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„Blitz“-Heilung




Es ist Abend geworden als Teijo mich aus meinem Zimmer abholt und mich zu einem abgeschirmten Raum bringt. Mehrere Kampfascarben stehen herum und sorgen dafür dass niemand unbefugtes zu nahe an den Raum begibt. Ich betrete den Raum vermummt wie die anderen Kranken. Teijo nickt mir kurz zu, bevor er sich verzieht. Ich kaure mich zu dem einzigen Lebensstein im Raum. Ausser mir hat es noch etwa zwanzig andere Menschen. Der Arzt erklärt uns, dass es gefährlich sein könne, und dass es keine Garantie gebe. Wir alle legen unsere Hände auf den Stein. Ich mit meinen Fingerspitzen, versuche dies möglichst abzuschirmen, damit es niemandem auffiel. Während unter uns angeblich ein Gewitter im Gange war warte ich eine Weile. Konzentriere mich auf den Stein vor mir. Dann strecke ich die Finger, lasse meine Hände den Lebensstein berühren. Er leuchtet auf. Aber dann schwächt das Licht wieder ab. Dieses Mal spüre ich eine Erschöpfung. Trotzdem versuche ich so wie die anderen auszusehen, als wäre ich gerade von einer schweren Krankheit genesen. Gerade noch so von Todesschippe gesprungen. „Passt auf, wir haben keine anderen Lichtbringer die stark genug sind“, meint einer der Diener leise. Ich stehe auf. Und der Diener stützt mich vorsichtig. „Kommt, ich bringe Euch zurück“, meint er leise. Bringt mich durch einen der Notfalltunnels zurück in mein Quartier.
In meinem Schlafzimmer setzt er sich einfach auf den Boden und mustert mich. „Ihr seid von Sinnen, für uns so ein grosses Risiko zu tragen“, meint er. „Was nützt mir alle Kraft, wenn ich sie nicht nutzen kann? Wenn ich niemandem helfen darf?“, erkundige ich mich. Der Diener nickt. „Das sagen viele Lichtbringer, aber Schalaia hat uns von den Angriffen auf Euch erzählt…“, bemerkt der Diener. „Schalaia?“, frage ich. Der Diener senkt den Kopf. „Schalaia bedeutet Widerstand, wir nennen sie manchmal so, aber natürlich trägt sie wie wir alle keinen Namen“, gibt er Auskunft. „Aber Ihr differenziert euch von anderen“, stelle ich fest. „Ja, weil jeder anders ist, wir haben so Gruppierungen, die wir eigentlich gar nicht haben dürften, so haben wir die Lichtschützer, zu der gehört Schalaia, ich, und Kili, der Diener der Euch am Anfang begleitet hat. Derjenige der am Anfang das reden übernommen hat. Dann gibt es die Gruppe der ehemaligen Nasx, dort gehöre ich auch dazu, und auch der andere der beiden Diener. Von dem her ist es für uns sinnvoll, wenn wir uns differenzieren können. Aber wir dürfen nicht offiziell, und Ihr braucht daher unsere Namen nicht zu kennen“, meint der Diener. Ich nicke. Es war bestimmt nicht gerne gesehen. Aber ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wie man sich untereinander unterhalten konnte, wenn man keine Namen hatte. „Kannst du der Dienerin mit der wir vor zwei Wochen beide gemeinsam die Küche geputzt haben, sagen, dass sie gestern ein Teil ihrer Tasche im Keller liegen gelassen hat, und sie sie bei mir abholen kann?“, solche Sätze klangen wohl wirklich mehr als blöde. Wurde damit möglichst unterbunden, dass Diener miteinander redeten? Sich organisierten? Wenn ja, wer? Die Ascarben? Die Kampfascarben?
Es klopft an der Türe. Und der Diener springt schnell auf, geht für mich die Türe öffnen. Teijo betritt den Raum. Hält mir dann etwas entgegen das von einem Tuch bedeckt ist. „Dieser Stein hier stammt von einem Ort mit sehr starken Lichtkräften. Möge er das Gift in deinem Körper vertreiben können und deinem Körper die Kraft geben, die du so breitwillig gespendet hast an jene ohne Hoffnung. Und möge niemand aus dem Ascarbischen Reich es wagen, dir vorzuenthalten, du hättest diese Kraft nicht verdient“, meint er. „Oh…“, kommt über meine Lippen. Ein „Danke“, bringe ich dann auch noch heraus. Es klang irgendwie so berührend. Ich nehme den Gegenstand an mich. Es ist ein Beutel. Daraus kann ich einen hell leuchtenden Stein nehmen. Seltsamerweise schillert er nicht in den Farben einer Sonne, sondern zeigt sich wie eine Seifenblase. So schillernd wie die Flügel einer Libelle. „Der ist wunderschön…“, stelle ich fest. „Er unterscheidet sich von den normalen Lebenssteinen, es ist selten, dass man solche grosse Bruchstücke findet, er wäre dem nächsten Anführer aus Ascarbia zu Ehren, doch bin ich davon überzeugt, dass dieser mir stärker zürnen würde, hätte ich ihn dir verwehrt“, stellt Teijo fest. „Darf ich ihn wirklich annehmen?“, frage ich zögernd. „Natürlich“, meint Teijo. „Aber ich weiss nicht, ob ich das richtig kann“, stelle ich fest. Teijo zieht sich mit einem Fuss einen Stuhl näher und setzt sich mir gegenüber hin. „Es ist ganz einfach, du hast es heute schon oft gemacht“, erklärt er mir. „Einfach dass du die Energie nicht wieder abgibst“, ergänzt er. „Und dabei sitze ich danach nicht plötzlich im Dunkeln?“, erkundige ich mich. Teijo berührt meine Schulter. „Die Energie dieses Lebenssteins ist anders, du kannst ihn höchstens zum Erlöschen bringen“, erklärt er mir. Ich atme einmal tief durch. Lege meine Hände auf den Stein und versuche ihm ein klein wenig von der Energie zu entziehen. Was bei der Lampe im Krankenzimmer gut geklappt hat, will hier überhaupt nicht funktionieren. Das Leuchten des Steines ist so schnell weg, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Und jetzt liegt er schwarz vor mir. „Tut mir leid“, gebe ich ehrlich zu. Aber Teijo schüttelt den Kopf. „Das braucht es nicht, Jesca, wie gesagt, dafür war er da“, bemerkt er. „Aber jetzt ist er irgendwie…“, beginne ich. „Tot, ja, aber diese Lebenssteine sind auch nicht dafür gedacht, ewig zu leuchten. Sie geben einmal ihre Kraft ab, danach nie wieder. Lässt man ihn mit dem Sonnenlicht in Kontakt kommen, lädt er sich wie ein anderer Lebensstein auf und leuchtet in der Farbe der Sonne“, erklärt er. Er nimmt den Stein vorsichtig an sich. „Geht es dir wieder besser?“, erkundigt er sich. Ich nicke. „Ja, besonders sind die Schmerzen jetzt wirklich weg“, stelle ich fest.
Teijo steht auf. Sieht kurz zu dem Diener. „Ich gehe davon aus, dass du und deine Freunde nicht vor habt, der Wächterin zu schaden, sollten Anzeichen dafür auftauchen, wird keiner meiner Kampfascarben davor zurückscheuen…“, beginnt er ruhig. Uf… Er drohte tatsächlich… Der Diener hat die Stirn etwas gerunzelt. Nickt dann aber. „Vielleicht wäre es angebrachter, mit anderen Personen aus Ascarbia zu sprechen, Personen die ein grösseres Interesse haben könnten, Menschenwächterin Jesca zu schaden. Wir Diener stehen beinahe geschlossen hinter der jungen Wächterin. Wäre das nicht so, hätte sie gewiss noch mehr Ärger“, stellt er dann aber fest. Er zittert leicht, und zeigt damit dass es ihm nicht so leicht fällt, dem Kampfascarben Parole zu bieten. Besonders weil er damit vermutlich gleich wie dieser zuvor das Gesetz schrammte. „Glaub mir, das würde ich gerne, aber in diesem Zusammenhang sind mir, allen Gesetzen zum Trotz die Hände gebunden. Bedauerlicherweise kann ich ihr auch nicht mehr Schutz bieten, als jetzt“, gibt Teijo ruhig Auskunft. Der Diener wagt kurz tatsächlich einen Blick in das Gesicht des Kampascarben. „Ihr…“, beginnt er. „Ich bräuchte eure Hilfe. Die Hilfe der Standsäule des Ascarbischen Volkes. Aber nicht offiziell, ich kann euch keinen Schutz bieten, daher kann ich auch nicht darum bitten“, bemerkt Teijo. Ich sehe ihn fragend an. Was ging hier vor sich? Der Diener zögert kurz. Schliesslich nickt er. „Ich muss euch darum bitten zu gehen, Eure Worte klingen frevlerisch, so möge dieses Gespräch nie stattgefunden haben", bemerkt er. Der Diener legt dabei seine Faust vor seine Brust. „Geht jetzt“, verlangt er. Teijo verlässt mein Zimmer. Und der Diener schluckt leer. „Bei den Lichtgöttern, sagt mir, dass dies eben ein Traum war…“, fleht der Diener fast. Er setzt sich zurück auf den Boden. „Ich fürchte, ich habe nichts von dem Verstanden, was hier gerade vorgefallen war…“, gebe ich zu. „Hat er gerade gesagt, er könne nicht offiziell um die mithilfe der Menschen bitten?“, erkundigt sich der Diener. Ich nicke. Der Diener schliesst die Augen. Gequält wirkt er. „Die Kampfascarben haben angefangen sich irrational zu verhalten, Jesca, sie machen komische Dinge. Wenn er… wenn er die einzigen ruft, die nichts tun können, dann ist es Ernster als wir befürchtet haben. Ernster als jemals zuvor“, stellt der Diener fest. Er schüttelt den Kopf. „Und er braucht Personen auf die er sich verlassen kann“, stelle ich fest. „Ist es… ich meine, ich habe gehört dass die… Die Fresser…“, der Diener sieht mich fragend an. „Krank sind? Offiziell nicht, inoffiziell ja“, bestätige ich. Der Diener beisst sich auf die Lippen. „Ich muss die anderen Diener darüber informieren“, stellt er dann fest. Ich nicke. Auch wenn ich im Moment viel lieber ein paar Antworten gehabt hätte. „Weisst du, ob ich hier, irgendwie Tata erreichen kann?“, frage ich ihn nur kurz. „Ich kann ihn informieren, dass Ihr nach ihm gefragt habt“, bietet er mir an. „Das wäre ganz nett“, gebe ich zu. „Aber nur, wenn es keine Umstände macht“, füge ich hinzu. Der Diener schüttelt den Kopf. „Das macht keine Umstände“, beschwichtigt er mich.

Florasjeaugen




Vielleicht eine halbe Stunde nachdem der Diener gegangen ist, klopft es wieder an meine Türe. Ich gehe öffnen. Umarme Tata vorsichtig. „Na wie geht es dir?“, erkundige ich mich. „Ich fühle mich durch das heute etwas durcheinander. Aber nun ja, davon abgesehen bin ich froh, dass ich bei dir sein darf“, meint Tata. Ich lehne meinen Kopf an seinen Brustkorb. „Ich habe heute keine Sitzung mehr, meist du, wir könnten zusammen essen?“, frage ich ihn. Tata nickt. „Natürlich, darf ich dir ein Esszenstrum zeigen, das hervorragende Spezialitäten zubereiten kann?“, erkundigt er sich. Ich taste nach seiner Hand. „Natürlich“, bestätige ich. Hand in Hand schlendern wir durch das Monument. Fast überall ist das Licht gedämmt. Dar „Restaurant“ in das mich Tata führt ist in einem der Türme genau auf dem Dach. Und so kann ich wieder den Asteroidengürtel bewundern. Aber was ich fast noch interessanter finde, ist die Tatsache, dass Tatas Augen leuchten. Wie Sterne hat es darin. „Deine Augen leuchten“, stelle ich fest. Tata schliesst kurz die Augen. „Manchmal tun sie das, ja“, gibt er zu. „Das ist so eine Eigenart die hauptsächlich bei Ascarben aus Florasje auftritt. Aus diesem Volk stammt mein austragender Vater“, erklärt Tata. Dann sieht er mich wieder an. „Mein austragender Vater kann dies besser verbergen als ich, so mögest du es mir nachsehen“, bittet er mich dann. „Warum soll man das verbergen?“, erkundige ich mich. „Florasjeaugen sind nicht sonderlich beliebt, da man ihnen nachsagt, dass sie in den Tod locken. Je nachdem wie der Besitzer gelaunt ist“, erklärt Tata. „Oh, dann sagen deine Augen, was du fühlst?“, erkundige ich mich. Tata seufzt. Nickt dann aber. Inzwischen haben die Augen aufgehört zu leuchten und wirken wieder ganz normal. Ich greife mir wieder seine Hand und schenke ihm ein Lächeln. „Schön dass du hier bist“, stelle ich fest. Er schenkt mir ein Lächeln zurück.
Ein Diener kommt ruhig näher. Verneigt sich leicht. „Ihr wünscht zu speisen?“, erkundigt er sich. Tata seufzt genervt auf. Schenkt dem Diener dann ein kurzes Lächeln. „Wag es einfach nicht mit Floskeln zu kommen, aber ja, du hast Recht, wir würden gerne etwas essen“, bestätigt er. Der Diener schmunzelt ganz kurz. „Wie Ihr wünscht“, meint er und reicht uns die Speisekarten. Ich sehe mir die Hieroglyphischen Schriftzeichen an und nicke. „Sieht ja sehr interessant aus“, stelle ich fest. Tata runzelt kurz die Stirn. Dann legt sich ein Grauer Schleier über seine Augen. „Ich hole dir eine andere…“, murmelt er dann. Steht schnell auf und verschwindet über das Geländer. „Grau bedeutet bedrückt“, bemerkt der Diener. „Und schwarz bedeutet Wut oder Hass“, fügt er hinzu. „Und Rot?“, erkundige ich mich. „Entweder Blutsucht oder Blutkrankheit, aber ich hoffe doch, dass er dies nicht hat, oder?“, fragt der Diener. Ich schüttle den Kopf. „Nein, Rot nicht, schwarz habe ich auch nicht gesehen“, erkläre ich. „Er ist selten so stark emotional beteiligt, dass seine Augen die Gefühle eindeutig wiedergeben. Er hat sozusagen kein Grundgemüt. Das wird sich noch einpendeln. Zudem nun ja, ist er meist sehr beherrscht“, erklärt der Diener. Tata versucht sich gar nicht in einer Landung, sondern nutzt die Mauer um das Tempo abzubremsen und zum Stillstand zu kommen. Dazu kommt er sehr knapp auf die Mauer zu. Befördert seine Beine über die Mauer und bremst dann abrupt ab indem er sich an der Mauer festhält. Sieht etwas Schmerzhaft aus, und bestimmt zieht es ziemlich an den Armen und ob es besonders gut für die Gelenke ist, wage ich zu bezweifeln. Trotzdem lächelt Tata mich ungezwungen an. „Ich hoffe dir war nicht langweilig“, bemerkt er. Reicht mir dann eine Karte die in meiner Schrift geschrieben ist. „Hier, die solltest du besser verstehen können, ausserdem kannst du besser abschätzen, ob dir etwas schmecken könnte“, stellt er fest. „Danke“, bedanke ich mich, und lächle ihn an. Es ist wirklich rührend wie sehr er sich um mich kümmert.
Die Karte hat am Rand verschiedene Symbole, ich gehe davon aus, dass es Nummern darstellen sollten. Dann in meiner Sprache und vor allem in meiner Schrift Gerichte. Und in Klammern hat es noch Anmerkungen angefügt. Sachen „Vergleichbar mit Reis Casimir“ oder „Schmeckt wie Vanillesauce“ stehen da. Tata hat schon wieder graue Schlieren vor den Augen. Und dieses Mal ist sein Lächeln sichtbar gequält. „Tata, was ist los?“, frage ich leise. Tata schliesst kurz die Augen. „War ein anstrengender Tag“, murmelt er. Setzt sich wieder hin. „Kannst du mir ein Glas Essenje bringen? Und Jesca vielleicht auch?“, fragt er den Diener. Dieser verneigt sich noch einmal. Dann verschwindet er. „Essenje wird dir bestimmt schmecken, es…“, Tata stockt. Sieht vor sich hin auf den Tisch. „Verzeih mir, Jesca, in mir herrscht gerade eine Zerrissenheit die sich nicht zwischen Freude über deine Anwesenheit, oder Trauer und Verzweiflung entscheiden kann. Irgendwann in den nächsten Tagen wird Kampfascarbenleiter des Räumdienstes Teijo wohl wieder Auftauchen und Antworten verlangen, und das wird nicht sehr schön enden. Es macht mir Angst. Und die Person die die Karte von dir verfasst hat, ist traurig, und ich traure mit. Kann nicht anders als traurig zu sein, wenn ich daran denke. Ich möchte nicht über dies reden. Nicht heute. Bitte, Jesca, hilf mir fröhlich zu sein, bitte“, bittet Tata. Ich nicke. Lege meine Hand in die seine. „Gerne, erinnerst du dich noch an unsere Begegnung im Park?“, frage ich ihn. Tata lächelt. Und der Schleier scheint sich zu legen. „Das war sehr ungeschickt gewesen, von mir“, meint er. Ich berühre mit meinem Finger seine Nasenspitze. „Vielleicht war es ja nicht ungeschickt gewesen, vielleicht war es eine höhere Macht“, schlage ich vor. Er nickt. „Vielleicht ist die Menschenwächterin auch einfach ein bisschen verträumt“, meint er. Langsam scheint die Traurigkeit wirklich zu verfliegen.
Das Getränk das uns der Diener bringt schmeckt wie ein Gemisch aus Schokolade, Vanille und Koffein. Zumindest hat es diese Wirkung. „Das ist so ein typisches Kindergetränk, aber ich mag es trotzdem noch“, meint Tata. „Schmeckt wirklich gut“, gebe ich zu. „Du bist ja auch noch ein Kind…“, foppt mich Tata leicht. Und ich stupse ihn mit dem Finger an. „Sagt der Sechsjährige von uns?“, frage ich ihn. „Ich bin älter als du“, wendet er ein. „Nur wenn wir dieselbe Zeitrechnung brauchen“, entgegne ich. Tata nickt. „Stimmt“, gibt er zu. Scheint kurz zu überlegen. Was mir die Gelegenheit gibt, zu sehen, wie sich Tatas Augen wieder vollständig normalisieren. „So, jetzt bin ich wieder voll da“, stellt Tata fest. „Ist ätzend, wenn einem jeder Gedanke in den Augen steht, und einem alles sofort auf und ab wirft“, fügt er hinzu. Streicht mir ganz flüchtig über die Wange. „Was möchtest du denn gerne essen?“, erkundigt er sich. Ich versuche mein Gesicht daran zu hindern rot zu werden, und nicht zu seinen Lippen zu schielen. Schnell sehe ich auf die Karte. „Konzentrieren“, trage ich mir in Gedanken auf. Versuche mich auf die Karte zu konzentrieren. „Uf, schwer“, stelle ich fest. „Was nimmst du?“, erkundige ich mich bei ihm. „Ich denke ich nehme das was bei dir als „vergleichbar mit Trockenreis mit Chinesischem Gemüse und Poulet“, beschrieben ist“, erklärt Tata. Ich hebe eine Augenbraue. „Du weisst was auf meiner Karte steht?“, erkundige ich mich. Tata nickt. „Nicht mehr alles, aber ich habe mal eine Weile versucht die geschriebene Sprache der Menschenwelt zu lernen“, erklärt er. „Na so was aber auch, dann kann ich dir ja einen Brief schreiben“, stelle ich fest. Tata strahlt mich an. „Das wäre schön“, stellt er fest. Ich wende mich schnell wieder der Karte zu, auch weil der Diener mal wieder bei uns vorbei schaut. Sprich er stellt sich still neben unseren Tisch und wartet einfach ab. Ich lege meinen Finger auf eines der Gerichte. „Ich glaube ich nehme das“, erkläre ich. Tata beugt sich etwas vor. „Reis mit Süsssauer, also Sumbrente, Menü Sa“ und für mich gerne Safenlu Menü Kefa“, erklärt er. Der Diener verneigt sich wieder leicht. Noch ein Getränk?“, fragt er dann nach. „Vielleicht eine Flasche Silberwasser?“, fragt er dann. Tata sieht aus als würde es ihn gleich verputzen. „Verzieh dich, aber santri“, verlangt er dann gespielt böse. „Was war lustig?“, frage ich nach, nachdem der Diener sich schnell in Sicherheit gebracht hat. „Silberwasser wird dargereicht wenn ich im Sinne hätte dich zu fragen, ob du meinen Weg auch als den deinen siehst“, erklärt er. „Ob ich was?“, frage ich nach. „Ob du mich heiraten möchtest, um es in deinem Sprachgebrauch auszudrücken“, erklärt Tata. „Oh…“, mache ich. Tata nickt. Sieht dann zu dem Asteroidengürtel.
„Eure Ausdrücke sind im Allgemeinen sehr viel sachlicher habe ich das Gefühl“, bemerkt er. „Scheint irgendwie so“, gebe ich zu. Auch wenn ich Gedanklich irgendwie noch an dem Silberwasser herum studieren muss. „Was wiederum seltsam ist, da Menschen doch eigentlich sehr viel emotionaler sind“, fügt er hinzu. „Mhm“, gebe ich von mir. Was wollte ich auch dazu sagen? „Weisst du wie das Gebilde da oben heisst?“, fragt mich Tata. „In unserer Sprache, vermutlich Asteoridengürtel, in eurer Sprache habe ich keine Ahnung“, gebe ich zu. „Asteoridengürtel, was für ein komischer Begriff, aber eigentlich ist unsere menschliche Sprache und eure menschliche Sprache ja gleich, wir haben nur teilweise andere Ausdrücke. Euer Asteoridengürtel ist die Spur der Hoffnung. Oder ohne Übersetzung aus der alten Sprache, Sal Queron“, erklärt Tata. „Queron, wie der Sohn von Luke dem Ratsvorsitzenden des Hohen Ascarbischen Rates?“, erkundige ich mich. Tata nickt. „Queron, Kind der Hoffnung, ja“, bestätigt er. „Und was bedeutet Luke?“, frage ich nach. „Luke? Kurz überlegen, müsste aus Lusan und Kerm kommen was ungefähr so viel bedeutet wie Begünstigt unter dem Antlitz der Götter“, erklärt Tata. „Und Jiam?“, frage ich weiter. Das war so der nächste Name der mich eigentlich interessiert. „Jiam, mhm, bedeutet Widerstand“, erklärt Tata. „Ich dachte Schalaia bedeutet Widerstand“, wende ich ein. Tata lacht leise auf. „Ja, Schalaia bedeutet Widerstand“, bestätigt er. Der Diener stellt mir vorsichtig einen Teller hin. Dann den anderen vor Tata. „Einen guten Appetit“, wünscht er uns. Schenkt beiden ein Glas Wasser ein und verschwindet wieder. „Aber Schalaia bedeutet Widerstand in Form von Rebellion, Jiam bedeutet mehr Geistige Stärke, also Widerstandsfähigkeit“, erklärt Tata. „Ach so“, bemerke ich. Tata schmunzelt. „Ich werde nicht fragen“, erklärt er dann. „Was?“, frage ich zurück. „Woher du den Begriff Schalaia kennst“, erklärt er. „Ach so, ist jetzt nicht so Weltbewegend, hat mir ein Diener erklärt“, erkläre ich. Tata nickt. Nimmt einen Schluck Wasser. „Einen Guten Appetit wünsche ich dir“, meint er dann zu mir. „Dir auch“, entgegne ich. Und wende mich dann mal den Essen zu. Es sieht mehr aus wie Tannzapfen anstatt Reis. Wenigstens ist die Sauce als solche zu identifizieren. „Das isst man wie?“, erkundige ich mich. Bis jetzt habe ich hier auch nur Essen bekommen, das stark an die Menschenwelt erinnert hat. „Entweder du nimmst das Skam in die Hand oder aber du entfernst mit dem Messer erst die Saat, dann die Hülsen, und den Rest kannst du dann bequem zerschneiden. Dann kannst du alles mit der Gabel essen, hat der Diener extra für dich mitgebracht“, erklärt Tata. „Es ist nicht unhöflich, wenn ich das von Hand Esse?“, erkundige ich mich. „Warum sollte das unhöflich sein?“, will Tata wissen. Ich zucke mit den Schultern. „Ist in meiner Heimat eben oft so“, entschuldige ich mich. Tata nickt. Sein Essen sieht aus wie Sojasprossen mit sonstigem allerlei. „Deines schmeckt auch nach Reis?“, erkundige ich mich. „Mhm, ist auch Skam aber nur die Hülsen“, erklärt er mir. Ich nehme zögernd mein Messer zur Hand. Worauf Tata mir den Teller kurz wegnimmt. Sein Messer hervor nimmt, und mein Essen innerhalb von ungefähr einer halben Minuten fein säuberlich zerlegt. Nur den Stiel nicht. „Ich weiss nicht wie scharf du das magst, also pass besser auf mit dem Stiel“, warnt er mich. Schiebt mir den Teller wieder hin. Ich probiere ein bisschen aus. Scheinbar ist der Tannzapfe das Süsssauer in einem. Und die Sauce ist mehr so als Bindemittel, Schärfeneutralisator und Gewürz gedacht. Praktisch… „Darf ich von deinem ein klitzekleinwenig probieren?“, erkundige ich mich nach einer Weile. Tata hält mir seinen Teller hin. „Schmeckt wirklich wie Chinesisches Allerlei“, gebe ich zu.

Gästetaugliches Nachtgewand




Nach dem Essen begleitet mich Tata noch zu meinem Quartier zurück. Seine Augen haben wieder ein wenig zu leuchten begonnen, aber dieses Mal sage ich nichts. Er hält meine beiden Hände in seinen fest und er scheint nur ungern daran zu denken, dass er gleich gehen sollte. „Magst du noch kurz mit hinein kommen?“, erkundige ich mich. Toll… echt gut hingekriegt, nicht nur, dass meine Stimme klang, als wäre ich im Stimmbruch, nein, irgendwie hätte ich besser zugelassen dass er ging. Tata nickt. „Wenn du magst…“, lenkt er ein. Ich lasse ihn also in meine drei Zimmer… Was damit endet, dass ich noch verunsicherter bin, und wir uns in angespannter Stimmung in einem schier elektrisch aufgeladenen Zimmer sitzen und vermutlich beide beten, dass gleich ein Wunder geschieht.
„Wann musst du zuhause sein?“, erkundige ich mich nach einer Weile. Biete ihm so die Möglichkeit an, sich ohne Entschuldigung zurück zu ziehen. Er sollte sich nicht unwohl fühlen. „Ich werde zuhause nicht erwartet, seit wir uns im Park begegnet sind, vermeide ich es, länger als nötig zuhause zu sein. Meine Eltern, sie streiten nicht mehr, sie ignorieren sich, und das ist schlimmer“, stellt Tata fest. Ich nicke. „Kenne ich von früher… weisst du was, wenn du magst, kannst du heute hier schlafen, ich frage kurz ob ich für dich eine Schlafbekleidung bekomme“, biete ich ihm an. Nicht schon wieder, jetzt habe ich schon wieder dafür gesorgt, dass er hier bleiben sollte. Tata winkt ab. „Ich habe ein Schlafgewand bei mir, Danke aber für das Angebot und Danke dass du mir gestattest bei dir zu nächtigen“, bemerkt er. Er holt aus seiner Tasche etwas aus Stoff heraus. „Ich komme gleich, ich muss kurz…“, beginne ich schliesslich. Deute vage in Richtung Bad. Ich muss dringen Hilfe holen. Ein kleines Nervenbündel trifft die Kleiderdienerin kurz darauf im Badezimmer an, nachdem ich nach ihr gerufen habe. „Ich habe ein kleines Problem“, erkläre ich ihr. Versuche ihr dann zu erklären, was los ist. Dass ich irgendwie keine Ahnung habe was wirklich das Problem ist, macht das nicht unbedingt gerade einfacher. Schalaia hört mir ruhig zu. „Ihr habt Euch in ihn verliebt“, stellt sie schliesslich schlicht fest. „Und was soll ich jetzt tun?“, erkundige ich mich. „Herausfinden, wie er für Euch empfindet. Und alles andere wird sich dann von alleine geben“, meint sie. Sie berührt meine Hände. „Geht Euch kurz waschen, und ich helfe Euch beim Umziehen und glaubt mir, hätten die Götter etwas gegen die Beziehung hätten sie es längst zur Sprache gebracht“, meint sie. Ich bin zwar weniger überzeugt, aber ich komme ihrer Aufforderung nach und mache mich frisch. Sehe skeptisch dem Kleid zu, das sie mir bereit gelegt hat. „Menschenwächterin Jesca, Ihr müsst bald schlafen, und da Ihr einen Gast habt, ist es angebracht, dass Ihr in einem Nachkleid nächtigt. Das hier ist das Anständigste das ich finden konnte“, verteidigt sich Schalaia. Ich füge mich meinem Schicksal. Lasse mir beim Anziehen des Nachtkleides helfen. Es hat Ähnlichkeiten mit dem Badekleid, nur dass es ein bisschen mehr festen Stoff hat der sich irgendwie nach Satin anfühlt und dass es sich als Dreiteiler herausstellt. Neben dem allernötigsten das sich wie Unterwäsche verhält und die bezaubernd auffällige Farbe schwarz hat hat es noch so etwas wie, keine Ahnung, ein Nachthemd das mehr durchsichtig als sonst etwas ist und über das ganze angezogen wird. Alles fühlt sich luftig aber sehr bequem an. Muss ich ehrlich zugeben. Im Spiegel sehe ich mich kurz skeptisch an. Der goldene durchscheinende Stoff kommt nur bis knapp zu den Knien. „Das ist ein Schlafgewand, bei Gäste?“, erkundige ich mich. „Für Menschgeborene Frauen, ja. Es gäbe das Ganze auch blickdicht, da wir aber nicht auf so frühen Besuch vorbereitet waren, fehlt ein solches, verzeiht“, bittet Schalaia. „Schon Okay“, lenke ich schnell ein. Schalaia schenkt mir ein Lächeln und reicht mir gleich darauf noch einen Bademantel. „Hier für Euer Gewissen“, meint sie. Dann lässt sie mich alleine.
Ich wickle mich in den Bademantel ein und kehre zu Tata zurück. Der mich ganz kurz ansieht und sich dann spontan dazu entschliesst dass der Boden interessanter ist. „Verzeih, die Kleiderdienerin hat gemeint es sei das einzige Schlafgewand, das Gästetauglich ist“, entschuldige ich mich. Tata hat sich auch umgezogen, aber seine Kleidung sieht deutlich koscherer aus als die meine. Er trägt so etwas wie Boxershorts und sogar so etwas wie ein, keine Ahnung was, ein Stück Stoff, das bestimmt weniger Bequem ist als mein Nachgewand, auch weil es dank den Flügeln gebunden sein muss damit es vor dem Bauch hält. „Ich sollte gehen, ich wollte keine Umstände machen“, meint Tata. Ich halte ihn schnell am Handgelenk fest. „Nein, du darfst gerne hier bleiben, Tata, das macht keine Umstände, sie musste es ja nicht extra suchen und gestern habe ich in den Kleidern geschlafen, daher habe ich noch keines benutzt“, erkläre ich. „Danke“, kommt überraschend schnell von ihm. „Es ist zuhause wirklich unerträglich…“, murmelt er dann. Ich streiche ihm tröstend über die Hand. „Das tut mir leid“, stelle ich fest. Tata hat gestern gesagt, seine Eltern würden sich lieben, da muss etwas ziemlich falsch gelaufen sein, wenn es für ihn unerträglich geworden ist. „Sie sitzen einander gegenüber starren sich an, sie haben aufgehört zu streiten, aber das jetzt, das ist der Tod. Kein Wort mehr, keine freundliche Geste, kein gar nichts mehr. Sie ignorieren sich im Alltag und abends sehen sie sich an, als wollen sie einander den Rücken zudrehen. So ein Blick als warten sie nur darauf, dass die Worte ausgesprochen werden und die Wege sich trennen…“, murmelt Tata. Dann zieht er mich abrupt an sich. Seine Wange berührt die meine. „Jesca“, murmelt er. Er hält sich an mir fest. Drückt mich gerade noch erträglich an sich. „Dann lässt er abrupt los. „Ich sollte wirklich gehen“, stellt er fest. Seine Augen haben wieder dieses Leuchten bekommen. Und er dreht den Kopf schnell weg. „Nein, Tata, bleib hier, bitte“, bitte ich ihn leise, verpasse ihm einen Kuss auf die Wange. Nur ganz flüchtig, auch weil ich für den Kuss auf die Zehenspitzen stehen muss. Seine Wange glüht fast. Etwas das ich bei dem gedämmten Licht in meinem Zimmer vorher nicht bemerken konnte. „Jesca, ich…“, beginnt er. „…ich habe kein Recht…“, fährt er nach einer Weile fort. Ich verdrehe nur ganz ein bisschen die Augen. „Papperlapapp“, wende ich ein. „Jesca, du kennst mich gar nicht, du weisst so wenig von mir, so viele Sachen die ich dir sagen müsste“, stellt Tata fest. Ich seufze auf. „Glaubst du etwa, dass ich dir alles gesagt habe? Warum Teijo so besorgt um mich ist zum Beispiel“, gebe ich zu bedenken. „Und glaubst du, dass hält mich davon ab, Gefühle für dich zu haben?“, kommt mir über die Lippen, bevor ich es verhindern konnte. „Gefühle“, echotet Tata prompt. „Ja, und auf deine nicht gestellte Silberwasserfrage, ja. Und wenn es tausendmal verboten wäre, oder schlecht oder was auch immer, trotzdem ja“, spreche ich schnell und aufgebracht, bevor mich der Mut verlassen könnte. Tata zieht mich wieder an sich. Seine Finger streichen über meine Wange. „Und wenn es die Dunkelheit meiner Seele bedeutet, und jeder Tropfen meines Verstandes mich warnt, und wenn ich auch Angst habe, vor deinem Urteil das du bald fällen musst, so lautet meine Antwort doch auch ja. Auf immer dein will ich sein“, bemerkt er. Ich sehe zu ihm hoch. Vorsichtig berühren unsere Lippen sich. Kurz darauf befinden wir uns mitten in einer Knutscherei.
Schwer atmend lösen wir uns voneinander „Jesca, wir sollten nicht…“, stellt Tata fest. „Du hast Recht, es tut mir Leid“, entschuldige ich mich. „Das ist nicht deine Schuld, und es braucht dir nicht Leid zu tun. Wir sollten nur nicht weiter machen, dafür sind wir beide zu jung, kennen uns zu wenig“, meint Tata. Ich nicke. Er klang so verdammt vernünftig. „Und ausserdem sollten wir schlafen“, gebe ich zu. Tata nickt. Ich lege mich aufs Bett. Tata seufzt kurz. „Jesca, darf ich das Tuch vielleicht abziehen, es ist nicht so, dass die Gefahr besteht dass…“, beginnt er. Seine Augen sind beinahe ganz grau geworden. „Sicher darfst du“, beschwichtige ich ihn. Tata zieht sich das Oberteil aus. Dann legt er seine Flügel um sich und legt sich zu mir. Seitwärts, wohl auch, damit er mich ansehen kann. Seine Hände liegen auf seinem Bauch. „Wenn ich… ich meine nur jetzt rein theoretisch… wenn ich mal intim sein würde… in der Zeit der Selbstfindung ist das oft so, dass solche Sachen passieren… und du dann wieder nach Ascarbia kommen würdest, würdest du… ich meine glaubst du, dass du mir das verzeihen könntest?“, erkundigt er sich. „Natürlich gesetzt dem Falle, dass ich meine Fehler bereue, Busse tue und ich abgeschlossen habe“, fügt er schnell hinzu. Ich könnte nicht sagen, woran es liegt, ob an seinem grauen Blick oder an seinen Händen die er auf seinem Bauch hält, als wolle er… Ich berühre Tatas Oberarm. „Ja“, bestätige ich. „auch wenn…“, beginnt er. „Auch wenn du davon ein Kind in dir tragen würdest? Ja“, bestätige ich. „Ich würde dir auch verzeihen, wenn du schwach geworden wärst, einem anderen gegenüber. Und ich würde dein Kind als das meine ansehen, solltest du es mir zugestehen“, fügt er schnell hinzu. Dann beugt er sich zu mir hinüber und küsst mich ganz vorsichtig auf die Wange. „Ich möchte einen gemeinsamen Weg mit dir gehen“, stellt er leise fest. „Ich mit dir auch“, entgegne ich.

Das lebende Nachtgewand




Ich wache an Tata gekuschelt auf. Mein Nachthemd hat sich komischerweise an mich geschmiegt wie ein nasses Seidentuch es um einen Körper zu machen pflegt. Zudem es ist auch nicht mehr golden sondern silbern. Jetzt weiss ich woher ich die Samtheit kenne. Das Hemd besteht aus Asch. Toll… Und wie ist es wieder zum Leben erweckt? Ich ziehe es mal vorsichtig aus. Was dem Asch gar nicht gefällt und es sich noch mehr um mich schmiegt. Aber schlussendlich gibt es nach und fällt wie ein artiges Nachthemd einfach auf das Bett. Ich versorge es schnell in der Nachttischschublade und setze mich dann auf. Was Tata dazu bringt, aufzuwachen. „Schlaf ruhig weiter“, schlage ich ihm vor. Tata hat wohl anderes vor. Jedenfalls setzt er sich auf und küsst mich zwischen die Schulterblätter. „Dein Weg ist auch mein Weg“, meint er. „Ich liebe dich auch“, entgegne ich. Schmiege mich etwas an ihn. „Aber etwas ist mir nicht klar, warum habe ich bisher nie gemerkt, dass deine Augen die Farbe wechseln?“, erkundige ich mich. „Weil man das hauptsächlich sieht, wenn es dunkel ist. Zudem habe ich gelernt es so gut es geht, zu verbergen. Nur wenn ich sehr müde oder aus der Fassung bin oder wenn es ganz starke Gefühle sind, dann bricht es durch“, erklärt Tata. „Gestern warst du sowohl aus der Fassung als auch müde“, stelle ich fest. „Und zumindest einige Gefühle waren sehr stark. Du hast Recht. Und falls du dich fragst, wann es gestern angefangen hat, es war bei diesem fremden Stamm. Und meine Augen waren dort schwarz. Hass und Wut, vielleicht mit etwas grau. Mit Angst. Ich habe eine Brille getragen, darum ist es nicht aufgefallen“, erklärt er mir. Ich nicke. Drehe mich leicht zu ihm um und küsse ihn vorsichtig. „Wir sollten aufstehen, vielleicht können wir dann noch gemeinsam Frühstücken, bevor ich los muss“, stelle ich fest. Tata lacht leise auf. „Wir haben noch genug Zeit, aber du hast Recht, ist es mir gestattet kurz dein Bad zu nutzen?“, erkundigt er sich. Ich nicke. „Natürlich“, bestätige ich. Sobald Tata weg ist stehe ich wirklich ganz auf. Ich ziehe den Bademantel wieder an und suche dann einen Ort an dem ich mein Aschgewand unterbringen kann. Entscheide mich schliesslich dafür es in eine der schweren Kisten zu versorgen und den Schlüssel für diese Kiste in meinen Ketten aufzunehmen. Toll, und jetzt hatte ich sozusagen ein lebendes Hemdchen, welches ich eigentlich nicht killen will, sprich es würde wohl oder übel noch Erde benötigen, und Wasser und Sonnenlicht…
Sobald Tata umgezogen wieder zurück kommt, gehe ich ins Bad. Werde dort bereits von Schalaia erwartet, die mich mustert, als würde an mir etwas fehlen. „Das willst du nicht wissen“, erkläre ich ihr bevor ich mir kurz die Zähne putze und Schalaia kurzzeitig einfach ignoriere. „Echt nicht“, erkläre ich ihr nachdem ich fertig bin mit putzen. Schalaia hat in der Zwischenzeit nämlich nicht aufgehört mich still anzusehen. Ich gehe ganz kurz unter die Dusche. Komme in den Bademantel gewickelt wieder und suche mir Alltagskleidung heraus. Schalaia seufzt. Hilft mir dann still beim Anziehen. „Okay, überredet, schau nach, aber beklag dich nachher nicht…“, verlange ich von ihr. Und reiche ihr den Schlüssel für meine Truhe. Dann kehre ich zu Tata zurück. Hand in Hand wie gestern Abend suchen wir uns einen Ort an dem wir etwas Frühstücken können. Noch ist es draussen Dunkel und das Licht noch immer wie eine Nachtbeleuchtung im Krankenhaus nur etwas farbiger. Uns verschlägt es wieder in das Restaurant in dem wir zu Abend gespeist haben. Es sind dieses Mal Buffettische aufgestellt. Zögernd sehe ich mir die vielen Sachen an. Kann aber doch nicht erraten wie die wohl schmecken. Schliesslich nimmt Tata lächelnd meinen Teller und gibt einige unterschiedliche Sachen hinein, bevor er seinen füllt. Allerdings beschränkt er sich dabei bei sich auf eine Art, ich würde sagen, gemantschtes Allerlei. Am Tisch setzen wir uns gegenüber und ich probiere die Sachen in meinem Teller. Versuche mir dabei zu merken, welche Sachen sehr gut schmecken und welche ich nicht unbedingt noch einmal brauche. Tata isst schnell und schweigend.
„Jesca, ich werde etwas nach Hause gehen. Meine Eltern sind beide arbeiten, daher ist das okay. Können wir uns nachher noch einmal sehen? Ich habe die Befürchtung mir läuft die Zeit davon“, stellt Tata in einer Pause fest. Ich nicke. „Warum werden wir dann keine Zeit mehr haben?“, frage ich. „Weil Teijo irgendwann die Frage stellen wird, Jesca, und ich werde ihm Antworten müssen, und dann, Jesca wird uns keine Zeit mehr vergönnt sein“, erklärt er mir. Ich nicke. Damit würde ich wohl leben müssen. Und Tata hat mich ja gewarnt. Ich hauche ihm einen Kuss auf die Wange. „Versprich mir, dass wir nachher noch Zeit haben, uns zu verabschieden“, bitte ich ihn. Mir ist der dunkle Schatten der sich nähert schon aufgefallen. Tata presst kurz die Lippen aufeinander. Dann nickt er. „Ich werde da sein“, verspricht er. Ich hauche ihm gleich noch einen Kuss auf die Wange. Gehe dann zum Ausgang. Dort sehe ich noch einmal zurück. Der Kampfascarbe ist nämlich gerade aufgehalten worden. Asc, wie ein Fels steht er da, und der Kampfascarbe scheint das Interesse an Tata verloren zu haben und unterhält sich lieber mit Asc. Tata verlässt den Platz mit gesenktem Kopf. Ich beeile mich auch.
In meinem Räumen werde ich von Schalaia aufgehalten. „Na hatte ich Recht gehabt?“, erkundige ich mich. „Wie habt Ihr das hinbekommen? Und noch viel wichtiger, hat es Tata gesehen?“, erkundigt sich Schalaia. Ich zucke mit den Schultern. „Beides weiss ich nicht, gezeigt habe ich es ihm nicht, aber wenn es in der Nacht passiert ist, und er dort wach war, kann es sein, dass er es gesehen hat. Er hat nichts gesagt, aber wer weiss… nur denke ich, ist er keine Gefahr“, bemerke ich. „Ihr habt keine Ahnung, was für eine Gefahr er ist, nicht Absichtlich, das mag sein, aber wären die Götter seiner Seele nicht so gnädig gestimmt, und wären die Kampfascarben nicht von seiner reinen Seele überzeugt, hätte nie jemand zugelassen, dass er sich in Eurer Nähe aufhält“, erklärt Schalaia. Ich seufze. Gehe ins Badezimmer und putze meine Zähne. „Schalaia, wenn ich mitbekommen, dass jemand zwischen mir und Tata versuche Ärger zu schaffen, werde ich sehr ungemütlich“, stelle ich klar. „Das versucht niemand, Menschenwächterin Jesca, nicht absichtlich, nicht mit diesem Hintergrund, es wäre so perfekt, Eure Beziehung zu dem Anführer der nächsten Generation, zum neuen Anführer des Hohen Rates, zu einem der zudem ein reines Herz hat. Das wäre geradezu perfekt. Und jeder Mensch jeder Menschgeborene würde sich dafür Opfern, wenn es sein müsste. Aber es gibt da ein Problem, und dass Ihr so ruhig auf Tata reagiert, deutet darauf hin, dass er es Euch nicht erzählt hat, was für ein Problem“, stellt Schalaia fest. Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiss nicht, ob es jemandem aufgefallen ist, aber ich habe Tata auch nicht gesagt, dass ich da zufällig ein Omen aus dem Ärmel geschüttelt habe, also was mute ich mir an, von ihm zu verlangen, dass er mir alles sagt?“, erkundige ich mich. Schalaia nickt. „Ihr habt ja Recht, wir machen uns nur Sorgen, erstens könnte Euer Vertrauen in Tata brechen und zweitens bringt es Euch wirklich in höchste Gefahr“, stellt sie fest. Ich nicke. „Ich werde aufpassen“, verspreche ich. Schnappe mir meinen Mantel und verziehe mich ins Sitzungszimmer.

Fragerunde




Asc kommt als letzter ins Sitzungszimmer und setzt sich an seinen Platz. Sieht mich mit seinen dunkeln Augen kalt an. „Ist etwas, Ascarbenwächter Asc?“, erkundigt sich Esimbre. Asc sieht kurz zu ihr. „Nein, ich war nur in Gedanken, mein Gefährte hat gestern einen Unfall gehabt“, erklärt er. „Oh… ich hoffe es ist nichts schlimmes“, stelle ich fest. Asc nickt. „Es wäre bedauerlich, wenn es schlimmer wäre“, stellt er kalt fest. Aber ich bin sicher, dass seine Kälte nicht wirklich echt ist. Mehr so ein Selbstschutz. „Menschenwächterin Jesca, ich habe eine Frage an Euch, wenn der Hohe Ascarbische Rat um Mithilfe bitten würde, würdet Ihr zusagen zu helfen?“, erkundigt er sich plötzlich. „Wenn ich kann, ja“, bestätige ich. „Auch wenn es Euer Tod bedeuten könnte?“, erkundigt sich Asc weiter. Und ein paar der Wächter sehen ihn warnend an. „Ascarbenwächter Asc, ich komme von der Menschenwelt, dort ist es schon ein Risiko morgens aus dem Haus zu gehen. Und sterben werde ich irgendwann eh. Also warum sollte mich so etwas davon abhalten zu helfen?“, erkundige ich mich. Ascs Augen sehen mich weiterhin ausdruckslos an. „Ascarbenwächter Asc, Eure Sorge in allen Ehren aber Ihr solltet Eure Worte besser überdenken“, mahnt Esimbre. Asc schüttelt den Kopf. „Meine Worte sind sehr genau überlegt gewesen, Esimbre, Wächterin von Tiambre und Vorsitzende des Wächterrates“, stellt er dann klar. „Ascarbenwächter Asc, würdet Ihr, wenn man Euch darum bitten würde, die Herrschaft über Ascarbia übernehmen?“, frage ich. „Was denkt Ihr, Menschenwächterin Jessica, würde ich in Ascarbia die Macht übernehmen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte?“, fragt er mich. „Genug jetzt“, herrscht uns Esimbre an. „Wir machen eine Pause, Ihr Asc geht besser nachschauen wie es eurem Gefährten geht, und Ihr Jessica, Ihr habe gewiss auch noch Sachen die Euch vielleicht etwas beruhigen“, meint sie. Ich stehe auf. Asc hat den Raum schon verlassen. „Nein, denke ich nicht“, erkläre ich ihm trotzdem, sobald ich den Gang auch betreten habe. Er dreht sich im Gang zu mir um. Seinen Kopf hat er schief gelegt. Dann aber verschwindet er ohne ein Wort. Ich mache mich schnell auf die Suche nach Tata.
„Schon hier?“, erkundigt sich Tata erfreut. Umarmt mich kurz. „Die Verhandlung wurde verschoben, weil ich ein bisschen mit Asc rumgeblödelt habe, besser gesagt wir haben irgendwelche Fragen gestellt, die wir irgendwie nicht hätten stellen sollen, oder so“, erkläre ich. „Du solltest dich nicht mit ihm anlegen, Jesca“, warnt mich Tata. Ich kuschle meinen Kopf an seinen Oberkörper. „Ich weiss, wollte ich auch gar nicht, ich fand jetzt weder seine Frage noch meine wirklich schlimm, sah Esimbre wohl anders“, stelle ich fest. „Jesca, magst du mit mir nach Entri meinem Lehrer in Menschenkunde sehen?“, erkundigt sich Tata plötzlich. „Ja, gerne“, willige ich ein. Wir suchen also den Lehrer auf. Er ist bereits aus der Krankenstation entlassen worden und freut sich sichtbar über unseren Besuch. „Schön, dass ihr vorbei schaut“, stellt er fest. Tata drückt meine Hand kurz etwas fester. „Schön, dass es Euch besser geht, ich habe mir Sorgen gemacht…“, murmelt er. Entri umarmt Tata vorsichtig. „Es ist ja gut, Tata, ich habe es überstanden, und viele andere auch. Die Götter haben auf uns herab gelächelt“, meint er. Tata nickt. „Mögt Ihr uns Unterricht geben?“, fragt er dann. Entri lacht leise. Erklärt sich dann aber einverstanden und so verbringen wir die nächsten paar Stunden damit, Wissen über die Menschen auszutauschen. Irgendwann deutet Entri zur Türe. „Tata, ich habe gehört, du hast gestern einen neuen Flugrekord aufgestellt, du solltest etwas Essen gehen“, bemerkt er. Tata nickt. Steht auf. „Ich gehe gleich“, bestätigt er. Entri steht auch auf. „Ich lasse euch kurz alleine“, bietet er an. Geht dann heraus. „Es ist soweit“, stelle ich fest. Tata nickt. „Ja“, bestätigt er. Er atmet einmal tief durch. Dann beugt er sich über mich. Legt seine Lippen sanft auf die meine. Stupst gleich darauf mit der Zunge an meine eigenen Lippen. Wir verlieren uns fast in diesem Kuss. Doch irgendwann müssen wir doch in die Realität zurück. Wir lösen uns widerwillig voneinander. „Gehen wir“, bestimme ich, damit Tata das nicht tun muss. Er nickt. Wir gehen zum Restaurant. Da hat uns Entri ja schliesslich hingeschickt. Aber weit und breit kein Kampfascarbe. „Ich sollte wirklich etwas essen“, meint Tata. Holt sich noch einen Teller voll mit dem undefinierbaren Allerlei. Wir setzen uns an einen Tisch und Tata beginnt wieder schnell zu Essen.

Schuldgeständnis




„Du hast vor heute zu trainieren?“, kommt da die ruhige Stimme von Teijo. Tata wartet eine Sekunde länger als nötig, bevor er den Kopf leicht zu dem Riesen umdreht. „Ich fürchte ich versuche mehr den gestrigen Flug zu kompensieren“, meint er. „Nun das trifft sich gut, denn ich fürchte heute wird bei dir nichts mit Training“, stellt Teijo fest. Tata wendet sich wieder dem Teller zu. Isst schnell weiter. „Du solltest erstens das mit dem Zeichen erklären und zweitens…“, beginnt Teijo. „… Sagen ob ich die Ascarben umgebracht habe… ich weiss“, meint Tata. Teijo legt den Kopf schief. „Du klingst ungesund, Tata“, stellt er fest. „Mhm, fühlt sich auch ungesund an. Würde es sich aber vielleicht einrichten lassen, dass Ihr Eure Position von dort wo Ihr steht nach irgendwo verlagern könntet, wo ich Euch nicht im Rücken habe, es gibt mir das Gefühl, als würde man mir etwas vorwerfen“, stellt Tata fest. „Und das wäre unrecht?“, fragt Teijo nach. Tata schüttelt stumm den Kopf. „Nein, Kampfascarbenleiter des Räumdienstes, das wäre es nicht“, murmelt er sieht ruhig zu mir. Er hatte diese komischen wilden Ascarben also getötet. Ich greife mir Tatas Hand um ihm zu zeigen, dass ich zu ihm hielt. „Unser Weg“, erkläre ich ihm. Tata nickt. Drückt meine Hand. „Menschenwächterin Jesca, ist es in Ordnung, wenn wir Euch noch in Euer Quartier begleiten, bevor Tata mir ein paar Fragen bezüglich dieses Zeichens beantwortet?“, erkundigt sich Teijo. Geht gar nicht auf Tatas Schuldgeständnis ein.

ABSOLUT GAR NICHTS



Eine halbe Stunde später sitzen wir alle drei in meinem Quartier. Die Türe verschlossen, damit niemand auf dumme Gedanken kommt, uns zu belauschen. „Kampfascarbenführer des Räumdienstes Teijo, Hattet Ihr wirklich meine Person in Verdacht?“, fragt Tata. „Ich hatte was das betrifft keinen Verdacht“, erklärt Teijo mit einem Gesichtsausdruck der nicht verrät, ob er das wirklich so meint. Tata nickt. Er setzt sich auf mein Bett. Die Hände aneinander gedrückt. „Werdet Ihr mich wirklich diesem Clan übergeben?“, erkundigt er sich. Teijo setzt sich ihm gegenüber hin. „Wenn es einen Anhaltspunkt gibt, dass sie Miluws haben, dann nicht“, erklärt er. „Ich hatte keine Chance, hätte ich ihnen Gnade entgegen bringen müssen? Mein erzeugender Vater hätte das gekonnt, ich habe ihnen das Urteil des anderen Clans erspart, das konnte ich, aber ihr Leben verschonen? Ich weiss, dass meine Eltern beide anders gehandelt hätten, aber ich bin keiner von ihnen, ich habe sie sterben lassen. Schnell, und dann habe ich sie für die andere Clans als Warnung dagelassen. Rührt unsere Kinder an, und ihr werdet so enden, sie haben es verstanden, sie rühren die Kinder nicht an“, erzählt Tata zögernd. Teijo steht auf, geht näher zu ihm. Setzt sich neben ihn. „Ihr… es ist weniger Schlimm, oder? Vater hat erzählt, dass Ihr ein Gift dafür habt“, murmelt Tata. Teijo nickt. Streicht ihm über die Schulter. „Haben sie dich angegriffen?“, fragt er. Tata nickt. „Sie haben gesagt, dass ich… dass ich kein Recht habe, mich einen Ascarben zu nennen, und dass sie mich zu dem machen würden…“, beginnt er. Seine Stimme ist gegen Ende immer leiser geworden. Teijo nimmt ihn einfach kurzerhand in eine Umarmung. „Erzähl mir von der Zeichnung“, bittet er. „Vater kommt aus einem Clan, das wisst Ihr bestimmt, jedenfalls, er… er hat es mir erzählt, das Zeichen entsteht, wenn man ohne Narkose, ohne Medikamente ohne Bestimmung…“, Tata unterbricht sich. „Die Versiegelung hier… die Bauchdecke, sie wird nicht mit Gewalt bereit gemacht, oder“, fragt er. Teijo schüttelt den Kopf. „Keine Angst, Tata, wir nutzen dafür Medikamente wie dein Vater gesagt hat. Es ist noch immer Schmerzlich, aber was du da gerade andeutest, wird die Bauchdecke wirklich gebrochen?“, fragt er zurück. Tata nickt. „Vater hat erklärt, dass dabei eine Spur auf dem Handgelenk erscheint, die sich nicht mehr entfernen lässt. Sie sieht aus wie eine Narbe, als hätte jemand versucht die Hand abzutrennen“, erzählt Tata. „Ich habe es gesehen, das Zeichen, an den Armen derer die mir aufgelauert haben, sie sagten ich habe kein Recht, ascarbisch zu sein. Und dass sie mir das beibringen würden, was ich sei. Ich habe versucht mich zu wehren, aber ich hatte keine Chance, alle zu besiegen, zudem hatte ich nach meiner gelernten Methode gekämpft, um Tote zu verhindern. Aber dieser Kampf war nicht so ausgelegt. Nur der Tod hätte vielleicht etwas bewirken können. Ich hätte alleine keine Chance gehabt, zum Glück war ein anderer Clan da gewesen, sie haben mir geholfen. Und hätte ich nicht an die Worte meines erzeugenden Vaters gedacht, hätte meinen Angreifer nicht ein schnelles Ende zur Auswahl gestanden. Mein erzeugender Vater hätte sie nicht unnötig leiden lassen, darum habe ich ihnen die Wahl gelassen. Drei haben den Tod abgelehnt. Der Clan hat diese drei aufgenommen, jedoch nicht ganz zu Miluws gemacht. Der Clan reist lange Strecken, da sind Miluws nur hinderlich“, stellt Tata fest.
„Tata, wie arg war die Gefahr für dich?“, fragt Teijo. Tata zuckt mit den Schultern. „Sie war deutlich vorhanden, und absolut real gewesen“, erklärt er. „So real, dass dein Körper Schaden davon getragen hat? Oder deine Seele?“, fragt Teijo. Tata faucht. „Es war eben eine echte Gefahr gewesen“, erklärt er. Teijo steht auf. Sein Blick zeigt etwas wie Beunruhigung. Und bestimmt hatte er schon eine ganze Menge um die Ohren. „Tata, wer weiss, dass du angegriffen wurdest?“, erkundigt er sich. „Jesca, und Ihr, und der Clan“, erklärt Tata. Teijo geht zu der Türe. „Tata, du wirst einen Arzt besuchen, der abklärt, wie gravierend du zu Schaden gekommen bist“, erklärt er. Tatas Gesicht zeigt deutlich, was er davon hält. Es fängt mit ABSOLUT an geht über GAR und endet mit NICHTS. „Dann nehmt mich fest“, meint er. Teijo dreht sich zu ihm um. „Ich kann dir einen Schritt entgegen kommen, und anordnen, dass es ein Kampfascarbischer Arzt macht, widerstrebt dir auch das, werde ich deinem Rat zustimmen, und dich vorübergehend festnehmen, um eine Untersuchung durchbringen zu können“, erklärt Teijo. Tata sieht mich an. Sein Blick wirkt Hilfesuchend. „Begleitest du mich?“, fragt er. Ich nicke. „Wenn du das magst, begleite ich dich“, bestätige ich. Tata nickt. „Wohin müssen wir?“, fragt er Teijo. „Zeig Jesca vielleicht das Quartier der Kampfascarben hier, ich werde den Arzt dorthin schicken“, erklärt dieser. Tata nickt. „Einverstanden“, lenkt er ein. Er wartet bis Teijo mein Quartier verlassen hat.

Das Recht auf Glück



„Ich muss dir ja richtig Schwächlich vorkommen“, bemerkt Tata. „Nein, warum?“, frage ich irritiert. „Weil ich einfach nichts auf die Reihe kriege“, meint Tata. „Weil du gegen erwachsene Ascarben, die unfair gekämpft haben, nicht angekommen bist?“, frage ich. Tata schüttelt den Kopf. „Weil ich mich noch immer davon beeinflussen lasse“, erklärt Tata. Ich seufze. „Tata, ich weiss ja nicht wie das in Ascarbia ist, aber so etwas erscheint mir ziemlich normal. Man braucht sehr viel Kälte um so etwas einfach wegzustecken, und ich bin sicher, jeder andere Ascarbe hätte auch Spuren davongetragen“, wende ich ein. „Du bist eine spezielle Person, aber Jesca, ich… ich muss dich etwas fragen, als du mir Jirim gegeben hast…“, Tata verstummt kurz, „…als du ihn mir gereicht hast, es kam mir so vor, als wäre es richtig, es klingt bestimmt verrückt, aber es… für einen Moment hat es so gewirkt, als hätte es…“, Tata dreht sich von mir ab, „… dass du das auch gemerkt hast“, fügt er hinzu. „Es fühlte sich vertraut an, wirklich als wäre es richtig“, bestätige ich. „Das sagst du nicht einfach nur so?“, erkundigt sich Tata. „Nein, das war wirklich so“, verneine ich. Ich greife nach seiner Hand. „Aber komm, wir sollten zu diesem Arzt gehen“, stelle ich fest. Tata drückt meine Hand kurz. „Darf ich es dir hier sagen, damit du es nicht von dem Arzt erfährst?“, erkundigt sich Tata. „Wenn du nicht magst, dass der Arzt es mir sagt, dann wird er mir das bestimmt nicht sagen“, wende ich ein. Tata nickt. „Aber ich… ich würde es dir gerne sagen, es ist nur so schwer“, stellt Tata fest. Ich drücke seine Hand. Schliesslich stelle ich mich auf die Zehenspitzen. Gebe Tata ein kleiner Kuss auf die Wange. „Ich möchte dich nicht verlieren, Jesca“, stellt Tata fest. „Tata…“, beginne ich. „Die Narben die du gesehen hast, Jesca, sie waren einmal offen…“, murmelt Tata. Mir wird leicht anders. Zwar habe ich irgendwie geahnt, dass er ein Kind in sich trägt aber hatte ich das jetzt richtig verstanden? Tata wirkt wie ein Häufchen Elend. „Tata, willst du damit sagen…“, beginne ich zögernd. „Hass mich nicht, bitte…“, fleht Tata. „Spinnst du, ich hasse dich doch nicht“, ich versuche zeitgleich meine Gedanken zu ordnen. „Nicht?“, fragt Tata. „Warum sollte ich dich dafür hassen? Tata, ich bin nur gerade ehrlich gesagt, überfordert, gibt es etwas, was ich für dich tun kann?“, frage ich. „Wärst du aus Ascarbia, hättest du es als Beleidigung gesehen, es ist nicht richtig, dass ich in meinem Zustand einer fremden Person Gefühle entgegen bringe. Nicht nur, dass ich noch viel zu jung bin, ich trage etwas Fremdes in mir, was masse ich mir an, Gefühle für dich zu haben? Was mute ich dir hier nur zu?“, fragt Tata. „Tata, komm wieder runter, beruhige dich“, bitte ich Tata. Tata nickt. „Tut mir Leid, es… ich bin ascarbisch erzogen, alles in mir schreit, dass ich dir das nicht zumuten darf, dass ich mich fern von dir halten soll. Was bin ich, dass ich meine Gefühle über dich stelle?“, murmelt Tata. Er sieht mich fragend an. „Tata, hör auf. Deine Erziehung finde ich ernsthaft zum Kotzen. Warum hast du kein Recht darauf, Gefühle zu haben, weil dir irgendein Monster Gewalt angetan hat? Das ist doch krank. Du hast das gleiche Recht wie jeder andere, dein Glück zu finden“, stelle ich klar. Ich halte ihm zögernd meine Hand hin. „Ja?“, frage ich. Tata nimmt meine Hand. „Ja“, murmelt er.

ein erstes Bild



Ich drücke Tatas Hand den ganzen Weg über möglichst fest, damit er nicht wieder solchen absoluten Blödsinn denken muss. Und gleichzeitig frage ich mich, wie krank eine Gesellschaft sein muss, dass Tata auf die Idee kam, man könnte ihn dafür hassen. Da lief aber etwas gehörig schief. Tata klopft an eine Türe. Ein Kampfascarbe öffnet, lässt uns eintreten. Führt uns ohne etwas zu sagen in einen Raum. Jetzt ist es Tata, der meine Hand drückt. Der Raum sieht anders aus als die Arzträume in denen ich gestern gewesen war. Vermutlich war der Raum auch nicht als Arztzimmer gedacht. „Kampfascarbenarzt Nunje wird gleich hier sein“, erklärt der Kampfascarbe doch noch. Da war doch noch etwas vertrautes. Man muss auf den Arzt warten. Wäre ich nicht noch total Fassungslos, hätte ich vielleicht geschmunzelt. So aber schenke ich Tata nur einen aufmunternden Blick. „Kann ich irgendetwas für dich tun?“, frage ich noch einmal. Tata versucht sich in einem Lächeln. „Lass mich nicht alleine, bitte“, bittet er mich. Ich nicke. „Keine Angst, ich bleibe bei dir“, erkläre ich ihm. Wenn ich etwas nicht tun würde, dann ihn im Stich lassen. Wir sitzen wie in einem Wartezimmer nebeneinander auf der Bank und halten uns an der Hand fest.
„Ich hoffe, ihr musstet nicht zu lange warten“, bemerkt plötzlich eine ruhige Stimme von einem Kampfascarben der jetzt die Türe hinter sich ins Schloss zieht. Ich stehe automatisch auf. Tata folgt meinem Beispiel. „Wir sind auch erst gerade gekommen“, erkläre ich. „Ich bin Nunje“, stellt sich der Kampfascarbe vor. „Und mir wäre es Recht, wenn ihr mich nur mit Vorname ansprecht, dass ich Arzt bin, weiss ich selber…“, meint Nunje. Reicht erst mir dann Tata die Hand. „Du musst Tata sein, möchtest du deine Begleiterin bei der Untersuchung dabei haben?“, erkundigt er sich. Tata nickt. „Mhm“, gibt er von sich. „Du giltst allgemein als stille Person, hast ausser zu Lehrern kaum Kontakt zu erwachsenen Ascarben. Zu gleichaltrigen nur im Unterricht und zu Kämpfen“, beginnt Nunje zu erzählen. Tata zuckt mit den Schultern. „Sie wissen eine Menge über mich“, stellt er fest. „Nun es gibt einige von uns, die wissen noch eine ganze Menge mehr, ich weiss nur, was ich in der Zeit von Gestern bis heute über dich erfahren habe“, erklärt Nunje. „Nett“, stellt Tata fest. Scheinbar mag er Psychologische Gutachten auch nicht. Nunje deutet zum Sofa. „Glaub mir Tata, niemand will dir etwas böses“, bemerkt er. Tata und ich nehmen wieder Platz. „Ihr habt Euch doch schon ein Bild gemacht, warum braucht Ihr mich dazu noch?“, erkundigt sich Tata. Ich lehne meinen Kopf an Tatas Schulter. „Mein Vater hat es mir einmal so erklärt, wie will man wissen, was der Maler ausdrücken wollte, wenn man den Maler nicht fragt, wenn man das Bild nicht mit eigenen Augen gesehen hat und sich nur auf das Urteil anderer verlässt“, erzähle ich. Tata streicht über mein Haar. „Was wollen Sie denn wissen?“, fragt er schliesslich. „Ich möchte nur hören wie du so bist, und ich sehe gerade, dass deine Begleiterin einen guten Draht zu dir hat, und ihr Vater tot sein muss, so wie, dass du darüber informiert bist. Also hast du durchwegs die Fähigkeit Kontakt zu Personen aufzubauen“, stellt Nunje fest. Das bin ich von den Psychologen in meiner Welt nicht gewohnt, die erzählen nämlich nicht, was sie gerade beobachten.
„Ich habe nie behauptet, dass ich keine Kontakte knüpfen kann“, stellt Tata fest. „Also hast du einfach kein Interesse daran Kontakte zu gleichaltrigen zu knüpfen? Oder siehst du es anders? Dass sie deine Anwesenheit meiden?“, erkundigt sich Nunje. „Vielleicht habe ich keine Lust, jeden Tag klar machen zu müssen, dass ich meines Vaters Kind bin, und seine Stärke in meinen Venen trage. Dass ich zu Recht ein Ascarbe bin. Ich habe kein Bock dass die anderen sich heimlich mit mir treffen, weil ihre Eltern nicht wünschen, dass wir uns sehen. Ich habe kein Interesse mich mit anderen rumzuschlagen die mir keinen normalen Grund liefern können, warum sie jedes Mal erst eines auf die Kappe brauchen, bevor ich normal mit ihnen reden kann. Ich habe es auch nicht nötig mit Leuten herumzuhängen, die Menschen wie Fussabtreter oder Menschgeborene wie bessere Haustiere behandeln“, erklärt Tata. „Oh, Wut“, stellt Nunje fest. „Ja, Wut“, äfft Tata ihn nach. „Was erwartet man eigentlich von mir? Ich bin verdammt nochmal kein Kampfascarbe, ich kann das nicht einfach so übersehen, nur weil ich gerade wichtigeres habe, das Vorrang hat. Ich kann nicht einfach auf Gut-Freund machen, wenn mir so etwas nicht passt…“, stellt Tata fest. „Angst, hast du Angst?“, fragt Nunje plötzlich. „Wovor?“, erkundigt sich Tata. „Ich weiss nicht, davor, nicht ernst genommen zu werden, davor, dass sie dich ausgrenzen könnten“, meint Nunje. Tata runzelt die Stirn. „Nein, das ist es nicht, hat es mit dem…“, Nunje spricht nicht fertig nickt nur mit dem Kopf. „Dann fange ich besser damit an“, stellt er fest.

Meine Seele ist mir



Nunje deutet zu einem Hocker. Den er mit dem Schwanz in die Mitte des Raumes zieht. Tata stellt sich neben den Hocker. Nunje sagt nichts dazu. Aber als er den Flügel von Tata berührt und leicht zur Seite drückt, schwartet Tata ihm eins. Und geht sofort wieder in diese seltsame Drohhaltung. Nunje zeigt ihm ruhig seine leeren Hände. „Tata, ist gut“, meint er. Tata beruhigt sich nur langsam. „Nicht anfassen!“, erklärt er. Nunje nickt. „Deine Flügel sind empfindlich, aber nicht so stark wie deine Seele“, bemerkt er. „Meine Seele ist mir“, zischt Tata. Dann hat er sich eindeutig wieder gefangen. Er faltet die Flügel zusammen. Nunje seufzt. „Tata, ich muss für Teijo beurteilen, ob du der Gefahr die du gesehen hast, auch ausgesetzt warst, und wenn ja, wie sehr. Und ob es notwendig ist, dich in Behandlung zu schicken, oder ob dein Verhalten einen Aufenthalt in einer Arrestzelle erfordert, oder sogar Gefängnis anstehend ist. Also bitte mach mir die Arbeit nicht unnötig schwer. Ich kann sagen, dass du auf jeden Fall eine Behandlung brauchst, ich weiss nur nicht gegen was“, erklärt Nunje.
Ich gehe zu Tata. „Darf ich deine Flügel berühren?“, erkundige ich mich. Tata nickt. „Auch zur Seite schieben?“, frage ich. Tata greift nach meiner linken Hand. „Ja, aber nicht loslassen, ja?“, fragt er. Ich nicke. Drücke seine Hand. „Ich bin bei dir, versprochen“, verspreche ich ihm. Während ich ihm vorsichtig die Flügel zur Seite kippe, spreche ich irgendwelches belangloses Zeugs auf ihn ein. Tata ist schussendlich bis in die letzte Faser seines Körpers angespannt, aber er hält durch. Und ich sage nichts dazu, dass er meine Hand fast zerdrückt. Ein weisser Strich ziert die Haut neben einem der Flügel. „Okay, lass ihn wieder los“, trägt mir Nunje auf. Ich lasse die Flügel vorsichtig wieder in ihre richtige Position. Nunje sagt nichts zu dem gesehene und da ich keinen Vergleich habe, weiss ich nicht, ob es normal ist. Aber ich halte es für unwahrscheinlich. Wollte jemand Tata die Flügel abschneiden? Ich wäre gerne etwas stärker für Tata dagewesen, aber wollte er das? Und vor allem, wie konnte ich das? Ich versuche also nur zu zeigen, dass ich bei ihm bin. Tata lässt sich wieder auf das Sofa nieder. Sein Gesicht zeigt Anzeichen von Anstrengung. „Tata, ich muss noch deinen Bauch sehen“, bemerkt Nunje. Tata schluckt leer. Doch dann löst er den Knoten von seinem Oberteil. Greift danach sofort wieder nach meiner Hand. „Nicht weggehen“, bittet er noch einmal. Ich lege meine Hand an seinen Oberarm, so dass er loslassen kann, um seine Kleidung ganz auszuziehen. Mit zusammengepressten Augen und leidendem Gesichtsausdruck ist er schliesslich fertig. Seine Hände hält er mitsamt Stoff aber vor dem Bauch. Er wollte eindeutig nicht untersucht werden. Nunje kauert sich an den Rand hin. „Tata, ich mache dir nichts, keine Sorge“, bemerkt er. Tata nickt. Rührt sich ansonsten aber nicht. „Reicht das andere nicht?“, fragt er leise. Nunje schüttelt den Kopf. Legt seine Hand auf die von Tata. „Lass es mich sehen, es geht ganz schnell, du hast diese Untersuchung bestimmt auch schon gehabt…“, bemerkt er. Tata nickt. „Nichts sagen, bitte“, murmelt er. Nunje nickt. Und Tata nimmt seine Hände vorsichtig weg. Ich greife mir sie sofort, damit er nicht noch einmal nach Nunje schlagen würde. Nunje sieht sich die Bauchdecke erst kurz an. Runzelt die Stirn, und dann drückt er dagegen. Sein Gesicht zeigt etwas, was ich nicht identifizieren kann. War er wütend? Oder schockiert? Aber er sagt nichts. Eine ganze Weile schweigt er. Er hat die Hand wieder weggenommen und sein Gesicht ist wieder ausdruckslos geworden.

Freispruch



Als es klopft zieht Tata seine eine Hand aus meiner und hält sich das Kleiderbündel wieder vor den Bauch. Nunje geht zu der Türe. „Sag mal Teijo, er hat Einfluss auf das Urteil genommen, oder?“, erkundigt er sich. „Korrekt“, bestätigt Teijo. „Wie war das Urteil?“, will Nunje weiter wissen. „Tod, oder an Clan gebunden, als Miluws, aber mit Flügel“, erklärt Teijo. „Er hat ihnen den Tod als Option zur Auswahl gestellt?“, erkundigt sich Nunje. „Ist das gegen dein Urteil?“, fragt Teijo. „Es ist gegen sämtliche Ascarbischen Instinkte, Teijo, wäre er einer der unseren würde ich ihn dir sofort als Schüler empfehlen, sobald er von Geistheilern das Okay bekommen hat“, erklärt Nunje. Im nächsten Moment steht Teijo vor Tata. Er legt Tata die Hand an die Wange. „Geistheiler werden gegen diese Barriere nicht ankommen“, bemerkt er. „Zudem ist er zu jung…“, fügt er hinzu. Seine Hand schiebt die von Tata weg. „Ihr wollt es weg machen?“, fragt Tata. „Das dürft ihr nicht, das ist meines“, erklärt er dann weinerlich. „Es kann doch nichts dafür…“, fügt er hinzu. Teijo hebt Tata hoch. Setzt sich selber auf die Bank und hält Tata fast wie ein kleines Kind fest. „Kann ich Jesca trotzdem mögen?“, fragt Tata leise. „Mögen darfst du jede Person, auch Jesca, ob du Gefühle für sie haben darfst, kann nur Arim beurteilen“, stellt Teijo fest. Als wäre das eine Aufforderung verlässt Nunje den Raum. Kurz darauf kommt der Kampfascarbenleiter mit den blauvioletten dunkel gesprenkelten Flügeln, den knallblauen Augen und silberroten Haaren in den Raum. „ Nunje sagt, mein Urteil ist gefragt“, stellt der Kampfascarbe fest, den ich bereits einmal gesehen habe. „Arim, Tata würde gerne wissen, ob es gegen die Gesetze verstösst, wenn er sich Jesca zugezogen fühlt“, erklärt Teijo. Dann kommt ein Schwall über seine Lippen so dass ich wieder kein einziges Wort daraus herausfiltern könnte. Es hat keine hörbaren Abstände. Arim setzt sich auf den Hocker mitten im Raum. „Gesetzlich gesehen könnte man nur beim geringen Alter ansetzen, aber schon das wird nicht mehr ziehen. Jesca zählt als alt genug, weil sie als Menschgeborene einem anderen Wachstumszyklus folgt. Bei Tata selber ist es noch nicht einmal nötig das Alter genau zu definieren, es reicht, dass er empfangen hat, wer empfangen hat ist alt genug Gefühle zu haben“, erklärt Arim. Er sieht sich Tata prüfend an. „Kannst du mir noch einmal erklären, was passiert ist, und was du gemacht hast?“, erkundigt er sich. Tata erzählt ihm also was damals passiert war. Von dem Ausflug, den er gemacht hat, von den sieben Ascarben die ihm aufgelauert haben. Teijo hält ihn ruhig fest. Und ich taste irgendwann nach Tatas Hand, damit er auch spüren kann, dass ich noch da bin. Von der Starre die nach dem Erlebten über ihn gekommen war, als der Schmerz seinen Körper noch immer durchzogen hat, und das Gefühl, in ein tiefes Loch gefallen zu sein, in dem alles egal war, erzählt Tata gleich nachdem er genau geschildert hat, was passiert war, als sie ihn zu Boden gedrückt hatten. Ich bin versucht mir die Ohren zuzuhalten, aber vermutlich muss Arim es so detailliert haben, um sich ein genaues Bild machen zu können. Der Flügel hatte sich beinahe gelöst gehabt, bis der rettende Clan aufgetaucht war. Sie haben sofort eingegriffen und die sieben überwältigt. Tata habe nur am Rand mitbekommen, dass der Clan vorhatte, die sieben qualvoll zu Miluws zu machen, und sie dann einem anderen Stamm anzudrehen. Und dass sich Tata dann an die Worte seines erzeugenden Dads erinnert habe, und ihnen gesagt habe, dass sie es schnell tun sollen, und er habe die Angreifer vor die Wahl gestellt, entweder Miluw oder Tod. Drei haben sich gegen den schnellen Tod entschieden, und das Schicksal als Miluw akzeptiert. Der Clan hat ihnen die Flügel gelassen, da sie lange herumreisen würden, und Miluws ohne Flügel wären nur hinderlich. Auch hatte Tata auf Kirsom bestanden. Soweit ich das mitbekommen habe, war das entweder ein Schmerzmittel oder aber ein Mittel, welches die Bauchdecke weicher macht, oder so.
Arim nickt. „Das Gesetz sieht die Notwendigkeit deines Eingreifens ein, du hast nach unserem Ermessen richtig gehandelt, ohne anmassend zu werden. Es wird keinerlei Konsequenzen für dich haben, dass du dich nicht erst an ein Gericht gewendet hast“, meint Arim schliesslich. „Aber Tata, es ist wichtig, dass du das Erlebte von damals verarbeitest“, wendet er ein. Tata sieht fragend zu ihm. „Es hat geheissen, das ginge nur wenn…“, beginnt er. „Wenn man das Ungeborene entfernt, ja“, bestätigt Arim. „Ich werde es aber nicht entfernen, es kann nichts dafür“, protestiert Tata. „Tata, was ich dir anbieten kann, ist, dass wir es nicht töten, es ist zwar, durch den Umstand, dass es erzwungen wurde, nicht gross gewachsen, aber es sollte, da es drei Menschenjahre her ist, weit genug entwickelt sein, um einen Eingriff zu überleben. Man wird das Kind ausser Leibes aufziehen, es wird leben, und wir werden dir etwas zusammensuchen, das dir helfen wird“, erklärt Arim. „Aber…“, beginnt Tata. „… darf ich es… darf ich es als mein Kind sehen?“, erkundigt er sich vorsichtig. „Wenn du alt genug bist, darfst du es auch zu dir nehmen, wenn es von den Geistheilern als zumutbar angesehen wird“, erklärt Arim. Tata scheint eine Weile zu überlegen. „Dann wird die Person die es aufzieht nicht sein Elternteil sein“, stellt er fest. „Das kannst du entscheiden, aber wenn du eine Bindung zu dem Kind willst, dann wird das Kind darüber informiert. Es wird wissen, wer du bist, und wer es selber ist“, erklärt Arim. „So viel…“, murmelt Tata. Arim nickt. Er steht auf. „Teijo, kümmerst du dich um alles, ich werde ihn Rechtlich absichern“, bestimmt er. Ohne eine Antwort abzuwarten verzieht er sich.

Unorthodoxe Fragen und Entscheidungen



„Geht es einigermassen?“, erkundigt sich Teijo. Tata nickt. „Wenn du magst, gebe ich dir ein Trank, damit du etwas schlafen kannst, brauchst du Beistand? Als Geistheiler darfst du dir selber jemanden aussuchen, es muss für dich stimmen, sonst wird es wohl nichts bringen. Und wegen den Pflegeeltern werde ich schauen, ob ich da welche finden, denen du vielleicht zustimmen kannst, sie werden sich gut um das Kind kümmern, solange du dafür noch nicht bereit bist, aber sie werden auch bereit sein, das Kind in deine Obhut zurück zu geben, wenn es soweit ist“, erklärt Teijo. Tata nickt. „Danke“, bedankt er sich. Teijo streicht ihm über den Kopf. „Ruh dich einfach aus“, rät er. Er steht auf, und setzt Tata auf die Bank. „Ich bring dir gleich das Getränk“, verspricht er dann. Er verlässt kurz den Raum. Kommt gleich darauf mit einem Glas zurück. „Ist es in Ordnung, wenn man den Eingriff nachher vornehmen wird? Wenn du wieder wach bist, und wenn wir alles geklärt haben?“, fragt er. Tata nickt. Dann trinkt er artig das Getränk aus. Teijo zieht mich sachte von der Bank. Und legt ein Kissen an die Stelle an der ich gesessen habe. Tata legt sich seitlich auf die Bank. Schliesst kurz darauf die Augen.
Kampfascarben verändern den Raum schnell. Stellen Geräte auf. Ich nehme mir den Schemel und setze mich zu Tata. Sehe ihm beim Schlafen zu. Irgendwann transportiert ihn Teijo auf das Gebilde, auf dem der Eingriff wohl stattfinden würde. Sie hatten aber nicht vor, es gleich jetzt zu tun, oder? „Keine Angst, Jesca, würden wir es jetzt machen, würde seine Seele nie wieder heilen“, erklärt Teijo. Nunje drückt Tata wieder gegen die Bauchdecke. „Teijo, das wird ein sehr schmerzhafter Eingriff, die Bauchdecke ist sehr bruchstark zusammengewachsen, wenn wir das mit Schmerzmittel ausgleichen wird er mindestens Schaden nehmen“, stellt Nunje fest. „Ich werde mit ihm darüber reden, sobald er kurz zur Besinnung kommt, Jesca wird die Kraft nicht aufbringen können, um die Bauchdecke zu behandeln, aber jemand fremdes sollte es nicht sein, wenn er sich für Pflegeeltern entscheidet, vielleicht die“, meint Teijo. „Dann mache ich den Resten bereit“, meint Nunje. Kurz darauf sind nur noch Tata, Teijo und ich im Raum. „Ich verstehe nicht…“, gebe ich zu. „Tata wurde vor der Versiegelung nie so im Bauchbereich berührt. Zudem ist er noch zu jung um schon natürlich zu empfangen. Darum ist seine Bauchdecke noch sehr hart, als die Bauchdecke nach dem Bruch wieder geheilt ist, hat sich die Decke noch etwas verstärkt. Und die Versiegelung des Kindes macht es nicht besser. Wir können das Kind nur entfernen wenn wir die Bauchdecke öffnen können, aber das ist sehr schmerzhaft. Da das Kind nicht bereit ist, auf die Welt zu kommen, wird es auch nicht helfen. Entweder wir brechen die Bauchdecke noch einmal, was nur mit sehr grosser Menge Schmerzmittel gemacht werden kann, oder aber, jemand behandelt seinen Bauch so, dass die Bauchdecke etwas einfacher zu durchdringen ist. Mit den richtigen Medikamenten als Beihilfe wäre das möglich, aber eigentlich ist das die Aufgabe eines Partners, mindestens eines Freundes. Du wirst zu schwach sein, um das zu machen, es kann sehr lange dauern, bis die Bauchdecke nachgibt“, erklärt Teijo. Er nimmt meine Hand und führt sie zu Tatas Bauchdecke. „Ihr haltet sehr viel von Tata“, stelle ich fest. „Er ist ein guter Junge, körperlich überragend, geistig hell wach, wissbegierig und Lernbereit. Es ist faszinierend wie er sich entwickelt hat. Wie er es schafft sich in der Gesellschaft zu behaupten. Zu viele Steine wurden ihm schon in den Weg gelegt. Er hat Voraussetzungen die den meisten Ascarben nicht gegeben sind. Die ihn für Kampfascarben interessant machen. Sein Wesen ist ausgeglichen, sein Sinn für Gerechtigkeit, für Ruhe und Ordnung ist gut ausgeprägt, sein Durchsetzungsvermögen ist bereits jetzt erkennbar, seine Autorität wird mit der Zeit noch stark wachsen. So etwas muss man als Kampfascarbe einfach zu würdigen wissen. Es erleichtert die Zusammenarbeit mit den Ascarben, wenn der Anführer den Kampfascarben ähnlich ist. Aber ihn im Team zu haben, oder zumindest auf seine Ausbildung Einfluss zu nehmen wäre noch sehr viel interessanter, also, ja, ich mag ihn“, meint Teijo. Er sieht auf Tata hinunter. „Die Götter haben wohl auch mit ihm noch grosses vor. Auch wenn es gefährlich für dich ist Jesca, die Götter haben sich gewiss etwas dabei gedacht, Zwei Wesen von unterschiedlicher Herkunft füreinander zu schaffen und die Wege der beiden zusammen zu führen“, meint Teijo. Er schüttelt leicht den Kopf. „Ich sollte mich noch um Eltern für das Ungeborene kümmern“, stellt er fest. „Ascarben?“, erkundige ich mich. Teijo schüttelt den Kopf. „Nein, entweder Menschen oder Kampfascarben, sie sind beide besser geeignet den Anforderungen gerecht zu werden. Ascarben neigen dazu, ein Kind nicht wieder herzugeben, wenn sie es einmal aufgenommen haben, und Tata wünscht es sich doch zurück“, stellt Teijo fest. „Nur wenn bereits Familienbande bestehen, wäre so etwas möglich, oder in Einzelfällen, aber das würde zu lange gehen, so etwas zu überprüfen. Tatas Familie besteht nur aus seinen Eltern und hätte er die gewünscht zu informieren, hätte er es längst getan“, stellt Teijo fest. Ich nicke. Da hatte Teijo bestimmt Recht. „Darf ich eine Unorthodoxe Frage stellen?“, frage ich. „Eine nicht sehr gläubig eingestellte Frage? Frage ruhig“, meint Teijo. „Könntet nicht Ihr Euch um das Ungeborene kümmern, beziehungsweise, die Vormundschaft, also die Verantwortung für das Kleine übernehmen?“, frage ich. Musste verrückt klingen die Frage, immerhin war er nicht irgendein Kampfascarbe. Soweit ich das mitbekommen habe, war er einer der drei wichtigsten. „Ich?“, fragt Teijo. Ich nicke. „Na ja, wenn ich das nicht total falsch mitbekommen habe, seid Ihr eigentlich am ehesten für die Bevölkerung zuständig, die beiden anderen, verzeiht, ich kenne Ihre genauen Bezeichnungen nicht, Arim und der mit den grauen Flügeln, ähm…“, beginne ich. Teijo grinst tatsächlich wieder einmal. „Arim ist Kampfascarbenleiter der Gesetzesgewalt, und der mit den Grauen Flügeln ist Tofe, Kampfascarbenleiter der Konfliktbeseitigung“, erklärt Teijo. Bevor ich es verhindern kann ist mir ein: „Genau so sieht er aus“, herausgerutscht. Teijo grinst noch breiter. „Aber du hast Recht, ich bin am ehesten für die Bevölkerung zuständig, Arim für die Gesetze und Tofe für den Frieden“, stellt er fest. Ich bin froh, dass Teijo meinen Patzer nicht übel nimmt. Auch wenn ich es wirklich so gemeint habe. Tofe SIEHT aus, als wäre ein Konflikt nach seiner Anwesenheit beendet. Dass hier Konflikt vermutlich nicht normale Streitigkeiten sondern Kriegerische Konflikte gemeint sind, war es wohl auch sinnvoll, dass seine alleinige Präsenz ausreicht, um Panik zu kriegen. „Okay, also um auf meine Bemerkung zurück zu kommen, wenn Ihr ja sowieso schlussendlich für das Ungeborene verantwortlich seid, könnt Ihr die Verantwortung ja gleich direkt übernehmen“, stelle ich fest. Teijo nickt. „Ich werde ihm diese Option unterbreiten, aber vielleicht sieht er es lieber, wenn es eine einzige Bezugsperson ist, denn ich werde wohl nicht sehr oft Zeit für das Ungeborene haben“, stellt Teijo fest.

Drittes Thema: Bauchdecke



„Ihr, wollt es unter Eurer direkten Obhut?“, fragt Tata etwas verschlafen. Teijo wendet sich sofort ihm zu. „Jesca hat mich gerade gefragt, ob das Kleine nicht so oder so unter meiner Obhut stehen wird, und dass ich es da ja auch direkt bei mir haben könne, dann müsse ich nicht so weit reisen, um nach ihm zu sehen. Ich habe ihr gerade gesagt, dass ich dir die Option zur Verfügung stellen werde, aber dass du vielleicht lieber eine einzige Person dafür vorsehen möchtest, da ich mich alleine wohl kaum um das Ungeborene kümmern kann, da ich noch eine Menge Arbeit habe“, erklärt Teijo. „Es wäre eine Ehre, wenn Ihr es zu Euch nehmen würdet, ich… ich wäre beruhigt, wenn Ihr es zu Euch nehmt, ich weiss, dass es Kampfascarben einfacher fällt, in einem Kind ein Kind zu sehen, aber…“, Tata sieht betreten zu Boden. „Ich werde so gut es geht, für das Kind sorgen, und es stets in Händen zurücklassen, denen ich das Leben aller Bewohner dieser Stadt anvertrauen würde“, verspricht Teijo. Tata schafft ein Lächeln. „Ich danke Euch“, bemerkt er. „Es gibt noch ein Problem Tata…“, stellt Teijo fest. „Anatomie drittes Thema, die Bauchdecke“, murmelt Tata. Teijo nickt. „Nunje sagt, dass die Bauchdecke überdurchschnittlich hart ist, entweder müssten wir sie erneut brechen, oder aber eine Geburtenhilfe machen, für letzteres kommt aber Jesca nicht in Frage, dafür ist sie nicht kräftig genug“, stellt Teijo fest. Tata nickt. „Die Frage, ziehst du eine Geburtenhilfe unter diesen Umständen in Betracht? Du würdest jemanden sehr nahe an dich heran lassen… Ich nehme an, auch das hast du bereits im Unterricht durchgenommen“, stellt Teijo fest. „Ich will nicht, an jemanden gebunden werden“, wendet Tata ein. „Das wird nicht passieren, keine Sorge, ein Kampfascarbe kann sich nicht alleine durch ein Geburtenritual an einen Ascarben binden und er kann auch nicht, nur durch eine solche Geste, einen Ascarben an sich binden“, erklärt Teijo. Tata atmet sichtbar auf. „Dann ja, ziehe ich es in Erwägung“, stellt er fest. Teijo nickt. „Könnt Ihr mir jemanden suchen?“, fragt Tata. Teijo nickt wieder. „Wenn du gestattest, werde ich es selber machen, es wird das Kind auf meine Präsenz in seinem Leben vorbereiten, sonst wird es sich am Anfang sehr ungewollt vorkommen“, erklärt Teijo. Tata nickt. Teijo geht zur Türe. „Ich gebe euch zehn Menschliche Minuten“, meint er. Lässt uns dann alleine. „Hasse mich nicht, dass ich den Weg gewählt habe, aber noch ein Bruch, ich bin nicht so stark, das noch einmal durchzustehen“, verteidigt sich Tata. Ich streiche ihm über die Wange. „Weisst du, was er machen wird, ist etwas ähnliches, wie bei Menschen eine Stimulation. Dadurch wird die Bauchdecke etwas enthärtet. Normal funktioniert das nicht, wenn ein Ungeborenes da ist, welches nicht zur Welt kommen will. Nur Kampfascarben haben Mittel um eine Willigkeit des Kindes sozusagen vorzuspielen“, erklärt Tata. „Mir ist lieber, wenn du dabei Gefühle der Lust, als wenn du Panik und Schmerzen hast“, stelle ich klar. Tata nickt. „Weil du etwas Besonderes bist. Ich danke dir“, stellt Tata fest.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 23.11.2011

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Widmung:
Ich widme die folgenden Seiten allen die sie lesen

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