The Black Knight
Er ritt auf seinem pechschwarzen Pferd in die Dunkelheit hinein. Sein Pferd galoppierte wie ein schwarzer Schatten. "HOH!", sagte eine tiefe Stimme und das Pferd stoppte augenblicklich. Der schwarze Ritter zog sein Schwert und schwang es durch die Luft. Es war beinahe so als wollte er die Luft durchschneiden. In diesem Moment rannte ein armer, alt aussehender Mann vorbei, sah den Ritter und erstarrte sofort zu Stein. Der Ritter schwang erneut sein Schwert und zog einen langen Streifen durch die Luft. Der alte Mann sank zu Boden und entblößte einen langen, tiefen Schnitt in der Brust. Der Ritter sattelte von seinem Pferd ab, und ging auf den zu Boden gesunkenen Mann zu, um festzustellen dass dieser noch lebte. Er hob abermals sein Schwert und beugte sich über den Mann und rammte dass Schwert in den Brustkorb des Mannes. Dieser zuckte noch einmal kurz auf und sank dann endgültig auf die nasse, kalte Erde. Der Ritter schüttelte seinen Kopf als wäre es eine Schande dass so ein armer, alter Mann den kostbaren Boden beschmutze mit seinem Blut. Als er Den Kopf schüttelte, klapperte seine ganze Rüstung. Er trug eine schwarze Plattenrüstung. Er trug schwarze Schuhe, schwarze Schultern mit Totenköpfen darauf und einen pechschwarzen Helm der sein Gesicht verdeckte. Man sah Nur seine Augen und seinen Mund. Er stieg wieder auf sein Pferd und ritt ins Schwarze hinein. Der Umhang von dem Ritter wehte im Wind hin und her.
Er ritt in Windeseile davon, man hörte nur das Getrappel des Pferdes wenn es mit den Hufen auf den Boden schlug. Der Ritter verschmolz praktisch mit einer Figur mit seinem Pferd, sie beide waren ein Phantom, wenn man blinzelte war es weg.
Verschwunden, für immer! Vor dem Ritter war ein kleines Dorf, aus den Kaminschloten der Fenster drang Rauch. Das Pferd blieb stehen, wieherte und galoppierte in Windeseile davon. Als sie ankamen wurde es langsamer und blieb letztendlich dann ganz stehen. Der Ritter stieg ab und zog sein Schwert. Obwohl Rauch aus den Schloten drang war das Dorf wie ausgestorben. Die Häuser sahen älter und ungepflegt aus. Er ging durch die Straßen des Dorfes und horchte ob er etwas hörte. Und tatsächlich da kam aus einem der Häuser ein hohes Kreischen.
Der Schrei der Frau
In dem Haus schrie eine Frau. Die Frau stand an die Wand gedrängt, und ein Mann mit erhobenen Messer kam auf sie zu.
"Nein!", schrie die Frau, "Nein! Du kriegst mein Kind nie! Davor musst du schon an mir vorbei!"
Der Mann fasste die Frau brutal an den Handgelenken und schleuderte sie durch den Raum. Sie landete in einem Spiegel der sofort zerbrach. Ihre Hand glitt automatisch zu ihrem Hinterkopf wo nun Blut auf ihre Haare strömte. Der Mann ging langsam auf die, auf den zu Boden liegende Frau zu und sagte sanft doch bedrohlich: "Das lässt sich einrichten. Gib mir Lilly und ich verschwinde und tue dir nie wieder etwas an. Du hast die Wahl.".
"Nein", flüsterte die Frau schwach, rappelte sich hoch und stürzte zur Treppe doch sie wurde von dem Mann aufgehalten.
Plötzlich ging die Tür auf und der Ritter kam herein. Er sah die Frau an, die ihn angsterfüllt Anstarrte.
"Lauf hoch und hol dein Kind. Ich kümmere mich schon um ihn. Wenn du sie hast, dann geh raus vor die Tür du wirst merken dass dort ein schwarzes Pferd steht steig auf und warte bis ich nachkomme", sagte die raue Stimme des Ritters.
Die Frau tat was ihr der Ritter gesagt hatte, während der Mann ihn völlig perplex anstarrte. Der Ritter schritt langsam in das Haus, und auf den Mann zu. Die Frau rannte mitsamt ihrem Kind durch das Haus. Die Treppe herunter und auf die Straße wo man noch sah wie sie versuchte aufs Pferd zu steigen, bevor die Tür zuging.
Der Ritter zog sein Schwert und kam auf den Mann zu der sein Messer fallen gelassen hatte. "Halte dich ab sofort von dieser Frau fern oder ich muss dich leider....umbringen!", sagte der Ritter in sanftem Ton und hob sein Schwert bis es an der Kehle von dem Mann war. Dann ging er hinaus und stieg auf sein Pferd wo die Frau mit ihrem Kind bereits wartete.
"Hast du auch einen Namen?"
"Vic-victoria!", stotterte die Frau.
"Dann halt dich gut fest, Victoria. Wir reiten nun zu meinem Schloss. Ach und pass auf dass deinem Kind nichts passiert!", sagte der Ritter und lächelte Victoria zu.
Und abermals ritt der Ritter mit seinem Pferd ins Schwarze hinein.
Die schwarze Festung
Sie ritten in den Wald hinein. Victoria hielt sich am Umhang des Ritters fest um nicht vom Pferd zu fallen. Das Pferd galoppierte sehr schnell, und der Wind peitschte Victoria ins Gesicht sodass sie die Augen zukneifen musste. Als sie spürte dass das Pferd langsamer wurde, öffnete sie langsam ihre Augen um zu sehen wo sie war. Vor ihr ragte ein großer Wald auf. Sie ritten weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Nach einer Weile lichtete der Wald sich, und man sah ein großes schwarzes Schloss. Es hatte zwei Türme an der Ost-Seite einen und an der West-Seite einen. Außerdem hatte es ein großes Rotes Dach und die Eingangstür war sehr groß und mit viel Gold geschmückt. Das Schloss machte einen eher unbewohnten Eindruck, obwohl ein paar Fenster des Schlosses mit flackerndem Licht beleuchtet waren. Sie ritten auf die große, mit Gold verzierten, Eingangstür zu. Das schwarze Pferd auf dem sie saßen wurde immer langsamer und kam letztendlich zum Stillstand vor dem großen Tor. Der Ritter rief jemandem auf der anderen Seite etwas unverständliches zu und sie Tür öffnete sich und zeigte einen gewaltigen Innenhof, den man von außen nicht gesehen hatte. Es war niemand dort, doch ein paar einzelne Fackeln die aufgestellt waren, spendeten Licht. Ein dichter Nebel war über dem Schloss und man konnte kaum zehn Meter weit sehen. Es war totenstill und niemand war dort. Das Pferd kam mitten im Hof zum stehen, und der Ritter stieg von seinem Pferd. Victoria ließ seinen Umhang los. Sie war noch immer ganz benommen von diesem Ritt, und machte langsam die Augen auf. Sie sah, dass der Ritter ihr eine Hand entgegen streckte, sodass sie besser vom Pferd absteigen konnte. Langsam und vorsichtig streckte sie ebenfalls ihre Hand aus und ergriff die Hand des Ritters. Er half ihr vom Pferd runter und ergriff dann die Zügel des Pferdes und führte es in einen nahegelegen Stall. Als er zurückkam, machte er eine Handbewegung als sollte Victoria ihm folgen. Sie gingen durch eine große Flügeltür hindurch, an dem ein großer, goldener Löwenkopf als Türklopfer angebracht war. Die Tür war aus schwarzem Ebenholz und ging knarrend auf. Bevor Victoria eintrat sah sie sich den großen Hof noch einmal genauer an. Über den Hof lag ein düsterer, unheimlicher Nebel. Ab und zu kam ein Mensch dort vorbei, jedoch schoben die meisten einen Karren vor sich her. Victoria drehte sich um und ihr blieb vor erstaunen der Mund offen. Sie blickte in eine sehr lange Eingangshalle, mit Kerzen und Fackeln an den Wänden. Die Wände waren schwarz und aus Stein, und in die stützenden Säulen waren kleine Totenkopfverzierungen eingeritzt. Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis sie endlich aus dem Gang traten und mehrere Türen erblickten. Der Ritter sagte ihr welches Zimmer welches war, und zeigte ihr dann letztendlich noch ihr eigenes Zimmer. Victoria machte zaghaft die Tür auf, und legte Lilly, die inzwischen eingeschlafen war, auf das große Bett. Sie selbst setze sich sehr erschöpft daneben, und versuchte erst einmal die ganzen neue Eindrücke zu verarbeiten. Sie schaute sich im Zimmer um und entdeckte dass direkt neben dem Bett ein großer altmodischer Holzschrank stand, und vor dem Schrank war eine schwarze Kiste.
Wirklich viel gab es in diesem Zimmer nicht, aber das genügte Victoria. Sie legte Lilly so auf ihr Bett dass sie, während sie schlief, nicht herausfallen konnte. Dann legte sie sich selbst neben Lilly und schloss für einen Moment die Augen.
Als Victoria erwachte, war draußen strahlender Sonnenschein. Sie fragte sich wie lange sie wohl geschlafen haben muss, und stand auf. Langsam wankte sie zum Kleiderschrank und fragte sich ob der Ritter dort bereits etwas zum anziehen für sie hatte. Sie kam zu dem Entschluss dass er es bestimmt nicht getan hatte doch einen Versuch war es wert. Sie machte die Schranktüren vorsichtig auf, und erschrak als sie mit einem leisen Knarren aufgingen. Victoria schaute langsam zu Lilly, und hoffte nicht dass sie sie geweckt hatte, doch Lilly schlief fröhlich weiter. Sie riskierte einen Blick zum Schrank und entdeckte, dass in diesem Schrank wunderschöne Kleider zum tragen hingen. Sie nahm eins heraus und probierte es an, es passte wie angegossen. Vorsichtig und ohne irgendein Geräusch zu erzeugen, huschte sie zur Tür hinaus. Sie fand sich in einem bemerkenswerten großen Gang wieder. Er war nur sehr schwach beleuchtet weil die Fenster fast komplett mit schwarzen Vorhängen bedeckt waren, durch die kein Sonnenlicht durchdringen konnte. Victoria irrte durch den dunklen Gang, schließlich fand sie eine schwarze Ebenholztür. Diese Tür war sehr schlicht aber trotzdem eindrucksvoll. Vorsichtig drückte Victoria die Tür auf und trat ein.
Vor ihr erstreckte sich ein Saal, mit einem langen Tisch, an dessen Enden jeweils zwei Stühle waren. An der Wand des Saals war ein großer Kamin, in dem schon ein Feuer entfacht worden war. Eine dunkle Gestalt stand vor dem Kamin.
„Komm ruhig herein, und iss etwas. Du musst bestimmt hungrig sein!“, sagte der Ritter.
Victoria ging langsam zum Tisch und setze sich an das eine Ende des Tisches. Sie bemerkte dass der Tisch schon vollständig gedeckt worden war. Auf dem Tisch waren vielerlei Lebensmittel zu finden und vor Victoria lag ein schwarzer Teller.
Am Rand des Tellers waren goldene Verzierungen, und das silberne Besteck lag makellos neben dem Teller und wartete darauf benutzt zu werden. Der Becher war aus Gold und sah kaum benutzt aus. Victoria begann zu essen, und erst als sie fertig war sprach der Ritter wieder. Er hatte die ganze Zeit am Feuer gestanden, und hatte geschwiegen. Außerdem hatte er Victoria bisher noch kein einziges Mal angesehen. Als die Stille langsam unerträglich wurde, brach sie schließlich das Schweigen.
„Ich wollte ihnen nochmal danken, dass sie mich vor meinem Ehemann gerettet haben. Er hatte versucht meine Tochter an sich zu nehmen, und sie dann umzubringen!“
Der Ritter sagte mit tiefer Stimme, dass Victoria ihn duzen könne, und dass das selbstverständlich gewesen sei dass er sie gerettet habe. Victoria schwieg wieder, und beobachtete den Ritter eine Weile lang. Sie bemerkte dass er dieselbe Rüstung trug wie an dem Abend als er sie gerettet hatte. Und dass er schon wieder einen Helm trug.
„Setzt du denn nie den Helm ab?“
„Nein, das will ich nicht.“
„Wieso denn nicht?“
Victoria bekam keine Antwort auf die Frage, also schwieg sie wieder und bleib sitzen. Nach einer halben Ewigkeit meldete der Ritter sich wieder zu Wort.
„Du bist hier erst einmal sicher, ich werde nun gehen, aber ich komme später wieder, und ich bitte dich niemanden ins Schloss zu lassen während ich fort bin. Schaffst du das?“
„Ja, natürlich.“
„Gut, ich gehe jetzt besser. Du kannst dich hier umsehen, und sieh am besten bald nach Lilly.“
„Woher kennst du den Namen meiner Tochter?“
„Tschüss Victoria, bis nachher.“
„Warte! Wohnt hier denn niemand sonst mehr?“
„Bis auf Maria und Julia, Nein. Maria ist fürs putzen zuständig und Julia für die Küche.“
Der Ritter ging ohne sich umzudrehen zur Tür, und gerade als er sie öffnen wollte fragte Victoria: „Hast du denn keine Familie?“
Der Ritter verharrte mit der Hand auf der Türklinke, und dachte an seinen Bruder, und seine Eltern die damals gestorben waren. Und seine Schwester die umgebracht worden war. Er wollte Victoria alles darüber erzählen wie damals das Haus gebrannt hatte, und seine Eltern es nicht nach draußen geschafft hatten. Und wie er stundenlang mit seiner Schwester in den Trümmern den Hauses nach ihnen gesucht hatte. Und wie sein Bruder dann seiner Schwester den Hals durchgetrennt hatte, und einfach verwunden ist, und wie er seitdem einen tiefen Hass gegen seinen Bruder hegte. Doch anstatt all dies zu sagen, schwieg er einfach. Nach ein paar Sekunden sagte er dann ganz leise:“Nein..“, und verschwand aus dem Raum. Victoria stand auf, und hörte gerade noch die schwere Eingangtür zufallen. Sie ging auf dem Saal hinaus, und wieder in das kleine Zimmer wo sie und Lilly die Nacht verbracht hatten. Lilly schlief immernoch, und Victoria beschloss sich etwas umzusehen. Sie ging den Gang entlang und betrachtete die Fenster und Türen an denen sie vorbeiging.
Rechts neben Victoria war eine kleine, braune Tür und zog Victorias Interesse auf sich. Sie öffnete die Tür, die mit einem leisen Knarren aufging. Im Raum war es sehr dunkel, weil dort keine Fenster waren. Und auch alle Fackeln an den Fenster waren gelöscht worden. Sie nahm eine Fackel von der Wand, ging in den großen Saal um sie am Feuer anzuzünden, und ging dann wieder in diesen kleinen Raum. Sie ging langsam in den kleinen Raum hinein, und leuchtete mit der Fackel an die Wände, die Decke und an den Boden, um den Raum besser sehen zu können. Sie kam an einem kleinen steinernen Tisch vorbei, auf dem ein sehr seltsames Gerät lag. Das Gerät bestand aus einer kleinen Steinplatte, und aus einer großen Rolle mit spitzen Zacken daran, die auf der Platte montiert war. Zunächst dachte Victoria dieser Raum sei die Küche, weil das Gerät so aussah als würde man es für die Küche verwenden. Doch sie war sich nicht sicher, also ging sie weiter. Sie kam zu einem Großen Menschen geformten Metallkasten. Sie öffnete den senkrecht, stehenden Kasten, und sah dass im inneren ganz viele Spitzen waren. Mit diesen Spitzen hätte man mit Leichtigkeit Menschen durchbohren können. Auf dem Boden waren überall Blutspuren, und an den Wänden waren teilweise Blutspritzer. Nun wusste Victoria dass das nicht die Küche war, sondern dass sie sich in einer Folterkammer befand. Als sie das feststellte, ließ sie erst einmal einen kurzen, spitzen Schrei los. Doch ihre Neugierde gewann die Oberhand über sie, und sie entschloss sich den Raum weiter zu erkunden. Auf dem Boden waren Schleifspuren von Blut, und Victoria fragte sich wohin diese Spuren wohl führten. Sie ging den Spuren nach, und leuchtete sich nach und nach mit der Fackel den Weg. Sie kam zu einer Grube, aus der es bestialisch stank, es war unerträglich. Sie fragte sich wohl was in der Grube war, also nahm sie noch eine Fackel, zündete sie an ihrer an, und warf sie in die Grube hinein. Sie sah dass innerhalb der Grube ein Haufen aus menschlichen Körperteilen war. Sie erkannte ganz oben auf dem Haufen, einen Kopf der sie mit erschrockenem Ausdruck ansah. Der Kopf gehörte allerdings nicht mehr zu einem Körper. Victoria taumelte ein paar Schritte nach hinten, und ging dann schnellen Schrittes aus dem Raum hinaus, und knallte die Tür hinter sich zu. Sie beschloss andere Räume des Schlosses zu erforschen. Sie ging den großen Gang entlang, bis zum Ende, und kam zu einer großen, steinernen Treppe. Sie ging die Treppe, die in einer Spirale nach oben führte, hinauf, und stand in einem eher etwas kleinerem Raum. An den drei Wänden des Raumes, war jeweils eine Tür. Sie beschloss als erstes durch die Tür rechts von ihr zu gehen. Victoria machte die Tür auf, und fand sich in einem riesengroßen Raum wieder. Wenn sie geradeaus sah, fiel ihr Blick auf ein großes, rundes Himmelbett. Der Schleier über dem Bett war aus durchsichtigem, violetten Stoff. Und der Bezug war aus blass violettem Samt, und auf dem Bett waren ganz viele Kissen. Rechts an der Wand, des großen Raumes war ein hölzerner Tisch, vor dem ein großer, golden verzierter, Spiegel hing. Auf dem Tisch war eine kleine Schale voll Wasser, und ein Fläschchen Parfum. Neben dem Parfum stand auch eine kleine Dose voller Puder, und eine Obstschale, mit Weintrauben und mehr darin. Links an der Wand stand ein großer, braun, goldener Schrank.
Der Türknauf der Schrankes war vergoldet, und im inneren des Schrankes war sehr viel Platz. Neben dem kleinen Tisch standen ein paar Pflanzen. An den Wänden waren große Fenster, durch dessen Glasscheiben viel Licht ins Zimmer kam. An der Decke waren Malereien, von Göttern, und vor den Fenstern hingen rot-violette Vorhänge. Es sah nicht so aus als wäre dieses Zimmer von irgendjemandem bewohnt. Victoria dachte ein bisschen darüber nach wer hier wohl gewohnt hatte, und was mit dieser Person passiert worden war. Nach einer Weile beschloss sie, die anderen Räume zu erforschen. Sie drehte sich um, und ergriff die Klinke der Tür, um das Zimmer zu verlassen. Als sie wieder in dem kleinen Raum war, in welchem sie war, bevor sie das Schlafzimmer besichtigt hatte, ging sie in den nächsten Raum. Sie öffnete langsam die Tür, und trat ein. In dem Raum war alles voller Dampf, und dort herrschte eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit. Es war angenehm war, jedoch konnte man kaum zwei Meter weit schauen. Sie tastete sich weiter durch den Raum, und merkte dass sie nicht allein war. Sie kam zu einem großen Steinbecken, indem das heiße Wasser eingelassen war. In diesem Becken badeten mindestens fünf junge, hübsche und nackte Frauen. Eine der Frauen die nicht in dem Becken war, nahm Victoria bei der Hand und führte sie zu einem kleinen Tisch in dem Raum.
„Wer seid ihr? Und wieso badet ihr alle hier?“, fragte Victoria die junge Frau.
„Mein Name ist Linda, und meine Freundinnen und ich sind hier um zu baden. Wir verbringen hier den gesamten Tag. Deswegen nennt man dieses Zimmer auch das Jungfernzimmer. Hier kommen sehr selten Leute her, meistens sind wir unter uns.
Wenn jemand herkommt, dann nur Frauen, so wie du. Es kommt äußerst selten vor dass ein Mann uns besucht. Aber wenn einer herkommt, dann freuen wir uns immer sehr darüber!“, erklärte die Frau.
Um sie herum ertönte ein leises Kichern, der Frauen die das Gespräch mitverfolgt hatten.
„Aber wieso kommt denn niemand hierher?“, fragte Victoria mit verwundertem Gesichtsausdruck.
„Nun, das Jungfernzimmer heißt nicht umsonst so. Außerdem ist der Zutritt für gewöhnlich verboten, deswegen kommt niemand hierher. Nur die Unwissenden kommen hierher. Doch so etwas kommt äußerst selten vor. Deswegen kriegen wir auch nie Besuch.“, sagte Linda und schaute etwas traurig zu Boden.
Victoria beschloss etwas hier zu bleiben, und mit zu baden und Spaß zu haben.
Sie zog ihr Kleid aus und legte es auf dem Tisch. Danach streifte sie ihre restlichen Klamotten von ihrem Körper, bis sie vollkommen unbekleidet dastand.
Dann ging sie langsam zu dem Steinbecken, und stieg hinein.
Das Wasser war sehr angenehm, und es störte Victoria nicht dass um sie herum lauter nackte Frauen waren. Sie unterhielt sich mit den Jungfern und hatte viel Spaß mit ihnen. Irgendwann rutschte Linda näher zu Victoria heran, um sich besser mit ihr unterhalten zu können. Sie redeten sehr viel, und merkten dass die beiden viel gemeinsam hatten. Der Raum war nicht sehr groß, aber gerade groß genug für die Personen dort drin. Es waren ungefähr acht Personen in dem kleinem Raum, Victoria mit ein gezählt. Linda und Victoria lachten viel, und spritzen sich auch mit Wasser voll. Irgendwann wurde es langweilig dort herum zu sitzen, und Linda und Victoria beschlossen aus dem Wasser raus zu gehen. Sie hatte keine Tücher zum abtrocknen, aber das wäre eh überflüssig gewesen. Linda hatte lange schwarze Haare, die ihr bis zur Schulter gingen, und ihre Haut war sehr weich. Sie war nicht sehr groß, aber auch nicht besonders klein. Sie war sehr hübsch,dünn, und sie hatte grüne Augen, und sehr helle Haut. Ihr Körper glänzte, wegen dem ganzen Dampf in der Luft.
„Nun, ich muss dann mal wieder, tut mir leid Linda.“, sagte Victoria zaghaft, und drehte sich um, um sich ihre Klamotten zu holen.
„Aber...hast du nicht noch etwas Zeit?“, sagte Linda.
Doch Victoria hatte sich wieder vollständig bekleidet, und ging zur Tür hinaus.
Linda stand noch einige Sekunden etwas traurig da, und dachte nach.
Doch dann ging sie wieder in das Steinbecken um weiter zu baden.
Victoria ging den Gang hinunter und ging in ihr Zimmer um nach Lilly zu sehen.
Sie schlief immer noch friedlich weiter, anscheinend hatte sie extremen Schlafmangel, und das musste sie nun nachholen.
Victoria ging wieder aus dem Zimmer hinaus, und hörte aus einem Ende des Ganges ein Klopfen. Es kam von der Eingangstür, anscheinend wollte jemand ins Schloss hinein, und Victoria ging hin, um zu sehen wer es war.
Marcus
Victoria öffnete die Tür nur einen Spalt breit, und hörte ein entsetzliches Knarren.
Sie wurde von grellem Sonnenlicht geblendet, und sah zuerst niemanden.
Dann nach einer Weile erkannte sie, dass dort ein Mann stand.
Der Mann hatte etwas kürzeres, braunes Haar, dass zur Seite gekämmt war.
Er trug keine Rüstung, nur ein weißes Hemd und eine Schwarze Stoffhose mit einem Roten Ledergürtel.
„Wer bist du?“, fragte Victoria in einem zaghaftem Ton.
„Ich bin Marcus, der Bruder des Ritters der hier wohnt. Und wer seid ihr, schöne Frau?“, sagte er mit einem charmantem Lächeln.
„Ich wusste nicht dass er einen Bruder hat!“, meinte Victoria ungläubig.
„Nun, das hat er. Ich bin der lebende Beweis dafür. Ich wollte ihn eigentlich nur besuchen, aber er scheint ja nicht da zu sein. Darf ich trotzdem eintreten?“.
Marcus lächelte schüchtern, und versuchte sympathisch zu wirken.
Doch Victoria sprang nicht darauf an.
„Wieso solltest du eintreten wollen, wenn die Person die du sprechen möchtest, nicht hier ist?“, fragte sie argwöhnisch.
„Tja ich kann der Schönheit dieser Person vor mir nicht widerstehen. Und außerdem ist mein Bruder eh nicht gut auf mich zu sprechen. Wir sind leider nicht so wie normale Brüder. Er war damals immer sehr gemein zu mir!“
„Oh nun..na dann..komm doch herein, wenn du magst.“, sagte Victoria, und öffnete die Tür ganz um Marcus herein zu lassen.
Marcus trat ein, und machte die Eingangstür wieder zu.
„Dir ist bestimmt kalt, komm mit!“.
Victoria zog Marcus an der Hand und führte ihn zum Saal.
Sie brachte ihm eine Decke, und setze sich anschließend auf die große Couch.
Marcus stand eine Weile am Feuer und wärmte sich, doch dann setze er sich neben Victoria auf die Couch.
„Wie lautet eigentlich euer Name, schöne Frau?“, fragte Marcus mit einem verschmitztem Lächeln.
„Ich heiße Victoria! Der Ritter hat mich vor meinem Mann gerettet. Er wollte meine Tochter Lilly haben, und sie umbringen. Dagegen habe ich mich natürlich gewehrt, also schlug er mich. Und dann kam der Ritter, und brachte mich hierher, mitsamt meiner Tochter. Und seitdem lebe ich hier.“, erklärte Victoria Marcus, der gespannt zuhörte.
„Ich wusste nicht dass er einen Bruder hat! Er hat gesagt er hätte keine Familie...“, meinte sie mit nachdenklichem Unterton in der Stimme.
„Naja, das wundert mich nicht. Er mag mich nicht, jedoch weiß ich nicht wieso. Bestimmt hat das mit unserer Vergangenheit zu tun! Ich war immer freundlich zu ihm, und habe ihn geliebt wie man einen Bruder lieben sollte.“, sagte Marcus mit Trauer in der Stimme.
„Aber wieso? Du bist doch so freundlich. Wie kann man dich denn nicht mögen?“, fragte Victoria.
„Das hat alles mit unseren Eltern angefangen. Sie sind damals bei einem Brand in unserem Haus gestorben. Sie haben uns gerettet, aber sie waren dann noch nicht schnell genug, um sich selbst zu retten. Meinem Bruder war das gleichgültig. Ich habe jedoch mit meiner Schwester stundenlang in den Trümmern des Hauses gesucht, doch es war kein Lebenszeichen mehr von ihnen übrig!“, Marcus hatte eine Träne im Auge, “Das hat mich fast umgebracht. Mein Bruder hatte immer viele Freunde gehabt und war beliebt, und ich hatte keine Freunde. Ich war der Außenseiter, ich bin schon immer ein Außenseiter gewesen. Doch dann hat meine Schwester, Katy, meinen Bruder dabei erwischt, wie er jemanden ermordet hat. Und er hat sie angeschrien und geschlagen. Und dann nach ein paar Monaten starb Katy. Und meinem Bruder war das wieder völlig egal. Er hatte sie nie gemocht, aber ich hab sie geliebt. Und er brachte weiter Leute um, und wurde böse. Doch ich liebte meinen Bruder trotzdem, aber er wusste nie dass zu würdigen. Ich tat mein bestes um ihn in die richtige Richtung zu drängen. Er hatte mich nie geliebt. Und das wird er sicher auch nie tun.“.
Als Marcus fertig erzählt hatte, sah er traurig aus.
Victoria hatte Mitleid mit Ihm, deswegen nahm sie ihn in den Arm und tröstete ihn etwas.
Doch hätte sie die Augen nicht zugemacht, dann hätte sie gesehen dass Marcus in ihren Armen, ein böses Lächeln aufgesetzt hatte.
Doch sie hatte es nicht gesehen, und so konnte sie nichts ahnen.
Nach einer Weile in der sie einfach so dagesessen hatten, und keiner etwas hatte etwas gesagt hatte, dachte Viktoria ein bisschen über Marcus' Vergangenheit nach.
Irgendwann räusperte sie sich, und Marcus und Victoria rutschten wieder auseinander.
Sie wurde ein bisschen rot im Gesicht, und sah peinlich berührt zu Boden.
Marcus und Victoria saßen schweigend nebeneinander, und außerhalb des Schlosses wurde es bereits dunkel. Irgendwann als es stockfinster war, stand Marcus auf und sagte dass er gehen müsse.
Er ging zur Eingangstür, und Victoria folgte ihm.
Bevor er zur Tür hinaustrat, drehte er sich noch einmal zu ihr um und sah ihr in ihre dunkelblauen Augen.
Er verbeugte sich vor ihr und küsste sie auf die Hand, und flüsterte ihr dann leise ins Ohr:“Auf Wiedersehen.“.
Dann zwinkerte er ihr zu, und drehte sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht um, um zum Stall zu gehen und sein Pferd zu satteln.
Victoria sah Marcus noch nach bis er in der finstren' Nacht verschwunden war.
Als sie die Tür schloss, sehnte sie sich schon ein bisschen nach Marcus, jedoch wusste sie nicht wieso.
Sie ging in den großen Saal und setzte sich auf die Couch und genoss das Feuer noch eine Weile.
Irgendwann war Victoria so müde, dass sie in ihr kleines Zimmes, zu Lilly ging, und sich neben sie auf das Bett legte, und sofort einschlief.
Als Victoria erwachte, wurde sie von hellem Sonnenlicht geblendet.
Lilly war bereits wach, und Victoria stand auf und hob sie hoch um mit ihr zu kuscheln.
Sie trug das kleine Kind in den großen Saal, und setzte sich mit ihr an den Tisch, der bereits vollständig gedeckt worden war.
Sie gab Lilly etwas Brot zu essen, und als sie fertig war, begann sie selber etwas zu essen.
Vom Ritter hatte sie seit gestern keine Spur mehr gesehen, es war als wäre er vom Erdboden verschluckt gewesen.
Victoria strich Lilly über die Wange, und blieb noch etwas am Tisch sitzen.
Sie dachte etwas über den gestrigen Tag nach, und was alles passiert worden war.
Und während sie nachdachte, lief der Ritter an der Tür des Saals vorbei.
Der Ritter kam in den Saal hinein, und sagte dass er völlig vergessen habe, dass oben im Turm des Schlosses, ein großes Schlafzimmer frei sei.
In diesem Zimmer, so sagte der Ritter, sei auch genug Platz für ein Bettchen für Lilly.
Er zeigte ihr das Zimmer, und auf dem Weg nach oben, unterhielten sie sich noch etwas.
Dann ließ er sie in dem Zimmer alleine, und Victoria legte Lilly in das kleine Bettchen, aus Holz, an der Wand.
Dann sah sie sich etwas um, und obwohl sie dieses Zimmer schon kannte, entdeckte sie eine gläserne Tür an der Wand.
Die Tür führte auf einen steinernen Balkon, und Victoria trat aus der Tür hinaus, um sich etwas besser umsehen zu können.
An dem Geländer des Balkons rankten sich Pflanzen nach oben, darunter auch Efeu.
Man hatte eine wunderschöne Aussicht, auf einen kleinen Garten, innerhalb der Schlossmauern.
Der Garten bestand größtenteils aus einer Wiese, jedoch waren am Rand des Gartens ganz viele Pflanzen und bunte Blumen gepflanzt worden.
In der Mitte der Wiese, war ein großer, aus weißem Marmor erbauter Pavillion.
Um der Pavillon waren vereinzelt Blumen, und auch ein paar Rosenbüsche.
Victoria genoss für einen Moment die Aussicht, und schloss die Augen um die warme Sonne besser auf ihrer Haut zu spüren.
Dann drehte sie sich um, und ging wieder in das Zimmer hinein.
Sie legte sich auf das violette Himmelbett, kuschelte sich in die Kissen, und machte für einen kurzen Moment die Augen zu.
Sie lag einfach eine Weile da, und genoss es in einem warmen, weichem Bett zu liegen.
Sie dachte nach was passieren könnte, oder was bereits passiert ist.
Und sie dachte auch darüber nach was in zehn Jahren aus ihr werden würde.
Plötzlich ertönte ein seltsames Geräusch vom Balkon her, und Victoria riss die Augen auf.
Sie setzte sich auf, und ging zum Balkon. Sie öffnete die Tür und schaute in den Garten hinunter, weil sie wissen wollte woher dieses Geräusch kam.
Es war Marcus, der gerade mit seinem Pferd an geritten kam.
Er stieg ab, und führte es in den Stall.
Victoria drehte sich um, und ging in schnellem Schritt nach unten, weil sie es nicht glauben konnte dass Marcus hier war.
Doch er stand da vor der Tür, genauso wie am gestrigen Tage.
„Was machst du denn hier?“, fragte Victoria mit freudigem Gesichtsausdruck.
„Ich sagte doch 'Auf Wiedersehen'! Ich wollte dich wiedersehen!“, entgegnete Marcus und lächelte dabei.
„Los komm, ich zeig dir was!“, sagte Marcus, und zog Victoria in den Stall.
Er half ihr beim aufsteigen, und schwang sich dann selber auf sein Pferd.
„Wo reiten wir hin?“, fragte sie unsicher?
„Sag ich nicht!“, Marcus zwinkerte ihr zu,“Aber halt dich gut fest!“.
Victoria schlang ihre Arme um Marcus' Bauch und klammerte sich verzweifelt an ihm fest.
Es war unglaublich, und Victoria spürte den Wind auf ihrem Gesicht.
Sie hatte so viel Spaß dabei, dass es schon fast kriminell war.
Dann, als das Pferd langsamer wurde, krallte sie sich auch nicht mehr so an Marcus fest.
Er half ihr vom Pferd herunter, und führte sie zu einer kleinen Wiese.
Das Pferd band er nicht fest, sondern ließ es einfach auf der Wiese grasen.
Es war sehr warm, denn es war ungefähr Mittag.
Die Sonne schien mit ihrer ganzen Kraft auf die Erde hinunter.
Victoria war sehr heiß, und sie hatten Glück dass neben dem See ein kleiner Teich war in dem man baden konnte.
Sie beschlossen zu baden zu gehen, und zogen sich ihre Klamotten aus.
Victoria streifte sich ihr Kleid über ihren Körper, und sie hatte nur noch Unterwäsche an.
Marcus zog sich seine Hose und sein Hemd aus, und hatte eine Unterhose darunter an, die er nicht auszog.
Victoria watete langsam ins Wasser, und erschrak erst einmal kurz, weil das Wasser so kalt war.
Als sie schließlich bis zu ihrer Taille im Wasser stand, drehte sie sich um und bemerkte dass Marcus nicht mehr da war.
Sie war verwirrt, weil er sich nicht verabschiedet hatte.
Doch dann hörte sie etwas hinter sich, und sah dass Marcus auf einem kleinen Felsen stand, und einen eleganten Sprung ins Wasser machte.
Es platschte, und überall spritzte Wasser hin.
Victoria lachte, doch ihr Lachen verflog nach einer Weile als Marcus nicht auftauchte.
Plötzlich umfassten sie ein paar Hände von hinten, und zogen sie rücklings ins Wasser.
Sie tauchten sie unter, und Victoria befreite sich von dem Griff.
Sie schwamm an die Oberfläche, und warf ihre Haare nach hinten.
Das Wasser ging ihr nun wieder nur bis zur Taille, und Victoria holte tief Luft.
Marcus tauchte hinter ihr auf, und lachte herzhaft und laut.
Sie drehte sich um, und sprang ihn an wie eine Katze, und tauchte ihn unter, als Strafe dass er das selbe mit ihr gemacht hatte.
Victoria tauchte unter, und sah gerade noch wie Marcus an die Oberfläche schwamm um Luft zu holen.
Nach einer Weile in der sie Quatsch gemacht hatten, und es etwas kälter wurde beschlossen sie aus dem Wasser zu gehen, und sich abzutrocknen.
Als sie trocken waren, und wieder vollständig bekleidet, legten sie sich auf die große Wiese, auf der das Pferd immer noch fröhlich weiter graste.
Marcus legte eine Decke auf die Wiese, und bot Victoria an sich neben ihn auf sie zu setzen.
Sie saßen eine Weile so da, und Victoria beschloss sich hin zulegen und die Augen zuzumachen.
Marcus legte sich neben sie, und sie schauten sich einfach nur an.
Irgendwann schloss sie ihre Augen, und er legte zaghaft einen Arm um sie.
Sie kuschelte sich an ihn, und sie waren sich sehr nah.
Victoria war sehr müde, also schlief sie schnell ein.
Während sie schlief, drückte Marcus sie fester an seine Brust.
Als sie wieder erwachte war es Abenddämmerung, und Marcus' Arme waren immer noch um Victorias Bauch geschlungen.
Sie standen auf, und er brachte sie wieder zum Schloss zurück.
Als er das Pferd in den Stall gebracht hatte, ging er mit Victoria auf die Wiese um sich zu verabschieden.
Er zog sie an ihren Hüften an sich, und umarmte sie innig.
Es war schon fast dunkel, und beide wollten sich noch nicht voneinander trennen.
„Ich muss nun wirklich gehen!“, sagte Marcus mit traurigem Blick.
„Oh okay, ich hoffe ich sehe dich irgendwann wieder!“, meinte Victoria mit hoffnungsvoller Stimme.
Sie küsste ihn auf die Wange, drehte sich um und ging ins Schloss hinein.
Als sie die Eingangstüren zugemacht hatte, und sich umgedreht hatte, stand der Ritter nur wenige Zentimeter von ihr entfernt da, und schaute sie an.
„Wo warst du?“, fragte er mit einem nervösem Unterton in der Stimme.
„Nirgends, wieso fragst du?“, sagte sie, und vermied es ihm in die Augen zu schauen.
„Nach Nirgends sah das aber nicht aus. Du hast deine Tochter allein gelassen. Ihr geht es gut aber trotzdem ist das unverantwortlich! Was hast du dir dabei gedacht einfach wegzugehen? Du hättest jemanden fragen können, ob derjenige auf deine Tochter aufpasst!“, schimpfte der Ritter, und sah Victoria vorwurfsvoll an.
Victoria war schockiert, weil sie wirklich nicht an Lilly gedacht hatte.
Sie entschuldigte sich, und rannte hoch in das Zimmer, um nach ihr zu sehen.
Lilly schlief in ihrem kleinen Bettchen und gab keine Geräusche von sich.
Victoria legte sich erschöpft in ihr Bett, und schlief sofort ein.
Vier Tage später, sah Victoria Marcus zum dritten Mal.
Die letzten Tage waren nicht sonderlich spannend gewesen.
Sie hatte nun eine etwas bessere Beziehung zum Ritter, und sie mochte ihn auch, doch sie waren beide leider sehr schüchtern.
Lilly war aufgeweckt und lebendig, also so wie immer.
Victoria hatte sich in den letzten Tagen sehr nach Marcus gesehnt, und der Ritter wusste immer noch nicht dass Marcus oft zu Besuch war.
Victoria glaubte dass er sehr wütend werden würde, wenn er das erfahren würde, und deswegen sagte Victoria lieber nichts zu ihm.
Es war Nacht als Victoria die Eingangstür aufgemacht hatte, weil jemand geklopft hatte, stand Marcus lässig an die Wand gelehnt da.
Sie umarmte ihn stürmisch, und Marcus fiel fast rücklings hin.
Sie war sehr froh ihn zu sehen, deswegen lächelte sie auch die ganze Zeit.
Sie gingen ganz vorsichtig und leise nach oben, und Victoria zeigte Marcus ihr Schlafzimmer, und ging dann mit ihm in den Baderaum.
Dort waren für gewöhnlich lauter Jungfern, doch es war mitten in der Nacht, deswegen war nun niemand hier.
Victoria ließ heißes Wasser in das Steinbecken an.
Sie streifte sich ihre Klamotten über der Kopf, und ließ sie neben sich zu Boden gleiten.
Victorias Körper glänzte im spärlichen Mondlicht, das zu einem Fenster hereinfiel.
Sie hatte noch Unterwäsche an, und drehte sich zu Marcus um.
„Du musst auch deine Kleider ablegen Marcus.“, sagte sie mit leiser Stimme.
Er gehorchte ihr, und zog sich sein Hemd aus.
Sie ging auf ihn zu, und strich mit der Hand über Marcus muskulöse Brust.
Ihre Hände glitten über seine breiten Schultern, und sie begutachtete seine Muskeln.
Er zog sich seine Hose aus, und beide entkleideten sich vollständig.
Sie schauten sich einige Sekunden an, und schließlich stieg Victoria in das mit Wasser gefüllte Steinbecken.
Das Becken war nicht sehr tief, um darin zu stehen war es zu klein.
Man konnte aber sitzen, und sich am Rand gemütlich anlehnen.
Als Victoria im Becken saß, ging ihr das Wasser ungefähr bis zu den Schultern.
Das Wasser war türkis, sodass man nicht durchsehen konnte.
Marcus stieg zu ihr ins Becken, und rutschte nah an sie heran.
Sie unterhielten sich eine Weile, und kamen sich dabei immer näher.
Irgendwann kitzelte Victoria mit ihren Fingern Marcus' Kinn, und er strich ihr die Haare aus dem Gesicht.
Er zog ihr Gesicht zu sich heran, und küsste sie.
Victoria schloss die Augen, und als der Kuss vorbei war flüsterte sie mit warmer Stimme:“Das war schön, Könntest du das bitte wiederholen?“.
Marcus lachte leise auf, und küsste sie noch einmal.
Er packte sie an der Hüfte und drückte sich fest an Victoria.
Sie strich ihm mit ihrer rechten Hand durch die Haare, und mit der anderen zeichnete sie irgendwelche Figuren auf seinem Rücken.
Sie küssten sich wild und stürmisch, und konnten sich nicht voneinander lösen.
Marcus fuhr mit seinen Händen an ihren Hüften entlang und langsam aufwärts.
Victoria spürte wie seine Hände an ihrem Bauch waren.
Dann urplötzlich hob er Victoria hoch, und setze sie auf seinen Schoß.
Sie umschlang mit ihren Händen seinen Hals, und fing an meine Brust zu liebkosen.
Er packte sie an ihren Hüften, und blieb still sitzen.
Dann fasste er mit einer Hand unter ihren Oberschenkel, und mit der anderen an ihren Rücken, und hob sie hoch.
Dann stand er auf, und trug Victoria ihr Schlafzimmer.
Während Marcus sie trug, küssten sie sich immer noch wie wild.
Er ließ sie auf das violette Himmelbett fallen, und hielt einen Moment inne.
Sie räkelte und streckte sich auf dem Bett, und klopfte neben sich, was bedeuten sollte, dass er aufs Bett kommen sollte.
Marcus betrachtete Victoria, die nackt und nass vor ihm lag, und legte sich neben sie.
Sie fingen wieder an sich zu küssen, und vergaßen alles was um sie herum geschah.
Sie drehten sich auf dem Bett, sodass Victoria auf Marcus lag.
Dann strich sie ihm vorsichtig über die Brust.
Marcus zog sie unter die Decke und lächelte sanft.
Victoria schlug die Augen auf, und lag in Marcus Armen, in ihrem Bett.
Sie kuschelte sich fester an Marcus, und sah wie er langsam erwachte.
„Guten Morgen.“, flüsterte sie Marcus ins Ohr, und küsste ihn auf seine Nase.
Sie schlug die Decke von sich, und stand auf um sich ihre Sachen anzuziehen.
Sie zog sich Unterwäsche an, und kletterte dann wieder zu Marcus auf das Bett.
Ihr Herz schlug wie wild, und sie vergaß all ihre Sorgen.
Marcus nahm sie in den Arm, und umarmte sie ganz fest.
Er stand auf, zog sich an, und ging mit Victoria nach unten um sich zu verabschieden.
„Musst du wirklich schon gehen?“, sagte Victoria, schaute ihm in die Augen und hoffte er würde noch bleiben.
„Ja, leider schon! Tut mir sehr leid.“
Sie umarmten und küssten sich lange.
Plötzlich knallte die Eingangstür auf, und es strömte Sonnenlicht in den Raum hinein.
Der Ritter stand in der Tür, mit dem Tageslicht im Rücken, und einem zornigen Gesichtsausdruck.
„Marcus! Was tust du hier?!“, brüllte der Ritter Marcus an.
Victoria stieß Marcus leicht von sich, und schaute ihn verängstigt an.
„Ich wollte dich eigentlich nur besuchen, Bruderherz.“, entgegnete Marcus und lächelte entspannt.
„Verschwinde und lass deine dreckigen Finger von Victoria!“, befahl der Ritter mit zorniger Stimme.
„Schon gut, bin schon weg! Ich hatte eigentlich gehofft zwischen uns wäre alles wieder in Ordnung. Ach und noch etwas, ich habe dir verziehen, Brüderchen!“, meinte Marcus mit verständnisvoller Stimme.
Der Ritter gab ein wütendes Brüllen von sich.
„Wie kannst du es wagen..?! Verschwinde und kehr nie wieder, oder ich werde dir deine Kehle aufschlitzen!!“, brüllte der Ritter.
Marcus ging zur Tür, lächelte Victoria noch einmal zu, und verschwand zur Tür hinaus.
Der Ritter knallte die Türen zu, und drehte sich mit Zorn erfülltem Gesichtsausdruck zu ihr um.
„Er hat doch nichts getan? Wieso bist du so zu ihm?“, fragte sie ihn in einem bissigen Ton.
„Du verstehst nicht! Er ist böse! Vertraue ihm nicht!!“, keifte der Ritter zurück.
„Ich vertraue ihm aber!“
„Dann bist du dumm! Und du bist blind! Er begehrt dich nur, weil er mich dadurch verletzten kann!“, schrie der Ritter Victoria ins Gesicht.
Sie schaute schockiert, und sah ihn danach böse an.
„Du bist eine widerlich! Er hat dich immer geliebt, und du bist so undankbar. Du bist blind ihm gegenüber. Er hat alles für dich getan! Und du nie etwas für ihn!“, sagte sie in scharfem Ton.
„Was?! Er hat mich nie geliebt!! Er hat niemanden je geliebt. Er hat nie etwas für mich getan. Das ist alles nicht echt. Sieh es doch ein Victoria, er ist nicht er für den du ihn hältst! Er hat dich angelogen. Glaub mir und nicht ihm!“, flehte der Ritter.
„Nein! Ich halte zu ihm. Marcus ist anders. Er ist besser als du! Du bist schrecklich!“
Der Ritter wurde ganz rot im Gesicht, und sein Gesicht war mit Zorn erfüllt.
„Geh! Sofort!“, schrie er und drehte sich schwungvoll zu Victoria um, und schaute sie wütend an.
Sie drehte sich um, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, und ging in ihr Zimmer, in dem Turm.
Der Ritter stand unten in der Eingangshalle und lies einen wütenden Schrei los.
Er hob mit aller Kraft sein Schwert und stieß es in den Steinboden.
Das Schwert versank mit der Hälfte der Klinge im Boden, und hinterließ einen tiefen Riss im Steinboden.
Der Ritter zog das Schwert aus dem Boden, und stürmte aus der Halle.
Er ging schneller Schrittes in den Großen Saal, setzte sich an den Tisch und haute mit der Faust auf den Tisch.
Der Tisch hatte eine kleine Delle, dort wo der Ritter draufgehauen hatte.
Er war rasend vor Wut, und schlug mit seiner Hand einen Stuhl weg, der an der Wand zerbarst.
Er schrie und brüllte vor Wut, und nach einer Weile setzte er sich an den Tisch, und stützte den Kopf auf seinen Händen ab.
Verzweifelt und ahnungslos was er nun tun sollte, saß er da und starrte auf den Tisch.
Victoria ging schnellen Schrittes in ihr Zimmer, und ließ sich auf den Stuhl fallen, vor dem der kleine Tisch mit dem Spiegel stand.
Sie starrte einige Zeit auf den Boden, und schaute dann in den Spiegel.
Ein paar grüne Augen blickten sie an, sie sahen traurig aus.
Victoria ließ ihre Finger durch ihre kastanienbraunen Haare gleiten, und schaute ihr Spiegelbild an.
Ihre Roten Lippen zitterten leicht, und sie sah blass aus.
Blasser als sonst, denn normalerweise hatte sie schon eine sehr helle Haut.
Sie dachte daran, wie der Ritter sie angeschrien hatte, und was er alles gesagt hatte, über sie und Marcus.
An Victorias Wange liefen Tränen hinunter, und sie schluchzte leise.
Die Tränen schmeckten salzig, und tropften auf ihr Kleid.
Sie konnte nicht aufhören zu weinen, denn der ganze Schmerz und die ganzen Sorgen kamen auf einmal alle in ihr hoch.
Mit Tränen überströmten Gesicht versuchte sie sich schön zu machen.
Sie sprühte sich etwas Parfum an den Hals, doch das half auch nicht um ihre Tränen wegzuwischen.
Sie wischte sich mit dem Handrücken über ihre Wangen, und versuchte die Tränen wegzuwischen.
Doch es half nichts, also nahm sie Wasser und wusch sich ihr Gesicht.
Die Tränen waren nun weg, aber Victorias Augen waren ganz rot und etwas verquollen.
Sie starrte weiter ihr Spiegelbild an und ab und zu liefen ihr einzelne Tränen wieder das Gesicht hinunter.
Der Einzige der etwas hätte tun können, war Marcus.
Doch von ihm sollte sie die nächsten Tage nichts mehr sehen, aber das wusste sie in diesem Moment noch nicht.
Victoria stand auf, und taumelte erst einmal ein paar Schritte rückwärts, weil ihr schwindelig wurde.
Sie taumelte zu ihren Bett, und ließ sich darauf fallen.
Sogleich zog sie die Decke über sich, und drückte ihren Kopf in das Kissen hinein.
Sie schluchzte in das Kissen, doch man konnte es nur gedämpft hören.
Victoria weinte noch sehr lange, und es dauerte bis sie endlich einschlief.
Als sie aufwachte, begrüßte sie die, durchs Fenster herein strahlende Sonne.
Victoria blinzelte ihr entgegen, und wand sich vom Fenster ab, und setzte sich langsam auf.
Sie stand auf, um nach unten in den Großen Saal zu gehen und zu frühstücken.
Die Tür zum Saal ging auf, und Victoria trat ein und setzte sich und aß das was auf dem Tisch stand.
Der Ritter kam herein, und stellte sich an das Feuer vom Kamin.
Sie würdigte ihn keines Blickes und sie sprachen auch nicht miteinander.
Plötzlich drehte er sich zu ihr um und flehte in einem verzweifelten Ton: „Victoria, bitte! Ich habe das gestern nicht so gemeint! Bitte! Sag doch irgendetwas! Ich möchte nicht das wir uns so an schweigen.“.
„Ich habe dir nichts zu sagen!“, keifte sie ihn an, und ging würdevoll aus dem Saal heraus.
Sie blickte nicht zurück, sondern ließ den Ritter einfach im Raum stehen.
Der Ritter ließ sich verzweifelt auf einen Stuhl fallen, und seine Rüstung klapperte.
'Wieso musste ich ihr unbedingt die Wahrheit sagen? Hätte ich gelogen, dann würde sie mich nun nicht hassen', dachte er und seufzte.
Er stand auf und ging in die Küche.
In der Küche stand ein dürres Mädchen, sie sah sehr verängstigt aus.
Das Mädchen war gerade damit beschäftigt Gemüse zu zerschneiden.
Der Ritter ging auf sie zu, bedankte sich für das leckere Essen, und wechselte noch ein paar unverständliche Worte in Französisch mit ihr.
Das Mädchen nickte, und ging zu einem Kessel, der auf einem Feuer stand und fast überkochte.
Als er mit dem Mädchen noch einen bedeutungsvollen Blick getauscht hatte, verließ er die Küche und ging zu seinem Pferd, um in das Dorf zu reiten.
Nachdem er eine Weile geritten war, wurde er langsamer und hielt schließlich vor den Trümmern eines verbrannten Hauses an.
Er stieg von seinem Pferd ab und band es an einen Holzpfosten.
Der Ritter ging auf das Haus zu, und betrachtete es.
Langsam kamen die Erinnerungen in ihm hoch.
Brennende Erinnerungen
„Nein, Bonnie! Rette die Kinder! Flieh!“
„Wenn du bleibst, bleibe ich auch!“
„Ich sagte dass du die Kinder retten solltest!“
Bonnie und James, rannten in das Zimmer der Kinder, aus dem ängstliches Geschrei ertönte. Sie nahm Katy auf den Rücken, und ihren Bruder an die Hand und stürzte zur Eingangstür. James hob Marcus hoch, und trug ihn aus dem Zimmer heraus. Er rannte zur Tür, doch ein herunterfallendes Brett versperrte ihm den Weg.
Das Feuer um sie herum strahlte eine unerträgliche Hitze aus. James rannte mit Marcus nach oben, über die zerbrechliche, brennende Treppe und machte an einem Fenster halt. Das Glas war zersprungen und lag in Scherben auf dem Boden. Er schaute Marcus in die Augen, und befahl ihm aus dem Fenster zu springen um sich vor dem Feuer zu retten. Marcus stieg auf den Fensterrahmen und sprang hinunter in den kühlen, schneebedeckten Garten. Er landete mit dem Gesicht im Schnee, und rappelte sich auf. Er sah wie sein Bruder und seine Schwester weinend im Schnee saßen. Bonnie schaute auf das niederbrennende Haus zurück, und hielt kurz inne.
„Seid ihr alle da? Wartet! Wo ist James?!“, fragte sie verwirrt.
„James!!!“, schrie sie, und rannte zurück in das Haus hinein.
James lag bewusstlos zwischen den Haustrümmern. Bonnie versuchte ihn hochzuziehen doch sie war nicht stark genug. Sie musste von dem ganzen Rauch husten, und das Feuer kam immer näher. Bonnie wollte nicht ohne James gehen.
Sie konnte nicht ohne ihn leben, doch sie konnte es ihren Kindern auch nicht antun, in diesem brennenden Haus zu sterben.
„James! James wach auf! Bitte!“, flehte sie ihn an.
Bonnie schrie weil das Feuer langsam anfing ihre Klamotten anzubrennen.
Katy und ihr Bruder saßen da, und warteten mit offenem Mund ob ihre Eltern wieder hinaus kommen würden. Doch sie hörten nur Schreie und dann war es plötzlich still.
Sie warteten, doch das Haus stürzte immer mehr in sich zusammen, und ihre Hoffnung schwand. Also saßen sie im kalten Schnee, und versuchten sich irgendwie warm zu halten. Sie kuschelten sich ganz dicht aneinander und Katy's Bruder warf einen Umhang um sie, damit sie nicht so sehr fror.
„Wo sind sie? Sie müssten doch schon längst wieder aufgetaucht sein.“, flüsterte Katy aufgeregt vor sich hin. Sie suchte mit ihren Augen das komplette Gelände, worauf das Haus stand ab. Als sie schließlich eine Ewigkeit so verweilt hatten, und das Haus niedergebrannt war, standen sie auf und stapften langsam durch den Schnee auf das Haus zu. Sie fingen an in den Trümmern nach irgendwelchen Lebenszeichen zu suchen. Doch egal wie lange sie auch suchten, sie fanden nichts. Nach einer Weile rief Katy's Bruder sie zu sich und zeigte ihr einen mit Ruß bedeckten Bilderrahmen. Vorsichtig wischte sie den Dreck weg, und legte die Sicht auf ein altes Foto frei. Auf dem Foto war die komplette Familie zu sehen, sie standen alle dort und lächelten. Eine Träne rollte über Katys Gesicht und landete auf dem schmutzigen Glas des Rahmens. Das Bild im Rahmen war vom Feuer angesengt worden, und schon ein bisschen schmutzig. Es war verblichen und braun, doch die Personen auf dem Bild lächelten fröhlich als sei nichts passiert. Katy's Bruder drückte das Bild ihr in die Hand und drehte sich um, und sah gerade noch wie sein Bruder in den dunklen Wald hinein ging. Er sah ihm nach, voller Abscheu in seinem Blick.
„Sie sind tot, nicht wahr?“, fragte Katy leise.
„Komm lass uns nach einem Platz zum schlafen suchen!“, antwortete ihr Bruder.
Er nahm sie bei der Hand und sie gingen die Straße hinab, bis sie eine Höhle in einem Felsen fanden. Sie machten in der Höhle ein kleines Feuer, und wärmten sich daran ihre eiskalten Hände. Als es zu regnen begann, rollte sich Katy zusammen und schlief ein. Ihr Bruder jedoch beschloss, sich an den Höhleneingang zu setzten, und Ausschau zu halten. Während er dort saß, und nachdachte, liefen ihm ein paar Tränen über sein Gesicht. Er musste an seine Eltern denken, und daran dass sie ihn nun nie wieder umarmen konnten. Er würde niemals wieder ihre Stimmen hören, oder ihre Gesichter sehen. Fortan müssten er und seine Schwester selbst zurechtkommen. Doch das schlimmste war, dass er nun niemanden mehr hatte.
Nun gut, seine Schwester war ja noch da, jedoch würde sie sich auch abwenden wenn sie wüsste was er getan hat. Als sie dort vorhin im Schnee saßen, war sein Bruder zu ihm gekommen, und hatte ihm die Schuld an dem Brand und schließlich an dem Tod ihrer Eltern gegeben. Er hatte es geglaubt, hatte es jedoch nicht seiner Schwester erzählt. Katy's Bruder konnte sich nun nie wieder unten den Leuten blicken lassen, weil es bestimmt schon jeder wusste. Er hatte seine eigene Familie umgebracht. Er hatte sie alle getötet, dabei war das nie seine Absicht gewesen, doch das würde ihm nun auch keine Menschenseele mehr glauben. Während er schluchzend in der Kälte saß, und sich selbst die Schuld an allem gab, kam seine Schwester und legte ihm seinen Umhang um die Schulter. Sie setzte sich neben ihm, und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Beide Geschwister saßen einfach da, und starrten hinaus in die Kälte, und warteten. Bis auf den Regen, der laut auf dem Waldboden platschte, war kein Geräusch zu hören.
Als Katy ein seltsames Geräusch hörte, schlug sie die Augen auf. Sie lag in einem alten, hölzernen Bett. Das Bettlaken war grau, und die Decke war weiß und schmutzig. Katy setzte sich auf, und als sie sich bewegte knarrte das Bett. Sie wankte durch den kleinen Raum, und ging zu ihren kleinen Kleiderschrank. In dem Schrank war nicht viel, nur ein schlichtes braunes Kleid, und ein paar Unterröcke. Sie zog die Röcke und das Kleid an und warf sich ihre Bettdecke über die Schulter. Die Decke war nicht dick, und sie hielt auch nicht besonders warm, aber immerhin war es besser mit einer Decke herumzulaufen als ständig zu frieren. Sie ging die knarzende Treppe hinunter und ging in einen kleinen Raum, in dem sich ein dreibeiniger Tisch befand und ein paar andere Möbel. Ein Herd stand an der Wand, jedoch musste man ihn noch von Hand anzünden. Der Tisch wackelte, und das Holz aus dem er bestand war rau und ungeschliffen. Sie ging zu einem kleinen Schrank und nahm einen Leib Brot aus ihm heraus. Dann setzte sie sich an den Tisch und brach etwas von dem Brot ab. Das Brot schmeckte nicht mehr, es war hart und trocken und Katy biss sich fast ihre Zähne aus. Als sie mit dem Essen fertig war, stand sie auf und ging zu einem kleinen Spiegel der in dem Zimmer hing. Der Rahmen war aus grobem Holz, jedoch kunstvoll verziert. Sie blickte in den Spiegel, und sah sich selbst. Blaue Augen schauten sie durch dringlich an und ihr langes schwarzes Haar umrahmte ihr Gesicht. Katy war sehr bleich, und sah sehr zerbrechlich aus. Als sie sich weiter im Spiegel ansah merkte sie nicht wie sie mit ihrer rechten Hand das Medaillon, das sie um ihren Hals trug, umklammerte. Das Medaillon hatte einst ihrer Mutter gehört, und Katy hatte es zu ihrem siebten Geburtstag bekommen. Sie schreckte aus ihren Gedanken heraus, und betrachtete das Medaillon. Es war nun sechzehn Jahre her, dass ihre Eltern in dem Feuer umgekommen sind. Katy erinnerte sich noch an jede Einzelheit dieses Tages. Angefangen am frühen Morgen, bis zu dem grauenvollen Ende des Tages. Sie konnte immer noch die Hitze des Feuers spüren, das ihre Kleider ansengte, während sie durch das brennende Haus getragen wurde. Inzwischen war sie dreiundzwanzig Jahre alt, und hatte diesen Tag nie vergessen können. Sie hatte nur noch wenig Kontakt zu ihren Brüdern, und lebte alleine in diesem kleinen, halb verfallenen Häuschen. Sie seufzte, drehte sich um und ging zu einer kleinen Kommode und machte eine der Schubladen auf. In der Schublade lagen ein paar zusammengefaltete Klamotten. Katy nahm sie heraus und entfaltete sie. Es waren ein beiges Korsett, dass abgenutzt und schmuddelig aussah. Das zweite Kleidungsstück war ein langer schwarzer Rock. Der Rock hatte einen langen Riss und durch diesen Riss sah man den Unterrock, der durch und durch aus weißer Spitze bestand. In der Spitze waren Löcher und sie war etwas dreckig. Katy zog sich ihre Klamotten aus und stülpte sich den Rock über. Dann zog sie das Korsett an, welches man vorne schnüren konnte, und zog so fest wie sie konnte an den Fäden. Das Korsett war so eng, dass Katy leichte Probleme mit dem Atmen hatte. Sie ging zur Tür, machte sie auf und trat hinaus in das Sonnenlicht. Obwohl die Sonne schien war es sehr kalt, denn es war Winter. Sie betrachtete ein wenig die Landschaft, seufzte und machte sich auf den Weg. Der Wald an dem sie vorbeikam, war mit lauter Schnee bedeckt. Der Weg bestand nur aus ein paar Kieseln und viel Erde. Er war einfach platt getreten worden über die Jahre. Sie ging die Straße entlang und nach einer Weile sah sie ein großes Steinhaus. Sie schlug die Richtung des Hauses ein und betrachtete es. Es war sehr groß und imposant. Die Türen war aus Holz und ebenso eindrucksvoll. Als Katy gerade eintreten wollte, kam ein Mann, fasste ihr an den Hintern und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
„Na Baby, hast du Zeit für mich?“
„Tur mir leid, aber ich bin noch nicht im Dienst!“, entgegnete sie und schaute den Mann scharf an.
Sie ging in das Haus hinein und suchte ein Zimmer, an dem ein Schild hing, auf dem 'Bis Boss' stand. Sie klopfte an der Tür, und eine raue, tiefe Stimme sagte ihr dass sie eintreten solle. Langsam machte sie die Tür auf und trat vorsichtig ein. Hinter einem großen, edlen Schreibtisch saß ein dicker Mann. Der Mann machte einen nicht sehr freundlichen Eindruck. Der Anzug, den er an hatte platzte an den meisten Stellen fast auf. Der Mann hatte ein massives Doppelkinn, das seinen kompletten Hals bedeckte. Der Stuhl auf dem er saß, drohte zusammen zu brechen. Seine Hände waren so dick, dass man seine Finger kaum noch von seiner Handfläche unterscheiden konnte. Über dem Anzug trug er einen weißen, pompösen Pelzmantel an, und sein Blick ruhte durchdringend auf Katy.
„Hi, Boss! Gibt es Aufgaben?“, fragte sie.
„Ja, Süße. In Zimmer drei wartet einer auf dich.“
„Ich hasse diesen Job! Ich werde nur als Objekt betrachtet!“, sagte Katy entrüstet.
„Tja Kleines, aber nur so verdienst du dir dein Geld, was du für dein Überleben brauchst. Vor sieben Jahren habe ich dich aus der Gosse gezogen, und dir einen Job angeboten! Du hattest nichts! Du hast auf der Straße gelebt und dein Geld mit Betteln verdient. Wenn dir mal jemand etwas Geld gegeben hat, dann war es gerade so viel um etwas zu essen und mehr nicht. Und dann kam ich, und half dir auf die Beine. Gab dir etwas Geld zum Leben, und einen Job, der dafür sorgen sollte dass du länger als drei Tage lebst. Ich habe dir aus deiner Krise geholfen. Denn nachdem du deine Eltern verloren hattest, hattest du nichts. Deine Brüder verließen dich ja irgendwann und du warst auf dich allein gestellt. Als jammere mich nicht mit deiner Leidensgeschichte voll, sondern beweg deinen Arsch in das Zimmer sonst bist du gefeuert!“, während er sprach wurde er immer lauter, und spuckte herum.
Der Boss hatte ins Schwarze getroffen, Katy drehte sich um und verkniff sich ein paar Tränen.
„Ja, Boss.“, murmelte sie leise vor sich hin.
Sie ging aus dem Zimmer hinaus, und suchte das Zimmer Nummer drei. Sie machte die Tür auf, trat ein und sah einen Mann auf dem Bett sitzen. Er drückte ihr ein bisschen Geld in die Hand, und schaute sie erwartend an. Sie strich sich das Haar vom Nacken, und legte ihren Hals frei. Der Mann ging auf sie zu, legte seine Hände an ihre Hüfte und fing an ihren Hals zu liebkosen.
Als Katy die Augen aufwachte, war es finster. Denn in dem Raum waren keine Fenster. Draußen war es später Nachmittag geworden und die Sonne war bereits am Untergehen.Sie lag in dem Bett und ein dünnes Laken lag halb über ihr. Sie drehte den Kopf und sah dass jemand neben ihr lag. Der Mann, der in dem Bett lag, hatte braune Haare und ein sehr ausgeprägtes Gesicht. Er war hübsch und als er sich im Bett umdrehte, gab er ein leises Seufzen von sich. Katy stand auf, zog ihre Klamotten an und richtete in aller Eile ihre Haare. Sie ging aus dem Zimmer hinaus und ging wieder zum Big Boss. In dem Zimmer stand eine Frau und der Boss betrachtete sie genüsslich. Der Boss saß hinter seinem Schreibtisch, begutachtete die Frau und kritzelte nebenher etwas auf ein vergilbtes Stück Papier. Dann stand er auf, als er das tat, gab es ein kleines Erdbeben, und ging zu der Frau hin. Der Boss war kleiner als die Frau aber dafür zehnmal so dick. Er nahm die Haare der Frau in die Hände und roch daran. Dann gab er ein leises, zufriedenes Brummen von sich. Nachdem er die Haare betrachtet hatte, betrachtete er die Frau in ihrem Gesamtbild.
Er ging um sie herum, und beobachtete sie wie eine Statue. Dann schlug er mit seiner Hand auf ihren Hintern und die Frau zuckte zusammen. Katy blieb in der Tür stehen und begutachtete das Schauspiel. Nach einer kleinen Weile, setzte der Boss sich wieder, sagte der Frau sie sei eingestellt und rief sie zu sich herein.
„So Kleines, was kann ich für dich tun?“, fragte der Boss.
„Das war der letzte für heute. Ich bin fertig. Kann ich mein Geld haben damit ich gehen kann?“, entgegnete Katy entnervt.
Der Boss griff in eine Tasche seines Anzugs und holte ein paar zusammengebundene Geldscheine heraus. Er betrachtete das Geld und legte es auf den Schreibtisch vor sich. Als Katy zum Schreibtisch ging um sich das Geld zu holen, steckte er das Geld wieder ein.
„Nicht so schnell, meine Süße! Waren die Kunden denn auch zufrieden?“, fragte er sie mit durchdringendem Blick.
„Ich...ich denke schon.“, stotterte sie.
„Hm. Nun unser Motto ist ja: Der Kunde ist König. Und ich frage mich ob du auch wirklich alles getan hast um unsere Kundschaft zufrieden zu stellen. Denn du möchtest ja schließlich nicht dass sie unzufrieden sind. Denn dann beschweren sie sich und du kriegst kein Geld!“
„Ich habe alles getan, damit meine Kunden zufrieden sind! Und nun gib mir meinen Lohn!“, meinte Katy.
„Du brauchst ja nicht gleich sauer zu werden, mein Schatz. Haben sie dir auch Trinkgeld gegeben, für deine gute Arbeit?“, flüsterte der Boss mit verrauchter Stimme.
Sie blickte stumm zu Boden und sagte kein einziges Wort.
„Ah, ich seh schon. Heute bin ich gütig und überlasse es dir. Weil du ja heute so schön gearbeitet hast und so viele Kunden hattest. Deine Kunden schwärmen immer von dir, und dass du für alles bereit warst was sie verlangten. Streng dich weiter an und du bekommst eine Lohnerhöhung.“, der Boss zwinkerte ihr zu.
Katy ging zum Schreibtisch streckte die Hand aus und der Boss legte widerwillig das Geld hinein. Danach drehte sie sich um und machte sich, erschöpft nach dem Tag, auf den Heimweg. Sie zählte die Geldscheine die ihr der Boss gegeben hatte und stellte mit großem Bedauern fest, dass er ihr nur vier Dollar gegeben hatte. Und das Trinkgeld, welches zwei Dollar betrug, reichte auch nicht für eine anständige Mahlzeit. Katy ging zu einem kleinen Stand an dem billiges Essen verkauft wurde, und kaufte sich dort ein verdorbene Brötchen. Sie aß das Brötchen nur bis zur Hälfte auf und hob sich den Rest für später auf. Dann machte sie sich auf den Heimweg. Um sie herum wurde es immer dunkler. Und kälter. Also beeilte sie sich ein bisschen, um noch zu Hause zu sein bevor die Nacht hereinbrach. Langsam fing es an zu schneien, und Katy zitterte vor lauter Kälte. Als sie an einem Stück Wald vorbeikam blieb sie wie versteinert stehen. Dann ertönte plötzlich ein langer, heller Schrei und zerriss die Dunkelheit. Katy sah einen verwischten Schemen zwischen den Bäumen, und betrat vorsichtig den dunkel Wald. Sie kämpfte sich durch das Gebüsch und schob Blätter und Äste beiseite. Schließlich sah sie eine Lichtung in mitten der Bäume. Sie versteckte sich hinter einem der Bäume am Rande der Lichtung und versuchte so leise zu sein wie sie nur konnte. Sie schob gerade ein paar Blätter beiseite um besser sehen zu können als auf der Lichtung Geräusche ertönten. Katy erkannte dass auf der Lichtung zwei Gestalten waren. Die eine Gestalt hatte von hinten ihre Arme um den Körper der anderen Gestalt geschlungen. Sie flüsterte der Gestalt etwas in ihr Ohr, dann hörte Katy hektisches Atmen und ein paar unterdrückte Schreie. Die eine Person versuchte sich aus dem Griff der anderen Person zu befreien, jedoch probierte sie es vergeblich. Plötzlich sah sie einen silbernen Blitz, hörte einen leisen Schrei und eine der zwei Gestalten fiel zu Boden. Die auf dem Boden liegende Gestalt bewegte sich nicht mehr, und gab auch keine Geräusche mehr von sich. Die andere Gestalt stand über ihr und hielt etwas silbernes in der Hand, von dem etwas herunter tropfte. Langsam kam Katy hinter dem Baum hervor und ging auf die Gestalt auf dem Boden zu. Im Mondlicht konnte sie erkennen, dass es eine tote Frau war, der die Kehle durchgeschnitten wurde. Die Augen der Frau starrten ins Leere und ihr Blick wirkte glasig. Katy sah erschrocken hoch, und sah die andere Gestalt, die sich nun langsam auf sie zubewegte. Sie wich ein paar Schritte zurück und ihr stockte der Atem. Es war zu dunkel um zu erkennen wer die Person war, die sich auf Katy zu bewegte. Als die Person nur noch wenige Meter von ihr entfernt war, bekam sie Todesangst. Sie konnte sich nicht rühren, sich nicht bewegen doch eigentlich wollte sie wegrennen. Plötzlich wurde es hell auf der Lichtung, denn die Wolken hatten sich vom Himmel verzogen und der Mond war zu sehen.
„Marcus?!“, fragte Katy verwirrt.
„Katherine..“, flüsterte Marcus wütend.
„Ich heiße Katy! Katherine war mein früherer Name. Niemand nennt mich mehr so. Es erinnert mich immer an früher.“, keifte Katy und eine einzelne Träne rann ihr Gesicht herunter. Dann fiel ihr wieder die Person auf dem Boden ein. Sie blickte von der Person zu Marcus, und dann zu dem Dolch in seiner Hand. Sie schnappte nach Luft und wich verängstigt ein paar Meter zurück.
„H-hast du..diese Person..da um-gebracht?“, stammelte sie verwirrt.
„Ja, habe ich! Sie war im Weg! Sie hätte meinen ganzen Plan zerstört!“, sagte Marcus mit scharfem Blick.
„Wieso hast du das getan? Marcus, das war ein Mensch! Du kannst doch nicht einfach so Menschen töten! Du Monster! Bleib fern von mir!“, schluchzte Katy verängstigt und wich noch etwas zurück. Nun liefen ihre Tränen in Strömen ihr Gesicht herunter. Sie hatte Angst um ihr Leben. Und sie musste an früher denken, an die alten Zeiten, als ihre Eltern noch lebten. Und nun begriff sie erst was Marcus getan hatte. Als ihre Eltern gestorben waren ist er teilnahmslos in den Wald gegangen. Es hat ihn nicht gekümmert ob sie tot oder lebendig waren. Marcus hatte ihre Eltern getötet, und nun würde er auch sie töten, da war sie sich sicher. Katy schrie, weinte und kauerte sich zusammen. Doch Marcus zeigte keine Anstalten ihr zu helfen. Er zückte nur seinen Dolch und ging langsam auf sie zu.
„Weißt du, ich kann es nicht zulassen dass etwas schiefgeht. Mein Plan ist bereits zu weit fortgeschritten. Diese Frau stellte ein Hindernis dar. Genau wie du...du bist auch ein Hindernis. Ich muss dich leider auch beseitigen!“, erklärte Marcus ihr mit bedrohlich, leiser Stimme. Katy drehte sich um und versuchte mit schnellen Schritten zu flüchten, doch er packte sie am Arm und stieß seinen Dolch in ihr Bein.
Sie fiel schreiend und flehend zu Boden. Aus ihrem Bein strömten Mengen an Blut heraus, und sie konnte sich nicht mehr fortbewegen. Sie schrie und schlug um sich vor Schmerzen. Ihre Schreie hallten durch den Wald, und verstärken sie nur noch um ein zehnfaches. Sie versuchte sich mit den Händen von Marcus fortzuziehen doch sie war zu schwach. Vor lauter Schreien verlor Katy irgendwann ihre Stimme und konnte nur noch leise Stöhnen und Ächzen. Marcus kniete sich neben sie, packte sie mit der Hand an ihren Kinn und zwang sie ihn anzusehen.
„Wieso tust du das?“, keuchte sie.
„Weil ich muss!“, sagte er mit gespielter Trauer.
„Bitte...nicht..“, Katy schnappte nach Luft.
Katy versuchte den Dolch, der in ihrem Bein steckte zu entfernen doch sie war nicht stark genug. Marcus packte den Dolch und zog ihn kurzerhand und mit Leichtigkeit aus Katys Bein. Er hob den Dolch und betrachtete ihn. An ihn klebten noch Blutüberreste der anderen Frau. Um sie herum, war alles verschneit und der ganze Waldboden war mit kleinen weißen Flocken übersät. Die Bäume waren auch vom Schnee bedeckt und schimmerten silbern im Mondlicht. Marcus blickte Katy lange an, zog sein Schwert und betrachtete es.
„Auf Nimmer Wiedersehen, Katherine!“, murmelte er und schlitzte ihr mit seinem Schwert den Brustkorb auf. Katy schrie noch ein letztes Mal. Ihr lauter, spitzer Schrei wurde von ihrem eigenen Blut erstickt. Das Blut floss ihr in Strömen aus dem Brustkorb und Katy fühlte wie sich etwas warmes, weiches um sie wickelte. Es wurde immer dunkel um sie herum, und irgendwann war es ganz still auf der Lichtung. Marcus kniete regungslos neben Katy und beobachtete wie sie starb. Dann plötzlich schoss seine Hand in die Höhe, und sie bohrte sich in Katys Brustkorb. Er packte ihr Herz und riss es mit aller Kraft heraus. Das Blut spritzte aus ihrem Körper heraus, während Marcus das vor Blut triefende Herz in den Händen hielt. Der Schnee um sie herum färbte sich Rot und an der Stelle an der Katy lag bildete sich eine große Blutpfütze. Marcus stand auf, warf das Herz neben den leblosen Körper, drehte sich um und verschwand im Wald. Einige Zeit später hörte man im Wald komische Geräusche. Als ein paar Büsche und Bäume anfingen zu rascheln und zu knistern trat eine schwarze Gestalt daraus hervor. Sie blickte auf die zwei Körper die leblos auf dem Boden lagen und war schockiert. Der Ritter rannte zu den Leichen hin und kniete sich neben die leblose Katy. Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und horchte an ihrem Mund ob sie noch lebte. Dann erst entdeckte er das herausgerissene Herz neben Katy und schrie.
„Nein..Katy..Nein!!. Wer immer dir das angetan hat..wird dafür bitter bezahlen müssen!“, brüllte er und ihm liefen die Tränen das Gesicht herunter. Für einen Moment dachte er er hätte gesehen wie sich Katys Mund zu einem Lächeln verzog. Doch er kam zu dem Entschluss dass das nur Einbildung war. Er nahm Katys Hand in seine und drückte sie ganz fest. Sie fühlte sich kalt und leblos an. Unter seinem Helm tropften ein paar Tränen auf die Kleider von Katy. Dann stand er auf, zückte sein Schwert und lief in den Wald hinein auf der Suche nach dem Mörder. Doch um ihn herum wurde es immer dunkler und es wurde immer anstrengender zu rennen. Der Ritter versuchte wach zu bleiben, doch es half nichts und es wurde alles immer schwärzer. Irgendwann sah er nichts mehr und fiel zu Boden, er spürte wie er auf dem Boden aufkam, doch der Schmerz war ihm egal.
Narben
Die Sonne wärmte das Gesicht des Ritters, während er dastand und wie gebannt auf das abgebrannte Haus starrte. Katy's Schreie hallten in seiner Erinnerung und quälten seinen Verstand. Er gab sich die Schuld an dem Tod seiner Eltern. Sein Bruder, Marcus, hatte es ihm immer vorgehalten. Neben dem Haus war ein kleiner umzäunter Friedhof. Der Ritter machte das Tor des Friedhofes auf und trat ein. Dann streifte er zwischen den Grabsteinen herum und blieb plötzlich an einer Stelle stehen. Vor ihm waren drei Grabsteine:
Bonnie Black
1844 – 1880
James Black
1842 – 1880
Katherine Black
1872 - 1898
Als der Ritter die Grabsteine sah, sank er vor ihnen auf die Knie. Er senkte den Kopf und blickte wehmütig auf sie. Er schüttelte den Kopf und konnte nicht begreifen was geschehen war. Plötzlich flammte ein unheimlicher Zorn in ihm auf. Wer konnte ihm nur seine Eltern nehmen? Er hatte nie etwas Böses getan. Und trotzdem wurde er so hart bestraft! Was war das für eine Welt?
Der Ritter schlug mit der Faust auf den Boden. Seine Finger gruben sich in die Erde, und er betrachtete seine geballte Faust. Dann hob er die Hand mit der Erde vor sein Gesicht und zermalmte die Erde. Der Staub fiel sanft zu Boden und eine Träne tropfte auf den kleinen Staubberg.
„Ähem...Verzeihung..?“, räusperte sich eine Stimme hinter dem Ritter.
Der Ritter erschrak und fuhr auf. Blitzschnell zog er sein Schwert und setzte es an die Kehle des Fremden. Sein Herz raste und er atmete hastig. Der Fremde schrie leise auf und wich ein paar Meter zurück und kauerte sich zusammen.
„Was?“, sagte der Ritter mit harter, bedrohlicher Stimme.
„Ich wollte fragen ob sie wissen, wo ich eine gewisse Gabriella Martínez finde?“, stotterte der Fremde Mann.
Der Ritter, der sein Schwert immer noch an der Kehle des Mannes hatte, entgegnete dass er sie nicht kenne und entschuldigte sich für den Zwischenfall.
Er steckte sein Schwert wieder weg und ging zu seinem Pferd. Dann nahm er das Pferd an den Zügeln und führte es aus der Stadt hinaus ohne sich noch einmal um zu drehen.
Es war Nacht, und der Ritter kehrte zu seinem Schloss zurück. Er führte sein Pferd in den Stall und machte die schweren Eingangstüren auf. Bevor er eintrat betrachtete er den langen Eingangsflur und konnte sich erst nach einigen Augenblicken dazu überwinden einzutreten. Mit schweren Schritten ging er durch sein Schloss und ging die Treppe hinauf zum Turm. Als er oben war, machte er vor Victorias Zimmer halt. Er hob die Hand um zu klopfen, ließ sie jedoch wieder sinken.
Wieso sollte er sie um Verzeihung bitten, wenn sie ihn eh schon hasste?
Verzweifelt bleib er vor der Tür stehen.
Auf der anderen Seite der Tür, zu Victorias Zimmer, lehnte sie an der Wand und wünschte sich der Ritter würde bei ihr sein. Sie weinte still vor sich hin und hoffte, dass der Ritter bald zu ihr kommen würde und sie beschützen würde. Der Ritter riss sich zusammen und klopfte an der Tür. Victoria öffnete die Tür und war froh ihn zu sehen.
„Victoria..es tut mir so leid. Ich habe mich falsch verhalten! Kannst du mir verzeihen?“, flehte der Ritter.
Victoria zögerte kurz und nickte dann. Dann ging sie zu den Bett in den Lilly lag. Der Ritter sagte ihr dass sie das kleine Kind auch zu einer Pflegemutter bringen könne, und zeigte ihr wo sie sei. Victoria nahm Lilly und gab sie in die Obhut der Pflegemutter, die sich fürsorglich und gut und das Kind kümmerte. Als sie dann wieder in Victorias Zimmer waren schwiegen sie sich an. Sie standen sich gegenüber und sahen sich nur an. Victoria versuchte herauszufinden, was der Ritter gerade dachte. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Victoria hob eine Hand und legte sie an den Helm des Ritters. Dann versuchte sie langsam und vorsichtig ihm den Helm abzuziehen. Der Ritter zitterte, kniff die Augen zusammen und versuchte die Erinnerungen zu verdrängen. In seinem Gesicht spiegelten sich Qual, Drang und Schmerz wieder. Plötzlich drehte er sich um und hinderte somit Victoria weiter daran ihm den Helm vom Kopf zu ziehen.„Es tut mir leid...aber..I-ich kann nicht.“, flüsterte der Ritter.
Victoria war enttäuscht und verletzt weil der Ritter sie abgewiesen hatte. Vor allem konnte sie nicht verstehen wieso er immer den Helm auflassen musste.
„Wieso?“, fragte sie leise.
„Das kann ich dir nicht sagen.“
„Aber wieso denn nicht?“
„Du möchtest es wirklich wissen?“
„Ja, das möchte ich!“, Victoria schaute ihn erwartend an.
Der Ritter drehte sich um, nahm Victorias Gesicht in seine Hände und flüsterte: „Ich habe meine Eltern getötet!“.
„W-w-was?“, Victoria schaute ihn schockiert, „Du..du hast deine E-eltern getötet?“
„Nicht mit Absicht! An dem Tag, als sie gestorben sind, war alles wie immer. Es war Abend und bevor ich schlafen ging, hatte ich das Feuer angezündet um noch etwas zu lesen. Als ich dann aufhörte zu lesen, muss ich wohl vergessen haben das Feuer aus zu machen. Seitdem gab Marcus mir die Schuld an dem Tod unserer Eltern.“
Victoria stolperte rückwärts und fiel hin. Als der Ritter versuchte ihr hoch zu helfen schubste sie ihn weg.
„Verschwinde! Geh!!“, befahl sie ihm.
Der Ritter drehte sich um und schlurfte aus dem Zimmer hinaus. Dann ging er die Treppe hinunter und setzte sich im Esszimmer auf einen Stuhl und versank in Gedanken.
Victoria wurde schwarz vor Augen und sie klammerte sich an einer Steinwand fest. Sie konnte nicht glauben was der Ritter soeben gesagt hatte. Es erschien ihr so unglaubwürdig. Er war kein Mörder. Doch eines verstand sie immer noch nicht, und zwar wieso er immer einen Helm trug. Victoria wollte nicht begreifen, riss die Tür auf und rannte so schnell sie konnte aus dem Schloss heraus. Sie hörte nicht auf zu rennen. Sie hatte das Bild vor Augen wie der Ritter, höhnisch lachend, vor seinen Eltern stand und sie mit einem Schwert durchbohrte. Sie rannte so lange bis sie an einen Waldrand kam, dort stoppte sie. Als Victoria immer noch schockiert war über das was sie soeben erfahren hatte. Durch die Bäume des Waldes kamen vereinzelt gelbe Sonnenstrahlen hindurch. Der Boden war von grünem Moos bedeckt und hier und da waren ein paar abgesägte Baumstämme. Am Fuß von Victoria wucherten ein paar Dornenpflanzen. Ohne groß zu überlegen stolperte sie in den Wald hinein. Sie schnitt sich an den Dornen und ihre Beine waren voller Kratzer und bluteten. Doch das bekam sie nicht mit. Sie ging weiter, und je tiefer sie in der Wald hineinging desto schlechter konnte sie sehen. Es wurde immer dunkel und ein dichter Nebel lag auf dem Boden. Der Nebel umhüllte Victoria und machte sie orientierungslos. Sie bekam Angst und lief hastiger durch den Wald, in der Hoffnung sie würde bald einen Ausweg finden. Als die Abenddämmerung anbrach war Victoria immer noch im Wald und irrte herum. Inzwischen war sie in eine regelrechte Panik verfallen. Ihr Herz schlug laut und wild und ihr Puls raste. Sie konnte nicht mehr klar denken, denn ihre Gedanken waren vom Nebel umhüllt. Sie versuchte sich zu orientieren doch es war hoffnungslos. Um den Halt nicht zu verlieren stützte sie sich an Bäumen ab. Sie wurde immer müder und sank schließlich auf den weichen Moos Boden. Sie atmete schnell immer noch in Panik, aber die Müdigkeit siegte, also legte sie sich hin und machte die Augen zu. Das letzte was sie sah, war dichter grauer Nebel.
Als Victoria erwachte war alles grün und verschwommen um sie herum. Sie wurde leicht hin und her geschaukelt und wunderte sich wieso sie den Boden nicht spürte. Weil sie noch zu schwach war um zu sehen in welcher Situation sie sich befand, beschloss sie sich auf ihre anderen Sinne zu verlassen. Sie machte die Augen zu und konzentrierte sich darauf was sie fühlte. Sie spürte menschliche Wärme und zwei Arme die sich um ihren Körper geschlungen hatten. Sie spürte kratzigen Stoff und jemand der sie an atmete. Dann konzentrierte sie sich auf ihr Gehör. Sie hörte ein Knacken und Schritte. Etwas wurde zertreten und ein paar Füße raschelten beim Gang durch das Gras. Sie roch den Geruch vom Wald. Es war eine Mischung aus Laub, vertrockneter Rinde, Gras und verschiedenen Beerensträuchern. Als Victoria sich sicher war, dass sie sich wahrscheinlich nicht in Gefahr befand, entspannte sie sich und öffnete wieder ihre Augen. Es war immer noch alles verschwommen, jedoch wurde es nun etwas klarer. Als sie wieder richtig sehen konnte, sah sie den Himmel und viele Baumkronen. Es zwitscherte und knackte um sie herum und sie fühlte sich gleich viel wohler. Dann sah sie in das Gesicht eines Menschen. Doch sie konnte ihn nicht richtig sehen weil sie gegen die Sonne sehen musste. Sie bemerkte dass sie getragen wurde und schmiegte sich erschöpft an ihren Retter. Plötzlich blieb er stehen und setzte Victoria langsam ab. Zuerst sank sie auf den Boden und blieb kurz liegen um Kraft zu tanken. Dann stemmte sie sich hoch, und sofort eilte ihr jemand zu Hilfe. Sie wurde gestützt und schaffte es schließlich sich aufzusetzen.
Das Gesicht des Retters kam ihr sehr bekannt vor, und sie strengte sich noch ein letztes Mal an um zu erkennen wer es war. Es war Marcus! Marcus hatte sie gerettet.
Anstatt etwas zu sagen, fiel sie ihm um den Hals und sackte sofort wieder zusammen. Marcus half ihr wieder und sie stützte sich mit aller Kraft an einen abgesägten Baumstamm. Marcus sah sie besorgt an, und fragte zärtlich: „Ist alles in Ordnung? Ich sah dich auf dem Waldboden liegen und dachte du seist tot.“
Victoria versicherte ihm dass es ihr gut ginge doch Marcus ließ sie nicht mehr aus den Augen. Er fragte was denn passiert sei und Victoria erklärte es ihm. Nach einer langen, peinlichen Pause sah sich Victoria ein wenig um, wo sie eigentlich waren.Vor ihr ragte ein gigantischer Wasserfall in die Höhe. Unmengen an Wasser mussten in den See, vor ihr, stürzen. Um den See herum waren Bäume, hohe Gräser und Rosenbüsche. Es war wunderschön. Sie saßen auf einer Decke im hohen Gras, und Victoria blickte süchtig in die Landschaft. Dann stand sie auf, sie hatte neue Kraft bekommen, und wälzte sich im Gras herum. Sie fuhr mit ihren Fingern durch die langen, grünen, vom Morgentau glänzenden Halme. Marcus beobachtete, wie Victoria durch die Gegend hüpfte, und alles genauer betrachtete was ihr in den Weg kam. Sie wälzte sich im Gras, umarmte die Bäume, planschte mit den Füßen im Wasser herum. Marcus musste lachen, und war froh dass Victoria so glücklich war. Sie fühlte sich wieder wie ein Kind, denn sie hatte damals immer im Wald gespielt. Als sie sich zurück auf die Decke setzte, strahlte sie. Sie lächelte bis über beide Ohren und Marcus lachte noch lauter als zuvor. Sie lachte mit ihm und beide kugelten in der Gegend herum. Als sie aufhörten zu lachen lagen sie nebeneinander und starrten in den blauen, wolkenlosen Himmel. Victoria boxte ihm sanft auf die Schulter und er kitzelte sie. Als Rache schmiss sie ihn um und ehe sie sich versahen, rauften und schubsten sich gegenseitig in das weiche Gras. Marcus nahm sie hoch und warf Victoria über seine Schulter. Das Zappelt und Treten beachtete er nicht und schleppt sie zum See. Er lachte und schmiss sie schwungvoll hinein. Als sie flog, schrie sie und versuchte sich zu wehren, jedoch vergebens. Der Aufprall ließ eine Welle aus Wasser ans Ufer schwemmen. Doch plötzlich wurde es Still. Die kleinen Wellen die noch vom Aufprall verursacht wurden verschwanden. Das Wasser war wieder still und nichts bewegte sich mehr. Marcus erschrak und suchte nach Victoria im Wasser, doch nichts war da. Er machte sich Sorgen und glaubte er hätte sie getötet. Doch plötzlich tauchte sie auf. Sie stieß sich mit ihren Beinen, vom Grund des Sees ab und tauchte auf. Sie packte ihn am Kragen und zog ihn unter Wasser. Im Wasser waren tausende von bunten Korallen und die Fische tanzten um sie herum. Das Wasser war klar, sodass man hindurch sehen konnte, und Victoria und Marcus schwammen im Wasser umher, hielten den Atem an und hatten Spaß. Sie schwammen zum Wasserfall und gingen hindurch. Schließlich trieben sie in der Mitte des Sees umher und redeten miteinander, Victoria schwamm zu Marcus und umarmte ihn. Er trug sie und paddelte mit seinen Füßen und an der Oberfläche zu bleiben. Schließlich küssten sie sich und er zog sie sanft unter Wasser. Kleine Wellen waren an der Oberfläche zu sehen, doch dann wurde weder alles ruhig. Als die beiden wieder auftauchten, und ans Ufer schwammen, waren sie sehr erschöpft. Sie gingen zur Decke. Victoria hatte zerzauste Haare, war patschnass und nur noch vereinzelte Kleidungsfetzen an. Marcus war ebenfalls zerzaust jedoch hatte er noch seine Hose an. Er hatte sie im See schwimmen sehen und schnappte sie sich als sie hinausgegangen waren. Victoria legte sich auf die Decke und kuschelte sich an ihn. Ihre Haut war sehr heiß und ihre Wangen leicht gerötet. Außerdem lächelte sie, wie eine leicht angeschwipste Person. Langsam schloss sie die Augen und dachte an ihr Leben. Es war ziemlich viel schiefgelaufen und nicht so gekommen wie sie es haben wollte. Als kleines Mädchen hatte sie auf einem Bauernhof gelebt. Deswegen wurde sie immer ganz nostalgisch wenn sie mal wieder im Wald oder auf einer Wiese war. Außerdem hatte sie seit mehreren Monaten das Schloss nicht mehr verlassen. Sie hatte Angst alleine hinaus zu8 gehen. Und auf den Ritter zu hoffen war ja praktisch unmöglich. Während sie schlief, streichelte Marcus vorsichtig ihren Kopf. Dann erwachte Victoria, und blinzelte erstaunt gegen das Sonnenlicht. Er lächelte ihr zu, und sofort wurde sie ruhig. Es war schön zu wissen dass man jemanden an seiner Seite hat. Eine sanfte Brise wehte durch ihr Haar, und trug den Duft in den Wald hinein. Victoria stand auf, ging zum See, und sprang kurzerhand hinein, denn ihr war so warm geworden, dass sie eine Abkühlung brauchte. Die Sonne ließ das Wasser glitzern und funkeln. Marcus gesellte sich zu ihr und sie badeten im See.
Patschnass gingen sie durch den Schlamm zurück ans Ufer. Am seichteren Wasser des Sees waren am Boden noch ihre Fußspuren zu sehen. Erschöpft und ausgelaugt warfen sie sich auf die Decke.
Es war Abend, und Victoria und Marcus machten sich auf den Heimweg. Er sattelte sein Pferd und sie rollte die Decke, zum Transport, zusammen. Das Zwitschern der Vögel im Wald versetzte beide in eine euphorische Stimmung. Als alles bereit war, half Marcus ihr auf das Pferd aufzusteigen und sie ritten zum Schloss des Ritters. Kurz bevor sie es erreicht hatten hielt Marcus an und Victoria stieg vom Pferd. Beide hielten es für eine ungute Idee wenn Marcus und der Ritter aufeinander treffen würden. Jedoch ließ er sie ungern alleine gehen. Er ritt davon und sie ging in das Schloss hinein. Sie sah sich kurz nach Lilly um, merkte dass es ihr gut ging und schlurfte zu ihrem Zimmer. Im Zimmer ließ sie sich auf ihr Bett fallen und schlief sofort ein.
Eine sanfte Brise wehte in das Zimmer hinein. Die Sonnenstrahlen funkelten fröhlich auf dem Steinbalkon herum. Eine Hitzewelle wehte in das Zimmer und Victoria schlug die Augen auf. Sie war verschwitzt von der warmen Nacht, hatte nicht schlafen können. Sie riss die Vorhänge auf und taumelte geblendet zurück. Dann sah sie in den Schrank nach etwas über überziehen. Dort hing ein rotes Kleid. An dem Kleid waren Rüsche angenäht, und es war wunderschön. Sie zog es sich über, schnappte sich dazu einen roten Fächer und machte sich eine eleganten Knoten in ihre Frisur. So angezogen verließ sie ihr Zimmer und ging schweigend am Ritter vorbei, hinaus in den Garten. Im Garten waren viele rote Rosen, doch es sah so aus als hätte sich lange niemand mehr darum gekümmert. Unkraut und Schnecken machten sich über die Blumen und anderen Pflanzen her. Das Gras hatte ein saftiges Grün und die Blätter der Bäume schaukelten im Rhythmus des Windes. Durch die Blätter kamen einzelne Lichtstrahlen und es war sehr warm. Victoria ging zu einem kleinem, Brunnen in der Mitte des Gartens und ließ den, danebenstehenden Eimer, hineinfallen. Sie zog ihn hoch und begoss mit dem Wasser, das sie soeben gesammelt hatte, die Blumen. Sofort erwachte der ganze Garten wieder zum Leben. Die Blumen strahlten in ihren unglaublichsten Farben, nun war nichts mehr grau, wie vorher. Sie schnitt mit einem Messer das Unkraut ab, und setzte die Schnecken in den Eimer. Nun sah der Garten wunderschön aus.
Es war bereits Mittag als Victoria mit dem Garten fertig war, und beschloss nun Lebensmittel einzukaufen. Sie schnappte sich etwas Geld aus einer kleinen Box, die dem Ritter gehörte, nahm einen, von den Dienerinnen geflochtenen, Korb und verließ das Schloss. Es war ein recht langer Weg bis zum Dorf, doch Victoria ließ sich nicht davon abschrecken. Bevor sie im Dorf ankam musste sie durch den Wald hindurch. Und obwohl sich viele mysteriöse Geschichten um ein Verschwinden im Wald drehten, lief sie unbeirrt hindurch. Nachdem sie den Wald passiert hatte kam sie ins Dorf. Dort herrschte heute allgemein eine gute Stimmung, denn der Markt war endlich wieder da. Es gab leckere Früchte, schmackhaftes Brot, süße Kräuter und noch vieles mehr. Victoria sah stundenlang die Stände durch. Roch an Kräutern. Betrachtete frisch gebackenes Brot. Und probierte diverse Früchte und ein bisschen Gemüse. Es machte Spaß, endlich wieder etwas zu tun, dachte sie. Es war schon recht spät als sie bemerkte dass Marcus ebenfalls auf dem Markt war. Er hatte sie noch nie bemerkt, also ging sie auf ihn zu und lächelte. Dann bemerkte sie, dass eine Frau neben ihm stand. Sie unterhielten sich und lachten dabei viel. Victoria wurde von einer starken Eifersucht überfallen, und ging nun sie etwas schneller. Während sie auf ihn zu ging, bemerkte er dass es Victoria war und riss schockiert die Augen auf.
„Victoria? Was machst du denn hier?“, fragte er verwundert.
„Nun, ich war gerade eben Lebensmittel kaufen, damit ich nicht verhungere. Und wer ist die nette Dame neben dir?“, man hörte die deutlich betonte Ironie bei 'nette Dame'.
Marcus wurde klar, dass Victoria es nicht herausfinden durfte. Er versuchte verzweifelt sich zu überlegen wie er sie nennen sollte. Doch alles was kam war: „Tja, ähm, das ist ähm, das ist....“. Er wurde ganz blass und hoffte nicht dass er aufflog.
„Ich bin Gabriella Matínez. Ich bin eine alte Freundin von Marcus. Ich habe ja schon so viel von dir gehört. Der liebe Marcus hört garnicht mehr auf von dir zu schwärmen!“, entgegnete Gabrielle mit einem freundlichen Lächeln.
Sie zwinkerte Marcus zu, und er war froh dass sie sich so schnell eine Ausrede hat einfallen lassen. Victoria musterte Gabriella sorgfältig. Sie trug ein kurzes, weißes Kleid, mit einem sehr offenherzigem Ausschnitt. Zudem trug sie einen langen, pechschwarzen Umhang mit einer Kapuze. Ihre Haarfarbe war nahezu schwärzer als der Schatten, den ihre Gestalt, auf den sandigen Boden warf. Sie war ein bisschen braun von der Sonne und hatte orangene Augen in denen ein Feuer loderte. Grundsätzlich sah sie sehr bedrohlich aus.
„Gabriella, möchtest du nicht schon mal etwas vorgehen, und ein paar Einkäufe erledigen. Ich bleibe hier bei Victoria. Treffen wir uns dann später?“, Marcus bedachte sie mit einem durchdringendem Blick.
„Ähm..ja. Ich seh dich später! War nett dich endlich kennen zu lernen Victoria.“, meinte sie und verschwand.
„Endlich sind wir allein.“, sagte er in verführerischem Ton.
Victoria kicherte leise und sagte dass sie in der Öffentlichkeit seien. Dann erkundigte sie sich danach, wie lange er Gabriella schon kenne. Er erzählte ihr, dass er sie kennengelernt habe als sie noch Kinder gewesen seien. Sie und ihn verbinde eine lange, tiefe Freundschaft. Dann betonte er jedoch, dass nichts zwischen ihm und ihr laufe, falls Victoria dies denken sollte.
Sie unterhielten sich noch den restlichen Nachmittag, und hatten viel Spaß. Doch dann musste Victoria wieder zurück zum Schloss. Während er sie dabei beobachtete wir sie sich auf den Heimweg machte, und ihr noch lange hinter hersah, wartete Marcus auf Gabriella. Plötzlich erschien sie aus dem Nichts, hinter ihm und küsste seinen Hals.
„Hast du dir ihr Gesicht gut eingeprägt?“
„Ja, Marcus. Ich vergesse nie, das weißt du doch. Glaub mir, das was wir tun ist es das Wert.“, versicherte sie ihm.
Sofort begann sie sanft an seinem Ohr zu knabbern, und er drehte sich um und küsste sie leidenschaftlich.
„Diese ganze Heimlichtuerei, und die Lügen...das bringt mich in Fahrt.“, flüsterte Gabriella.
Sie griff sich an den Ausschnitt ihres Kleides, und riss es mit einem kräftigen Rutsch von ihrem Körper. Dann nahm sie den Umhang und schleuderte ihn in die Landschaft. Marcus packte sie an der Hüfte und zog sie hinter einen Busch.
Beflügelt davon, dass sie Marcus getroffen hatte erschien ihr der dunkle Wald nicht mehr so bedrohlich, und ihr Weg erschien ihr nicht mehr so lang. Sie ignorierte das Gefühl beobachtete zu werden, und ging einfach ihres Weges. Sie war nur einmal auf ihrem Weg nervös, in diesem Moment hatte sie gedacht eine Person im Wald vor ihr verschwinden gesehen zu haben.
Schließlich war sie im Schloss angekommen, trat ein, bedachte im vorübergehen den deprimierten Ritter mit keinem Blick und räumte die Lebensmittel in den Vorratsschrank. Dann setzte sie sich in das Wohnzimmer, zog ein Buch aus einem der Regale, und fing an zu lesen.
Einen Monat später, klingelte es an der Tür und Marcus stand davor. Während Victoria noch sprachlos da stand und nach Worten suchte, kam der Ritter und erschrak. Man hörte ein tiefes Grollen aus seiner Kehle kommen und er knurrte Marcus an. Ein hasserfüllter Zorn durchflutete ihn und er ballte seine Hände zu Fäusten.
„Hallo, Bruder.“, sagte Marcus mit einem freundlichen Lächeln.
Der Ritter packte Marcus am Hemd, schleuderte ihn herum, drückte ihn an die Wand und richtete sein glänzendes Schwert auf ihn.
„Noch ein Wort, und ich schneide dir deine Kehle durch, du Mistkerl!“, grollte er.
Victoria schrie auf, packte den Ritter am Umhang und versuchte verzweifelt ihn von Marcus loszureißen.
„Nein, bitte nein. Tu ihm nichts! Bitte!“, flehte sie.
Urplötzlich verschwand sein Zorn und er schaute Victoria traurig an. Er murmelte eine Entschuldigung und ließ Marcus los. Ihn hatte das ganze Szenario anscheinend nicht sehr beeindruckt. Er war ruhig gewesen als er vom Ritter bedroht wurde.
„Du bist ein Monster, weißt du das? Fass mich nicht an und geh weg.“, schrie Victoria und stoß den Ritter von sich.
Marcus lud Victoria zu einem Spaziergang ein, um ihr sein Haus zu zeigen, sie willigte ein und beide verschwanden und ließen den Ritter allein zurück.
Etwas später klopfte es an der Tür. Der Ritter machte auf und sah erstaunt dass Victoria vor ihm stand. Sie schaute ihn schüchtern an und fragte leise ob sie eintreten dürfe. Im Schloss blieb sie stehen und schaute beschämt zu Boden.
„Es tut mir leid dass ich dich so angeschrien habe. Ich hatte nicht das Recht dazu. Verzeihst du mir?“
Schockiert, fasziniert und sprachlos zugleich stand der Ritter hilflos in der Gegend herum.
„Es war nicht dein Fehler. Ich wollte Marcus schließlich töten. Du hast mich davon abgehalten. Dafür danke ich dir. Und verzeih mir bitte dass ich ihn umbringen wollte!“
Sie ging auf ihn zu, berührte seine Rüstung mit der Hand und schaute ihm tief in die Augen. Der Ritter war verwirrt, denn ihm fiel auf dass Victoria plötzlich orangene Augen hatte. Sie wirkte auch nicht mehr zierlich und nett sondern leicht aggressiv und entschlossen. Ihr Gesicht hatte nicht mehr die zarten, sanften Züge sondern wirkte bedrohlich. Etwas war anders. Sie war anders. Als er gerade den Mund öffnete um zu fragen was mit ihr los sei, rückte sie so dicht an ihn heran, dass er ihren Atem auf seinem Hals spüren konnte. Ihre Gesichter waren nur noch Millimeter von einander entfernt. Und er sie würde wieder versuchen ihm den Helm abzuziehen. Doch das tat sie nicht. Sie schaute ihn verführerisch an, lächelte ihm zu und ging zu dem Sofa im Raum. Dann hob sie ihr Bein hoch und stellte es mit der Fußspitze auf das Sofa, sodass man ihren Unterrock sehen konnte. Sie fing an sich die Schuhe auszuziehen, schob ihr Kleid in Richtung Hüfte, sodass man ihr Bein sehen konnte, und winkte ihn zu sich her. Doch dann horchte sie auf, riss überrascht den Mund auf und sagte sie müsse gehen. Sie stürzte aus dem Zimmer in Richtung Tür, öffnete sie und hastete hinaus.
„Victoria! Was ist denn los?“, fragte der Ritter verwundert.
Sie sagte nichts und rannte davon. Der Ritter rannte ihr hinterher, doch als er an der Stelle war, an der er sie zuletzt gesehen hatte, war sie weg. Über ihm stieg ein weißer Adler in die Lüfte und flog davon.
Victoria war in ihrem Bett und schlief seelenruhig vor sich hin. Plötzlich kam ein Luftzug über den Balkon in das Zimmer hinein geweht und eine Person stand vor ihrem Bett. Victoria bemerkte dies jedoch nicht und schlief weiter. Die Person trug einen langen, schwarzen Umhang der vom Mond silbern angestrahlt wurde. Schwarze Haare kamen unter der Kapuze hervor und orangene Augen funkelten die schlafende Victoria an. Sie nahm die Kapuze ab und ein sehr blasses Gesicht kam zum Vorschein. Ihre Lippen waren blutrot, und in ihrer Hand hielt sie einen kleinen Dolch.
„Ganz hübsch ist sie ja schon, aber ich fühle mich in ihrem Körper nicht wohl. Aber ein Pluspunkt hat das ganze: Ich kann mir den Ritter krallen ohne das sie es merkt. Zu Schade dass ich noch Marcus habe. Ich kriege beide Brüder, und sie keinen. Und am Schluss ist einer von ihnen tot!“, lachte sie leise vor sich hin. Dann verwandelte sich die Person in einen Schneeweißen Tiger, rannte zum Balkon, sprang hinüber und mitten im Flug verwandelte sie sich in den weißen Adler. Victoria schreckte aus ihrem Schlaf hoch, vergewisserte sich das niemand in ihrem Zimmer war und schlief beruhigt weiter.
Am nächsten Morgen ging sie in das Esszimmer und der Ritter ging freundlich lächelnd auf sie zu. Er packte sie an der Hüfte und zog sie zu sich her. Doch Victoria stieß ihn weg. Verwundert schaute er ihr hinterher und fragte was los sei. Victoria entgegnete dass sie immer noch sauer auf ihn sei und brachte den Ritter völlig aus der Fassung. Er verstand die Welt nicht mehr, also ließ er es auf sich beruhen, in der Hoffnung dass sie es im Laufe des Tages abhaken würde. Victoria kümmerte sich um den Garten als es wieder an der Tür des Schlosses klopfte. Der Ritter öffnete sie und Victoria blinzelte ihn verlegen an.
„Bist du schon fertig mit dem Garten?“, fragte er verblüfft.
„Ja, bin ich.“, sie ging in das Schloss, nahm den Ritter an der Hand und zog ihn mit sich.
„Wohin gehen hin?“
„Lass dich überraschen“, sie zwinkerte ihm zu.
Schließlich kamen sie in einem Raum, in der in der Mitte eine goldene Badewanne stand. Außen herum um die Wanne standen viele Regale mit Waschmitteln, Seife und anderen Dingen. Sie ließ das Wasser ein, gab ein Stück Seife dazu, damitauch schön viel Schaum entstand, legte einen Schwamm neben die Wanne und setzte sich auf ihren Rand. Der Ritter starrte sie fraglos an. Sie fing an sich das Kleid überzustreifen, und ließ es letztendlich auf den Boden fallen. Unten drunter trug sie Unterwäsche aus feiner, weinroter Seide. Sie zog den Ritter zu sich, legte seine Hände auf ihre Hüfte und schmiegte sich an ihn. Dann zog sie ihre Unterwäsche aus und ließ sich rücklings in die volle Wanne fallen. Der Ritter konnte seinen Augen nicht trauen und schaute sie verwundert an. Bedenken kamen in ihm hoch.
Victorias Beine schauten aus dem Schaum hervor, und man sah ihren Halben Oberkörper. Sie warf den Kopf zurück und lachte. Als er ihr Lachen hörte fühlte er sich schon wohler, zögerte jedoch immer noch. Sanft blickte sie ihn mit ihren orangenen Augen an winkte ihn zu sich her. Der Ritter kämpfte mit sich ob er das wirklich tun sollte, doch schließlich machte er einen kleinen Schritt auf sie zu. Etwas war anders an ihr, doch schließlich war es ja sie die sich vor ihm der der Badewanne räkelte. Der Ritter legte seine Rüstung ab, und ging auf sie zu. Sie packte ihn am Kragen und zerrte ihn zu sich in die Wanne. Das Wasser schwappte über den Rand hinaus. Sie holte tief Luft, und tauchte mit ihm dann vollständig in das Wasser der Badewanne ein.
Victoria war fertig mit dem Garten und ging erschöpft in das Schloss zurück. Sie ging die Treppe hoch, und als sie an einem der Zimmer vorbeikam hörte sie ein hohes Kichern aus dem inneren des Raumes. Sie hörte auch wie jemand anscheinend etwas um warf, doch es störte sie nicht. Sie setzte ihren Weg fort und ging in ihr Zimmer.
Der Ritter und Victoria saßen in der Badewanne. Er putze mit dem Schwamm zärtlich ihren Arm und sie schmiegte sich an ihn. Mit geschlossenen Augen, genoss sie diesen Augenblick. Plötzlich hörte sie ein komisches Geräusch, als würde ein kleiner Stein an ein Fenster prallen. Und so war es auch. Der Ritter hatte es nicht gemerkt, Victoria entschuldigte sich, stieg aus dem Wasser und sah aus dem Fenster. An der Mauer des Schlosses stand Marcus und warf kleine Steine gegen das Fenster.
„Was ist denn los?“, fragte der Ritter und trocknete sich mit einem Leinentuch ab.
Sie drehte sich schockiert um, zog die Vorhänge zu und sagte dass sie sich nur etwas eingebildet habe. Der Ritter trat hinter sie, packte sie an der Hüfte und küsste ihren Hals. Für einen Moment seufzte Victoria und fühlte sich Pudelwohl, doch im nächsten Moment war dieses Gefühl wieder verflogen. Hastig zog sie sich an und ging hinunter zur Eingangshalle. Der Ritter folgte ihr jedoch auf Schritt und Tritt, was die Sache mit dem schnellen verschwinden gar nicht so einfach machte. Sie ging aus der Tür und der Ritter sah ihr noch verträumt hinterher.
Als sie für ihn nicht mehr in Sichtweite zu sein schien, breitete sie ihre Arme aus. Plötzlich wurde sie in einen Sturm aus weißen Federn gehüllt, und aus der Mitte kam der Schrei eines Vogels. An der Stelle an der zuvor Victoria gestanden hatte, flog nun ein weißer Adler. Der Adler flog zu den Schlossmauern, an der Marcus immer noch stand. Und plötzlich war es wieder kein Adler mehr sondern Gabriella.
„Sie ist ja ganz schön, aber es nervt mich immer in sie verwandeln zu müssen!“, stöhnte sie.
„Hattest du Erfolg?“
„Und was für einen! Er ist mir komplett verfallen, er glaubt dass Victoria ihn lieben würde.“
„Gut gemacht, Gabriella.“, flüsterte Marcus in ihr Ohr.
„Außerdem macht es auch irgendwie Spaß. Ich meine er ist schon süß. Und echt gut trainiert. Vielleicht war ich etwas zu überstürzt, aber er hat es mir abgekauft. Vor allem das mit der Badewanne.“, lachte sie vor sich hin.
„So süß mein Bruder auch sein mag, bitte verliere nicht dein Ziel aus den Augen!“
„Das werde ich nie Marcus!“
„Weißt du denn nicht mehr, was er mit deiner Familie getan hat? Wie er sie umgebracht hat? Ohne mit der Wimper zu zucken!!“, entgegnete Marcus aufgebracht.
In Gabriellas Augen sammelten sich Tränen, liefen ihre Wangen hinunter. Sie schluchzte, stieß Marcus kräftig von sich und schrie: „Hör auf Marcus! Hör auf! Sei ruhig!“.
Vor lauter Zorn verwandelte sie sich in einen riesigen weißen Tiger und knurrte ihn an. Marcus war sofort still und beruhigte sie. Als sie wieder in Menschengestalt war umarmte Marcus sie und küsste sie. Sie hatte es nie überwunden was ihrer Familie zugestoßen war. Sie waren alle umgebracht worden, und dann hatte sie Marcus getroffen. Dieser hatte ihr erzählt, dass er gesehen habe wer der Täter gewesen sei. Und er nannte den Namen seines Bruders. Und seitdem hatte sie das immer geglaubt, und sie wollte Rache dafür an ihm. Wenn sie an der Ritter dachte durchfuhr sie eine fast schon schmerzhafte Wut. Deswegen war der Plan umso besser, sich als Victoria zu 'tarnen', ihn zu verwirren und ihn dann ausschalten. Das war der Plan den Marcus und sie schon seit Jahren planten und wieder änderten. Und erst als Gabriella entdeckte dass sie ein gewisses Talent besaß, war der Plan fast schon zu simpel.
„Gewinne sein Vertrauen. Mein Bruder ist oft sehr misstrauisch gegenüber plötzlichen Veränderungen. Bleibe in seiner Nähe. Erfahre alles über Victorias Vorgeschichte.“, befahl Marcus.
„Ja, ja Marcus. Ich mach das schon. Schließlich bin ich Gabrielle Martínez. Ich bin ja praktisch eine lebende Legende“, scherzte Gabriella.
„Du darfst das nicht auf die leichte Schulter nehmen!“
„Glaub mir, ich pack das schon! Außerdem er ist so gut wenn er...-“, Sie wollte gerade den Satz zu Ende sprechen als Marcus ihr dazwischen funkte.
„La, la, la, das will ich gar nicht hören“, Er hielt sich die Ohren zu.
Gabriella lachte, und behielt den Satz für sich, Marcus zuliebe.
„Zeig mir mal wie sie aussieht.“, meinte Marcus.
Gabriella schloss die Augen, konzentrierte sich auf Victorias Gesicht, und spürte wie sich ihre Haut veränderte. Ihre Haare wurden kastanienbraun, ihre Beine ein Stück länger, ihre Oberweite kleiner und ihr Gesicht etwas rundlicher.
„Wow, du kriegst sie schon wirklich gut hin. Sogar die einzelnen Sommersprossen auf ihrer Wange hast du nicht vergessen! Gute Arbeit!“, Marcus wirkte verblüfft darüber wie gut sie war.
Dann öffnete sie die Augen und war wieder sie selbst. Es hatte schon etwas so eine Fähigkeit zu besitzen. Schließlich hatte das nicht jeder. Jedoch trug es eine große Verantwortung mit sich.
„Ich sehe dich später. Ich schätze mal ich brauche dich nicht mitzunehmen!“, sagte Marcus.
„Nein, aber Danke für das Angebot.“
Sie winkte ihm noch kurz zu, dann machte sie den Mund auf und schrie in den Himmel hinein. Doch anstatt einem hohen Schrei, kam das bedrohliche und tiefe Knurren einer Löwin. Sie knurrte noch einmal etwas leiser und rannte los.
Der Ritter stand hilflos im Raum. Er war verwirrt, denn jedes mal wenn er glücklich mit Victoria war, verschwand sie plötzlich. Außerdem wechselte ihr Augenfarbe und ihre Stimmung. Sie war viel selbstbewusster und freundlicher, hatte jedoch orangene Augen. Und wenn ihre Augen grün waren, war sie sauer auf den Ritter und redete kein Wort mehr mit ihm. Irgendetwas stimmt nicht, und dass wusste der Ritter. Ratlos streifte er durch das Schloss und dachte nach. Seine einzige Theorie war das es nicht ein und dieselbe Person war. Doch das war unmöglich. Es gab ja schließlich niemanden der die Gestalt wechseln konnte. Der Ritter musste über diesen absurden Gedanken kurz lachen. Doch das verging ihm schnell wieder. Vor lauter Nachdenken vergaß er die Zeit. Doch dann hatte er eine Idee. Er eilte durch das Schloss, schnappte sich sein Schwert, sattelte sein Pferd und ritt in die Nacht hinaus.
Es war stockdunkel. Totenstill. Und unheimlich. In der Häusern brannte kein Licht mehr. Auf den Straßen war niemand mehr. Nicht einmal mehr die zwielichtigen Leute. Jeder spürte dass sie in dieser Nacht lieber nicht ihre Häuser, Hütten und
Unterschlüpfe verlasen sollten. Selbst im Wald war alles still. Kein Tier wagte es ein Geräusch von sich zu geben. Kein Ast gab ein leises Knacken von sich. Und kein Blatt fiel sanft auf den Waldboden. Etwas näherte sich. Das spürten sie alle. Und sie alle waren verängstigt vor dem was passieren würde. Die Nacht war schwärzer denn je, unheimlicher denn je. Noch nie war so etwas passiert, doch jeder einzelne wusste was es war. Plötzlich kam ein tiefes, herzzerreißendes Heulen aus dem Wald. Dann ein Knurren. Jemand fletschte die Zähne und war wütend. Schnelle Schritte liefen durch den Wald. Der Boden vibrierte. Tiefe Abdrücke waren im Boden. Sie stammten von einer Gestalt mit sehr großen Pfoten. Einzelne Haare des Wesens lagen auf dem Boden. Sie waren schwarz wie die Nacht und nur schwer erkennbar. Ein Schatten huschte durch die Wälder. Er war schwärzer als das schwärzeste Schwarz das je entdeckt wurde. Wo es hinging, verbreitete es eine unheimliche Aura. Die Aura des Todes.
Es war Morgen. Gabriella schlief noch. Sie drehte sich in ihrem Bett herum. Plötzlich ertönte vor ihrem Haus ein entsetzlich hoher Schrei. Sie richtete sich auf, verschlafen mit zerzausten Haaren, zog sich in Windeseile an und eilte aus dem Haus. Auf dem Marktplatz hatte sich bereits eine Gruppe aus Menschen gebildet. Alle standen in einem Kreis um etwas herum. Doch noch konnte sie es nicht erkennen was es war. Sie drängte sich durch die Menge, bis sie ganz vorne stand. Alle schauten schockiert, weinten oder sahen entsetzt zur Seite. Viele Frauen hielten sich erschrocken die Hand vor den Mund, schüttelten den Kopf oder gaben leise Seufzer von sich. Vor Gabrielle lag ein toter Mensch. Die Kehle war angebissen und der Körper hatte viele Kratzspuren auf sich. Blut lief aus den Wunden hinaus und bildete eine kleine Pfütze. Die Augen der Person starrten angsterfüllt ins Leere. Der Mund war offen, als ob die Person jeden Moment los schreien würde, das konnte sie jedoch nicht mehr. Der tote Mann schien erst vor kurzem getötet worden sein, denn seine Wunde waren noch frisch. Das Blut war noch nicht geronnen und der Körper war noch nicht eiskalt und steif. Gabriella lächelte unmerklich und schaute die Person finster an. Langsam ging sie rückwärts aus der Menge hinaus und tat so als ob sie schockiert wäre.
In aller Ruhe ging sie zurück in ihr Haus. Sie öffnete die Tür und trat ein. Das Haus war aus Granit, und im Inneren war alles aus dem feinsten Ebenholz. Im Bad stand eine Badewanne aus Marmor auf einem kleinen Podest, und außen herum waren Vorhänge angebracht. Auf dem Bett war eine Satindecke und ein Satinkissen. Beides war weiß. Vor dem Bett stand ein monströser, eindrucksvoller, goldener Schrank. Gabriella öffnete ihn und zog ein violettes Satinkleid heraus. Sie legte ihre andere Kleidung ab und zog sich das violette Kleid über. Das Kleid schmiegte sich perfekt an ihre Körperform an, betonte ihre Oberweite und ihre Hüfte. Es hatte einen ziemlich tiefen, graziösen Ausschnitt. Doch daran störte sie sich nicht. Es war sogar gewollt. Dann zog sie sich hochhackige Schuhe an, setzte sich einen kleinen, schwarzen Hut auf, an dem ein kleines Netz angebracht war das über ihr Gesicht hing, und stiefelte zur Tür hinaus. Dann setzte sie ihren Weg fort und ging die Straße entlang. Sie war sehr froh dass sie nicht allzu weit gehen musste, denn diese Schuhe waren sonst sehr unangenehm, wenn man länger lief. Sie hielt vor einem großen Haus, aus weißem Marmor, an. Sie drückte mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, die schwere Steintür auf, und trat ein. Im Haus waren bereits viele Menschen. Viele von ihnen hatten ein Glas mit etwas zu Trinken in der Hand. Alle waren in eine Unterhaltung vertieft, und bemerkten nicht wenn sich jemand an ihnen vorbei quetschen wollte. Gabriella kämpfe sich durch die Menge, bis sie vor einer weiteren großen Steintür stand. Die Tür war geschlossen und Gabrielle klopfte sanft daran. Ein Spalt öffnete sich in der Tür, sah sie an, betrachtete sie und fragte: „Passwort?“.
„Rotkäppchen!“, antwortete sie kühl.
Sie Tür ging auf, sie huschte hinein und ein starker Mann in schwarzer Kleidung schloss die Tür sofort wieder. Dann stellte er sich neben die Tür, und starrte stur geradeaus. Gabriella sah sich in dem Raum um und suchte jemanden. In dem Raum war ein großer Tisch, an dem bereits viele Leute saßen und sich unterhielten. Doch viele Leute standen auch noch außen herum. Eine Gruppe aus Männern, in dicken Jacken, stand am Ende des Tisches und unterhielt sich verschwörerisch. Sie steckten sich gegenseitig immer wieder Geld zu. Anscheinend wetteten sie auf bestimmte Personen. Gabriella ging auf die Gruppe zu, und als einer der Männer, der mit der dicksten Jacke, sie bemerkte, winkte er ihr zu und rief ihren Namen quer durch den Raum. Sie ging zu ihm, und er packte sie an der Hüfte und zog sie an sich. Sie küssten sich freundschaftlich auf den Mund und er starrte sie an.
„Wow, da hat sich wohl jemand herausgeputzt. Du siehst Klasse aus, Darling!“, sagte er schmeichelnd.
Gabriella dankte ihm lächelnd und schaute den Rest der Gruppe erwartungsvoll an.
„Du kennst sie ja alle bereits. Wir wetten gerade, möchtest du mitmachen?“, fragte er.
Die anderen aus der Gruppe sahen ihn entgeistert an, und bedeuteten ihm sein Angebot zurück zu ziehen. Doch er schaute sie böse an, wendete sich Gabriella zu und lächelte sie an. Sie lehne das Angebot dankend ab, und sah sich weiter im Raum herum. Dann entdeckte sie ein paar junge Männer, die sich unterhielten und ein kleines Trinkspielchen machten. Sie verabschiedete sich von dem Mann mit der dicken Jacke, warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu und ging. Er hatte anscheinend verstanden, denn er schaute finster und lächelte.
Gabriella ging auf die jungen Männer zu, die anscheinend schon leicht angeschwipst waren. Als sie sie bemerkten klappte ihnen der Mund auf.
„Hallo. Kann ich euch behilflich sein?“, fragte sie lächelnd.
Einer der Männer, der braune, verwuschelte Haare hatte, machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch er stotterte nur herum. Sein Blick heftete auf ihrem Auschnitt, und im den armen Jungen noch mehr zu verwirren, streckte sie noch extra ihre Brust heraus. Sie rückte dicht an ihn heran und fragte leise ob alles mit ihm in Ordnung sei. Der junge Mann stotterte ein 'Ja' und Gabriella lächelte ihn an. Dann sagte sie dass sie ihm etwas zeigen müsse, fasste ihn an der Hand und zog ihn durch den Raum. Als sie wieder an dem Mann vorbeikam, mit der dicken Jacke, zwinkerte sie ihm zu, und er lächelte sie zufrieden an. Sie zog den jungen Mann weiter an der Hand, in einen kleines Raum. Der Raum war so klein, dass die beiden sich aneinander pressen mussten um aufrecht zu stehen.
„Wie heißt du denn mein Hübscher?“, flüsterte sie ihm ins Ohr.
„L-Lukas“, antwortete er zaghaft.
„Lukas also...Warst du schon mal unter der Erde?“
Lukas verstand die Frage anscheinend nicht, denn er schaute sie verwirrt an. Sie beugte sich ganz nah zu ihm heran, und als er dachte sie wolle ihn küssen, zog sie hinter ihm an einer Schnur und die Wand hinter ihm verschwand. Hinter der Wand, war ein Gang. Sie nahm ihn wieder an der Hand und führte ihn durch den Gang. Es dauerte etwas bis sie ankamen, doch das kam Lukas sehr gelegen, denn er hatte Zeit zum Nachdenken. Er war verwirrt, weil er urplötzlich von einer schönen Frau angesprochen wurde. Doch als der Schock überwunden war, merkte er dass er genau genommen Glück hatte. Eine wunderschöne Frau war anscheinend sehr angetan von ihm. Gabriella führte ihn in eine kleine unterirdische Wohnung. Es war sehr warm dort, und auch sehr geräumig. Sie öffnete eine kleine Holztür und traten in ein süßes Wohnzimmer. Lukas schaute sich um, es gab drei Zimmer. Ein Badezimmer, eine Küche und ein Wohn- beziehungsweise Schlafzimmer. Im Badezimmer war eine Dusche mit Vorhängen. Unten konnte jedoch kein Wasser heraus laufen, weil sie am Rand nach Oben ging, sodass das Wasser wieder zurück in die Mitte der Dusche floss. Es war auch ein golden verzierter Wasserhahn angebracht. Die Dusche nahm fast den kompletten Raum ein, doch etwas Platz blieb noch für eine Toilette. Lukas betrachtete nun die Küche. Dort war eine kleine Lebensmittelkammer, und die Theken waren aus feinstem Ebenholz. Im Schlafzimmer war ein großes, silbernes Bett. Die Laken waren aus Seide und glänzten. Gabriella ging zur Tür, sperrte sie ab und versteckte den Schlüssel heimlich. Dann ging sie zu Lukas, stellte sich hinter ihn und leckte ihm sanft den Nacken ab. Er zuckte zusammen und drehte sich um, sodass er ihr direkt in die Augen sah. Dann packte sie ihn am Kragen, und warf ihn auf das silberne Bett. Sie ging ganz langsam auf ihn zu, kniete sich auf das Bett, nahm seine Hände und führte sie an ihren Ausschnitt des Kleides. Er zitterte als ihre Hände sich berührten. Gabriella schloss Lukas Hände um den Ansatz ihres Kleides, und riss es herunter. Sie hatte einen großen Streifen herausgerissen, sodass ihr halber Oberkörper entblößt war. Dann kroch sie langsam zu ihm, legte sich auf ihn und fing an ihn auszuziehen. Lukas wehrte sich nicht, denn es gefiel ihm. Er packte sie am Genick, zog sie zu sich her und küsste sie leidenschaftlich. Gabrielle zuckte kurz zusammen. Das war nicht ihre Absicht gewesen, doch als sie ihn gerade von sich schieben wollte, merkte sie wie gut Lukas küssen konnte. Es war überwältigend, wie ein Feuerwerk. Alles woran sie bisher geglaubt hatte, wofür sie gearbeitet hatte wurde infrage gestellt. Ganz von dem guten Kuss übermannt schlang sie ihre Arme um seinen Hals und sie drehten sich auf dem Bett. Gabriella hielt ihn für eine Sekunde davon ab weiter zu machen, dann schnappte sie nach Luft und es ging wieder los.
Lukas wachte auf, rieb sich den Sand aus den Augen und sah sich um. Zuerst wunderte er sich in wessen Wohnung er war, doch dann fiel ihm alles wieder ein. Nachdem er den Raum nach Gabriella abgesucht hatte, stand er auf und lief durch die Wohnung. Er hatte nur eine Hose an. Schließlich fand er sie. Sie war im Badezimmer und duschte gerade. Als sie hörte wie er ins Zimmer kam, sprang sie schnell aus der Dusche, rannte zur Tür und schloss sie. Nun standen sie beide im Zimmer. Er war voller Dampf, sodass man nicht viel sehen konnte. Sie nahm ihn an der Hand und ging mit ihm unter die Dusche. Das heiße Wasser brannte auf seiner Haut, doch das störte ihn nicht. Doch plötzlich durchfuhr ihn ein brennender Schmerz und er zuckte zusammen. Lukas stolperte aus der Dusche hinaus und betrachtete sich im Spiegel. Seine Haut war mit Kratzspuren übersät. Er war blutverschmiert von den Wunden. An seinem Hals war sogar eine Bisswunde. Er nahm einen Schwamm, tauchte ihn in Wasser ein und fing an vorsichtig seine Wunden auszuwaschen. Es brannte fürchterlich und als die Schmerzen zu stark wurden, ließ er den Schwamm fallen. Gabriella war inzwischen mit dem duschen fertig, war aus der Dusche gesprungen und war gerade dabei sich ein Handtuch um zu wickeln. Er drehte sich um und sah sie entsetzt an.
„Warst du das?“, er deutete auf seine Wunden und ein neuer Schmerz breitete sich in seinem Körper aus.
Sie schaute schuldig zur Seite und sagte: „Ja. Tut mir leid. Ich bin etwas übermütig geworden.“.
Lukas wusste nicht wie er reagieren sollte, also ging er aus dem Zimmer, und zog sich an. Er versuchte so schnell wie möglich von Gabriella weg zu kommen, doch das war gar nicht so einfach. Schließlich schaffte er es mit einer Ausrede dann doch und ließ sie allein zurück. Als er wieder an der Oberfläche angekommen war, rannte er aus dem Haus und ritt mit einem schneeweißen Pferd davon. Er wusste nicht wohin er sollte, also schlug er die Richtung des Schlosses ein.
Alte Freunde
Es klopfte an der Tür zum Schloss. Der Ritter stapfte missmutig dahin und öffnete sie. Vor der Tür stand Lukas. Zuerst starrte der Ritter Lukas verwundert an, doch dann lachte er laut auf.
„Lukas?!“, fragte er immer noch verwirrt und verwundert.
Zunächst erkannte Lukas ihn nicht. Doch als er nochmal genau auf seine Stimme hörte, weiteten sich seine Augen.
„Du?!“
Lukas konnte es ebenfalls nicht fassen. Nach all den Jahren sah er seinen besten Freund wieder.
„Ich dachte du seist tot!“, sagte Lukas erleichtert.
„Ich doch nicht! Da brauchts schon einiges mehr um mich zu töten!“, lachte der Ritter.
„Ich kann es nicht fassen. Du warst all die Jahre hier. Wieso hast du nie etwas gesagt? Wieso hast du mich nicht kontaktiert?“, Lukas sah ihn ein bisschen beleidigt und entgeistert an.
„Nun ja. Nachdem das mit meinen Eltern passiert ist, wollte ich nichts mehr mit der Außenwelt zu tun haben. Ich zog in das alte, verlassene Schloss und nistete mich hier ein.“, meinte der Ritter schüchtern.
Lukas war gespannt darauf alles zu erfahren, doch der Ritter unterbrach ihn und sagte ihm dass er erst einmal herein kommen solle. Lukas trat ein und war erstaunt. Sein Freund hatte sich hier ja ein wunderschönes Zuhause aufgebaut über die Jahre. Er setzte sich auf einen bequemen Sessel und der Ritter setzte sich ihm gegenüber.
„So und jetzt erzähl mal. Ist irgendetwas passiert in den letzten Jahren?“, fragte Lukas neugierig.
„Eigentlich nicht. Ich habe eine Frau kennen gelernt. Sie heißt Victoria. Doch ich werde nicht schlau aus ihr. Sie wechselt ständig ihre Augenfarbe. Wenn sie orangene Augen hat dann verführt sie mich immer. Doch sobald sie wieder grüne Augen hat ist sie sauer und oft ein geschnappt.“
„Soll ich mal ein Auge auf sie werfen?“
„Wenn du meinst.“, sagte der Ritter.
„Ach und übrigens. Wie geht es deiner Schwester? Als ich sie das letzte mal gesehen habe, war ich total in sie verliebt.“, scherzte Lukas.
Doch anstatt zu lachen wurde der Ritter ganz still. Er blickte zu Boden und ballte seine Hände zu Fäusten zusammen.
„Sie ist tot!“
„Tot?! Aber...das kann doch nicht seien? Was ist denn passiert?!“, fragte Lukas entsetzt.
„Sie wurde umgebracht! Und ich werde herausfinden wer es war. Und dann werde ich demjenigen die Kehle durch schlitzen!“, wütend stand der Ritter auf und lief im Zimmer herum.
Als er sich wieder beruhigt hatte, setzte er sich und fragte wie er, Lukas, denn eigentlich hierher gekommen war.
„Als du weg warst, war ich erst einmal alleine. Also hatte ich beschlossen weg zu ziehen. Ich zog in eine große Stadt, die nicht allzu weit von hier entfernt liegt. Dort lernte ich dann einen Beruf und suchte mir etwas zum wohnen. Ich lernte viele Frauen kennen und war allgemein angesehen in dieser Stadt. Als ich eines Abend einmal auf einem Maskenball war lernte ich zwei wunderschöne Frauen könne. Nun das eine führte zum anderen und wir drei verzogen uns in ein Hinterzimmer. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war eine der beiden Frauen weg. Und die andere lag blutleer auf dem Boden. Plötzlich begann jeder in der Stadt mich als Monster anzusehen, dabei hatte ich der toten Frau nicht getan. Ich wollte herausfinden wer sie getötet hatte doch das machte mich nur unbeliebt. Eines Abends kamen sie zu mir, um mich zu holen. Sie wollten mich ebenfalls töten. Doch als ich das erfahren hatte, packte ich in Windeseile meine Sachen, schnappte mir mein Pferd und ritt in mein Heimatdorf zurück. Als hierher. Ich hoffte hier ein neues Leben anfangen zu können, und so war es dann auch. Jedoch musste ich, um bekannt zu werden mit zwielichtigen Gestalten handeln. Und schließlich landete ich hier.“, Lukas deutete auf den Boden des Schlosses.
Während sie sich weiter unterhielten kam Victoria durch die Eingangshalle geschlendert. Als sie Lukas entdeckte ging sie freundlich lächelnd auf ihn zu. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen und stellte sich vor. Als sie ihren Namen erwähnte schaute Lukas den Ritter bedeutungsvoll an, welcher sofort anfing schallend zu lachen. Victoria ignorierte ihn und unterhielt sich etwas mit Lukas. Irgendwann verschwand sie wieder und Lukas fragte ob er für eine Weile im Schloss bleiben könne.
„Natürlich kannst du das. Komm mit ich zeige dir deinen Schlafplatz.“
Der Ritter und Marcus gingen hoch, zu Victorias Zimmer. Doch anstatt sie zu besuchen öffnete er eine der anderen Türen und zeigte ihm ein großes Schlafzimmer.
„Bleib hier solange du möchtest. Du bist hier ja schließlich immer willkommen!“, lachte der Ritter und boxte seinem Freund auf die Schulter.
Nachdem der Ritter verschwunden war, legte Lukas sein Oberteil ab und suchte das Zimmer nach einem Waschbecken ab. Es gab keins also verließ er sein Zimmer und suchte weiter. Er öffnete die Tür zu Victorias Zimmer, und sah wie Victoria vor ihrem Spiegel saß und ihre Haare kämmte.
„Oh, Verzeihung. Ich wollte dich nicht stören!“, meinte Lukas verlegen.
Victoria sagte dass das kein Problem wäre und sah ihn an. Als ihr Blick auf seinen blutverschmierten Körper fiel klappte ihr der Mund hinunter.
„Oh mein Gott! Was ist denn mit dir passiert?! Geht es dir gut?“, fragte sie entsetzte.
Doch anstatt seine Antwort abzuwarten redete sie weiter entsetzt vor sich hin.
„Man muss dich verarzten! Komm her ich mach das schon!“, sagte sie und zerrte ihn auf ihr Bett.
„Nein, ich -“
„Keine Widerrede!“, sie hielt ihn gewaltsam fest damit er nicht aufstehen konnte.
„Mir geht es gut! Ich möchte einfach nur -“, Lukas versuchte verzweifelt los zu kommen, doch schließlich gab er auf.
Er hörte auf sich zu wehren hatte jedoch Angst dass Victoria mit ihm dasselbe machen würde, wie das was Gabriella mit ihm gemacht hatte. Victoria eilte im Zimmer herum, suchte Salben heraus und Verbandszeug. Dann setzte sie sich neben ihn auf das Bett und begann vorsichtig seine Brust zu verbinden. Als sie die kalte Salbe auf seiner Haut verrieb zuckte er kurz zusammen.
„Entschuldige, sag wenn ich dir wehtue.“, sagte sie sanft.
„Es war nur kalt!“
Victoria strich auch etwas Salbe auf die Wunde an seinem Hals und legte vorsichtig den Verband darüber. Als sie fertig war stand sie auf, und blieb neben Lukas stehen.
Zaghaft versuchte Lukas sich aufzurichten, und wartete darauf dass sie ihn wieder auf das Bett drückte. Doch sie blieb stehen und beobachtete ihn nur. Er verabschiedete sich dankend von ihr und ging wieder in sein Zimmer. Zu Tode erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen und schlief sofort ein.
Die Sonne schien durch das Zimmer indem Lukas schlief, und er blinzelte ihr glücklich entgegen. Er sprang aus dem Bett, zog sich an und eilte aus der Tür. Zur selben Zeit verließ auch Victoria ihr Zimmer und die beiden wären fast ineinander gerannt wenn Lukas sie nicht gesehen hätte.
„Guten Morgen!“, sagte er und lächelte ihr fröhlich entgegen.
„Guten Morgen, Lukas“, begrüßte sie ihn ebenso fröhlich.
Sie gingen gemeinsam hinunter in das Esszimmer und setzten sich an den langen Tisch. Der Ritter saß bereits dort und zum ersten mal seit Wochen lächelte sie ihn wieder an und wünschte ihm einen wunderschönen guten Morgen. Von der allgemeinen guten Laune und dem Stimmungsumschwung übermannt stotterte der Ritter auch ein 'Guten Morgen'. Verwirrt aß er weiter und hoffte dass nun zwischen ihm und Victoria alles wieder gut wäre. Doch da war etwas dass er noch herausfinden musste bevor er wieder guter Laune sein konnte. Welche Augenfarbe hatte Victoria heute. Er sah sie an, doch sie sah ihn nicht an. Sie war damit beschäftigt ihr Essen hinunter zu schlingen, also war es praktisch unmöglich einen Blick auf ihre Augen zu erhaschen. Doch plötzlich sahen ihn ein paar wunderschöne, glänzende, grüne Augen tief an und Victoria lächelte ihm zu. Er zuckte zusammen und sagte: „Grün....!“.
„Grün?!“, fragte Victoria verwirrt.
„Ähm..ist schon gut.“, der Ritter wurde rot weil ihm bewusst war, dass er soeben laut gedacht hatte.
Victoria schien das zu bemerken und kicherte leise vor sich hin. Als sie mit dem Essen fertig war ging sie hinaus in den Garten. Sie kümmerte sich um die Pflanzen. Als sie damit fertig war ging sie zum Stall. Dort standen zwei Pferde. Ein schneeweißes und ein schwarzes. Sie streichelte beide und sah sie an. Plötzlich lief ihr der Ritter über den Weg und stellte sich neben sie. Sie spürte seinen sanften Atem in ihrem Nacken.
„Ist er nicht wunderschön?“, fragte der Ritter und streichelte das schwarze Pferd.
„Ja, das ist er.“
„Er gehört mir. Ich habe ihn gefunden als er noch ein kleines Pony war.“, der Ritter schwelgte anscheinend in seinen Erinnerungen.
„Wirklich? Wie heißt er?“, fragte Victoria neugierig.
„Shadow.“
„Schöner Name. Schade dass ich nicht reiten kann.“
„Ich kann es dir beibringen!“, plötzlich leuchtete es in den Augen des Ritters.
„Ähm..nun..ehh..okay. Gerne.“
Der Ritter nahm sie bei der Hand und half ihr auf das Pferd.
„Zuerst musst du eine Beziehung zu ihm aufbauen. Doch das geht schnell. Shadow ist sehr zutraulich.“, sagte der Ritter begeistert.
Victoria streichelte das Pferd und hielt sich an den Zügeln fest.
Nach einer Weile schaffte sie es dem Pferd befehle zu geben und ritt mit dem Ritter eine Runde. Schließlich war sie erschöpft und bat ihn wieder heim zu kehren. Am Schloss angekommen stiegen sie lachend von ihren Pferden ab. Sie hatten sehr viel Spaß gehabt. Schließlich standen sie direkt vor einander und sahen sich an. Es kam dem Ritter so vor als könne er in ihre Seele sehen. Er sah den Schmerz den sie schon durchlitten hatte, die Verzweiflung und dann die Hoffnung die trotz allem nicht gestorben war. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und an der Stelle an der er sie berührt hatte wurde sie rot. Langsam kamen sie sich näher, doch Victoria zögerte. Sie sagte sie sei müde und entschuldigte sich bei ihm. Dann verschwand sie ins Schloss und der Ritter sah ihr sehnsüchtig hinterher.
Der Ritter und Lukas saßen zusammen im Esszimmer und lachten gemeinsam. Sie unterhielten sich bis in den Morgen hinein und keiner von ihnen wollte aufhören. Sie scherzten und erzählten sich alles was sie in den letzten Jahren verpasst hatten. Dass Lukas dort war versetzte alle in eine fröhliche Stimmung. Er hatte anscheinend einen positiven Einfluss.
Am nächsten Morgen klopfte es an der Tür. Marcus und Gabriella standen dort und warteten. Victoria öffnete sie und freute sich dass Marcus sie besuchte. Sofort überredete er sie dass sie in ihr Zimmer gehen sollten, wo sie ungestört seien. Sie eilte mit ihm aufs Zimmer und sobald die Zimmertür geschlossen war, warf er sie aufs Bett und stürzte sich auf sie.
In der Eingangshalle des Schlosses wartete Gabriella auf jemanden der begrüßte. Schließlich kamen der Ritter und Marcus vorbei und während der Ritter sie freundlich begrüßte stand Lukas steif da. Er war entsetzt darüber dass sie hier war.
Der Ritter sah ihn erstaunt an und fragte ob alles in Ordnung sei. Lukas nahm ihn beiseite und flüsterte ihm zu: „Diese Frau kenne ich. Sie ist ein Monster. Sie hat versucht mich umzubringen!“.
„Was?!“, fragte der Ritter verwundert.
„Ja! Vertrau ihr nicht!“
Sie gingen zurück und waren gespielt freundlich zu Gabriella. Dem Ritter fiel auf, dass sie orangene Augen hatte. In ihnen loderte ein Feuer. Plötzlich kam ihm Gabriella so bekannt vor. Er sah sie schief an und dann wusste er woher er sie kannte. Die selben Augen hatte Victoria gehabt als sie ihn immer verführt hat. Gabriella merkte sofort dass ihre Tarnung aufgeflogen war, stand auf rannte zur Tür und verwandelte sich in einen weißen Tiger. Die beiden Männer rannten ihr hinterher, schwangen sich auf ihre Pferde und nahmen die Verfolgung auf. Als sie sie schließlich eingeholt hatten umzingelten sie sie sodass sie nicht weg konnte. Sie stiegen ab und zogen ihr Waffen. Lukas hatte einen scharfen Dolch in der Hand. Der Ritter sein Schwert. Sie waren fest entschlossen der Frau namens Gabriella ein Ende zu setzten. Als der Ritter gerade dein Schwert hob um dem Tiger einen Schlag zu verpassen, drehte sich der Tiger um, und war mit einem Mal weg. Dann plötzlich verwischte alles vor den Augen des Ritters und als er wieder klar sehen konnte sah er wie Lukas vor ihm stand. Er wurde von Gabriella, als Mensch, mit seinem Dolch bedroht. Sie lachte finster und sah den Ritter erwartend an.
„Es tut mir leid. Sie war zu schnell!“, ächzte Lukas.
„Wenn du mir nur ein Haar krümmst, werde ich ihn töten!“, sagte Gabriella und sah den Ritter scharf an.
„Okay. Ich geb auf. Bitte tu ihm nichts.“, der Ritter ließ sein Schwert fallen und ging etwas in die Knie.
Als sie gerade eben von Lukas abließ, ging der Ritter in die Knie, zog blitzschnell einen Dolch aus seinem Schuh und warf in in ihre Richtung. Plötzlich wirbelte es um Gabrielle herum, und als sie war plötzlich wieder ein Tiger. Den Dolch hatte sie anscheinend abgewehrt denn er lag auf dem Boden. Sie sprang über Lukas Kopf hinweg auf den Ritter und versetzte ihm mit einem Pranken hieb drei tiefe Schnitte in der Brust. Der Ritter sank zu Boden. Lukas hob das Schwert des Ritters auf und richtete es auf den Tiger. Dieser knurrte noch einmal und rannte dann weg. Sofort stürzte er zu dem verletzten Ritter, hievte ihn auf das Pferd und ritt mit ihm in Windeseile zurück zum Schloss.
Als sie dort angekommen waren, half Lukas dem Ritter vom Pferd ab zu steigen.
„Versprich mir, dass Victoria nichts davon erfahren wird!“, sagte er leise.
Es strengte ihn an zu sprechen, denn er war schwer verwundet, und er verlor eine Menge Blut.
„Ich verspreche es.“
Er half ihm in sein Zimmer und versuchte die Blutung zu stoppen. Als es dem Ritter wieder etwas besser ging, beschloss er ihn etwas schlafen zu lassen.
Victoria hatte es sich mit Marcus auf dem Bett gemütlich gemacht. Sie lagen nebeneinander und sahen sich in die Augen. Plötzlich packte er sich an der Hüfte und drehte sich so dass sie auf ihm lag. Sie küssten sich und standen nach einer Weile auf um sich von Victorias Balkon aus den Garten anzusehen. Sie beobachteten wie die Sonne hinter den Bäumen und Bergen verschwand. Schließlich war es so spät, dass Marcus gehen musste. Er verließ das Zimmer, und als er gerade die Treppe hinunter gehen wollte rief Victoria seinen Namen und er blieb stehen.
„Warte! Ich habe noch etwas für dich!“,rief sie ihm hinterher.
Marcus wunderte sich und wartete.
„Warte genau hier. Ich komme gleich mit deiner Überraschung, ja?!“
Er wartete brav, doch als sie nach kurzer Zeit nicht wieder auftauchte, sah er sich um. Er öffnete verschiedene Türen und schließlich öffnete er die Tür
mit der man in das Jungfernzimmer kam. Er machte sie auf, und lauter nackte, schöne Frauen sahen ihn an. Sie lächelten und zogen ihn in das Zimmer.
„Wir kriegen praktisch nie Männerbesuch!“, sagte eine der Jungfern.
„Hoffentlich muss er nicht wieder gehen!“, sagte eine andere.
„Wisst ihr Ladies, ich habe Zeit.“, Marcus lächelte ihnen zu. Er legte seine Kleidung ab und ging durch den Raum. Jede der Jungfern streckte seine Hand nach ihm aus und berührte ihn an allen möglichen Stellen. Sie kicherte wenn er sich ihnen zuwendete. Schließlich stand er an der Wand und alle kamen auf ihn zu. Sie berührten ihn, ließen ihre Hände durch sein Haar gleiten oder atmeten seine Geruch ein. Marcus hob vorsichtig seine Hände, und sofort wurden sie ergriffen und auf Brüste, Hüften oder Hintern gelegt. Sie kamen immer näher, sie berührten ihn an immer intimeren Stellen. Doch er wehrte sich nicht, es gefiel ihm sogar. Victoria hatte er schon lange vergessen. Es war ihm egal ob sie ihn erwischte oder nicht. Es waren ihm nur noch die Frauen wichtig. Eine der Jungfrau druckte sich an ihn und fing an ihn zu küssen und seinen Hals ab zu lecken. Eine andere berührte mit ihren Händen seinen Bauch und leckte ihn ab. Die dritte vergrub ihr Gesicht an seinem Hals und knabberte sanft an seinem Ohrläppchen. Marcus taumelte mit allen Jungfern gleichzeitig in ein Nebenzimmer. Dort stand ein Bett. Er ließ sich darauf fallen und mindestens fünf der anwesenden Frauen stürzten sich auf ihn. Egal wohin er fasste, überall waren Frauen. Die Anführerin dieser Frauengruppe sagte: „Marcus ist vielleicht nicht lange hier. Aber ich denke er erklärt sich dazu bereit mit uns...Jede die will bitte anstellen!“.
Alle Frauen ordneten sich in eine lange Schlange ein, und eine nach der anderen durfte zu Marcus aufs Bett. Doch plötzlich hielten es alle nicht mehr aus. Die die warten konnten gingen wieder zurück ins Wasser. Doch vier der Frauen blieben bei ihm. Sie massierten ihn, berührten ihn und küssten ihn. Während er mit zwei von den Vieren beschäftigt war, beschäftigten sich die anderen beiden miteinander. Sie fassten sich gegenseitig an, küssten sich. Marcus beobachtete das alles mit offenem Mund. Für ihn war es der Himmel. Lauter nackte, willige Frauen. Aus dem Raum kam nur hohes Gekicher und viel Bett quietschen.
Victoria kam aus dem Zimmer und bemerkte dass Marcus nicht mehr da war. Sie eilte herum und suchte ihn. Schließlich kam sie in das Zimmer mit den Jungfrauen. Sie fragte ob sie ihn gesehen hätten. Diese lächelten, nickten und deuteten auf das Hinterzimmer. Sie öffnete zaghaft die Tür. In dem Zimmer sah sie wie eine der Frauen auf Marcus lag und mit ihm schlief, die anderen drei berührten ihn oder küssten ihn. Teilweise küssten sie sich gegenseitig. Victoria hatte Tränen in den Augen. Marcus hatte sie betrogen! Sie rannte aus dem Zimmer, die Treppe hinunter in das Zimmer des Ritter. Dieser war gerade damit beschäftigt sich seinen Verband um zu wickeln. Er hatte keine Rüstung an. Auch keinen Helm. Victoria bemerkte dies jedoch nicht, fiel dem Ritter um den Hals und weinte sich bei ihm aus. Er sah sie erschrocken an und wunderte sich dass sie nicht bemerkte dass er keinen Helm trug. Sie weinte sich die Augen aus dem Leib, schluchzte herzzerreißend und schmiegte sich an ihn.
„Er hat mich betrogen! Marcus hat mich betrogen!! Ich dachte ich wäre seine Freundin. Ich dachte ich wäre ihm wichtig!“, weinte sie.
„Ähm...Victoria?“
Sie überhörte es einfach und weinte weiter.
„Wieso tut er mir das an? Ich dachte er wäre anders!“
„Victoria!
„Wieso sind Männer alle gleich? Wieso suche ich mir immer die falschen aus?“, Victoria schluchzte und es schüttelte sie vor lauter Weinen.
„Victoria, ich -“, doch Victoria unterbrach ihn wieder mit ihrem Gejammere.
„Ich hasse die Welt! Ich hasse ihn! Marcus ist ein Idiot!“
„Victoria!!“
Plötzlich verstummte sie und sah zum Ritter hoch. Mit verquollenen Augen und Tränen verschmiertem Gesicht sah sie bemitleidenswert aus. Plötzlich bemerkte sie dass er keine Rüstung trug, sie riss die Augen auf und er schaute traurig zur Seite. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände, zwang ihn sie anzusehen. Er war wunderschön! Seine blonden Haare hingen ihm vereinzelt und in kleinen Strähnchen ins Gesicht. Seine Augen waren dunkelblau und glitzerten. Sein Gesicht war etwas eckig, aber dennoch schön.
„Du..du bist wunderschön!“, stammelte sie.
„Nein! Es ist eine Schande mein Gesicht zu sehen!“, er vermied es sie anzusehen.
„Wieso?“
„Weil ich meine Eltern getötet habe. Ich kann mich nie wieder jemandem zeigen! Mein Bruder hat mir dafür immer die Schuld gegeben!“, asgte der Ritter mit erstickter Stimme.
„Tja, jetzt ist es eh zu spät. Verrätst du mir nun deinen Namen?“, fragte sie zaghaft.
„Alex. Mein Name ist Alex Black. Und übrigens wird mein Name englisch ausgesprochen, weil meine Eltern aus England kommen.“, er musste lächeln.
Victoria drückte sich an ihn und küsste ihn. Er legte seine Hände auf ihren Rücken, und legte sie vorsichtig auf das Bett. Er zögerte, doch als sie anfing sich zu entkleiden, war er sich sicher dass es die echte Victoria war die das wirklich wollte. Er legte ebenfalls seine Kleidung ab und legte sich neben sie. Zaghaft fingen sie an sich zu küssen, keiner wollte den anderen verletzten, doch mit der Zeit wurden sie unvorsichtiger. Er zog sie ganz nah zu sich heran und sie legte seine Hände auf ihre Hüfte. Victoria zog die Decke über beide, und man hörte nur noch Rascheln und Gekicher.
Victoria wachte auf und merkte dass sie neben Brandon lag.
„Guten Morgen, Sonnenschein.“, sagte er lächelnd.
Sie seufzte fröhlich und kuschelte sich an ihn. Er legte einen Arm um sie und drückte sie fest an sich. Beide wollten dass sie für immer so bleiben könnten. Plötzlich richtete Victoria sich auf und er schaute etwas enttäuscht. Sie beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich.
„Guten Morgen, Liebling.“, lächelnd strich sie ihm übers Gesicht.
Beide standen auf und zogen sich an. Sie aßen etwas und Victoria ließ sich Badewasser ein. Während sie gerade in der Badewanne saß, kam Alex herein und setzte sich neben sie auf den Rand der Wanne. Er küsste sie sanft auf die Stirn und sie schloss sie Augen und genoss es. Urplötzlich zog er seine Sachen aus, hob sie aus der Wanne und stieg mit ihr zusammen wieder hinein. Victoria kicherte und küsste seinen Hals. In der Badewanne nahm er einen Schwamm und strich ihn vorsichtig an ihrem Arm entlang. Er umfasste sie mit seiner anderen Hand, und drückte sie fest an sich. Dann drehte Victoria sich um, küsste ihn und zog ihn unter das Wasser.
Zwischendurch tauchte einer von beiden auf, um nach Luft zu schnappen, jedoch nicht sehr oft.
Die kompletten nächsten zwei Wochen verbrachten beide eigentlich fast nur ohne Kleidung. Doch beide waren glücklich. Sie strahlten sich gegenseitig an und fielen immer wieder über einander her. Eines Tages beschlossen beide ein entspannendes Bad im Jungfernzimmer zu nehmen. Als sie schließlich eintraten waren die Jungfern noch dort. Brandon trat ein und sogleich waren aller Augen auf ihn gerichtet, die Jungfern streckten wieder ihre Hände nach ihm aus. Doch Victoria nahm seine Hand und drückte sich fest an ihn. Da sahen die Jungfrauen ein dass es zwecklos war. Sie badeten gemütlich im Wasser und die Jungfern verzogen sich ins Hinterzimmer. Es hatte eine sehr angenehme Temperatur in dem Zimmer, jedoch wurde es irgendwann zu warm und sie gingen wieder.
Dass Lukas auch noch im Schloss war freute sie, denn so konnten sie ihre neu gewonnene Fröhlichkeit und Gute Laune teilen. Brandon brachte Victoria weiter das reiten bei, und er stellte fest dass sie ein Naturtalent war.
Es war viel Zeit vergangen seitdem sie Marcus das letzte Mal sahen, er, Alwx glaubte. Dass er irgendetwas ausheckte. Und das verhieß nichts gutes. Gabriella war auch verschwunden und ließ sich seit langem nicht mehr blicken.Er hielt seine Gedanken jedoch erst einmal vor Victoria geheim, denn er wollte sie nicht in Panik versetzten.
Eines Tages beschlossen Lukas, Alex und sie in den Wald zu gehen. Er besorgte ihr noch ein Pferd und Lukas ritt auf seinem schneeweißen. Als sie angekommen waren machte sich Victoria sofort daran Pilze und Kräuter zu sammeln. Er suchte die Gegend nach Angreifern ab und ging schließlich mit Lukas auf die Jagd.
Victoria war gerade dabei einen Pfifferling auszugraben, als sie plötzlich bemerkte dass die Sonne fast weg war und sich ein unheimlicher Nebel auf dem Boden ausbreitete. Alex und Lukas waren noch nicht von ihrer Jagd zurück, also war sie auf sich allen gestellt. Victoria sah sich in der Nähe um nach einem halbwegs sicherem Ort, an dem sie warten könnte. Doch überall um sie herum waren nur Bäume, Sträucher und Moos. Die Blätter schaukelten sanft im Wind und der Himmel verfinsterte sich. Die dunklen Wolken verschmolzen zu einer grauen Masse. Der ganze Wald spürte dass etwas im Anmarsch war, doch niemand wusste wer oder was es war. Die Geräusche die die Tiere gemacht hatten verstummten. Der Wind der durch die hohlen Baumstämme pfiff verursachte ein tiefes Heulen. Plötzlich hörte Victoria den Schrei einer Eule und zuckte zusammen. Sie hörte Schritte, den Atem von jemandem und dann war alles wieder ruhig. Sie drehte sich um um zu sehen ob jemand dort war, vergebens. Neben ihr raschelte es hinter einem der Bäume. Das Rascheln wanderte nun hinter einen Busch und lief im Kreis um sie herum.
„Wo sind bloß Lukas und Alex?“, dachte sie. Ein Gefühl der Beklommenheit überfiel sie. Es breitete sich in ihr aus und nahm schließlich ihren ganzen Körper in Besitz. Sie fühlte sich unwohler denn je. Plötzlich ertönte ein hohes Kichern hinter ihr. Sie wirbelte herum, doch dort war niemand. Das wiederholte sich noch einmal. Doch wieder niemand. Victoria bekam es mit der Angst zu tun und hatte das Bedürfnis ihre Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen was das Zeug hält. Doch sie hoffte immer noch dass Alex und Lukas sie retten würden. Sie wartete, doch niemand kam. Anscheinend hatten sie es nicht bemerkt, Victoria verfiel in Panik. Was tat sie bloß wenn niemand da war um sie zu beschützen, sie konnte nicht kämpfen, oder sich sonst irgendwie wehren. Neben Victoria knarrte ein Baum. Er sah sehr unheimlich aus. Er hatte keine Blätter mehr, so wie die anderen Bäume, und sein Stamm sah aus wie ein schreiendes Gesicht. Sie taumelte taumelte ein Stück rückwärts und fiel prompt über einen abgesägten Baumstamm. Der Boden war feucht und sofort wurde ihr von dem Nebel die Sicht versperrt. Vor ihr ragte ein schwarzer Schatten in die Höhe, er bewegte sich auf sie zu und von diesem Schatten kam auch ein hohes Kichern. Victoria kroch panisch rückwärts. Irgendetwas war hinter ihr her. Es wollte sie töten dass wusste sie. Victoria rappelte sich auf, und rannte. Sie wusste nicht wohin sie sollte, aber sie wusste wenn sie bleiben würde würde sie getötet werden. Kurz bevor sie zusammen gebrochen wäre erreichte sie den Waldrand. Es war stockdunkel und die einzige Lichtquelle war der Mond. Das Licht reflektierte auf dem Gras und produzierte ein silbernes Schimmern. Sie stolperte aus dem Wald und fiel auf den Boden. Schnaufend schnappte sie nach Atem, ihre Beine schmerzten denn sie hatte durch Dornen rennen müssen. Ihr Körper bebte und sie zitterte aus lauter Angst davor dass dieses etwas ihr folgen könnte. Ihre Angst bewahrheitete sich, ein Schatten trat aus dem Wald und kam auf sie zu. Victoria lag in der Mitte einer riesigen Wiese und versuchte sich hoch zu stemmen. Sie blickte sich um, erschrak und sprang auf. Nun sah sie auch wer es war. Es war Gabriella Martínez.
„Keine Sorge, ich werde dich betäuben bevor ich dich töte!“, sagte sie sanft.
Ein Wirbel aus Luft, Staub und Blätter wehte um sie herum und plötzlich stand sie hinter Victoria. Gabriella packte sie am Genick, und hielt ein Messer an ihre Kehle. Victoria atmete schnell und unsicher. Panisch riss sie die Augen auf und suchte nach einem Fluchtweg. Doch nirgends war etwas zu sehen dass ihr helfen konnte.
„Keinen Mucks. Oder ich töte dich qualvoll. Wenn du schön machst was ich sag dann werde ich dich schnell und schmerzlos töten.“, knirschte Gabriella in ihr Ohr.
„Aufstehen!“, befahl sie.
Victoria stand langsam und vorsichtig auf, denn sie sie wollte nicht dass Messer weiter in ihre Haut rammte.
„Beweg dich!“, raunte Gabriella unsanft.
Sie band Victoria ein Tusch in den Mund, sodass sie nicht sprechen konnte. Dann fesselte sie ihre Arme an ihren Körper. Panisch sah sie sich um. Um immer noch die Kontrolle über sie zu haben, zog sie sie an den Haaren und hielt ihr das Messer an die Wange. Gabriella schubste und zog Victoria über das Feld und jedes Mal wenn sie einen laut, wie ein Stöhnen, von sich gab drückte sie das Messer fester in ihre Haut. Das Blut lief bereits ihr Gesicht herunter, doch aus lauter Panik und Todesangst spürte Victoria das nicht. Ihre Gedanken rasten und suchten nach einem Ausweg, doch es gab keinen. Sie musste sterben, es gab keinen anderen Weg, jedoch fragte sie sich warum sie sterben musste.
„Victoria?!“, kam es leise aus dem Wald.
„Victoria, wo bist du?“, es wurde immer lauter.
Schließlich stolperte der Ritter aus dem Wald und Lukas kam hinterher.
„Da bist du ja! Wo warst du?“, doch ehe er merkte dass sie in Gefahr war, stand Gabriella schon hinter ihm.
„Mhm, mhmgrl, mhnhm!!!“, versuchte Victoria ihn zu warnen, doch mit dem Tuch im Mund konnte sie nicht reden.
„Alex, Pass auf!!“, schrie Lukas, doch es war schon zu spät.
Gabriella verpasste ihm einen kräftigen Tritt und er flog beiseite. Lukas rannte wutentbrannt auf sie zu, packte sie und rang mit ihr. Sie wälzten sich auf dem Boden, schlugen sich gegenseitig und verpassten sich kleine Kratzspuren. Schließlich holte Gabriella aus und traf Lukas mitten ins Gesicht, Ohnmächtig und blutend fiel er zu Boden. Ein bisschen weiter weg lag Alex und versuchte sich aufzurappeln, doch es klappte nicht. Sie hatte ihn so erwischt dass seine komplette Kraft ihn verlassen hatte. Victoria wälzte sich auf dem Boden um die Fesseln los zu werden doch es war vergebens, egal was sie versuchte, es funktionierte nicht. Die Fesseln waren zu eng. Gabriella stand in der Mitte des Feldes. Alex und Lukas lagen am Boden. Und Victoria versuchte immer noch verzweifelt sich zu befreien. Als sie bemerkte dass sie die anderen beiden außer Gefecht gesetzt hatte wandte sie ihre Aufmerksamkeit Victoria zu. Langsam ging sie auf sie zu. Sie packte sie an den Haaren und zog sie gewaltsam auf die Beine.
„Ahhmm!!Mhnmah“, ihr entfuhr ein hohes Schmerzensschrei.
Gabriella sah ihr in die Augen, schlug sie mit aller Kraft ins Gesicht und ließ sie zu Boden fallen. Dann nahm sie ihr Messer und setzte es an die Beine von Victoria an. Langsam drückte sie das Messer tiefer in das Fleisch hinein und zog es ihr Bein entlang. Ein dunkelroter Schlitz breitete sich auf ihrem Bein aus, und Blut strömte hinaus.
Sie biss krampfhaft in das Tuch, welches ihr immer noch unmöglich machte zu sprechen, und versuchte nicht zu schreien. Schnaufend lag sie auf dem Boden, krümmte sich vor Schmerzen und sie wusste dass Gabriella sie gleich töten würde.
Victoria wehrte sich nicht mehr, sie wollte nur noch von diesen Schmerzen befreit werden. Sie setzte abermals das Messer an ihre Kehle an und Victoria drehte leicht den Kopf. Sie sah den Ritter am Boden liegen, und er blickte sie gerade an. Tränen bildeten sich in sein seinen Augen, und er sah sie hoffnungslos an. Gabriella durchtrennte das Tuch in ihrem Mund und Victoria sah den Ritter an und flüsterte leise: „Es tut mir so leid.“. Die Schmerzen übermannten sie und alles wurde schwarz.
Es war noch nicht vorbei, das wusste jeder. Alex schaute zu Victoria und ihn traf ein qualvoller Schmerz. Er war für ihren Tod verantwortlich. Doch ihr letzter Wunsch wäre es bestimmt gewesen, sich an Gabriella zu rächen. Sie lief über das Feld und kehrte Lukas den Rücken zu. Er hatte es geschafft sich aufzurappeln und stand, wenn auch etwas unsicher. Alex stemmte sich mit aller Kraft hoch und kam schwankend zum stehen. Er zog sein Schwert, und richtete es auf Gabriella. Sie ließ ein leises Kichern hören.
„Hast du wirklich geglaubt, dass mir mit deinem Schwert drohen kannst? Ich hätte dich innerhalb von Sekunden getötet!“, wisperte sie mit einer diabolischen Stimme.
„Aber wieso hast du mich dann nicht schon getötet?“, fragte Alex.
„Ich wollte dich leiden sehen.“
„Warum tust du mir das eigentlich an? Was habe ich dir getan?“
„Du warst es der meine Familie umgebracht hat! Du hast mein Leben zerstört! Du hast sie alle getötet! Ihnen dein Schwert in die Brust gerammt! Ich will Rache! Ich wollte dich leiden sehen! Ich wollte dir deine liebsten nehmen, so wie du mir.“, schrie sie hysterisch.
Alex war verwirrt, er hatte nie eine Familie namens Martínez gekannt, wie hätte er sie dann umbringen können?
„Aber, ich war das nicht. Wie hätte ich sie töten können? Ich kenne deine Familie nicht!“, sagte er sanft um sie zu beruhigen.
„Ich war damals noch sehr jung. Als ich eines Abends nach einer Walderkundungstür wieder nach Hause kam, brannte dort kein Licht. Ich wunderte mich, denn eigentlich sollten sie alle Zuhause sein. Ich lief hoch und da waren sie. Lagen tot da, und bluteten. Sie starrten irgendwo hin und ich dachte sie schliefen nur. Ich versuchte sie zu wecken, doch niemand wachte auf. Ich rannte aus dem Haus, weinend, und dort begegnete mir ein älterer Junge und sagte dass er gesehen habe wer sie umgebracht hat. Er sagte mir dass es ein Junge gewesen sei der hier oben in einem Schloss wohne. Seitdem verfolge ich dich. Ich habe immer auf die passende Gelegenheit gewartet. Auf die eine Person, für die du sterben würdest. Dann kamst du eines Abends nach Hause, und hattest sie dabei!“, Gabriella deutete auf Victoria, „Ich sah in deinen Augen ein Funkeln und wusste dass sie diese Person war!“
Alex hörte zu und in seinem Gesicht zeichneten sich die Trauer und der Schreck ab.
„Nun weißt du alles. Jetzt werde ich dich töten!“, sie lächelte ihn bedrohlich an.
Es gab einen Windhauch und Gabriella war verschwunden. Sie stand hinter Alex und schleuderte ihn herum. Doch plötzlich erschrak sie, Lukas war auf sie zu gerannt und hatte sie zu Boden gerungen. Er kämpfte mir ihr, doch sie war viel stärker. Mit ihrem Messer schnitt sie ihn in die Wange. Plötzlich waren die beiden weg. Alex sah sich verwirrt um und erkannte dass Gabriella Lukas an einen Baum gedrückt hatte. Sie hatte das Messer drohend über ihn gehalten. Alex rannte auf die beiden zu, doch sie drehte nur ihren Kopf in seine Richtung, fauchte ihn an und er blieb stehen. Vorsichtig bewegte er sich auf sie zu, und gerade als sie sich umdrehen, sich verwandeln und den Ritter beißen wollte, stoppte sie. Alex hörte auf sich auf sie zu zu bewegen, und sie horchte auf. Ein tiefes Heulen kam aus dem Wald. Das Heulen eines Wolfes. Zuerst versuchte sie es zu ignorieren, doch es wurde immer stärker. Plötzlich wurde es von einem lauten Knurren übertönt, es hörte sich an als gäbe es einen Kampf. Gabriella schien in einem inneren Konflikt mit sich zu stehen, doch schließlich ließ sie von Lukas ab. Sie hob die Hand, schlug ihn noch einmal, dabei schnitten ihre Fingernägel in sein Fleisch, und rannte dann weg. Während sie rannte verwandelte sie sich in einen großen, schwarzen Wolf. Der Wolf setzte sich kurz hin, heulte wütend, und rannte weiter. Lukas sank erschöpft und verwundet zu Boden. An der Stelle an der sie ihn geschlagen hatte, waren nun vier lange, rote Kratzspuren. Alex half ihm auf und sie gingen gemeinsam zu Victoria. Sie lag auf dem Boden, sie Hände immer noch gefesselt. Sie befreiten sie, Alex hob sie hoch und musste sich seine Tränen verkneifen. Sie blutete an den Beinen, und ihr Gesicht war auch voller Blut. Alex und Lukas trugen sie zurück ins Schloss und legten sie auf das Bett von Alex. Er setzte sich neben sie und Lukas klopfte ihm auf die Schulter.
„Niemand hätte ihr mehr helfen können! Es war zwecklos. Gabriella hätte sie so oder so umgebracht.“
„Aber wieso jetzt?!“, Alex sah ihn an.
Er hoffte darauf dass Lukas ihm eine Antwort geben könnte, er flehte und bettelte ihn an. Doch Lukas schüttelte nur den Kopf und sah zu Boden.
„Ich lasse dich jetzt allein. Kommst du klar?“, fragte er besorgt.
Alex nickte unmerklich mit dem Kopf und Lukas verschwand aus der Tür. Er strich Victoria sanft über ihre Wange und holte einen Schwamm. Er machte den Schwamm nass und drückte ihn solange aus, bis er nur noch feucht war. Dann begann er ihr das Blut abzuwaschen. Nachdem sie wieder sauber war, verband er ihre Wunden. Dann nahm er ihre Hand. Plötzlich spürte er ein fast schon unmerklich schwaches vibrieren an ihren Handgelenk. Das musste ihr Puls sein. Vielleicht war sie ja doch nicht tot! Um sich zu vergewissern, legte er sein Ohr auf ihre Brust um zu hören ob ihr Herz noch schlug. Und tatsächlich. Ganz schwach pochte ihr Herz. Sie war nicht tot, nur ohnmächtig. Alex stürmte aus dem Zimmer und fiel Lukas um den Hals.
„Sie lebt, Lukas! Sie lebt!“, sagte er überglücklich.
Die nächsten Wochen kümmerten sich Alex und Lukas um Victoria. Doch sie war noch nicht aufgewacht. Ihre Wunden waren anscheinend so gravierend gewesen, dass sie in einen Zustand des Dauerschlafs verfallen sein musste, damit sich ihr Körper in Ruhe regenerieren konnte. Sie verabreichten ihr genügend zum Trinken und achteten darauf dass sie nicht daran erstickte.
Nach drei Wochen war es endlich soweit. Victoria erwachte aus ihrem Koma. Sie schlug die Augen auf und musste sich erst wieder an das Sonnenlicht gewöhnen. Dann stand sie schwankend auf und tapste in Richtung Tür. Als sie sie gerade aufmachen wollte, ging sie von selbst auf und Alex kam herein. Bevor sie irgendetwas sagen konnte, hatte er schon seine Lippen auf ihre gepresst. Nach Victorias Meinung hörte er wieder viel zu früh damit auf. Er war froh sie wieder lebendig zu sehen.
„Endlich bist du wach!“, sagte er fröhlich.
Dann umarmte er sie, hob sie hoch und drehte sich im Kreis. Sie lächelten sich gegenseitig an. Sie hatten sich endlich gefunden. Nach all den Tragödien. Doch es war noch nicht vorbei. Das war gerade erst der Anfang.
Etwas weiter weg im Schloss klopfte es gerade an der Tür. Lukas ging darauf zu und öffnete sie vorsichtig. Es regnete und der Regen platschte kalt ins Innere des Schlosses. Vor der großen Flügeltür stand ein Mädchen mit weißen Haaren. Ihr Klamotten waren durch den Sturm anscheinend zerfetzt worden und sie stand knapp bekleidet dort. Die Arme um sich geschlungen und zitternd sah sie ihn hoffnungsvoll an. Sie war etwa in Lukas alter und sah wunderschön aus. Für ein paar Sekunden starrte er sie fassungslos an. Dann fasste er sich wieder und bat sie herein. Sie wirkte sehr glücklich darüber und tapste in das Schloss. Er brachte ihr sofort ein paar Decken und bot ihr an für länger im Schloss zu bleiben. Die Frau nahm das Angebot dankend an.
„Wie heißt du eigentlich? Ich heiße Lukas!“, fragte er behutsam.
„Ich heiße Luna.“, sie lächelte ihn schüchtern an und er wurde ganz rot.
„Dir muss bestimmt extrem kalt sein. Möchtest du warm duschen? Hier ist eine Dusche mit Vorhang!“
„Oh, ja vielen Dank!“
Lukas zeigte ihr das Badezimmer und als er sich gerade abwandte um aus dem Zimmer zu gehen ließ sie ihre Klamotten zu Boden gleiten. Oder eher was davon übrig war. Er sah zwar nichts mehr doch im Spiegel vor ihm sah er noch ihren Rücken. Ihm fiel auf dass sie am ganzen Körper weiße Tattoos hatte. Es ging ein dicker Streifen über ihren Rücken, ging auf ihre Arme über, auf ihre Beine und wieder zurück, schließlich endete der Streifen am Haaransatz in ihrem Nacken. Ohne ein Wort darüber zu verlieren ging er aus dem Zimmer.
Nach einer Weile ging er wieder in das Zimmer, weil er dachte sie sei schon aus der Dusche. Doch als er die Tür aufmachte hörte er noch strömendes Wasser auf Metall schlagen also wollte er sich umdrehen und wieder gehen. Luna machte die Augen auf und horchte.
„Warte! Kannst du mir bitte ein Tuch zum abtrocknen geben?“, fragte sie sanft.
Lukas machte auf dem Absatz kehrt, ging zu einem kleinen Schrank, zog ein weißes Tuch heraus und reichte es Luna durch den Vorhang ohne hinzusehen.
„Danke!“
„Soll ich mich wegdrehen?“, fragte er.
„Nein, es geht auch so.“, sie lachte.
Der Vorhang wurde beiseite geschoben und Luna kam mit einem umwickeltem Handtuch zum Vorschein. Sie kam auf ihn zu und Lukas wusste nicht was er tun sollte also blieb er weiter stehen. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
„Ich habe mich noch gar nicht dafür bedankt dass du mich hier aufnimmst!“
Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss. Blickte ihm in die Augen und küsste ihn dann nochmal. Schließlich lockerte sie mit der rechten Hand ihren Griff mit dem sie zuvor das Handtuch festgehalten hatte. Das Handtuch fiel zu Boden und Lukas umarmte sie ganz fest. Sie zog ihm seine Klamotten aus und die beiden glitten zu Boden.
Lukas lag auf dem kalten Steinboden. Neben ihm lag Luna, sie lächelte ihn an. Er hatte einen Arm um sie gelegt um sie etwas vor der Kälte zu schützen. Über ihnen lagen Klamotten und Tücher. Es war ein einziges Chaos. Lukas grinste bis über beide Ohren. Sie rappelten sich auf und verließen mit angezogenen Klamotten und zerzausten Haaren den Raum. Lukas sprach noch mit Alex ob es okay sei wenn Luna hier bleiben würde. Er richtete ihr ein Zimmer ein und für die nächsten Wochen sollte Luna bei ihnen bleiben.
Nach drei Wochen beschlossen sie alle ins Dorf zu gehen und Lebensmittel zu kaufen. Sie zogen sich an und Alex und Lukas gingen auf Nummer Sicher und packten ihre Waffen auch ein. Luna legte sich einen hellblauen Umhang mit Kapuze um und Victoria zog sich einen Mantel über. Schließlich sattelten sie die Pferde und die beiden Frauen stiegen zu Lukas und Alex aufs Pferd und hielten sich gut fest, während dem Ritt. Schließlich kamen sie im Dorf an und suchten sofort die Verkaufsstände auf. Es war ziemlich viel los und deswegen kamen sie nicht allzu zügig voran. Lukas sah einen bestimmten Stand für Waffen, nahm Luna an der Hand und zog sie zu dem Stand. Er betrachtete jede Waffe ganz genau und war erstaunt darüber welche Feinheiten sich in jeder verbargen. Luna sah sich etwas gelangweilt um, als plötzlich ihr Blick auf eine, in eine Kapuze gehüllte Gestalt, fiel. Man sah nur den Mund der Person und auch ihr Körper war in einen schwarzen Mantel gehüllt. Sie drehte sich um und flüsterte Lukas ins Ohr dass sie gleich wieder bei ihm sein würde.
Sie kämpfte sich durch die Menge und kam immer näher an die Person heran. Als die Person merkte dass jemand auf sie zukam, verschwand sie in einer leeren Seitenstraße. Luna ging ihr hinterher und erwischte sie schließlich während die verhüllte Gestalt in einer Sackgasse auf sie wartete. Vorsichtig ging Luna auf sie zu. Die Person nahm ihr Kapuze vom Kopf und Luna erschrak.
„Was tust du hier?“, fragte sie ausdruckslos.
„Ich wollte dich mal wieder sehen. Sehen wie es dir so geht..!“
„Was tust du hier?!“, fragte Luna nun strenger.
„Nun sei doch nicht so grob.“
„Verdammt Gabriella. Verschwinde von hier! Du hast hier nichts zu suchen!“
Gabrielle fauchte sie wütend an.
„Du hast dich nicht verändert Luna! Du bist immer noch die selbe, arrogante, naive Frau.“
Die Wut stieg in Luna hoch.
„Erinnerst du dich denn nicht mehr an die alten Zeiten? Als wir noch befreundet waren. Als unser Meister noch gelebt hat?“
„Hör auf!!“, Luna schrie inzwischen, „Rede nicht in diesem Ton über ihn! Du hast ihn getötet, genauso wie jeden anderen den ich einmal kannte!“
Luna schrie und am liebsten wollte sie sich ihre Wut herausreißen und sie Gabriella in den Rachen stopfen.
„Komm doch, komm doch und greif mich an.“, stichelte Gabriella.
Und auf einmal explodierte Luna. Sie warf den Kopf in den Nacken und schrie. Dann war sie nicht mehr Luna, sondern sie war eine riesige schneeweiße Raubkatze. Ein tiefes Knurren ertönte aus ihrer Kehle.
„Zeit zum spielen!“, lachte Gabriella.
Sie breitete die Arme aus und ein paar gelb, orangene und durchsichtige Flügel erschienen um ihre Arme herum, und ehe sie sich versah flog an ihrer Stelle ein gigantischer Phönix. Ihr Federn waren orangen, gelb und rot. Der Phönix ließ einen wütenden Schrei los und stürzte sich auf die Raubkatze. Der Phönix atmete Feuer aus und seine Federn fingen Feuer. Jedoch verbrannte Gabriella nicht. Es schien als ob sie Kraft aus dem Feuer ziehen würde. Luna verpasste dem Phönix einen kräftigen Schlag mit ihrer Tatze ins Gesicht. Der Phönix schrie schmerzerfüllt und atmete einen riesigen Schwall Feuer aus. Die ganze Gasse füllte sich damit, sodass man kaum zwei Meter weit sehen konnte. An der Wand hing ein Plakat dass nun Feuer fing. Plötzlich sah man aus dem Feuer eine riesige Raubkatze emporsteigen deren Fell schon etwas geschwärzt vom Feuer war. Die Katze schlug hart mit ihrer Klaue in die Luft und erwischte den Phönix an der Seite. Rotes Blut tropfte auf den Boden und bildete eine winzige Pfütze.
Victoria zog Alex begeistert von Stand zu Stand und betrachtete jede einzelne Ware sorgfältig.
„Hey, sieh dir das an! Sie verkaufen hier sogar Gemüse.“, Victoria packte Alex an seinem Arm und zog ihn zu einem Stand an dem sehr viel buntes und lecker aussehendes Gemüse verkauft wurde.Sie nahm eine Gurke in die Hand und steckte sie in ihre Stofftasche. Nachdem sie dasselbe noch mit anderem Gemüse getan hatte, zeigte sie dem Verkäufer was sie eingepackt hatte und legte schließlich das Geld passend hin. Schließlich drehte sie sich um grinste Alex an und legte ihre Arme um seinen Hals. Er küsste sie zärtlich und eine Weile verharrten sie so in dieser Position. Plötzlich tippte jemand an seine Schulter. Alex drehte sich um und Lukas stand mit besorgtem Gesichtsausdruck vor ihm.
„Hey, habt ihr Luna gesehen? Sie ist vorhin gegangen und ist seitdem nicht mehr aufgetaucht!“, Lukas' Stimme zitterte fast unmerklich.
„Ähm, nein haben wir nicht tut mir leid.“, Victoria berührte ihn tröstend an der Schulter.
Alex sah in der Gegend herum und bemerkte plötzlich dass aus einer der Seitengassen eine winzige Feuerflamme kam. Er setzte sich in Bewegung und ging automatisch darauf zu. Victoria und Lukas folgten ihm verwirrt und fragten was los sei doch er antwortete nicht. Schließlich stand er in der Gasse und blickte entsetzt auf das Geschehen.
Die riesige Raubkatze tauchte erneut aus dem Feuer, das sich langsam lichtete, und zog den riesigen Phönix mit hinein. Als das Feuer schließlich weg war konnte man sehen dass sich Phönix und Katze gegenüber standen. Luna knurrte mit zusammengebissenen Zähnen und ging in Angriffsstellung. Gabriella ließ einen gellenden Schrei los und schlug fest mit ihren Flügeln.
„Nein Luna!!“, Lukas schrie und rannte auf sie zu.
Doch ehe er sich versah hatte ihn Alex schon am Arm gepackt sodass er sich nicht verletzten konnte. Lukas versuchte sich zu befreien doch er schaffte es nicht. Plötzlich flog Gabriella ein Stück höher über dem Boden, schlug noch einmal fest mit den Flügeln und flog schreiend weg. Sie hatte eine kleine Blutpfütze auf dem Boden hinterlassen. Luna knurrte noch einmal und schließlich sackte sie auf dem Boden zusammen. Lukas riss sich los und rannte zu ihr hin. Sie hatte ein paar Brandverletzungen und auch ein paar Schnittwunden. Er half ihr hoch und plötzlich nahm sie wieder ihre menschliche Gestalt an. Sie hatte eine tiefe Schnittwunde auf ihrer Wange. Er riss sich ein Stück Stoff aus seiner Hose und tupfte damit sanft das Blut von ihrer Wange. Schließlich nahm er sie hoch und trug sie zum Pferd. Alex und Victoria sattelten ebenfalls auf und alle ritten zurück zum Schloss.
Luna war wieder sehr schnell auf den Beinen, doch ihren Groll hatte sie nicht hinuntergeschluckt. Sie hatte immer noch den Gedanken Gabriella das Herz herauszureißen. Sie schwor sich dass sie sobald sie wieder richtig gesund war Gabriella aufsuchen würde. Nach drei Tagen war sie wieder fit und heckte einen Plan aus. Jede Nacht feilte sie noch ein bisschen daran bis er schließlich perfekt war. Außerdem packte sie alles zusammen was sie brauchen würde. Waffen, Verpflegung und Ersatzklamotten. Sie und Lukas waren nun fest zusammen und beide liebten sich. Sie waren sehr glücklich miteinander.
Es war Abend, Luna war sehr erschöpft denn sie hatte an einem Baum das Kämpfen mit Waffen trainiert. Sie hatte beschlossen in dieser Nacht zu gehen und Gabriella gegenüber zu treten. Sie ging zum Schrank, zog sich um, legte sich sich dann ins Bett und versuchte zu schlafen. Ein paar Minuten nachdem sie sich hingelegt hatte kam Lukas zur Tür herein und kuschelte sich an sie. Bevor er einschlief küsste er sie noch einmal zärtlich auf die Wange. Eine einzelne Träne lief an ihrem Gesicht herunter denn sie hatte so eben erkannt dass sie ihn dann nie wieder sehen würde.
Am nächsten Morgen stand sie auf, zog sich an, packte ihre Sachen küsste, den immer noch, schlafenden Lukas auf die Stirn und schlich aus dem Schloss heraus. Sie hatte versucht dass was sie mitnahm in möglichst geringen Mengen einzupacken, denn sie wollte keines der Pferde nehmen, das würde zu sehr auffallen. Also musste sie per Gestaltwandel reisen, das war ziemlich anstrengend. Als sie die Tür des Schlosses leise zumachte begrüßten sie die ersten Sonnenstrahlen. Die machte für einen Moment die Augen zu und genoss dass Gefühl des wärmenden Strahlen auf ihrem Gesicht. Dann verwandelte sie sich wieder in die schneeweiße Raubkatze und rannte los.
Es war Abend als Luna ankam. Sie hatte wieder ihre menschliche Gestalt angenommen und stand vor einem großen Haus. Es war eigentlich mehr eine Festung, zwar nicht ganz so groß, aber genau so uneinnehmbar. Sie zog zwei lange gefährliche Dolche aus ihrem Gürtel und versteckte sich im Schatten des Hauses. Dann schlich sie langsam heran, immer darauf bedacht dass niemand sie sah oder hörte.
Zurück in der Zeit
„Gabi! Sie dir das an!“, Luna rannte über den Hof auf Gabriella zu. Sie hielt einen kleinen Zettel in der Hand.
Schließlich bremste sie ihren Lauf bevor sie drohte gegen sie zu rennen und wedelte mit dem Zettel vor ihrer Nase herum.
„Hey!“, lachte Gabriella, „Wenn du mit dem Zettel die ganze Zeit herum wedelst kann ich nicht lesen was drauf steht.“.
Sie riss Luna den Zettel aus der Hand, hielt eine Hand darüber, denn sonst konnte sie nichts lesen wegen der grellen Sonne, und las ihn.
Auf dem Zettel stand dass Luna sie offiziell die Schule für Gestaltenwandler bewältigt hatte.
Ihre Kinnlade klappte ihr herunter, sie warf den Zettel weg und umarmte Luna.
„Oh ich freu mich ja so für dich! Endlich hast du es auch geschafft! Komm zeig mir was du drauf hast. Wir kämpfen, komm schon!“, Gabriella löste sich aus der Umarmung und ging in Angriffsstellung.
Luna ging ein paar Schritte rückwärts und machte sich zum Kämpfen bereit. Urplötzlich hob sie ihre Arme gen Himmel und ein Sturm aus Luft, Sternen und Dunkelheit wirbelte um sie herum, hüllte sie ein und verschlang sie förmlich. Als der kleine Sturm sich gelegt hatte stand vor Gabriella stand eine riesige Eule. Ihre Schwingen nahmen fast den kompletten Hof ein. Sie schien nicht an diesem Ort zu sein denn sie war durchsichtig hatte jedoch einen starken blauen Glanz. Von ihren Flügeln fielen Sterne herunter und schmolzen auf dem Boden. Die Eule schrie, es war ein auffordernder Schrei der Gabriella verstehen zu geben sollte dass sie endlich los legen soll. Ein paar Sekunden stand sie reglos dort, sie war überwältigt von Luna's Kraft. Sie war wirklich erstaunlich mächtig, doch nicht stark genug um gegen sie anzukommen, dachte Gabriella. Sie sprang in die Luft breitete ihre Arme aus und schon flog ein riesiger Phönix über dem Boden. Ihr Körper war in ein orang, rot, gelbes Feuer gehüllt und einzelne Federn fielen von ihrem Körper herunter und landeten sanft auf dem Boden. Die zwei Vögel sahen sich scharf an. Plötzlich schoss die Klaue von Gabriella nach vorne und versuchte die Eule am Kopf zu verwunden. Luna wich aus und wischte mit einem ihrer Flügel zur Verwirrung über Gabriella's Kopf. Sie nutzte den kurzen Moment der Verwirrung und stürzte sich auf sie. Die zwei Vögel wälzten sich auf dem Boden herum. Sie verschmolzen zu einer großen blau, roten Gestalt. Federn fielen zu Boden, Gefieder wurden zerzaust und hin und wieder tropfte ein wenig Blut auf den Boden. Sowohl Eule als auch Phönix ließen immer wieder ohrenbetäubende Schreie von sich. Ein paar Leute rannten über den Hof und versuchten die Kämpfenden zu trennen. Schließlich lagen Gabriella und Luna in ihrer menschlichen Form lachend am Boden. Sie boxten sich jeweils sanft auf die Schulter, halfen sich gegenseitig hoch und gingen dann lachend davon.
Es war Abend, Luna und Gabriella gingen die Straße entlang nach Hause. Plötzlich kam ein kleiner junge auf sie zu gerannt, völlig aus der Puste schnappte er nach Luft fragte ob einer der beiden Mädchen Gabriella sei, sagte dass der Meister sie gerufen habe und verschwand wieder in der Dunkelheit. Verwirrt schauten die beiden einander an.
„Was glaubst du wieso ich zum Meister muss? Habe ich etwas verbrochen?“, Gabriella machte sich anscheinend Sorgen.
„Egal was er will, ich würde schleunigst dort hin gehen, denn es ist bestimmt nicht positiv ihn warten zu lassen! Geh lieber.“
Sie schubste Gabriella leicht vorwärts und sofort rannte sie los.
Hoffentlich hat sie nichts angestellt, dachte Luna.
Gabriella trat in den Raum, der nur spärlich beleuchtet war, sodass man sich anstrengen musste um etwas zu sehen. Weiter hinten waren Fackeln aufgestellt die dem Raum wenigstens etwas Licht spendeten. In der Mitte stand ein großer Altar über den eine Decke gelegt worden war. Dahinter standen drei Leute und sahen sie erwartend an. Gabriella setzte unsicher einen Fuß vor den anderen und bewegte sich auf den Altar zu, kurz vorher blieb sie stehen und verbeugte sich.
„Ah, da bist du ja. Ich hab dich erwartet! Du kannst dich erheben, tritt vor!“, sprach der Meister mit einer tiefen, ruhigen Stimme.
Gabriella trat an den Altar heran und sah mehrere Gegenstände vor sich liegen. Eine Schale mit eiskaltem Wasser, eine kleine, hölzerne Statue des Mondes, eine Kerze, eine Phiole voller Blut, ein kleiner Tierknochen, ein winziger Behälter voll mit Sand, eine violette Blume, eine Motte, gefangen in einem Glas und ein kleiner Glaskasten, in dem es gewitterte.
„Such dir ein paar dieser Gegenstände aus und leg sie vor dich hin.“
Gabriella streckte zaghaft ihre Hand aus und ließ sie über die Gegenstände gleiten. Sie berührte jeden einzelnen ganz sanft und vorsichtig. Doch plötzlich verspürte sie ein leichtes Ziehen in ihrer Hand als sie über der Kerze schwebte. Sie hielt ihre Hand mehrere Sekunden über die Flamme und sie wurde ganz warm. Sie hielt ihren Finger auch in die Flamme doch sie spürte keinen Schmerz. Es war als würde sie mit dem Feuer spielen, sie beherrschte es. Wenn sie wollte hüpfte die kleine Flamme auf dem Docht herum und flackerte fröhlich. Sie konnte sie auch ausgehen und mit Gabriellas Willen wieder entzünden lassen. Sie starrte auf die Flamme und je mehr sie sich auf sie konzentrierte desto größer wurde sie. Sie sah sie angestrengt an bis die Flamme faustgroß war. Dann wendete sie sich urplötzlich wieder den anderen Gegenständen zu. Die Flamme schrumpfte wieder und Gabriella stellte die Kerze vor sich auf.
Ihre Hand fuhr wieder über die Dinge auf dem Altar. Wieder spürte sie ein leichtes Ziehen als ihre Hand über dem Knochen war. Sie nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn sorgfältig. Der Meister und die anderen zwei Leute, die dort, standen beobachteten das Geschehen mit wachsendem Unbehagen. Gabriella legte auch den Knochen über sich. Der Meister öffnete den Mund, holte tief Luft und wollte gerade mit dem Sprechen beginnen als er sah dass sich seine Schülerin erneut den Gegenständen zu wandte. Er war es gewohnt das seine Schüler immer ein oder zwei Gegenstände nahmen, aber es war noch nie vorgekommen dass sich eine Schülerin drei mal ihnen zu wandte. Gabriella nahm den letzten Gegenstand, die Schale voller Blut. Sie tauchte ihre Finger ein und saugte es dann mit ihren Mund von ihnen. Dann sah sie den Meister erwartend an. Sein Gesicht war verzerrt vor Schreck.
Er hatte noch nie so eine Situation erlebt. Die meisten seiner Schüler suchten sich das Wasser, die Motte oder die Blume aus. Noch nie hatte jemand den Knochen und das Blut angerührt. Doch als Gabriella es genommen hatte, da hatten ihre Augen geglüht. Sie hatte so einen wahnsinnigen Gesichtsausdruck gehabt. Doch nun war sie wieder die brave, nette, liebe Schülerin. Der Mund des Meisters stand offen und er war völlig verwirrt.
„Äh, äh. Wachen! Er..ergreift sie!“, stotterte er verwirrt.
Gabriella verstand die Welt nicht mehr. Wieso hatte der Meister sie rufen lassen, sie einer Prüfung unterzogen und nun wollte er dass die Wachen sie holten. Was hatte sie getan? Hatte sie etwas ausgefressen von dem sie nichts wusste?
Verwirrt setzten sich die zwei Leute hinter dem Meister in Bewegung. Sie hatten das anscheinend auch noch nie erlebt. Doch als sie endlich verstanden hatten, was Sache war, gingen sie in Angriffsposition und pirschten sich von beiden Seiten an sie heran. Gabriella drehte sich entsetzt um. Ihr Herz schlug schneller, das Blut pochte in ihren Adern, ihr Puls raste und ihre Gedanken setzten aus. Sie hörte nur noch auf ihre Instinkte. Pfeilschnell schoss sie in die Höhe und landete hinter einem der beiden Wachen. Sie hatte innerhalb von Sekunden die Dolche, die in ihrem Gürtel gesteckt hatten, gezogen. Nun kniete sie auf dem Boden, beide Dolche in der Hand und war bereit zu töten. Sie rannte auf die Wache zu und startete den ersten Angriff. Sie hatte inzwischen realisiert dass die Wachen nichts Gutes mit ihr vorhatten, also würde sie sich entsprechend wehren. Sie fuhr mit dem Dolch über die Brust der Wache, doch sie wehrte den Angriff gekonnt ab. Sie packte den Arm der Wache, entwaffnete sie gekonnt, sprang über ihren Kopf hinweg und rammte ihr den Dolch in den Rücken. Sofort sank sie zu Boden. Sie andere Wache schlich auf sie zu. Gabriella sah sich um und entdeckte dass der Raum mehrere Säulen hatte hinter denen man sich verstecken konnte. Sie rannte auf eine der Säulen zu, versteckte sich hinter ihr und fing an sie hinaufzuklettern. Die Wache sah nicht dass Gabriella über ihr war und sah sich verwirrt um. Schließlich ließ sie sich auf die Wache fallen, den Dolch voran. Sie sanken beide zu Boden, Gabriella auf der Wache kniend. Entsetzt sah der Meister sie an, so eine Kraft hatte er noch nie gesehen, außer bei Luna. Jedoch hatte Luna niemanden getötet, Gabriella schon.
„Wieso Gabriella?“
„Ich habe immer gedacht das ihr an mich glaubt. Aber ich lag falsch! Und nun werdet ihr dafür bezahlen!“, ihr scharfer Blick traf ihn und er zuckte kurz zusammen.
Gabriella formte ihre Hände zu einer Kugel und um sie herum entstand ein roter Feuerball. Er wurde immer größer und schließlich schleuderte sie ihn auf den Meister. Er wich gekonnt aus und das stachelte sie noch mehr an. Sie schleuderten sich gegenseitig brennende Bälle, Blitze, Feuerkugeln und Wassermauern entgegen.
Sie kämpften solange bis sie auf einem Turm waren. Dort war eine große Glocke. Plötzlich sprang der Meister hinter die Glocke, läutete sie und alarmierte somit die ganze Schule.
„Danke! Jetzt darf ich wegen dir alle töten!“, schrie Gabriella und bohrte gekonnt ihre Hand in die Brust des Meisters.
Sie umfasste sein Herz und zog es aus seinem Körper heraus. Er sank zu Boden und blieb dort liegen.
Luna drehte um und schlug wieder den Weg zurück zur Schule ein. Sie war nach dem Spaziergang mit Gabriella, von dem sie so plötzlich unterbrochen wurden, noch in der Stadt herum geschlendert. Sie ging den gewohnten Weg entlang und wunderte sich wieso niemand auf den Straßen war. Es war so still. Beunruhigt beschleunigte sie ihren Gang ein klein wenig. Als sie bemerkte dass über der Schule Rauch war, rannte sie voller Panik und Angst. Sie malte sich das schlimmste aus. Doch es kam noch schlimmer als erwartet.
Als sie den Hof erreichte sah sie dass überall verbrannte Leichen lagen. Manche erstochen manche nur verbrannt aber alle tot. Sie suchte alles nach Überlebenden ab doch es gab niemanden. Selbst der Meister war tot, und er war der Stärkste Gestaltenwandler aller Zeiten. Luna brach zusammen, die Tränen strömten ihr Gesicht herunter. Sie hatte alles verloren! Plötzlich tauchte Gabriella hinter einer Ecke auf. Luna sah auf und war glücklich dass sie wenigstens noch lebte.
„Gabriella, was für ein Glück. Du lebst noch!“, sie rannte auf sie zu, stoppte jedoch auf halben Weg.
Gabriella's Gesicht war angespannt, sie wirkte anders. Ihr Augen funkelten.
„Ich weiß.“, erwiderte sie tonlos.
Plötzlich verstand Luna. Gabriella hatte dies hier getan. Sie war Schuld. Aber wieso sollte sie so etwas tun?
„Wieso?“, hauchte sie.
„Weil sie MICH töten wollten!“
„Das waren deine Freunde, deine Familie...Wie konntest du nur?!“, Luna schrie sie an und weinte wieder.
Langsam kam Gabriella auf sie zu.
„Sieh doch. Jetzt sind nur noch wir beide da. Wir beide für immer, Luna. Wir können gemeinsam die Welt beherrschen. Wir können das Unmögliche wahrmachen. Die anderen sind uns nun mehr kein Laster!“, sie streckte freundlich ihre Hand aus.
„Nein! Ich werde nicht mit dir gehen! Du hast mir alles genommen. Du Monster! Ich dachte einst du wärst anders, ich hatte Recht!“, Luna sah sie enttäuscht an.
Dann verwandelte sie sich in eine riesige Raubkatze und floh. Beide wussten dass sie sich von nun an bekriegen würden.
Doch Luna wollte das alles hinter sich lassen. Der Mord, die Graumsamkeit, die Zerstörung, das alles ließ sie, genau wie Gabriella auch, hinter sich.
Rache
Es war Nacht und Luna hatte ein kleines Lager im Schatten des Hauses aufgeschlagen. In ihr brannte die Wut und die Lust auf Rache an Gabriella. Sie konnte nicht still sitzen und lief vor ihrem kleinen Zelt hin und her. Nun wurde ihr bewusst dass sie sich gar keine Gedanken darüber gemacht hatte wie sie an Gabriella heran kommen sollte. Sie wusste nur dass sie sie töten würde. All die Erinnerungen an das Vergangene stiegen in ihr hoch. Schließlich ging sie erschöpft in das kleine Zelt, legte sich hin und schlief sofort ein.
Lukas schreckte aus dem Schlaf hoch. Was für ein merkwürdigen Traum er gehabt hatte. Er wollte sich gerade an Luna kuscheln, als er bemerkte dass sie nicht da war. All ihre Sachen fehlten auch. Er sprang auf, hastete aus dem Zimmer und stürmte zu Alex und Victoria. Er riss die Tür zum Schlafzimmer der beiden auf und sah dass sie beide friedlich nebeneinander schliefen. Er lief ins Zimmer hinein und weckte Alex grob.
„Alex! Sie ist weg! Alex! Wach auf!!“, Lukas packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn.
Schlaftrunken öffnete er vorsichtig ein Auge und starrte Lukas perplex an.
„Wasn' los?“, lallte er.
„Sie ist weg! Verstehst du nicht?! LUNA IST WEG!“, Lukas schrie Alex an.
Sofort setzte er sich im Bett auf. Nach ein paar Sekunden hatte er die Situation auch verstanden und sprang auf. Hektisch zog er sich an, packte sein Schwert und seine Rüstung zusammen und befahl Lukas schon einmal die Pferde vorzubereiten. Danach weckte er Victoria sanft, bewegte sie dazu sich fertig zu machen und schon standen alle drei fertig und bewaffnet vor den Toren des Schlosses. Victoria hatte sich mit einem Band einen kleinen Dolch an ihr Bein gebunden und den Rock darüber fallen lassen, sodass man ihn nicht sah. Alex hatte sein Schwert in der Hand und Lukas hatte ein Messer an seinen Gürtel gebunden.
„Weißt du wo sie hin ist?“, fragte Alex sie.
„Nein!“, Lukas war den Tränen nahe.
Alex legte seine Hand auf seine Schulter um ihn etwas zu beruhigen. Sie sattelten die Pferde und stiegen auf. Victoria und Alex teilten sich ein Pferd, Lukas ritt alleine. Sie ritten aus den Toren des Schlosses heraus und man sah ihre Silhouetten am Horizont verschwinden.
Luna wühlte in ihrer Tasche herum, zog ein Stück Brot heraus und stopfte es sich in den Mund. Ohne zu kauen schluckte sie es hinunter. Sie stand auf, nahm ihren Umhang und ihren Dolch mit und ging aus dem Zelt hinaus. Die Sonne blendete sie und sie blinzelte ihr entgegen. Der Himmel war blau und wolkenlos und es war ein sehr schöner Tag. Entschlossen machte sie sich ihren Umhang um und schritt weiter, direkt auf das Haus von Gabriella zu.
„Ach bitte, bleib doch noch etwas.“, flehte Gabriella und lächelte Marcus an.
Er stand vor dem Spiegel, ohne Hemd und betrachtete sich. Man sah deutlich seine Muskeln am Bauch. Schließlich drehte er sich um, streifte sich ein weißes Hemd über und fing an es zuzuknöpfen.
„Ich kann wirklich nicht, ich habe noch etwas zu erledigen!“, meinte er. Küsste sie auf die Stirn und verabschiedete sich. Sobald er aus dem Haus war streckte Gabriella sich auf dem Bett und stand auf. Sie hatte ein kurz geratenes schwarzes Kleid an. So angezogen packte sie sich eine Tasche und ihren Umhang mit der Kapuze und ging in Richtung Tür. Plötzlich machte sie auf dem Absatz kehrt, ging in die Küche, machte einen Schrank auf und wühlte darin herum. Als ihre Hand wieder zum Vorschein kam hatte sie ein blutbeflecktes Messer in der Hand. Sie nahm ein Lederband, wickelte es fest um den Griff des Messern und schnürte es an ihrer Tasche fest, jedoch so dass man es nicht sah. Gabriella hob den Kopf. Sie hörte Geräusche außerhalb des Hauses und es war unwahrscheinlich dass es Marcus war. Sie spitze die Ohren um besser hören zu können. Wer oder was auch immer es war, er oder sie war direkt vor der Tür und Gabriella bezweifelte es dass derjenige mit friedlichen Absichten gekommen war.
Lukas, Alex und Victoria suchten alles ab. Sie durchkämmten die gesamte Gegend, doch nirgends war ein Zeichen von Luna. Sie fragten Passanten, doch niemand konnte ihren Auskunft geben. Schließlich war es schon Nachmittag und sie alle waren erschöpft. Sie machten Rast unter einem kleinen Baum der etwas Schatten spendete, denn die Sonne schien mit einer unglaublichen Hitze auf die Erde. Sie fütterten und tränkten die Pferde und ruhten sich aus. Während sie sich ausruhten, überlegten sie wo sie noch suchen könnten. Lukas hatte keine Nerven mehr dafür, er war krank vor Sorge um sie. Was wenn ihr etwas passierte? Was würde dann aus ihm werden? Diese und andere Gedanken schwirrten so in seinem Kopf herum dass ihm schwindelig wurde. Er wollte nicht daran denken was ihr passieren könnte also begann er damit Gras aus der Wiese zu reißen, damit er etwas zu tun hatte.
Victoria dachte nach wo Luna noch sein könnte. Doch ihr fiel nichts ein. Schließlich ließ sie sich enttäuscht neben Alex sitzen und kuschelte sich frustriert an ihn. Er umarmte sie und drückte sie fest an sich. In seinem Gesicht war die Sorge und die Angst eingemeißelt. Victoria vermutete dass er daran dachte wie schrecklich es wäre sie zu verlieren. Plötzlich fiel ihr etwas ein und sie richtete sich auf.
„Eine Möglichkeit gibt es noch..“, sagte sie nachdenklich.
Lukas schreckte hoch und sah sie hoffnungsvoll an, Alex sah eher ungläubig aus.
„Marcus!“, meinte sie und sah beide bedeutungsvoll an.
Während Lukas verwirrt dasaß sprang Lukas auf schlug seine Hand gegen sie Stirn und sagte:“Wieso ist MIR das nicht eingefallen?! Natürlich! Marcus!!“.
Er sprintete zu den Pferden, sattelte sie in Rekordgeschwindigkeit und wartete bis die anderen beiden auch fertig waren. Lukas schwang sich auf sein Pferd und Victoria klammerte sich am Ritter fest. Sie galoppierten in die Richtung von Marcus' Haus.
Luna trat mit voller Kraft gegen die Tür. Die Tür ging kaputt und sie schritt über die Scherben hinweg. Genau vor ihr stand Gabriella. Ihre Augen weiteten sich unmerklich für einen Moment, doch sie setzte ein gelassenes Gesicht auf.
„Und ich dachte ich hätte dir gezeigt wer die stärkere von uns beiden ist!“, sie lachte und warf ihren Kopf in den Nacken.
Luna kochte vor Wut, ihre Hände waren zu Fäusten geballt und sie hatte ihre Zähne krampfhaft zusammengebissen. All die Erinnerungen und der Schmerz von damals stiegen in ihr hoch und entfesselten etwas dass sie schon vor langer Zeit eingesperrt hatte. Sie funkelte Gabriella an und versuchte sie allein mit ihrem Blick zu töten. Gabriella spottete über sie, sie machte sich lustig über ihre Wut, und da geschah es. Luna explodierte und schrie. Während sie schrie verwandelte sie sich in eine riesige Eule mit messerscharfen Krallen. Die Eule war so groß dass sie nicht in das Haus passte und das Dach ging kaputt. Es regnete kleine Holzspitterchen und ab und zu fiel ein gewaltiger Dachbalken auf den Boden.
„Ah, das wird ein Spaß!“, Gabriella lachte und verwandelte sich in den brennenden Phönix.
Da sie auf der Ruine des Hauses keinen Platz zum kämpfen hatten flogen beide hinüber zu der riesigen Wiese, gleich nebenan.
„Wie wäre es mit einem Kampf auf dem Boden?“
„Na, schön, Hauptsache du büßt für deine Taten, Gabriella!!“
Gabriella verwandelte sich in einen großen schwarzen Wolf und Luna in den weißen Tiger. Sie kämpften erbittert und nichts blieb unversucht den anderen zu töten. Sie wälzten sich auf dem Boden hin und her, kratzen sich, bissen sich.
„Wir sind fast da! Schneller!“, Lukas schrie.
„Ich kann sie kämpfen hören!“, sagte Alex und horchte auf.
Sie ritten in einer wahnwitzigen Geschwindigkeit auf den Schauplatz des Kampfes zu. In der Ferne konnten sie sehen wie zwei Gestalten miteinander kämpften.
Als Luna hörte dass sich jemand näherte drehte sie sich um, sie hatte sich inzwischen wieder in einen Menschen verwandelt, das war jedoch ein Fehler. Denn Gabriella nutzte diesen Moment, stürzte auf sie zu und schlug ihr gewaltiges Gebiss in ihren Arm. Ganze Fleischfetzen fielen zu Boden und das Blut floss in Strömen. Luna schrie und fiel zu Boden. Der Wolf war über ihr, fletschte die Zähne und ihre Gesichter waren ganz nah beieinander. Ein tiefes, feindseliges Brummer ertönte aus der Brust des Wolfes. Lukas rannte auf Luna zu. Er zog sein Messer, und streifte den Wolf über der Augenbraue, sodass dieser von der Verletzten zurückwich. Gabriella verwandelte sich zurück in einen Menschen. Über ihrer Augenbraue war ein kleines Kratzer aus dem Blut floss. Alex und Victoria waren zu geschockt um irgendetwas tun zu können. Lukas versuchte verzweifelt die Blutung von Luna zu stoppen, denn ihr Blutverlust war immens. Luna schrie zwar nicht mehr vor Schmerzen aber sie wand sich verzweifelt und stöhnte. Gabriella sammelte ihre Kräfte um eine Attacke auf die beiden loszulassen, doch Alex hinderte sie daran. Er war inzwischen wieder zum Leben erwacht und handelte instinktiv. Gabriella verwandelte sich abermals in den Wolf und kämpfte mit Alex. Obwohl er ein Schwert hatte, und somit klar im Vorteil war, gelang es ihm nicht sie zu verwunden, sie war zu schnell. Er kämpfte somit also Passiv und versuchte mehr abzuwehren als auszuteilen. Doch schließlich legte sie ihn durch ein geschicktes Manöver herein und er fiel zu Boden. Sie schlug ihm das Schwert weg und ging langsam und bedrohlich auf Luna und Lukas zu. Alex robbte zu seinem Schwert, was schwierig war denn sie hatte seine Nerven durch einen speziellen Griff betäubt. Er konnte nicht mehr stehen.
Der Wolf wandte sich zähnefletschend Lukas und Luna zu. Er warf sich schützend vor sie, zog seine Waffe und richtete sie mit zitternder Hand Gabriella's Gesicht entgegen. Seine Beine wurden immer weicher bei jedem Knurren das der Wolf von sich gab. Er wollte nicht kämpfen. Er konnte nicht kämpfen! Nicht jetzt. Doch er würde sein Leben für ihre Sicherheit lassen, und an dieser Entscheidung würde sich nicht ändern. Das schwarze, riesige Tier kam immer näher und der Wind strich sein Fell zur Seite. Ihre gewaltigen Pfoten hinterließen Wolfsspuren, in den mit Gras bewachsenen Boden, und Lukas wurde erst jetzt das vollständige Ausmaß des Tieres klar. Der Wolf war fast genauso groß wie Lukas selbst und er fasste ja schon ungefähre ein Meter und achtzig. Bedrohlich und Zähnefletschend kam das Ungeheuer auf ihn zu. Er konnte sich kaum vorstellen, dass diese Tötungsmaschine ein Mensch war. Niemand den er je gekannt hatte, war zu solch einer Grausamkeit fähig.
Lukas wusste sehr wohl dass der Wolf daraus aus war ihn zu töten. Doch er hatte keine Angst vor dem Tod, er hatte eher Angst davor dass der Wolf ihn leiden lassen würde. Luna kauerte sich hinter ihm zusammen und berührte seine Schulter als Zeichen dass sie ihm insgeheim Mut zusprach. Doch Lukas war zu beschäftigt mit dem Wolf, der immer näher kam. Als seine feine Nase fast schon Lukas' Schwertspitze berührte, gab es einen riesigen Wirbel um ihn herum und plötzlich stand Gabriella wieder vor ihm. Sie lachte. Doch es war kein gutes Lachen. Es war ein böses Lachen. Sie warf den Kopf zurück und ließ es über das komplette Feld erschallen. Ihre Augen glühten rot und orange und sie hatte ein bösartiges Lächeln aufgesetzt. Sie legte ihre Hände auf den Rücken und zog zwei lange spitze Dolche aus ihrer Brustrüstung. Sie ging in Kampfstellung und machte sich bereit.
„Los geht’s!“, flüsterte sie einladend.
Und es ging los. Für einen normalen Menschen war es viel zu schnell um zu erkennen wer am gewinnen war, doch für Lukas bewegte sich alles in Zeitlupe. Gabriella stürzte nach vorne, mit erhobenen Dolchen, die auf sein Herz gezielt waren, und rannte auf ihn zu. Doch bevor sie ihn treffen konnte, wirbelte er herum und blockte ihre Waffen mit dem Schwert ab. Ein lautes Geräusch erklang als die beiden Metalle aufeinander trafen. Gabriella verzog wütend das Gesicht, startete jedoch einen neuen Angriff, wieder auf sein Herz. Doch Lukas war zu schnell, er beugte sich nach hinten, sodass sie ins Leere stach und holte aus um sie an der Schulter zu verwunden. Gabriella duckte sich und drehte sich einmal schnell im Kreis und holte mit den Dolchen aus um ihm die Beine wegzuziehen, denn wer nicht stehen konnte, konnte nicht kämpfen. Lukas erkannte ihren Taktikwechsel sofort und sprang hoch um sich nicht zu verletzten. Als er wieder auf dem Boden aufkam, schien die Erde zu erzittern. Für einige Sekunden starrten sie sich gegenseitig bösartig in die Augen, und dann geschah das Unvorhersehbare.
Gabriella holte aus um ihn am Bein zu verwunden, automatisch ging er in Parierstellung, doch das war ein Fehler. Sie hatte den Angriff nur vorgetäuscht und rammte nun mit all ihrer Kraft einen ihrer zwei Dolche in Lukas' Schulter.
Lukas fiel zu Boden. Der Schmerz in seiner Schulter war unerträglich und das Blut floss literweise hinaus. Doch er war zu schwach den Dolch hinaus zu ziehen. Wenn er sich nur ein bisschen bewegte, bohrte er sich tiefer in sein Fleisch. Sein Arm wurde ganz warm vom Blut und es befleckte seine Rüstung. Er kniete inzwischen vor Gabrielle, welche triumphierend über ihm stand. Er sah nach oben, die Zähne zusammengebissen um den Schmerz zu unterdrücken, doch es war zwecklos. Doch etwas war anders. Das war keine gewöhnliche Wunde. Es tropfte nicht nur rotes Blut aus ihr, sondern auch vereinzelt grüne Sekret Tropfen. Was war das?
„Schlangengrift, sehr effektiv. Es betäubt seine Opfer und macht sie schläfrig und unfähig zu handeln. Ich züchte die Schlangen seit Wochen bei mir.“, Gabriella lächelte als die Worte aus ihrem Mund kamen.
Lukas fasste sich an die Schulter, starrte sie entsetzt an und wollte noch etwas sagen, doch da zeigte das Gift schon seine Wirkung. Lukas sackte zur Seite weg und fiel auf den grasigen Boden. Sein Gesicht war wegen dem ganzen Blutverlust schon ganz blass und es sah so aus als würde er schlafen. Luna stürzte auf ihn zu, drehte ihn und fummelte an seinem Gesicht herum. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie schluchzte wehklagend. Vergeblich versuchte sie ihn zu wecken, doch es war Aussichtslos. Dann drehte sich ihr Kopf sekundenschnell und sie blitzte Gabriella wutentbrannt an. Ihre Augen funkelten und sie stürzte sich auf sie. An ihrem Rücken erschienen weiße Eulenflügel die sie nach vorne stießen. Die beiden wälzen sich herum und schließlich sah man dass Gabriella stand und unter ihr Luna am Boden kauerte. Sie hatte einen Dolch an Lunas Kehle gehalten und Luna zitterte vor Angst.
Währenddessen versuchten Alex und Victoria Lukas wider zu beleben. Alex hatte sich entschieden gegen Gabriella zu kämpfen. Victoria säuberte Lukas Wunde, riss ein Fetzten von ihrem Hemd ab und stoppte damit die Blutung, die inzwischen nachgelassen hatte. Alex schritt entschlossen auf Gabriella zu die immer noch über Luna gebeugt dastand. Sie sah nicht dass sich jemand von hinten näherte, doch sie spürte es. Sie drehte sich um und plötzlich stand sie vor Alex, schlug ihn zu Boden, rannte zu Victoria und Lukas und zog ihren Dolch. Sie holte mit der Faust aus und schlug Victoria damit ins Gesicht, dann schlitzte sie mit ihrem Dolch ihre Wange auf, hob sie hoch, schmiss sie zu Boden. Es dauerte nur einen Augenaufschlag da war sie bereits einhundert Meter von Alex und Luna entfernt. Sie stand in der Mitte des riesigen Feldes und richtete sie sich auf, streckte ihre Arme aus und drehte sich einmal langsam im Kreis. Sie streckte ihr rechtes Bein und und knickte das andere ein. Mit ihrem rechten Fuß zog sie einen Halbkreis um sich herum. Dasselbe tat sie mit dem anderen Fuß auch nochmal, sodass auf dem Boden schließlich ein Kreis erziehen. Schließlich rannte sie über das Feld und zog immer wieder Linien auf dem Boden. Man konnte nicht erkennen was es werden sollte oder ob es eine Bedeutung hatte, aber nach einiger Zeit war sie damit fertig und stellte sich wieder in den Anfangskreis den sie gezogen hatte. Sie streckte ihre Arme aus, ging in die Knie und berührte die Linien des Kreises und wartete. Sie schloss ihre Augen und konzentrierte sich. Plötzlich richtete sie sich schlagartig auf, machte die Augen auf und zog ihre Arme nach oben. Die Linien die sie auf dem Feld gezogen hatte, fingen an zu brennen und die Flammen loderten im Wind. Nun konnte man auch erkennen was es war. Sie hatte einen sehr großen Kreis um sich herum gezogen und darin ein umgedrehtes Pentagramm gezeichnet. Ein Drudenfuß. In dem Pentagramm war der kleinere Kreis den sie gezeichnet hatte, er stellte ein Auge mit einer schlitzförmigen Pupille dar. Am großen Kreis waren am Rand verschiedene Zeichen eingraviert. Höchstwahrscheinlich Runen, man konnte sie nicht lesen doch es war nicht schwierig zu erkennen dass es welche waren. Gabriella verharrte in ihrer Position, mit ausgestreckten Armen und breiten Beinen. Sie hatte plötzlich ein Kleid an, dass so aussah als würde es brennen und ihre Augen loderten ebenfalls. Es sah so aus als wäre sie selbst ein Feuer an sich. Sie starrte den auf dem Boden liegenden Lukas an und schon stand sie hinter ihm. Sie hob ihn hoch und legte ihn in die Mitte ihres immer noch brennenden Kreises. Dann verhärtete sich ihr Gesicht und sie spannte ihren Körper an. Sie fing an seltsame Bewegungen zu machen, also wollte sie etwas aus dem Boden beschwören wollen. Und tatsächlich, hinter ihr erschien eine riesige Feuerwand. Zuerst war sie klein, doch je stärker Gabriella sich anspannte und sich konzentrierte, je schneller und stärker sie die Bewegungen machte, desto größer wurde die Wand. Schließlich war die Wand gute zehn Meter hoch und loderte auf der Stelle ohne den Wald in Brand zu stecken. Gabriella hörte auf mit diesen Bewegungen und entspannte sich wieder. Sie grinste Alex, Victoria und Luna an und machte eine einladende Geste.
Brennender Zorn
Lukas fiel, tief, in ein schwarzes Loch. Er ging davon aus dass er die ganze Zeit fallen würde, umso erstaunlicher war es auch, als er schließlich im Wasser landete. Sein Körper tauchte in das warme Nass ein und sein Kopf wurde untergetaucht. Doch anstatt nach oben zu schwimmen, nach Luft zu schnappen oder versuchen sich zu retten, ließ er sich treiben. Das Wasser beruhigte ihn. Seine Augen waren geschlossen und er musste sich auf seine anderen Sinne verlassen.
Ein beißender Geruch stieg ihm in die Nase. Was war das? Es roch nach Metall. Nach Eisen. Da er nicht herausfinden konnte wieso es nach Eisen roch, horchte er zunächst auf, ob ihm etwas Verdächtiges ausfiel. Doch außer dem leisen Plätschern des Wassers, war nichts zu hören. Sanft beugte er sich zur Seite und nahm etwas Wasser in den Mund, spuckte es jedoch sofort wieder aus und verzog angewidert das Gesicht. Das Wasser war sehr warm und schmeckte metallisch, es war ekelhaft!
Verzweifelt versuchte er die Augen zu öffnen, doch er war so schläfrig dass es schier unmöglich war. Plötzlich wurde das Wasser ganz unruhig. Riesige Wellen türmten sich auf und peitschten durch die Luft. Es kamen auch mehrere Geräusche dazu. Zum Beispiel das Geräusch wenn zwei Waffen aufeinander trafen, das Geräusch von Leuten die auf den Boden stampfen und schließlich, der helle, verzweifelte Schrei einer Frau. Er kannte diesen Schrei, er kannte diese Stimme. Luna! War sie in Schwierigkeiten? War ihr etwas geschehen? Aus lauter Entsetzten riss er die Augen auf und erschrak beinahe zu Tode. Das Wasser war schwarz und kalt und schwappte unruhig hin und her. Wieder ertönte dieser Schrei und diesmal versetzte ihn Lukas in helle Panik. Etwas war nicht in Ordnung, er musste etwas tun. Er musste helfen. Unter höchster Anstrengung versuchte er seine Glieder zu bewegen, doch nichts tat sich, er trieb weiter im Wasser herum und ging immer mehr unter. Langsam wurde sein Atem knapp und das Wasser übte einen immensen Druck auf ihn aus. Je tiefer er sank desto dunkler und kälter wurde das Wasser. Er versuchte trotzdem mit all seiner Macht an die Oberfläche zu kommen und als er schon kurz vor dem Aufgeben war, bewegten sich endlich seine Arme und Beine und er schwamm mühsam nach oben. Als er glaubte an der Oberfläche zu sein, holte er tief Luft, was sich prompt als Fehler erwies. Seine Lungen füllten sich mit Wasser und er hustete, in der vergeblichen Hoffnung es heraus zu bekommen. Wieder ein Schrei, doch dieser ließ Lukas erstarren. Ein widerliches, kaltes Gefühl kroch seinen Rücken hoch, bis zum Nacken und lähmte sein Gehirn. Wegen dem Wasser in seiner Lunge konnte er nicht atmen und der Sauerstoff war nun endgültig verbraucht. Er trieb wieder hinab, in die Tiefe des Meeres. War das der Tod? War seine Zeit nun endgültig gekommen? Konnte dies das Ende sein?
Der Grund des Meeres kam immer näher. Lukas konnte sich weder wehren noch etwas sagen, er tauchte, wie gelähmt, einfach immer weiter hinunter. Wenn er sich bewegte breitete sich ein stechender Schmerz in seiner Schulter aus, von dem er nicht wusste woher er kam. Aus dem Augenwinkel sah er den Boden immer näher kommen und er rechnete damit, dass er jede Sekunde dort aufkommen würde. Er schloss die Augen und versuchte einen guten Gedanken heraufzubeschwören, denn er wollte nicht mit einem schlechten Gedanken sterben. Sein Herzschlag verlangsamte sich und das Blut in seinen Adern drosselte sein Tempo. Die Teile seines Gehirns, die noch funktionierten, verabschiedeten sich allmählich. Der Boden war nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt. Plötzlich wurde es mit einem Schlag hell. Es war weder kalt, noch war dort irgendwo Wasser. Lukas holte tief Luft und es war ein wunderbares Gefühl wieder atmen zu können. Als er ein paar Sekunden lang hechelnd auf dem Boden gelegen hatte, fuhr er auf und bemerkte dass es um ihn herum ziemlich heiß war. Er schlug die Augen auf und bemerkte dass er in einem Kreis aus Feuer war. Der Kreis war in den Boden gezogen geworden und die Linien brannten, allerdings zündete das Feuer das Gras nicht an. Die Hitze war fast unerträglich. Er versuchte aufzustehen und stützte sich mit beiden Händen auf dem Boden auf um sich hoch zu stemmen. Doch prompt sank er wieder auf den Boden zurück vor Schmerzen. Seine Schulter brannte und ein spitzer Gegenstand bohrte sich in sein Fleisch. Das Blut lief seinen Arm herunter und wärmte seine Hand. Er biss krampfhaft die Zähne zusammen und wälzte sich auf dem Boden herum als ihn ein erneuter spitzer Schrei, erstarren ließ. Er sah in die Richtung aus der der Schrei kam und sein Mund klappte vor Entsetzten auf. Luna lag auf dem Boden, Gabriella war über sie gebeugt und hielt einen Dolch in der Hand. Alex lag auf dem Boden und hatte eine Wunde am Kopf die ein wenig blutete. Luna schrie sich die Seele aus dem Leib und zitterte vor Angst. Ihr Körper war voller Wunden, die ihr anscheinend zugefügt worden waren. Gabriella war ebenfalls verwundet aber nicht so schlimm wie Luna. Lukas sprang auf, trotz Schmerzen, und versuchte aus dem Feuerkreis zu entkommen, doch leider vergeblich. Er sah sich verzweifelt um, und entdeckte dann einen Stein auf dem Boden. Er hob ihn auf und warf ihn mit voller Wucht nach Gabriella und glücklicherweise traf er sie direkt am Kopf. Sie drehte ihren Kopf in Sekundenschnelle zu ihm herum und funkelte ihn wutentbrannt an. Von der einen zur nächsten Sekunde stand sie neben dem Kreis und ging durch die trennende Feuerlinie hindurch. Es sah so aus, als hätte sie selbst, in diesem Augenblick, Feuer gefangen. Sie stand nun direkt vor ihm und nun erkannte er endlich den Wahnsinn in ihren Augen. Gabriella blitzte ihn wutentbrannt an und er zuckte kaum merklich zusammen. Er hate sie zwar erfolgreich davon abgehalten, Luna zu töten, allerdings lag sie, nach wie vor, verwundet und schwach auf dem Boden. Wenn er ihr helfen wollte, musste er zuerst an Gabriella vorbei, und das könnte ihn sein Leben kosten, doch er war fest entschlossen. Sie stand immer noch vor ihm und bebte. Ihr ganzer Körper war angespanntund ihre Gesichtszüge wie versteinert.
„Du wagst es, mich zu provozieren?!“, ihre Stimme zitterte und überschlug sich, als sie ihn anschrie.
Lukas bekam keinen Ton heraus, die Hitze des Feuers hatte seinen Hals austrocknen lassen. Gabriella ging auf ihn zu und strich ihm mit den Fingern über die Wange. Dann stellte sie sich hinter ihn, beugte sich vor und streifte mit den Lippen seinen Nacken.
„Fast schon schade, etwas so..schönes zu verlieren.“, Er spürte ihren warmen Atmen, als sie ihm leise ins Ohr flüsterte.
Lukas zitterte aus Angst vor Gabriellas Bewegungen. Er schloss für einen kurzen Moment die Augen und versuchte, sich zu beruhigen, doch als er sie wieder öffnete, erschrak er und riss schockiert die Augen auf. Gabriellas Gesicht war nur wenige Zentimeter von seinem entfernt und er starrte direkt in ihre orange-roten Augen. In ihrem Blick loderte ein Feuer, wie er es noch nie gesehen hatte. Es war nicht mehr natürlich, nicht mehr kontrollierbar. Das Feuer verschlang und vernichtete alles, was ihm im Weg war, und Lukas stellte ein Hindernis dar. Er wusste dass es seine letzten paar Minuten sein würden, denn niemand konnte Gabriella aufhalten. Ob sie wohl ein Herz hatte? Wenn ja, dann war es schon vor langer Zeit abgestorben. Sie lehnte sich zu Lukas und drückte sanft ihre Lippen auf seine. Er war wie erstarrt und unfähig zu handeln. Er war sich ganz sicher, dass dies ein Abschiedskuss war. Sie hatte beschlossen ihn zu töten und nichts würde sie daran hindern. Nach ein paar Minuten ging sie ein paar Minuten ging sie ein paar Schritte zurück, ohne den Blick von ihm zu wenden, und ihre Augen leuchteten auf. Lukas' Blick schweifte über das Feld, denn er wollte die Welt noch einmal so sehen, wie er sie verlassen würde. Doch als er Luna erblickte, blieb er mit seinem Blick hängen. Trotz der Verletzungen und dem Blut dass in ihrem Gesicht verschmiert war, sah sie friedlich aus. Ihre Augen waren geschlossen und fast hätte er gedacht sie schläft. Als er bemerkte dass ihre Fingerspitzen ganz leicht zuckten, keimte Hoffnung in ihm auf. Ihre Augenlider flatterten, öffnete sie und verzog das Gesicht vor Schmerzen. Trotzdem legte sie ihre Handflächen auf den Boden und stemmte sich hoch, wobei sie erhebliche Schwierigkeiten hatte wegen der ganzen Verletzungen.
Unglücklicherweise hatte Gabriella bemerkt, dass Lukas, Luna hoffnungsvoll angestarrte, was sie rasend machte. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und verpasste Lukas einen kräftigen Kinnhaken. Er fiel rücklings auf den Boden und hielt sich die Hände vors Gesicht. Gabriella machte einen Schritt nach vorne, packte ihn am Kragen und zog ihn auf die Füße. Sie holte zu einem kräftigen Schlag auf seinen Bauch aus, doch Lukas wehrte diesen ab und verdrehte ihr das Handgelenk. Sie schrie vor Schmerzen und befreite sich aus der schmerzhaften Umklammerung. Lukas ging in Verteidigungshaltung doch den nächsten Schlag von ihr hatte er nicht kommen sehen. Sie hatte ihn mit der flachen Hand eine eine Ohrfeige gegeben und ihn sogleich mit den Fingernägeln die Wange aufgekratzt. Blut lief aus den vier langen Wunden doch er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Inzwischen war Luna wieder auf den Beinen, wenn auch etwas unsicher, und stolperte in Lukas' Richtung. Er konnte sie nicht aufhalten also schüttelte er nur den Kopf um ihr zu bedeuten dass sie nicht weiter laufen sollte. Er wollte um jeden Preis verhindern dass sie noch mehr zu Schaden kam oder womöglich starb. Anscheinend hatte sie es bemerkt denn sie hielt zaghaft an und starrte ihm tief in die Augen. Lukas hoffte dass Gabriella nichts mitbekommen hatte, doch er hatte sich getäuscht. Als er er in ihr erzürntes Gesicht blickte, fluchte er leise. Sie hatte alles mitbekommen und es ging ihr anscheinend gehörig gegen den Strich. Trotz der Wut die ihr ins Gesicht geschrieben war, war ihr Mund zu einem fiesen Lächeln verzogen. Sie ging ein paar Schritte nach hinten und legte ihre Handflächen, auf der Höhe ihrer Taille, aneinander. Ihre Hände schienen in Flammen aufzugehen und sie zog sie langsam und konzentriert auseinander. In der Mitte entstand eine Feuerkugel die größer wurde, je größer der Abstand ihrer Handflächen zueinander wurde. Der glühende Ball hatte ungefähr die Größe eines Kopfes als er aufhörte zu wachsen weil Gabriella gestoppt hatte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah sie ihn an. Ihre Zähne waren zusammengebissen, wodurch sie noch wütender aussah.
„Ja..es ist wirklich schade etwas so schönes zu verlieren!“
Nachdem sie fertig gesprochen hatte, sah sie Lukas an und lächelte. Lukas wurde geblendet und von der Druckwelle nach hinten geschleudert. Er schaffte es gerade noch sich aufzurichten als er die riesige Feuerwand auf ihn zukommen sah. Anscheinend war die Kugel explodiert und hatte sich in eine riesige Feuernova verwandelt.Das Feuer verschlang und tötete alles was ihm im Weg stand und leider stellte Lukas ein Hindernis dar. Er blickte ein letztes Mal zu Luna und sah dass sie Tränen in den Augen hatte. Weil er es nicht ertragen konnte sie traurig zu sehen, sah er zu Alex der ihn entsetzt anstarrte. Langsam schloss er die Augen und spürte das Feuer näher kommen. Die Schmerzen die sich wegen der Hitze und des Giftes in seinem Körper ausgebreitet hatten, waren ihm egal. Er spürte wie seine Haut langsam verbrannte und schließlich verschlang ihn das Feuer.
Es war totenstill auf dem großen Feld. Luna war auf dem Boden zusammengebrochen und schluchzte. Als Alex Luna hatte verteidigen wollen, hatte sie ihn durch einen schweren Schlag, übel zugerichtet. Ächzend versuchte er sich hoch zu stemmen und schaffte es schließlich aber nur durch den Verbrauch all seiner Kraft. Victoria sprang auf die Beine und stützte Alex bis sie bei Lukas angelangt waren. Er lag auf dem Boden und zeigte der Welt buchstäblich den Rücken. Victoria ließ sich zu Lukas' Rechten zu Boden fallen und fing an ihn vorsichtig umzudrehen. Mit einem hässlich reißendem Geräusch schaffte sie es und blickte schockiert in Lukas' Gesicht. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und stellte erleichtert fest dass sein Herz noch schlug. Es war sicher dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, denn sein Herzschlag war sehr schwach. Lukas komplette Haut war verbrannt und nicht mehr zu retten. Er hatte auch viele Verletzungen, eine davon war im Gesicht und aus ihr quoll stetig Blut. Victoria riss sich einen großen Fetzen ihres Kleides ab und drückte ihn auf die Wunde um die Blutung zu stillen. Gleichzeitig tupfte sie Lukas' kleinere Wunden vorsichtig ab und verband sein Gesicht. Außerdem bat sie Alex sein Hemd auszuziehen, damit sie daraus einen Verband für Lukas machen konnte. Glücklicherweise hatten sie etwas Wasser in einer kleinen Flasche mitgenommen, damit konnte Victoria seine Verletzungen säubern. Nach ein paar Minuten stillschweigen und Atem anhalten entspannte sich ihr Gesicht wieder. Lukas war nun vollständig verarztet und alles was sie noch tun konnte ist darauf achten dass seine Verbände frisch blieben. Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn und wischte sich den Schweiß weg. An ihren Händen klebte Dreck und Blut.
„Woher hast du es gelernt jemanden zu verarzten?“, fragte Alex Victoria erstaunt.
„Ich war früher mal als Krankenschwester tätig.“
„Wow, das wusste ich gar nicht.“Plötzlich zuckte Lukas, schlug die Augen auf und hustete ein bisschen Blut. Er fasste sich an den Brustkorb und stöhnte leise wegen der Schmerzen. Panisch huschten seine Augen umher bis sie an Alex hängen blieben. Er packte sein Handgelenk und zog ihn zu sich heran.
„Alex..ich weiß ich hab nicht mehr lang Zeit! Schwör mir etwas, ja?“, keuchte Lukas.
„Alles was du willst!“, Alex' Stimme wurde leicht hysterisch und flehend.
„Ich möchte..nein..ich will dass du gut auf Luna aufpasst. Sie ist mein Leben, ich liebe sie! Schwör mir dass du dein Leben für sie geben würdest, damit ihr nichts geschieht..“
„Ich schwöre es!“
„Danke...danke..ich werde jetzt..ich werde jetzt einfach..“, Lukas' Stimme wurde immer leiser und zittriger.
Langsam schloss Lukas die Augen, ließ seinen Kopf sinken und auch der Griff um Alex' Arm lockerte sich. Sein Atem wurde flacher und auch sein Herzschlag verlangsamte sich noch mehr. Schließlich tat Lukas seinen letzten Atemzug. Victoria sah zaghaft zu Alex hoch. Seine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt und er weinte still vor sich hin während sein Blick an Lukas haftete. Warmherzig nahm sie Alex' Hand und hielt sie ganz fest. Auf einmal schreckte Lukas hoch und blickte sich hektisch um. Schließlich fanden seine Augen sein Ziel, er sprang auf und sprintete zu der am Boden liegende Luna. Er hob sie hoch und trug sie zu Victoria, die immer noch neben Lukas saß. Vorsichtig legte er sie ab.
„Könntest du sie bitte untersuchen? Ich mache mir Sorgen.“, Alex' Stimme zitterte immer noch vor lauter Trauer.
Victoria nickte und machte sich ans Werk. Sie fühlte ob Luna noch Puls und Herzschlag besaß. Danach fing sie an Luna auszuziehen um ihre Verletzungen besser sehen zu können. Vorsichtig zerriss sie das Kleid und legte ihren Oberkörper frei. Unterhalb der Brust hatte sie eine etwas größere Wunde, aber keine lebensgefährliche. Sie hatte überall am Körper Prellungen und Quetschungen. Auch ihr Gesicht schien ziemlich mitgenommen. Mit ein wenig Stoff und Wasser reinigte und verband die Wunden. Sie hatten noch ein wenig Wasser übrig, also säuberte sie damit Lunas Gesicht und ihre Hände damit sie nicht ganz so verwahrlost aussah. Sie sah hoch zu Alex der wie gebannt auf Luna starrte. Plötzlich fiel Victoria ein dass Luna ja im Prinzip nackt war und sie rückte schnell ihr Kleid zurecht und fixierte es mit ein paar längeren Stofffetzen, damit man nicht alles durchsah. Schließlich nahm sie Alex bei der Hand und zog ihn auf den Boden neben sich. Sie legte seinen Kopf an ihre Schulter und streichelte ihn behutsam über die Stirn. Sie spürte dass Alex kurz vor dem Zusammenbruch stand und versuchte ihn zu beruhigen. Fast unmerklich schaukelte sie vor uns zurück und summte leise eine beruhigende Melodie, während Alex neben ihr in Tränen ausbrach. Er war vollkommen aufgelöst und zerstört, schließlich hatte Gabriella seinen besten und einzigen Freund getötet. In dieser Position verharrten sie beide, bis Victoria sich schließlich zu Alex umdrehte, sein Gesicht in die Hände nahm und ihm tief in die Augen sah. Irgendetwas an ihrem Blick beruhigte ihn und er entspannte sich etwas.
„Es wird wieder gut Alex. Es wird alles wieder gut.“, flüsterte sie mit einem Lächeln, obwohl sie selbst mit ihren tränen kämpfen musste.
Sie beugte sich noch ein Stück näher zu ihm heran und drückte ihre Lippen ganz sanft auf seine. Sie schmeckte die salzigen Tränen die in seine Mundwinkel liefen und spürte die Wärme seines Gesichts. Zaghaft streichelte sie seine Wangen und wischte damit auch seine Tränen fort. Danach küsste sie seine Stirn und zog ihn wieder zu sich heran, dass er sich an sie kuscheln konnte. Sie wusste dass sie ihn jetzt brauchte und dass sie ihn nicht im Stich lassen könnte.
Nachdem Alex sich wieder ein wenig beruhigt hatte, sah er nach oben in Victorias ausdrucksloses Gesicht. Er fragte sich warum sie nichts sagte oder warum sie nichts tat. Wahrscheinlich musste sie auch mit dem Verlust von Lukas kämpfen. Er bemerkte dass sie gerade in Gedanken gewesen war und ihn nicht bemerkte. Alex senkte den Blick und starrte auf einen verbrannten Grashalm, denn er ertrug es nicht Victoria so zu sehen. Er wusste dass sie stark war, aber das hatte selbst sie erschüttert. Er starrte auf Lukas und seine Augen wurden erneut feucht. Doch da fiel ihm plötzlich was auf was er vorher nicht bemerkt hatte. Lukas' Finger waren mit denen von Luna fest verschränkt. Wann hatten sie sich an der Hand nehmen können? Lukas war tot und Luna immer noch bewusstlos. Trotzdem hielten sie sich fest an der Hand. Alex musste ganz leicht lächeln als er das sah. Er wusste, dass es seinem Freund gut ging, dort wo er jetzt war, obwohl es schmerzte, dass er nie wieder bei ihm sein konnte. Langsam blickte er wieder auf zu Victoria. Sie hatte sich in der ganzen Zeit noch nicht bewegt sondern nur starr dagesessen. Umso erstaunlicher war es, dass sie sich jetzt wieder bewegte. Und zwar sehr schnell! Ihre Hände machten sich wieder an Luna zu schaffen und sie fühlte ihren Herzschlag. Ihre Augen weiteten sich ein bisschen und in einer angespannten dunklen Stimme sagte sie:“Etwas stimmt nicht! Ihr Herzschlag ist schneller als der eines normalen Menschen und er setzt auch teilweise ganz aus.“
Alex hob den Kopf, wollte etwas sagen, öffnete den Mund, doch es kam nichts heraus. Er hatte Lukas versprochen gut auf Luna aufzupassen und jetzt starb sie vielleicht.
Tag der Veröffentlichung: 28.10.2012
Alle Rechte vorbehalten