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Once Upon A Time

Eine junge Dame, namens Claire Hillens. Alles begann so: Natürlich lebte ein junger Graf in einem Schloss, ein wahres Kunstwerk, dennoch schien es schon sehr alt zu sein. Naja, wie auch immer, also der junge Graf war gerade erst sechsundzwanzig Jahre alt. Eines Morgens, lief er in sein Gemach, nachdem er aus dem Badezimmer kam. Er wollte sein Bett machen, als er auf eine junge Frau stieß, die in seinem Bett tief und fest schlummerte. Er hörte ihren Atemzügen zu. Nachdem er sich sicher war, dass sie auch tatsächlich schlief, lies er eine seiner Dienstmädchen rufen. Er fragte wer denn diese junge Dame sei, die es wagte in seinem Bett zu schlafen. Doch die Dienstmagd sagte nur: „ Graf, ich habe keine Ahnung wer sie sein könnte, wir haben keine Frau in unserer Küche die so aussieht, wie diese Mademoiselle.“ In Ordnung, sagte der Graf und verließ sein Gemach. Noch an demselben Abend, wachte die junge Frau auf und erzählte, was sie hier zu suchen habe. Sie stellte sich als Claire Hillens vor. Sie erzählte, dass sie von dem Grafen Viktor de Bonne zu ihm geschickt wurde, um ihm von nun an zu dienen. Der Graf konnte nicht glauben, dass sie das ernst meinte. Er stellte sich als Phillip de la Coreffur vor und sagte freundlich zu Claire: „ Danke, aber ich werde mir erst nochmal überlegen müssen, ob ich Sie hier behalten werde.“ Claire war sehr traurig, hoffte aber dennoch, dass sie hier bleiben dürfe. Noch an demselben Abend wurde sie ins Esszimmer zum Dinner gerufen. Sie freute sich, war aufgeregt und wollte gleichzeitig Erwachsen wirken. Was ihr allerdings Kopfschmerzen bereitete, war die Vorstellung gesagt zu bekommen, dass sie hier nicht erwünscht sei. Phillip wartete bereits auf sie, als sie im Speisezimmer ankam. Er teilte ihr mit, dass es eine einzige Aufgabe gäbe, die allerdings nicht einfach wäre sie zu meistern. Claire war aufgeregt und fragte: „ Um was geht es. Soll ich kochen, putzen, mich um die Pflanzen kümmern oder mich um die Tiere kümmern?“, fragte Sie. „Weder noch.“, sagte der Graf. „Es geht um meinen Sohn Enrico, er ist stur, eingebildet, rotzfrech und lässt sich von niemandem etwas sagen. Na gut, dass sollte wohl zu bewältigen sein. Nun gut, wenn Sie meinen Mademoiselle, dann überlasse ich das Problemkind ihnen, wenn Sie noch damit einverstanden sind. Aber natürlich, so schlimm kann er doch nicht sein. Ich meine er ist doch Ihr Sohn. Haben sie mir gerade ein Kompliment gemacht, fragte Fillippe. Nun ja, ich Schleim mich gerne bei meinem Vorgesetzten ein. Phillip lachte. Ich bin mit dem Grafen zum Duzen gekommen, dachte ich bevor ich einschlief.

Am nächsten Tag lud mich der Graf zum Frühstück ein. Das war genau das, was ich wollte. Phillip war ein toller Mann und heute würde ich Enrico kennenlernen. Wie würde er wohl sein? Ähnelte er seinem Vater sehr? Ich band meine mittellangen Haare zu einem ordentlichen Dutt zusammen und mit meinen braunen Haaren und den grünen Glubschaugen sah ich aus wie eine Fee, dass hatte meine Mutter jedenfalls immer gesagt. Als ich endlich fertig war, machte ich mich auf den Weg zum Speisezimmer. Ich wurde bereits erwartet. Verlegen steckte ich mir eine Strähne hinters Ohr. Eigentlich hatte ich vorgehabt pünktlich aufzukreuzen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. „Guten Morgen.“, begrüßte mich Phillip und auf seinen Lippen lag ein charmantes Lächeln. Ich schaute mich im Saal um, entdeckte dann einen etwa fünfzehnjährigen Jungen. Ich war mir ziemlich sicher, dass es sich hierbei um Enrico handelte. Er sah nicht böse oder aggressive aus, weswegen ich mich entspannte und ihn freundlich anlächelte. „Hallo.“, sagte ich freundlich zu ihm, doch ich bekam keine Antwort. Stattdessen schnalzte er nur mit der Zunge, stand auf und sagte dann: „ Vater, das ist ja wohl nicht dein Ernst. Ich brauche keinen Babysitter. Vor allem nicht einen der selber noch eins ist.“ Damit verschwand er hinter der Tür und hinterließ ein peinliches Schweigen. „Es tut mir leid Claire. Ich denke es wäre besser sie gehen wieder nach Hause.“ „Nichts da“, sagte ich „So leicht gebe ich doch nicht auf. Dieser Bengel kann sich schon einmal warm anziehen. Außerdem was kann ich den dafür, dass ich erst siebzehn bin.“ Plötzlich registrierte ich meine unanständige Art, wie ich mit ihm redete. Ich hörte mich wirklich an wie ein Kleinkind, das zu seinem Papa redete. Ich machte mich auf den Weg zu seinem Zimmer und klopfte an. Plötzlich hörte ich Glas zerspringen. Ich riss die Tür auf und sah wie Enrico versuchte seine blutende Hand hinter seinem Rücken zu verstecken. Was ihm jedoch eindeutig misslang, denn er stieß mit ihr gegen seinen Nachttisch und schrie auf. Dann fauchte er: „Was machen sie in meinem Zimmer? Verschwinden sie!“ „Enrico, zeig mir deine Hand.“, forderte ich ihn auf. „Nein.“, murrte er misstrauisch. „Zeig mir deine verdammte Hand, oder willst du verbluten?“, zischte ich in an. Mir war endgültig der Geduldsfaden gerissen. Was hatte der Mann diesem Kind bitte schön beigebracht. Er zuckte zusammen und hielt mir seine blutende Hand hin. Ich versorgte seine Wunde und sagte dann: „Du blutest auch etwas am Hals.“ „Nein.“, sagte er. „Geh dich erst mal waschen Enrico. Ich werde warten bis du fertig bist.“, forderte ich ihn auf, woraufhin er nur gehorsam nickte. Als er fertig war, glänzten seine Haare wie edles Gold. Jedes Mal, wenn er durch die Sonne lief. Ich hatte Herzklopfen. Wie konnte das sein? Er war zwar ziemlich süß, aber fies war er auch noch und hielt mich für total bescheuert. Mein Herzklopfen war weg. Ich wollte gerade die Tür öffnen, da sagte er zu mir: „Es tut mir leid, ich war unhöflich und frech zu Ihnen.“ Ich war fassungslos. Ich drehte mich um und sah an seinem Blick, dass er mich verarschte.

Seine Haare fingen langsam an zu tropfen, deshalb sagte ich zu ihm: „ Du föhnst dir jetzt mal besser die Haare, siehst aus wie eine Wasserleiche!“Das ärgerte ihn. Ich konnte genauso fies sein wie er. Er sagte ich solle bei ihm bleiben, nachdem er mit föhnen fertig war. Wir redeten. Dann fragte er wie alt ich eigentlich sei. Ich denke ihr wisst alle was meine Antwort war. Er erzählte mir von dem Leben im Schloss, dass er nicht sehr glücklich sei und dass er sich wünscht, dass jemand besonderes auftauchen würde. Wir redeten die ganze Nacht, bis wir nebeneinander einschliefen. Am nächsten Morgen konnte ich mich nicht richtig bewegen, ich wusste aber warum nicht. Enrico und ich waren auf dem Boden gestern Nacht eingeschlafen und das gab einen ordentlichen Muskelkater. Ich hörte neben mir ein leises Brummen. Enrico war aufgewacht und erlebte gerade das, was ich hinter mir hatte. Er saß endlich und lächelte mich an. Ich lächelte verdutzt zurück, denn er hatte das bis jetzt noch nie gemacht. Er merkte das etwas nicht stimmte, blinzelte mehrmals und sagte dann: „ Was machen Sie denn hier?“ Ich lachte, bekam einen Lachkrampf und konnte nicht mehr aufhören. Dann erzählte ich ihm, dass er mich gebeten hatte bei ihm zu bleiben. Er sagte nichts. Ihm fiel die Kinnlade runter und er lief rot an. Ich half ihm hoch und verabschiedete mich von ihm. Ich kam um elf Uhr zum Frühstück im Esszimmer an. Phillip freute sich so sehr mich zu sehen, dass er mich umarmte. Während des ganzen Essens flirtete Phillip mit mir. Aber Enrico war ruhig, er sagte kein Wort. Ich machte mir Sorgen. Dann stand er plötzlich auf und verschwand. Ich lief ihm nach. Vor seiner Tür hörte ich eine wunderschöne Melodie, er spielte an seinem Klavier. Ich dachte über alles nach was bisher geschehen war, über die Begegnung mit Phillip und besonders über Enrico. Erst jetzt merkte ich, dass es leise war. Die Melodie war verklungen. Ich lauschte den Schritten die hin und her eilten. Dann stoppten sie genau vor der Tür. Der Tür an die ich gelehnt saß und lauschte. Die Klinke bewegte sich nach unten, schlug auf und er schaute mich an. „Claire, was machen Sie hier?“ fragte er. „Ich lausche“, sagte ich. Er grinste fröhlich. Er hatte Grübchen. Mein Herz hämmerte mir gegen die Brust. Ich lächelte ihn fröhlich an und fragte: „ Kann ich rein kommen?“ „ Klar“, sagte er und öffnete die Tür. „Was hast du die ganze Zeit gemacht?“, fragte ich. „Ich habe meine Musiknoten gesucht“. Nachdem ich ihn bat mir noch etwas vorzuspielen, merkte ich wie ich langsam einschlief, die Melodie noch immer in den Ohren.

Ich wurde wach. Enrico lag neben mir in seinem Bett und schlief friedlich. Ich beobachtete ihn und stellte fest, dass er ja so überhaupt keine Ähnlichkeit mit Phillip hatte. Merkwürdig, dass mir das erst jetzt aufgefallen war. Phillip hatte schwarze lange Haare, die er immer nach hinten zusammengebunden hatte und seine Augen waren kastanien-braun. Enrico hingegen hatte tiefblaue Augen. Jedes Mal wenn ich ihm in die Augen blickte, hätte ich schwören können, dass ich mich im Mittelmeer befand. Seine Haare waren blond und kurz - wenn er schlief, standen sie von allen Seiten ab. Er sah so niedlich aus. Ich hatte plötzlich meine Hand in seinem dicken Haar und wühlte sanft in den blonden Haaren, die jetzt wie Locken fielen. Sie waren sehr weich. Ich ließ sie los. Ich wollte mich gerade umdrehen, als er mich am Arm packte und sagte: „Wo willst du denn hin, Claire?“ Ich war geschockt. Hatte er das alles mitbekommen, wie ich in seinen Haaren wühlte, wie ich ihn beobachtete. „Ich muss gehen.“, stotterte ich und lief rot an, bemerkte wie mir die Farbe ins Gesicht stieg. Man wie peinlich. In der nächsten Sekunde war ich draußen, direkt vor seiner Tür. Ich machte mich sofort auf den Weg in mein Zimmer. Ich überlegte den ganzen Tag, wie ich damit umgehen sollte, wenn ich Enrico begegnen würde. Abends klopfte es dann an meine Tür. Jedoch war es nicht Enrico. Es war Phillip. Er fragte mich warum ich nicht zum Essen erschienen sei. Ich sagte ich hätte völlig vergessen, dass es schon Abendessen gegeben hatte. Man konnte ja schlecht so etwas sagen wie: Ich habe ihrem Sohn in den Haaren gewühlt und er hat mich dabei ertappt. Oh Gott, wie peinlich wäre das denn. Na ja, wie auch immer. Phillip schien es mir jedenfalls nicht zu glauben, denn er fragte, ob ich denn jetzt noch mit ihm essen würde. Ich bejahte höflich. Im Saal angekommen, schaute ich mich erst mal verblüfft um. Der Tisch war nur für zwei Personen gedeckt, es leuchteten Kerzen überall im Raum. Es war dennoch dunkel. Ich merkte wie mir die Gänsehaut den Rücken runter kroch, ich fühlte mich nicht wohl. Er schien es zu bemerken, denn er sagte aufmerksam: „Ich hoffe sie stört das nicht, ich habe schon so lange nicht mehr alleine mit einer Dame gegessen.“ „Aber nein.“, log ich. „Sie fragen sich bestimmt was mit Enrico ist, der hat schon vor einer Stunde auf seinem Zimmer gegessen und wollte, dass ich mich mit ihnen alleine unterhalten kann, Claire.“ „Dir.“, bemerkte ich. „Wie bitte?“, wollte er wissen. „Mit Dir, wir waren doch schon beim Duzen oder?“ „Ach so, ja das waren wir. Ich war so aufgeregt, dass mir das glatt entfiel. Tut mir sehr leid, Claire.“ „Kein Problem.“, sagte ich. Wir unterhielten uns den ganzen Abend lang, wir lachten, erzählten uns Geschichten aus der Vergangenheit. Dann erwähnte Phillip, dass Enrico nicht sein leiblicher Sohn sei, sondern der Sohn seiner vor kurz gestorbenen Schwester.

„Das erklärt dann auch den Altersunterschied“, sagte ich lachend. Phillip lachte nicht, er schaute traurig zu Boden. Ich merkte erst jetzt, dass er sich sehr gut mit ihr verstanden haben muss. Er erzählte mir, dass sie dreiunddreißig Jahre alt gewesen war. Er fing plötzlich an zu weinen, ich wusste nicht was ich machen sollte, also umarmte ich ihn. Dann hörte ich Schritte, die Tür knarrte und Enrico sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Er sagte nichts, dennoch verriet sein Blick alles. Ah ha, sie ist jetzt also mit Papa zusammen, was habe ich mir denn auch gedacht, denn ich bin doch viel zu jung. Er drehte sich wieder um und verschwand. Ich ließ Phillip von Mari, seiner Dienstmagd abholen und sagte zu ihr, sie solle ihn doch bitte ins Bett bringen. Als sie weg waren, ging ich hoch zu meinem Zimmer. Ich öffnete die Tür und dachte an Enricos Augen, wie sie mich angesehen haben. Ich konnte nicht schlafen. Der Wind zischte wieder und wieder an meinem Fenster vorbei und die Türen im Haus knarrten. Ich fragte mich wann dieses Gemäuer wohl gebaut worden sei und stellte fest, dass es so um das siebzehnte Jahrhundert gewesen sein müsste, denn manche Zimmer sahen aus wie Baracken, die ich von damals auf Bildern gesehen hatte. Ich stand auf, denn ich hatte etwas Angst, zum ersten Mal hatte ich Angst. Ich wollte nicht alleine sein und wie von selbst stand ich plötzlich vor Enricos Tür. Es war Totenstill, nur der Wind war zuhören. Ich hörte plötzlich etwas. Schritte? Ja tatsächlich, nur das dumme war das es nicht meine waren und das sie sich hinter mir befanden. Ich hatte panische Angst, Das einzige Geräusch, das ich hörte war mein Herzschlag. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Alles war Still, dann kamen sie direkt auf mich zu. Finger gruben sich in meine Schulterblätter und mir war nach schreien zu mute. Doch eine Hand hielt mir den Mund zu. Ich wurde langsam zu ihrem Besitzer hingedreht. Ich zitterte, doch dann schaute ich in Enricos warme Augen und bemerkte, dass er es gewesen war. Er schaute mich fragend an, doch ich bekam keinen Ton heraus. Wir gingen in sein Zimmer und setzten uns. Erst dann beruhigte sich mein Puls. „Claire, was wollen sie denn hier, mitten in der Nacht?“ „ Ich, Ich kann nicht schlafen“ ,stieß ich hervor. Er grinste. „Und da kommst du zu mir? Du hast doch meinen Paps.“ „ Gut“, sagte ich. „Dann gehe ich halt zu ihm.“ Ich stand schon an der Tür, als er zu mir sagte: „Jetzt kannst du auch hier bleiben.“ „Nein, ich bleibe nicht hier, wieso bin ich nur auf die Idee gekommen du würdest dich freuen mich zusehen?“ „Tue ich doch auch, sehr sogar, denn du bist zu mir gekommen und nicht zu Paps.“

Mir fiel die Kinnlade runter, er freut sich nur deswegen? „Na ja, wie auch immer. Ich schlafe jetzt hier.“ Ich legte mich schon einmal in sein Bett.“ „Ähm, ja o.k. Mach das, ich geh erst mal ins Bad.“, stotterte er. Als er wieder kam, hatte ich mich bereits schön eingemummelt. Ich spürte seine Wärme neben mir, als er sich ins Bett an meine andere Seite legte. Er roch nach Shampoo und Seife. Wir lagen eine Weile nur so da, als er sagte: „Claire, warum hast du in meinen Haaren gewühlt?“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte, also tat ich so als würde ich tief und fest schlafen. „Claire, ich weiß, dass du nicht schläfst.“ Er kroch zu mir heran und flüsterte mir ins Ohr: „ Es hat sich schön angefühlt, ich hatte Herzklopfen.“ Ich lief rot an, sagte allerdings keinen Mucks. Ob er merkte wie sehr mein Herz klopfte? Wir schliefen so ein und am nächsten Morgen wachte ich als Erste auf. Enrico lag direkt neben mir, seine Augen waren geschlossen. Ich beugte mich ein Stück vor und schaute mir seine Wimpern an. „Man hast du lange Wimpern.“, stellte ich ausversehen laut fest. „Ich weiß.“, sagte er. Seine Augen klappten auf und er sah mich an. „Du warst wach?“ „Na klar, ich bin kein Langschläfer wie du, ich brauche keinen Schönheitsschlaf. Ich bin doch hübsch genug, dass hast du ja eben selber gesagt.“ „Habe ich nicht.“, krächzte ich peinlich berührt. Er setzte sich so ruckartig auf, dass ich nicht ausweichen konnte und so berührten sich unsere Nasen zufällig. Wir starrten einander in die Augen. Enrico lief als erster rot an. „Tut mir leid.“, stammelte er. „Schon gut, das kann ja mal passieren. Also ich denke wir sollten langsam mal zum Frühstück gehen, sonst denkt Phillip noch das uns etwas passiert ist.“ Er sah es genauso wie ich und so machten wir uns auf den Weg zum Speisezimmer. Wir unterhielten uns und irgendwann fragte Phillip, wo ich denn Gestern gewesen war. Er wäre in meinem Zimmer gewesen, aber von mir war keine Spur zu finden gewesen. Ich sah, dass Enrico versuchte etwas zu sagen. „Also, wenn du es genau wissen willst ich war bei Enrico die Nacht über, weil ich nicht schlafen konnte.“ „Du warst bei meinem Sohn? Das heißt ihr habt zusammen geschlafen?“ „Ja ganz genau.“, sagte ich. „Deshalb seid ihr auch zusammen zum Frühstück gekommen, oder?“ „Stimmt genau, genau deshalb. Ist das etwa nicht in Ordnung?“ „Doch natürlich ich war nur neugierig.“, flüsterte Phillip. Enrico sagte nichts, das war ja mal wieder nichts Neues. „Also ich wollte dich eigentlich nur mal fragen, ob du mit mir picknicken gehen würdest, Claire.“, fragte er freundlich. Ich war sehr überrascht und freute mich auch, deshalb nahm ich das Angebot an.

Noch am selben Mittag holte mich Phillip am Schlosseingang ab und wir liefen durch den Garten. Er erzählte mir, dass wir im Wald picknicken werden. Ich war so aufgeregt, weil das das erste Mal war, dass mich jemand einlud. Wir gingen zum Stall und suchten uns ein Pferd zum ausreiten aus. Ich bekam einen Andalusier namens Lilly und Phillip nahm seinen geliebten Friesen Camillo. Wir ritten bestimmt eine Stunde lang und ich merkte das der Spruch denn so viele Leute verwenden stimmte. Ich ließ in mir noch mal Wort für Wort durch den Kopf gehen. „ Das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde.“ Es stimmte. So gegen vier Uhr kamen wir an einem wunderschönen Fluss an, auf ihm schwammen Seerosen und die Vögel zwitscherten im Takt. Ihre Melodie war so herzergreifend, dass ich die Augen schloss und in meinen Gedanken versank. Phillip weckte mich aus meiner Trance auf und führte mich an einen kleinen schnuckeligen Ort. Hier standen ringsherum die buntesten und schönsten Blumen die ich je gesehen hatte. Es roch herrlich und Schmetterlinge sogen den Nektar aus den Blumen. Überall flogen Bienen herum, die die Blumen nacheinander bestaubten. Phillip deutete auf eine Stelle unterhalb eines Kirschbaumes, dort lag eine kleine rote Decke mit den leckersten Spezialitäten, die das Schloss zu bieten hatte. Wir nahmen platz und redeten über dies und das, bis er mich fragte wie ich mit Enrico zurechtkam. Ich sagte, dass er nett und lustig ist, dass er freundlich und fürsorglich ist und dass er noch kein Mal frech mit mir geredet hat. Abgesehen von dem Tag, als ich hier auftauchte. Er freute sich sehr darüber. Kann ich auch gut verstehen, denn wenn man mir etwas Positives über mein eigen Fleisch und Blut erzählen würde, dann wöllte ich auch nicht hören, dass er ein bescheuerter, frecher und gemeiner Rotzbengel ist. Er lächelte mich an, auf dieselbe Art wie es Enrico manchmal tat, doch Phillip hatte keine Grübchen. Ich fragte mich plötzlich was Enrico so machte, alleine Zuhause. Wird er sich benehmen oder Mist bauen. Es wurde langsam dunkel und Phillip und ich machten uns gemeinsam auf den Heimweg. Am Schloss angekommen bedankte ich mich bei ihm, ich stellte mich auf die Fußspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Backe. Ich sagte, ich müsse jetzt nach Enrico sehen und verabschiedete mich daraufhin. Während ich die Treppen hoch lief, fing ich unbewusst an die Stufen zu zählen. „Eins, zwei, drei, vier… einundachtzig, zweiundachtzig.“ Herr je waren das viele, Enrico muss ja eine ganze Menge Stufen bewältigen, dachte ich, während ich an seine Tür klopfte. Keiner Antwortete. Ich klopfte noch einmal.

 

„Was?“ „Ich bin es Claire, kann ich rein kommen?“ „Was willst du denn nun schon wieder? Kannst du mich nicht einfach mal in Ruhe lassen?“, schrie er. „Nein kann ich nicht und warum bist du auf einmal so unfreundlich. Ich dachte wir würden uns jetzt gut verstehen.“ „Tja, das hast DU gedacht. Denk nicht so viel.“, sagte er frech. „Ich komme jetzt rein, Enrico.“ Ich drückte die Klinke runter und öffnete die Tür. Enrico saß auf seinem Bett und blätterte in einem Automagazin. „Was willst du? Willst du wieder bei mir schlafen?“, sagte er arrogant. „Nein, ich will nur sehen was du machst und wenn ich mal wieder nicht schlafen kann, dann gehe ich zu deinem Vater, der freut sich nämlich wenn ich zu ihm komme.“ Damit verließ ich das Zimmer. Ich hörte noch wie Enrico fluchte, ich lachte, das hatte er verdient. Am Abend wurde ich von Phillip zum Kinoabend eingeladen. Ich freute mich schon so darauf, dass ich mich schon mal hübsch machte. Ich zog meine enganliegende graue Jeans an, darüber mein rosa T-Shirt und meine Ballerinas. Mein braunes Haar wellte ich mir mit einem Lockenstab. Ich sah in den großen Spiegel und stellte fest, dass ich aussah wie eine Collegestudentin. Na ja, was solls, ich war nun mal erst siebzehn. Ich wurde von Marie abgeholt und zum Kinosaal begleitet. Sie teilte mir mit, dass sie nachher auch kommen würde. Phillip kam mir lächelnd entgegen gelaufen und sagte mir, dass Enrico nicht kommen würde. „Was? Wieso denn nicht, dass wäre doch eine tolle Chance zu zeigen das er ein super netter Junge ist. Ich verstehe ihn nicht.“ „Ach, mach dir doch keine Gedanken über ihn, lass uns jetzt lieber den Film schauen.“ „Du hast ja Recht, ich gehe nachher einfach mal bei ihm vorbei.“ Der Film war sowas von langweilig, mir war schon am Anfang klar gewesen wie es ausgehen würde. Die Frau würde sich am Ende doch in Fabian verlieben und er würde sich so sehr freuen, dass er an einem Herzinfarkt stirbt und ihr im Krankenhaus noch sagt, dass er sie betrogen hat , während sie damals noch zusammen waren. Ich war froh als er endlich vorbei war. Phillip war eine Mimose, dass hatte ich schon am Anfang des Filmes gesehen, denn er hatte den ganzen Film über geheult. Eins stand fest, ich würde niemals in einen Liebesfilm mit ihm gehen. Ich legte mich an diesem Abend erschöpft ins Bett. Ich schlief sofort ein und träumte von Phillip, wie er mir einen Heiratsantrag machte, während Enrico neben mir stand. Ich wachte schweißgebadet auf, was für ein furchtbarer Traum. Das wäre der Horror. Aber warum eigentlich fragte ich mich gerade. Wieso wollte ich keinen Antrag von Phillip haben und wieso dachte ich dabei die ganze Zeit an Enrico.

Ich konnte nicht mehr schlafen, also nahm ich mir ein Buch zu lesen. Das Buch hieß der Schlossherr. Es war sehr spannend und ich schlief dabei sogar ein. Am nächsten Morgen klopfte es an meine Tür Marie stand draußen und berichtete mir denn neusten Klatsch und Tratsch. Ich hörte erst richtig hin, als sie mir erzählte, dass Enrico gestern Nacht nicht mehr aufgetaucht ist. Phillip vermutet, dass er abgehauen ist, aber warum weiß er nicht, sagte sie. Nach dem Marie mir alles erzählt hatte, machte ich mich auf die Suche nach Enrico. In seinem Zimmer, im Speisesaal, im Garten und in der Kinohalle, war er nicht zu finden. Ich fing an mir langsam Sorgen zu machen, deshalb suchte ich als allererstes nach Phillip, vielleicht weiß er ja inzwischen wo sein Sohn steckt. Allerdings bekam ich nur schlechte Nachrichten. Enrico ist tatsächlich seit gestern um acht Uhr verschwunden und keiner hat ihn bis jetzt gesehen. Ich war stink sauer, wo steckte dieser Idiot nun schon wieder, dachte ich. Dummerweise laut. Fillippe schaute mich verblüfft an, stimmte mir jedoch zu, das sein Sohn ein Idiot ist. Ich sagte, dass ich ihn jetzt suchen gehe und Fillippe hielt das für eine ausgezeichnete Idee. Ich lief sofort in die Richtung   der Ställe, sattelte Lilly und galoppierte davon. Ich fing im Wald an, hatte jedoch keinen Erfolg was das Suchen betraf. Dann fiel mir der Ort ein wo Phillip mit mir picknicken war und ich dachte, das Enrico sich dort bestimmt wohl fühlen würde. Falsch gedacht, sagte ich mir, denn als Lilly und ich dort ankamen, saßen da viele Menschen, doch kein Enrico. Langsam machte ich mir große Sorgen, was wenn etwas passiert ist? Was wenn er sich verlaufen hat? Ach Quatsch, er ist hier aufgewachsen, er müsste den Wald und die Umgebung wie seine Westentasche kennen, dachte ich immer wieder. Ich ritt aus dem Wald heraus und sah einen Fluss, es müsste die Charente sein. Ich führte Lilly am Fluss entlang. Plötzlich sah ich ihn, er saß am Ufer und warf Steine in die Charente. „Idiot“, schrie ich. Enrico zuckte zusammen, als er mich sah. „Was machst du hier?“, kreischte ich. „Wieso haust du einfach ab? Alle machen sich Sorgen, aber du, ja du, du musst ja mal wieder denken es würde eh niemanden interessieren. Aber das ist doch Blödsinn, was denkst du dir nur dabei?“ Ich konnte mich nicht beruhigen. Also, stammelte er: „ich habe doch nicht gewusst, dass alle gleich durchdrehen, wenn ich mal nicht zuhause bin.“ „Das wären sie auch nicht, wenn du Bescheid gesagt hättest, dass du nicht nach Hause kommst, sonder lieber zelten gehst, du riesen Idiot.“ „Es tut mir wirklich leid, Claire“, sagte er leise. „Das sagst du immer“, schrie ich, sprang auf Lilly und galoppierte davon.

 

Enrico schrie mir nach. Ich hörte wie er Camillo anspornte schneller zu galoppieren. Er ritt bereits neben mir, als er noch mal meinte, dass es ihm leid täte. „Lass stecken.“, rief ich. „Lass mich einfach ab jetzt in Frieden, damit ich mir keine Sorgen machen muss, um einen Jungen, der nur an sich denkt und dem die Anderen so scheiß egal sind.“, schrie ich. „Das stimmt nicht, ehrlich.“, er flehte mich immer noch an, ihm zu verzeihen. Ich zog an den Zügeln und Lilly kam zum Stehen. Enrico tat es mir gleich. Ich band Lilly an einem Baum mit viel Gras fest und stapfte davon. Enrico kam mir hinterher gelaufen, konnte aber nicht mit mir Schritt halten. Wir waren wieder am Fluss angekommen. Ich lies mich fallen und setzte mich ins feuchte Gras. Enrico hatte mich endlich eingeholt und warf sich auf die andere Seite neben mich. Wir schwiegen uns an. Er ergriff als erster das Wort, denn ich wollte nichts sagen. Dann fragte er plötzlich: „Warum, machst du dir so viele Gedanken um mich, ich dachte du hasst mich.“ Damit hatte ich nicht gerechnet, deshalb sagte ich nur: „Weil es nun mal so ist.“ „Das ist keine Antwort.“, sagte er. „Doch meine.“, sagte ich frech. Er sah zu Boden. „Ich habe über alles nachgedacht was zu Hause so passiert ist, über dich, über mich und über Dad.“, sagte er friedlich. Ich hörte eine Weile zu, was er zu sagen hatte, doch irgendwann fing ich an zu zittern, denn ich hatte nur ein T-Shirt an und ich konnte ja nicht ahnen, dass ich abends noch im Freien saß. Ich fing an mit den Zähnen zu klappern. Er bemerkte es. Er rutschte näher an mich heran, denn er hatte keine Decke dabei, die er mir wahrscheinlich sonst gegeben hätte. Ich spürte seine Wärme, denn er saß so dicht, dass unsere Arme sich berührten. Dann sagte ich leise: „Ich hasse dich nicht.“ „Was hast du gesagt, ich habe es nicht verstanden.“, sagte er. „Nichts wichtiges, du hast also nichts verpasst.“ Ich zitterte immer mehr. Er zitterte auch. „Erzähl mir was.“, sagte ich nach einer Weile. „Was denn.“, fragte er. „Über dich.“ „Mich?“ „Ja, wie oft denn noch, über dich.“ Er begann zu reden. „Also ich bin fünfzehn Jahre alt, werde aber in zwei Wochen sechzehn. Ich liebe es Basketball zu spielen, habe aber keinen der es mit mir ausprobiert. Ich liebe Pferde, besonders Camillo. „Camillo?“, fragte ich. „Ich dachte er gehört deinem Vater?“ „Nein.“, sagte er. „Camillo habe ich zu meinem neunten Geburtstag bekommen. Camillo war noch ein Fohlen und konnte kaum alleine gehen, ich denke ich habe ihn nur bekommen weil Dad ihn so toll fand.“ „Ach so.“, meinte ich. Er erzählte weiter. „Ich gehe nicht in die Schule, denn ich werde zu Hause unterrichtet und mir wird ja mal das Schloss vererbt.“

„Kannst du dir das vorstellen, Claire?“. „Jetzt bin ich noch ein kleiner Prinz, aber in ein paar Jahren bin ich der Graf dieses Schlosses.“ „Nein kann ich nicht“, gab ich ehrlich zu. „Es wäre toll wenn ich dich dann immer noch kennen würde“, sagte ich leise. „Ja das wäre es“, sagte er fröhlich. „Aber jetzt bist du dran“, drängte er mich. „Erzähl mir alles über dich.“ Ich fing an von meinem Vater zu erzählen, dass er vor drei Jahren an einem Herzinfarkt starb, von meiner Mutter die mich nicht leiden konnte und von meinen Brüdern die alle auf der Straße lebten. Er stellte fest, dass es mir wahrscheinlich am besten von allen ging. Ich lachte. „Ich wurde dieses Jahr, vor einem Monat siebzehn, ich lese gerne Schnulzen und schaue gerne Komödien. Ich liebe es zu reiten, hatte aber nie ein eigenes Pferd, da wir uns keines leisten konnten.“ Als ich fertig war, bemerkte Enrico, dass wir eigentlich nur knapp ein Jahr auseinander waren. Wir redeten noch eine ganze Weile, bis ich auf die Idee kam, schwimmen zu gehen. Enrico schaute mich skeptisch an und sagte dann: „ Das ist jetzt nicht dein ernst, oder? Das Wasser ist bestimmt total kalt, da bist du morgen krank. Außerdem hast du keine Badesachen dabei.“ „Ach was“, sagte ich. „Dann gehe ich eben in Top und Unterhose ins Wasser. Was ist mit dir, fragte ich herausfordernd?“ Enrico sah nicht aus als wäre er überzeugt, ich lief trotzdem das Ufer herunter. Es war so dunkel, das ich Enrico nicht mehr sehen konnte als ich im Wasser war. Ich rief nach ihm, doch nichts tat sich. Ich rief mehrmals nach ihm, dann sah ich ihn, er hatte sein Shirt ausgezogen und kam das Ufer herunter gestapft. „Ich kann dich ja wohl kaum alleine ins Wasser gehen lassen“, sagte er. „Spielst du gerade Gentleman“, fragte ich trotzig. „Wäre das denn so schlimm?“, sagte er grinsend. Er kam auf mich zu geschwommen und lächelte dabei. Es war so dunkel, dass ich ihn kaum erkennen konnte. Nach einer halben Stunde kletterten wir das Ufer wieder hoch und legten uns in den Sand. Wir waren klitschnass und unsere Klamotten auch. Wir rückten dicht zusammen und unsere Körperwärme wärmte den jeweiligen anderen. Wir zählten die Sterne und überlegten welche Sternenbilder es wohl sind. Ich wurde so langsam müde konnte aber nicht schlafen, da fiel mir ein, dass ich mein Handy dabei hatte. Ich stand sofort auf und sagte zu Enrico er solle liegen bleiben. Als ich mich wieder neben ihn legte sagte ich: „ lächeln!“ Wir machten sehr viele Fotos. Entweder lächelnd, Grimassen schneidend oder ernst. Danach sagte ich: „ Zur Erinnerung.“ Er war still. Ich lehnte mich zu ihm herüber und merkte, dass er eingeschlafen war. Ich machte noch ein Foto. Das nur für mich war. Ich gab ihm einen Kuss auf die Backe und dann machte es klick.

 

Am nächsten Tag wachte ich mal wieder als Letzte auf, denn Enrico hatte schon Camillo und Lilly gesattelt und gefüttert. Ich bekam etwas Wasser und dann ritten wir los. Wir galoppierten um die Wette und jedes Mal gewann Enrico. So gegen zwei Uhr waren wir im Schloss. Phillip begrüßte uns und fragte wo wir waren. Enrico wollte etwas sagen, da unterbrach ich ihn und sagte zu Phillipe: „Das ist Enricos und mein Geheimnis.“ Phillip war beleidigt und Enrico freute sich. Wir führten die Pferde in die Ställe und striegelten sie gründlich. Es war Mittag als wir damit fertig waren „Das Mittagessen haben wir verpasst.“, stellte Enrico fest. Da sagte ich: „Warum holen wir uns nicht einfach noch was aus der Küche und essen oben.“ Enrico fand die Idee klasse. Als wir das Essen verputzt hatten, schauten wir gemeinsam bei Enrico einen Film. Es war ein spannender Film. Es ging um eine Frau, die sich zwischen einem jungen Mann und ihrem Ex entscheiden musste. Sie wurde von beiden verwöhnt, aber nur der Ex schaffte es ihr Herz jedes Mal aufs Neue schlagen zu lassen. Enrico sah tatsächlich während des ganzen Filmes so aus, als würde er Spaß haben. Als der Film fertig war kam Enrico auf das zu sprechen, was ich zu seinem Vater gesagt hatte. „Du, Claire?“, begann er: „Warum hast du Dad nicht gesagt wo wir waren?“ „Na weil ich da noch mal hin möchte, aber nicht mit Phillip, sondern mit dir. Wenn das Philipp wüsste, würde er dort doch auch mal hin oder?“ „Ja, wahrscheinlich.“, sagte er. „Na siehst du.“, sagte ich „Ich will aber eben nur mit dir da hin.“ „Warum?“, fragte er verlegen, während er rot anlief. „Na um solche Fotos mit dir zu machen.“ Ich hielt mein Handy hoch. Er nahm es mir aus der Hand und schaute sich die Bilder eins nach dem Anderen an. Bei jedem musste er grinsen, doch dann änderte sich sein Ausdruck, in ein Lächeln, dass mir völlig neu war, seine Augen glänzten und seine Backen färbten sich rosa. Ich erschrak, denn mir viel auf das ich heimlich doch noch ein Foto gemacht hatte. Ich schaute auf den Bildschirm und tatsächlich, es war das Foto auf dem ich dem schlafenden Enrico einen Kuss auf die Backe gab. Er schaute mich fröhlich an und sagte dann: „Tolles Foto, schickst du mir das?“ „Noch ein anderes?“, fragte ich peinlich berührt. „Nein nur das.“, sagte er aufgeregt. Ich lief rot an, ich merkte es schon, meine Backen wurden ganz heiß. Enrico gab mir seine Nummer und piep, er hatte es empfangen. Er öffnete die SMS und grinste. Dann hielt er mir sein Handy hin und verkündete: „Hab es, toll oder?“ Ich wusste nicht was ich sagen sollte also sagte ich einfach nichts und nickte nur.

Dann fragte er plötzlich: „Sag mal, wieso hast du mich überhaupt geküsst?“ Ich meinte: „Weil du so Still warst und naja das kam halt so über mich! Ich hatte mich so gefreut, dass du selbst klitschnass einschlafen kannst, obwohl du das ja nur wegen mir warst. Außerdem sahst du so cool aus mit den nassen Haaren, ich konnte nicht wiederstehen und ich wollte ein tolles Erinnerungsfoto haben. Ich konnte ja nicht wissen, dass du es auch noch siehst.“ „Soso“, sagte er grinsend. „Ich bin also cool?“ „Das Foto ist auf jeden Fall spitze geworden. Du, ich muss jetzt dann auch mal ins Bett, ich bin Hundemüde“, sagte ich schnell. „O.K“, wir gingen zur Tür ich wollte gerade zu machen, als er mich an den Armen zu sich zog und mich küsste, wenn auch nur auf die Backe. Dann grinste er mich an und sagte: „ Jetzt sind wir Quitt, gute Nacht.“ Er machte die Tür zu und ich stand fassungslos und alleine im Flur. Ich lief langsam in Richtung Zimmer. Erst im Bett wurde mir klar, dass Enrico mich aus freien Zügen geküsst hat und das sogar während ich hellwach vor ihm stand. Ich war glücklich, sehr glücklich. An diesem Abend konnte ich gut schlafen. Ich stand am nächsten Morgen schon früh auf, weil der Graf alle Angestellten schon früh sprechen musste. Ich gehörte ja auch dazu. Als ich die Tür öffnete, kam Marie mit einem jungen Mann den Gang herunter, sein Name war David, er war der Küchenchef des Schlosses. Wir liefen gemeinsam zum Ballsaal, wo sich alle schon versammelt hatten. Ich sah Phillip und auch Enrico. Er lächelte zu mir herüber und winkte. Ich erwiderte alles. Phillip begann zu reden: „Vielen Dank, das Sie alle so schnell erschienen sind, aber es gibt wichtige Neuigkeiten. Wie sie ja alle wissen, werde ich irgendwann in Rente gehen und so meinen Platz an meinen Sohn abtreten.“ Alle klatschten. „Aus diesem Grund, habe ich die Gräfin aus dem benachbarten Land und ihre Tochter Loreen eingeladen. Loreens Mutter und ich haben beschlossen, Enrico und Loreen zu vermählen.“ Alle klatschten wieder. „Sie werden in drei Stunden hier eintreffen, deshalb wünsche ich, dass hier alles Tipp, Top palletti ist. Ich hoffe, dass sie das hinbekommen, Danke“, sagte Phillip. Alle machten sich an die Arbeit nur ich stand schockiert da, Enrico würde heiraten, irgendwann Kinder und eine Familie bekommen und ich musste dabei zusehen. Enrico stand noch immer neben seinem Vater, Phillip redete mit ihm, der jedoch starte die ganze Zeit mich an. Unsere Blicke trafen sich und ich drehte mich ruckartig um. Das kann doch alles nicht wahr sein. Der Junge in den ich mich gerade verliebt hatte, würde heiraten, dachte ich traurig.

Ich machte mich an die Arbeit Da fiel mir ein welche Arbeit, ich sollte mich bis jetzt immer um Enrico kümmern, doch jetzt konnte ich das nicht mehr. Ich dachte an die gemeinsame Zeit, den Kuss gestern Abend, das alles hatte nichts mehr zu bedeuten. Er war nicht für mich bestimmt und damit musste ich leben. Ich half Marie beim Gestalten des Raumes von Loreen und half ein bisschen in der Küche aus. Gegen Nachmittag, kam Phillip und bat mich nach Enrico zu sehen. Das musste ich nun auch, denn ich war ja seine Amme und nicht mehr. Ich klopfte an Enricos Tür. Er antwortete nicht. „Enrico, ich bin es mach auf.“, rief ich. „Dein Vater sagt du brauchst Hilfe.“ „Geh weg.“, schrie er. „Nein, mach endlich die Tür auf, benimm dich nicht wie ein Kleinkind, du wirst bald heiraten.“ Plötzlich schlug die Tür auf und er ließ mich herein. „Also, wo liegt das Problem?“ „Na hier.“, er deutete auf die Krawatte, die ihm um den Hals baumelte. „Das ist nicht dein ernst.“, lachte ich. Ich stellte mich vor ihn und zupfte an ihm herum. „Übrigens Glückwunsch zur Vermählung.“, sagte ich. Er sagte nichts. „So jetzt hab ich es glaube ich. Dreh dich mal.“ Er drehte sich, seine Krawatte saß perfekt. „Danke.“, sagte er. „Gern geschehen.“, erwiderte ich „Soll ich noch was machen?“ „Also, wenn ich ehrlich bin, habe ich keine Ahnung, was ich anziehen soll.“, sagte er. „Lass mich mal sehen.“, ich wühlte in seinem Schrank und holte eine weiße Bluse, die zu seiner roten Krawatte passte heraus, sowie eine blaue Jeans. „So, zieh das mal an.“ Ich setzte mich auf sein Bett und sah zu wie er sich seinen Pulli über den Kopf zog und die Bluse wieder drüber stülpte. Ich schaute noch auf seinen Bauch, flach wie ein Brett, aber muskulös. Er war endlich fertig, er drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse. Er sah traurig aus. Ich fing an zu reden: „Sind wir immer noch Freunde?“ „Klar.“, sagte er hektisch. „Gut, ich dachte schon, dass du mich jetzt, da du bald eine andere haben wirst nicht mehr brauchst.“ „Was? Die andere will ich doch nicht mal, Phillip hatte nicht mal mit mir geredet.“, sagte er wütend. „Ich glaube es ist besser wenn ich jetzt gehe, Tschüss. Ich hoffe du magst sie.“, sagte ich leise. Dann schlug hinter mir die Tür ins Schloss. Ich stand draußen und weinte. Warte, warum weinte ich, dachte ich in diesem Moment. Ich wischte mir die Tränen weg und rannte in die Küche. Ich half David beim Gemüseschneiden und polierte das Silber gründlich. Abends brachte ich mit David, Marie und ein paar anderen das Essen zu Tisch. Da sah ich sie zum ersten Mal, Loreen hatte lange blonde Locken und braune Augen, eine wirkliche Schönheit. Ich lief an Enrico vorbei, er sah unglücklich aus. Doch als er mich sah, färbten sich seine Wangen rosa. Seine Augen funkelten, er sah lebendig aus.

Phillip, stieß ihn an, damit er etwas Nettes zu Loreen sagte. Das tat er dann auch. „Loreen, du bist so hübsch, wie diese Rose hier.“ Er gab sie ihr. Sie lächelte geschmeichelt. Ich schüttete ihr gerade etwas Suppe ein, als sie sein Handy nahm, es aufklappte und es sah. „Was ist denn das?“, schrie sie. Enrico stammelte irgendetwas vor sich hin. Loreen, sagte dann: „Du wirst mich heiraten, wie kannst du nur so ein Bild als Hintergrund oder sonst etwas behalten.“ „Ich lösch es“, sagte sie. Plötzlich schrie Enrico laut auf: „ Nein, nimm deine Finger weg.“ Es war allerdings schon gelöscht. Loreen fragte dann: „Enrico, liebst du dieses Mädchen etwa?“ Ich stand direkt neben ihm und wartete auf seine Antwort, genauso wie die Anderen in diesem Raum. Dann öffnete er denn Mund und sagte: „ Nein, warum auch sie ist nichts weiter, als meine Amme, sie bedeutet mir rein gar nichts.“ Alle waren still. Ich stellte die Schüssel ab, schaute mich nochmal um und in diesem Moment, trafen seine Augen meine. Ich sah den Schock in seinen Augen, als er sieht, wie ich mir eine Träne wegwische. Ich verschwand ohne einen Ton hinter der Tür. Ich konnte an diesem Abend überhaupt nicht schlafen, denn ich dachte die ganze Zeit an seine Worte. Sie bedeutet mir gar nichts. Plötzlich wurde meine Bettdecke nass, ich weinte, es waren meine Tränen und ich hatte sie nicht einmal bemerkt. Gegen drei Uhr nachts klopfte es plötzlich an meine Tür. Ich machte auf und Phillip stand mir gegenüber. „Oh, habe ich dich geweckt“, fragte er freundlich. „Nein, ich konnte eh nicht schlafen. Was gibt’s denn“, fragte ich. „Ich wollte wissen ob du das auf dem Bild warst, du weißt schon, das mit Enrico und dem Mädchen.“ „ Ja, sagte ich, dass bin wirklich ich.“ „Warum hast du meinen Sohn geküsst?“ „Ich weiß es doch selber nicht, er war so süß. Ich wusste ja nicht, dass er es als Hintergrund nehmen würde.“ „Ja, das mag schon sein, aber vielleicht verstehst du, dass wenn du dich tatsächlich in ihn verliebt hast, dass du nur leiden wirst.“ „Ja“, sagte ich. „Er wird bald heiraten stimmt’s!“ „Außerdem liebe ich ihn nicht. Er ist ein Idiot, du hast ja gehört was er von mir denkt.“ „Also sehe ich dich Morgen, richtig?“ „Natürlich“, sagte ich. „Bis morgen, schlaf gut.“ Am nächsten Tag wurde ich wieder einmal zu Enrico geschickt. Ich klopfte wie immer, diesmal, machte allerdings Loreen die Tür auf. „Hallo“, trällerte sie mir entgegen. „Hallo“, sagte ich freundlich. Was kann ich für dich tun? „Also ich hätte da mal eine Frage, was glaubst du welche Farbe Enrico besser gefällt, Blau oder Rot?“ „Mhmm… ich würde sagen Blau, weil er ein Junge ist.“ „Alles klar, vielen Dank.“ „Kein Problem“, sagte ich. In diesem Moment ging die Tür auf und Enrico kam herein. Loreen umarmte in schnell und gab ihm einen Kuss auf die Backe.

Er schien nicht bemerkt zu haben, dass ich auch da war, denn als er die Augen wieder öffnete sah er mich an. Seine Augen waren vor Schock weit aufgerissen und sahen plötzlich traurig aus. Ich drehte mich um und sagte: „Viel Spaß noch euch beiden.“ Loreen lachte. Ich schloss die Tür und lief weiter. Hinter mir hörte ich eine Tür knallen, dann wurde ich am Arm herum gerissen und ich sah in seine meerblauen Augen. Er fing sofort an zu reden: „Es war nicht so wie es aussah, ach und das wegen gestern im Speisesaal…“ Ich unterbrach ihn: „Ist mir egal wie es aussah, sie wird deine Frau und du sahst eben glücklich aus. Und wegen neulich beim Essen, ich weiß jetzt wenigstens was du von mir hältst.“ „Aber das stimmt ja nicht.“, sagte er. „Ist mir doch egal, lass mich los.“ „Was.“, fragte er. „Lass mich sofort los.“, schrie ich. Er zuckte zusammen. „Claire, bitte hör mir zu.“ Ich lief weiter. Meine Tränen liefen mir die heißen Wangen herunter. Ich dachte immer und immer wieder daran, dass sie ihn geküsst hatte,… geküsst. Er rannte mir hinterher. Er schaffte es noch einmal mich zu ihm herum zu drehen, aber dann sah ich seine Mimik die er machte als er mich sah. Er sah schockiert aus. „Du weinst.“, sagte er. „Nein tue ich nicht.“ „Doch, natürlich, ich sehe es doch.“ Er nahm mich in die Arme, ich beruhigte mich langsam und dann weinte ich wieder. Sein Shirt wurde nass, ich dachte an sie und riss mich von ihm los. „Was.“, fragte er. Ich rannte weg. Noch am selben Abend schnappte ich mir Lilly und ritt zu dem Fluss. Die Hochzeitsvorbereitungen waren im vollen Gange, doch Phillip bemerkte dass ich fehlte, deshalb schickte er Enrico noch mal zu meinem Zimmer, dieses war jedoch leer. Er wusste sofort wo er suchen musste. Ich hörte von weiter hinten Hufgeklapper. „Hier bist du also, Claire.“, sagte Enrico. Er setzte sich neben mich und sagte dann: „Du bist mir nicht egal, glaub mir das, bitte.“ Ich sagte gar nichts. Er sagte noch: „Ich mag Loreen nicht mal, du fragst dich wahrscheinlich warum ich mich dann von ihr umarmen und küssen lasse, aber Phillip sagte, wenn ich das nicht mache erzählt er Loreen, das ich dich mehr mag, viel mehr als sie.,“ Ich sagte immer noch nichts. Ich legte mich nach hinten ins Gras und schaute hoch zu den Sternen. Ich war kurz vorm Einschlafen, als Enrico sich zu mir runter beugte und mich auf die Stirn küsste. Ich schlug die Augen wieder auf und sah, dass sein Gesicht ganz rot geworden war. Ich setzte mich auf und sagte dann: „Bitte heirate sie nicht.“ Er starte mich mit weit aufgerissenen Augen an, denn er konnte nicht fassen was ich eben gesagt hatte. „Und warum nicht?“, fragte er. „Weil, Weil, Weil es…“ Ich war eingeschlafen.

Am Tag darauf, wachte ich in Enricos Armen auf, er schlief noch. Ich weckte ihn jedoch auf, als ich die Kirchglocken drei Mal schlagen hörte. Er schaute mich verdattert und müde an. Er hatte dunkle Augenringe. Ich teilte ihm mit, dass das Fest für die Verlobungsfeier bereits im vollem Gange war und dass wir wahrscheinlich schon erwartet wurden. Wir machten uns auf den Weg zurück zum Schloss und brachten Lilly und Camillo in die Stallungen. Ich war bereits im Flureingang angekommen, als Marie mit einem kleinen Kind zu mir rannte. Sie sagte hektisch zu mir, dass ich mich doch bitte um Sina kümmern sollte. Sie war die kleine Schwester von Loreen und während des Frühstückes habe sie sich mit dem Messer in den Finger geschnitten. Marie war in Eile, dass merkte ich, deshalb über nahm ich die Aufgabe mich um Sina zu kümmern. Ich brachte sie in den Krankensaal, wo auch noch zwei andere Kinder saßen. Das eine hatte sich ebenfalls in den Finger geschnitten und das Andere weinte einfach nur. Ich holte ein Pflaster aus dem Schrank und klebte es sorgfältig über Sinas Finger. Sie bedankte sich und rannte davon. Dann wurde ich durch eine Dienstmagd benachrichtigt, dass Phillip im Hochzeitssaal auf mich wartete. Ich machte mich sofort auf den Weg. Er war sehr froh, mich zu sehen, denn er winkte mich gleich zu sich und sagte: „Claire, könnten sie mir und den Eltern von Loreen beim Schreiben der Reden helfen?“ „Natürlich“, sagte ich. Wir arbeiteten bestimmt gute zwei Stunden an den Reden, bis sie perfekt waren. Ich wurde sehr gelobt und man fragte mich ob ich noch schnell zu Loreen gehen könnte, ihr bei der Frisur helfen. Auch das machte ich natürlich. Loreen sah erleichtert aus als sie mich entdeckte. Ihre Haare allerdings sahen furchtbar aus. Ich fing sofort an ihre Haare zu kämmen und flechtet sie danach. Beide Zöpfe nahm ich danach und verhakte sie ineinander, sie sah traumhaft schön aus. Durch die Hochsteckfrisur kamen ihre Augen noch mehr zur Geltung. Sie lächelte zufrieden als sie ihr Spiegelbild sah und sagte dann: „ Das haben Sie wirklich toll gemacht, vielen herzlichen Dank.“ Ich freute mich, denn es war das erste Mal, dass sie nett zu mir war. Ich verabschiedete mich und lief zurück in Richtung meines Zimmers, um mich auch etwas hübscher zu machen. Ich lockte mir meine braunen Haare und band eine rote Schleife hinein. Dazu zog ich einen schwarzen Rock an und ein weißes Oberteil. Ich holte meine rote Küchenschürze raus und band sie mir um. Ich sah aus wie eine Kellnerin und das war ich an diesem Abend ja auch. Die Küchencrew versammelte sich um Punkt sieben in der Küche, wir beredeten noch einmal alles und Marie und ich wurden zu Kellnerinnen ernannt.

 

Um acht trafen die ersten Gäste ein, Marie und ich begleiteten sie an ihre Tische und nahmen ihre Bestellungen auf. Gegen kurz nach neun tauchten auch Phillip, Enrico, Loreen, Sina und deren Eltern im Saal auf. Sie aßen alle dasselbe und sprachen nur von der Hochzeit, die ja bald stattfinden sollte. Ich wich jedes Mal Enricos blicken aus und ignorierte ihn auch immer. Außer ich musste ihm sein Essen bringen. Loreen lachte über jedes Wort, selbst wenn es überhaupt nicht lustig war und alle anderen sie verwirrt anschauten. Die Party war im vollen Gange und um zehn wurden die ersten Glückwünsche zur Verlobung ausgesprochen. Alle Angestellten durften um halb zwölf Feierabend machen. Ich machte mich auf den Weg in mein Zimmer und legte mich ins Bett, ich war zwar nicht müde, konnte aber auch nicht mehr lesen oder mich mit den Anderen amüsieren. Gegen halb zwei klopfte es mehrmals laut gegen meine Tür. Ich stand langsam auf und öffnete sie dann. Enrico und Loreen standen mir gegenüber. Loreen lächelte mich fröhlich an, Enrico dagegen schaute überall hin nur nicht mir ins Gesicht. Loreen fragte, warum ich denn nicht mehr auf dem Fest sei und ich mich hier oben verkroch. Dann sagte ich, dass ich lieber hier wäre, als da unten. „Außerdem bin ich nicht erwünscht.“ „Wer sagt das denn.“, fragte sie. Ich deutete auf Enrico, der noch immer mit sich selber beschäftigt war. „Ach Quatsch.“, sagte sie „Enrico, du willst doch auch, dass sie mit uns feiert, oder?“ Er sagte nichts und schaute zu Boden. „Siehst du?“, sagte ich und schlug die Tür vor ihrer Nase zu. Ich war enttäuscht, ich dachte wir wären wenigstens noch so etwas wie Freunde, doch anscheinend wollte er nicht mal das. Ich legte mich zurück ins Bett und hörte der Musik zu. Als ich wieder wach wurde schien die Party immer noch zulaufen, denn es war noch ziemlich laut im Schloss. Ich stand auf und suchte nach Marie, die fand ich in den Armen von David wieder. Hatte Ichs mir doch gedacht, dachte ich während ich in Richtung Stall lief. Ich besuchte Lilly, die mir inzwischen schon sehr ans Herz gewachsen war und gab ihr eine Karotte. Ich streichelte sie mehrmals und schlief dann irgendwann im Stroh ein. Ich wachte mitten in der Nacht auf, weil ich etwas gehört hatte. Hier bei mir in den Stallungen. Lilly war es nicht, denn die lag neben mir ihm Stroh und schlief. Knack, Knack. Schon wieder, ich hatte leichte Panik, als Phillip seinen Kopf über die Bande streckte. „Hier bist du also.“, sagte er erleichtert. Ich entspannte mich wieder und winkte ihn zu mir. Er setzte sich neben mich und fragte dann: „Was machst du denn so spät hier?“ Ich erklärte ihm leise, dass ich bei dem Lärm nicht schlafen konnte und er lachte.

Am nächsten Morgen, lag ich noch immer im Stroh. Allerdings wurde Lilly bereits gesattelt und Phillip sagte: „ Lass uns ausreiten.“ Ich freute mich und er reichte mir Lillys Zügel. Diesmal ritt er aber nicht auf Camillo sondern nahm sich einen Schecken namens Möhre. Ich fühlte mich gut, nachdem wir das Schloss verlassen hatten. Wir ritten zusammen zu dem Picknickplatz und frühstückten dann gemeinsam. Er erzählte mir das Sanjo, die Araberstute bald ein Kind bekomme. Er sagte aufgeregt, dass Camillo wahrscheinlich der Vater sei. Ich freute mich auch sehr und dachte daran, wie wohl eine Mischung aus Sanjo und Camillo aussehen würde. Dann erzähle er von der Hochzeit, wie sehr sich Loreen schon freuen würde. Ich fragte, was den mit Enrico sei. Phillip sagte: „Er sieht unglücklich aus, so habe ich ihn noch nie gesehen.“ Ich überlegte, und sagte dann: „ Ich wäre auch nicht glücklich, wenn ich jemanden heiraten müsste, denn ich nicht mal kenne.“ „Ja, das stimmt schon, aber es ist doch nur zu seinem Besten“, sagte er traurig. „Du verstehst das einfach nicht, Phillip, vielleicht liebt er jemand anderen“, schrie ich sauer. „Du hast recht, ich habe voreilig entschieden und dabei nur an das Schloss gedacht und nicht an Enrico.“ „Ich bin ein lausiger Vater“, sagte er. „Jetzt ist es ja eh zu spät“, flüsterte ich. „Es tut mir alles sehr leid, aber wenn er sie nicht heiraten will, dann hätte er es von Anfang an sagen müssen.“ Wir schwiegen uns an. Gegen sechs, waren wir wieder im Schloss. Ich traf Enrico in den Stallungen, bei Camillo. Er war alleine. Ich sagte nichts und lief mit Phillip an ihm vorbei. Phillip verabschiedete sich und verschwand. Ich striegelte Lilly noch etwas, als Enrico hinter mir auftauchte und sagte: „Tut mir leid wegen gestern.“ Ich sagte nur: „Schon gut“. Und stiefelte an ihm vorbei. Er lief mir nach und sagte dann: „Ich werde am Mittwoch heiraten, also in vier Tagen.“ Ich drehte mich um und sagte dann: „Ja und? Du redest ja sowieso nicht mehr mit mir, außer, wenn du ein schlechtes Gewissen hast.“ „Nein, ich wollte dir nur sagen, dass ich sie nicht liebe.“ „Und warum heiratest du sie dann?“ Darauf hatte er keine Antwort, als sagte er: „ Weil es von mir verlangt wird!“ „Ich werde morgen zurück nach Hause gehen“, sagte ich. „Du brauchst mich ja nicht mehr“, verkündete ich. „Was, nein“, schrie er. „Ich will nicht, dass du gehst, bitte bleib hier.“ „Niemals, ich schau nicht zu wie du diese blöde Kuh heiratest.“ Er sagte nichts mehr, kein einziges Wort. Ich nehme mal an, dass das so viel heißt wie: „Geh doch.“ Kein Problem, sagte ich. „Das lässt sich machen.“

Am folgenden Tag, erledigte ich noch alles, was ich hier angefangen hatte und packte daraufhin meine Sachen. Es klopfte an die Tür und Phillip sah zu mir herein. Ich sagte, dass es sehr schön hier gewesen sei, aber dass ich unglücklich wäre und lieber nachhause fahren wolle. Phillip sah mich traurig an und sagte dann: „Ist das dein ernst, ich dachte es würde dir hier gefallen und das du noch Jahre hier bleiben würdest.“ „Nun ja, sieht aus als hättest du dich getäuscht.“ „Du gehst wegen der Hochzeit, oder?“ Ich sagte nichts. „Verstehe.“, sagte er traurig und packte meine Koffer am Träger und trug sie für mich hinunter. Im Flur begegnete ich Loreen. „Oh.“, sagte sie. „Wollen sie verreisen?“ „Sie fährt nach Haus zurück.“, sagte Phillip. „Ach so, verstehe.“, sagte sie. Ich zog meinen Koffer bis zu dem Auto, was bereits in der Einfahrt wartete und sagte: „Hab Spaß auf deiner Hochzeit.“ „Natürlich.“, rief sie grinsend. Ich stieg die Treppen herunter und hörte hinter mir Rufe. „Claire, Claire, geh nicht.“, schrie er. Ich lief trotzdem weiter. Der Chauffeur packte meine Koffer ins Auto und hielt mir die Autotür auf. Ich wollte gerade einsteigen, als ich Schritte hinter mir hörte, ich herumgerissen wurde und in Enricos Gesicht starrte. Er sah sauer, schockiert und traurig, aber vor allem verletzt aus. „Wie kannst du nur einfach so gehen.“, schrie er mich an. Mir kullerten die Tränen über die Wangen und sagte dann: „Du heiratest, viel Glück.“ Ich riss mich los und stieg ein. Er rief ständig, dass ich hierbleiben solle, doch ich konnte das alles nicht mehr ertragen. Ich entfernte mich vom Schloss. Nach guten zwei Minuten klingelte mein Handy. Ich ging ran und hörte seine Stimme. „Komm zurück, Claire. Bitte geh nicht. Ich liebe sie nicht, ehrlich.“ „Aber du heiratest sie.“, sagte ich. „Ja, aber das…“ piep. Ich hatte in weggedrückt. Er versuchte es immer und immer wieder. Aber ich wollte einfach nicht mehr. Am Tag darauf war ich wieder in England angekommen und freute mich über meine Tante, die mich herzlich empfing. Ich verbrachte die Tage darauf auch bei ihr, las Bücher, spielte mit Bommel, ihrem Hund und las noch mehr. Dann piepte mein Handy. Ich öffnete den Kalender und sah das Datum, sowie den Grund dafür. Da stand es, in großen Buchstaben geschrieben: „Enricos Hochzeit.“ Ich musste ihn sehen, ich vermisste ihn so sehr. Noch am selben Vormittag flog ich nach Frankreich zurück. Als ich abends im Schloss ankam, war die Party schon im vollen Gange. Ich traf Phillip am Eingang, er freute sich so, dass ich meine Meinung geändert hatte. Ich durfte zurück in mein altes Zimmer, das noch genauso aussah wie an dem Tag, als ich es verlassen hatte. Ich freute mich wieder hier zu sein.

Ich zog mich schnell um. Gleich würde die Hochzeit stattfinden und da musste selbst ich mich hübsch machen. Ich zog mir ein hellgelbes, kurzes Kleid an, lockte mein Haar und legte Lippenstift auf. Ich ging runter in den Hochzeitssaal. Ich sah ihn, er stand direkt neben Loreen. Anders als sie, lachte er nicht. Er schaute die ganze Zeit auf den Boden, als würde dort etwas Besonderes liegen. Aber ich wusste, dass das nicht der Fall war. Ich zog mein Handy aus der Tasche und schrieb ihm folgendes: „ Schön hier, aber warum schaust du so traurig, sieh nur, das ist dein großer Tag, also lächel.“ Ich drückte auf Senden. Er zog seines hervor und lass. Plötzlich sah er sich überall um. Er hatte mich gefunden, das sah ich an seinen Augen, die anfingen zu glänzen, als sie meine fanden. Außerdem lächelte er mich an. Kurz darauf, wurden alle Gäste gebeten Platz zu nehmen, denn die Zeremonie begann in wenigen Sekunden. Ich traf Marie und David, die mir erzählten, dass sie jetzt zusammen seien. Ich freute mich für sie, war mir aber bewusst, dass meine große Liebe in wenigen Minuten heiraten würde. Der Hochzeitsmarsch erklang und Loreen, kam in einem wunderschönen Kleid und einem breiten Lächeln den Gang entlang gelaufen. Ich schaute auf Enricos Reaktion und bemerkte, dass er die ganze Zeit mich beobachtete, anstatt seine Braut. Ich nickte nach vorne und er drehte sich um. Seine Mimik, änderte sich aber nicht. Er sah aus, als würde er ins Leere starren. Der Pfarrer, begann den Spruch auf zusagen und Loreen, schwor, dass sie Enrico lieben und ehren würde, in guten, wie in schlechten Tagen, bis das der Tod sie scheidet. Dann war Enrico an der Reihe. Der Pfarrer wiederholte noch einmal alles und dann sagte Enrico: „Ich bin verliebt, aber nicht in dich Loreen, bitte verzeih mir.“ Enrico suchte nach mir, ich war jedoch nach Loreens Gelübde schon gegangen. Ich hörte hinter mir Geschreie, irgendwas war passiert. Doch ich hatte keine Ahnung was. Loreen tauchte plötzlich vor mir auf und sagte dann: „ Das hast du ja toll hinbekommen, er will mich nicht heiraten. Er liebt nur dich!“ Ich war fassungslos und fragte dann: „Hat er denn gesagt, dass er mich liebt?“ Loreen, kreischte: „Nein, das hat er nicht, aber er hat gesagt, dass er in eine andere verliebt ist!“ Ich rannte weiter den Korridor entlang und suchte nach Phillip. Der kam mir dann irgendwann auch endlich entgegen. „Claire, da bist du ja, hast du das mitbekommen? Er will sie nicht heiraten, er liebt tatsächlich dich, denke ich“, flüsterte er leicht verwirrt von den Ereignissen. Mein Handy klingelte, es war Enrico, ich drückte ihn weg.

Ich musste erst mal überlegen, was das jetzt zu bedeuten hatte. Loreen hasste mich jetzt noch mehr als vorher. Phillip war sauer auf Enrico und der suchte nach mir. Was wenn er nur wegen mir die Hochzeit hatte platzen lassen? Ich rannte in den Garten, dort würde man mich nicht so schnell finden. Ich setzte mich ins Gras und schaute mir die Fotos an die ich von Enrico hatte. Mein Herz klopfte jedes Mal schneller, wenn ich ein anderes anschaute. Ich liebte ihn, dass wusste ich. Ich hörte Schritte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, ich war so nervös. Dann sah ich ihn, er stand verschwitzt und schnaubend vor mir. Seine Haare waren zerzaust und seine Backen rot gefärbt. „Bist du die ganze Zeit gerannt?“, fragte ich. „Warum hast du mich weggedrückt?“, fragte er atemlos. „Ich kann nicht fassen, dass du die Hochzeit hast platzen lassen.“ „Wie kannst du so was sagen? Du hast mich doch darum gebeten, weißt du nicht mehr. Der Abend am Fluss, du warst total erledigt und dann hast du mich darum gebeten sie nicht zu heiraten.“, sagte er wütend. „Ja aber…“, stammelte ich. „Ich wollte nicht, dass du sie nicht heiratest, weil ich dich darum gebeten habe. Sondern, weil du sie nicht heiraten willst.“ „Ich wollte sie nie heiraten.“, schrie er laut heraus. Er ließ sich neben mich fallen und sank zusammen. „Ich konnte es nicht fassen, dass du doch noch gekommen bist, obwohl du wusstest, dass ich heiraten würde.“, sagte er. „Ich auch nicht.“, gab ich zu. Wir saßen zusammen unter einer Eiche und er erzählte mir wie es war, als ich nicht mehr da war. „Claire, als du weg warst, wurde mir klar, dass du mir mehr als alles andere bedeutest.“, sagte er. Er lächelte mich an. „Ich habe die Hochzeit platzen lassen, weil mir klar wurde, dass ich nur dich liebe und sonst keine.“ Er sagte das mit so sanften Worten, das ich danach sofort einschlief. Ich wachte in meinem Bett auf, ich hatte nur geträumt, bemerkte ich. Ich konnte mich nämlich noch daran erinnern, wie ich ins Bett gekommen war. Enrico hatte mir nie gesagt, dass er mich liebte. Das einzige, das ich wusste, war, das die Hochzeit nicht stattgefunden hatte. Ich war sehr früh wach, stellte ich fest und nahm mir deshalb vor mit Lilly auszureiten. Als sie mich sah wieherte sie schon fröhlich. Scheint als hätte sie mich vermisst, dachte ich mir. Ich ritt zum Fluss und entdeckte Enrico alleine am Flussufer sitzen. Ich sprang von Lilly ab und schlich mich an ihn heran. Er schlief. Seine Augen waren geschlossen und er atmete in regelmäßigen Zügen ein und aus. Ich beugte mich zu ihm herunter und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, dabei schloss ich meine Augen. Als ich sie wieder öffnete, schaute ich in Enricos blaue Augen.

Ich stolperte erschrocken nach hinten und fiel unsamft auf meinen Hintern. Er stand auf und kam in meine Richtung, dann hielt er mir seine Hand hin und zog mich hoch. Ich hielt mich an ihm fest und als wir beide wieder standen, nahm er mich in den Arm. Er war mittlerweile schon sechzehn und er hatte sich verändert. Er war größer geworden, sogar größer als ich. Sein Kreuz war breiter geworden und er sah aus wie ein richtiger Teenager. Ich befreite mich aus seiner Umarmung und sagte dann: „ Warum hast du die Hochzeit platzen lassen?“ Er schwieg und sah auf das Wasser. Ich merkte, dass er es mir nicht sagen wollte, deshalb sagte ich auch nichts mehr. Wir schwiegen uns an und beobachteten das Wasser und hörten dem Geplätscher zu. Ich wurde langsam müde, deshalb legte ich mich ins Gras und machte die Augen zu. Er legte sich neben mich. Ich fühlte mich nach wie vor wohl in seiner Nähe. Langsam wurde es allerdings kalt und ich begann zu zittern. Er bemerkte es wieder und rückte auch wie letztes Mal näher. Nur dieses Mal, nahm er mich auch noch in den Arm. Ich schmiegte mich fest an ihn und konnte dadurch auch seinen Herzschlag hören. Er wurde immer schneller, ich fragte mich ob er auch meinen hören konnte. Dann sagte er plötzlich: „ Warum, bist du zurück gekommen?“ Ich antwortete sofort: „ Weil ich dich vermisst habe, deine unverschämten Sprüche, deine frechen Aussagen und deine Wärme, bei der ich so unfassbar glücklich bin.“ Sein Herzschlag wurde schneller und ich musste grinsen. Er schwieg. „Ich habe gedacht, dass du nie mehr zurück kommst. Doch als du dann plötzlich vor mir standst, da war ich so unglaublich glücklich“, gab er flüsternd von sich. Dann fragte ich: „ Hättest du sie geheiratet, wenn ich nicht aufgetaucht wäre?“ Er verkrampfte sich plötzlich und ich wusste, wie die Antwort lautete, auch ohne, dass er sie aussprechen musste. Ich machte mich von ihm los und lief zu Lilly. „Wo willst du hin?“, fragte er. „Weg von dir.“ „ Claire, versteh das bitte nicht falsch, ich weiß es einfach nicht, deshalb habe ich nicht geantwortet.“ „Schon klar“, sagte ich und ritt auf Lilly davon. Im Schloss angekommen, legte ich mich gleich in mein Bett und versuchte zu schlafen. Am nächsten Morgen, wurde ich von Marie eingeladen, mit ihr und David joggen zu gehen, bevor die Arbeit losgeht. Ich fand die Idee toll und sagte deshalb spontan zu. Wir liefen einen kleinen Feldweg entlang, ringsherum, standen Weinfelder. Die Trauben sahen sehr gut aus, wahrscheinlich war bald Erntezeit. David erklärte mir, dass jedes Jahr am 11. Juli Erntezeit ist und das alle Leute aus dem Schloss oder aus dem Dorf, dabei helfen durfte. Es ist eine große Tradition, bei der immer viel los ist.

 

Als wir alle wieder im Schloss waren, machten wir uns fertig für die Arbeit. Weil Enrico jetzt keine Amme mehr brauchte, arbeitete ich nun als Küchenmädchen mit David und Marie zusammen. Ich hatte Spaß an der Arbeit und bekam auch einen gut bezahlten Lohn. Am Nachmittag wurde ich von Philip zum Ausreiten eingeladen und ich freute mich sehr über diese Einladung. Es war Zeit für ein wenig Ablenkung. Wir ritten diesmal in das kleine Dorf, um dort eine Freundin von Philip zu besuchen. Er erzählte mir, dass sie beste Freunde seien, sich aber nicht häufig sehen konnten, weil er doch im Schloss lebte und sie ihre Familie und alles hier hatte. Sie war eine sehr nette Frau. Ihr Name war Ally und sie hatte zwei kleine etwa zwischen drei und fünf Jahre alte Kinder. Sie waren voller Energie und Lebensfreude. Ich spielte fast die ganze Zeit mit ihnen, während Phillip etwas mit Ally besprach. Als sie fertig waren machten wir uns auf den Heimweg. Ich fühlte mich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig lebendig und das nur, weil ich mit Kindern gespielt hatte. Im Schloss angekommen, trafen wir in den Stallungen einen Jungen Knaben, sein Name war Finn und er war ein Jahr älter als ich. Er half mir bei der Versorgung von Lilly und wir plauderten noch ein bisschen. Ich fragte ihn, warum ich ihn heute zum ersten Mal sah, obwohl ich doch eigentlich jeden Tag hierher kam. Finn erzählte mir, dass er erst vor drei Tagen hier angefangen hatte. Ich erfuhr nach einer Weile, dass Finn der Sohn von Ally sei und dass Phillip und sie über ihn geredet hatten. Ich kam oft in die Stallungen um Finn zu besuchen. Manchmal ritten wir aus oder wir unterhielten uns nur. Ich freundete mich mit der Zeit eng mit ihm an. Ich erzählte ihm von meiner Kindheit, wie ich hier gelandet war und noch so einiges mehr. Als ich mal wieder auf dem Weg zu ihm war, traf ich Enrico bei ihm vor. Sie lachten. Ich sagte: „Hallo!“ und machte Lilly zum Ausreiten bereit. Enrico fragte, ob er mitkommen dürfe und ich sagte ja. Wir ritten zum Fluss und dort angekommen, stieg ich ab und holte mein Schwimmzeug aus der Tasche. „Du gehst ins Wasser?“, fragte er skeptisch. „Ja klar, diesmal auch in Badesachen.“ Er grinste. Ich lief das Ufer herunter und tauchte ab. Plötzlich wurde ich am Bein festgehalten, weswegen ich mich mich erschrocken umdrehte. Enrico hatte sein Shirt ausgezogen und befand sich jetzt mit mir im Wasser. „Du hast mich erschreckt, Blödmann!“, sagte ich. Er tauchte unter mir durch und kam direkt vor mir wieder hoch. Ich war froh, dass wir zum ersten Mal seit langem wieder so miteinander reden konnten. Er lächelte und ich lächelte zurück. Dann sagte er: „Ich habe das vermisst.“ „Ich auch.“, gestand ich. Dann spritzte er mir eine volle Ladung Wasser ins Gesicht.

Er bekam es doppelt und dreifach zurück. Wir waren bestimmt gute vierzig Minuten im Wasser und machten Quatsch. Dann wurde es jedoch kalt und wir rannten den Hang hoch. Das heißt, er rannte, ich rutschte aus und verlor das Gleichgewicht. Blöderweise schlug ich der Länge nach hin und weil er nicht rechtzeitig ausweichen konnte, fiel er auch noch auf mich drauf. Er rappelte sich auf und schaute mich mit seinen blauen Augen an. Ich bekam Herzklopfen, ob er das merkte. Hoffentlich nicht, dachte ich. Er starrte mich noch eine Weile an, dann beute er sich vor und küsste mich auf den Mund. Erschreckt grub ich meine Hände in den weichen Sand unter mir. Doch irgendwann gewöhnte ich mich daran und mein Herzschlag wurde immer schneller. Er löste sich von mir. Sein Gesicht war knallrot und er setzte sich verlegen neben mich. „Tut mir leid“, stammelte er verlegen. Ich setzte mich wieder hin und sagte dann: „ Kannst du das noch mal machen?“ Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Lies sich das jedoch nicht zweimal sagen. Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren und als es vorbei war sah er mich glücklich an und sagte: „ Ich liebe dich Claire.“ Ich lief noch roter an als ich es eh schon war und sagte dann: „ Ich liebe dich auch.“ Wir umarmten uns und dann beschloss ich ein neues Foto aufzunehmen. Ich küsste ihn noch einmal auf den Mund und drückte auf den Fotoauslöser. Wir schliefen ein. Am nächsten Morgen, ritten wir so früh wie möglich ins Schloss zurück. Wir zogen uns erst mal beide um. So dreckig konnten wir uns gewiss nicht blicken lassen. Phillip kam um mich zum Essen abzuholen. Als ich unten eintraf, sah ich zu meinem Entsetzen, Loreen, die Enrico um den Hals gefallen war. Phillip verkündete mir, dass alle einverstanden waren, das Loreen und Enrico sich erst mal besser kennen lernen sollten. Danach würden sie über eine Hochzeit nachdenken. Ich schaute Enrico traurig an. Er sah mich ebenfalls traurig an. Ich musste wieder in die Küche. David und ein anderer Küchenjunge namens Brian warteten bereits auf mich. Ich kam gut mit Brian zurecht, denn er war so alt wie ich und mochte Loreen und deren Familie ebenso wenig. Ich unterhielt mich viel mit ihm, wenn ich mal Pause hatte. Ich mochte ihn sehr gerne, allerdings nicht annähernd so viel wie Enrico. Ich vermisste ihn sehr. Eines Abends wurde ich zu Loreen geschickt, sie wartete bereits auf mich. Sie wollte wissen, ob ich ihr reiten beibringen konnte. Ich sagte natürlich ja, denn es war etwas das ich sehr gerne machte, egal wer mit mir ritt. Sie suchte sich einen Schimmel namens Snow aus und es klappte tatsächlich nach ein paar Übungsstunden. Sie fing jetzt auch noch an zu behaupten sie könnte besser reiten als ich. Ich ließ sie in diesem Gedanken.

Noch am selben Abend, wurde ich von ihr gerufen. Ich öffnete die Tür und sah, wie sie Enrico küsste. Seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Er versuchte sie von sich zu drücken, aber sie hatte sich so an ihn geklammert, dass er sie nicht wegstoßen konnte. Mir liefen Tränen die Wangen herunter und er sah mich schockiert und mit schmerz verzerrten Augen an. Ich drehte mich um und rannte davon, ich weinte lange und laut. Irgendwann hörte ich auf, weil es so oder so, so kommen musste. Am nächsten Morgen hatte ich mich dafür entschieden, dass ich jetzt schlussendlich nach Hause zurückkehren würde. Ich packte meine Sachen und verschwand, ohne jemandem etwas zu erzählen. Ich lebte mich langsam wieder zuhause ein, doch eines Tages kam ein Brief mit der Post. Er kam aus Frankreich, das konnte ich anhand der Briefmarke ausmachen. Irgendwie wollte ich ihn gar nicht auf machen, aber meine Neugier war stärker. Ich öffnete ihn und las: „Liebe Claire, wir hoffen, dass du diesen Brief auch erhalten hast. Wir sind sehr traurig darüber, dass du uns so einfach verlassen hast, ohne auch nur ein einziges Wort. Na ja, wie auch immer, wir wollten dir jetzt kein schlechtes Gewissen machen oder so ähnlich. Nur wir dachten, dass du mittlerweile ein Teil unserer Familie seist. Wir hoffen dir geht es gut. Wir würden uns natürlich auch sehr über eine Nachricht von dir freuen. In Liebe, dein Phillip, Enrico, David und deine treue Freundin Marie.

Ich war fassungslos, wieso hatten sie mir geschrieben. Schließlich würden sie ja eh bald eine andere Frau im Schloss haben, also warum bemühten sie sich so meinetwegen? Bedeutete ich ihnen wirklich etwas? Gehörte ich wirklich schon zur Familie und wenn ja warum? Es flogen so viele Fragen in meinem Kopf durcheinander. Deshalb nahm ich mir vor, mit der Frage, die mir am wichtigsten war anzufangen. Aber erst morgen, denn jetzt war es doch ziemlich spät geworden und ich wollte nichts mehr, als endlich in mein weiches, flauschiges Bett. Der nächste Tag verlief sehr angenehm, ich ging mit Bommel spazieren und fütterte die Hasen im Garten. Am Abend war es dann so weit, ich suchte mir ein ruhiges Plätzchen und nahm mir Blätter und Stifte. Ich überlegte dennoch erst mal, was ich jetzt schreiben wollte und weil mir bewusst wurde das ich immer noch keine Ahnung hatte, ging ich nach draußen in den herrlich, grünen Garten und machte es mir am Gartentisch bequem. Nach einer Weile kam Bommel zu mir nach draußen gelaufen und legte sich dann auf meine kalten Füße. Ich lächelte, nahm dann endlich meinen Stift in die Hand und schrieb:

Hallo ihr Lieben,

mir geht es sehr gut hier, ich habe mich sehr über eure Nachricht gefreut und über so einiges nachgedacht. Phillip ich möchte, dass du mein Zimmer an jemand anderen vermietest. Ich möchte auch, dass du Enrico mehr Aufmerksamkeit schenkst. Marie ich hoffe das du und David mich mit euren zukünftigen Kindern einmal besucht. Woher ich das weiß? Ich bin mir ziemlich sicher dass ihr einmal Kinder bekommt. David ich will dir raten, dass du immer gut auf Marie aufpasst, sonst muss ich vielleicht ja doch wiederkommen. Ich hoffe sehr das ihr mir diese Gefallen tut, besonders du Marie. Passt gut auf euch auf.

In Liebe eure Claire!

Ich bemerkte erst, als ich den Brief schon abgegeben hatte, dass ich Enrico überhaupt nichts sagen wollte. Hoffentlich weiß er auch warum.

Einige Tage vergingen und ich arbeitete wieder fleißig, spielte mit Bommel und ich traf mich sogar öfters mal mit anderen jungen Männern. Doch irgendwie vermisste ich das Schloss, die netten Menschen, Lilly und Camillo. Doch am meisten fehlte mir Enrico. Ich versuchte alles aus meinen Gedanken zu verdrängen, es passierte jedoch genau das Gegenteil. Ich musste nur noch mehr an alles denken. Als ich an diesem Abend im Bett lag, wurde mir bewusst, was für ein riesen Fehler es doch gewesen war, als Amme am Schloss arbeiten zu wollen. Ich war vielleicht naiv gewesen, das würde mir sicher nicht noch einmal passieren. Das waren meine letzten Gedanken, bevor ich tief und fest einschlief. Am nächsten Morgen, wurde ich von einem kalten Lappen geweckt, der sich als Bommels nasse Zunge herausstellte. Ich konnte dennoch nicht böse auf ihn sein, seine großen Glubschaugen starrten mich an und funkelten herausfordernd im Licht. Er sah so süß aus mit seinen Schlappohren. Wenn er rannte schaukelten sie im Takt neben seinem Kopf hin und her. Ich musste jedes Mal grinsen, wenn er sie sauer anknurrte, weil er denkt ihm würde etwas um den Kopf fliegen. Ich lief zusammen mit Bommel die Treppen zum Briefkasten herunter und erstarrte dann, als ich ihn in der Hand hatte. Ein großer blauer Umschlag mit dem Logo von Frankreich darauf. Adressiert war er an mich. Ich rannte die Stufen hoch und schleuderte die restliche Post auf den Tisch. Ich landete dann auf dem orangenen Sofa und öffnete ihn.

Ich faltete das Papier auseinander und las: „Hallo Claire, ich habe gemerkt das du mir anscheinend nicht schreiben möchtest, kein Problem. Ich habe trotzdem noch einiges was ich dir sagen muss und da du nicht mehr hier bist, sondern feige abgehauen bist, ohne an mich und meine Gefühle zu denken, na ja, da wollte ich dir noch sagen, dass du es geschafft hast. Ich werde Loreen heiraten. Obwohl ich dich liebe, aber das ist jetzt auch nicht mehr wichtig, denn du hast dich entschieden und willst nicht mehr zurückkommen. Ich will dir allerdings noch sagen, dass ich dir nie wehtun wollte. Ich habe dich wirklich geliebt, nein, ich liebe dich wirklich. Also, mir war wichtig dass du erfährst, dass die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, mir sehr viel bedeutet hat. Ich besuche übrigens immer noch unseren geheimen Platz und denke oft an das was einmal war. Ich werde am kommenden Samstag heiraten und dich danach für immer aus meinem Leben streichen. Wünsch mir Glück.

Dein Enrico

PS: Ich hoffe, du kommst zur meiner Hochzeit. Wenn nicht, weiß ich dass du mich auch noch liebst und dann könnte ich Loreen nicht heiraten. Sie wäre zutiefst unglücklich und du dann sicher auch.

Ich knüllte den bescheuerten Brief zusammen und warf ihn in die Flammen. Bei ihrem lodernden Anblick, kochte in mir das Blut, als säße ich auf einer erhitzten Herdplatte. Was fällt dem denn ein, ich werde ganz bestimmt nicht zu seiner Hochzeit kommen, soll er doch denken was er will, dieser Idiot. Als ob ich mich auch noch neben ihn stelle, wenn er und Loreen die Torte anschneiden. Ich bin doch nicht von allen guten Geistern verlassen, oder hör ich mich etwa so an? Ich schrie so sehr, dass Bommel neben mir zusammen zuckte und ängstlich davon schlich. „Bommel, Bommel, ich bin doch nicht böse auf dich. Du scheiß Köter!“, schrie ich plötzlich, als er nicht wieder kam. Ich erschrak über mich selbst, wie konnte ein dummer Zettel nur so viele Emotionen in mir auslösen. Ich beruhigte mich langsam wieder, dann fing ich allerdings doch an zu weinen. Ich war so dermaßen aufgebracht, dass ich den ganzen Tag nicht mit jemandem redete. Jedes Mal wenn jemand versuchte mich anzusprechen, knurrte ich ihn an. Ich konnte sogar hören wie eine Dame zu ihrem Gatten sagte: „Was ist denn mit der, hat die ihren Hund gefrühstückt?“ Sie fing danach laut an zu lachen, doch der Mann, schaute mich nur bemitleidenswert an. Ich war so auf hundertachtzig, dass ich ihn angaffte und schrie: „Was glotzen sie denn so blöd, kümmern sie sich lieber um die Durchgeknallte an ihrer Seite.“ Die Dame sah mich fassungslos an und ich antwortete nur: „Machen sie doch bitte ihren Mund wieder zu, ich und ihr Mann wollen ihre gelben Zähne bestimmt nicht ewig sehen.“ Daraufhin, fing der Mann neben ihr an zu lachen, er wollte gar nicht mehr aufhören. Ich war glücklich, denn ich hatte jemanden zum Lachen gebracht, wenn auch nicht auf die netteste Art und Weise. Ich kam endlich wieder Zuhause an und bemerkte erst jetzt, wie leer es hier doch war. Auf dem Schloss war immer großes Durcheinander. Ich könnte mich ohrfeigen, schon wieder fing ich mit dem Schloss an. Wie sehr ich mich dafür jetzt hasste. Ich kreischte nach Bommel, der jedoch tauchte nicht auf. Ich rannte ins Haus und fand ihn dann nach einer halben Stunde unter meinem Bett. „Bommel, nun komm da endlich raus.“ Bommel rührte sich kein Stück. „Ich habe keine Lust mit dir fangen zu spielen.“, sagte ich. Ich legte mich auf den Boden. Nun konnte ich ihm direkt in seine Augen schauen. Ich wollte gerade meine Hand ausstrecken, als Bommel jammernd zurück wich, unter dem Bett hervor kroch und hinter der Tür verschwand. „Mist, Mist, Mist.“, sagte ich, während ich langsam dem Quietschen folgte. Ich sah ihn, triumphierend spurtete ich los. Ich kam abrupt, vor dem Kalender zum Stehen. Darunter lag Bommel, er hechelte und schaute mich mit seinen Augen neugierig an. Ich starte, auf den Kalender. Es war Freitag. Ich wusste sofort, was mir an diesem Tag nicht gefiel. Morgen war seine Hochzeit. Enricos Hochzeit. Ich spürte einen stechenden Schmerz in der Brust und wusste sofort, was ich jetzt machen würde. Ich rannte, nein Sprang die Stufen zu meinem Zimmer empor und riss die Tür auf. Was heißt riss, ich trat so fest dagegen, dass sich sie aus den Ankern riss und mich beinahe erschlug. Ich öffnete dann meinen Schrank und suchte nach einem hübschen Kleid. Ich fand sofort eines. Es war gelb, um die Taille hing eine blau, weiße Schleife. Ich stülpte es mir über den Kopf. Es saß perfekt, die Farben passten super zu meinem braunen Haar. Ich lächelte mein Spiegelbild an, jedoch erwiderte es meine Geste nicht. Ich versuchte mehrmals ein Lachen in den Spiegel zu zaubern. Aber nichts, ich merkte wie ich geistig immer wieder meine Lippen verzog. Doch im Spiegel tat sich nichts, keine Bewegung. Ich war schockiert über mich selbst. Warum klappte es nicht? Weshalb hatte ich ein flaues Gefühl im Magen? Warum konnte ich keinen klaren Gedanken fassen? Außerdem, Warum dachte ich die ganze Zeit an Enrico?

Am selben Abend noch packte ich die Koffer. Diesmal, nahm ich sogar Bommel mit. Ich war mir ziemlich sicher, dass es ihm dort gut gefallen würde. Wir saßen ihm Flugzeug und ich überlegte was ich machen würde wenn ich dann im Schloss angekommen sei. Doch irgendwann war mir das auch egal, denn ich wollte ja eh nur den Gefallen von Enrico erwidern. Denn meine wurden wahrscheinlich auch erfüllt. In Frankreich angekommen, nahm ich mir ein Hotel ganz in der Nähe des Schlosses. Am Abend, machte ich mich schnell fertig. Ich kam mit Bommel so gegen acht Uhr am Schloss an. Es waren viele Gäste gekommen. Ein kunterbuntes Durcheinander. Aber das war ja hervor zusehen. Denn so oft wird nicht im Schloss geheiratet. Bommel und ich mischten uns unter die anderen Leute und folgten den Geräuschen. Wir kamen in einem großen Saal an, denn ich sofort als Ballsaal wieder erkannte. Ich schaute mich um und entdeckte sofort Phillip. Er sah aufgeregt aus. Ich machte mich auf den Weg in seine Richtung. Aber er war so beschäftigt mit den Vorbereitungen, dass er mich überhaupt nicht wahrnahm. Ich tippte ihm auf die Schulter. Erschrocken drehte er sich um. Seine Augen wurden immer größer. Er fing hecktisch an zu reden. Viel zu schnell. Insgesamt hatte ich nur verstanden: Warum…, Enrico…, ich und hier. Ich lächelte ihn an und sagte dann: „Hallo, lange nicht gesehen. Falls du jetzt gleich fragst, warum ich hier bin. Ich wurde eingeladen.“ Phillip sah überrascht aus. „Von wem“, fragte er mich skeptisch. Nicht das ich mich nicht freuen würde!“ „Von deinem Sohn, höchst persönlich“, sagte ich. „Im Ernst? Ich durfte dich nicht einladen, aber nur weil Enrico es selbst machen wollte, sehe ich das richtig?“, fragte er überrascht. „Ja“, ich nickte zustimmend. „Naja wie auch immer, ich freue mich jedenfalls sehr, dass du hier bist.“ „Einer muss sich ja freuen“, sagte ich lachend. Phillip schaute mich fragend an und dann sagte er: „Du liebst ihn immer noch, oder?“ Ich sagte nichts, stattdessen nickte ich nur ruhig. „Ach Claire, warum bist du dann gekommen?“ „Na weil Enrico mich darum gebeten hat, ich wollte ihm diesen Gefallen auch tun.“ „Aber warum, das ist doch verrückt. Du liebst ihn, willst dir dennoch den Schmerz antun ihn mit Loreen zusehen?“ „Ja, das will ich. Ich muss es akzeptieren, es wird mir wahrscheinlich den Boden unter den Füßen wegreisen, doch nur so werde ich es akzeptieren.“Phillip sah nicht gerade überzeugt aus, dass verriet mir sein Blick. „Ich weiß was du jetzt denkst, ich bin doch total bescheuert und so, aber ich habe mich so entschieden!“ In diesem Moment ertönte Musik im Saal und ich blickte nach vorne. Enrico stand am Altar, er sah zum dahin schmelzen aus, aber ich konnte nur sehen, dass er wie gebannt auf die Tür starrte. Ich drehte mich um und da stand sie, ihre langen blonden Harren fielen ihr wie Wellen über die Schultern. Ich war jedoch mehr von ihrem Kleid bezaubert. Denn es sah aus wie eins aus einem Märchen. Es hing bis zum Boden. Um die Hüften waren Rüschen und schleifen gewickelt. An den Seiten sah es in etwa so aus als wären Fäden hinein gewebt. Ihre Brust wurde mit einem zusätzlichen Faden und silbernen Perlen bestickt. Sie sah wunderschön aus. Jedoch freute ich mich nicht so sehr, denn sie trug dieses Kleid und nicht ich. Ich wollte gerade meine Hand runter strecken, als ich bemerkte, dass Bommel fehlte. Er war nicht da. Ich bekam Panik. Plötzlich hörte ich Gekreische. Im Saal wurde es unruhig. Mein Herz raste und ich konnte nur beten: Bitte lass es nicht Bommel sein, bitte. Doch mein Gebet wurde nicht erhört, denn ich konnte jetzt auch Hundegebell hören. „Scheiße“, fluchte ich. Die Frau neben mir sah mich entsetzt an. Ich lächelte freundlich, dachte allerdings nur: Was glotzen sie so, da vorne spielt die Musik, hören sie nicht das Orchester? Doch die Frau starte mich immer noch an. Ich stand anscheinend unter Beobachtung. Das stellte ich aber erst fest, als ihr Mann mich auch die ganze Zeit beobachtete. Bommel bellte immer noch. Ich hatte genug, schlängelte mich durch die Menge. Bis ich vor Loreen und meinem idiotischen Hund stand. Allerdings schaute ich nicht Bommel an, sondern Loreen. Sie starrte mich an, als hätte sie einen Geist gesehen. Naja, für sie war ich wahrscheinlich so etwas Ähnliches. Sie stand vor mir wie erfroren. Ich musste grinsen, als ich ihre Mimik deuten konnte. Sie war schockiert, entsetzt, verängstigt und stinkt sauer. Doch ich lächelte sie an und sagte nur: „Wo hast du denn den Fummel her? Aus der Altkleidersammlung?“ Ich hatte es geschafft. Sie war auf hundertachtzig. Ihre Backen färbten sich in Windes eile tiefrot rot, fast schon schmerzhaft lila. Ich war sprachlos. Dann kam etwas worauf ich nicht gefasst war. Sie schrie nach ihrem Zukünftigen. Er kam dann auch sofort hergeeilt. Er sah mich verdattert an und sagte: „Du hier, was willst du denn hier?“ Ich sagte nichts, bis Loreen für mich das Wort ergriff und sagte: „Phillip meinte, sie wäre gekommen, weil du sie darum gebeten hast.“ Er lachte. Ich starrte ihn entsetzt an. „Was, du hast echt geglaubt das ich das mit der Einladung ernst gemeint habe“, sagte er spöttisch. Ich trat auf ihn zu und der Ton, der durch den Saal halte, nachdem ich ihm eine Backpfeife verpasste, war ohrenbetäubend. Er schaute mich entsetzt an. „Du hast recht, wie konnte ich nur so blöd sein“, schrie ich fast heulend. Er sagte nichts. Ich dafür aber. Ich schaute ihn an und sagte: „ Wie konnte ich mich nur in so einen eingebildeten Idioten verlieben?“

Ich packte Bommel am Halsband und zerrte ihn aus dem Raum. Dass er dabei quietschte, war mir in diesem Moment total egal. Hinter mir wurde es wieder laut im Saal. Ich rannte von Bommel gefolgt durch den Flur und brach dann vor dem Speisesaal zusammen. Meine Tränen kullerten von ganz alleine meine Wangen herunter. Das feuchte und nasse Gefühl, kühlte meine erhitzten Backen. Dennoch konnte ich mich nicht beruhigen, was war er doch bloß für ein Arsch geworden. Die Erinnerungen durchfluteten mein Gehirn und ich dachte nur, wie einfach alles gewesen war, als Enrico mich noch gehasst hat. Oh wie gerne würde ich jetzt die Zeit zurück drehen. Doch das ging nun mal nicht. Plötzlich hörte ich Schritte, sie kamen immer näher. Dann stand er vor mir. Sein Gesicht war rosa angehaucht, wahrscheinlich vom Rennen. Seine Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab und sein Anzug. Nun ja, stellt euch einfach einen sechzehnjährigen in einem Anzug für Erwachsene vor. Ich musste grinsen. Zum Glück hatte er das nicht gemerkt. Er ließ sich neben mich fallen. Wir saßen jetzt beide mit dem Rücken gegen eine Wand gelehnt und schwiegen uns an. Doch irgendwann ergriff er das Wort und fragte: „Bist du nur gekommen um meinen Wunsch zu erfüllen oder weil du es selber wolltest?“ Ich schwieg und starrte zu Boden. „Na gut, dann will ich mal anders Fragen: Bist du hier um Loreen was reinzuwürgen oder weil du ihr gratulieren willst?“ Ich zuckte bei seinen Worten zusammen, drehte mich dann um und sagte: „ Ich bin hier weil ich Phillip vermisst habe.“ Damit stand ich auf und verließ den Raum. Enrico war wie fest gefroren, denn er saß noch immer dort, wo ich eben auch noch saß. Irgendwie fühlte ich mich, als hätte ich mich aus den Klauen von Enrico befreit. Stellt es euch so vor: Ich bin eine kleine Fliege, nein lieber ein Schmetterling und Enrico eine egoistische, gemeine und verletzende Spinne, der ich ins Netz geflogen bin. Aber kurz bevor er mich hatte, konnte ich mich befreien. Versteht ihr mich jetzt? Ich denke schon, wenn nicht… Na dem ist dann auch nicht zu helfen, denn so einfach und präzise kann ich es nicht noch einmal erklären. Bei diesen Gedanken musste ich lachen. Ich hatte mich Enrico entzogen, soll er doch diese dumme Möchtegern Tussi heiraten. Ich fand sicherlich jemand besseren. Während ich Bommel kraulte, dachte ich über meine Worte nach und stellte fest, dass es nicht stimmte. Ich würde mich nicht neu verlieben, denn meine Gedanken waren so von ihm vernebelt, dass ich jeden anderen wahrscheinlich nur in die Flucht schlagen würde. Bei dieser Erkenntnis wurde mein Herz schwer und ich wollte nur dass es mir jemand raus riss. Es geschah jedoch nichts.

Am späten Abend, begann dann noch einmal die Hochzeitszeremonie und ich machte mich auf den Weg zum Ballsaal. Natürlich nachdem ich Bommel in ein Gästezimmer gesperrt hatte. Armer Bommel, dachte ich auf dem Weg. Endlich angekommen, waren die Plätze schon fast belegt. Ich ergatterte gerade noch einen Platz fast vor dem Altar. Ich rempelte ausversehen meinen Nachbarn an. Ich wollte mich gerade entschuldigen, als ich in die Augen der Frau von vorhin blickte. Ich konnte gerade noch weg schauen bevor sie mich erkannte. Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich. Anscheinend hatte mich die Dame jetzt auch erkannt, denn sie schaute plötzlich zu mir rüber und stieß dann ein lautes: „Du?“ Entsetzt aus. Ich antwortete jedoch nur: „Seit wann duzen wir uns?“ Die Frau lief vor Wut rot an, ihr Gatte jedoch grinste. Dann ertönte die Musik. Enrico stand vor dem Altar, in seinem viel zu großen Jackett und starrte auf die Tür. Dann ging die Tür auf und Loreen begab sich in Führung ihres Vaters in die vorgegebene Richtung. Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Enrico schaute sie jedoch überhaupt nicht an. Seine Augen huschten schon die ganze Zeit durch den Raum, als würden sie nach etwas suchen. Dann schien er gefunden zu haben was er suchte, denn jetzt starten seine Augen direkt in meine. Ich wich seinem Blick jedoch sofort aus und konzentrierte mich auf Loreen. Diese war bereits am Altar angekommen und lächelte Enrico an. Der lächelte ebenfalls, wenn auch nicht so herzergreifend wie Loreen. Der Pfarrer begann mit dem Gelübde. Ich Loreen schwöre… Bla, bla, bla, dachte ich, dummerweise schon wieder laut. Naja, wenigstens starrten mich wieder dieselben Augenpaare an wie beim ersten Mal. Bei dem Gedanken musste ich grinsen. Allerdings interpretierte die Frau neben mir das falsch. Sie schaute mich voller Verachtung an und ich dachte nur: Was glotzen sie denn schon wieder so? Ist ihnen langweilig? Schauen sie gefälligst nach vorne. Oder bin ich etwa interessanter? Das wird es wahrscheinlich sein. Dumm nur, dass das Enrico nicht auch so sieht. Dann hörte ich Loreen „Ja“ sagen. Ich konzentrierte mich wieder auf das Geschehen und wartete gebannt auf Enricos Antwort. Allerdings kam nichts. Er sagte nichts, überhaupt nichts. Er bewegte nicht mal seine Lippen. Das einzige was er tat, war, dass er zu Boden schaute und dort mit seinen Augen verweilte. Im Saal wurde es unruhig. Einige riefen: „Sag endlich „Ja“ Junge!“ Doch es kam nichts. Er schaute dann irgendwann doch hoch. Aber er schaute nicht Loreen an, sondern mich. Mich, er schaut mich an! Obwohl er vor seiner Braut steht. Seine Augen waren voller Wärme. Mein Herz raste.

Alle versuchten dasselbe zu sehen, dass Enrico jetzt anschaute. Doch niemand konnte seinem Blick folgen. Nicht einmal die eingebildete Vogelscheuche neben mir. Loreen rief dann: „Enrico, sag endlich Ja, bitte. Lass mich doch nicht so hier stehen. Sag endlich was.“ Er drehte sich wieder zu ihr hin und sagte dann: “Ja ich werde dich heiraten, aber erst wenn ich Claire nicht mehr liebe!“ Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Sie fing an zu weinen und brach auf dem Boden zusammen. Ich jedoch konnte nicht fassen, was er eben gesagt hatte. Ich sprang von meinem Stuhl auf und stolperte über die Füße von der Vogelscheuche. Ich brach in Tränen aus und sie dachte ich hätte mir wirklich was getan. „Tut mir leid, Tut mir leid.“, stammelte sie mehrmals. Ich konnte es nicht mehr hören, also stand ich rasch auf und rannte davon. Bommel, dachte ich. Ich muss Bommel holen. Immer schneller hastete ich durch das Gemäuer. Bis ich hinfiel, weil ich eine Stufe zu viel nahm. Ich schlug der Länge nach hin. Da lag ich nun mit dem Kopf auf dem Boden. Kurz überlegte ich ob ich nicht einfach so liegen bleiben würde. Entschied mich aber dagegen, denn es war sehr kalt auf den Fliesen. Ich hatte mich entschieden weiter nach meinem süßen Hund zu schauen, damit ich endlich verschwinden konnte, als ich Schreie hörte. Sie wurden immer lauter. „Wer ist diese Claire? Wo steckt sie? Was hat sie mit Enrico zu tun?“ Es waren Angehörige von Loreen, das war mir sofort bewusst. Ich rannte vor ihnen weg, erst nach rechts, dann nach links, dann geradeaus und steil die Treppen runter. Da hörte ich sie. Sie waren mir dicht auf den Fersen. Plötzlich packte mich eine Hand und zerrte mich hinter einen Vorhang. Mein Herz pumpte wie wild und mein Blut kochte vor Aufregung in den Adern. Ich öffnete langsam die Augen und starte in meerblaue Teiche. Enrico hielt mich immer noch außer Atem fest. Er sah erschöpft aus. Als wäre er gerade einen Marathon gelaufen und als schnellster durch das Ziel gekommen. „Bist du mir gefolgt?“, fragte ich unsicher. „Ja.“, japste er noch immer außer Atem. „Tut mir leid, ich wollte das alles nicht. Wäre ich nicht gekommen, hättest du Loreen geheiratet und alle wären zufrieden gewesen.“ „Claire, glaubst du ich hätte Loreen trotzdem geheiratet nur weil du nicht da bist?“ „Ich weiß nicht.“, gab ich ehrlich zu. Er schaute mir tief in die Augen und sagte dann: „Ich hätte sie nie geheiratet. Mein Herz gehört schon lange dir. Ich hatte gedacht, wenn du weg seist, würde ich dich vergessen. Aber ich habe mich geirrt. Als ich keinen Brief von dir bekommen habe, hatte ich das Gefühl ich wäre dir egal. Das brach mir fast das Herz, doch das du jetzt wirklich hier bist hätte ich nie gedacht.“

Ich starrte ich an. Hatte er das wirklich gesagt? Enrico stand plötzlich auf, packte mich am Arm und zog mich auf die Beine. Ich hielt mich gut an ihm fest, dann bückte er sich und schon lag ich in seinen Armen. Er trug mich bis zu Bommels Zimmer und lies mich dort dann runter. Ich war glücklich. Bommel war auch glücklich. Das war aber auch klar, denn mehrere Stunden in einem Zimmer eingesperrt zu sein ist nicht gerade das Angenehmste der Welt. Ich kraulte ihn lange hinter den Ohren. Bis er irgendwann schlief. Enrico und ich beschlossen dann, zu unserem Geheimplatz zu reiten. Ich freute mich so, als Lilly schon wieherte als ich in die Stallungen kam. Selbst Camillo schien sich zu freuen. Enrico strahlte mich an. Wir kamen bei Anbruch der Dunkelheit an und der Mond spiegelte sich bereits im Wasser. Enrico und ich nahmen am Ufer Platz und schauten den Pferden beim Grasen zu. Ich war zum ersten Mal seit langem wieder richtig glücklich. Enrico nahm meine Hand und zusammen rannten wir das Ufer hinab und hinein in die nasse Flut. Ich zitterte und klapperte mit den Zähnen als wir wieder auftauchten. Doch Enrico schien die Kälte nicht zu stören. Er bewegte sich wie ein Fisch durch das jetzt Silber schimmernde Wasser. Ich bekam Herzklopfen bei seinem Anblick und als er dann auch noch zu mir herüber schwamm lief ich Purpur rot an. Woher ich das weiß? Nun ja, ich konnte es spüren. Er fragte mich was mit mir sei als er bei mir ankam und ich sagte: „ Du bist ein Idiot!“ Er sah kurz traurig aus, doch dann grinste er wieder und erwiderte: „Mag sein, aber du liebst diesen Idiot.“ Er hatte mitten ins Schwarze getroffen. Ich liebe ihn wirklich und das ist mir mal wieder bewusst geworden. Ich nickte. Er lächelte mich an und sagte dann: „Du bist süß!!!“ Ich konnte nicht fassen dass er das gesagt hatte. Das Wort hörte ich bei ihm zum ersten Mal. Ich lief noch mehr an und sagte: „ Spinner.“ Er sagte nichts. Dafür nahm er mich in seine Arme. Trotz dem kalten Wasser waren sie doch sehr warm. Ich drückte mich fest an ihn. Dann hörte ich ihn. Sein Herzschlag raste. Immer und immer schneller. Ich fragte mich ob er meinen wohl hören konnte. Hoffentlich nicht, dachte ich. Er ließ mich wieder los um aus dem Wasser zu klettern. Ich ließ ihn jedoch nicht, stattdessen legte ich eine Hand auf seine Brust und sagte dann: „ Liebst du mich wirklich so sehr?“ Er begriff, dass ich seinen Herzschlag meinte. Denn nach dieser Erkenntnis färbte sich sein Gesicht so tief rot, dass es aussah wie eine Tomate. Ich lachte. Er sah irritiert aus, beschloss dann aber, dass ich nicht über ihn lachte. Er kam auf mich zu und sagte dann:

 

„Wenn du es genau wissen willst, ich bekomme schon Herzklopfen, wenn ich nur deinen Namen höre.“ Ich starrte ihn fassungslos an. So sehr liebt er mich also. Dann beschloss ich etwas zu machen was schon lange überfällig war und packte ihn an den Schultern und drückte ihn zu Boden. Nun lag er reglos im Sand und schaute mich überrascht an. Ich beugte mich zu ihm herunter und flüsterte ihm folgendes zu: „ Ich liebe dich so sehr!“ ins Ohr. „Wie sehr?“ Darauf antwortete ich: „Viel zu sehr, glaub mir.“ Danach küssten wir uns. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich wie sehr ihn das alles mitgenommen haben musste, denn seine Backen waren wieder rot und seine Augen glänzten verräterisch. Bei seiner Reaktion kullerte mir eine Träne über die Wange und dann machte es „Blob“. Er sah mich erschrocken an. Der Tropfen war direkt auf seiner Nase gelandet. Wir mussten plötzlich beide anfangen zu lachen. Wir kullerten im Sand hin und her, bis wir uns eingekriegt hatten. Dann setzte er sich ruckartig auf und ich dachte schon er hätte irgendwas gehört, als er dann fragte: „Claire, ich liebe dich! Willst du meine Frau werden?“ Ich war überrumpelt. Er sah verunsichert aus, weil ich nicht antwortete. Dann stammelte er: „Wenn du nicht willst ist das auch o.k.“ Ich packte ihn reflexartig am T-Shirt und schrie: „Du Idiot, natürlich will ich dich heiraten.“ Dann lächelte er mich glücklich an und ich weinte. Er nahm mich in den Arm und sagte dann: „ Ich werde ein guter Mann, darauf kannst du dich verlassen. Ich verspreche es.“ Danach schlief ich in seinen Armen ein.

Am nächsten Tag, lag ich in Enricos Bett auf dem Schloss. Ich fragte mich wie wir hier gelandet waren und dann bewegte sich etwas neben mir. Enricos Kopf tauchte neben mir unter seinem Kissen hervor und ich musste bei seinem Anblick lachen. „Daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“, sagte ich. „Gut, so sehe ich das auch.“, sagte Enrico. Er rutschte zu mir herüber und gab mir einen Kuss auf die Nase. Ich lief rosa an. „Lass uns Phillip von unserer Nachricht erzählen.“, sagte er aufgeregt. Ich fand die Idee super, also zog ich mich auch schnell um und eine halbe Stunde später standen Enrico und ich vor Phillip. Er teilte uns erst einmal mit, das Loreen nicht mehr wieder kommen würde. „Das kann ich gut verstehen.“, sagte ich freundlich. „Also was gibt’s?“, fragte Phillip. Enrico sagte: „Claire und ich werden heiraten.“ Phillip starrte uns erschrocken an. „Wann denn? Ich muss noch so viele Vorbereitungen treffen. Das ist einfach wunderbar. Ich will aber mindestens zwei Enkel.“, sagte Phillip. Enrico und ich lachten.

Zwei Wochen später:

„Ich kann es einfach nicht glauben, dass ich jetzt tatsächlich Enrico heiraten werde und keine Loreen mehr zwischen uns steht.“, sagte ich zu Marie. „Ja, ich kann dich wirklich sehr gut verstehen, aber du musst dir jetzt endlich mal ein Hochzeitskleid aussuchen. Oder willst du in einem abgelatschten Kleid zum Altar laufen.“ „Ach, wenn es nicht anders geht, würde ich das schon in Betracht ziehen. Allerdings habe ich ja auch noch eine andere Wahl.“, sagte ich. „Also, die hier find ich ja besonders hübsch, aber das hat auch seine gewissen Reize.“, sagte Marie aufgeregt. „Dann zieh du es doch einfach zu deiner Hochzeit an.“, schlug ich vor. Marie winkte ab: „Du weißt doch das ich kein Enges anziehen kann, dann sehe ich nachher aus wie eine Presswurst. Nein danke, darauf kann ich gut und gerne verzichten, außerdem ist das deine Hochzeit.“, sagte sie. „Ich werde erst mit David vor den Altar treten, wenn Nicola und Flora geboren sind.“, sagte Marie stolz. Ich war neidisch auf sie, denn ich wünsche mir schon seit zwei Jahren ein Kind. „Deine Zeit wird auch noch kommen.“, rief Marie, als sie meinen Blick sah. „Allerdings erst nach der Hochzeit.“ Ich musste grinsen. Am Ende entschied ich mich dann doch für ein langes enganliegendes Kleid. Mit Bändern und Kordeln um die Hüfte und mit glitzernden Steinen auf der Brust. Ich lächelte mein Spiegelbild an und es lächelte zufrieden zurück. Nach einer Stunde waren wir endlich fertig und Marie verabschiedete sich erst mal. „Wir sehen uns morgen.“, rief sie mir zu bevor sie davon lief. Ich machte mich auf die Suche nach Phillip, denn der war schon seit der Neuigkeit, dass Enrico und ich heiraten würden total aus dem Häuschen. Im Ballsaal fand ich ihn dann, während er Dienstboten hin und her scheuchte. Es schien ihm zu gefallen, denn er lachte die ganze Zeit. Die Angestellten hatten komischerweise auch Spaß, obwohl Phillip sie ständig anschnauzte, weil sie irgendwas falsch machten. So gegen Abend durften dann alle gehen, als sie mich entdeckten atmeten sie erleichtert auf. Einer rief: „Fräulein, beruhigen sie ihren Schwiegervater mal etwas, der bringt uns noch ins Grab, weil wir schon vor der Hochzeit kollabieren.“ Ich lachte und rief: „Das werde ich nicht zulassen, schließlich ist das auch meine Hochzeit und da bin ich nicht fürs Schuften und hart Arbeiteten.“ Nachdem sie das gehört hatten, klatschten sie erfreut in die Hände und verließen singend und wieder gut gelaunt denn Saal. Ich machte mich auf den Weg zu Enrico, fand ihn jedoch nicht. Er war nicht in unserem Zimmer und auch nicht im Speisesaal. Ich lief die Treppen runter und hörte ihn dann. Er saß am Klavier und spielte eine Melodie die ich nur zu gut kannte.

Seit neustem, ist das die Melodie, die er immer spielt, wenn er furchtbar aufgeregt und nervös ist. Ich hörte lange zu. Irgendwann drehte er sich aber um und sah mich verblüfft an. „Wie lange stehst du da schon?“, wollte er wissen. „Schon eine Weile“, gab ich zu. Er stand auf und kam auf mich zu. Dann nahm er meine Hand und plötzlich tanzten wir. Ja, wir tanzten. Ich kann es nicht fassen, sagte er leise. Ich heirate den Menschen, den ich über alles liebe. Ich war still und hörte seiner Stimme zu. Sie war tiefer geworden. „Naja, es wurde ja auch mal Zeit“, sagte ich spöttisch. Er sagte nichts. Lass uns hoch gehen. „Bommel wartet sicher schon auf uns“, erklärte ich. Ich öffnete die Tür und Bommel kam mir entgegen gesprungen. „Was hast du denn?“ Er winselte und schlug mehrmals mit seinem Schwanz gegen die Wand. Ich betrat das Zimmer konnte jedoch nichts erkennen. Enrico sah mich verwirrt an und ich zuckte mit den Schultern. An diesem Abend konnte ich nicht schlafen. Zum ersten beunruhigte mich Bommel und zum zweiten wurde mir erst jetzt so richtig bewusst, dass ich übermorgen heiraten würde. Ich musste grinsen. Enrico war anscheinend wegen mir wieder wach geworden, also legte er einen Arm um mich und so schliefen wir dann auch ein. Am nächsten Tag war heilloses durcheinander im Schloss. Überall war krach, hier und dort rannten Dienstmädchen durch die Gegend. Der ganze Ballsaal sah aus wie ein einziges Schlachtfeld und mitten drin stand Phillip. Er gab gerade zwei Dienstboten die Anweisung mit dem Palmenbusch nach rechts zu rücken, entschied sich aber dann doch für links. Die Angestellten stöhnten genervt auf und Phillip schickte sie darauf hin gerade noch einmal nach rechts und dann wieder nach links. Bei diesem Anblick konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Irgendwann tauchte auch David neben mir auf. Er schleppte einen Stapel Kochrezepte durch den Saal und verschwand dann in der Suppenküche. Ich war glücklich, dass alle so gut drauf waren und nicht jammerten, naja fast alle. Marie stand irgendwann neben mir und ich bemerkte gleich, dass ihr Bauch jetzt doch ganz schön auffällig war. Sie bemerkte meinen Blick und grinste. „Ich sehe aus wie ein schwangeres Walross“, meinte sie. Ich stimmte ihr zu, darauf hin schnappte sie empört nach Luft. Dann fingen wir beide an zu lachen. Ich stellte mir vor wie in drei Jahren hier Nicola und Flora durch die Flure rennen und laut durch die Gegend kreischen. Bei diesem Gedanke musste ich lachen. Marie jedenfalls sah glücklich aus. Aber das ist ja auch kein Wunder, denn es sind ja die Kinder von David. Ihrem zukünftigen Mann.

 

Apropos Mann, ich wollte Enrico unbedingt erzählen das ich auch Kinder wollte. Also rannte ich davon, bis ich vor unseren Gemächern stand. Ich lauschte. Nichts war zu hören. Dann öffnete ich die Tür und Enrico stand vor mir in einem schwarzen Jackett. Er lief rot an, als er mich sah und ich stellte fest, dass der Anzug perfekt an ihm saß im Gegensatz zu letzten Mal. „Siehst gut aus.“, sagte ich. „Findest du, ich fühle mich als hätte ich einen Kartoffelsack an.“, sagte er misstrauisch. „Nein, als mein zukünftiger Mann und Vater meiner Kinder, siehst du einfach klasse aus.“, sagte ich. „Na gut, das freut mich.“, meinte er. „Dann kann ich ja beruhigt vor den Altar treten und dich heiraten.“ Er lächelte. Plötzlich zuckte er zusammen. „Du hast irgendwas mit Kindern erzählt.“, sagte er angespannt. „Ja, klar, ich will doch auch Kinder. Am liebsten gleich hundert Stück.“, rief ich aufgeregt. Ihm fiel die Kinnlade runter. „Also, darüber müssen wir aber noch mal reden.“, sagte er. „Warum wirst du denn so rot?“, fragte ich neugierig. Er drehte sich schnell um und sagte: „Morgen wird auf jeden Fall erst mal geheiratet.“ „Ja, und darauf freue ich mich schon total, dann werden wir eine Familie.“, sagte ich während ich mich an ihn kuschelte. Er war so verdammt warm, mir wurde ganz heiß in seiner Nähe und ich konnte an nichts mehr denken außer an ihn und unsere Zukunft. Dann nahm er mich auf einmal in seine Arme und sagte leise: „Ich liebe dich.“ Ich war so glücklich über die wenigen Worte, dass ich sofort in seiner Umarmung einschlief. Als ich wieder aufwachte war es bereits nächster Morgen. Ich stand auf und begriff erst als Marie plötzlich in der Tür stand, warum hier so ein heilloses Durcheinander herrschte. Heute war mein großer Tag, ich hatte es endlich geschafft. Heute würde ich Enrico heiraten, den Jungen den ich liebe. Langsam wurde es Abend und die Gäste trudelten schon ein. Ich wurde von Marie und einer Dienstmagd zu Recht gemacht, während sich David um Enrico kümmerte. Dann war der Moment gekommen und die große Tür schwang auf und Enrico lächelte und sah mich mit seinen blauen Augen an. Ich trat durch den großen Saal, an meiner Seite war Phillip, er war aufgeregter als ich, dennoch riss ich mich zusammen nicht mitten drin zu lachen. Endlich stand ich vor Enrico, der meine Hand nahm und mich zu sich auf das Podest zog. Der Pfarrer fing wie jedes Mal mit seinem Gelübde an. Diesmal jedoch sagte Enrico auch ja. Wir steckten uns gegenseitig die Ringe an den Finger und dann durften wir uns küssen. Der ganze Saal erbebte, überall wurde geklatscht und pfiffe halten von den Wänden. Ich war sehr glücklich und mir liefen vor Freude die Tränen. Enricos Finger verflochten sich in meine.

Vier Jahre später:

„Enrico halt ihn gefälligst fest. Wenn er weiter so rumtobt, fällt er noch hin und bricht sich was!“ „Ja Claire, ich weiß. Was glaubst du was ich hier versuche, ich renne Austin bestimmt nicht aus Spaß quer durchs Schloss hinterher“, schrie Enrico genervt. Ich lachte bei dem Anblick, denn Enrico war genauso tollpatschig wie sein Sohn. Die beiden sahen sich allerdings nicht wirklich ähnlich. Austin sah aus wie ich, braune Haare, meine Nase und dichte Wimpern. Nur die blauen Kulleraugen hatte er von seinem Vater, stellte ich nach reichlichem Nachdenken fest. Irgendwann kamen sie aber wieder, denn Enrico hatte es geschafft und Austin zappelte wie ein kleines Baby an seiner Hand. „Austin, halt endlich still. Ein vierjähriges Kind sollte doch ein paar Manieren haben“, ermahnte ihn sein Vater. Austin hatte sich mittlerweile beruhigt und kletterte zu mir auf die Couch, ließ sich neben mich fallen, wo er mich mit großen Augen ansah. „Darf ich mal fühlen?“, fragte er ängstlich. Ich nickte. Er legte seine Hand auf meinen Bauch und als mich eines der beiden Trat, zuckte er erschrocken zusammen. „Sie leben, sie leben“, schrie er aufgeregt. Er war total aufgeregt und jeden Abend vor dem Schlafen gehen, kam er noch einmal zu mir um zu schauen ob es seinen Geschwistern gut ging. Drei Monate später war es dann soweit, ich bekam gerade Wehen als Marie und David bei uns zu Besuch waren. Nicola und Flora ärgerten wie jedes Mal Austin, denn der war ja zwei Jahre jünger als sie und da durch dachten sie, sie könnten mit ihm machen was sie wollen. Jedenfalls war Enrico nicht da und ich hatte furchtbare Schmerzen. Marie bemerkte es sofort und so machten wir uns alle zusammen auf den Weg ins Krankenhaus. Die Kinder quasselten aufgeregt durcheinander und konnten während der ganzen Fahrt nicht still sitzen. Als wir im Krankenhaus ankamen, rief David sofort Enrico an, der jedoch war nicht erreichbar. Ich machte mir Sorgen, als er kurz vor der Geburt immer noch nicht da war. Dann war es soweit die Hebamme kam zu uns herein und teilte mir mit, dass wir jetzt mit der Geburt beginnen würden, damit ich nicht noch größere Schmerzen bekäme und es sowieso an der Zeit wäre. Ich stimmte zu, denn ich wusste, dass ich genug Kraft für die Geburt der Zwillinge brauchen würde. Dann knarrte die Tür und Enrico stand im Raum und sah mich erleichtert an. „Ein Glück sie sind noch nicht da“, sagte er erleichtert. Dann musste ich pressen um 04:24 Uhr kam Elly auf die Welt und um 04: 41 Uhr dann Lucas. Ich war sehr erschöpft doch als ich Enrico und Austin mit den Babys im Arm sah, schloss ich zufrieden und glücklich die Augen. Ich hatte es geschafft dachte ich, ich hatte mit Enrico eine Familie gegründet.

Eine Woche später waren Ella, Lucas und ich wieder zuhause. Phillip rannte mich beinahe um, als er seine neu geborenen Enkel sah. Als Austin auf die Welt kam, wollte er ihn uns erst nicht wiedergeben, doch jetzt war er die Ruhe selbst. Er schaukelte eins nach dem anderen in seinen Armen und lächelte dabei gerührt. Noch am selben Abend, wurde ein Fest veranstaltet. Ein Geburtstagsfest. Allerdings für zwei Personen. Denn Flora und Austin sind genau am selben Tag geboren, nur das sie ein Jahr älter ist. Wir tanzten und spielten lange mit den Kindern bis alle erschöpft waren. Danach, ging ich und Enrico in die Stallungen und beschlossen zu unserem geheimen Ort zu reiten. Allerdings nicht mehr auf Lilly und Camillo sondern auf deren Kindern: Glimmer und Browny. Wir kamen dort an und stellten fest, dass trotz fünf Jahren außer uns sich hier nichts verändert hatte. Enrico war mittlerweile einundzwanzig und ein echt hübscher junger Mann. Er hatte breitere Schultern bekommen und er ist sehr gewachsen. Ich, na ja ich war mittlerweile dreiundzwanzig und ehrlich gesagt, ich hatte mich eher wenig verändert. Wir dachten an unsere Begegnung zurück, denn die kam einem ja schon ewig vor. Aber wir waren glücklich, denn wir hatten drei bezaubernde Kinder und echt tolle Freunde. Ich ließ mich in den Sand fallen und Enrico bückte sich zu mir runter und flüsterte: „Du bist das Beste was mir je passiert ist. Ich liebe dich von ganzem Herzen.“ Dann küsste er mich und ich musste weinen vor Glück. Er lächelte, wischte mir die Tränen von der Wange und nahm mich fest in den Arm. Ich kuschelte mich fest an ihn und sagte: „Ich liebe dich auch.“

 

 ENDE

Impressum

Lektorat: Celebrations & Voïce
Tag der Veröffentlichung: 25.01.2015

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An meine kleine Schwester Malin :D

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