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Kleinschmidts außergewöhnliche Musikstunde

Lehrer Kleinschmidt erfreute sich äußerster
Beliebtheit. Schon deswegen, weil er so alle 4-6 Wochen in seinen Fächern immer eine außergewöhnliche Stunde einlegte. Eine Stunde nur Blödeln war ungewöhnlich und viele Lehrer sahen die pädagogische Aufgabe gefährdet.

Aber die Schüler ließen nichts auf Kleinschmidt kommen und unterliefen die bornierten und starrsinnigen Versuche des Lehrkörpers. Als Kleinschmidt einen Verweis bekam, protestierten die Schüler heftig.

Versammelten sich auf dem Schulhof, gingen im Kreis links herum mit Plakaten auf denen stand: Verweis so’n Scheiß, oder Kleinschmidt ist der Hit und riefen : „Wir sind die Schüler“ „Wir sind die Schüler“ Ausgelöst wurde die Angelegenheit als Kleinschmidt in mehreren außergewöhnlichen Stunden Dinge behauptete, dass beispielsweise Franz Beckenbauer ein angesehener Philosoph ist, der die „Ein-Ball- Theorie“ entwickelt hat.
Früher spielten alle 11 Feldspieler mit ihrem eigenen Ball, was besonders die Damen heute noch entzückt. Beckenbauer setzte sich nun mit der “Ein Ball Theorie“ durch und Fußball wird auf der ganzen Welt nur noch mit einem Ball gespielt. Diese sogenannte „Ein Ball Theorie“ war wegweisend und deswegen ist er ein großer Philosoph. Auf der letzten Plattitüden Konferenz zu Malta wurden die alten Lehren des Seppl Herberger wie „Der Ball ist rund“ oder„Ein Spiel dauert 90 Minuten“oder "nach dem Spiel ist vor dem Spiel" noch durch den schon legendären Ausspruch „ Schaun mer mal“ von Beckenbauer ergänzt.

Diese richtungsweisenden Erkenntnisse wurde von der Fifa in die Statuten aufgenommen. Auch der Gang nach Canossa von Heinerich IV wurde durch den einsamen Gang von Beckenbauer durch das Stadion, nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft, in seiner geschichtlichen Bedeutung aufgewertet. Die Proklamation zum Kaiser wurde auf Malta vollzogen. Franz verzichtete weise darauf, sich die Krone selbst aufzusetzen. Die Klage wegen Majestätsbeleidigung gegen Kleinschmidt, angestrengt von einem Elternteil, überstand er auch schadlos.Die Klage wurde abgewiesen.

In einer anderen außergewöhnlichen Stunde bezeichnete er Albert Einstein als den eigentlichen Gründer der Rockband „Rolling Stones“. Beweis sind die rausgestreckten Zungenbilder von Einstein, die später lange Jahre das Markenzeichen der „Rolling Stones“ wurden. Das Fass war kurz vor dem Überlaufen. Dann kam der Hammer. Kleinschmidt behauptete, der Berufsgrüne Reinhold Messner sei kein Bergsteiger sondern Wissenschaftler, der den Nachweis erbrachte,dass auf dem Mount-Everest genügend Sauerstoff zum Leben vorhanden ist.

Erst als Messner Bauanträge für den Bau von Seniorenheimen in dieser luftigen Höhe plante, outete er sich als Unternehmer. Diese Pläne wurden alle verworfen, weil die Investoren im wahrsten Sinne kalte Füße bekamen und Zweifel hatten, ob die älteren Herrschaften es überhaupt schaffen, dort hoch zu kommen.

Keine verlässliche Fluglinie der Welt wollte das Risiko des Transportes tragen.
Das war der Schulbehörde dann doch zuviel.
Aber auf Grund der Proteste wurde jedoch
der Verweis zurückgenommen. Heute steht auf dem Plan der außergewöhnlichen Musikstunde das Thema: „Ungewöhnliche Musikinstrumente“
Kleinschmidt hatte großes Talent, Dialekte zu imitieren. Sächsisch, Berlinern und Ostpreußisch konnte er meisterlich. Bayrisch a weng, weil er ein großer Fan von Karl Valentin war, der in den 30er Jahren die Bayern unter den Tisch kalauerte.

Einmal im außergewöhnlichen Musikunterricht ließ er sich eine riesige Harfe liefern, setzte sich eine blonde Perücke auf und sang von Valentin das Loreley-Lied. >> Viel Tausend Jahr hock ich hier oben bei Regen, Sonne und Schnee auf diesem steinigen Felsblock, mir tut schon mein Herickebein weh. Ich singe und zupfe die Harfe i woos ja nicht was ich sonst da. Ein Fischer - ein bildschöner Jüngling – kommt oft am Tag hier vorbei. Da kommt er schon wieder gefahren. Wos wullst dann Du narrischer Tropf, wenn du dich nicht gleich aus dem Staub machst, da werf ich dir mei Harfe an Kopf <<.

Ja, Valentin imitierte er oft im außergewöhnlichen Musikunterricht. Er sprach auch den Part der Liesl Karlstadt selbst auswendig. Und Kinski konnte er gut imitieren. Wenn er gut in Form war,zog er sich einen Sack über den Kopf und rezitierte laut die Villon- und Rimbaud-Texte. Wenn man die Augen zumachte, dachte man, Kleinschmidt wäre Kinski.

Da regen sich die Leute auf, dass ich mit einem Weibe geh, die sich vom Strich ernährt. Die Klasse stand jedes- mal Kopf, wenn er das machte. Auch die legendären Interviews mit Kinski und dem wie ein Pfarrer sprechenden Regisseur Herzog machte er trefflich nach. Die trockene Kokainzunge machte er fast original nach. Und immer auswendig.

Er ließ vorher abstimmen, welchen Dialekt die Schüler in seinem Vortrag hören wollten. Sie stimmten heute für Hochdeutsch, denn bei der letzten außergewöhnlichen Stunde sprach er Sächsisch und das haben einige nicht immer verstanden. Dann musste er es auf Hochdeutsch oft wiederholen. Kleinschmidt schleppte heute eine sehr aufgeblähte Aktentasche mit sich rum.

Die Schüler ahnten natürlich, dass da wohl etwas Überraschendes in der ledernen Tasche schlummerte. Zunächst stand diese Tasche am Fuße seines Pultes. So und nun fangen wir einfach mal an. Böddicke, welches ungewöhnliche Musikinstrument kennst du? Böddicke überlegte einen Moment, ein Didgeridoo. Sehr gut mein Lieber. Und woher?

Ein Instrument der Aborigines in Australien, antwortete er artig. Rosie und Du? Kastagnetten kam es sofort. Sehr gut Rosie. Und wofür? Flamenco, Flamenco rief sie euphorisch und die etwas unförmige Rosie versuchte, mit erhobenen Armen und stampfenden Beinen die typische Flamenco Bewegung zu imitieren.

Das sah so ungelenk und komisch aus, dass selbst Kleinschmidt sich zum Lachen umdrehte und die Klasse vor Freude wieherte. So, sagte Kleinschmidt bedeutungsvoll. Ich habe auch einige ungewöhnliche Instrumente mitgebracht. Das gilt es zunächst zu erraten.

Ich mach mal eine kurze Beschreibung. Sie sind ca. 10 - 50 cm hoch. Gibt es überall zu kaufen oder zu leihen. Selbst in den Discountläden kosten sie nur wenige Cent. Man kann sie auch als Multi Musikinstrumente bezeichnen und benutzen. Auch als Blasinstrument, als Trompete oder Posaune, Klarinette, Blockflöte. Man kann auch damit trommeln, knattern und pfeifen. Eine wahrhaft riesige Erfindung und später nenne ich Euch den Mann, der dieses Instrument berühmt machte.

Habt ihr eine Idee? Kurt dahinten, was möchtest Du sagen? Einen Kamm. Nicht schlecht, ist aber falsch. Mit einem Kamm kann nicht geknattert werden, der zerbricht sofort. Und trompeten geht auch nicht. Ein Eimer, sagte die vorwitzige Erika. Aber Erika, sagte Kleinschmidt, hast Du schon mal in oder mit einem Eimer trompetet? Nein? Na siehst Du.

Die Klasse kriegte sich nicht mehr ein, sie hauten sich gegenseitig auf die Schulter und machten so einen Riesenradau, dass Kleinschmidt kurzfristig ein laut vernehmliches Tsch, PSST zischen musste. Erst dann wurde man leiser. Und Kleinschmidt konnte fortfahren.

Also sagte er, das sagte er immer, wenn es richtig losging. Ich will es euch erklären. Und holte, wie es viele erwartet hatten, seine aufgeblähte Aktentasche unter dem Pult hervor. Öffnete sie und schaute seitlich hinein. Na, jemand eine Idee? Immer noch nicht?

Na gut, ich will es auch nicht zu spannend machen und zog aus der Tasche drei verschieden große, mit Wasser gefüllte Plastikflaschen. Alles johlte. Nein nein das sind so noch keine Musikinstrumente, so sind es gemeine Plastik- oder Pfandflaschen.

Der Erfinder dieser gemeinen Pfandflasche ist übrigens ein Herr Trittin, der dafür sorgte, dass diese hochwertigen Teile nicht achtlos in der Gegend rumliegen und die Umwelt belasten. Aber so sind es eben noch keine Musikinstrumente. Sie müssen erst gewissermaßen scharf geschaltet werden.

Nahm die Flaschen, drehte sie auf, bis sie zischten. Übrigens dieses Zischen, so sagte er, kann man nur mit diesem Instrument, aber das wäre zuwenig, da man ja mit jeder Flasche nur begrenzt zischen könnte.

Er entleerte die Flaschen und ließ in unterschiedlichen Höhen noch einen Rest des Wassers. Setzte die erste Flasche an den Mund und fing an zu trompeten und zu singen. Imitierte kurz Louis Armstrong und sang Skokian

Mit der zweiten Flasche schlug er den Takt, mit der dritten, die ganz entleert war, knatterte er. Die Klasse war begeistert, obwohl sie dieses Lied und den Interpreten nicht kannten. So, sagte er, das ist aber noch lange nicht alles. Jetzt brauche ich euch zum Mitmachen und Mitsingen.

Hinten im Klassenraum hatte Kleinschmidt 10 weitere geleerte Pfandflaschen ohne Verschluss versteckt und ließ sie mitsamt der Textseiten verteilen. Die Jungen bekamen die Plastikinstrumente, die Mädchen die Liedertexte.

Kleinschmidt griff sich den Zeigestock. Die Jungen bitte nur auf mein Zeichen die Flaschen knattern lassen und dazu singen bitte Klack Klack. Nicht schreien singen, Klack Klack Die Mädchen singen mit mir gemeinsam den Text. Und in Gotthilf-Fischer-Manier ging’s los.

Es klackert die Mühle am rauschenden Bach, erklang es silberhell von der Mädchenseite. Dann der Einsatz der Jungs – Klack Klack sangen sie im tieferen Bassbereich und alle 10 Flaschen knatterten.

Man kam bis zur dritten Strophe und dann war das Gelächter und Gejohle zu laut und Kleinschmidt musste abbrechen. Ich bin zufrieden sagte er, in 4 -6 Wochen sehen wir uns wieder zum nächsten außergewöhnlichen Unterricht. Und eins muss ich euch wieder mit auf den Weg geben. Behaltet alles für euch, erzählt es nicht weiter.Die lachen euch eh alle aus. Und sie haben Recht.




Experiment Electrophorus - Kurzbeschreibung

Manfred Säuerling und Georg Rosenrunge, zwei Männer mit unterschiedlicher Hautfarbe, zwei Wissenschaftler auf zwei unterschiedlichen Gebieten, zwei Freunde mit unterschiedlichen Interessen, zwei Welten, die aufeinander treffen. Und doch haben die beiden etwas gemeinsam: die Vorliebe für das Abenteuerliche und die Faszination der Natur.

. Während einer Forschungsreise durch den tropischen Regenwald machen er und Rosenrunge schließlich eine bahnbrechende Entdeckung: biologische Energieressourcen, das Tier als Kraftwerk – die Operation Electrophorus beginnt. Aus der Entdeckung wird erst eine utopische Idee, dann eine Vision und schließlich gelingt es den beiden – ganz nach Alexander von Humboldts Theorien und einer Menge Experimente später – genau diese ungeahnte Stromquelle massen- und auch netztauglich zu machen.

Eine ganze neue Ära der Energiegewinnung beginnt und bedeutet somit das Aus für monopolisierte Preistreiberei herkömmlicher Energieerzeuger. Doch diese weltbewegende Entdeckung bringt nicht nur weitere Nominierungen für den Nobelpreis, sondern auch Schattenseiten – der Kampf der Giganten beginnt.


Impressum

Texte: Copyright©Th+C.Glantz
Tag der Veröffentlichung: 07.12.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Alle 4-6 Wochen gibt Lehrer Kleinschmidt eine außergewöhnliche Stunde, diesmal im Musikunterricht

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