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Me and the devil

»Early this morning
When you knocked upon my door

Early this morning
When you knocked upon my door
And I say: hello satan I believe it's time to go
Me and the devil
Walking side by side
Me and the devil
Walking side by side«

Prologue

 »Ich hab dich bezahlt, Kleiner...«, mit einem Ruck hatte er mich umgedreht und unsanft gegen die Mauer gedrückt. Mein Kopf schlug gegen den Beton und ich sah kurz Sternchen. »...also werde ich mir auch deinen hübschen Arsch vornehmen«, raunte er mir zu und sein von Whisky, Kippen und faulen Zähnen geschwängerter Atem drehte mir den Magen um. Nur mit Mühe unterdrückte ich ein Würgen.
Grob packte er mich an den Hüften, drückte mich eng an sich und rieb sich an mir, sodass ich seinen harten Schwanz spürte.
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Das hier lief gewaltig schief. Ich wollte nur ein bisschen Geld verdienen. Bisschen Schwanzlutschen, Fummeln, mehr nicht, eben eine schnelle Nummer. Von ficken war nicht die Rede - besonders nicht mich! Stand auch in meinem Profil und es hatte sich auch bisher jeder daran gehalten, außer Mundgulli. Ja, ja neunundneunzig mal ging es gut, blablabla. Danke Hirn, dieser dämliche Spruch half mir jetzt auch nicht weiter.
Ich riss meine Arme nachhinten, um ihn mit den Ellenbogen zu treffen, doch er wich mir aus, griff nach ihnen und platzierte sie über mir. Jede Befreiungsaktion ließ ihn fester zu drücken.
»Ich mag es, wenn ihr euch wehrt«, flüsterte er mir ins Ohr und nahm mein Ohrläppchen in seinen Mund. Während er meine beiden Arme weiterhin in seinen Stahlgriff hielt, fuhr er mit seiner anderen Schmutz verschmierten Hand meinen Oberkörper entlang, über meinem Bauch, hinzu meinem Hosenbund. Er schob sie unter meinem Pullover und glitt wieder nach oben, kniff mir so fest in den linken Nippel, dass ich beinahe einen Schmerzenslaut von mir gegeben hätte.
»Mmmmmmh, wie weich du dich anfühlst«, säuselte er, dann sog er geräuschevoll die Luft ein, »und wie gut du riechst. Ich wette, dein süßer Arsch ist noch Jungfrau.«
Das soll er auch bleiben! Ich trat nachhinten aus, in der Hoffnung seine verdammten Eier zu treffen, traf aber nur ins Leere. Verflucht, wieso hatte er so gute Reflexe?
Er schnalzte mit der Zunge. »Macht man denn so was, Kleiner?« Mundgulli schob ein Knie zwischen meine Beine, sodass ich nun mit leicht gespreizten Beinen da stand. »Ich sollte dich mitnehmen.« Er ließ meinen malträtierte Brustwarze los, holte seine Hand unter meinem Pullover hervor und schien irgendetwas in seinen Hosentaschen zu suchen. Mit nur einer Hand bisschen schwierig, was Arschloch?
»Wir würden viel Spaß zusammen haben.« Sicher nicht.
Anscheinend hatte er gefunden, was er gesucht hatte, denn das leise Rascheln hörte auf. »Du als mein immer williges Betthäschen und ich...« Ein Klicken, welches viel zu laut von den Wänden widerhallte, und sogar das Trommeln meines Herzens übertönte, ließ mich zusammenzucken. Was zum Henker?!
Das Reißen von Stoff ließ mich schwindelig werden und die Spucke in meinem Mund vertrocknete, ehe sie meine Kehle befeuchten konnte. Das Arschloch reißt mir mit seinem verdammten Messer meine Jeans auf! Nach dem Brennen zu urteilen nicht nur die, sondern meine Haut auch.
Adrenalin (ganz schön spät) durch schoss mich und ich zog mein Kopf so schnell nachhinten, dass ich mit voller Wucht sein Gesicht traf. Endlich ließ er mich los, als er rückwärts taumelte.
»Verfluchter, kleiner Scheißer«, rief er und spuckte einen schleimigen Batzen Blut auf den Boden.
Ich drehte mich um und schlug ihn mit der Faust ins Gesicht. Wie erhofft, fiel er hin. Kurz überlegte ich, ob ich zu treten sollte, erinnerte mich aber daran, dass so etwas nur hinterfotzige Feiglinge taten, also rannte los.
»Dreckiger, kleiner Stricher«, brüllte er.
Irgendetwas zischte durch die Luft und traf mich im rechten Schulterblatt. Ich kam ins Straucheln, fing mich aber nochmal und schaute zu meiner Schulter. Sein Klappmesser steckte bis zum Anschlag drin, doch den Schmerz spürte ich nicht - noch nicht. Mein Puls und mein Herz rasten um die Wette. Ich konnte nicht so schnell atmen, wie meine Lungen Sauerstoff brauchten. Trotzdem musste ich rennen, schneller als je zuvor in meinem Leben. Noch einmal würde ich den Wichser nicht abhalten können mich zu ficken.
Also gab ich meinen Beinen den Befehl zu laufen. Doch plötzlich sprang mich etwas Schweres an. Ich schwankte, fiel und mein Kopf prallte so heftig auf den Boden, dass mir sofort schwarz vor Augen wurde.

Lost memories

 Verdammt, wie mir der Schädel schmerzt.
Ich rieb mir über die Stirn, als würde der Schmerz dadurch verschwinden. Tat er natürlich nicht. Er ließ mein Kopf weiter pulsieren, hämmern und brummen, als würde darin ein Bär ein Haus bauen.
Was war passiert?
Langsam und nur zaghaft öffnete ich meine Augen, aus Angst es würde noch mehr weh tun. Zu meiner Erleichterung befand ich mich in einem abgedunkelten Raum. Dunkle, bodenlange Vorhänge schützten mich vor dem Strahlen der Sonne, nur durch einen kleinen Spalt schaffte sie es und zeigte mir ein Stück vom Fußboden. Rötlich braunes  Holz, nahm ich an, war mir aber nicht sicher. Sonst konnte ich nur schemenhaft etwas von dem Zimmer erkennen. Kleiderschrank, Kommode mit Dekoration, zwei große Bilder an den Wänden links und rechts, einen fast bodenlangen Wandspiegel vor mir, weiter hinten ein runder, kleiner Tisch, Regale vermutlich gefüllt mit Büchern und einem riesigen Bett in dem ich lag.
Wo bin ich? Wohne ich hier?
Und vor allem...
Wer bin ich?
In meinem Hirn war neben dem nervtötenden Schmerz auch ein undurchsichtiger Nebel, der alle Erinnerungen von mir in sich gehüllt hatte. Wahrscheinlich war der Nebel auch gleichzeitig der Schmerz. Oder andersherum? Ach, was wusste ich?
Ich konnte mich weder an mich, geschweige denn an meinen Namen erinnern und das regte mich weniger auf, als es sollte. Warum? Stand ich unter Drogen? Oder Schock? Hatte ich was auf den Kopf bekommen? Oder wurde ich zusammengeschlagen? Ich beschloß die Vorhänge beiseite zu schieben und mich im Spiegel zu betrachten, vielleicht bekam ich auch so meine Erinnerungen zurück - obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich das wirklich wollte. Womöglich war mir etwas zu Schreckliches passiert, sodass sich mein Geist im Schutzmantel der Amnesie hüllte?
Was sollte ich also tun? Den Arsch bewegen und nachschauen gehen oder mich weiter im Bett verkriechen und mir sinnlos Fragen stellen, die ich eh nicht beantworten konnte? Entschlossen setzte ich mich auf, doch auf einmal durchzuckte mich ein stechender Schmerz, der mich aufschreien und wieder zurück ins Bett sinken ließ. Gleichzeitig wurde die Tür aufgerissen und ein von der Sonne umhüllter, hochgewachsenen Mann kam herein mit ihm das Licht. Er sah aus, wie ein Engel - ein Engel ohne Flügel. War ich tot und im Himmel? Konnte mich deshalb nicht mehr an meinen Namen und Leben erinnern?
Der Engel kam näher und beugte sich zu mir herunter. »Scht, alles gut. Du bist in Sicherheit, es war nur ein Albtraum«, sprach er mit tiefer, beruhigender Stimme zu mir und strich mir sanft über die Stirn.
Durch die Berührung und seiner Stimme bildete sich eine Gänsehaut auf meinen gesamten Körper. Kenne ich ihn? Es wirkte so vertraut. »Albtraum?«, murmelte ich irritiert. So, wie es sich bei ihm anhörte, schien ich das häufiger zu haben. Das ich eben nicht wegen Albträumen geschrien hatte verschwieg ich, ehrlich gesagt hatte ich nun Angst es zu erfahren. Beides hing offenbar zusammen.
Er nickte. »Die hattest du in den letzten Tagen und Nächten mehrfach.«
Tage und Nächte?
Meine Augen weiteten sich. Wie lange war ich schon hier? Und wieso konnte ich mich auch daran nicht erinnern? War ich in eine Art Delirium gefangen gewesen?
»Du scheinst eine Amnesie entwickelt zu haben«, meinte er, mehr zu sich selbst, als zu mir. Ich nickte leicht und sah ihn nur an. Was sollte ich auch sagen? Oder tun? Vielleicht wäre weinen normal, doch es kam nichts.  Außerdem lenkten mich seine blauen Augen ab, sie waren von einer Intensität, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Sie zogen mich in ihrem Bann, so dass ich mich in ihnen verlor und das Gefühl hatte, im warmen Meereswasser zu schwimmen. Keine Ahnung, wie ich darauf kam, es war einfach so. Ich hob die Hand und legte sie an sein Gesicht, näher, ich wollte das es näher zu mir kam, damit ich noch mehr in seinen Augen versinken konnte.
»Nicht«, sagte er leise, seine Stimme klang bestimmt und gequält zu gleich und er schloss die Augen.
Nicht die Augen schließen... Als mir bewusst wurde , was ich gerade tat, zog ich meine Hand weg, als wäre sein Gesicht glühendheiße Kohlen. »Entschuldigung«, sagte ich und räusperte mich. Verlegen starrte ich auf meine, von Kratzern übersähten Hände. Verflucht, was war nur passiert? Wieso konnte ich mich nicht erinnern? Und wusste der Engel, dass er hypnotisierende Augen hatte? Ich verdrehte über mich selbst die Augen. Diese ständigen Fragen gingen mir auf die Nerven.
»Du musst sicher hungrig sein. Ich mache dir etwas zu essen.« Er richtete sich auf und wurde wieder vom Sonnenlicht eingehüllt. Seine blonden kurzen, nachhinten gekämmten Haare schimmerten leicht golden. Dieser Anblick verschlug mir die Sprache und ich starrte ihn sicher mit offenen Mund an - jedenfalls kam es mir so vor.
»Du hast bestimmt viele Fragen, sofern es mir möglich ist, werde ich sie dir beantworten«, sagte er, während er zur Tür ging.
Anstatt zu antworten, fragte ich: »Bist du ein Engel?« Ich wusste selber, wie dämlich diese Frage klang. Doch ohne das mein Hirn und ich etwas dagegen tun konnten, hatte mein Mund sie ausgesprochen. Gerne hätte ich mir selbst einen Fausthieb verpasst, da mein Kopf aber immer noch sehr weh tat, ließ ich es bleiben und hoffte einfach, er hätte es nicht gehört.
Leider war das Hoffen vergebens und er drehte sich zu mir um. Seine Augen waren plötzlich so dunkel, wie der Nachthimmel und sein Grinsen war seltsam, es wirkte freundlich, aber auch nicht, irgendwie unheimlich. »Ich bin alles andere, als ein Engel.«

What's happened?

 

Ich wünschte mir, er hätte die Tür geschlossen, als er nach draußen gegangen war, denn durch das Sonnenlicht was mein Zimmer erhellte, konnte ich mich im Spiegel sehen und musste mich dabei nicht einmal aufsetzen. Was ich sah, ließ mich zusammenzucken und ich konnte verstehen, dass mein Geist sich schützte.
Mein linkes Auge war dunkelviolet umrandet und geschwollen. Rechts am Kopf klebte ein großes Pflaster, welches vermutlich eine Platzwunde verdeckte. Auch an meiner Unterlippe befand sich eine Wunde, über der sich Schorf gebildet hatte.
Die Kratzer an meinen Händen kannte ich schon, also schob ich, mit laut hämmerndem Herzen, die Bettdecke weg, um zu sehen ob ich noch anderswo an meinem Körper Verletzungen hatte. Allerdings trug ich ein blaues T-Shirt und als ich die Bettdecke weg strampelte, bedeckte eine Stoffhose in der gleichen Farbe meine Beine. An meinen Armen waren, außer ein paar blaue Flecke, nichts. Kurz zögerte ich und fragte mich, ob ich tatsächlich wissen wollte, wie der Rest meines Körpers aussah, entschied mich aber dafür. Irgendwann würde ich es ja doch sehen, spätestens beim Duschen. Also lieber jetzt. Zudem wollte ich wissen, warum ab meiner rechten Schulter abwärts so ein stechender Schmerz war, der seit ich mich aufsetzen wollte, stetig stärker wurde. Mit leicht zitternden Händen fasste ich am Saum des Shirts, um es hoch zu schieben.
»Nicht!« 
Erschrocken sah ich auf, als seine dunkle Stimme den, sonst eher stillen, Raum erfüllte. »Ich hätte die Tür schließen sollen«, sagte er und stellte das Tablett auf den  Tisch ab.
Ich schüttelte langsam den Kopf, wollte nicht das er sich schuldig fühlte. »Nein. Schon gut, vielleicht bekomme ich so meine Erinnerungen wieder« , meinte ich und versuchte mich bei einem Lächeln, auch wenn es ziepte.
Einen Moment sah er mich nur an,  schien abzuwägen ob er mir zustimmen sollte, oder nicht. »Lass mich das machen. Du musst dich schonen.«
Mein Protest erstickte im Keim, als seine schlanken, geraden Finger mich berührten. Mein Atem beschleunigte sich und ich sah, starrte eher, in sein äußerst attraktiven, aber ausdruckslosem Gesicht. Doch hinter seinen Augen schien ein Sturm zu wüten.
Während er mir das Shirt hoch schob und mich dabei so behutsam an hob, als wäre ich eine zerbrechliche Puppe, spürte ich seinen warmen Atem an meinem Hals, weshalb nicht nur seine Berührung an meinen Seiten angenehm kitzelte. Es fühlte sich gut an, zu gut. Es beruhigte mich, gleichzeitig wühlte es mich auf und auch wenn ich es nicht sollte, durfte, schloss ich die Augen und genoss es. Das alles fühlte sich so vertraut an, wir mussten uns einfach kennen - und wir mussten mehr sein, als nur Freunde, viel mehr...
Mein Atem wurde noch schneller und ich öffnete wieder meine Augen, als seine Hände zu meinen Hüften glitt, nahe am Saum der Hose. Seine Berührung waren so sanft und zart, als würde er etwas Kostbares in den Händen halten, etwas was man nur mit Samthandschuhen anfasste und in einer Vitrine stellte. Oder in einem Safe einschloss.
Während er mir die Hose über die Beine streifte, zitterten seine Hände leicht, kaum merklich, als müsse er sich beherrschen, um nicht etwas zu tun, was ihm zu tiefst widerstrebte, vielleicht war auch das, was sich unter dem dem Stoff befand, so schrecklich... Als er dann an meinen Köcheln an kam, wandte er sich so abrupt ab, als hätte er sich verbrannt. Warum? Waren wir zusammen gewesen? Und hatten uns getrennt? Oder sah ich so schlimm aus? Ich schaute zu ihm, um irgendetwas dergleichen in seinem Gesicht ablesen zu können, doch er stand mit dem Rücken zu mir und hob gerade den Wandspiegel an. An seinen Schultern zeichneten sich deutlich Muskeln ab, als sein dunkelblaues Hemd dort spannte. Er schien blau zu mögen, auch die Bettwäsche war in einem Blauton, sowie die Vorhänge.
Ich rieb mir mit der rechten Hand über die Stirn, war so verwirrt von all dem, eigentlich schon eher überfordert. Wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen und Gedanken. Lag hier fast nackt in einem Bett, von welchem ich keine Ahnung hatte, ob ich es kannte. Ebenso bei dem Mann vor mir. Dem Engel. Der laut eigener Aussage keiner war. Seine Stimme, seine Berührungen, er kam mir so vertraut vor. Aber auch nicht. Verdammt, wieso konnte ich mich nicht erinnern? Nicht an ihn. Nicht an mein Leben. Nicht mal an meinem verschissenen Namen? Erneut rieb ich mir über die Stirn, als würden mir so plötzlich alle Erinnerungen wiederkommen. Kamen sie nicht, natürlich nicht. Warum auch?
Der Blick in den Spiegel würden sie mir womöglich zurückbringen. Allerdings war ich mir nicht mehr so sicher, ob ich das wollte. Jetzt. Vielleicht lieber morgen? Oder dann, wann ich mich bereit dazu fühlte? Aber wann? Wann sollte das sein? Ich wusste nicht, wie ich hieß. Wie sollte ich da wissen, wann ich für bestimmte Situationen bereit war? Meine Hand fuhr über die Stirn in meine Haare und zerzauste diese - half mir aber genauso wenig, wie das Stirnreiben. Was sollte ich also tun?
Da er im gleichen Moment, als ich mir die Frage stellte mit dem Spiegel zu mir kam, erledigte sich die Antwort.
Der Blick in den Spiegel schockierte mich dann so sehr, dass ich ihn am liebsten kaputt geschlagen hätte. Überall Blessuren, Kratzer, Schorfwunden und schmale Striche, die wie Schnittwunden aussahen. Meine rechte Schulter war bandagiert. In meinem Genitalbereich befand sich sogar eine Bissspur. Auch meine Beine waren mit Wunden übersäht.
Was ist nur mit mir passiert?
Ohne es zu wollen, fing ich an zu weinen. Starke Schluchzer ließen mein Körper beben, Tränen liefen wie ein Wasserfall über meine Wangen. Um mich nicht mehr sehen zu müssen, hielt ich mir meine Hände vor den Augen.
»Niemand wird dir je mehr weh tun.  Darauf gebe ich dir mein Wort.«  Während ich seine Worte nur gedämpft wahrnahm, spürte ich seinen Oberkörper deutlich auf mir. Zu erst wollte ich ihn weg stoßen, aber seine Wärme zog mich in ein Schleier aus Geborgenheit und Sicherheit, weshalb ich mich regelrecht festkrallte. Und noch mehr heulte.

 

Chaos of emotion

Keine Ahnung, wie lange ich heulte und mich wie ein Baby an ihn krallte, doch als ich mich langsam beruhigte, kroch plötzlich Wut in mir hoch. Langsam schlängelte sie sich durch meine Eingeweide nach oben zu meinem Herzen und versprühte ihr Gift.
Er schien meine Gefühlsveränderung zu bemerken, vielleicht tat mein Krallen ihm auch einfach nur weh, jedenfalls löste er sich von mir und sah mich an. Sein Gesicht war direkt über meinem, sein Atem streifte meine Lippen und ich wusste nicht, was ich gerade lieber täte, ihn küssen oder schlagen. Mein Kiefer mahlte und ich ballte beide Hände zu Fäusten, um nichts der gleichen zu tun und um dem Zorn irgendwie ein Ventil zu geben. Ich hatte keinen Schimmer woher er kam und warum. Oder eher; warum erst jetzt?!  Schließlich konnte ich mich an rein gar nichts erinnern und hatte grässliche Verletzungen an meinem Körper.
»Wer war das?«, stieß ich aus zusammen gepressten Zähnen hervor.
»Irgendein niederes Wesen dessen widerwärtige Tat seine Existenz auf ein Minimum reduziert hat.«
»Was? Wieso?« Wie meinte er das? Niederes Wesen? Existenz auf ein Minimum reduziert? Ich verstand nur Bahnhof Koffer klauen.
»Weil du ihm nicht das geben wolltest, was es wollte.«
»Geld?«
»Deinen Körper.«
Ich riss meine Augen auf, ignorierte dabei den Schmerz in meinem linken Auge. »Was?«, fragte ich atemlos. Ich hatte das Gefühl, dass plötzlich die ganze Luft aus mir gewichen war und meine Lunge nun verzweifelt nach neuer schrie. In was war ich da nur hinein geraten? Wurde ich überfallen? Würde zu meinen Verletzungen passen. Leicht wurde meine Wut gedämpft, Angst schlich sich, wie ein Einbrecher zu ihr. »Hat er... Hat er bekommen, was er wollte?«
Er schüttelte den Kopf. Erleichterung durchströmte mich und ließ mich fast lächeln. »Ich konnte verhindern, dass es dich Anal vergewaltigte, nicht aber oral«, fügte er hinzu und mir wurde schlecht. Meine Erleichterung hielt gerade mal einen Wimpernschlag an. Ich schloss die Augen, konnte ihn nicht an sehen. Mein Mund öffnete sich, um etwas zu sagen, doch es wollten keine Worte hinaus. Sie weigerten sich genauso, wie meine Augen. Zwar weckte die Information keine Erinnerungen, doch schockierte sie mich zutiefst. Wen nicht? Und erneut fragte ich mich, wo ich da nur hinein geraten war. So schnell wie die Wut gekommen war, verschwand sie wieder, ließ mich mit Ekel, Angst, Traurigkeit und Verwirrung alleine. Ich wollte sie zurück, war sie doch um so vieles besser, als das hier.
»Danke«, flüsterte ich. Er hatte mich vor Schlimmeres bewahrt, vor deutlich Schlimmerem. Die nächste Frage erklomm den Berg der Fragen in meinem Kopf und leuchtete, grell und blendend, weshalb ich sie nicht ignorieren konnte - obwohl ich mich vor der Antwort fürchtete. »Wurde ich überfallen? Bin ich selbst schuld?«
»Niemand ist daran Schuld, vergewaltigt zu werden, egal auf welche Art und Weise. Auch nicht, wenn es nur fast ist«, antwortete er und strich mir zärtlich über die Stirn, wohl um mich zu beruhigen. »Leider kann man solch eine Tat, durch bestimmte Berufe begünstigen.«
Ich öffnete wieder meine Augen und starrte ihn an, während mein Hals trocken wurde. »Prostitution«, mehr bekam ich nicht heraus. Im Moment war ich mir nicht sicher, ob ich mein altes Leben zurück haben wollte. In diesem schien ich so verzweifelt zu sein, dass ich meinen Körper verkaufte. Mich für Sex anbot, nur um Geld zu kommen. Oder tat ich es vielleicht gerne? Im Grunde war Prostitution ein ehrbarer Beruf, ohne ihn würden es wahrscheinlich noch mehr Vergewaltigungen geben. Aber ... Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, wie ich meine Gefühle und Gedanken dazu einordnen sollte ... Ich wusste gar nichts. Das verdächtige Brennen in meinen Augen kündigten sich an - die verdammten, blöden Tränen, schon wieder!
»Sch, nicht doch«, sagte er sanft und wischte mir über die Wangen. »Du gehst der Prostitution nicht im herkömmlichen Sinne nach. Du bietest dich nur für Oralverkehr und Masturbation an.«
Sollte mich das Beruhigen? Wenn ja, verfehlte es seine Wirkung gewaltig.
Er kam wieder weiter runter und drückte mich behutsam an sich. »Es wird alles gut, ich verspreche es.«
»Woher willst du das wissen?", fragte ich und ärgerte mich, wie weinerlich meine Stimme klang.
»Weil du bei mir bist.«
Für einen kurzen Moment glaubte ich, mein Herz würde aufhören zu schlagen.

 

Impressum

Texte: Nala A. Addams
Bildmaterialien: Tumblr
Cover: Nala A. Addams
Lektorat: Nala A. Addams
Tag der Veröffentlichung: 22.12.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Lilith

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