegen den Kopf. „Nein, Muchacho, ich hatte gehofft, dass du diese Schnapsidee an den Nagel hängst, weil die Welt noch nicht bereit ist für solch eine sensible Technologie.
Vergiss nicht, du bist nicht der Einzige, der diesen Gedanken schon verfolgt hat und ihn für die Wissenschaft zu nutzen versuchte. Humboldt war nur einer von ihnen. Auch dem guten alten Platon – und der hat bekanntlich etliche Jahre vor Christus unter den Lebenden geweilt – war die Thematik des Zitterrochens bekannt.
Platon war es doch, der Menon in einem seiner Dialoge den Sokrates mit einem Zitterrochen vergleichen ließ. Weil dieser auf der Suche nach der Wahrheit unwillkürlich die vollkommene Ratlosigkeit auslöste – die Betäubung. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass du Sokrates und diesen Tieren ähnelst. Du lähmst nicht nur alles um dich herum, sondern machst mich als deinen besten Freund wirklich ratlos. Und nicht nur das, du betäubst dich auch selbst. Das ist mir schon damals aufgefallen, als Tunca Porca in dein Leben trat.
Ist Tunca Porca nicht auch eine mutierte Form des Mantas? Tunca Porca hat dich gelähmt, Muchacho. Deine eigenen Ideen haben dich gelähmt. Und jetzt ist es dein Fanatismus, der dich lähmt. Fanatismus, der dich zu unüberlegten Dingen treibt, die dir fast das Leben gekostet hätten – wach endlich wieder auf, Amigo!"
„Bist du endlich fertig?“, knurrte Manfred und in seinen Augen loderte einen kurzen Moment lang die Flamme der Wut. „Wenn du schon anfängst, in der Geschichte der Menschheit und der Rochen zu stochern, dann solltest du den Fall Dioscurides nicht vergessen.
Dieser Dioscurides, Pedanios Dioscurides, um genau zu sein, war nämlich der erste ernst zu nehmende Mensch, der genau dieser Energiequelle mehr Sinnhaftigkeit abgewinnen konnte als irgendwelchem Dauergequatsche griechischer Philosophen. Dioscurides war Arzt, ein Medicus, und das war im ersten Jahrhundert nach Christus ein ansehnlicher Titel, findest du nicht auch?
Und er war es, der den Elektrotismus dieser Tiere für die Medizin nutzen wollte und ernsthaft versucht hat, epileptische Anfälle zu behandeln.“
„Und, hat er es geschafft?“
„Das weiß ich doch nicht! Ich war nicht dabei! Aber ich weiß, was ich weiß, und ich weiß auch, dass du weißt, dass ich recht habe, und das macht dir Angst!“
Rosenrunge schwieg.
„Rede mit mir, Georg, warum versuchst du schon seit Monaten, schon seit wir aus Brasilien zurück sind, mich auszubremsen und immer wieder aufzuhalten. Wovor hast du Angst?“
„Verdammt, wenn das alles so funktioniert, wie du es gesagt hast. Wenn dein Plan aufgeht und du es wirklich schaffst, den Strom aus den Organen dieser Tiere zu gewinnen, dann ...“
„Dann?“
Georgs Antwort ließ auf sich warten. Er sah über das Wasser, als läge sie dort irgendwo am Horizont verborgen. Doch dann sagte er schließlich: „Dann haben wir nicht nur eines der größten Weltwirtschaftsprobleme mit einem Schlag gelöst, sondern werden wahrscheinlich eine ganze Menge neuer Probleme schaffen. So, als hätten wir die Leiche von Julius Cäsar gefunden, auf seinem Hintern Papa was a Rolling Stone eintätowiert.“
Säuerling grinste. „Ein toter Cäsar mit Tattoo auf dem Hintern? Das wäre doch mal ein Ziel für unsere nächste Expedition!“
„Nein, im Ernst, Manni! Dies würde das Toleranzpotenzial empfindlich sprengen. Das Ganze würde Ausmaße annehmen, die wir uns wahrscheinlich nicht einmal in unseren kühnsten Phantasien ausmalen können.“
„Ich kann mir dieses wunderbare Ausmaß aber sehr gut ausmalen“, unterbrach Säuerling. „Überall auf der Welt müssten die Atomkraftwerke umfangreichen Wasserbecken weichen, in denen Rochen, Zitteraale oder andere Tiere mit elektroplaxen Organen gezüchtet würden. Durch eine ausgeklügelte Technik könnte die Energie sogar im Autobatterieformat gespeichert werden, in einem kleinen, einheitlichen und kompakten Batterieformat, das aber wesentlich mehr Ladung aufnimmt als eine herkömmliche Batterie.
Es wäre imstande, einen ganzen Haushalt dauerhaft zu versorgen. Ich sehe das Bild schon vor mir: Samstag Vormittag im Baumarkt, die Sonne scheint, die Blumen blühen, die Rasenmäher gehen weg wie warme Semmeln und irgendwo zwischen Auto- und Elektroabteilung stehen sie, die Säuerling / Rosenrunge-Batterien, nennen wir sie doch einfach mal SäRo-Power V1, Dauerstrom für einen Monat. Wahlweise auch für zwei oder drei Monate, Speicherkapazität nach Staffelpreisen.
Wer weiß, vielleicht stehen unsere SäRo Power V7 gleich nebenan in der Autoabteilung, ausgerichtet für die Elektromotoren der nächsten Autogeneration, mit einer Speicherkapazität für 100 Autofahrstunden oder für Strecken bis 1000 Kilometer.
Die Höhe der Benzinpreise würde über Nacht bedeutungslos und glaube mir, ich wäre sehr gerne Zeuge dieses historischen Moments, allein nur um die dämlichen Gesichter derjenigen zu sehen, die dafür verantwortlich sind. SäRo-Power, die Tankstellen der Zukunft, die Shell in die Pleite treiben oder aber zu erneuerbaren Energien bekehren, die die Multis großzügigerweise nutzen dürften, vorausgesetzt, sie zahlten dafür einen guten Preis. Einen Preis, den wir bestimmen werden ...“
Säuerlings Augen leuchteten und dieses Leuchten erschreckte Georg so sehr, dass es ihm für einen kurzen Augenblick die Sprache verschlug. Manfred war nicht nur verrückt, fanatisch und begeistert, er war überzeugt. Und wenn ein Manfred Säuerling von etwas überzeugt war, dann würde er so lange weitermachen, bis seine Idee funktionierte. Und verdammt, seine Idee konnte funktionieren und sie würde funktionieren. Und Georg wäre auch bereit, selber daran zu glauben, wenn nicht ...
„SäRo Power V7?“ Georg schüttelte den Kopf. „Mal abgesehen davon, dass diese Bezeichnung nach einem neuen Waschmaschinenmodell klingt, was glaubst du eigentlich, was die Konzerne, die ganzen Volt- und Watt-Riesen, vielleicht sogar die Regierung selbst, mit dir machen, wenn du damit rausrückst und deine geniale wissenschaftliche und menschliche Revolution preisgibst?
Glaubst du im Ernst, dass Shell sich von einem deutschen Wissenschaftler in die Pleite treiben lässt? Glaubst du wirklich, dass der Rest der Welt dich wie einen Messias feiern wird, der mit erhobener Hand in die Menge winkt und I have a dream ruft? Glaubst du, sie würden dir zu ihrem eigenen Untergang gratulieren? Mal abgesehen davon: wem würdest du diese Technik als Erstes unter die Nase reiben, wenn nicht gleich einem Angestellten des Patentamtes?“
„Ich würde zu allererst unseren Frauen diese Technik unter die Nase reiben wollen, denn sie haben ein Recht darauf zu erfahren, dass sich ihr Leben in Zukunft von Grund auf verändern wird. Und ja, die Watt-Riesen werden sich in der Tat in den Hintern beißen, wenn sie feststellen, dass ihre Preispolitik und ihr hinterfotziges Monopol zusammenfallen wird wie ein Kartenhaus. Und ja, ich kann mir vorstellen, dass die Atomkraftwerksbetreiber und sämtliche Energiekonzerne Auftragskiller gegen uns in Massen anheuern werden, aber ...“
„Das hier ist kein Spiel mehr, Manfred! Denk wenigstens einmal ernsthaft über die Konsequenzen nach. Du wirst einen unbeherrschbaren Butterfly-Effekt, wohlmöglich weltweit, auslösen.“
„Ja, es wird in der Tat einen Butterfly-Effekt geben. Nur wird unser Schmetterlingsflügelschlag die Welt verändern. Wir werden den Menschen und auch der Natur eine ungeheure Erleichterung bringen. Stell dir doch nur mal vor ...“
„Nein, ich will mir das nicht vorstellen!“, unterbrach ihn Georg kühl und sah Manfred scharf in die Augen. „Seit Jahrzehnten versuchen die brillantesten Wissenschaftler die optimale Lösung für erneuerbare und alternative Energien zu liefern. Milliardenbeträge werden jedes Jahr in die Forschung gesteckt, während im Nachbardorf bereits die ersten biotechnologischen Kraftwerke errichtet werden. Du weißt, welch großes Aufsehen allein das ausgelöst hat. Ich rede von der Energiegewinnung mittels Dung und vor allem davon, welche Folgen das für die Bauern hatte, die diese Technologie einführen wollten.
Immens hohe Anschaffungskosten, okay, teilweise subventioniert vom Staat, okay, aber was bringt das, wenn der Staat die Bauern im Stich lässt, wenn der Energieriese um die Ecke das Haar in der Suppe sucht und auch noch findet? Plötzlich doch keine Baugenehmigung? Plötzlich der Verdacht auf eine fehlerhafte Anlage? Die vielen anonymen Beschwerden wegen etwaiger Geruchsbelästigung, von netten Nachbarn, die wahrscheinlich sogar noch dafür bezahlt werden, dass sie vor Gericht ziehen.
Ein kleiner Nebenverdienst, steuerfrei versteht sich. Die Energiegiganten haben ihre Mittel und Wege, lästige Konkurrenz schon im Keim zu ersticken. Ja, ich habe vielleicht meine Hausaufgaben nicht gemacht, aber sie tun es regelmäßig. Und in ihrem Hausaufgabenheft wird mit Sicherheit auch stehen: Sollte ein gewisser Säuerling mit der Idee kommen, aus Tieren Energie zu gewinnen, treten sofort alle Maßnahmen in Kraft, dies zu verhindern. Maßnahme Nummer eins: Benachrichtigung des Deutschen Tierschutzbundes und eine Klage beim Landgericht. Und am Schluss steht nicht nur der Bauer aus dem Nachbardorf alleine da, sondern auch du mit deinen Bemühungen, etwas Gutes für die Welt tun zu wollen.
Du sitzt da mit einem unüberschaubaren Berg aus Anwaltskosten, bürokratischen Anschreiben und Gerichtsbeschlüssen – die Kosten für diese aufwändige Anlage nicht zu vergessen.“
„Georg, du redest hier im wahrsten Sinne des Wortes Bullshit! Für die bahnbrechende Idee, aus Kuhscheiße Energie zu gewinnen, ist natürlich eine Nobelpreisnominierung das Mindeste! Doch Spaß beiseite, lass uns realistisch bleiben. Diese Methode hat keine wirkliche Zukunft und schon gar nicht weltweit.
Und genau das ist auch das Problem, die Unterstützung fehlt, weil die Sache keine Zukunft hat! Sie ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und dieser verpufft meistens schon im Flug. Der Provinzbauer wird niemals in der Lage sein, ein globales Problem zu lösen, da kann er so viel Scheiße fabrizieren wie er will.“
„Und das ist das Problem, Säuerling, in deinem Fall wirst du der Provinzwissenschaftler sein, der versucht, ein globales Problem zu lösen.“
„Ich versuche es nicht nur, ich ... wir ... werden es tun!“
„Sie werden dich platt machen. Klagen werden dich überrollen, sie werden deine Idee, noch bevor du sie überhaupt aussprechen kannst, im Flug abfangen. Sie werden sie dir entreißen, dich mundtot machen, sodass am Ende nichts von dir übrig bleibt als ein Korn von dem Futter, das Bauer Hinnerk seinen Kühen zu fressen gibt, damit auch genug Energie hinten rauskommt.
Selbst wenn du es schaffen solltest, das Patent anzumelden, wird es nicht lange dauern, bis der erste Energiekonzern mit der ersten Klage winkt. Und es werden unzählige weitere folgen und der Staat wird sein Urteil fällen und zwar ein solches, das ihm am meisten nützt.“
„Ja, und genau deshalb wird er sich für SäRo Power entscheiden, immerhin hat dann Deutschland endlich einmal ein Vorzeigeobjekt für den Export zu bieten – denn wer will schon so etwas Langweiliges wie eine Magnetschwebebahn? Apropos Japan, die Japaner werden zu den ersten Großabnehmern für unsere Technologie gehören, damit sie nie wieder ein Kraftwerk betreiben müssen, das in einem Erdbebengebiet steht. Ja, Rosenrunge, bedenke doch auch mal den humanen Aspekt.
Denk an die Gefahr, der wir uns seit Jahrzehnten aussetzen, indem wir uns Atommonster neben Großstädte stellen, immer in der Hoffnung, dass uns der Reaktor nicht irgendwann um die Ohren fliegt. Castor und der ganze Dreck könnte endlich der Vergangenheit angehören. Stichwort: Tschernobyl 1986. So eine Scheiße wie damals würde nie wieder passieren.
Und wenn wir schon gerade bei Russland sind: Sie bauen momentan an einem schwimmenden Atomkraftwerk. Diesen Wahnsinn muss man sich mal vorstellen! Über 1500 Millionen Dollar für einen Kahn, der einen Reaktor im Gepäck hat und im nächsten Jahr den Norden Russlands mit Strom versorgen soll.
Tja, um Russlands Utopien kümmert sich die russische Atomenergiebehörde, um die Belange der einfachen Menschen offenbar niemand. Die Oligarchen herrschen immer noch ungebremst und sind erfolgreich, nicht nur im Geschäft mit Prostitution und Gewalt. Wer in Russland Strom und Energie im Überfluss hat, sind jene, die ohnehin schon alles haben. Und sie haben immer bessere Möglichkeiten, mit dieser teuren Energie Druck auszuüben und Macht an sich zu reißen.
Es ist eine gesetzlose Herrschaft der Reichen über jene, die es mit Moral und Ehrlichkeit versuchen, und ihr Tanz um das goldene Kalb ist Verhöhnung aller hart arbeitenden Menschen. Doch das gilt nicht nur für die Russen, sondern für die ganze Welt. Energie ist leider zu einem Luxusgut geworden, das sich nicht jeder leisten kann, aber doch jeder braucht, um ein Leben in Würde zu führen.
Wir könnten genau dieses Leben in Würde schaffen und dafür sorgen, dass es unantastbar wird. Durch unsere Technologie schaffen wir Energie, die sich jeder leisten kann. Strom wäre kein Luxus mehr, sondern sozusagen ein Non-Food-Lebensmittel für den täglichen Gebrauch und auch so einfach zu erwerben wie ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand.
Lass uns nicht länger dabei zusehen, wie die Reichen und Mächtigen dieser Erde uns an der Nase herumführen. Du hast es selbst gesehen, als wir zum Hamburger Flughafen gefahren sind. Kaum beginnen die Ferien, und prompt ziehen die Ölkonzerne wieder die Preise an, obwohl der Preis für ein Barrel Öl deutlich gesunken ist. Lass uns ein Zeichen setzen, Rosenrunge, wir haben nicht nur die Möglichkeiten, sondern auch das Wissen und die Mittel, etwas zu verändern. Wir können es schaffen und gegen diese weltweite Erniedrigung der Menschheit etwas unternehmen.“
Rosenrunge schwieg. Er schwieg so unendlich lange, dass Säuerling befürchtete, ihm mit seiner Rede ein Knock-out verpasst zu haben. Doch dann regte sich etwas in Georgs Gesicht und er brachte ein gestammeltes: „Nun ja ...“ heraus. Eine Aussage, mit der sich Manfred nicht zufriedengeben wollte.
„Was gibt es da noch zu zweifeln, Georg?!“, rief er empört und riss vorwurfsvoll die Arme hoch.
„Was brauchst du noch, damit du an diese Sache glaubst?! Während du hier in diesem Scheißboot sitzt und nicht über deine Scheißzweifel hinwegkommst, sterben überall auf der Welt Menschen, weil es ihnen an einem würdevollen Leben fehlt. Sie verhungern, sie erfrieren oder gehen an mangelnder Hygiene, mangelnder medizinischer Versorgung zugrunde ...“
„Stop! Stop! Stop! Und du glaubst allen Ernstes, mit Hilfe von SäRo Powerbatterien würdest du all diesen Menschen helfen? Glaubst du, dass es mit Energie in dieser Welt wirklich getan ist? Mit Strom gegen Hunger, Leid und Armut? Strom für den Weltfrieden? Wer bist du? Jesus? Gott? Oder der neue Hamburger Mahatma Gandhi, ein Pilger im Namen des Friedens und der biologischen Energiegewinnung?“
„Verdammt, die Menschen haben ein Recht darauf, so zu leben, dass nicht die Hälfte der Wohnkosten für die Energie draufgeht und sie haben auch ein Recht darauf, ihren Lebensstandard zu halten, ohne dabei ständig der Natur auf die Füße zu treten. Der Butterfly-Effekt wird sich in der Tat mit der Zeit über alle Kontinente legen und die Menschen werden dankbar dafür sein – und am Ende werden auch die Energiekonzerne nach unserem Prinzip arbeiten, nämlich dann, wenn sie uns dafür bezahlen, dass sie das tun dürfen.“
„Und was glaubst du, werden sie tun?“
„Wen meinst du mit ‚sie’?“
„Die Regierungen, die Weltmächte! Die Drahtzieher allen Übels, die du eben so schön angeprangert hast. Glaubst du nicht, dass auch sie Ideen ausbrüten würden, wie sie diese neue Energie für sich nutzen könnten? Viele rüsten zwar jetzt fleißig ab, doch wenn diese Sache in der Welt Fuß fasst, glaube mir, dann wird die Welt auch wieder aufrüsten, dank dir!“
„Och, Rosenrunge, jetzt übertreibst du aber!“, lachte Säuerling, auch wenn dieses Lachen nicht aus dem Herzen kam. „Meinst du wirklich, ich liefere mit einer alternativen Stromquelle auch gleich einen neuen Bauplan für elektronische Massenvernichtungswaffen mit?“
„Die Menschheit hat schon ganz anderes zu Tötungsmaschinen umfunktioniert. Auch ein Selbstmordattentäter ist eine Massenvernichtungswaffe. Du spielst nicht nur mit dem Feuer, Muchacho, sondern du spielst mit dem Weltfrieden.“
„Ich spiele..
„Ja, weil du hier mit Macht spielst“, antwortete Georg. „Was glaubst du, was in den Köpfen der Großen der Welt vor sich geht, wenn die erfahren, dass ausgerechnet wir Deutschen eine Technologie entwickelt haben, mit der es gelingt, enorme Energien mit einfachen, natürlichen Mitteln herzustellen. Glaubst du allen Ernstes, die kaufen uns ab, dass wir lediglich dafür sorgen wollen, Wie war das mit der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie, Manfred? Sollte damals nicht auch nur eine neue Energie gefördert werden, um Alternativen zu den Bodenschätzen zu schaffen?
Doch was war mit dem Atombombenbau? Schön, heute wird weltweit abgerüstet, …
dass Tante Anna aus Altona ihren Fernseher kostengünstig einschalten kann? Wie war das mit der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie, Manfred? Sollte damals nicht auch nur eine neue Energie gefördert werden, um Alternativen zu den Bodenschätzen zu schaffen?
Doch was war mit dem Atombombenbau? Schön, heute wird weltweit abgerüstet, aber du hast die Entwicklung selbst verfolgen können. Warum war überhaupt aufgerüstet worden, warum begann der Rüstungswettlauf? Weil eine fremdartige Technologie entwickelt worden war, die eine ganze Welt vernichten kann. Die Menschen sind so einfältig und fremdgesteuert, wenn es um Macht geht. Allein ein Gerücht würde schon reichen, dass in sämtlichen Teilen der Welt Alarm geschlagen würde. Die Deutschen haben eine neue elektroplasmische Waffe entwickelt! Prompt herrscht wieder Unruhe in der Welt.“
„Ach komm!“, winkte Manfred ab. „Wenn es so wäre, dann müssten wir schon den zehnten oder elften Weltkrieg hinter uns haben. Du siehst doch jedes Jahr aufs Neue, wie viel neue Technik allein aus Japan zu uns herüberschwappt. Sie haben einen selbstständig denkenden und vor allem menschlichen Roboter entwickelt, der sogar Emotionen zeigen soll – und ist Japan gleich von den Russen oder Amerikanern zerbombt worden?“
„Nein, aber weißt du, in welchem Maße die Geheimdienste ihre Augen und Ohren in und auf Japan haben?“
Manfred schwieg.
„Du spielst Gott, wenn du das durchziehst, Manni.“
„Und wenn schon. Wenn Gott nicht gewollt hätte, dass wir die Fähigkeit von Tieren nutzen, uns Strom zu liefern, dann hätte er keine Tiere mit dieser Fähigkeit auf die Erde losgelassen – meine Meinung! Die gleiche Ansicht habe ich übrigens auch noch, was die Blitze betrifft ...“
„Du nimmst mich nicht ernst, oder?“, fragte Georg ärgerlich.
„Doch, aber dann solltest du mich auch ernst nehmen. Wenn ich ehrlich bin, interessiert mich im Moment nur die Sache, Georg! Bist du endlich bereit, die Sache ernst zu nehmen?
Bist du bereit, mit mir gemeinsam an diese Sache zu glauben? Und mich zu unterstützen, selbst wenn die Weltpolitik inklusive Börse wegen unserer Erfindung einen Megacrash erfährt? Rchoche, bist du dabei? Ja oder nein!“
„Du weißt, wie meine Antwort lautet ...“, antwortete Georg bedrückt.
„Ja, und ich weiß, dass ich mich mit ihr nicht zufriedengeben werde“, schnauzte Manfred. „Es ist Angst, die dich bei deiner Entscheidung leitet. Angst ist eine schlechte Beraterin, schmeiß sie weg! Und es ist eine unbegründete Angst, weil in dieser Sache niemand wirklich vorhersagen kann, was passieren wird.
Ich habe jahrelang Zeit gehabt, um mir über die Konsequenzen klar zu werden, und die ersten Konsequenzen habe ich schon am eigenen Leib beziehungsweise direkt vor meiner Haustüre erfahren müssen. Bazillen, die sich wie ein lästiger Schimmelpilz auf die Haut legen und sich dort einbrennen – die lauern überall. Dieser Schuldirektor ist eine solche Bazille. Aber ich sag mir immer, wer eine solche Idee verwirklichen will, der wird auch mit solchen Spinnern, Spionen oder, wenn es sein muss, auch mit der CIA oder dem Bundesnachrichtendienst fertig.“
„Du kapierst einfach nicht, worum es hier geht ...“, sagte Georg ernst und sah ihn traurig an.
„Nein, Georg, du bist es, der nicht kapiert ...“
„Ruhe, jetzt rede ich!“, unterbrach Georg energisch. „Willst du dein Leben lang Angst haben? Willst du dein Leben lang nur noch mit Bodyguards vor die Türe? Sollen unsere Kinder eingesperrt werden, Privatunterricht nehmen und nie wieder auf den Sportplatz gehen, aus Angst davor, dass sie Opfer einer Entführung werden könnten?
Und unsere Frauen? Sollen die sich auch nur noch verstecken? Keine Weiberabende mehr mit Tupper und Co.? Und was ist mit uns ... kein Poker, kein Drink in der Bar, keine Abenteuerreisen mehr. Bist du wirklich bereit, all das in Kauf zu nehmen – und ich habe nur das Harmloseste aufgezählt – nur um dein Ding durchzuziehen?“
„Es ist nicht mehr nur mein Ding ... es ist unser aller Ding ... auch deines. Und deshalb frage ich dich jetzt: treibt dich deine Feigheit tatsächlich dazu, der Menschheit etwas vorzuenthalten, was nicht nur ihr, sondern auch ihrem Lebensraum, der Natur eine große Entlastung wäre. Willst du verhindern, dass die Welt durch eine segensreiche Erfindung bereichert wird, ohne dass die Falschen dabei reich werden? Willst du das alles, nur weil du Angst vor der Zukunft hast?“
Rosenrunge fuhr sich mit den Händen durch die nassen Haare und verzog das Gesicht. Wassertropfen perlten von seinem Gesicht und Säuerling hätte schwören können, dass die salzigen Tropfen sich mit dem Schweiß der Verzweiflung vermischten. Er konnte es seinem Freund förmlich ansehen, wie sehr es in seinem Kopf arbeitete, und Manfred hoffte, dass Georgs Denkapparat auch die richtigen Ergebnisse liefern würde.
„Ich brauche dich dabei, Georg!“
„Was willst du, Säuerling. Möchtest du noch mehr Kohle scheffeln? Du verdienst doch schon jetzt weltweit ein Vermögen mit deinen Seren und Medikamenten. Ist das nicht die pure Gier, die da aus dir spricht? Du kennst doch die Geschichte von Hemingway. Der alte Mann und das Meer, diese Geschichte von dem Fischer, diesem armen Kerl, der den größten Fisch an der Angel hatte und sich von dem Vieh aufs weite Meer hinausziehen ließ, immer weiter und weiter.
Er riskierte sein Leben. Irgendwann wurde der Fisch schwächer und der Fischer konnte endlich seine übergroße Beute einholen und in den Hafen bringen. Allerdings hatte er nicht bemerkt, dass er dabei heimliche Verfolger hatte. Haie, die seinen Fang Stück um Stück gefressen hatten, sodass zum Schluss nur noch das Skelett übrig geblieben war. Und uns wird es bald ähnlich ergehen. Ich weiß, dass du das Skelett noch an irgendein Museum für teures Geld verscheuern würdest – ein Manfred Säuerling erleidet niemals eine hundertprozentige Niederlage und kriegt ja immer alles irgendwie gebacken – was ich auch sehr bewundernswert an dir finde, aber ...“
„Mit Fischgräten kann man heutzutage wahrlich nicht viel verdienen ...“, grinste Säuerling, worauf er sich einen schmerzhaften Fausthieb an der Schulter einfing.
„Okay,! Okay! Ich kenne die Geschichte und ich habe nicht vor, mit Nichts in den Hafen zurückzukehren. Aber es ist auch nicht die Beute, die mich auf das Meer hinauszieht, sondern ... der Weg ist das Ziel, Rosenrunge!“
Georg sah Manfred lange und nachdenklich an.
„Gib mir Zeit, Manni, gib mir Zeit, dass ich das Ganze noch mal überdenken kann. Und ich würde auch gerne mit Kathrin darüber reden, denn wenn wir diese Sache wirklich gemeinsam ins Rollen bringen, sollte sie wissen, was auf sie zukommt. Und das solltest du auch tun, bevor du dich ins Unglück stürzt.
Rede mit Odalys. Wie auch immer ich mich entscheiden werde, und ich bin von der Sache längst noch nicht überzeugt, hoffe ich doch, dass wird Freunde bleiben.“
„Was meinst du damit?“
„... dass du nicht eingeschnappt sein sollst, wenn ich dich und deine Idee mitsamt den Zitterrochen zum Teufel jage!“
„Das wirst du nicht tun ...“, sagte Manfred mit einem kühlen Lächeln.
„Und was ist, wenn doch?“
Keine Antwort.
Den ganzen Rückweg über schwiegen sie und sie schwiegen auch noch, als Manfred den Schub drosselte und auf das Land zusteuerte. Erst als sie nur noch wenige Meter vom Festland trennten, schaffte es Manfred, die letzte Frage zu formulieren, die ihm noch auf der Seele brannte. „Wie lange wirst du brauchen?“
„Wozu?“
„Um dich zu entscheiden.“
„So lange, bis ich mit Kathrin gesprochen habe.“
„Du machst es also von ihr abhängig?“
Rosenrunge schwieg. Erst als sie das Boot sicher an Land gezogen hatten, sagte Georg: „Morgen Abend!“
Manfred gab Georg zu verstehen, dass er noch etwas bei dem Fischer zu erledigen hätte.
„Ich komme noch mit dir“, sagte Georg und beide stapften durch den Sand, um nach dem Fischer zu suchen. Sie fanden ihn direkt vor seiner Hütte. Manfred ließ den Mann auch gleich noch einmal deutlich spüren, dass ihn der Wucherpreis von 30 Dollar mehr als nur störte und dass der Fischer ein gottverdammter Halsabschneider war. Dieser grinste ihn nur breit an, ließ dabei seinen vergoldeten Zahn sehen und erklärte in seinem besten Arabisch, vermischt mit seinem schlechtesten Englisch, dass auch er schließlich leben müsse, und das sei hier in einem Touristengebiet von der Fischerei allein nicht möglich.
Er müsse immer wieder neue Geldquellen auftun, um sich und seine Familie zu ernähren. Und dabei sei er nun mal auf jede günstige Gelegenheit, sich etwas dazuzuverdienen, angewiesen, auch wenn es mit seinem alten Kahn sei, den schon sein Großvater über das Meer geschippert habe.
„Fischerei ... so, so ...“, überlegte Säuerling halblaut und warf Georg einen flüchtigen Blick zu. Doch der schüttelte nur verständnislos den Kopf, griff nach seiner Tauchausrüstung und stapfte immer noch kopfschüttelnd durch den Sand in Richtung der Strandhütten, wo sie sich von Kathrin und Odalys vor mehr als zwei Stunden verabschiedet hatten. Säuerling ließ ihn ziehen und wandte sich schließlich wieder dem alten Fischer zu.
„Wie heißt du?“, fragte er und legte ihm versöhnlich den Arm um die Schulter.
„Ich heiße Siamun, Mister!“
„Du bist schon lange Fischer, Siamun?“
Der Mann nickte erwartungsvoll.
„Und du fischt jetzt auch noch?“
Wieder folgte ein Nicken.
„Und hast du denn auch die notwendige Ausrüstung zum Fischen und ein manövrierfähiges Boot?“
Noch einmal drehte sich Manfred zu dem zweifelhaften Etwas herum, mit dem sie sich noch vor wenigen Minuten auf hoher See befunden hatten.
„Oder ist das alles an Ausrüstung, was du hast?“
Der Fischer schaute ihn verwirrt an und schien Manfreds Worte im ersten Augenblick überhaupt nicht verstanden zu haben, doch dann lachte er und gab ihm zu verstehen, dass er einen großen Fischkutter im Hafen von Elath liegen habe, mit dem er regelmäßig seine Netze einhole. Manfred lächelte zufrieden, dann senkte er seine Stimme und sagte fast schon flüsternd: „Ich hätte da einen Auftrag für Siamun ...“
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Experiment Electrophorus - Kurzbeschreibung
Manfred Säuerling und Georg Rosenrunge, zwei Männer mit unterschiedlicher Hautfarbe, zwei Wissenschaftler auf zwei unterschiedlichen Gebieten, zwei Freunde mit unterschiedlichen Interessen, zwei Welten, die aufeinander treffen. Und doch haben die beiden etwas gemeinsam: die Vorliebe für das Abenteuerliche und die Faszination der Natur.
. Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen er und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk – die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen.
Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Das entscheidende Gespräch-alle Konsequenzen werden kontrovers diskutiert. Die Frage ob Rosenrunge als Speicherspezialist dabei ist die Welt zu verändern.