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Freitag, 31.7.

 

Als Charlotte die Haustür aufschloss, hörte sie bereits Rebeccas Stimme aus dem Dachgeschoss. Anscheinend stand die Wohnungstür zur WG offen.
»Ich kann mich nicht entscheiden«, erklärte ihre Freundin hibbelig. Die nervöse Aufregung schwang deutlich in ihren Worten mit.
Charlotte hörte Andrea seufzen. »Dann leg beide Kleider raus und entscheide dich morgen!«
Es war ihr anzuhören, dass sie dieses Gespräch nicht zum ersten Mal an diesem Tag führten. Charlotte musste lächeln. Rebecca neigte dazu, impulsive Entscheidungen zu treffen – und sie genauso impulsiv wieder rückgängig zu machen. Je wichtiger eine Entscheidung war, desto unmöglicher war es für Rebecca, diese zu treffen. Charlotte stieg schmunzelnd die Stufen nach oben. Eine Kleiderwahl war zwar keine schwerwiegende Entscheidung, aber das Ereignis, für das Rebecca ihre Garderobe wählte, schon. Morgen würden sie zu Fritzis Hochzeit fahren und es schien, als würde Rebecca stellvertretend für ihre Klinikfreundin immer angespannter werden, je näher die Feier rückte.
»Gott sei Dank, du bist da!«, stieß Andrea ehrlich erleichtert hervor, als Charlotte auf der Türschwelle erschien.
»Charlotte.« Rebecca flog halb angezogen auf sie zu und schloss sie in die Arme. »Ich bin so aufgeregt!«
Charlotte musste lachen. »Das habe ich unten schon gehört.« Sie küsste ihre Freundin auf die gepiercten Lippen und entließ Andrea mit einem Kopfnicken.
Die lächelte dankbar und löste sich aus dem Türrahmen. »Ich wünsche euch viel Spaß! Wir sehen uns dann spätestens nächstes Wochenende.«
»Wir melden uns zwischendurch«, versprach Charlotte.
»Wenn ihr euch nicht meldet, weiß ich wenigstens, dass keine Katastrophen passiert sind.«
Rebecca verzog das Gesicht zu einem gespielten Schmollen. »Wir rufen dich nicht nur an, wenn sich Dramen ereignen!«
»Nein«, sagte Andrea grinsend. »Ihr ruft auch an, wenn eine Katastrophe gerade überstanden ist! Zum Beispiel, wenn jemand Verlorenes wieder auftaucht.« Sie verabschiedete sich mit einem Zwinkern und ging die Stufen hinab. »Passt einfach auf euch auf, ja? Und kommt irgendwann heil zurück, mehr will ich gar nicht!«
»Versprochen«, rief Charlotte Andrea nach, während Rebecca skeptisch die Nase kräuselte.
»Was meint sie mit ›heil‹?«, erkundigte sie sich kritisch.
Charlotte lachte abermals. »Nicht kaputter als jetzt.« Sie drückte die WG-Tür ins Schloss und wandte sich dem Sofa zu, auf dem sich Rebeccas Kleidung verteilte.
»Ich muss dir was zeigen!« Ihre Freundin stürzte sich auf eine schwarze Hose und wühlte ihr Handy aus der Gesäßtasche. »Majas Kaninchen haben Junge bekommen!«
Einen Augenblick später blickte Charlotte auf ein Nest mit winzigen Kaninchenbabys. »Dann«, erklärte sie mit einem Lächeln, »schauen wir sie uns doch übermorgen an!«
»Du kommst mit?« Rebecca jubelte und umarmte ihre Freundin stürmisch.
»Ja.« Charlotte spürte das Kitzeln von Rebeccas aus den Spangen gelösten Locken auf ihrem Gesicht und atmete in Patchouli getränkte Freude. »Mein Vater hat mich dazu überredet.«
Björns Gesichtsausdruck war ernst, als er seiner Tochter das Telefon entgegenhielt. »Ich möchte, dass du dieses Praktikum verschiebst.«
Zwei Stunden waren vergangen, seit er Charlotte vom Bahnhof abgeholt hatte. Hundertzwanzig Minuten, in denen er sie ausgiebig zum Studium befragt und kritisch beobachtet hatte.
»Papa«, antwortete sie gequält, »sie haben mich da schon im Mai einplant. Ich kann das doch nicht so kurzfristig ...«
»Doch«, unterbrach Björn sie bestimmt. »Du kannst in vier Wochen das Praktikum machen, wenn du dich erholt hast. Aber jetzt brauchst du Pause – du bist blass wie im Winter und siehst aus, als hättest du wochenlang zu wenig geschlafen.«
Charlotte wusste, dass diese Aufzählung unvollständig war. Ihr Vater unterschlug, dass sie schon wieder viel zu dünn war. Nach der Klinik hatte sie nicht mehr gehungert und doch hatten die Ansprüche von Studium und Leben ihr Entlassungsgewicht Vergangenheit werden lassen. Der ohnehin grenzwertige BMI war irgendwo zwischen Kursen, Vorlesungen und den Umwälzungen im WG-Leben abgesackt. Möglicherweise hatte sich ihr Gewicht in Wissen und Erfahrung aufgelöst, vielleicht auch nur in Veränderungen und Fragen.
»Ich möchte nicht«, erklärte ihr Vater nachdrücklich, »dass du noch vor dem Physikum selbst im Krankenhaus landest!«
Charlotte erwiderte seinen Blick, unsicher, ob sie etwas sagen sollte. Seine Fürsorge rührte sie, aber sie bezweifelte, dass es etwas änderte, wenn sie das Praktikum verschob. Dann würde sie statt vom Sommersemester ins Praktikum vom Praktikum ins Wintersemester gehen. Anstrengend war das auch.
»Was ist«, fragte sie, »wenn ich das Pflegepraktikum nicht verschieben kann? Wenn sie keinen Platz für mich haben?«
»Dann gehst du in ein anderes Krankenhaus.« Björn hielt ihr das Telefon hin. »Du bist eine unbezahlte Arbeitskraft – irgendwer wird dich nehmen!«
Charlotte nickte und seufzte. Ihr Vater hatte sich sechs Jahre lang eher durch Abwesenheit als durch Teilnahme hervorgetan. Ihn jetzt zu ignorieren, käme ihr vor, als würde sie den Vater zurückstoßen, den sie lange vermisst hatte. Stumm nahm sie das Telefon entgegen.
»In den nächsten Wochen«, bestimmte ihr Vater, »machst du etwas anderes! Fahr mit Rebecca zu Mirjam, besuch Julie, leg dich in die Sonne und lies etwas, das nichts mit der Uni zu tun hat. Im nächsten Monat möchte ich dich nicht in einem Krankenhaus wissen.«
Charlotte wusste, dass diese Aussage beides beinhaltete: ihr Praktikum und ihren labilen Zustand.
»Ich rufe an und frage«, stimmte sie leise zu. Wenn das Krankenhaus etwas dagegen hatte, konnte sie immer noch neu überlegen. Sie trug das Telefon in ihr altes Kinderzimmer, um dort die Nummer herauszusuchen.
»Ich freu mich so«, seufzte Rebecca an ihrem Hals.
Charlotte spürte, wie sich die aufgeregte Spannung in Rebeccas Muskeln für einen Augenblick löste. »Ich freue mich auch«, sagte sie dann leise. Es war gut, wenn sie losgelöst vom Alltag Zeit füreinander hatten.
Plötzlich wirbelte Rebecca herum. »Du musst deine Sachen packen!«
»Ja.« Charlotte musste lachen. »Und deshalb werden wir erst mal deinen Kram einsammeln. Damit wir so schnell wie möglich in meine WG kommen, um da weiterzupacken.«


Ben saß auf der Eckbank in der Küche des alten Hofes und schälte Klaräpfel für Maja, die am Herd stand und Kompott kochte. Seit er mit Milan, seinem nicht-festen Freund, hier angekommen war, hatte Maja die Äpfel aus ihrem Garten bereits zu Chutney und Bratapfelmarmelade verarbeitet. Nun reihten sich weitere Einmachgläser auf der Anrichte. Ben fühlte sich so ausgeglichen wie schon lange nicht mehr. Dieser Hof schien seine eigene Zeitrechnung zu haben. Es tat gut, hier zu sein.
»Hast du das früher schon gemacht?«, erkundigte er sich bei Maja, während er das Kerngehäuse entfernte.
»Nein.« Maja rührte aufmerksam in dem großen Topf. »Ida hat mir das alles gezeigt.«
»Die Nachbarin vom Biobauernhof?«
»Ja.« Sie schenkte ihm ein Lächeln und wandte sich wieder ihrem Apfelmus zu. »Wenn im Laden nicht viel los ist, erklärt sie mir alles, was ich über den Anbau und die Verarbeitung wissen muss.«
Ben nickte und schälte den nächsten Apfel. Maja wohnte jetzt schon seit Mai hier, genauso wie Mirjam und Jannik. Und schon fast ebenso lange war sie mit den Nachbarn befreundet – einem älteren Paar, das im eigenen Hofladen seine Produkte verkaufte. Es hatte nicht lange gedauert, bis Maja – oder irgendwer aus Majas multiplem Persönlichkeitssystem – begonnen hatte, Ida dort auszuhelfen.
»Wer«, fragte Ben zögernd, »aus eurem System ist eigentlich am meisten mit Ida zusammen?«
»Ich«, erklärte Maja, musste dann aber lachen. »Jedenfalls bilde ich mir das ein. Aber es gibt schon noch einige andere, die gerne dort sind! Und ein paar von den Kleinen können schon richtig gut Niederländisch.«
»Ich dachte«, erwiderte Ben verwirrt, »Ida wäre Deutsche. Oder habe ich das falsch verstanden?«
»Das stimmt.« Elias’ Freundin inspizierte ihre Einmachgläser. »Aber ihr Mann, Bram, ist Niederländer. Die beiden helfen mir, es zu lernen. Wie weit bist du mit den Äpfeln?«
»Die zweite Schüssel ist voll.« Ben reichte ihr die Schale mit den Fruchtstücken. »Versteht Elias auch schon etwas, wenn ihr euch unterhaltet?«
»Ein bisschen.« Maja stellte einen weiteren Topf auf den Herd und ließ die kleingeschnittenen Äpfel hineingleiten. »Aber Jannik lernt am schnellsten.«
Ben wandte sich wieder dem Obst zu. Elias war zwischen Deutschland und den Niederlanden hin und her gependelt, bis seine Vertretungsstelle im Kindergarten ausgelaufen war. Aber nun wohnte er ebenfalls auf dem über zweihundert Jahre alten Hof, den Maja von ihrem Vater geerbt hatte. Gelebt hatte hier allerdings bis voriges Jahr ihre Großtante, von der Maja noch nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gab. Aber Anna hatte ihrer Großnichte genau das hinterlassen, was sie am meisten brauchte: ein sicheres und verlässliches Zuhause.
Ben seufzte. Hier in dieser alten Küche mit angrenzender Stube zu sitzen und den Duft von Apfelmus einzuatmen, war so gemütlich, als wäre er mitten in eine Kindergeschichte gereist. Nur dass die Lebensgeschichten der meisten Hofbewohner keine Altersfreigabe für Minderjährige bekommen würden.
Er viertelte den nächsten Apfel. »Wann kommen die anderen?«
»Rebecca begleitet uns nach der Hochzeit hierher zurück.« Maja füllte etwas Wasser in den Topf. »Und morgen Nachmittag kommen Mira und Julie.«
»Dann sind wir neun Leute in diesem Haus«, meinte Ben kopfschüttelnd, »und haben immer noch Platz.«
Vor zweihundert Jahren war das Wohnhaus klein gewesen – es hatte nur aus Küche, Stube und der Kammer bestanden, in der jetzt Mirjam mit der kleinen Lotta-Pauline wohnte. Und dann war da natürlich der angrenzende Stall- und Scheunentrakt gewesen. Den gab es immer noch, denn nur ein ehemaliger Lagerraum gehörte jetzt als Bad zur Wohnung. Aber Großtante Anna hatte das Dachgeschoss ausbauen lassen und so war der Wohntrakt um einige Zimmer erweitert worden.
»Stimmt.« Ein Grinsen zog über Majas Gesicht und Ben war sich sicher, dass jetzt jemand anderes vorne war. »Nur wenn jeder aus unserem System ein eigenes Zimmer will, wird es eng!«
»Nachts«, grinste Ben zurück, »wollen die meisten von euch doch eh bei Elias sein!«
Maja warf ihm einen Topflappen an den Kopf, aber dann stolperte jemand Kleines in Majas Körper. »Genau«, bestätigte das Kind Bens Ansicht. »Und zum Spielen ist auch Platz in der Diele!«
Das war zweifellos richtig. Die ehemaligen Stallungen, Ernte- und Lagerräume waren ein Paradies für Kinder, besonders an Regentagen. Und in Majas inneren Kindern würde Mirjams und Janniks Tochter gute Spielgefährten finden.
Maja füllte Kompott aus dem ersten Topf in die Gläser und Ben entkernte den letzten Apfel.
»Milan kommt«, berichtete er mit einem Blick aus dem Fenster. Sein undefinierter Lebensbegleiter war gerade mit dem Lastenrad voller Einkäufe in der Einfahrt erschienen. Ben sah die fedrigen, blonden Haare im Wind wehen und schmunzelte. Milan wirkte auf die Entfernung noch jungenhafter als aus der Nähe.
Maja seufzte schwer. »Ade Apfelmus«, murmelte sie. »Willkommen Masterarbeit!«
Milan hatte angekündigt, nach seiner Rückkehr die statistischen Daten von Majas Arbeit weiter auswerten zu wollen, aber Maja war deutlich anzusehen, dass sie viel lieber in der nach Zimt und Kindergeschichten duftenden Küche bleiben würde. Ben konnte es ihr nicht verdenken. Es waren sicherlich mehr Persönlichkeitsanteile an Apfelmus und Gemütlichkeit interessiert als an empirischer Wissenschaft.
»Milan und ich«, schlug er vor, »können erst mal Großtante Annas Rad reparieren. Dann hast du Zeit, die letzte Portion fertigzukochen.«
Elias’ Freundin lächelte ihn dankbar an und sah dann in den zweiten Topf. »Gut, dann werden die mathematischen Formeln wenigstens von der Aussicht auf Apfelzimtkompott begleitet!«
Ben lachte und schob die letzten Obststücke in die Schüssel. »Ich hole dann mal die Einkäufe und erkläre Milan, dass wir erst reparieren müssen!«


Charlotte stand vor ihrem Koffer und packte die Sachen ein, die sie auf jeden Fall brauchen würde. Sie war sich noch nicht sicher, wie lange sie auf Majas Hof bleiben würde. Aber am frühen Abend hatte Julie geschrieben, dass sie und Mira morgen anreisten. Ab Sonntag würden also die meisten ihrer Freunde auf dem Hof sein.
Langsam begann Charlotte, sich auf die bevorstehende Zeit zu freuen. Zunächst auf die Hochzeit und dann auf vier freie Wochen, die ein unerwartetes Sommerferiengefühl in ihr weckten. So viel selbstbestimmte Zeit hatte sie zuletzt als Kind gehabt. Im vergangenen Sommer war sie in der Klinik gewesen, die Sommer davor hatte die Magersucht sie gefangen gehalten. Charlotte verbannte die Sorge um ihr Studium zwischen zwei Lehrbuchseiten und schloss die Lektüre. In diesem Moment wollte sie die leise erwachende Vorfreude auf eine lange Zeit voller Freiheit und Wärme genießen.
Nacheinander warf sie Unterwäsche, Socken und Shirts in den Trolley. Vielleicht würde sie auch ein bisschen länger bleiben als Rebecca.
Charlotte spürte den Blick ihrer Freundin auf sich ruhen. Mit einem Lächeln in den Augen wandte sie sich ihr zu. Rebecca hatte ihr Notebook auf die Matratze gelegt und betrachtete sie ruhig.
»Ich bin froh«, erklärte sie, »dass du das Praktikum verschoben hast.«
»Ich weiß.« Charlotte ließ sich neben ihrer Freundin auf dem Bett nieder.
Es war eine langsame Wiederannäherung zwischen ihnen beiden gewesen. In vielen kleinen und vorsichtigen Schritten waren sie aufeinander zugegangen. Und erst als sich das Semester dem Ende geneigt hatte, hatte Rebecca es gewagt, ihr zu sagen, welche Sorgen sie sich machte, weil die Testate und Klausuren Reserven verschlangen, die Charlotte nicht besaß. Dabei, dachte Charlotte, hatte Rebecca die schlimmste Zeit gar nicht miterlebt – die Wochen ohne Rebecca und mit dem ersten Teil des Pflegepraktikums.
Rebeccas Daumen streichelte sachte über Charlottes Handrücken. »Ich weiß, du wolltest vor Semesterbeginn eigentlich an den Tutorien teilnehmen, aber gute Noten sind nicht alles, was dich zu einer guten Ärztin macht.«
Charlotte nickte. Sie wusste, dass sie dasselbe gesagt hätte – wenn es um jemand anderen gegangen wäre. Es war immer leichter, klar zu sehen, wenn es um andere ging.
Sie rutschte an Rebeccas Seite auf das Bett und musste plötzlich an die Klinik denken. Damals hatte sie sich das alles noch ganz anders vorgestellt: ein paar Wochen stationäre Therapie und dann ein normales Leben. Sie seufzte.
»Was?« Rebecca ließ eine von Charlottes lichtblonden Strähnen durch ihre Finger gleiten.
»Bevor ich in die Klinik gegangen bin, habe ich gedacht, danach wäre alles gut.« Sie stieß ein leises Schnauben aus. »Das war total naiv. Aber ich habe wirklich geglaubt, dass ich nach der Entlassung geheilt bin.«
»Du hast sehr, sehr viel geschafft«, erklärte Rebecca zärtlich, während sie weitere Strähnen einfing. »Unglaublich viel für ein einziges Jahr.«
Charlotte sah sie dankbar an, bewegte aber dennoch abwehrend den Kopf. »Ich bin nicht so belastbar wie die anderen in meinem Studium. Und während des letzten Praktikums hatte ich immer Albträume, jede Nacht.«
Rebecca lächelte traurig. »Das kenne ich gut. Aber es war bestimmt nicht nur das Praktikum ...«
»Nein.« Charlotte schüttelte den Kopf.
Sie hatten oft über ihre Trennung gesprochen; wie es dazu gekommen war, wie sie sich wieder annähern konnten. Aber sie hatten kaum darüber gesprochen, wie die Monate der Trennung gewesen waren, wie sich das Leben in dieser Zeit angefühlt hatte. Die ersten Wochen hatte Charlotte sich so überfordert gefühlt, war so verzweifelt gewesen. Aber dann war da irgendwann Mirjam gewesen. Sie hatte sie Rebecca nie vergessen lassen, aber sie hatte ihr eine neue Form von Glück geschenkt.
Rebeccas Finger strichen sanft über ihre Wange. »Wir versuchen jetzt gemeinsam, deinen Sommer wunderschön zu gestalten. Ganz viel erholen, ausruhen ... schöne Dinge erleben!«
Charlotte nickte lächelnd und küsste ihre Freundin. »Für dich auch! Wenigstens, bis du wieder mit der Bachelorarbeit anfängst ...«

Einige Zeit später war wirklich alles gepackt, sowohl für die Hochzeit als auch für unbestimmte Tage auf Majas Hof. Charlotte hatte sich nicht dazu durchringen können, ihre Lehrbücher in der WG zurückzulassen, aber neben Lernmaterial und Notebook hatte sie auch Badesachen und ihr Tagebuch herausgelegt. Sie hatte viel zu lange schon nichts mehr geschrieben.
Rebecca hatte sich vom Bett gelöst, um aus den Resten im WG-Kühlschrank etwas zu kochen. Das Klappern der Töpfe und Pfannen erklang aus der Küche, als Charlotte in ihren Aufzeichnungen zurückblätterte. Die letzten Einträge erinnerten an Paulines Geburt.
»Charlotte?« Eine Hand lag auf ihrer Schulter und rüttelte sie wach. Charlotte hob schlaftrunken den Kopf. Vor ihr stand Mirjam, Angst in den Augen und eine Hand stützend unter dem Bauch. »Kannst du mich ins Krankenhaus bringen? Das sind keine Vorwehen mehr ...«
Charlotte taumelte in eine sitzende Position. »Bist du sicher?«
Sie hatte noch nicht lange geschlafen. Es fühlte sich noch immer ungewohnt an, mit Mirjam unter demselben Dach, aber in verschiedenen Stockwerken zu schlafen. Auch wenn sie mittlerweile wieder mit Rebecca zusammen war.
»Ja«, erklärte Mirjam mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ich habe so lange in der Badewanne gelegen, dass ich schon ganz schrumpelig bin. Die Wehen werden immer stärker und kommen in immer kürzeren Abständen.«
Charlotte zog sich hastig an und verhedderte sich dabei in der Kleidung. »Wie kommen wir hin?«
»Wir können«, quetschte ihre Freundin hervor, »Großtante Annas altes Auto nehmen.«
Charlotte sah sie entsetzt an. »Das ist museumsreif!«
Mirjam lachte gepresst. »Es ist älter als wir, ja. Aber es fährt noch.«
»Wie weit ist es bis zu deiner Klinik?« Charlotte schloss mit zitternden Fingern die Knöpfe ihrer Jeans.
»Zwanzig Kilometer.« Mirjam atmete tief durch. »Ungefähr. Statistisch gesehen haben wir noch genug Zeit ...«
Die Statistiken kannte Charlotte. Besser vermutlich als Mirjam glaubte, denn sie hatte mehrere Bücher zum Thema Schwangerschaft und Geburt gelesen. Aber gerade jetzt dachte sie vor allem an die Abweichungen vom Durchschnitt. Pauline war schon deshalb kein Mittelwertskind, weil ihre Mutter untergewichtig war und sie selbst vier Wochen zu früh kam.
»Okay.« Charlotte griff nach dem Arm ihrer Freundin. »Wir fahren jetzt gleich los! Ich sage nur noch Elias Bescheid und er soll versuchen, Jannik zu erreichen.«
»Charlotte?« Rebeccas Stimme drang aus der Küche an ihr Ohr. »Habt ihr irgendwo Kurkuma?«
Gedankenverloren schlug Charlotte das Tagebuch zu. »Ja«, antwortet sie ihrer Freundin abwesend und stand auf. »Ich zeig es dir!«

 

Samstag, 1.8.

 

Die behagliche Hofküche war durchdrungen von gelassener Bewegtheit. Ben, sein nicht-fester Freund und Mirjam saßen am Küchentisch, während Jannik mit seiner kleine Tochter im Tragetuch auf und ab ging. Von Pauline war nicht viel zu sehen. Alles von ihr war unter dem Tuch versteckt, sodass ihr Vater eine kleine Kugel herumzutragen schien. Sie war unfassbar winzig. Jetzt, drei Wochen nach ihrer verfrühten Geburt, war sie noch immer kleiner als die meisten Babys an ihrem ersten Lebenstag. Aber Ben fand sie auch unfassbar niedlich.
Milan folgte Bens Blick argwöhnisch in Janniks Richtung. »Sag nicht, du willst ein Kind!«
Ben lachte leise. »Im Augenblick nicht.« Die präzise Beobachtung seines Freundes beeindruckte ihn dennoch. Schließlich wäre es auch nicht abwegig gewesen zu denken, dass Ben Jannik ins Auge gefasst hatte – immerhin war Paulines Vater ein ausgesprochen attraktiver Zwanzigjähriger.
Milan betrachtete seinen Freund nach wie vor skeptisch. »Dann beruhigt mich das für den Augenblick.«
Ben grinste und bestreute seine Brotscheibe mit Hagelslag. Er war mit Elias’ kleiner Schwester Mira aufgewachsen und Kinder gewohnt, aber Milan schreckte vor jeder Verbindlichkeit zurück, die über ihn selbst hinausging. Aus diesem Grund hatten sie auch keine wirklich geklärte Beziehung, obwohl sie seit fast fünf Monaten phänomenalen Sex hatten und bald gemeinsam in Charlottes WG wohnen würden.
»Dieses Kind«, erklärte Mirjam mit einem Lachen, »bekommt sowieso niemand!«
»Höchstens nachts«, murmelte Jannik müde und rieb sich die Augen. »Für ein paar Stunden.«
Bens Blick wanderte nun doch zu Mirjams Bruder, von dem nur die Hofbewohner wussten, dass er Paulines Vater war. Zwar befanden sie sich in einem Land, in dem freiwilliger Bruder-Schwester-Inzest nicht bestraft wurde, aber vorerst hatten Jannik und Mirjam entschieden, niemandem davon zu erzählen. Immerhin hielt selbst ihre Familie einen fremden Mitpatienten von Mirjam für den Vater.
»Nach der Hochzeit«, tröstete Mirjam Jannik, »ist Elias wieder da! Dann wird es bestimmt besser ...«
Ben wusste nicht, auf welche Weise Elias die Nächte der jungen Eltern ruhiger machte, aber dass er es konnte, wunderte Ben keinen Augenblick. Elias’ Fähigkeit, Gefühle wahrzunehmen und wortlos zu kommunizieren, war so ausgeprägt, dass Ben ihm ohne Weiteres ein beruhigendes Gespräch mit einem Säugling zutraute.
»Kommst du so lange klar?«, erkundigte sich Jannik, während er das kleine Bündel Mensch behutsam aus dem Tragetuch schälte. »Ich muss nämlich jetzt los ...«
Mirjam nickte und nahm ihre schlafende Tochter entgegen. »Aber am besten wickelst du das Tuch gleich um uns.« Sie stand auf, während Jannik die Stoffbahnen ordnete und dann um seine Schwester schlang.
Ben musste daran denken, dass Jannik ein Urlaubssemester eingelegt hatte, um mit Mirjam hierher ziehen zu können. Ihrer Familie hatten sie gesagt, dass er im Ort einen Praktikumsplatz hatte, aber dass er tatsächlich seit einigen Wochen in der Kirchengemeinde arbeitete, war wohl weniger ein Vorwand als Janniks ureigenes Bedürfnis.
›Er kann‹, hatte Mirjam einmal geseufzt, ›einfach nirgendwo sein, ohne sich einzubringen!‹
Zunächst hatte es Ben befremdet, dass Mirjams Bruder Religionslehrer werden wollte. Er wusste nicht viel darüber, war sich aber sicher, dass keine christliche Kirche Janniks Beziehung zu seiner Schwester gutheißen würde. Aber vielleicht war das auch einfach eine Sache zwischen Jannik, Mirjam und Gott – etwas, das die Kirche nichts anging.
»Wir sehen uns heute Abend!« Jannik winkte noch einmal in die Küche, dann verschwand er über die Schwelle.
Ben streute noch ein paar Schokostreusel auf sein Brot. Wie die Familienverhältnisse auch immer sein mochten – auf jeden Fall kümmerte sich Jannik, wenn er da war, genauso rührend um Lotta-Pauline wie Elias.


Bisher hatte Fritzis Hochzeitstag nichts auch nur annäherungsweise Romantisches.
In den letzten Stunden vor der Trauung potenzierte sich das Chaos in Fritzis Elternhaus auf unbeschreibliche Weise. Charlotte beobachtete fassungslos die durcheinanderlaufenden Freunde und Verwandten. Jeder schien auf planlose Weise beschäftigt zu sein. Alle fragten einander Dinge, die offenbar niemand beantworten konnte, trafen kopflos die letzten Vorbereitungen, eilten durch das Haus, riefen einander Anweisungen zu oder suchten erfolglos nach irgendetwas.
Irgendwann schlug Rebecca Fritzis Zimmertür zu und schob einen Stuhl unter die Klinke. »Jetzt kommt wenigstens niemand mehr rein.« Sie ließ sich auf Fritzis Sofa fallen und sah völlig erledigt aus. »Warum hast du eigentlich keinen Schlüssel?«
»Mein Bruder hat ihn verschluckt.« Fritzi saß seelenruhig auf ihrem Bett, während Maja ihre Haare hochsteckte.
»Verschluckt?!« Einen Moment lang hoben sich Rebeccas Brauen, dann schüttelte sie resigniert den Kopf. »Warum nicht – verschluckt ... Langsam sollte ich deine Familie gut genug kennen!«
»Ich war vierzehn und er wollte mich ärgern. Aber ich habe mich gerächt.« Über Fritzis Gesicht zuckte ein süffisantes Grinsen.
Rebecca faltete ihre Beine zum Schneidersitz. »Was hast du mit seinem Zimmerschlüssel gemacht?«
»Er hatte schon längst keinen Zimmerschlüssel mehr. Aber das ist eine andere Geschichte.« Fritzis Augen blitzten angesichts der Erinnerung an ihre Rache. »Ich habe seinen Mofaschlüssel entwendet.«
»Wo ist er jetzt?«, erkundigte sich Maja, während sie ein paar Haarsträhnen feststeckte.
»In der Güllegrube.« Fritzis Grinsen vertiefte sich. »Ich fand, wir sollten beide in die Scheiße fassen, um unsere Schlüssel wiederzukriegen.«
Maja gab einen angewiderten Laut von sich, dann übernahm eine Innenperson den Körper und lachte auf. Charlotte sah ihren eigenen ungläubigen Blick im Spiegel. Rebecca mochte Recht haben, sie kannten Fritzi und ihre Familie nun schon seit einem Jahr ... aber diese Sippe versetzte Charlotte immer noch regelmäßig in verstörte Überraschung.
»Wir haben«, berichtete die Braut ungerührt, »dann allerdings beide auf unsere Schlüssel verzichtet ...«
»Das ist irgendwie beruhigend«, murmelte Rebecca. »Ansonsten hätte ich auch abgelehnt, dieser Geschichte weiter zu lauschen ...«
Maja begann, eine Strähne zu flechten. »Manchmal bin ich froh, ein Einzelkind zu sein.« Sie hielt inne und Charlotte sah verschiedene Persönlichkeitsanteile durch ihre Mimik fliegen.
Rebecca, die das Schauspiel ebenfalls beobachtete, verzog spöttisch das Gesicht. »Einzelkind, hm?«
»Du musst weitermachen.« Louise, die Achtzehnjährige in Majas Körper, drehte sich zu Charlotte um. »Ich kann sowas nicht!«
Charlotte nahm ihr die Strähne ab und flocht weiter, während sich Louise neben ihre beste Freundin auf das Sofa fallen ließ.
»Weißt du noch«, erkundigte sie sich bei Rebecca, »dass sich Maja vor einem Jahr beschwert hat, weil sie keinen Mann, kein Kind und keinen Job hat?«
Rebecca nickte und angelte ihre Zigarettenpackung aus der Tasche.
»Jetzt hat sie einen Mann und mehr Kinder, als sie sich je hat träumen lassen!«
Charlottes Freundin grinste. »Die hatte sie aber schon vorher! Sie hat es nur nicht gewusst.«
»Stimmt.« Louise wühlte ebenfalls ihr Tabakpäckchen hervor. »Das Gejammer hätte sie sich sparen können. Aber sie musste ja jahrelang vor uns davonlaufen!«
Rebecca erhob sich und trat an Charlottes Seite. »Ist es okay, wenn wir eine rauchen gehen? Wir kommen auch gleich wieder hoch.« Ihre Finger strichen fast schwerelos über Charlottes Seite und die nickte.
»Ich muss eh nur noch die Seidenblumen feststecken.« Sie küsste ihre Freundin und widmete sich dann dem Abschluss der Hochzeitsfrisur.
Als die Tür hinter Louise und Rebecca ins Schloss gefallen war, erkundigte sich Fritzi: »Willst du mal heiraten?«
Charlotte zuckte mit der Schulter. »Als Kind wollte ich natürlich. Und jetzt schon auch noch, nur ...« Sie war sich nicht sicher, ob sie Fritzi die Problematik nahebringen wollte. »Es«, schloss sie schließlich, »eilt ja nicht.«
Die Letzte, die von ihrer zukünftigen Hochzeit gesprochen hatte, war Rebeccas Mitbewohnerin Andrea gewesen. Allerdings hatte sie den Bund für die Ewigkeit nicht Rebecca und Charlotte, sondern Mirjam und Charlotte prophezeit. Wenn es so viel Zeit für eine Beziehung überhaupt gab. Rebecca jedenfalls würde mehr Ewigkeit aushalten, wenn sie sich nicht offiziell darauf festlegte.
Weiches Märzlicht sickerte durch Charlottes Fenster. Mirjam lag neben ihrer Mitbewohnerin auf dem Bett und fuhr behutsam über deren hervorstehenden Beckenknochen.
»Rebecca«, mutmaßte sie, »könnte genau dazwischen liegen – wie eingerahmt.«
»Ja.« Charlotte fing Mirjams Hand ein, als fühlte sie sich weniger mager, wenn Mirjam sie nicht daran erinnerte. »Aber sie würde es hassen. Rebecca hält es nicht aus, eingeengt zu sein.«
Ihre Mitbewohnerin lachte leise. »Vielleicht ist das ja ein guter Grund zuzunehmen.«
Es gab viele gute Gründe zuzunehmen. Einer der besten war drei Wochen alt und hatte ihren Namen geerbt.
»Vielleicht«, sagte Fritzi und zwinkerte Charlotte über den Spiegel zu, »sollte ich Rebecca den Brautstrauß zuwerfen! Sie braucht in Sachen Hochzeit bestimmt mehr Unterstützung als du.«
Charlotte musste lächeln. Manchmal vergaß sie, dass auch Fritzi Rebecca gut kannte. Sie selbst mochte in der Klinik wenig Kontakt zu Fritzi gehabt haben, aber Rebecca war schon damals mit ihr befreundet gewesen.
»Ich werde ihr sagen«, nahm sich Fritzi vor, »dass sie die Brautstraußprophezeiung nicht ignorieren kann. Vor allem, da sie eine Freundin hat, die wie eine Prinzessin aussieht, sogar ohne Brautkleid. Das verlangt geradezu nach einer märchenhaften Hochzeit.«
Bevor Charlotte antworten konnte, klopfte es und Elias steckte seinen Kopf durch die Tür.
»Ich habe ein paar Blumen gepflückt – falls ihr echte Blüten einflechten wollt!«


Ben hatte sich zu der windgeschützten Abseite des Hauses, wo der Kaninchenkäfig stand, aufgemacht. Er hatte Maja mehrfach versprechen müssen, sich gut um Mikado, Murmel und ihren Nachwuchs zu kümmern. Und es war lange her, dass er Zwergkaninchen versorgt hatte.
Ben ließ den Kaninchenpapa in seinen Teil des Freigeheges hinaus und kraulte ihn behutsam im Nacken.
»Bald«, tröstete er ihn, »darfst du wieder zu den anderen!«
Majas Innenkinder hatten Mikados Kastration nur schweren Herzens zugestimmt, aber bald lag die Operation lange genug zurück, damit die Kaninchenfamilie wieder zusammen sein durfte.
Ben füllte Futter und Heu nach, dann wandte er sich Murmel und ihrem Nachwuchs zu. Es waren fünf Zwerge, bei denen sich langsam der erste Flaum abzeichnete. Noch lagen sie mit geschlossenen Augen in ihrem Nest, aber bald schon würden sie herumhoppeln und alle Hofbewohner in Entzücken versetzen. Vermutlich, dachte er, hätten sie sogar seinen alten Großvater gerührt.
Ben streute Kraftfutter in den Napf und kontrollierte dann die Wasserflaschen. Großvater Jonte war kein Freund großer Worte gewesen, aber manchmal hatte man seine Gemütsverfassung aus seinen Handlungen ablesen können. Und den alten Kaninchenstall in seinem Garten hatte er nie abgerissen. Ben dachte an das kleine Haus in der halblegalen Gartensiedlung, in dem er aufgewachsen war. Er vermisste es beinah genauso sehr wie Jonte. So sehr, dass er das verlassene Häuschen seit Wochen nicht mehr besucht hatte.


Die kleine Dorfkirche war bis auf den letzten Platz besetzt. Helles Licht schien durch die hohen Kirchenfenster und Charlotte glaubte, längst vergangene, vorreformatorische Weihrauchschwaden in den Sonnenstrahlen tanzen zu sehen.
Sie lauschte Elias’ Gitarrenspiel, das ein wenig Himmel auf die Erde holte. Die restliche Gemeinde schien Vergleichbares zu empfinden, denn in der Kirche war es ganz still geworden. Nur das dreijährige Blumenmädchen in Majas Körper warf gelegentlich versonnen eine Blüte in Richtung des Brautpaares. Als Elias’ Spiel verklungen war, brauchte sogar der Pfarrer einen Augenblick, um sich zurück in die Kirche zu besinnen.
Aber dann wurde knarrend das Kirchenportal aufgezogen und ein Mann stolperte auf die vorderen Kirchenbänke zu. Charlotte erkannte sein Gesicht von Fritzis Geburtstagsfeier und als sie Rebeccas Blick sah, wusste sie auch, wer er war: Ralf, Fritzis jüngster Onkel.
Damals hatte er seine Nichte gewaltsam zu einem Kuss zwingen wollen. Ein Beschützeranteil in Maja hatte ihm einen Kinnhaken verpasst und Fritzi war mit Rebecca, Maja und Bine im Auto getürmt. Sie hatten so lange in den Feldern neben Fritzis Haus gestanden, dass Julie und Charlotte eine ganze Weile gebraucht hatten, um sie zu finden.
Charlotte griff beruhigend nach Rebeccas Hand und warf Maja einen angespannten Blick zu, aber der kleine Anteil war noch immer mit seinem Blumenkorb beschäftigt.
Der Pfarrer erhob sich und trat vor Fritzi und Lars, die ebenfalls aufstanden.
»In eurer Ehe«, sagte der Theologe und breite die Arme aus, »möge es keinen Tag geben, an dem ihr sagt: ›Ich fühle mich dir fremd und allein.‹ Es möge keinen Tag geben ...«
In der Reihe, in die Fritzis Onkel verschwunden war, entstand anhaltende Unruhe, sodass der weitere Trauwunsch unterging.
»Lars und Friederike«, erhob der Pfarrer feierlich seine Stimme. »Gott hat euch einander anvertraut. So frage ich euch nun ...«
»Moment«, unterbrach Fritzis Onkel. Er rappelte sich auf und stand sichtlich schwankend vor der Kirchenbank. »Wann kommt der Satz? Das mit dem: ›Wenn jemand was gegen diese Verbindung hat, möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen?‹«
Ralfs Zunge war so alkoholschwer, dass es Charlotte wunderte, dass er den Ausspruch überhaupt sinnvoll zu Ende gebracht hatte.
»Den gibt es nur im Film, du Idiot!« Fritzis Bruder sah seinen Onkel grimmig an.
»Ich hab aber was dagegen«, erklärte Ralf nachdrücklich. Er wankte aus seiner Bankreihe und blieb im Mittelgang stehen. »Du wirst es noch bereuen, Fritzi!«
Fritzi blickte ihn zornig an. »Du bist mein Onkel, verdammt! Ich werde dich nicht heiraten!«
»Aber er«, erwiderte Ralf und deutete auf Lars, »betrügt dich!«
Fritzi warf ihrem Onkel wutentbrannt den Brautstrauß an den Kopf. »Hau ab!«, fauchte sie. »Verdirb mir nicht auch noch die Hochzeit!«
Ralf wischte sich ein paar Blätter aus den Haaren. »Aber ich hab Recht! Ich hab mir seinen Transporter geliehen.«
Das kleine Blumenmädchen in Majas Körper begann, beeindruckt von Fritzis Brautstraußwurf, damit, Fritzis Onkel mit Blüten zu bewerfen.
Charlotte schaute von Ralf zu Fritzi, die ihren Onkel immer noch erbost anstarrte, und zu Lars, der besorgniserregend blass geworden war.
»Du hast dir also seinen Wagen geliehen, ohne zu fragen«, mischte sich nun Fritzis jüngerer Bruder ein.
Fritzis älterer Bruder schlug ihm mit der flachen Hand gegen den Hinterkopf. »Das tust du doch auch immer!«
»Im Transporter«, erklärte der von Rosenblüten umgebene Ralf, »roch es wie im Puff, am Polster hat Lippenstift geklebt und Kondome lagen auch rum.«
Wenn dies ein Film wäre, dachte Charlotte, würde sich der Pfarrer jetzt bekreuzigen. Aber er war evangelisch und wirkte auch eher genervt als geschockt. Wahrscheinlich, überlegte Charlotte, machte Fritzis Großfamilie die Hälfte seiner Gemeinde aus, sodass er derartige Komplikationen gewohnt war.
Jetzt wandte sich Fritzi zum ersten Mal ihrem Bräutigam zu, der bleich und stumm neben ihr stand. »Stimmt das?«, fragte sie mit zusammengekniffenen Brauen.
»Es ist«, stotterte Lars, »anders ...«
»... als ich denke?«, zischte Fritzi. »Wir hatten bereits geklärt, dass das kein Film ist!«
Charlotte spürte, wie sich Rebeccas Finger um ihre krallten. Das Gesicht ihrer Freundin war angespannt und unbewegt auf Fritzi gerichtet. Charlotte erwiderte den Druck, damit Rebecca merkte, dass sie da war, und der Blick ihrer Freundin flatterte dankbar über sie. Dann wandten sie sich beide wieder dem Altar zu.
Die Braut schaute weiterhin dem Mann in die Augen, dem sie das Jawort hatte geben wollen. »Sag mir«, forderte sie ihn eisig auf, »dass du mich nicht betrügst!«
Das Schweigen nach den Worten war ohrenbetäubend.
Sogar das Kind in Majas Körper hielt inne und blickte verstört vom Blumenkorb auf. Elias bemerkte das von seinem Gitarrenplatz neben dem Altar aus und eilte die Stufen hinab, um seine Freundin aus dem Gebäude zu dirigieren.
Dann überschlugen sich die Ereignisse. Dem Pfarrer wurde bewusst, dass sich diese Eskalation nicht in Wohlgefallen auflösen würde, Fritzi knallte dem Bräutigam ihren Beutel vor die Brust und donnerte durch den Mittelgang aus der Kirche, Onkel Ralf ging auf den zurückbleibenden Bräutigam los, diverse Verwandte fühlten sich dazu aufgefordert, sich an der Auseinandersetzung zu beteiligen, und alle anderen riefen durcheinander.
Rebecca zog Charlotte mit sich aus der Kirchenbankreihe und durch eine Seitentür nach draußen.
»Wir müssen Fritzi abfangen«, erklärte sie, während sie die Rosenbeete entlanghasteten.
»Sie ist da vorn bei Maja.« Elias kam vor ihnen zum Stehen und hielt Charlotte seinen Autoschlüssel entgegen. »Du steigst jetzt mit Rebecca und Maja ins Auto und fährst durch die nähere Umgebung. Fritzi und ich holen ein paar ihrer Sachen. In zehn Minuten treffen wir euch bei der Scheune da drüben.« Er deutete über die angrenzenden Felder und Charlotte nahm den Schlüssel.
»Sollen wir nicht helfen?«, fragte Rebecca.
Elias schüttelte den Kopf. »So geht es schneller. Je weniger von uns für Fritzis Familie erreichbar sind, desto besser.«
Charlotte nickte und umklammerte den Schlüssel. Ganz sicher wollte Elias sowohl Maja als auch Rebecca aus der Schusslinie schaffen. Die von Aggressionen geschwängerte Atmosphäre barg ungezählte Trigger, die sowohl kleine traumatisierte Anteile als auch rasende Beschützer hervorholen konnten. Bei Maja genauso wie bei Rebecca – auch wenn die von Rebecca nicht so autonom handelten wie die von Maja.
»Dann los!« Charlotte nickte den beiden zu und während Elias in Richtung Haus davonrannte, liefen sie und Rebecca zum Auto.
»Andrea wird es nicht glauben«, keuchte Charlotte, als sie Fritzi mit wehendem Schleier hinter Elias herrennen sah.
»Doch, wird sie«, stieß Rebecca bitter hervor. »Sie wohnt lange genug mit mir zusammen, um das zu glauben!«


Ben und Milan standen auf dem Bahnhof der nächsten Kleinstadt, um Elias’ Schwester Mira und ihre Freundin Julie abzuholen. Bei ihrer letzten Begegnung hatten die beiden Mädchen ihre Geburtstage nachgefeiert. Ben musste an den Juniabend zwischen Garten und Scheunentrakt denken. Es war ein ausgelassenes Fest voller Lebendigkeit gewesen, bis der alte Nachbar seines Großvaters angerufen und der Sorglosigkeit ein Ende bereitet hatte.
»Ben?« Milan winkte durch Bens Gesichtsfeld. »Wo bist du schon wieder?«
»Nirgends.« Ben schüttelte den Kopf. Er wollte die Erinnerung an den Juniabend nicht vertiefen. »Wann kommt der Zug?«
Milan sah auf die große Uhr über dem Bahnsteig. »In zwei Minuten. Wenn die niederländische Bahn pünktlicher ist als die deutsche.« Er zog sein Footbag aus der Tasche und begann, ein paar Tricks zu proben.
Ben musterte seinen Freund schmunzelnd. Milan mochte ein Mathegenie und Computerfreak sein; ein Nerd war er nicht. Seine Außenwirkung war genaugenommen weniger kryptisch als Bens, der lieber im Hintergrund blieb und alles beobachtete.
›Typisch Bassist‹, hatte die Sängerin ihrer Band, irgendwann einmal gesagt. ›Am liebsten unsichtbar, aber absolut unverzichtbar.‹
Milan dagegen nahm mit seismografischer Sensibilität jede Schwingung von Lebendigkeit wahr, um kurz darauf mittendrin zu sein.
Eine Durchsage kündigte die Ankunft des Zuges an und Milan fing sein Footbag ein. Mit schiefgelegtem Kopf drehte er sich zu Ben um.
»Glaubst du, ich kann Julie und Mira fürs Freestyle-Kicken begeistern?«
Ben musste lachen. »Es ist wahrscheinlicher«, erklärte er gegen das Rattern des herannahenden Zuges an, »dass du Miras Hund davon abhalten musst, mitzumachen!«


Sie hatten einige Zeit auf einem Feldweg außerhalb des Dorfes verbracht, weil Fritzi sich nicht entscheiden konnte, was sie tun wollte. Die Braut war unablässig auf dem steinigen Weg auf und abgelaufen, während die anderen im Schatten eines Apfelbaums gewartet hatten.
Es hatte ausgesehen, als wollten die unterschiedlichen Impulse Fritzi zerreißen. Mal stürmte sie in die eine Richtung, dann machte sie so plötzlich auf dem Absatz kehrt, dass sie ins Wanken geriet. Auch die meisten ihrer Sätze zerfaserten sich in verschiedene Lautstärken und Richtungen, bevor sie ein grammatikalisches Ende finden konnten.
Schließlich war Elias aufgestanden und zu Fritzi rübergegangen. ›Komm mit zu uns‹, hatte er gesagt. ›Nur für ein paar Tage. Dann kannst du in Ruhe weitergucken.‹
Fritzis Blick war über sie alle gewandert, dann hatte sie genickt.
Nun saßen sie in Elias’ Wagen und fuhren zu Majas Hof – einen Tag zu früh und mit einer Braut, die nicht geheiratet hatte. Fritzi in ihrem weißen Kleid und Rebecca in ihrer schwarzen Kleidung mit den vielen Piercings wirkten nebeneinander wie das Projekt eines Modefotografen mit Neigung zu szenischer Arbeit.
Charlotte hätte die Choreografen dieser Sequenz gern zur Verantwortung gezogen. Zuerst den Mann, der Fritzi betrogen hatte, und dann das Leben, das immer ein paar perfide Wendungen parat hielt.
Es war eine schweigsame Fahrt, angefüllt mit heftigen Gedanken und impulsiven Gefühlen. Charlotte sah Groll und Mitgefühl über Rebeccas Gesicht ziehen. Sie wusste, dass sie nur deshalb nicht tobte, weil sie Angst um Fritzi hatte.
Bevor sie losgefahren waren, hatte Elias auf dem Hof angerufen, um Bescheid zu sagen, dass sie Fritzi mitbringen würden, weil ein neues Worst-Case-Szenario eingetreten war und sie die Braut während einer Familienschlägerei aus der Kirche evakuiert hatten. Charlotte fragte sich, was die nächsten Tage bringen würden und ob sie etwas für Fritzi tun konnten.
In weniger als einer Stunde würden sie da sein. Charlotte legte ihre Hand in Rebeccas und ihre Freundin schien einen Hauch ihrer Rastlosigkeit zu verlieren. Sie war sich sicher, dass auch Elias auf seine Weise versuchte, die Wogen der Aufwühlung im Auto zu glätten – auf nichtsprachliche Weise und unerklärt metaphysisch. Dass auch Majas Bande tat, was sie konnte, obwohl Innen vermutlich ein unfassbares Tohuwabohu herrschte, begriff Charlotte im selben Moment.
»Fritzi?«, erkundigte sich Louise ruhig vom Beifahrersitz aus. »Willst du uns nicht doch noch die Geschichte vom Zimmerschlüssel deines Bruders erzählen?«


»Heilige Scheiße«, murmelte Mira, als sie auf das Display von Julies Handy sah. Ihr Hund wuselte unruhig um die Beine der Mädchen herum und Ben ahnte, dass auch dieser Begegnung mit Mira und Julie etwas Ungutes nachfolgen würde.
Milan hielt im Ausladen des Autos inne. »Was ist passiert?«
»Charlotte«, berichtete Julie mit Anspannung in der Stimme, »hat geschrieben.«
Miras Blick wanderte von Ben zu Milan, als hoffte sie, die älteren Jungen könnten ihr die Ereignisse erklären. »Die Hochzeit hat nicht stattgefunden«, berichtete sie. »Sie bringen Fritzi mit.«
Ben trat neben Julie, um die Nachricht ebenfalls zu lesen, während ihr Hund Tonks immer aufgeregtere Kreise zog. Offenbar spürte Miras vierbeinige Gefährtin die allgemein aufkommende Nervosität.
»Ich werde Mirjam Bescheid sagen«, erklärte Ben mit einem tiefen Seufzer. »Wir müssen noch einen Schlafplatz vorbereiten.«
Milan nickte und hob Miras Rucksack aus dem Kofferraum. »Dann helfe ich den Mädchen, die Sachen hochzutragen.«

Wenig später kramte Ben mit Mirjam im Abstellraum der Scheune herum. Das hintere Giebelzimmer war der einzige noch nicht bewohnte Raum – allerdings war er auch weitgehend uneingerichtet. Bisher lag dort nur eine Matratze auf dem nackten Boden, provisorisch mit einem Laken bedeckt und einem kleinen Stapel alter Decken ausgestattet.
Mirjam wühlte in dem holzwurmzerfressenen Kleiderschrank und zog schließlich zwischen der Tischwäsche einen steifgeplätteten Bettbezug hervor. »Gut«, seufzte sie. »Damit können wir die Decken wenigstens beziehen!«
Ben schaute von der Kiste hoch, in der er herumgekramt hatte. »Hier findet sich nichts Brauchbares. Porzellan, Kerzenständer, Vasen ...« Er schüttelte den Kopf. »Außer wir wollen Fritzi Blumen ins Zimmer stellen.«
»Können wir machen«, meinte Mirjam, während sie eine Flügeltür des Schrankes schloss. »Aber Kerzen würde ich ihr eher nicht geben. Gerade halte ich offenes Feuer für keine gute Idee.«
»Stimmt.« Ben blickte noch einmal ratlos in die Kiste. Fritzi mochte ruhiger wirken als Rebecca, die Diagnose Borderline hatte sie trotzdem auch. Es war unwahrscheinlich, dass sie das Haus absichtlich in Brand steckte, aber unbedachte und impulsive Reaktionen mussten mit einkalkuliert werden – vor allem in einer Extremsituation wie dieser. Ben warf einen Blick auf das wackelige Regal an der Wand. »Aber«, meinte er, »sie braucht elektrisches Licht. Es gibt im Zimmer noch nicht mal eine Glühbirne.«
»Wir können die Klemmlampe aus Janniks Arbeitszimmer nehmen«, meinte Mirjam. »Und ein Kissen von seinem Schlafsofa. Dann hat er eben nur ein kleines Kissen und am Schreibtisch sitzt er ja gerade sowieso nicht.«
Das war zweifellos richtig. Die wenigen Tage, die Ben jetzt hier war, war Mirjams Bruder entweder mit Paulinchen beschäftigt oder nicht da gewesen.
»Wie lange geht Janniks Praktikum eigentlich noch?, erkundigte sich Ben.
»Von Anfang Juni bis Ende August.« Mirjam sah die Stoffstapel auf der anderen Seite des Schrankes durch. »Aber im September beginnt sein Studium.«
Es war schwer, aus ihrer Stimme zu schließen, wie es ihr mit der bevorstehenden Abwesenheit ihres Bruders ging. Ben fühlte sich auch nicht in der Position nachzuhaken. Immerhin war er ja nur der Freund eines Mitbewohners.
»Ich glaube«, sagte Mirjam, »in der Rumpelkammer ist noch ein kleiner Flickenteppich. Den hole ich Fritzi auch noch.«
»In Ordnung.« Unter dem Regal entdeckte Ben zwei leere, alte Weinkisten. Daraus ließe sich eine behelfsmäßige Kommode bauen. Wenn er noch eine der Decken drüberlegte, konnte es sogar improvisiert nach Shabby Chic aussehen. »Ich bastle ihr daraus was«, erklärte er und nickte in Richtung der Kisten.
»Gut.« Mirjam sah dankbar aus. »Großtante Annas Inventar hat für erstaunlich viele Räume gereicht, aber jetzt ist wohl Kreativität gefragt.«
»Das ist kein Problem.« Ben nahm die Kisten genauer in Augenschein. »Ich mach sie sauber und dann kombiniere ich sie so schön wie möglich.«
Im Grunde, dachte er, kannte er Fritzi gar nicht richtig. Er hatte sie lediglich zweimal bei Konzerten getroffen. Aber ihre Hochzeitsgeschichte bestürzte ihn auf eine Weise, dass er unbedingt etwas tun wollte – auch wenn es nur die Vorbereitung eines Zimmers war.
»Dann hole ich jetzt mal den Teppich.« Mirjam lächelte ihn noch einmal kurz an, dann verließ sie die Abstellkammer.
»Okay.« Ben zog die Kisten heran. »Und ich sehe mal, was sich daraus machen lässt ...«


Vor den Küchenfenstern stand die dunkle Sommernacht, als Charlotte zur allgemeinen Beruhigung Kakao kochte. Rebecca und sie wurden noch von den Ereignissen des Tages wachgehalten, während Mirjam von Pauline wieder geweckt worden war. So saßen sie nun in der Küche.
»Was Fritzi jetzt wohl macht?« Charlotte goss die heiße Schokolade vorsichtig in die Becher.
»Vor einer halben Stunde hat sie auf ihrer Matratze gelegen und die Decke angestarrt.« Rebecca trug die Becher zum Tisch und verteilte großzügig Schlagsahne über dem Kakao. »Irgendwie ist das noch unheimlicher als die Umtriebigkeit vorher.«
Charlotte wusste, was ihre Freundin meinte. Als Fritzi noch über die Feldwege vor ihrem Dorf gestürmt war, hatte man wenigstens eine Ahnung gehabt, was mit ihr los war. Aber bereits auf der Fahrt zum Hof war sie in unbewegtes Schweigen verfallen. Nichts hatte ihr Worte oder Regungen entlocken können.
Mirjam saß mit Pauline auf einem der Küchenstühle und wirkte unglaublich erschöpft, auch wenn die Kleine mittlerweile in einen unruhigen Schlaf gefallen war.
Charlotte rutschte neben Rebecca auf die Eckbank und fragte sich, ob Mirjam nur wegen Pauline so mitgenommen aussah.
»Ich wünschte«, sagte Mirjam leise, »wir könnten irgendwas für Fritzi tun.«
Charlotte schenkte ihr ein Lächeln. »Ihr habt ein Zimmer für sie vorbereitet! Ich finde, das ist schon viel für heute ...«
»Für heute, ja ...« Mirjam betrachtete ihre sich im Schlaf windende Tochter.
»Ich kann das alles nicht glauben.« Rebecca vergrub das Gesicht in den Händen. »Lars ist so ein zurückhaltender Typ und wirkt immer total korrekt ...«
»Aber«, gab Mirjam zu bedenken, »er hat Fritzis Onkel nicht widersprochen ...«
»Stimmt.« Rebecca starrte blicklos in ihren Kakao. »Sie hätte ihm sofort geglaubt, wenn er gesagt hätte, dass Ralf lügt.«
Charlotte seufzte leise und rührte in ihrem Becher. »Es muss furchtbar sein.«
»Und dass dann ausgerechnet Ralf damit kommen musste!« Rebecca ließ sich frustriert gegen die Rückenlehne fallen. »Ich meine, er und Fritzi haben echt ein verwickeltes und ätzendes Verhältnis ...«
»... und jetzt«, ergänzte Charlotte, »weiß sie vermutlich nicht, ob sie sauer auf ihn oder ihm dankbar sein soll.«
Schweigend brüteten sie vor sich hin und tranken ihre heiße Schokolade. Charlotte löffelte die Sahne und beschloss, das Kakaotrinken zu einem Abendritual zu machen. Vielleicht konnte es ihr dabei helfen, wieder das Gewicht vom letzten Winter zu erreichen. Es waren wenige Wochen gewesen, in denen sie sich einem nicht-magersüchtigen BMI angenähert hatte. Aber eine allabendliche Schokolade mit Sahne konnte sie dabei unterstützen, dort wieder hinzukommen.
»Gut, dass Maja diesen Hof geerbt hat«, seufzte Mirjam und unterbrach damit Charlottes Gedanken. »Gerade wird er zu einer Art Nach-Klinik-Asyl.«
Rebecca lachte leise auf. »Ja, irgendwie schon. Bürokratiefrei und kostenarm. Vielleicht sollte ich meine Bachelorarbeit darüber schreiben.«
Charlotte musste ebenfalls lachen und küsste ihre Freundin auf die Wange. »Erst einmal sollten wir gemeinsam qualitative Daten schaffen, die du dann auswerten kannst!«

 

Sonntag, 2.8.

 

Am frühen Morgen waren Ben und Elias in den Garten gegangen, um Himbeeren zu pflücken. Die Sonne verkündete mit diesigem Licht den Beginn eines schönen Tages und ein leichter Wind strich über die Hecken und Sträucher. Als sie mit dem ersten Himbeerbusch fertig waren, erschienen auch Mira und Julie.
»Ich finde es immer wieder bemerkenswert«, stellte Elias fest, »wie viel auf so einem kleinen Stück Land wachsen kann!«
Seine kleine Schwester schaute auf die bisherige Beerenausbeute. »Wenn Maja im nächsten Jahr noch mehr Wildnis in einen Nutzgarten verwandelt, kann sie ihre Sachen verkaufen.«
»Das wäre doch nicht das Schlechteste.« Ben ließ seinen Blick von den Beerensträuchern über die Gemüsebeete zu der Streuobstwiese wandern. »Sie könnte sich mit Ida und ihrem Laden zusammentun.«
»Vielleicht«, sagte Elias, »macht sie das sogar.« Er legte vorsichtig eine Handvoll Beeren in seine Schüssel. »Vorerst braucht sie eine Tätigkeit, bei der alle Anteile auftauchen dürfen und Auszeiten möglich sind. So viele berufliche Perspektiven gibt es da nicht.«
Ben spürte, wie sich sein Unterkiefer anspannte, als er nickte. Mit Majas Lebensrealität konfrontiert zu werden, löste in ihm immer wieder eine Mischung aus Betroffenheit und Wut aus. Wut auf diejenigen, die Maja so viel Gewalt angetan hatten, dass sie noch heute an den Folgen litt. Betroffenheit angesichts der vielen Belastungen und Einschränkungen, die diese Gewalt in Majas Leben gebracht hatte.
»Es ist auch eine arbeitsreiche Perspektive«, befand Mira, während sie von ihrem Strauch aufblickte. »Guckt euch das doch mal an! Das Unkraut wächst noch schneller als das Gemüse und das Obst!«
»Mir gefällt es.« Julie betrachtete versonnen eine Himbeere, bevor sie sie in den Mund steckte, und Ben fragte sich, was ihr mehr gefiel: Hier zu sein, in einem verwilderten Garten bei ihren Freunden, oder Himbeeren genießen zu können, ohne Angst vor den wenigen Kalorien haben zu müssen.
»Vielleicht«, überlegte Ben, »gibt es im Keller meiner Großeltern auch noch Eingemachtes. Nach Gretas Tod hat Jonte angefangen, alles aus dem Garten einzukochen. Er hätte nie etwas Essbares weggeworfen.«
Als Ben die Fliegengittertür aufstieß, umgaben ihn Sommersüße und trotzige Willenskraft. Der Duft frischgekochter Marmelade zog gemeinsam mit dem Geruch nach angebrannter Milch durch die Küche und sein Großvater hantierte inmitten eines Durcheinanders aus Gläsern, Töpfen und Obstflecken mit einer Schöpfkelle.
Seine Großmutter hatte immer eine Art heitere Gelassenheit ausgestrahlt, wenn sie eingekocht hatte. Ben hatte es geliebt, am Küchentisch Hausaufgaben zu machen, wenn sie Marmelade machte. Ihre zufriedene Geschäftigkeit und der Duft nach Sommerfrüchten und Gelierzucker hatten ihn stets allen Schulärger vergessen lassen. Nun aber stand Jonte an dem alten Gasherd, grimmige Entschlossenheit auf dem Gesicht und das handgeschriebene Rezeptbuch seiner verstorbenen Frau vor sich auf dem Arbeitstisch.
Ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, füllte sein Großvater Milchreis aus einem der Töpfe auf einen Teller und stellte ihn zusammen mit einem Schälchen Marmelade auf den Tisch.
»Probier das!«, forderte er seinen elfjährigen Enkel fast mürrisch auf.
Ben fühlte die gespannte Erwartung, die sein Großvater vorgab, nicht zu haben. Ohne sich um Ben zu kümmern, räumte er leere Töpfe in die Spüle.
Ben gab frischgekochte Marmelade auf den Teller und tauchte seinen Löffel in den Milchreis. Einen Augenblick später explodierte der Geschmack nach reifen Garten- und Walderdbeeren in seinem Mund und seine Augen weiteten sich.
»Sie ist echt lecker, Opa«, erklärte er begeistert, als er den ersten Löffel Milchreis runtergeschluckt hatte.
Jontes Augen leuchteten so kurz auf, dass jeder andere seine Freude übersehen hätte. Ben nicht, er kannte seinen Großvater und las Jontes Stolz und Genugtuung aus jeder seiner Bewegungen.
»Es gibt dieses Jahr viele Walderdbeeren«, knurrte der alte Mann. »Die sind einfach aromatischer.«
Und ohne seinen Enkel eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte er ihm den Rücken zu und begann abzuwaschen.
Elias sah seinen besten Freund aufmerksam an. »Wir könnten«, befand er, »in eurem Keller nachgucken!«
Ben wusste, was er sagen wollte. Elias hatte ihn schon öfter gefragt, ob sie nicht in das alte Gartenhaus fahren sollten.
›Du kannst nicht immer davonlaufen‹, hatte er einmal gesagt. ›Vor diesem Ort und Jontes Tod.‹
Ben wusste, dass er nicht immer davonlaufen konnte – aber noch eine Weile.
»Heute kümmern wir uns erst mal um diese Himbeeren!«, sagte er gleichermaßen zu Elias und sich selbst.


Charlotte schlug die Bettdecke zurück und trat an Rebecca heran, die am geöffneten Fenster stand. Das weiche Morgenlicht umgab ihre Freundin wie eine Aura. Charlotte legte die Arme um Rebecca und das Kinn auf ihre Schulter.
»Bist du schon lange wach?«
Rebecca schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. »Ein paar Minuten. Es ist so unglaublich friedlich hier.«
Charlotte blickte mit ihrer Freundin aus dem Fenster. Vor ihnen erstreckten sich Wiesen und Weiden, Bachläufe und Baumgruppen. Etwas weiter entfernt lag das Dorf und über allem wölbte sich ein blassblauer Sommerhimmel.
Charlotte seufzte zufrieden. »Es ist gut, dass ich mitgekommen bin!«
Rebecca drehte ihr das Gesicht zu und küsste sie. »Das finde ich auch.« Sie nahm Charlottes Hände, die noch immer auf ihrer Hüfte ruhten, und zog ihre Freundin dichter an sich heran. »Irgendwie«, murmelte sie mit Blick auf die Landschaft, »tut es gut, dass es hier so ruhig ist.«
Charlotte nickte. Manchmal hatte es eine ordnende und beruhigende Wirkung, wenn wenigstens die äußere Welt ruhig und überschaubar war. Sie bohrte ihre Nase in Rebeccas Schulter und atmete den Duft nach Patchoulie und Schlaf. Das ausgeblichene Shirt ihrer Freundin war fadenscheinig und am Saum löchrig, aber Rebecca trug es mit der gleichen Unerschütterlichkeit wie ihre beiden anderen ebenso zerschlissenen Schlafshirts.
Charlotte strich vorsichtig über den dünnen Stoff. »Wie lange hast du das eigentlich schon?«
»Elf Jahre.« Rebecca schaute gedankenverloren in die Weite.
»Und seitdem trägst du es jede Nacht?« Charlotte suchte im Profil ihrer Freundin nach einer Regung. »In Abwechslung mit den anderen beiden?«
»Ja.« Rebecca drehte sich zu ihr herum und schenkte ihr ein Lächeln. »Nur in der Klinik habe ich eine halbe Nacht in deinem Pullover geschlafen.«


Charlotte betrachtete die Himbeere auf ihrem Löffel und ließ ihren Blick dann durch die Küche wandern. Die Menschen in diesem Raum waren ihr so vertraut, als hätte sie ihr halbes Leben mit ihnen verbracht – und nicht nur das vergangene Jahr. Mirjam saß auf der hölzernen Küchenplatte, während ihr Bruder Geschirr abtrocknete. Den Anblick der Geschwister löste in Charlotte ein Gefühl berührter Zerrissenheit aus und sie sah rasch wieder auf ihre Himbeere.
Neben ihr streute Julie ihre Beeren in den Joghurt. »Großtante Anna«, berichtete sie, »hat fast jede Beerensorte gepflanzt und von allen mehrere Sträucher.«
»Heute Abend mache ich uns Vla zu den Himbeeren! Das ist eine Art Pudding und superlecker«, versprach Mirjams Bruder und stellte einen Becher ins Regal.
Er lehnte sich neben Mirjam und Charlotte wandte den Blick wieder ab. Immer wenn sie die Geschwister miteinander sah, traf ihre Vertrautheit sie fast schmerzhaft. Ihr Blick suchte Rebecca, die über Eck neben ihr saß und mit abwesender Konzentration Himbeeren auf einen Trinkhalm fädelte.
»Wir haben auch schon Vla mit Johannisbeeren gemacht«, erklärte Jannik. »Ich bin mir sicher, es wird einmal eines von Paulines Lieblingsgerichten!«
»Ich wette«, meinte Mira, die gerade in die Küche kam, »nächstes Jahr mag sie Vla ohne Johannisbeeren!«
In Charlottes und Mirjams’ Auflachen hinein, widersprach Julie: »Außer Pauline darf die Beeren selbst pflücken. Wenn mein kleiner Bruder etwas selbst ernten darf, isst er es auch. Sogar, wenn er es sonst nicht mag.«
»Du siehst«, Mira drehte sich zu Jannik um, »wenn ihr in Erziehungsfragen Hilfe braucht, müsst ihr euch nur an Julie wenden!«
Julie wurde rot und schaute in ihr Joghurtschälchen. »In Ernährungsfragen wendet ihr euch aber besser an jemand anderen«, murmelte sie.
Charlotte zwinkerte Julie aufmunternd zu, bevor sie eine weitere Beere in den Mund schob. Himbeere war ein Aroma, das mit der Klinikzeit verbunden war. Auch diese Beere trug die Geschmackserinnerung an das therapeutisch verordnetes Eis, das in seiner fruchtigen Süße sogar durch ihre Schuldgefühle hindurchgedrungen war.
Julie sah sie aus blauen Augen an, während der Joghurtlöffel in ihrer Hand ruhte. Noch immer erkannte Charlotte in dem Blick die verblichenen Schatten der Scham, die für eine Magersüchtige zum Essen gehörte.
Charlotte schickte ihr ein kleines Lächeln, denn trotz allem machte Julie es gut. Klinik und Tagesklinik hatten sie nicht ganz gesund gemacht, aber sie hatten ihren Kampfgeist stabilisiert. Die Siebzehnjährige erwiderte ihr Lächeln und Charlotte senkte ihren Löffel wieder in das Himbeermüsli. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie Rebecca gedankenverloren die Beeren von ihrem Trinkhalm lutschte. Manchmal, dachte sie, konnte man auch Rebeccas durch Traumatisierungen abgespaltene, kindliche Anteile deutlich spüren.
»Was macht eigentlich deine Schwesternsuche?«, erkundigte sich Jannik bei Rebecca.
Es dauerte einige Momente, bis die Frage zu Rebecca durchgedrungen war und sie langsam den Trinkhalm sinken ließ.
»Im Augenblick«, antwortete sie zerstreut, »ist die Suche ziemlich aussichtslos. Ich weiß einfach nichts über sie.« Rebecca schien ihre Gedanken zusammenzuraffen, dann fuhr sie fort: »Wenn mein Vater sie gezeugt hat, nachdem er uns verlassen hat, ist sie höchstens fünfzehn. Aber von der Frau, zu der er damals gegangen ist, weiß ich nichts – noch nicht einmal ihren Namen.«
»Und wenn dein Vater diese Frau geschwängert hat, bevor er euch verlassen hat?«, gab Mira zu bedenken. »Dann könnte deine Schwester auch älter sein.«
Rebecca pflückte eine Beere vom Halm und steckte sie sich in den Mund. »Theoretisch schon. Oder sie ist von einer ganz anderen Frau, aber das kann ich mir kaum vorstellen. Dafür«, ihre Mine verdüsterte sich, »war er zu oft zu Hause.«
»Verfolgst du die Gerichtsprozesse in der Zeitung?«, wollte Jannik wissen.
»Nur die in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin.« Rebecca nahm ihren Kaffeebecher. »Aber ich weiß nicht, wo der Prozess geführt wird. Und ich kann ja nicht sämtliche Gerichtsverhandlungen im ganzen Land verfolgen. Zumal gar nicht klar ist, ob überhaupt darüber berichtet wird.«
»Das klingt wirklich ziemlich aussichtslos«, murmelte Jannik.
»Wenigstens hat der Bewährungshelfer versprochen, mir das Urteil mitzuteilen«, erklärte Rebecca und trank einen Schluck Kaffee. »Das ist ja öffentlich und ich glaube, ihm ist klargeworden, dass ich wissen muss, ob mein Vater noch länger hinter Gittern sein wird.«
Das war auch das Mindeste, dachte Charlotte, nachdem der Bewährungshelfer Rebecca für Monate in Panik versetzt hatte, indem er ihr mitgeteilt hatte, dass ihr Vater vielleicht früher entlassen werden würde. Es war der ausstehende Prozess von Rebeccas unbekannter Schwester gewesen, der diese juristische Möglichkeit ausgeschlossen hatte.
Sie ließ ihre Hand über Rebeccas gleiten. »Wenn das alles schon noch einmal passieren musste, hoffen wir, dass es eurem Vater wenigstens etliche weitere Jahre Gefängnis einbringt.«
Rebecca schickte ihr ein schwaches Lächeln. »Ja, zumindest das.«
»Apropos juristisch«, ließ sich Julie leise vernehmen. »Das ist jetzt ein anderes Thema, aber Fritzi ist doch verheiratet, oder? Standesamtlich, meine ich ...«
Charlotte stellte fest, dass sie darüber gar nicht nachgedacht hatte, aber natürlich war es so. Die standesamtliche Trauung war die Voraussetzung für die kirchliche.
»Ja«, erklärte Rebecca, während sie sich erhob. »Und ich gehe jetzt mal zu Fritzi rauf.«


Ben lag auf dem Bett und beobachtete, wie Milan seine Sachen packte. Sein Freund hatte einen Unitermin und musste dafür in die Großstadt zurück.
»In zwei Tagen bin ich wieder da.« Milan stopfte Tablet und Smartphone in seinen Rucksack. »Ich würde lieber bei euch bleiben.« Er wandte sich Ben zu, die hellen, zerzausten Haare über dem linken Auge. »Aber der Dozent hat nur den einen Augusttermin.«
Ben nickte, während er fasziniert den Blick aus Milans braunem Auge erwiderte. Die verschiedenfarbigen Augen seines Freundes ließen ihn immer leicht verwegen wirken, aber nun, da das blaue Auge vom Haar verdeckt war, wirkte Milan beinah sanft.
Ben stützte den Kopf in die Hand. »Der Dozent wird von deiner Projektarbeit begeistert sein. Er ist von allem angetan, was du machst!«
»Bisher schon«, lachte Milan. »Aber nur so lange, wie ich ihn am Arbeitsprozess teilhaben lasse!«
»Warum willst du eigentlich den Master?«, erkundigte sich Ben. »Die von der IT-Security würden dich auch gleich fest übernehmen.«
»Stimmt. Aber sie haben mir versprochen, mich auch danach noch einzustellen.« Milan fuhr sich durch die fedrigen Haare. »Jedenfalls wenn ich nicht zu lange brauche. Und die Qualifikation will ich mitnehmen.«
Ben nickte. Er konnte verstehen, dass sich sein lebenshungriger Freund in beruflicher Hinsicht absichern wollte. Ben mochte zwar Geldmangel kennen, aber er war damit nie allein gewesen. Da waren immer seine Großeltern gewesen, die ihm alles gegeben hatten, was sie besaßen. Milan dagegen war jahrelang auf sich gestellt gewesen.
»Lass dich während meiner Anwesenheit nicht vollkommen von dem Säugling verzaubern!«, bat Milan, während er die letzten Sachen in seinen Rucksack stopfte. »Oder«, er sah auf, »mach dir wenigstens klar, dass aus ihm ein Teenager

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Coverdesign: Vivian Tan Ai Hua
Lektorat: Sandra Nyklasz
Tag der Veröffentlichung: 24.02.2016
ISBN: 978-3-7396-3915-4

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