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Der Feigenbaum an Schwarzen Meer

 

 

- England

 

Alexis betrachtete sich im Spiegel. Sie trug eines der sportlichen Outfits. Leggins, Kapuzenpullover und Sportschuhe. Sportsachen hatte sie einen ganzen begehbaren Kleiderschrank voll, in allen Farben. Fast alles mit dem Aufdruck „Bobbie Brock Sport“.

Sie raffte ihre wilden goldblonden Locken mit den Händen und band sie mit einem Haargummi weit oben am Kopf zusammen. Der Regen trommelte draußen leicht an die Fensterscheibe.

„Lexi!“, plärrte es ein Zimmer weiter.

Alexis stöhnte auf und verdrehte ihre blauen Augen, die diese besonderen silbernen Sprenkel hatten.

„Lexi!“, brüllte es erneut und eine junge Frau in ihrem Alter stand nun in ihrer Zimmertür.

Es war ihre Cousine Cordelia. Sie waren beide 25 Jahre alte aber Cordelia war einige Monate älter als Alexis.

„Was ist?“, fragte die genervt und drehte sich zu ihrer Cousine um.

„Ich bin nicht sicher, ob ich nicht noch einen Koffer nur für Schuhe mitnehmen sollte...“, klagte Cordelia und musterte dann Alexis. „So steigst du in den Flieger?“.

Alexis stöhnte erneut.

„Du hast mindestens 15 Paar Schuhe mit. Du hast doch selber gesagt, du willst dir vor Ort lieber Neue kaufen. Wir sind nur für zwei Wochen weg, Cordy.“, antwortete sie dann. „Und ja, ich denke, das ist die richtige Wahl für ein paar Stunden Flugzeit. Ist das denn dein Ernst?“.

Sie zeigte mit dem Finger von oben nach unten und wieder nach oben auf Cordelia und deren Kleiderwahl. Sie trug einen engen Minirock und eine Rüschenbluse, die vorne über ihren operierten Brüsten spannte. Dazu High Heels. Ihre platinblond gefärbten, langen, unechten Haare lagen perfekt geglättet über ihren Schultern. Die aufgespritzten Lippen glänzten voll Lipgloss und unter den künstlichen Wimpern waren kaum noch ihre graublauen Augen zu sehen.

„Lexi, wenn ich in Bulgarien aus dem Flieger steige, stehen da bereits Fans und Fotografen.“, fing Cordelia wichtig an. „Meinst du, da präsentiere ich mich in Sportsachen? Bei dir ist das vielleicht was anderes. Du als Werbegesicht für Bobbie Brock, bist dazu gezwungen ständig diese Klamotten zu tragen.“.

„Ich bin nicht gezwungen!“, korrigierte sie Alexis. „Ich trag das durchaus gerne.“.

„Kannst du nicht wenigstens was mit deinen Haaren machen?!“, zischte Cordelia sie an. „Wenn du nach mir aus dem Flieger steigst, halten dich alle für meine Yoga Lehrerin.“.

„Dann steig ich halt vor dir aus dem Flieger.“, konterte Alexis.

Das zierliche Dienstmädchen mit den schwarzen schulterlangen Haaren und den großen braunen Augen kam in den Moment, mit dem Wäschekorb mit gebügelter Wäsche, ins Zimmer und grinste Alexis leicht zu. Sie hatte die Unterhaltung der Beiden mitbekommen.

„Findest du das witzig?“, zischte Cordelia sie sofort an.

„Cordy!“, mahnte Alexis.

„Versteht sie überhaupt unsere Sprache?“, stichelte Cordelia weiter.

„Tu ich!“, bestätigte das Dienstmädchen, stellte den Korb ab und fing an die Wäsche in Alexis Schrank zu sortieren.

„Ich finde, Adina müsste mit uns nach Bulgarien kommen!“, sagte Alexis. „Du bist doch Bulgarin, richtig?“.

Das Dienstmädchen sah Alexis an und nickte knapp.

„Wieso das denn?“, fragte Cordelia.

„Kannst du bulgarisch? Ich nicht!“, erwiderte Alexis.

„Wir nehmen uns nen verdammten Dolmetscher in Bulgarien.“, schnappte Cordelia und sah Adina herablassend an. „Das fehlt mir noch, das die mitkommt!“.

Sie drehte sich weg und stakelte davon.

„Tut mir Leid!“, entschuldigte sich Alexis seuftzend bei Adina.

Die schüttelte den Kopf: „Du kannst doch nichts dafür, dass ihr verwandt seid!“.

„Seit sie weiß, dass wir hinter der Gnadenhof Aktion stecken, ist sie echt unausstehlich.“, brummte Alexis.

„Naja, in erster Linie mir gegenüber!“, meinte Adina.

„Solange ich hier bin, feuert dich keiner!“, sagte Alexis mit fester Stimme. „Auch eine Cordelia Anderson nicht!“.

Adina war seit zwei Monaten bei Alexis und Cordelia, in der Villa am Stadtrand von London, als Dienstmädchen angestellt. Von Anfang an hatten sie und Alexis einen guten Draht zueinander gehabt. Sie teilten den gleichen Humor und an den Wochenenden auch die Cocktails am Pool. Cordelia gefiel das nicht aber sie konnte auch nichts machen dagegen. An einem Abend war der Alkohol etwas zu gut geflossen bei Alexis und Adina und sie hatten über Cordelias Fanseite veröffentlicht, dass Cordelia die Tiere von Gnadenhöfen in ganz England, nicht nur mit einer finaziellen Spritze, sondern auch persönlich unterstützen will. Also waren kurz darauf in den Zeitungen Fotos von Cordelia in Gummistiefeln und mit Mistgabel zu sehen, wie sie zwangsläufig bei Stallarbeiten auf Gnadenhöfen aushalf. Als sie raus bekam, dass Alexis und Adina dahinter steckten, konnte sie nicht mal ausrasten, denn diese Wohltätigkeit half Cordelias Image, als Partymädchen in Designer Klamotten, eigentlich nur und ließ sie nun auch als mitfühlendes und wohltätiges Wesen erscheinen. Allerdings war Cordelia mehr damit beschäftigt, sich um ihr Aussehen zu sorgen und wie die Zeitungen sie abgelichtet hatten.

„Ich möchte wirklich, dass du mit kommst!“, sagte Alexis als Adina mit der Wäsche fertig war.

Die lächelte etwas.

„Du weißt, was ich hier alles zu tun hab. Und seit Harry auf den Geschmack meiner bulgarischen Gerichte gekommen ist, lässt er mich eh nirgends hin. Wer kocht sonst für ihn traditionell?“, sagte sie. „Vielleicht ein anderes mal.

„Ohman, bitte pass bloß mit Onkel Harry auf!“, warnte Alexis.

Ihr Onkel und Cordelias Vater, war nun seit einem Jahr geschieden. Sowohl er, als auch seine Exfrau, hatten zum Schluss der Ehe Affairen aber schon vorher hassten sie sich. Nun wohnte Harry in der Nachbarvilla von Alexis und Cordelia und seine Exfrau Scarlett hatte eine Penthousewohnung mitten in London, direkt über ihrer Edelboutique. Harry verdient sein Geld mit Autohäusern in ganz England und Cordelia ist von Beruf einfach Tochter von reichen Menschen. Sie selbst sieht sich natürlich als hart arbeitend, weil sie eine eigene Kosmetiklinie auf den Markt gebracht hat und ihre Fangemeinde im Internet über sich, ihren Alltag, neuste Shopping Errungenschaften und Diätprodukte informiert und unterrichtet. Zuletzt hatte ein Fernsehteam sie bei ihren Schönheits Operationen begleitet. Mittlerweile waren sie und Alexis in ganz England, in Deutschland, der Schweiz, Tschechien und Italien unterwegs gewesen, weil Cordelia für Talk Shows oder große Fantreffen gebucht worden war. Nun hatte ihr Manager ein paar Auftritte in Bulgarien ausgemacht, weil man dort offenbar großer Cordy Anderson Fan war.

„Harry ist weniger anstrengend, als Cordy!“, beschwichtigte Adina Alexis mit gedämpfter Stimme.

Alexis grinste etwas und umarmte Adina.

 

- Bulgarien

 

Alexis machte einen Schritt aus dem Flugzeug und setzte die Sonnenbrille auf. Das gleißende Licht und die Hitze der bulgarischen Sonne trafen sie sofort. Cordelia war, wie gewohnt, zuerst ausgestiegen und schritt erhaben vor ihr die Treppe herab. Ihr Bodyguard ging neben ihr. Seit es ein paar Vorfälle gegeben hatte in letzter Zeit, wo eingefleischte Fans Cordelia zu sehr auf der Straße bedrängt hatten, bestand sie und auch ihr Vater darauf das Bodyguards nun nicht mehr nur zu öffentlichen Terminen notwendig waren, sondern so gut wie immer. Allerdings blickte man gerade auf den leeren heißen Asphalt des Flughafen von Burgas in Bulgarien. Weit und breit waren keine Fans zu sehen. Cordelia schien sofort irritiert. Nur ein großer schwarzer glänzender Jeep wartete ein paar Meter vom Flugzeug entfernt. Das Personal des Privatjets eilte mit dem Gepäck zum Kofferraum.

„Wo sind sie?“, rief Cordelia und sah sich um. „Es hieß, ich würde schon am Jet Fotos mit Fans machen!“.

Alexis schmunzelte etwas während sie auf ihrem Kaugummi kaute.

„Unglaublich! Es führt auch gar kein Teppich bis zum Auto.“, scherzte sie.

Cordelia fuhr herum, schob ihre Sonnenbrille mit den Fingern nach vorne und funkelte Alexis böse mit den Augen an. Genau in dem Moment ging die Fahrertür des Jeeps auf und ein großer Mann im schwarzen Anzug und mit Sonnenbrille stieg aus. Alexis war jetzt schon genervt und ließ ihre Blick kaugummikauend zum Flughafengebäude und über einige Flugzeuge schweifen.

„Ach, der Fahrer!“, rief Cordelia plump. „Sie verstehen uns hoffentlich?!“.

„Ja.“, antwortete der Fahrer rau.

Alexis schwitzte jetzt schon. Sie wollte nur ins Hotel und sich schnellst möglich umziehen. Was hatte sie auch erwartet, wenn man im Frühsommer von England nach Bulgarien flog.

„Cordelia Anderson.“, stellte sich Cordelia vor. „Und meine Cousine... Alexis Anderson.“.

„Ich weiß, wer sie sind.“, entgegnete der Fahrer unbeeindruckt aber mit nettem Akzent und setzte seine Sonnenbrille ab. „Ich bin der Fahrer und Bodyguard während ihres Aufenthaltes hier. Harry Anderson wollte jemanden vor Ort haben, der sich auskennt und dolmetscht. Die Fans sind außerhalb des Flughafens, wegen der Sicherheit.“.

Er schaute von Cordelia zu Alexis. Die setzte gerade ihre Sonnebrille ab, gab sie Cordelias Bodyguard zum Halten und zog ihren Kapuzenpullover aus. Drunter trug sie ein ärmelloses Top. Sie legte sich den Pullover über den Unterarm und nahm ihre Sonnebrille wieder an sich.

„Lexi, könntest du vielleicht mal Hallo sagen zu unserem hübschen bulgarischen Fahrer und Bodyguard!“, forderte sie Cordelia auf.

„Was? Ja... Hi!“, brummte die nur und sah jetzt zum ersten Mal den Fahrer an.

Er schaute sie durchdringend an mit seinen braunen Augen und Alexis zuckte ein kleines bisschen zusammen. Er hatte einen Dreitagebart und seine dunkelbraunen Haare waren zurück gekämmt. Alexis schob sich rasch die Sonnenbrille wieder vor die Augen.

„Entschuldige meine Cousine!“, stöhnte Cordelia und blinkerte den Fahrer lächelnd an. „Sie kann nicht so mit Menschen...“.

Der Fahrer schob seine Sonnenbrille zusammengeklappt in die Brusttasche seines Anzuges.

„Wollen wir?“, fragte er.

„Ja bitte!“, drängte Alexis nun. „Ich hab Hunger.“.

Der Fahrer öffnete die hintere Tür vom Jeep und Alexis huschte hinein.

„Hunger?“, rief Cordelia verständnislos. „Wir müssen als Erstes bei meinen Fans anhalten!“.

Sie stieg zu Alexis ins Auto und der Bodyguard ebenfalls. Der Fahrer setzte sich hinters Lenkrad.

„Kannst du das bitte schnell abwickeln!“, meinte Alexis. „Ich will wirklich nur am Pool sitzen und essen.“.

„Mein Gott, du hattest einen Obstsalat im Jet.“, keifte Cordelia.

„Obst ist kein Essen!“, stellte Alexis klar.

Der Fahrer fuhr los.

„Hör dir das an!“, meinte Cordelia zu ihm nach vorne. „Nur das du weißt, was dich die nächsten zwei Wochen erwartet. Lexi isst und isst und wird launisch wenn es nichts gibt. Sie ist nicht mal so diszipliniert im Fitnessstudio wie ich und bekommt trotzdem den Werbevertrag mit einer Sportmarke. Unglaublich oder?“.

Der Fahrer sah im Rückspiegel zwischen Alexis und Cordelia hin und her.

„Diszipliniert?!“, lachte Alexis auf.

„Sei still!“, zischte Cordelia sie an. „Ich nehm dich nie wieder mit irgendwohin. Und nimm den Kaugummi raus!“.

Alexis presste missmutig die Lippen aufeinander und schaute zum Fenster raus. Cordelia war schon dabei einen Lippenstift und einen Spiegel aus ihrer Handtasche zu wühlen.

„Vielleicht machst du wenigstens die Haare wieder auf!“, forderte sie Alexis im befehlston auf.

Die sah sie jetzt sehr gereizt an aber Cordelia zog schon konzentriert ihre Lippen nach. Alexis seufzte und löste ihren Haarknoten, dass ihre Locken nur so wippten. Ihr Blick und der des Fahrers trafen sich wieder im Rückspiegel. Schnell sah Alexis wieder aus dem Fenster. Sie wurden vom Wachpersonal des Flughafens durch ein großes Gittertor nach draußen gelassen. Da standen die Fans. Eine Traube von etwa zwanzig jungen bulgarischen Frauen und nur einzelnen jungen Männern. Der Fahrer hielt den Jeep an.

„Wow!“, spottete Alexis. „Ich denke du bist der Renner in Bulgarien?“.

Tatsächlich hatten überall wo sie sonst bisher waren, mindestens doppelt wenn nicht sogar drei mal so viele Fans auf Cordelia und ein Autogramm von ihr gewartet.

„Wenn du nicht aufhörst, bleibst du im Auto sitzen!“, zischte Cordelia, die sich nichts anmerken ließ.

 

- Das Hotel

 

Nach einer halben Stunde Autogramme geben und Fotos machen mit den Fans fuhren sie von Burgas an das idyllische Küstenstädtchen Sozopol. Alexis schaute die ganze Zeit aus dem Fenster, während Cordelia redete und redete und redete. Der Fahrer gab höchstens mal eine kurze Antwort. Zwischendurch machte sie ein paar Updates auf ihrer Fanseite und telefonierte kurz mit ihrem Manager. Alexis hatte abgeschalten. Sie sah nur raus auf trockene Felder und vorbei fahrende Autos. Schließlich erhellte sich ihr Gesicht als sie das Meer sah.

„Das schwarze Meer.“, sagte sie leise und lächelte.

„Was?“, fragte Cordelia.

„Nichts. Nur das Meer.“, antwortete Alexis.

Sie sah, dass der Fahrer sie wieder durch den Rückspiegel ansah. Wie lange tat er das schon?

„Da baden wir sicher nicht drin!“, beschloss Cordelia. „Ich hörte es ist voller Algen.“.

„Erst im Spätsommer.“, korrigierte sie der Fahrer und sah wieder nach vorne auf die Straße.

„Du solltest froh sein, dass es nicht voller Haie ist!“, meinte Alexis.

„Gibt es Haie?“, fragte Cordelia sofort etwas panisch.

„Nichts was gefährlich wird.“, antwortete der Fahrer gelassen.

„Wie heißt du überhaupt?“, fragte Cordelia nun. „Oder hab ich den Teil verpasst, als du dich vorgestellt hattest?“.

Der Fahrer sah wieder im Rückspiegel zwischen ihr und Alexis hin und her und richtete dann seine Augen wieder nach vorne.

„Dano.“, brummte er dann.

„Dano.“, wiederholte Cordelia kichernd und warf Alexis einen vielsagenden Blick zu.

Die verdrehte leicht die Augen und sah wieder hinaus aufs Meer. Sie erreichten Sozopol nach einer halben Stunde Fahrt und Alexis reckte den Hals. Sie war schon mal hier gewesen aber es war viele viele Jahre her. Ihr Herz schlug schneller.

„So anders...“, murmelte sie während sie durch Sozopol fuhren. „Alles neu...“.

„Sie waren schon hier?“, fragte Dano nun plötzlich und Alexis erschrak etwas.

„Ja...“, sagte sie dann.

„Natürlich sieht alles anders aus.“, erwiderte Cordelia nun. „Meine Güte, du warst ein Kind als du hier warst.“.

Alexis schwieg. Sie fuhren über den zentralen Marktplatz. Dann ein paar Straßen weiter hielten sie vor dem Hotel. Sie stiegen aus und betraten den großen Eingangsbereich mit der Rezeption. Die Frau dahinter fing sofort an zu reden und vor allem Cordelia ausführlich und umschwänglich zu begrüßen. Sie schickte sofort zwei Angestellte los das Gepäck zu holen. Ein Weiterer führte dieVier zum Hotelzimmer. Es war natürlich die Suite mit Meerblick und eigenem Pool. Cordelias Bodyguard bekam das Zimmer daneben und Dano meinte, er selber würde gar nicht im Hotel schlafen. Alexis zog sich einen Bikini an und da Cordelia die Suite filmte, um es ihren Fans zu zeigen, ging sie nach draußen über die Terasse und die wenigen Stufen zum Pool herunter. Sie bemerkte nicht, dass Dano etwas abseits stand, weil ihr Blick geradeaus auf das Meer gerichtet war. Alexis setzte sich langsam an den Rand des Pools und ließ die Beine ins Wasser hängen. Immer noch hing ihr Blick am Horizont auf dem Meer. Nur der Zaun hinter dem Pool und ein paar Sanddünen trennten sie davon.

„Wo ist ihre Cousine?“, fragte Dano urplötzlich und trat aus dem Schatten eines Feigenbaumes.

Alexis zuckte zusammen.

„Um Himmels Willen!“, stieß sie aus und starrte ihn an. „Wo kommst du denn her?“.

„Entschuldigung.“, meinte Dano und sein Blick streifte über ihre sportliche makellose Figur. „Aus dem Nachbarzimmer.“.

Er sah wie Cordelias Bodyguard schnellen Schrittes über die Terasse in die Suite ging und die Tür hinter sich schloss. Alexis drehte sich rum und runzelte die Stirn.

„Da würde ich jetzt nicht rein gehen!“, sagte sie wieder an Dano gewandt.

„Wieso?“, fragte der.

„Sie schläft mit Leo.“, antwortete Alexis und Dano sah sie etwas fragend an. „Ihr Bodyguard... Leo.“.

Dano nickte knapp: „Ahja...“.

„Hm...“, machte Alexis nur. „Sie würde auch mit ihrem Fitnesstrainer schlafen, wenn der nicht schwul wär.“.

Dano zog nun die Augenbrauen hoch und nickte erneut.

„Ich warne dich nur vor, weil Leo dir den Kopf abreißen wird.“, redete Alexis weiter.

„Warum sollte er das tun?“, fragte Dano sofort verwirrt.

Alexis kniff die Augen etwas zusammen, während sie ihn an sah.

„Na...“, fing sie an. „Falls du vor hast sie flach zu legen...“.

„Oh Gott – Was?“, unterbrach sie Dano. „Warum sollte ich?“.

„Jeder will Cordy flach legen!“, stellte Alexis klar.

„Wer ist denn jeder?“, entgegnete Dano fast etwas ruppig, schaute zur Terassentür und wieder zurück zu Alexis. „Ich handhabe das nicht so, dass ich mit Klienten ins Bett gehe.“.

Alexis legte den Kopf leicht schief, während ihr Blick weiter an Dano heftete.

„Na, mal sehen was Cordy dazu sagt...“, erwiderte sie dann amüsiert und wechselte das Thema. „Du sprichst gut englisch.“.

„Ich spreche auch etwas türkisch und ein bisschen griechisch.“, fügte Dano hinzu.

„Oh!“, machte Alexis und nickte anerkennend. „Für einen Bodyguard...“.

Sie brach ab, weil sie wusste das es arrogant klang. Ihr Blick ging wieder zum Meer. Man hörte es leise rauschen. Die Sonne brannte heiß auf der Haut und Alexis atmete tief durch.

„Ich will dann auf jeden Fall zum Strand.“, sagte sie. „Wenn die da drin irgendwann mal fertig sind...“.

Sie stützte ihre Hände auf den Poolrand und ließ sich ins Wasser gleiten. Ruhig schwamm sie zum anderen Ende, tauchte unter, stieß sich von der Wand ab und kam wieder hoch. Sie sah das Dano sie beobachtete und dann bemerkte sie, dass der Zimmerservice Essen auf die Terasse brachte. Erfreut kletterte sie aus dem Pool.

„Oh Gott, endlich!“, stieß sie aus, nahm sich ein Handtuch von einer Liege und wickelte es sich um.

Sie schaute über das Buffet.

„Schopska-Salat.“, rief sie entzückt. „Und Kaschkawal Käse.“.

Sie schob sich sofort ein Stück Käse in den Mund. Dano trat neben sie.

„Sie kennen die bulgarischen Speisen?“, fragte er.

„Das, an was ich mich noch erinnere...“, antwortete Alexis leise und aß ein paar Oliven. „Kannst du mir Wein in das Glas gießen?!“.

Dano sah sie an, wie sie unbeirrt Weintrauben und Hackbällchen aß. Dann nahm er die Weinflasche, entkorkte sie und goss ihr den Rotwein in ein Glas. Alexis schaufelte sich Salat mit einem Löffel auf den Teller und entriss dann Dano nahezu das Weinglas. Sie leerte es und stellte es auf den Tisch. Danos Augen weiteten sich.

„Wunderbar!“, seufzte Alexis und fing an den Salat mit einer Gabel zu essen.

Dann sah sie Dano an.

„Willst du nichts essen?“, fragte sie.

Die Terassentür ging in dem Moment auf und Cordelia trat in einem Bikini heraus, der knapper kaum sein konnte.

„Schaufelst du schon wieder Essen in dich rein?“, fragte sie schnippisch und setzte ihre Sonnenbrille auf. „Meine Güte ist das heiß. Ich werde mir Essen nach drinnen bringen lassen.“.

Sie sah auf das Buffet und seufzte schwer.

„Mein Gott, ich denke ich werde höchstens den Salat essen.“, brummte sie dann. „Ich seh mich schon wieder Extrastunden beim Sport machen.“.

Alexis probierte genüsslich etwas Überbackenes. Leo kam nun ebenfalls auf die Terasse.

„Ich habe in einer Stunde ein wichtiges Treffen.“, redete Cordelia schon weiter und musterte Alexis. „Es wäre schön wenn du bis dahin hier fertig wärst!“.

„Ich wollte zum Strand.“, protestierte Alexis.

„Meine Güte, wie ein kleines Kind.“, zischte Cordelia. „Du hast noch genug Zeit für deinen Strand. Du weißt, dass wir dann Fotos machen müssen. Wäre also super, wenn du keinen Fressbauch auf den Fotos hast!“.

Alexis schluckte runter, nahm ihr Glas und hielt es Dano hin: „Voll machen!“.

Der runzelte die Stirn aber füllte ihr kommentarlos das Glas.

 

- Der Strand

 

Es wurde Abend, als sie endlich fertig waren mit den Fotos. Dafür trafen sie einen Fotografen vor dem Hotel. Weiter kamen sie nicht. Dazu gaben sie ein Interview für eine Klatschzeitung und ein paar Autogramme. Natürlich redete Cordelia die meiste Zeit. Dann endlich fand Alexis Zeit in einem geeignetem Moment zu verschwinden und zum Strand zu huschen. In der Abendsonne lief sie barfuß durch den Sand. Einige Menschen hielten sich auch noch am Strand auf. Das Meer war leiser geworden. Alexis atmete tief durch und ging bis zum Wasser. Die seichten Wellen umspülten ihre Knöchel. Am Horizont waren ein paar Boote zu erkennen. Der Strand erstreckte sich weit und an ihm lagen mehrere Hotels und Appartments. Alexis hob eine halbe Muschel aus dem Wasser und betrachtete sie.

„Sie sollen nicht alleine irgendwohin gehen!“, sagte eine Stimme hinter ihr plötzlich.

Alexis fuhr herum und sah Dano der hinter ihr im Sand stand und die Hände in den Taschen hatte. Sie rollte die Augen.

„Was soll denn passieren?“, fragte sie und sah wieder auf das Meer hinaus.

Dano sah nach rechts und links: „Ihre Cousine bittet...“.

„Sie bittet nicht!“, unterbrach ihn Alexis und drehte sich zu ihm um.

Dano sah sie kurz an.

„Sie sollen zurück kommen!“, sagte er dann.

Alexis nickte leicht, ließ dieMuschel fallen und ging an Dano vorbei durch den Sand zurück zum Hotel.

„Ich hoffe es ist genug Alkohol da, dass ich den heutigen Abend ertrage.“, rief sie noch ohne Dano eines Blickes zu würdigen.

Der folgte ihr schweigend. Sie kamen wieder an den Pool und die Terasse. Cordelia lag auf einem Liegestuhl und schlürfte einen Cocktail durch einen Strohhalm. Leo saß einen Stuhl neben ihr und blätterte in einem Magazin.

„Zur Hölle!“, rief Cordelia Alexis entgegen. „Warum verschwindest du einfach?“.

„Ich war nur kurz am Strand.“, entgegnete Alexis angesäuert.

Sie ging zum Buffet und krallte sich die Weinflasche.

„Morgen werden wir shoppen gehen!“, sagte Cordelia.

Alexis öffnete die Flasche und setzte sie direkt an. Sie trank ein paar Schlucke. Dano legte die Stirn in Falten.

„Sie sollten was essen!“, meinte er dann. „Der Hotelservice hat einen super Fisch gegrillt.“.

Alexis beugte sich interessiert über den Fisch.

„Hör auf sie zum Fressen zu drängen!“, mahnte Cordelia.

Alexis hörte nicht hin und fing an mit einer Gabel vom Fisch zu kosten. Angenehm überrascht nickte sie und aß weiter.

„Sie sollten es wirklich probieren!“, meinte Dano nun an Cordelia gewandt.

Die drehte sich zu ihm: „Ich verkraftet das ausländische Essen nicht so. Ausserdem ist dieser Körper hier genaus so wie er ist, weil ich auf strenger Diät bin!“

„Der Körper ist dank deines Chirurgen so wie er ist!“, berichtigte sie Alexis mit vollem Mund.

„Lexi!“, knurrte Cordelia. „Möchtest du vielleicht gehen?! Wenn du schlechte Laune hast, geh ins Bett und verschone Leo, Dano und mich mit deinen Zickereien!“.

Alexis hielt die Weinflasche hoch: „Die nehme ich aber mit.“.

Sie drehte sich weg und Dano griff nach ihrer Flasche.

„Ich glaube, das ist keine gute Idee.“, meinte er.

Alexis zog eine Augenbraue hoch und sah ihn etwas herablassend an.

„Bitte?“, fragte sie und entriss ihm die Flasche. „Wer denkst du, wer du bist?“.

Mit den Worten ging sie nach drinnen.

„Mach dir nichts draus!“, sagte Cordelia zu Dano. „Sie ist immer so launisch. Setz dich her und trink was!“.

Dano, der Alexis nach gesehen hatte, schaute nun Cordelia an.

„Nein.“, fing er an. „Ich geh jetzt. Morgen früh bin ich wieder hier.“.

Er hob kurz die Hand und verschwand.

 

- Sozopol

 

Verkatert wachte Alexis am nächsten Morgen auf und quälte sich aus dem Bett. Beim Frühstück mit Blick aufs Meer, stieg ihre Laune wieder. Jedoch sank sie rasch erneut, nachdem sie mit Cordelia, Leo und Dano in die Innenstadt von Sozopol aufgebrochen war. Dano hielt das Auto am Hafen und sie stiegen aus. Ein Schwarm Fans und ein Kamerateam wartete auf Cordelia. Es gab eine Führung über das hafengelände, offiziell für das bulgarische Fernsehen, vor allem entlang der Yachten. Die Fischerboote wollte Cordelia nicht als Kulisse haben. Es dauerte eine halbe Ewigkeit. Es gab nur eine kurze Verschnaufpause und dann war das Werbe Team von Bobbi Brock Sport schon da und Alexis wurde für ein Fotoshooting fertig gemacht. Cordelia ließ sich in der Zeit ein paar Drinks bringen und gab Autogramme. Außerdem drehte sie mit ihrem Handy ein paar Aufnahmen für ihre Fanseite. Leo sprang die ganze Zeit um sie herum. Dano beobachtete Alexis durch seine Sonnenbrille beim Shooting. Die Sonne brannte irgendwann vom Himmel herab. Nur selten schob sich kurz eine Wolke davor. Weit nach dem Mittag waren sie fertig.

„Wir müssen dringend essen!“, keuchte Alexis.

„Ja, nichts wie zurück ins klimatisierte Hotel!“, entgegnete Cordelia und fecherte sich mit ihrer Hand Luft zu.

„Was?“, fragte Alexis. „Hier am Hafen gibt es haufenweise Restaurants. Ich will gleich hier irgendwo essen. Gibt es das Kirik noch?“.

Sie sah Dano an. Der nickte sofort und zeigte schräg von ihnen über das kleine Hafengelände und die Pflastersteinstraße.

„Ja.“, antwortete er. „Es wurde saniert in den letzten Jahren.“.

„Ich erinnere mich wie ich als Kind von der Terasse, auf der ein Feigenbaum wuchs, über den Hafen sehen konnte.“, schwärmte Alexis.

„Ich werde nicht in einer Hafenkneipe essen!“, widersprach Cordelia sofort.

„Die alte Mühle.“, warf Alexis ein und sah Dano erneut an. „In der Altstadt... Man saß oben auf den Klippen und konnte unter sich das Meer sehen.“.

Dano nickte erneut: „Auch das Restaurant gibt es noch. Wir fahren höchstens Fünf Minuten hin.“.

Cordelia stöhnte übertrieben genervt auf.

„Wir fahren ins Hotel!“, befahl sie. „Lexi, du weißt doch gar nicht wie die Küche aussieht. Am Ende kotzen wir uns die Seele aus dem Leib, weil wir alten Fisch bekommen haben oder vergammelten Käse.“.

Dano schnappte nach Luft aber er unterdrückte augenblicklich seine Empörung und presste die Zähne aufeinander. Alexis starrte Cordelia an.

„Das ist doch nicht dein Ernst?“, ging sie Cordelia an. „Das ist doch anmaßend.“.

Cordelia drehte sich bereits weg.

„Außerdem hätte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Anke Susann Günther
Bildmaterialien: Anke Susann Günther
Cover: Coverdesign by coverdesign-4you.com
Tag der Veröffentlichung: 28.12.2021
ISBN: 978-3-7554-0389-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Bulgarien - Für immer in meinem Herzen!

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