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10. Düsteres Wiedersehen



Wenige Tage nachdem die Wächter mich kontaktiert haben, haben Franco und Angela einen Brief bekommen, von wegen, dass ich doch für drei Wochen in ein Internat gehen sollte. Der Brief hat Torim abgefangen, und ihn mit einigen Anpassungen von einem Ort auf der Erde abgeschickt, wo der Rat der Wächter manchmal Sitzungen hatten, wenn sie gerade auf der Erde residierten. Jetzt war anscheinend wieder einmal Zeit den Rat einzuberufen und da in er Veränderten Fassung des Internatschreibens etwas von 5 Wochen stand, würde ich zum ersten Mal die Gelegenheit bekommen, an einer solchen Versammlung teilzunehmen.
Am Anfang solcher Sitzungen trafen sich die Wächter anscheinend in der grauen Zone. Einer Welt zwischen den Welten. Anscheinend der Ort wo man durchwandern muss, wenn man eine andere Welt besuchen will.

Ich wurde von Angela bis zum Bahnhof gebracht, bin dort aber nicht in den Zug gestiegen sondern wie mit Esimbre abgemacht, auf die Toilette. Dort hat sie bereits gewartet und hat mit meiner Kette ein Portal aufgetan. Dafür hat sie den Anhänger an die Türe gehalten, und die Türe geöffnet. Draussen war nicht mehr der Bahnhof sondern diese seltsame Zwischenwelt wo Esimbre sofort begonnen hat, mir die Bedeutung von diesem Ort zu erzälen, bis die anderen Wächter einer nach dem anderen aufgetaucht war.

Die restliche Sitzung würde dann in einem der Welten von einem er Wächter statt finden, das würde angeblich die Diplomatie zwischen den unterschiedlichen Welten fördern. Zumindest unter den Wächtern denn die Erde zählt zu den Welten die als unsicher eingestuft waren, sprich eigentlich nur der Wächter wusste von der Existenz anderer Welten.

Unter den frisch ankommenden Wächter befindet sich auch einer auf dessen Begegnung ich gerne verzichtet hätte.

Fast 2 1/2 Meter ist er gross. Düster sieht er aus. Düster und bedrohlich. Noch bedrohlicher als damals als er mich mit roten Augen im Park angeblinzelt hat. Auch wenn es gut ist, dass seine Augen nicht mehr rot sind. „Das ist der Ascarbenwächter Asc“, stellt mich Esimbre vor.
„Ascarbenwächter, ich möchte dir die Menschenwächterin Jessica vorstellen“, erklärt Esimbre. Asc reagiert gar nicht. Übersieht mich einfach. „Er ist erst seit kurzem wieder bei uns, war sehr lange in deiner Welt gefangen gewesen, weil dein Vorgänger zu Tode gekommen ist“, erklärt Esimbre. Ich nicke. Wünsche einfach so schnell als möglich ein paar Meter zwischen mich und ihn bringen. Am besten ein paar Welten. Wobei, jetzt wo sein Talisman wieder Kraft hat, da würde das wohl herzlich wenig nützen. „Oh, spürt man da wieder die alte Feindschaft, die zwischen Ascarben und den freien Menschen kocht?“, fragt ein kleines Kerlchen. Das entfernt an einen Zwerg erinnert. „Was für eine alte Feindschaft?“, frage ich. Der Zwerg kichert. „Na haben sie es nicht gesagt, Ascarben sind eingebildet und glauben dass sie über den Menschen stehen, für die seid ihr Menschen nur Sklaven und Nahrungsmittel“, erklärt er. Na toll, und so jemandem habe ich also geholfen? War ich total bescheuert? „Trimbinwächter Torim, Ascarben ist es seit einigen hunderter Menschlichen Jahren verboten Menschen zu verspeisen“, korrigiert Esimbre. „Und du glaubst also, dass Asc drei menschliche Jahre in der Menschenwelt herumlungern konnte, ohne Nahrung aufzunehmen, und ohne den Verstand zu verlieren, oder schlimmeres?“, fragt der Zwerg. Was hatten seine Worte zu bedeuten? Er hält mir die Hand hin. „Ich bin übrigens Torim, aus der Spezies Trimbin oder in der Menschlichen Sprache Zwerg genannt“, stellt sich der Zwerg vor. Ich greife nach der überdimensionierten Hand. Froh wenigstens jemanden kennen gelernt zu haben, der irgendwie verstand, dass ich Asc skeptisch gegenüber stand. „Ach es gibt noch mehr, aber die wenigsten sind frech genug es zuzugeben. Asc ist sehr stark und sehr mächtig, zudem ist er schon sehr lange dabei, etwa neunzig Jahre der eurigen Zeit, und seine Spezies ist schon sehr lange im Wächterbund vertreten gewesen. Und in der Zeit haben sie bestimmt dreissig Fehden geführt“, erklärt Torim, als wüsste er genau, was ich gedacht habe. Ich nicke. „Du hast gesagt, er hätte den Verstand verlieren können, oder schlimmeres?“, frage ich etwas später, als er mich noch ein paar weitere Räume gezeigt hat. „Ups“, macht Torim. „Na ja es ist…“, er unterbricht sich, weil Esimbre und Asc vorbei gehen. Torim schluckt kurz. „Es gibt Wesen bei denen merkt man den Unterschied nicht, wenn sie den Verstand verlieren, weil der Unterschied nicht so gross ist“, meint er. Ich bin mir sicher, dass er etwas anderes sagen wollte, etwas was ich scheinbar nicht wissen durfte. Na super fing ich jetzt tatsächlich an in meiner Spinnerei an zu spinnen? In einer Schizophrenen Umgebung Schizophrene Angstzustände zu bekommen, war das überhaupt möglich? Na ja, auch egal. Vielleicht sollte ich dem Psychologen davon erzählen, dann würde ich Asc bestimmt nicht mehr begegnen. Wobei die Frage war, was war gewichtiger? Das gute Gefühl, mal irgendwo dazu zu gehören, oder das ungute Gefühl, dass ich gegenüber Asc verspüre? Ich entscheide mich für das gute Gefühl. An schlechte bin ich mich nämlich gewohnt.
Die Besprechung beginnt damit, dass ich mit den anderen Wächtern bekannt gemacht werde. Insgesamt sind es 16 Welten die dem Wächterbund angehören. Sechzehn verschieden Gestallten wovon vielleicht fünf an Menschen erinnern, darunter Asc und Esimbre. Soviel zu der Theorie, dass intelligente Ausserirdische am ehesten humane Form hätten, da dies die optimale Form wäre. Gut, gilt vielleicht nur für solche die mit einem Raumschiff unterwegs waren. Ausserdem habe ich nie wirklich daran geglaubt. Warum sollte es auch so sein? So überragend optimal ist der Mensch doch gar nicht. Hinter Esimbre hängt ein Bild von einem Lichtauge. es sieht faszinierend aus. Und dadurch, dass man durch Esimbre hindurchsehen kann, sieht es gleich noch viel interessanter aus. Noch immer frage ich mich, wie Esimbre es fertig bringt, ihre Form zu behalten. Und dann auch noch in der Lage ist zu sprechen. Aber ich wage es nicht, zu fragen. Vielleicht sollte ich mal Torim darauf ansprechen. Ich sehe mir die anderen Wächter an. Viele sind schwer zu beschreiben. Und die Namen sind über mich hereingebrochen wie ein Orkan, so dass ich sie alle schon wieder vergessen habe. Nur Torim, Esimbre und Asc kann ich noch zuordnen. Was alle Wächter gemeinsam haben, sie tragen ihren Talisman. Ich habe die anderen Ketten seit meiner letzten Begegnung mit Asc vorsorglich wie im Turnunterricht um eines meiner Beine gewickelt, und so trage auch ich nur den Talisman offen. Mein Blick bleibt an einer Gestalt hängen, die mich skeptisch mustert. Mein Auge kann ihn nicht richtig fokusieren, da er ständig zu verschwimmen scheint. Erst als er die Hand hebt, um ir die Hand zu geben, wird mir klar warum. Der Wächter bewegt sich ständig wie ein hyperaktives Wesen hin und her. Und die ständige schnelle Bewegung ist zu schnell um sie scharf erfassen zu können. "Kein Problem wenn du die Namen nicht kannst, das lernst du mit der Zeit schnell", erklärt er mir. Selbst seine Stimme klingt unscharf. Ich versuche mich in einem Lächeln. "Das hoffe ich", bemerke ich.

Schon kurz nach der Vorstellrunde wird die erste Pause eingelegt, damit man für die Wächter etwas Essen zubereiten kann.


11. eine unangenehme Entscheidung



Torim kommt in einem unbeobachteten Moment auf mich zu, zieht mich zur Seite. „Es gibt nicht nur ein Böses und Asc wechselt ab und zu. Jedenfalls, kann es sein, dass Ascarben oder auch andere zu einer Seite wechseln die man die Verlorenen nennt, sie haben keinen Sinn in ihrem Leben mehr, ausser Vernichten, besonders Ascarben sind anfällig, wenn man sie einsperrt. Als Verlorene haben sie sehr viel mehr Kraft, aber sie sind nicht mehr kontrollierbar, nichts kann sie mehr aufhalten, keine Wand, keine Gesetze. Asc würde nie freiwillig in eure Welt gehen. Niemals, irgend etwas hat ihn dorthin gezogen, etwas Böses, und irgend jemand hat beschlossen den Weg zu versiegeln. Als du vom Orakel bestimmt wurdest hat sich das Tor der Welten wieder geöffnet, und Asc damit ermöglicht zurück zu kehren, und keiner weiss ob das gut ist, er wirkt normal böse, aber ist er das noch? Du musst aufpassen, musst dich vor den Wächtern in Acht nehmen, vor den Wächtern und vor ihm, versuche zu überleben“, Torim spricht schnell und hektisch und sehr leise. Ich nicke. Versuche zu überlegen was das alles zu bedeuten hat. Torim nickt auch. Dann geht er schnell davon. Erst dann kommen mir wirklich langsam Zweifel. Warum sagt Torim mir das alles? Er war schliesslich im Vorstand der Wächter. Was für Nutzen hätte er mich zu warnen? Oder war es eine Falle? Wollte man mich prüfen? Aber wobei? Und was wenn es eine echte Warnung war? Wenn er wirklich versucht mir zu helfen? Ich trinke ein Glas Wasser während ich versuche mir darüber im Klaren zu werden, was das soll. Schliesslich entscheide ich mich, die Warnung ernst zu nehmen. Nur was könnte ich tun? Aus dem Wächterring austreten? Nein, dagegen habe ich mich bereits entschieden. Ich beschliesse einfach mal möglichst vorsichtig zu sein. Ich trinke noch ein paar Schlucke Wasser. Dann kommt schon Esimbre um mir zu sagen, dass das Mittagessen bereit sei und wir nach dem Mittagessen gleich mit dem Wechsel des Verhandlungssitzes beginnen würden.
„Menschenwächterin, wir werden heute unseren Verhandlungssitz verlagern, und wenn du möchtest, könnten wir dafür die Menschenwelt wählen“, erklärt Esimbre. „Nun vielen Dank für dieses grosszügige Angebot, aber ich würde vorschlagen dass wir Ascarbenwächter Asc berücksichtigen, der seine Heimat schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen hat, und bestimmt mehr als genug hat von der Menschenwelt, wenn Ihr erlaubt würde ich seine Heimat als nächster Standort vorschlagen“, erkläre ich. Während wir uns wieder in den Verhandlungsraum begeben. Inzwischen hat dort jemand tatsächlich Teller mit Essen bereitgestellt. So dass wir gleich essen können.
Warum der Talisman ausgerechnet mich ausgesucht hat, das ist den anderen Wächter wohl nicht klar. Ich passe gar nicht in das Bild der anderen Wächter. Alles, man könnte sagen Musterknaben. Die stärksten von ihnen waren berufen dazwischen wirke ich wie ein Fehlgriff. Ein verzweifelter Wink des Suchers, um den Posten endlich wieder zu belegen. Drei Jahre war der Posten leer gewesen. Drei Jahre in denen Wächter Asc nicht in seine Welt zurückkehren konnte, Asc ist etwas über zwei Meter gross, fast 2 1/2 Meter reine Muskelkraft. Seine Augen funkeln zurzeit dunkel. Seine spitzen Reisszähne kommen beim Sprechen sehr deutlich zur Geltung. Seine langen kräftigen Finger mit den noch kräftigeren Nägeln wirkten als wären sie auf der Jagd. Mir wäre es lieber wenn ich den Vorschlag nicht hätte bringen müssen, aber es war der einzige logische Weg gewesen. Ascarben hielten Menschen als Sklaven und früher sogar als Nutztiere, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Ich würde dort wohl nicht gerade freundlich empfangen werden, aber wenn man Asc ausser Gefecht setzen wollte, dann musste man in Ascs Welt Asc selber beseitigen. Und das könnte durchaus noch Mühe bereiten.
„Menschenwächterin, es liegt an dir den nächsten Standort der Besprechung zu bestimmen, also kannst duch auch Ascarbia nehmen“, bemerkt Esimbre ruhig und bestätigt damit, dass ich wählen konnte und nicht meine Welt nehmen musste. „Dann Ascarbia“, meine ich unsicher. Nicht weil ich erpicht darauf bin weitere geflügelte düstere Riesen zu sehen, sondern weil es wohl die Welt war, die niemand erwartete, dass ich die vorschlug. „Eine vorzügliche Wahl, es ist ein sehr ein positives Zeichen“, meint Esimbre ohne zu zeigen, was sie davon hielt. „Was meinst du dazu, Ascarbenwächter?“, fragt sie dann. Asc gibt ein Geräusch von sich das irgendwie an ein drohendes zischen erinnert und leicht mit einem Fluch zu verwechseln wäre. „Was meine ich wozu?“, fragt er. Ich gebe meinem Teller einen Schups, so dass sich der restliche Inhalt den ich noch nicht gegessen habe bis zu dem Wächter bewegt und dort einen Flecken auf der Kleidung hinterlässt. „Sie hat gefragt was du von meinem Vorschlag hältst, du arroganter Wächter“, mein ich. Ein paar andere Wächter stehen sofort auf. „Menschenwächterin, ich weiss nicht ob es gut wäre eine Fehde anzufangen“, warnt Esimbre. „Was denn, im Prinzip bin ich für ihn ja gar nicht da also kann er mit mir ja keine Fehde anfangen, oder? Aber Wächter Asc, eine Frage habe ich doch, falls dein Hirn das überhaupt schnallt kann ich weder etwas dafür, dass du in meiner Welt festgehangen hast, noch, dass du da warst, und das bitteschön, solltest du dir einfach einmal in Ruhe überlegen“, meine ich, schaffe es ruhig aufzustehen und genau so ruhig den Raum zu verlassen. Ich sehe nur kurz zu Torim der mir leicht zunickt. Nun im Prinzip wäre es auch möglich, dass Torim mir eine Falle gestellt hat, als er mich gewarnt hat, aber ich bin mir sicher, dass ich mich richtig entschieden habe.


12. Erste Schritte in Ascarbia



Eine halbe Stunde später scheint mein kleiner Wutausbruch über Ascs Verhalten vergessen zu sein. Und ich bin aufgeregt. Das erste Mal würde ich eine fremde Welt sehen. Wenn man bedenkt, dass ich bisher noch nie im Ausland war, ein gewaltiger Schritt. Asc hat die Ehre das Tor in seine Welt zu öffnen. Einer nach dem anderen tritt durch das Portal. Ich gleich nach Torim.

Uf. Das erste was wohl jeder Mensch denken würde, wenn er Ascarbia das erste Mal betritt. Dabei sieht man im ersten Moment kaum etwas von Ascarbia selber. Nur einen etwa vier Meter breiten und zwölf Meter langen Gang in dem man herauskommt. Er scheint wirklich keine besondere Bedeutung zu haben, als dass er als Gang dient, aber er ist trotzdem imponierend. Der Boden ist irgendwie eine Mischung aus Glas und Stein. Bläuliches Glas welches irgendwie leuchtet und doch einen verzerrten Blick auf eine verzerrte Strasse freigibt, die sicher dreissig Meter unter dem Gang zu liegen scheint. Man befindet sich also in einem Gang der frei über dem Boden ist. Der Stein in den die Glassteine eingelegt sind, ähnelt weissen Marmorplatten. Der Boden ist uneben, was mich etwas überrascht zudem ist er deutlich nach oben gerichtet. Die Wände sind ebenfalls ungleichmässig. Und hier kann man durch das blaue Glas Türme erkennen. Die Decke ist bestimmt fünf Meter über dem Boden und ganz aus Glas. Sofern das blaue Glas wirklich Glas ist. In das Glas sind Muster gezeichnet, die unter Umständen eine Schrift darstellen könnten. Ansonsten ist in dem Raum wirklich nicht viel. Um Ascarbia schnell näher kennen zu lernen konzentriere ich mich auf das verschwommene Bild hinter dem blauen Glas. Der Schliff bricht das Bild dermassen, dass man kaum sagen kann wie die Türme wirklich aussehen. Bei jeder Bewegung verändert sich das Bild. Mal scheinen sie dünn und hoch zu sein, dann wieder sehr dick und zwischendurch stehen sie sogar auf dem Kopf oder wie in einem Mosaik verstückelt. „Willkommen“, bemerkt eine ruhige männliche Stimme. Ich zucke zusammen. Habe den Ascarben gar nicht bemerkt. Er ist etwa gleich gross wie Asc, hat braune Haare und braune Augen. „Oh“, mache ich. Ich bin irgendwie überrumpelt. Es scheint ihn nicht zu stören. „Mein Name ist Luke, ich bin der Ratvorsitzende von Ascarbia und ich möchte dich in diesem Namen auf Ascarbia begrüssen“, erklärt Luke. „Vielen Dank, mein Name ist Jessica“, erkläre ich unsicher. Luke nickt. „Wenn der Rat der Wächter damit einverstanden ist, und du wünschst, werde ich einem Diener auftragen dir das Regierungsgebäude des Ascarbischen Rates zu zeigen, und dir dein Quartier einzurichten“, meint Luke. „Der Rat der Wächter ist mit dem Angebot einverstanden sofern beim Zeigen auch der Verhandlungsraum des Wächterrates gezeigt werden“, meint Esimbre. Dann wendet sie sich an mich. „Der Rat wird erst morgen zusammenfinden, darum würde ich vorschlagen nutzt du die Zeit um dich hier umzusehen, ein Diener kennt die Orte wo es dir gestattet ist einzutreten und kann dir auch gleich mit den Sitten und Bräuche etwas vertrauter machen, daher würde ich dir raten, das Angebot anzunehmen“, meint sie zu mir. Ich nicke. „Nun ja, dann einverstanden“, willige ich ein. Luke deutet zu der Türe auf der anderen Seite. „Wenn du mitkommen würdest“, fordert er mich auf. Ich folge ihm durch die Türe. Die Tür ist eine Flügeltüre. Ein leichter Stoss von Luke lässt sie aufschwingen. Der Raum hinter der Türe ist rund. Drei weitere Türen führen aus dem Raum weg. Durch die blauen Glasflächen kann man erkennen, dass der runde Raum nicht der einzige Raum hier ist. Es scheint als würden weitere Räume um den Raum sein, aber die Türen, die alle drei offen sind, führen nur in weitere Gänge hinein. Wirkt das Ganze nur so als wären Räume da? Durch die Verzerrung durch das blaue Glas oder sind da tatsächlich Räume? Und wie betritt man sie? Waren sie nur für Ascarben zugänglich, weil diese fliegen konnten? Oder musste man eine geheime Türe kennen? Ich wage es nicht zu fragen, denn auch wenn Luke deutlich sympathischer wirkt als Asc so ist er doch auch beängstigend. Er wirkt fremd und erhaben und so als stünde er irgendwie über allem. Und auch wenn er mich direkt angesprochen hat und mich willkommen geheissen hat, so wirkt er doch nicht unbedingt so als hielt er viel von mir. „Diener?“, fragt Luke. Zwei Männer die gerade im Raum sind treten sofort näher. „Ratswächter Luke?“, fragen sie. „Die Menschenwächterin Jessica braucht ein Quartier, ausserdem kennt sie die Räumlichkeiten, die Bräuche und Sitten nicht, macht etwas dagegen“, verlangt Luke. „Wie es der Wunsch ist“, bestätigen die beiden. Ich fühle mich unwohl. Der Ausdruck den Torim benutzt hat, war wohl passender gewesen. Ich drehe mich kurz nach ihm um. Er wirkt etwas besorgt, wobei ich ihn gar noch nie mit einem anderen Gesichtsausdruck gesehen habe, was wohl an seiner Gesichtsform liegt die einen anderen Gesichtsausdruck gar nicht zulässt. „Viel Spass, Menschenwächterin Jessica“, wünscht er mir. Dann verlässt er den Raum durch einen der Gänge. Die anderen Wächter verschwinden auch nach und nach durch die Gänge bis nur noch Asc und ich da sind. „Wächter Asc, sehr lange haben wir uns nicht mehr gesehen“, stellt Luke fest. „Ratvorsitzender Luke, das ist wahr, und wenn es mir gestattet würde, würde ich gerne kurz zu meinem Partner gehen“, meint Asc. „Natürlich, gehe ruhig“, meint Luke. Asc nimmt den Weg nach unten. Stürzt einfach durch das Loch in der Mitte des Raumes. Da ich nicht soweit vom Loch entfernt stehe, kann ich den Sturzflug noch eine Weile beobachten. „Ich denke du kommst jetzt auch ohne meine Hilfe zurecht, wenn irgend etwas sein sollte, scheue nicht, die Diener zu fragen“, verabschiedet sich Luke kurz. Dann ist auch er in dem Loch verschwunden. Die Flügel eng an den Körper gefaltet und erst als er schon fast aus dem Blickfeld verschwunden ist, beginnt er die Flügel zu spreizen um den Sturz abzufangen. 13. Diener



„Menschenwächterin Jessica, wünscht Ihr, erst Euer Quartier zu besichtigen oder soll es erst eingerichtet werden, bevor ihr es besucht?“, fragt einer der Diener. Ach du Scheisse. Was für eine Antwort war jetzt angebracht? „Was ist einfacher?“, frage ich mal. „Nun das Quartier welches für menschliche Wächter zur Verfügung steht, befindet sich ungefähr zehn Gänge von hier entfernt. Dadurch würde sich vielleicht eher ein Rundgang anbieten, wenn nicht zu viele Gänge doppelt gegangen werden sollten. Wenn dies jedoch keine Rolle spielt, wäre es für Euch vielleicht auch wünschenswert, wenn Ihr gleich von Anfang an entscheiden könnt, wie Euer Quartier eingerichtet werden sollte. Dadurch könntet Ihr es nach dem Rundgang gleich beziehen, so dass Ihr nicht warten müsstet, während wir es noch anpassen“, meint einer. Die beiden Diener sehen sich ähnlich, sind beide fast kahl rasiert, tragen beide eine Ärmellose Tunika. So dass auch das Zeichen auf dem Oberarm gut sichtbar ist. Ein geflügelter Kreis der oben in ein Auge führt, vermutlich das Zeichen, der Dienerschaft, vermute ich mal. Die kurzen Hosen sind ebenfalls identisch. Beide tragen auch römische Sandalen, nur sind die von dem einen mit breiteren Bändeln und auch etwas höher. „Na ja, dann würde ich vielleicht erst das Quartier besuchen, wenn das geht“, meine ich. „Wie es der Wunsch ist“, meint einer der Diener. Deutet dann einladend einen Gang entlang. Ich bemerke mit Unbehagen, dass es genau der ist, der gegenüber dem liegt, den Torim genommen hat. Es sind tatsächlich zehn Gänge die wir gehen müssen, zehn Gänge und acht runde Räume. Dann befinden wir uns in einem Raum der sich von den anderen unterscheidet. Er ist grösser und es hat eine Wendeltreppe. Die Treppe führt sowohl nach unten als auch nach oben weiter. Wir schlagen den Weg nach unten ein. Die Treppe wird durch eine Falltüre blockiert was uns dazu nötigt, erst die Plattform zu betreten, damit einer der Diener die Falltüre öffnen kann. Auf der Plattform hat es keine Türen und scheint nur deshalb zu existieren, um das Öffnen der Falltüre zu ermöglichen. Unter der Falltüre ist ein Raum der eine weitere Türe hat. Einer der Diener öffnet die Türe mit einem Schlüssel. Dahinter befindet sich ein Raum der rund um den Ram mit der Treppe führt und insgesammt drei weitere Türen hat. mit drei Türen. Die beiden Diener öffnen alle drei. Wieder mit einem Schlüssel wohlgemerkt. Diese Türen hier sind auch mit Türfallen ausgestattet und zwar auf etwa einem Meter Höhe. „Menschenwächterin Jessica, Euer Quartier wenn es Euch genehm ist“, erklärt mir einer der Diener. Entweder haben beiden eine ähnliche Stimme oder es hat bisher nur einer gesprochen. Ich tippe auf Zweites, aber ich bin mir ehrlich nicht sicher. „Danke“, bedanke ich mich. Sehe mich um. Ein Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer und ein, nun ja, ein keine Ahnung was der Raum darstellen sollte, viellecht ein Badezimmer. „Der Menschenwächter vor Euch hat die Räumlichkeiten so hinterlassen, vielleicht wünscht Ihr noch Änderungen?“, fragt einer der Diener. „Ich würde sagen, es sieht alles ganz passabel aus“, erkläre ich. Sehe mir die Kammer an, die nun ja, irgendwie an ein Badezimmer erinnert. Nun ja, würde irgendwie Sinn ergeben. „Dann ist es in Ordnung wenn wir nur die wechselbaren Sachen kurz erneuern?“, fragt einer der Diener. Ich nicke nur. Worauf er wieder nach oben steigt.
Der andere bleibt ruhig und wie immer mit gesenktem Kopf bei mir. „Menschenwächterin Jessica, Ihr wirkt verwirrt, wenn ich es sagen darf“, bemerkt er, tatsächlich hat bisher wohl stets der andere gesprochen, denn die Stimme von dem Diener ist etwas heller und undeutlicher als die des anderen. „Ein wenig, es ist so viel neu, das ich nicht kenne das ich nicht verstehe, ich möchte die Leute hier nicht beleidigen oder irgend etwas Falsch machen, nun ja, wie soll ich sagen? Ich weiss einfach nicht was richtig ist und so“, erkläre ich. „Dafür sind wir ja da, Menschenwächterin Jessica, vor uns könnt Ihr nicht viel falsch machen, vor uns braucht ihr keine Scheu zu haben“, erklärt er. „Ja, aber ich fühle mich nicht wohl dabei, ihr werdet hier wie Sklaven behandelt, so erscheint es mir zumindest, und nun ja, ich finde das ehrlich nicht gut“, erkläre ich. „Wir sind Menschen, Menschenwächterin, es ist unsere Bestimmung zu dienen, es gibt nur wenige von uns denen ein anderes Schicksal bestimmt ist, es gibt nur wenige die erhaben genug sind und Ascarbenwürde erhalten“, erklärt der Diener. Und bevor ich etwas dazu sagen kann, hat der Diener den Kopf geschüttelt. „Menschenwächterin Jessica, es ist so wie es ist, Ihr könnt und Ihr dürft es nicht ändern, wir hatten schon schlimmere Schicksale, ihr seid Euch das nicht gewohnt, für Euch erscheint es falsch, aber für uns ist es richtig“, erklärt er fast beschwörend. Ich fühle mich trotzdem nicht wohl bei dem Gedanken. „Was ist los?“, fragt der zweite Diener. „Ich kann einfach keine richtigen Worte finden“, erklärt der andere. Der zweite wirkt kurz ziemlich besorgt. „Ratsvorsitzender Luke wird ausrasten“, bemerkt er. Der erste weint fast. „Was ist los?“, frage ich. „Menschenwächterin Jessica, verzeiht, dass wir unsere Arbeit nicht sofort fortgesetzt haben“, bemerkt der zweite. „Ist schon in Ordnung aber was versetzt euch derart in Besorgnis?“, frage ich. „Menschenwächterin Jessica, Aussenstehende verstehen oft nicht, dass denkende Wesen Diener sind, sie wollen etwas dagegen tun, als Diener ist es unsere Pflicht diesen Aussenstehenden klar zu machen, dass es richtig ist so wie es ist, wenn es durch unser Versagen zu Unstimmigkeiten zwischen Ascarben und anderen akzeptierten Wesen kommt, dann kann dies unsere… wie soll ich sagen? Unsere Strafversetzung bedeuten und dies ist für uns ein Grund kurzzeitig nun ja, besorgt zu sein“, erklärt der zweite. Der mit der helleren Stimme hat in der Zwischenzeit doch begonnen das Schlaflager abzudecken. „Was bedeutet Strafversetzung?“, frage ich. „Nun man kommt an einen anderen Ort“, erklärt der mit der dunkleren Stimme. „Und das ist schlimm?“, frage ich. „Nun je nach Arbeit ist es nicht so toll“, meint er ausweichend. „Und wie ist es in dem Fall?“, frage ich. „In seinem Fall ist es schlimm, in meinem nicht“, erklärt der mit der dunklen Stimme. „Wie schlimm?“, frage ich. „Das zu sagen liegt ausserhalb der Kompetenzen, da müsst Ihr den Betroffenen selber fragen, tut mir Leid“, erklärt mir der mit der dunklen Stimme. Ich drehe mich zu dem anderen um. „Ich wünsche nicht darüber zu sprechen, es würde nur noch mehr Probleme verursachen“, erklärt dieser sehr leise. Ich nicke. „In Ordnung, aber wenn es für euch so schlimm wäre, wenn ich etwas dagegen sagen würde, dann, nun ja, werde ich eben nichts dagegen sagen“, bemerke ich. Für einen ganz winzigen Augenblick sieht mich der mit der hellen Stimme an. Dann scheint er sich gefangen und an seine Stellung erinnert zu haben und senkt den Kopf noch tiefer zu Boden. „Würdet Ihr das wirklich tun?“, fragt er. „Ja, ich möchte euch wirklich keinen Ärger machen“, erkläre ich. „Darüber solltet Ihr euch nicht kümmern, es ist ja nicht Euer Problem, doch trotzdem danke“, bedankt sich der mit der dunkleren Stimme, bevor der andere etwas sagen könnte. Er geht wieder zur Treppe. „Ich werde schauen ob die Sachen jetzt bereit sind“, erklärt er. Dann ist er schon wieder weg.

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Tag der Veröffentlichung: 26.06.2011

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