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Auf dem Weg zu den Tokaouwas

Zwei Stunden hatten sie sich zu Fuß mit Stöcken und Macheten durch das Dickicht am Ufer entlang gekämpft und waren dann doch auf die Boote umgestiegen. Der Urwald kannte an diesem Ort keine Gnade und gönnte selbst einem mittelgroßen Nagetier kein Durchkommen. Die schwüle Hitze war schweißtreibend und brannte in den feinen Schnitten und Kratzern, die von haarfeinen Lianen und Dornen unbarmherzig in die Haut gerissen wurden.

Der Flusslauf hingegen war vielversprechend, das Wasser hatte an dieser Stelle nur leichten Trieb und es war eine einladende Möglichkeit, der Mittagssonne nicht noch mehr Kraft zu geben, als sie ihnen ohnehin schon geraubt hatte. Ein seichter Seitenarm des Amazonas sollte sie genau dort hinführen, wo Rosenrunge die Tokaouwas vermutete.

Wir hätten den Helikopter nehmen sollen, dachte Manfred Säuerling und starrte mit wachsendem Unbehagen in die grüne Hölle, die sich immer dichter und heimtückischer um sie herum auftürmte. Es schien, als wolle der Regenwald immer gieriger nach ihnen greifen, sie verschlingen, um sie dann mit einem schmatzenden Geräusch irgendwo wieder auszuspucken. Und wenn er sie dann mitsamt seinem immergrünen Buschwerk und feuchtwarmen Unterholz wieder ausspuckte, dann für gewöhnlich dort, wo sie nicht hinwollten, oder zumindest dort, wo Säuerling nicht hinwollte.

Mit jeder weiteren Meile, die sie flussabwärts glitten, wuchs in ihm das Gefühl, dass dieser Ort kein guter Ort war. Das Tokaouwa-Gebiet musste unmittelbar vor ihnen liegen. Etwas in der Art hatte jedenfalls Pedro gerade erwähnt, als er seinen beiden Handlangern befahl, nicht beim Rudern einzuschlafen. Säuerling ahnte, dass sie das Gebiet inzwischen erreicht hatten. Nein, er war sich sogar sicher.

Die unangezündete Zigarette blieb wie von Geisterhand an seinen Lippen kleben, als ihn der Schrecken überfiel. Er hatte sie genau gesehen. Diese schauerliche Fratze, die ihn aus roter und weißer Kriegsbemalung heraus angestarrt hatte. Eine Fratze, die zu einer schmalen, aber drahtigen Gestalt gehörte und ihn jetzt zwischen Riesenfarn und herabhängenden Lianen grotesk angrinste. Ja, die Gestalt grinste ihn an, bevor sie genauso plötzlich im dichten Grün verschwand, wie sie aufgetaucht war.

Mit fieberhafter Aufmerksamkeit starrte Säuerling in die klaffende Leere und fürchtete, diese Erscheinung noch einmal ertragen zu müssen. Doch das Einzige, was er jetzt noch sah, war die unnatürlich rote Farbe einer nackten Beinhaut, die mit dem Rötlichbraun eines Baumstamms verschmolz.

Er hat sich geduckt, dachte Säuerling mit klopfendem Herzen, aber kaum dass er seinen Expeditionspartner Georg Rosenrunge und die anderen hätte warnen können, war der Krieger vollständig aus seinem Sichtfeld verschwunden.
Zu schnell, als dass er seinen Expeditionspartner Georg Rosenrunge noch hätte anstoßen können, damit dieser ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf das richten konnte, was ihn gerade zu Tode erschreckt hatte. Aber der Krieger war verschwunden. Hatte sich aufgelöst, verschluckt, aufgesogen irgendwo zwischen brasilianischer Sonne und Regenwaldterrain.

Säuerling hätte dennoch etwas sagen können, doch er wollte sichergehen, dass es sich nicht um eine seiner üblichen Säuerlings-Halluzinationen gehandelt hatte. Eine der Wahnvorstellungen, die immer dann auftauchten, wenn er eine schlimme Befürchtung hatte, und er hatte oft schlimme Befürchtungen. Und jetzt war es sogar eine von der Sorte, die sich gefährlich nahe an eine unheilvolle Vorahnung heranwagte. Irgendetwas lag in der Luft, und es war nicht nur der leicht modrige Geruch von feuchtem Holz und Algen. Es war auch nicht Pedros leichte Alkoholfahne – er hatte ihn gerade erst wieder dabei beobachtet, wie er seinen Flachmann gezückt hatte – was ihn beunruhigte.

Da war irgendetwas, was dieses Gefühl, das er schon seit dem Aufwachen heute Morgen in sich trug, immer mehr zur Gewissheit werden ließ. Immer deutlicher zeichnete sich diese Gewissheit auch auf dem malträtierten Filter seiner unangezündeten Zigarette ab, Ausdruck des guten Vorsatzes eines ehemaligen starken Rauchers, der längst umgeschlagen war in die Zwangsneurose eines der Sucht noch nicht entkommenen Nichtrauchers.

Der Filter war inzwischen vollkommen porös und fing schon an, in seine Bestandteile zu zerfallen. Aber selbst das war für Manfred Säuerling kein Grund, ihn gänzlich aus dem Gesicht zu entfernen. Er hielt die Zigarette im Mund, das Feuer zum Anzünden war jedoch längst aus sämtlichen Taschen verbannt und jeder, der auch nur Anstalten machte, ihn aus dieser misslichen Lage zu befreien, wurde mit einem klaren und entschlossenen Nein danke! einfach abgeblockt.

Es war seine Art, sich das Rauchen abzugewöhnen. Doch jetzt ertappte er sich dabei, wie seine Hände instinktiv in die Hosentasche glitten und darin herumsuchten. Aber er griff ins Leere, wie so oft. Wieder einmal die unliebsame Situation, die ihn zu dem Gedanken verführte, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, mit dem Rauchen aufzuhören, Aussicht auf gute Gesundheit und langes Leben hin oder her.

Irgendetwas würde heute geschehen, das spürte er. Und es war etwas, worauf er mit jeder verrinnenden Minute weniger Einfluss nehmen konnte. Es war ein Fehler gewesen, den Helikopter nicht zu nehmen, dachte Säuerling ärgerlich und malte sich aus, wie er und Rosenrunge mit Sammy, ihrem treuesten und teuersten Piloten, das Tokaouwa-Gebiet überflogen hätten, um zunächst aus der sicheren Vogelperspektive den Gemütszustand der Indianer, und vor allem ihre Tageslaune ausspähen zu können. Und hätten die Eingeborenen sie bereits dann mit Pfeilen beschossen oder ihnen böse Beschwörungsformeln entgegengerufen, dann wären sie hier mit Sicherheit niemals gelandet. Auf fremde

Völker zu treffen war immer eine Art Lotteriespiel, der erste Eindruck verriet noch lange nichts vom endgültigen Spielergebnis. Doch vielleicht hätten die Indianer den Heli auch mit offenen Armen empfangen, vielleicht sogar singend und tanzend. Ja, dann wäre alles in Ordnung gewesen. Sammy hätte, wie üblich, einen Platz zum Landen gesucht oder sie gleich mit dem Seil abgelassen.

Ja, das wäre der richtige Weg gewesen. Aber das, was Rosenrunge da wieder ohne seine Zustimmung eingefädelt hatte, verursachte Säuerling mit jedem weiteren Meter, den das Boot zurücklegte, stärkere Magenschmerzen. „Wir gehen zu Fuß und nehmen dann die Boote, denn auf Helikopter reagieren die Tokaouwas sehr empfindlich“, hatte Rosenrunge beim Briefing heute Morgen gesagt, und er hatte auch erwähnt, dass die Ureinwohner generell keine besonders freundschaftliche Beziehung zu Weißen hätten – was man ihnen aber nicht verübeln solle.

Die Tokaouwas seien erst vor wenigen Jahren entdeckt worden und das sei ihnen fast zum Verhängnis geworden. Der erste Weiße, dem sie begegnet seien, habe ihnen nicht nur den ersten Schnupfen, sondern zugleich auch vierundzwanzig Tote gebracht. Hauptsächlich die Dorfältesten und Kinder seien den Erregern nicht gewachsen gewesen, die ein weißer Abenteurer französischer Herkunft achtlos in ein Tokaouwa-Dorf gehustet habe, nachdem er zufällig darauf gestoßen sei.

Kein Wunder, dass sie deswegen ungehalten sind, hatte Säuerling gedacht, und er erinnerte sich auch an Rosenrunges Schlusssatz: „Aber das ist nicht unser Problem.“
Das war vor knapp fünf Stunden gewesen. Doch vor knapp fünf Stunden hatte er den Ernst der Lage noch nicht so bewusst vor Augen gehabt wie jetzt und hatte deshalb auch nur halbherzig gegen Rosenrunges Problem-Verlagerung protestiert.

Und jetzt? Jetzt stand Säuerling kurz davor, seinen Freund an den Schultern zu packen, ihn zu schütteln und ihn anzuschreien: Nicht unser Problem?!
Zerknirscht musterte er Rosenrunge. Natürlich war es nicht unser Problem, denn Georg Rosenrunge ging seit seiner Geburt nicht als Weißer durch. Sein Vater war ein Schwarzer. Ein US-Soldat, stationiert in Hamburg, der kurz nach Kriegsende 1948 Georgs Mutter Johanna kennenlernte und bald danach in die Staaten zurückversetzt wurde. Eine Vater-Sohn-Geschichte ohne Happy End.

Das Einzige, was Georg geblieben war, waren Erzählungen, ein schlechtes Foto und natürlich seine Hautfarbe. Eine Konstellation, die ihm in manch schwierigen Situationen schon den einen oder anderen Fausthieb eingebracht hatte. Aber an einem solchen Tag wie diesem würde ihm sein Aussehen wahrscheinlich den Arsch retten. Georg, du hast recht! Das ist wahrhaftig nur mein Problem, denn hier bin nur ich ein verdammter Weißer!

Faszination Kultur, das Leben anderer, Geschichten aus dem Leben, das Leben überhaupt. Das hatte Rosenrunge schon immer umgetrieben. Doch er hatte sich geschworen, irgendwann genau dieses Dorf der Tokaouwas zu besuchen. Er wollte ihre Welt erleben, verstehen und sich bei ihnen für die seine entschuldigen. Sich entschuldigen bei diesem kleinen Volk brasilianischer Ureinwohner, dessen zufällige Entdeckung ein gefundenes Fressen für die Presse gewesen war, die unermüdlich das Gebiet mit Helikoptern überflogen hatte, um Fotos und Filme von dieser seltenen Art des Homo Sapiens zu schießen, und sie zu Steinzeitmenschen entwürdigte.

Doch als der Tod über sie kam, berichtete niemand über die Tragödie. Niemand richtete mehr Kameras aus Helikoptern auf sie, um die aneinander gereihten Leichen zu filmen. Die Verantwortlichen und auch die Regierung wollten jeden Trubel und eine mögliche Seuchenpanik vermeiden, denn das hätte den Tourismus empfindlich gestört. So war kurzerhand eine allgemeine Nachrichtensperre verhängt worden. Doch es waren genug Informationen hindurchgesickert, die sich in Rosenrunges Gedächtnis eingebrannt hatten.

Rosenrunge hatte sie genau im Kopfe. Und jetzt war für ihn die unglaubliche Chance gekommen. Er hatte über große Umwege eine Verabredung mit dem Häuptling treffen können. Seit Generationen lebten Menschen hier, die das westliche Leben nicht kannten, die teilweise noch nicht einmal wussten, dass es einen Westen gab. Menschen, die mit primitivsten Mitteln Werkzeuge herstellten und sie auch zu beherrschen wussten – back to the roots, das waren die Tokaouwa.

Die Begeisterung für die Lebensart der Ureinwohner Brasiliens war die einzige Leidenschaft, die Säuerling nicht mit seinem Freund teilte, doch durch Toleranz und Kompromissbereitschaft hatten sie, jedenfalls bis zu dem heutigen Trip, ihre unterschiedlichen Passionen gut unter einen Hut bringen können. Wenn Säuerling angesichts faszinierender Flora und Fauna lautstark in Verzückung geriet, musste Rosenrunge mitziehen, genau wie umgekehrt Säuerling, wenn Rosenrunge sich mit Indianerstämmen verabredete.

Doch für Säuerling waren die Tokaouwas kein gewöhnlicher Indianerstamm. Sie waren eine unberechenbare Horde. Genau genommen waren es für ihn durch einen Schnupfen traumatisierte Ureinwohner, deren einziges Lebensziel darin bestand, Rache an jenen zu üben, die ihnen Angehörige genommen hatten. Ihm roch das alles viel zu sehr nach Lynchjustiz. Niemand würde sie von ihrem Rachefeldzug abhalten können, hier im tiefsten Busch galten nur die Gesetze der Natur. Fressen und gefressen werden, aber Säuerling hatte nicht vor, als Futter zu enden.

Säuerling sah Rosenrunge mit halb zusammengekniffenen Augen an, doch dieser schien in Gedanken schon mit dem Häuptling die Friedenspfeife zu rauchen. Ob Rosenrunge seinen Freund in seine Gedanken mit eingebaut hatte? Sah Rosenrunge ihn schon lichterloh brennen auf dem Scheiterhaufen? Von Giftpfeilen durchbohrt, auf Speeren aufgespießt? Zerstückelt in einem riesigen Suppentopf schwimmend?

Säuerling, jetzt reiß dich gefälligst zusammen! meldete irgendein Teil seines Hirns und zwang ihn gewaltsam zur Ruhe. Doch die Ruhe schwand in dem Augenblick, als er im Dickicht ein weiteres Haupt erblickte. Ein schwarzes Gesicht, ebenfalls bemalt mit weißer und roter Farbe, aus dessen Augenhöhlen ihn kalte, glasige Murmeln anstarrten, und es blieb nicht bei dem einen.

Wenige Meter weiter tauchte noch ein weiterer Späher auf. Die Schweißperlen auf Säuerlings Stirn schienen sich urplötzlich und wie von selbst von Hitze- in Angstschweiß zu verwandeln. Verdammt, sie waren jetzt überall! Er schluckte schwer.

„Wir müssten gleich da sein“, sagte Rosenrunge ruhig. „Da vorne können wir anlegen.“ Er deutete in eine kleine Bucht, die weniger verwachsen war als der Rest des Ufers. Offenbar legte hier öfter ein Boot an, das zumindest verrieten die Spuren im Schlamm, die abgetrennten Lianenstümpfe und die heruntergetretenen Gräser. Hier gab es eine Art Trampelpfad.

Pedro gab den beiden jungen Indianern ein Handzeichen. Sie lenkten den Kahn in die Richtung, die ihnen befohlen wurde, und stellten schließlich den Motor ab. In diesem Augenblick schien auch Pedro einen Beobachter gesichtet zu haben. Er hielt kurz inne, ließ seinen Blick schweifen, der irgendwo zwischen einer Liane und einer riesigen Schwertpflanze hängen blieb, doch er beließ es bei einer einfachen Registrierung.

Säuerling beobachtete Pedro aufmerksam und wartete nervös auf dessen Alarmruf. Pedros Reaktion half ihm für gewöhnlich sehr schnell abzuschätzen, wie groß eine Gefahr wirklich war. Auch wenn Pedro ein kleiner Sombrero tragender Spinner mexikanischer Herkunft war, gerne mal Tequila über den Durst trank, getrocknete Guaranakerne als bestes Potenzmittel bezeichnete, jedes Jahr in Pamplona mit den Stieren um die Wette lief und sich in seiner Freizeit am liebsten mit Geschichte und Zukunft der Corrida de Toros beschäftigte, konnte man sich auf sein Gespür verlassen.

Ja, mit Pedro Fernandez an ihrer Seite konnte der Urwald sie ausspucken, wo er wollte, Pedro hätte sie von überall wieder hinausgeführt. Allerdings hatte er sie auch schon oft genug überhaupt erst in einen Schlamassel hineinmanövriert.

Aber jetzt machte Pedro nicht den Eindruck, als hätte er die Orientierung verloren oder würde irgendeine Gefahr aus dem Dickicht wittern. Im Gegenteil. Seelenruhig kaute er auf seinen Guaranakernen und spuckte die Schalen in den Fluss – und das, ohne dabei großartig den Mund öffnen zu müssen. Das Boot glitt langsam weiter durch das grünliche Wasser und stieß wenige Augenblicke später auf weichen Grund. Ein Schwarm Wassermücken wirbelte empört auf und setzte zu einer Stichattacke an.

Doch Säuerling war egal, was sich gerade auf seiner Stirn niederließ. Und es war ihm immer noch egal, als weitere Insekten blutgierig auf ihn zusteuerten. Er schwieg, und das tat er bereits erstaunlich lange, fand Rosenrunge und warf seinem Freund einen besorgten Blick zu.
„Alles in Ordnung mit dir, Muchacho?“ Er deutete auf die halb abgebrochene Zigarette im Mundwinkel des Freundes und sagte belustigt: „Sag mal, ernährst du dich neuerdings von deinen Pseudo-Kippen?“

Manfred nahm die Zigarette aus seinem Mund und betrachtete sie von allen Seiten, so als hätte er noch nie in seinem Leben eine Zigarette gesehen oder besser: als hätte er noch nie in seinem Leben solch eine von Lippen und Zähnen malträtierte Zigarette gesehen. Doch dann winkte er ab, tupfte sich mit einem Taschentuch die Stirn und antwortete: „Ehrlich gesagt bin ich mir nicht so sicher, dass das hier eine gute Idee ist.“

„Manfredo, Amigo, was ist los mit dir?“, rief Pedro ihm in einem nicht ganz akzentfreien Deutsch plötzlich zu. „Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen!“ Er grinste und gab somit den Blick frei auf ein strahlendes Mexikaner-Zahnweiß, in dessen Mitte eine große Zahnlücke prangte. Ein Schneidezahn fehlte, sodass man problemlos Guaranakerne loswerden konnte, wenn man lange genug übte. Der Zahn war einem 800-Kilo-Stier zum Opfer gefallen.

Einer Kollision mitten in Pamplona. Auch wenn Pedro immer wieder erzählte, dass es Auge in Auge mit dem Tier passiert sei und dass er von einem Geschenk Gottes reden könne, dass er so ein guter Hobby-Torero sei und auch nur deshalb gewusst habe, wie er den stolzen Hörnern hatte ausweichen können, ahnte Säuerling, dass es in Wahrheit doch nur die Faust eines pamplonischen Mitstreiters gewesen sein konnte.

Aber er ließ Pedro in seinem heldenhaften Märchen schwelgen und genoss sogar manchmal die Leidenschaft eines Mannes, für den die Corrida de Toros als Inbegriff der Männlichkeit galt. Ein Muss für jeden, der ein echter Mann sein wollte. Und Pedro prophezeite ihnen auch immer wieder, dass er sie alle noch dazu bringen würde, mit ihm eine Stierkampfarena zu betreten.

Wie gerne stünde Säuerling in diesem Moment in einer Stierkampfarena, wie gerne wäre er sogar in diesem Augenblick selbst Picador oder gar der Matador. Alles wäre besser, und mit Sicherheit auch ungefährlicher, als es mit mordlustigen Tokaouwas mit einer Vorliebe für Weiße zu tun zu haben.

„Mister Säuerling?!“ Er zuckte zusammen und sah Pedro aus schweißnassem Gesicht an. Dann wandte er seinen Blick wieder zu Rosenrunge.
„Ich sage ja, wir hätten den Helikopter nehmen sollen! Dann hätten wir uns diese ganze Chose hier nämlich erspart. Sie beobachten uns! Sie sind überall. Sagt bloß, das habt ihr noch nicht bemerkt?“

„Es wäre kein guter Stamm, wenn sie nicht ihre Späher aussenden würde, sobald sich Fremde nähern“, sagte Rosenrunge ruhig. „Sie schützen sich, und das ist ihr gutes Recht. Du kennst ihre Geschichte, und sie haben schließlich auch Frauen und Kinder, die sie vor dem Übel dieser Welt bewahren wollen. Manfred, was ist denn los mit dir? Du tust ja gerade so, als würdest du das erste Mal brasilianisches Eingeborenengebiet betreten.“

„Wir betreten hier kein Eingeborenengebiet, sondern eine vollkommen rechtsfreie Zone. Was glaubst du, was die mit mir machen, wenn ich jetzt und hier an Land gehe?!“ Säuerling wies mit dem Kopf in die Richtung, wo ein Tokaouwa-Gesicht gänzlich von einem großen Palmenblatt bedeckt war, aber eine spitze Waffe vor einem nackten Oberkörper ihm bedrohlich entgegenblitzte. „Im Ernst, Georg, ich befürchte, die sind immer noch mächtig sauer.“

Rosenrunge folgte seinem Blick und winkte belustigt ab. „Ich weiß, wenn wir hier gleich auf eine Horde blutrünstiger Gifttiere stoßen würden, dann wärst du wesentlich entspannter. Aber wir treffen hier nur Menschen, Manni. Was ist dein Problem?“

„Genau das ist mein Problem! Es sind Menschen. Ein Tier warnt vor, bevor es sticht oder zubeißt. Es würde mir eine faire Chance geben: fliehen oder kämpfen. Aber Menschen? Menschen, die sich bedroht fühlen, geben keine Chancen. Sie stechen zu, notfalls auch hinterrücks, aus dem Dickicht heraus. Und diese hier tun es vermutlich mit giftgetränkten Pfeilen oder mit angespitzten, äußerst fiesen Speeren aus Bambus oder aus stabilstem Bankiraiholz. Ich dachte immer, ich bin noch zu jung zum Sterben!“

Säuerling sah sich scheu um und hatte plötzlich das Gefühl, als würde der ganze Urwald nur noch aus Pfeilen und Speeren bestehen.
„Und nach allem, was man weiß“, sprach er schließlich weiter, „sind es sogar unberechenbare und rachsüchtige Menschen, die ihr Volk gelehrt haben, dass Weiße schlecht sind, dass Weiße den Tod bringen. Ich erinnere an die vierundzwanzig Toten vor fünf Jahren!

Die Opfer waren ihre Kinder und ihre Großväter. Glaub mir, wenn einer die Pest in meine Familie schleppen würde, den würde ich auch bis ans Ende meiner Tage verfolgen. Ja, das würde ich tun! Und deshalb verstehe ich auch ihren Hass auf den Weißen Mann. Es ist nur ... Sieh dich um. Keiner von euch hat so einen strahlend weißen Arsch wie ich.“

Rosenrunge lachte auf und Pedro grinste. „In der Tat, Manfredo, dein Hintern ist mitunter der weißeste, den ich kenne. Du tust ja gerade so, als würden wir hier das Gipfeltreffen der Kannibalenvereinigung mit besonderer Vorliebe für Weiße besuchen!“

„Du hast ja nicht gesehen, wie sie mich gerade angestarrt haben!“, schnauzte Säuerling ihn an. Und er tat dies, ohne auch nur eine Sekunde lang den Blick von seinen Beobachtern abzuwenden. Er traute dem Frieden nicht. Seine Angst, jeden Augenblick Opfer eines Giftpfeils oder eines ähnlichen Mordwerkzeuges zu werden, steigerte sich mit jeder Sekunde dieses scheinbar noch friedlichen Spähens.

„Aussteigen, Amigos“, rief Pedro versöhnlich. „Wir müssen den Rest zu Fuß weiter, so sehr dir das auch missfällt, Manfredo. Ich beschütze dich! Vergiss nicht, ich bin in der Plaza de Toros groß geworden. Ich schwinge für dich die Muleta, wenn der Feind naht.“
„Was willst du schwingen?“, fragte Manfred, unsicher ob sein kleiner mexikanischer Freund ihn nun auf den Arm nahm oder doch ernsthafte Absichten hatte, ihm zu helfen, wenn er bedroht würde.

„Die Muleta, das rote Tuch, Manfredo. Madre de Dios! So etwas weiß man doch!“ Pedro schüttelte verständnislos den Kopf. Dann zogen sie schweigend das Boot an Land, scheuchten dabei eine Schar Papageien auf, die sich wild krächzend in die Lüfte erhoben und von dort aus auf sie herabmeckerten. Ein Kaiman, der sich durch diesen Krach gestört fühlte, schob sich unbeeindruckt wieder ins Wasser.

„Ich denke, es ist doch am sichersten, wenn ich hierbleibe und warte“, sagte Säuerling so plötzlich, dass Rosenrunge und Pedro gleichzeitig und noch in der Bewegung erstarrten. „Ich passe auf, dass uns keiner das Boot klaut und du kannst in Ruhe dein Ding durchziehen.“

Rosenrunge blickte seinen Freund fassungslos an. „Du willst allen Ernstes kneifen?!“
„Nein! Aber ich finde, wir sollten die Tokaouwas nicht noch mehr in Aufruhr bringen, als sie es offenbar ohnehin schon sind. Geh du mit Pedro und nehmt die beiden Jungs hier ruhig mit, ich bleibe lieber hier.“
„Okay, mach das“, sagte Rosenrunge mit resigniertem Unterton. „Ja, mach das! Bleib hier und kneife. Mach dir ein paar schöne Stunden. Ich organisiere noch jemanden, der dir Kaffee und Kuchen vorbeibringt.“

Säuerling setzte zum Protest an, doch Georg winkte ab. „Nein, Manni, das ist vollkommen in Ordnung. Nach all dem, was wir miteinander erlebt haben, ist es nur verständlich, dass du jetzt und hier wegen ein paar Eingeborenen den Schwanz einziehst. Aber eine Frage hätte ich noch: Hätte Humboldt an dieser Stelle auch gekniffen?“
Es folgte ein etwa halbminütiges andächtiges Schweigen. Und es war Rosenrunge, der es schließlich brach.

„Hey, Mann, vertrau mir! Ich habe mich lange genug mit der Problematik der Tokaouwa-Indianer beschäftigt. Ich habe hier nichts dem Zufall überlassen, glaube mir. Sie wissen, dass wir kommen. Und dass sie Späher aussenden, um uns zu begrüßen, hat nichts zu bedeuten. Erinnerst du dich noch an unsere erste Tour? Du hast einem solchen Späher sogar mal einen Kinnhaken verpasst, weil er dir versehentlich beim Pinkeln zugeschaut hat.“

Pedro lachte laut auf und klopfte sich auf die Schenkel. „Er hat Manfredo beim Pinkeln zugeschaut? Escándalo! Und er hat dich am Leben gelassen?“
Säuerling lächelte verhalten und richtete seinen Blick wieder auf die Beobachter im Dickicht, aber sie waren alle verschwunden. Nur ein knackender Ast und ein leises Rascheln verrieten, dass sie überhaupt da gewesen waren.

„Die Sache passierte aber nicht im Gebiet der Tokaouwas, sondern in Mato Grosso, also in einer etwas zivilisierteren Gegend. Und es war auch kein Späher, sondern ein Enawenê Nawê, der gerade eine Wildsau jagte. Außerdem sind die Enawenê Nawê überhaupt nicht mit dem Stamm zu vergleichen, den du jetzt hier aufzusuchen gedenkst.

Die Enawenê Nawê suchen sogar den Kontakt mit der westlichen Welt. Gegen jene, die ihre Lebensräume zerstören, protestieren sie auf friedliche Weise, zum Beispiel blockieren sie Straßen. Glaub mir, solche Protestaktionen sind mir allemal lieber als dieses vollkommen fremde und unberechenbare Urvolk hier. Was macht euch so sicher, dass sie nicht in Scharen auf mich losgehen werden?“

„Sie erwarten uns“, antwortete Rosenrunge. „Jedenfalls tut das Tueka-Kas, ihr Häuptling. Odalys hat ihm Bescheid gegeben.“
„Wer zum Teufel ist Odalys?!“
„Odalys Sánchez Ramirez, du kennst sie nicht. Ich habe ihre Adresse von unserem Hotelportier bekommen. Sozusagen als All-Inclusive-Geheimtipp. Sie arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus in Bogotá und hat gute Verbindungen zu den Tokaouwas.

Sie hat damals bei der Versorgung der Infizierten geholfen, als die Epidemie im Dorf ausgebrochen war. Sie konnte so einigen Kindern das Leben retten. Sie ist die einzige Westliche, die wohl immer noch regelmäßigen Kontakt zu diesem Stamm hält und wohl auch ein gutes Verhältnis zu den Eingeborenen hat. Sie hat ihren Häuptling um die Erlaubnis gebeten, dass wir sein Volk aufsuchen dürfen, und er hat eingewilligt.“

„Ach, so einfach ist das, ja?“, fragte Säuerling skeptisch. „Da geht eine Frau hin, die du, wovon ich jetzt mal ausgehe, erst flüchtig kennst, und redet mit dem Löwen in der Höhle. Der Löwe ist einverstanden und prompt rennst du hin zu ihm in die Höhle? Und ist diese Odalys überhaupt zuverlässig? Ich meine, kann man ihr vertrauen?“

„Ich denke schon!“, sagte Rosenrunge und klang dabei nicht gerade überzeugend. „Na komm schon, Muchacho!“ Er drehte sich um und machte sich schweigend auf den Weg. Pedro folgte ihm und auch Säuerling setzte sich schließlich, wenn auch missmutig, in Bewegung.
Es war unerträglich heiß. Die tropische Heizung lief auf vollen Touren und die Kleidung klebte längst an ihren Körpern. Und das Kleben wurde schließlich zu einem unangenehmen Reißen, besonders in den Augenblicken, wenn sich auf Lichtungen die Sonne direkt auf ihre Körper fräste.

Immer öfter mussten sie dann in den Halbschatten ausweichen, denn nur dort war das Gehen auszuhalten. Sie arbeiteten sich durch dichtes Geäst und durch schlammigen Untergrund, bis sie schließlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Sie liefen vorbei an einem umgestürzten Urwaldriesen, auf dem sich neben Farn und Moos auch ein kleiner Muriquiaffe niedergelassen hatte.

Ein meerkatzenähnliches Tier, das sie nun mit einem skeptischen Blick aus seinem kleinen schwarzen Gesicht fixierte, bevor es schließlich laut kreischend Alarm schlug. Die Geheimsprache der Natur, die offenkundig wenig stille Post, die wie eine Woge durch das ganze Gebiet, wenn nicht sogar durch den kompletten Regenwald rollte, um auch dem letzten Bewohner des Urwaldes zu verkünden, dass sie, die Eindringlinge, nahten.

Es dauerte nicht lange, bis der Trampelpfad erneut auf eine Lichtung stieß, sodass sie möglichen Spähern wieder ungeschützt ausgeliefert waren, was Säuerlings Unbehagen nährte.
Instinktiv fuhr er mit der Hand an seinen Gürtel, um nach seiner einzigen Waffe, der Machete zu greifen. Und als seine Fingerkuppen den harten Griff berührten, schien sich dieses einfache Buschmesser plötzlich zum wertvollsten Gegenstand seiner ganzen Ausrüstung zu verwandeln.

Das Messer in seinem Gürtel war plötzlich mehr als nur ein einfaches Werkzeug zur Beseitigung von lästigen Schlingpflanzen, die ihnen den Durchgang verwehrten. Vielleicht konnten Macheten keine Giftpfeile abschießen, aber immerhin konnte er sich damit im Falle eines Kampfes wehren.

Langsam, fast schon feierlich, zog er das Messer aus seinem Gürtel. Säuerling war bereit zu kämpfen. Ja, das war er. Für einen kurzen Augenblick fühlte er sich sicher. So sicher, dass er innehielt, um sich eine neue Zigarette in den Mundwinkel zu schieben. Dann sah er sich vorsichtig um und ging schließlich weiter.

Die Hand, die sich mit einem Male und unerwartet auf seine Schulter legte, ließ ihn panisch und mit gezückter Machete herumfahren. Ein Aufschrei des Entsetzens schallte durch den Wald, dann herrschte plötzlich eine unheimliche Stille, selbst der Affe und die Papageien waren verstummt. Manfred blickte direkt in Georgs Augen und erstarrte vor Schreck. Sekunden des Schweigens vergingen. Es schien, als ob irgendetwas die Zeit angehalten hätte, damit Säuerling den schmerzverzerrten Gesichtsausdruck seines Freundes in sich hineinsaugen konnte.

Es war Georg, der sich plötzlich aus der Starre löste und seinen Beinahe-Tod offensichtlich sehr missbilligte.
„Sag mal, willst du mich umbringen?!“, brüllte er wütend, langte ohne Vorwarnung nach dem Messer und entwaffnete Säuerling mit einem Handgriff. „Verdammt noch mal, jetzt reiß dich gefälligst zusammen!“

„Es tut mir leid! Es ist nur ...“
Georg winkte ab und schob Säuerling energisch weiter. Wieder herrschte unendlich viele Meter Schweigen zwischen ihnen. Der Affe hatte wieder zu kreischen begonnen, die aufgescheuchten Papageien krächzten dazu im Takt und es klang nach blankem Hohn: Habt ihr gehört, Tokaouwas? Der Eindringling mit dem weißen Arsch ist da!

Es war schließlich Pedro, der plötzlich zu summen begann und dabei eine Welle ungewohnt sinnlicher sanfter Töne von sich gab. Und prompt stimmte Rosenrunge pfeifend ein.
„Rolling Stones, The Last Time, 1965. Mann, was waren das noch Zeiten, nicht wahr, Muchacho?“

„Wenn du jetzt von den Zeiten redest, die wir an den Wochenenden auf dem Kiez verbracht haben, dann würde ich jetzt sehr gerne mitschwärmen, aber ich finde, der Augenblick ist etwas ungünstig, von daher: let it be ... let it be!“ Säuerling krächzte bei dem Versuch, einen perfekten John Lennon abzugeben, und verstummte so plötzlich, wie er angefangen hatte.

„Oh ja, die Beatles“, freute sich Rosenrunge über diese kurze Gesangseinlage. „Das Album war ihr letzter Streich, schade eigentlich. Ich hatte mich doch mit den Burschen gerade so langsam anfreunden können und das soll was heißen, als Freund des Souls. Und, nicht zu vergessen, als Fan von Godfather of Rhythm’n’Blues, dem legendären James Brown, der trotz seines dicken Bauchs noch einen Spagat auf der Bühne hinlegte und bei Sex Machine nahezu in Ekstase geriet. Ich habe den im Star Club live gesehen und auch den kleinen Richard – Little Richard.“

„Du? Im Star Club?“, fragte Säuerling und sah ihn ungläubig an. „Die hätten dich doch gar nicht reingelassen.“
„Nicht reingelassen – Rosenrunge nicht reingelassen? Der kleine Rausschmeißer, er war, glaube ich, der Geschäftsführer, winkte mich immer durch und quatschte immer irgendetwas auf Englisch. Der kannte mich als Musiker. Ich brauchte nie Eintritt zu bezahlen. Was dich angeht, du bist doch nie im Star Club gewesen, denn ein Manfred Säuerling blieb immer brav zu Hause bei Mama, stimmt’s?!“

„Da liegst du aber falsch, mein lieber Mucker. Ich bin immer zwischen Top Ten und Star Club hin und her gependelt. Für die Konzerte im Star Club hatte ich nicht genügend Kohle. Aber du wirst lachen. Ich habe die geilsten Truppen dort trotzdem gehört.

Die Eintrittskasse war schon geschlossen und durch Zufall habe ich die Beatles nachts mit vielleicht zehn Zuschauern gehört, als sie noch keine Sau kannte, und Jimmy Hendrix mit Hey Joe vor genauso wenig Leuten. Mann, war der laut und ich hab seine Musik damals noch gar nicht verstanden.

Doch die besten Truppen, die ich da gehört habe, waren die Spooky Tooth, Checkmates, Ion and the Zodiaks und obergeil war King Size Taylor – der Schlachter – der machte seinem Namen alle Ehre und hatte nicht nur eine Oversize-Figur, sondern noch mehr Stimme. Der ging ab, mein schwarzer Bruder. Obergeil, sage ich! Du Musikant. Du Schwarzwurzel, du Brikett und freier Eintritt. Wie ungerecht ist diese Welt!“

„Ja Säuerling, du als Gringo und Bleichgesicht musstest immer schön blechen!“
Sie lachten.
„Ach ja, fuhr Georg fort. „Und nicht zu vergessen: Tina Turner the Queen of ...“
„Mensch, Rosenrunge, jetzt gib mal nicht so an mit deinen schwarzen Musikern. Nicht, dass ich Tina Turners Gesang nicht mochte. Sie tobte zwar immer wie ein ungebändigter Löwe über die Bühnen, aber wenn man bedenkt, dass ihr werter Ehemann damals gleich mit auf der Bühne stand und sie im Anschluss an die Show regelmäßig verdroschen hat, dann frag ich mich schon, ob hier wirklich von einer Queen gesprochen werden kann.

Mal abgesehen davon, wir haben auf der weißen Seite Franky Boy zu bieten. Und bei Sinatra hört der Konkurrenzkampf auf – weil er konkurrenzlos ist, also ... let it be, let it be!“

„Nee, nix let is be! Let it bleed“, rief Pedro vergnügt. „1969, ich erinnere mich noch genau. Ich hörte The Last Time zum ersten Mal kurz vor meinem ersten Stierkampf in Palma del Río. El Cordobés kämpfte dort. Ich höre heute noch seine heisere Stimme, als er den Stier beschimpfte und ihn sogar ganz frech leicht an den Hörnern berührte. Ich war gerade mal zehn Jahre alt und mit meinem alten Herrn dort, muy fantastico, kann ich nur sagen! Muy, muy fantastico!“

„Die Stones sind zu laut und zu rockig“, winkte Rosenrunge ab. „Die Nummer von Chuck Berry, Oh What A Thrill, das ist Blues vom Feinsten.“
„The Last Time? Let it bleed? Oh What A Thrill?“ Säuerling blieb stehen und sah die beiden skeptisch an. „Bei aller Freundschaft, Amigos, aber wenn ihr jetzt noch die Morricone-Platte auflegt und mir das Lied vom Tod spielt, dann hau ich euch eine rein!“

Rosenrunge lachte und pfiff vergnügt weiter, während Pedro dazu schnalzte.
„Mal abgesehen davon: Findet ihr nicht auch, dass es keine gute Idee ist, die Ureinwohner mit dem Teufelszeug der Stones zu beschallen? Nicht, dass sie noch wütender werden, als sie es ohnehin schon sind.“ Säuerling schluckte wieder schwer.

„Was soll ich denn sonst singen? Vielleicht Elvis? Love me tender ...“
„Ach, haltet am besten einfach die Klappe!“ Säuerling stapfte ärgerlich an ihnen vorbei, vergaß dabei aber nicht, sich immer wieder nach allen Seiten umzusehen.
„Du überraschst mich Pedro“, sagte Rosenrunge und klopfte Pedro freundschaftlich auf die Schulter. „Da, wo du herkommst, hört man wirklich die Stones?“



Experiment Electrophorus - Kurzbeschreibung

Manfred Säuerling und Georg Rosenrunge, zwei Männer mit unterschiedlicher Hautfarbe, zwei Wissenschaftler auf zwei unterschiedlichen Gebieten, zwei Freunde mit unterschiedlichen Interessen, zwei Welten, die aufeinander treffen. Und doch haben die beiden etwas gemeinsam: die Vorliebe für das Abenteuerliche und die Faszination der Natur.

. Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen er und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk – die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen.

Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.01.2010

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Widmung:
Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen Säuerling und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk lt.Alexander von Humboldt– die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen. Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.

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