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Du siehst mich prüfend an,
ein wenig ängstlich trittst du an mich heran.
Warum, bin doch so winzig klein,
mein Herz ist silberrein.
Ich kann Dir helfen, in so vielen Dingen,
bei Grippe und auch bei Ekzemen.
Komm, sei mein Freund
und nimm mich mit,
sei mutig, es ist doch nur ein kleiner Schnitt.
Halt, schau mich an und bleib stehen,
gefalle ich Dir nicht, bin doch so schön.
Kaiser Karl der Große hat mich geliebt,
half ihm als Überwinder in seinem Krieg.


Meine Wirkung half vielen schon so sehr,
heilte die Pest, erneuerte sein ganzes Heer.
Silberdistel mein Name ist,
habt ihr erraten meine kleine List.






Ein Pflanzenportrait von der "Blume des Jahres 1997"Von Eitel-Friedrich Scholz

Sie wächst auf sommerwarmen Magerwiesen und Weiden bis über 2000 m Seehöhe in Deutschland und Österreich.

Eine alte Sage - hier kurz gefaßt - berichtet uns von Karl dem Großen, mit dem der botanische Pflanzenname Carlina zusammenhängen soll: "Als in seinem Heere die Pest ausgebrochen war, erschien Karl dem Großen ein Engel im Traume, der einen Pfeil abschoß und die Eberwurz durchbohrte. Die so markierte Heilwurzel errettete das Heer vor dem Schwarzen Tod, dem Untergang...". In der Grimmschen Mythologie von 1854 findet sich eine Variante dieser Sage, nach der ein Engel Kaiser Karl befahl, am kommenden Morgen einen Pfeil in die Luft zu schießen. Das Kraut, das der Pfeil beim Niederfallen treffen würde, sollte gegen die Pest Hilfe spenden. Der Kaiser tat, wie ihm geheißen, der herabfallende Pfeil durchbohrte die Eberwurz, die Karlsdistel. Der schwedische Naturforscher Linne` erzählt, daß der Engel Karl V

erschienen sei, als das kaiserliche Heer vor Tunis lag. Darstellungen dieser alten Sage, deren Entstehung sich vielleicht dadurch erklären läßt, daß der Wurzelstock der heilbringenden Karlsdistel wie ein Pfeil senkrecht in die Erde wächst, finden sich auf den sogenannten Pestblättern und in früh-mittelalterlichen Handschriften. Von Paracelsus und anderen mittelalterlichen Botanikern und Ärzten wird die Silberdistel deshalb auch in Anlehnung an diese alte Pestsage Engelsdistel (Carduus angelicus) genannt. Der botanische Name "Carlina herbariorum" wurde zum ersten Male von den Botanikern Lobelius und Ruellius angeführt. Es kann auch möglich sein, daß "Carlina" die verfälschte Verkleinerungsform des italienischen Namens "cardina"-"cardelina" = Distel ( lat. carduus) ist. Heute heißt die Silberdistel im Ital. Cardo die San Pellegrino. Im berühmten Hortus Eystettensis (1597) wird die Pflanze Camae'leon niger vulgaris Schwarze Eberwurz genannt. Der deutsche Name Eberwurz geht auf den Botaniker und kurpfälzischen Leibarzt Tabernaemontanus (1530 - 1590) aus Bergzabern zurück. Er schreibt in seinem "New Kreuterbuch" 1588: "Die Eber suchen diese Pflanze zur Nahrung auf, wenn sie durch den Genuß von Bilsenkraut gelähmt sind und erhalten dadurch ihre Gliederfrische zurück". Auch Bauhinius schreibt in seinem Werk Historia plantarum 1661, "daß die Eber den Wurzeln nachstellen". Die Wurzeln wurden an Haustiere auch als appetitanregendes Mittel verfüttert. Der berühmte Botaniker Hieronymus Bock (1498 - 1554) berichtet in seinem "New Kreutterbuch" 1539, daß man die Eberwurz auch den Hausschweinen an den Trog nagelte; "und wer den Kühen dreimal mit Brod und Eberwurz über den Rücken streicht, behält gesundes Vieh"


Carlina acaulis - die "Kraftwurzel"

Im Volke wurde die Eberwurz auch Kraftwurz genannt. Seltsame Dinge wurden damals von dieser Pflanze erzählt: Paracelsus behauptet in einem seiner "Chirurgischen Bücher" (Straßburg 1605), daß ein Mann, der Carduus angelicus bei sich trug, solche Kraft besaß, daß er ein drei Zentner schweres auf sich gebundenes Weinfaß den langen Weg von Rusach gen Sultz im Elsaß zurücklegte. Zwölf Mannen, die er mit sich nahm, habe er alle müde gelaufen, sodaß sie ihm nicht folgen konnten und noch etliche Tage von diesem Gewaltmarsch geschwächt waren. Wer zu einer schweren Arbeit rechte Kraft gebrauchte, der steckte die Wurzel zu sich. Man glaubte auch, daß die Kraftwurzel anderen Wesen Kraft und Stärke auf "sympathische Art" entzöge, um sie dem glücklichen Wurzelträger zuzuführen. Von den Roßknechten der damaligen Zeit berichtete man, daß sie mit der geheimnisvollen Wurzel ihren besonderen Zauber trieben. In einem Albertus Magnus-Büchlein "Bewährte und approbierte sympathetische und natürliche egyptische Geheimnisse für Mensch und Vieh" wird dazu ein Rezept mitgeteilt, "Wie man einem Pferde seine Stärke benehmen und einem Menschen einpflanzen kann". Hierzu mußte man sich aus einer Stuterei Erde besorgen und diese sorgfältig mischen. "ln diese pflanze man schwarze Eberwurz und lasse sie aufwachsen. Die genannte Wurzel muß aber bald nach dem Neumond eingepflanzt und zwei oder drei Tage vor dem darauffolgenden Neumond genommen werden. Ein Mensch der von dieser Pflanze gegessen, auch davon bei sich trägt und sich eine zeitlang in einem Stalle, wo starke Pferde befindlich sind, aufhält und darin schläft, benimmt den Pferden von ihrer Kraft und eignet sie sich zu" Die Pflanze wurde deshalb damals auch Roßwurz oder Roßwurzel genannt. In dem Grimmschen Werk "Deutsche Mythologie" (Göttingen 1854) wird berichtet, daß man auch bei Wettrennen den Pferden die "Zauberische Kraftwurzel" um den Hals hing. Lange Zeit war unter den Pferdehändlern ein Roßpulver in Gebrauch, das neben anderen Bestandteilen auch die Eberwurz enthielt. Nach altem Volksglauben war auch derjenige, der die Eberwurz bei sich trägt, stets heiter und guter Dinge, wer sie ißt, wird frisch und jugendkräftig. Besonders die Eberwurz war damals Symbol der Kraft, der Potenz, der starken, liebefähigen Männlichkeit. Im berühmten "Hortus sanitatis" ("Gart der Gesundheit", Mainz, 1485) ist nachzulesen: "Kroß distel in honig gebeyst dar vor dick male genutzt, ist dem mane gross freude brengen, und syn samen meren un zu unkeuschheit reytzen." Den Jägern diente die Eberwurz auch zur Erzielung eines guten Schusses. Die Bauern früherer Zeiten achteten die Silberdisteln wegen ihrer zähen Lebenskraft sehr. Sie glaubten daran, daß die an Hoftore oder über die Stalltüren genagelten Disteln die Kraft besäßen, Schlimmes, so auch Blitz, Feuer, Krankheiten und böse Geister abzuwehren. Aus der Oberpfalz wurde überliefert, daß die Eberwurz dort einst "zur Vertreibung der Blattern von den Augen" diente. Dazu sollte man die Disteln in ein Leinwandsäckchen einnähen und dieses auf dem bloßen Rücken tragen. Damit das Heilmittel auch wirkte, mußte man beim Pflücken der Disteln sprechen:

"Eberwurz, ich spreche dich an,

Bist du Frau oder Mann,

Behalte du deine Kraft und Saft

Wie die liebe Frau ihre Jungfernschaft."



Bildbeschreibung
(Lazarett - Schwerpukt Heilung von Pest)
Text zur Silberwurz:
Copyright/ Eitel-Friedrich Scholz


Impressum

Texte: Text: Urheberrecht nur bei Roswitha Wilker Bilder/ Copyright: http://www.artvalue.com/photos/auction/0/38/38708/reich-adolf-1887-1963-austria-im-lazarett-1339825.jpg
Tag der Veröffentlichung: 26.07.2011

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