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Schicksal wohin der Weg führt

Trennungen

Von der Zimmervermietung in Rostock, bekam er die Adresse einer alten Dame. Unter Vorbehalt wurde sie angeboten, da sie eigentlich für Urlauber gedacht war. Bei dem Angebot griff er sofort zu, in der Stadt wollte er nicht wohnen, als Jugendlicher war er einmal auf dem Zeltplatz in Warnemünde gewesen.

Mark schloss sein schweres Gepäck am Bahnhof ein und fragte einen Taxifahrer nach dem Weg. Der kleine Koffer und die große Reisetasche, reichten die ersten Tage aus. Wenn ihm die Unterkunft nicht zusagte, musste er eben weiter suchen, mit viel Gepäck war das zu umständlich. Obwohl die Ostsee nicht zu sehen war roch er das Meer. Die Luft war warm und schmeckte salzig. Am alten Strom entlang führte sein Weg. Urlauber bummelten an den Geschäften vorbei viele schoben sich in Richtung Strand.

Die Krämerstraße war ziemlich kurz und eine Sackgasse, am Ende befand sich die Nummer acht. Das Haus mit den weißgrauen Klinkern machte einen guten Eindruck auf ihn. Die Fensterrahmen aus Naturholz sahen sehr stabil aus. Im ersten Stock, befand sich ein schöner halbrunder Erker, wilder Wein rankte von der Veranda hoch. Die Hecke war sauber geschnitten. Auf dem kurz gehaltenen Rasen, im Vorgarten standen einige Rhododendrensträucher, drei Rosenstöcke und ein Mandelbaum.

Als er die Pforte öffnete, lag vor ihm auf dem Weg eine Katze, er ging in die Hocke und streichelte sie. Das Tier hielt mit den Pfoten seinen Arm umklammert und schnurrte. „Da haben Sie schnell einen Freund gefunden“, lächelnd nickte ihm eine freundliche alte Dame zu.

Erst jetzt sah er sie an der Treppe zur Veranda stehen. Sie trug eine bunte Schürze und war von kleiner rundlicher Gestalt, die Haare schneeweiß und zu einem Knoten gesteckt. Mit ausgestreckter Hand ging er auf sie zu. „Guten Tag, mein Name ist Markus Enskat, Sie sind bestimmt Frau Sass?“ „So ist es mein Junge dem Gepäck nach, möchten Sie wohl mein Gast sein? „Das ist korrekt wenn Sie mich behalten“, herzlich lächelte er sie an.

„Nu, ich denke, darüber können wir reden. Von meiner Seite gibt es keine Einwände ich freue mich wenn Sie bleiben.“ Er nickte zustimmend. „Mir gefällt es jetzt schon und das Haus sieht sehr gemütlich aus.“ Bildete sie sich das ein, oder klang da viel Wärme, in seinen Worten. Erst einmal abwarten er machte ja einen netten Eindruck. „Nu, denn mal rein in die gute Stube, sehen Sie sich erst alles an. Der Moritz kann auch mitkommen er ist mein Kater.“ Die Stimme klang für Mark sehr liebevoll.

„Wir trinken eine schöne Tasse Kaffee und dann begucken Sie sich alles.“ Sie schob ihn in eine hübsche Wohnküche. „Nu, nicht so schüchtern, setzen Sie sich hin mein Junge.“ Flink holte sie Tassen und Kuchenteller aus dem Schrank und stellte eine Schale mit Waffeln auf den Tisch. Das Gebäck duftete herrlich. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen.

Was für eine liebe alte Dame, so ähnlich war seine Großmutter gewesen, die Küche blitzte vor Sauberkeit. Die kleine Sitzbank mit den bunten Kissen und der runde Tisch luden zum verweilen ein. Auf der Fensterbank standen verschiedene Töpfe mit Kräutern. Der kompakte Küchenschrank hatte Glasscheiben mit schneeweißen Gardinen.

Die Anrichte unter der Spüle eben so. Er sah auf den ersten Blick dass die Möbel nicht gekauft, sondern von einem Tischler angefertigt waren. Moritz schlich um seine Beine und er kraulte ihn erneut. Wohlig fing er an zu schnurren. Frau Sass setzte sich und reichte ihm den Teller. Sehr gern langte er zu. „Wunderbar dieses Gebäck ist ein Gedicht. Die Waffeln haben Sie bestimmt selbst gebacken?“ „Natürlich mein Junge, dass gekaufte Zeug, schmeckt doch nach nichts. Waffeln müssen frisch sein und gleich gegessen werden.“

Dann schenkte sie den Kaffee ein und ein würziger Duft stieg in seine Nase. Mit Genuss, ließ er sich den ersten Schluck, auf der Zunge zergehen. „Ich trinke viel und oft Kaffee, aber dieser ist nicht aus der DDR.“ „Das ist wohl so, ab und zu bekomme ich Westkaffee von Bertha. Sie ist meine Cousine, ihre Tochter aus Ulm, schickt den im Paket.

Falls Sie Raucher sind dürfen Sie das hier, ich habe es ganz gern.“ Er nickte dankbar und steckte sich eine Zigarette an. „Nu, wie lange wollen Sie bleiben, mein Junge?“, abwartend schaute sie zu ihm. „Wenn Sie mich behalten, vielleicht die nächsten drei Jahre“, lächelte er. Sprachlos starrte sie ihn an. „Oder haben Sie Bedenken?“ Fast wäre ihr die Tasse aus der Hand gefallen. „Nu, so ein Glück aber auch, ich dachte Sie machen bloß Urlaub.

Dann werden Sie bestimmt hier arbeiten?“ „So ist es im Überseehafen“, kam seine erklärende Antwort. „Dort sind jede Menge Leute beschäftigt was müssen Sie da tun?“, gespannt sah sie ihn an. „Ein wenig die Baustelle leiten“, lächelte er. Die alte Dame machte ein ehrfürchtiges Gesicht. „So? Dann sind Sie wohl ein Ingenieur?“, respektvoll musterte sie ihn. „Richtig geraten“, er legte seine Hand auf ihre. Dass er sogar ein Diplom besaß verschwieg er ihr, damit es sie nicht zu sehr verwirrte und sie unbefangen blieb.

„Aber ich bin deshalb keine Ausnahme, andere Leute machen genauso fleißig ihre Arbeit.“ Das gefiel ihr, Käte sagte sie zu sich, mit dem hast du das große Los gezogen das ist ein anständiger Junge. „Nu, mal los jetzt, wir gehen die Wohnung begucken“, energisch stand sie auf.

„Sie haben das gesamte Obergeschoss für sich.“ Er sah sie verwundert an. „Was denn eine ganze Wohnung? Davon sagten sie bei der Zimmervermittlung aber nichts.“ Was die wohl kosten würde? Vielleicht ließ die alte Dame mit sich handeln. Mark machte sich selber Mut. „Jetzt begucken Sie sich erst die Räume. Für mich ist es schon zu beschwerlich. Immer die Treppe hoch obwohl es nur zwanzig Stufen sind.“

Dann stand er in einem sauberen ziemlich großen Wohnzimmer. Mit dem hübschen Erker, den er schon von draußen gesehen hatte, in diesem war eine halbrunde Bank mit Tisch und zwei Stühlen untergebracht. Rechts an der Wand stand ein großer schwerer Wohnzimmerschrank. Sein ungläubiger Blick, blieb an einem offenen Kamin, aus Natursteinen hängen.

Andächtig ging er davor in die Hocke, begeistert sah er die alte Dame an. „Sagen Sie bloß den kann man noch nutzen?“ „Können Sie gerne wenn Sie das möchten“, schmunzelte sie. „Im Schuppen ist Holz für einige Jahre, mein Mann hat da ständig vorgesorgt.“ Gemütlich wirkten die beiden schweren Ledersessel mit dem Clubtisch davor. Es lag ein dickes Bärenfell vor der offenen Feuerstelle. Der nächste Winter konnte kommen, er hörte direkt die Holzscheite knacken.

Vom Zimmer gelangte man in ein kleines Bad mit Duschkabine und WC. Durch eine Schiebetür ging es in das Schlafzimmer. Jetzt behielt er den Mund offen. Den meisten Platz nahm ein breites Himmelbett mit einem Baldachin ein. Aus dem hellblauen Stoff mit kleinen Wölkchen darauf war auch die Tagesdecke. „Den gerafften Stoff kann man herunter lassen, dann ist das Bett ganz umschlossen, es ist ein idealer Mückenschutz wenn Sie bei offenen Fenster schlafen“, erklärte Frau Sass.

Mark war total überwältigt. Eine alte Bauerntruhe stand unter dem Fenster. Sowie ein großer Kleiderschrank mit Schiebetüren an der anderen Wand. „Mein Mann war Tischler und hatte solche Einfälle“, sie wirkte etwas verlegen. „Sie könnten sich auch eigene Möbel kaufen“, bot sie zögernd an. „Dann müsste ich ja wirklich Prügel bekommen, nein es ist perfekt so“, begeistert schaute Mark sich weiter um.

„Leider ist hier keine Küche“, verängstigt sah sie zu ihm auf. „Am Flurende befindet sich ein Abstellraum der sollte eigentlich dazu umgebaut werden. Im Wohnzimmerschrank steht viel Geschirr, Besteck ist ebenfalls da, auch diverse Tischdecken finden Sie, sowie Bettwäsche und Handtücher.

Halt den ganzen Haushaltskram das war nötig, weil ich viele Jahre Feriengäste gehabt habe. Sie können jeder Zeit meine Küche nutzen und kochen. Wenn Sie kochen können und es nicht zu umständlich ist.“ „Nein, mir gefällt es gut, ich werde mir vorkommen, wie ein Märchenprinz.“ Er lachte vergnügt und begleitete sie zurück in die Küche. „Wenn Sie mögen, können Sie sich, auf dem Boden umschauen. Da stehen so einige Möbel rum“, machte sie freundlich ein Angebot.

„Was bin ich Ihnen nun an Miete für die Wohnung schuldig?“ Sie nannte einen sehr geringen Preis. Fassungslos sah er sie an. „Nein Frau Sass das kann ich nicht annehmen, Sie haben doch Unkosten, die können Sie beruhigt mit einrechnen.“ Verlegen zögerte sie einen Moment. „Wie viel würden Sie denn zahlen?“ „Ich denke hundert Mark mehr sind für den Komfort angemessen. Ich bezahle die ersten drei Monate sofort.“

Sie schnappte kurz nach Luft. Dann ging ein Leuchten über ihr Gesicht. „Also gut dann machen wir das so.“ Soviel Glück konnte sie also haben. Er nahm sich vor, ihr bei anderen Sachen, behilflich zu sein. Der Mietpreis erschien ihm immer noch zu gering. Dass er so schnell, ein Dach über dem Kopf hatte, beruhigte ihn sehr.

Weshalb war sie eigentlich so nervös? Fragte sich Gina am Montagmorgen. Als ihr zum dritten Mal die Haarbürste aus der Hand fiel schimpfte sie vor sich hin. Von der Kaderleiterin würde sie schon erfahren worum es ging. Dass man sie entlassen wollte glaube sie einfach nicht. Es gab keinen Grund dafür, sie hatte sich in ihre Arbeit hinein gekniet, die Filiale verzeichnete unter ihrer Leitung, einen viel höheren Umsatz. Durch den Warenmangel sah es nicht gut aus, aber dafür konnte sie nicht. In den Geschäften war überall Flaute.

Die Sekretärin bat sie einen Moment Platz zu nehmen, weil Herr Breitsprecher, noch nicht anwesend wäre. Ein mulmiges Gefühl, machte sich in ihrem Magen breit, wieso kam der Chef, schoss es ihr durch den Kopf. Das ist ja merkwürdig ob sie einfach mal fragen soll? Lieber nicht, sieht nach einem schlechten Gewissen aus. „Bitte Frau Jakobs Sie möchten zu Frau Schmedemann kommen.“ Die Sekretärin hielt die Tür für sie auf. Gina fuhr aus ihren Gedanken hoch und erhob sich hastig.

Herr Breitsprecher saß am Tisch vor dem Fenster. Die Kaderleiterin forderte sie auf Platz zu nehmen. „Sicher haben Sie sich gewundert, weshalb wir Sie zu uns bitten, nur keine Aufregung deswegen Frau Jakobs.“ Der Chef sah sie gütig an bei ihm traf es voll zu das Dicke gemütlich sind. „Sie waren kürzlich im Urlaub, bei Ihrer Arbeitsaufnahme haben Sie bestimmt, einige Veränderungen im Betrieb festgestellt.

Es ist ein momentaner Engpass in unserer Belieferung aufgetreten“, gab er eine simple Erklärung ab. „Mit unserer Hauptgeschäftsstelle in Rostock läuft es besser. Sie werden ab nächsten Monat, in der Genex Abteilung, im Intershop arbeiten.“ Herr Breitsprecher räusperte sich. „Der Einsatz ist eine Auszeichnung, für die bisher geleistete Arbeit als Filialleiterin.“

Sie musste erst einmal schlucken, bevor sie etwas sagen konnte. „Wie soll denn das Geschäft hier geführt werden?“, ungläubig sah sie ihn an. „Das ist bereits alles geregelt, die Vertretung macht Frau Burmeister, so wie im Urlaub auch.“ Renate behält den Mund offen, ging es ihr durch den Kopf. Zögernd sah sie den Chef an. „Wenn ich im Shop tätig bin, muss ich ja im Schichtdienst arbeiten, dazu kommt der Anfahrtsweg mit der Bahn.

Wie soll ich das zeitlich schaffen?“, wandte sie jetzt ein. „Nun, da könnten Sie in Rostock ein kleines Zimmer nehmen. Die Unkosten dafür trägt der Betrieb. Jedes Wochenende werden Sie aber nicht arbeiten brauchen“, war die kurze Erklärung vom Chef. „Wie lange soll mein Einsatz überhaupt dauern?“ Wieder räusperte er sich. „Ich denke, länger als ein halbes Jahr, wird es nicht sein.

Ich will Ihnen nicht verheimlichen das Herr Borgwart, für etwas anderes vorgesehen wurde.“ Bei ihr im Kopf überschlug sich alles, was haben die mit Reiner vor, sollte sie dann etwa die Abteilung im Shop leiten? Ihr Chef riss sie aus den Gedanken. „Jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss zu einer wichtigen Besprechung, den Änderungsvertrag macht die Kaderleiterin mit Ihnen.“ Er stand eilig auf und tätschelte kurz ihre Schulter.

„Viel Erfolg dann in Rostock.“ „Na Frau Jakobs, da haben Sie aber großes Glück, um so einen Arbeitsplatz, wird Sie mancher beneiden.“ Frau Schmedemann war selbst neidisch das war deutlich zu merken. Renate, fiel fast die Zigarette aus dem Mund, als sie ihr die Sache erzählte. „Gar nicht schlecht dass ich hier die Vertretung mache das bedeutet mehr Gehalt. Aber ohne etwas verkaufen zu können, ist es halb so schön.

Der Mensch muss Glück haben, in den Intershop, wäre ich gerne gegangen. Da bekommst du doch Umsatzprämie und kannst dort einkaufen.“ „Das ist richtig aber ich fahre nur am Wochenende nach Hause. Jedoch nicht in jeder Woche, mein Mann arbeitet ebenfalls in Schicht, da sehen wir uns kaum noch.“ „Meine Güte ihr seid noch so jung das werdet ihr schon überstehen. Die Trennung dauert nicht ewig, freu dich doch.“

Eigentlich hatte sie recht. Einige schöne Dinge, konnte sie dort kaufen und das Gehalt, ist wesentlich höher. Nur das würde sie ihr nicht erzählen. Man muss den Neid nicht herauf beschwören. Simon war erst einmal sprachlos, genau so erging es den Eltern, sie saßen alle im Wohnzimmer zusammen. In letzter Zeit kam es selten genug vor.

„Verstehen kann ich das nicht“, grübelte Herr Bergmann laut. „Die Wirtschaft ist schließlich fast am Ende.“ Monika rollte mit den Augen. „Aber Fredi im Intershop gibt es Ware über Genex das ist ein Geschenkdienst aus dem Westen. Du weißt doch dass Roland, der älteste Sohn von Ottmar, an der Trasse arbeitet. Er zahlt einen Teil von seinem Geld auf das Genexkonto ein. Der kann über den Katalog Artikel bestellen oder sie sich im Shop kaufen.

Normale Bürger wie wir kommen da nicht ran. Es sei denn du hast reiche Westverwandte. Dann können sie dir sogar ein Haus bauen lassen.“ Sein skeptischer Blick blieb an der Tochter hängen. „Hoffentlich kannst du hinterher damit leben“, bemerkte der besorgte Vater. „Sicher kann sie das, sie kennt es ja, nicht anders“, stellte Simon trocken fest. „Viel wichtiger ist das sie eine Unterkunft findet, zu teuer sollte die nicht sein.“

Plötzlich sprang Gina auf. „Entschuldigt bitte, mir ist da etwas eingefallen, ich muss sofort zu Biggi rüber.“ Sie drängelte sich an ihrem Mann vorbei und lief aus der Tür. Verdutzt schaute er hinterher. „Na prima, ohne die Busenfreundin, übersteht sie den Tag nicht mehr. Da ist eine Trennung wirklich gut“, spöttelte er. Die Eltern waren genau so überrascht, ließen es sich jedoch nicht anmerken. Für das merkwürdige Verhalten gab es bestimmt einen Grund.

„Entschuldige bitte Nico wenn ich euch störe.“ Erstaunt musterte sie der junge Mann, als er die Tür öffnete, suchend schaute er ins Treppenhaus. „Wo ist dein Angetrauter geblieben?“ „Der ist zu Hause ich komme allein“, sie schob ihn zur Seite und stand im Zimmer. Biggi richtete

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 02.09.2013
ISBN: 978-3-7368-6316-3

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