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Prolog


24. September – 25. September im letzten Jahr

 


Miriam schaute beunruhigt aus dem Fenster.
„Langsam macht mir das alles hier Sorgen, Schatz.“
Ihr Mann beachtete sie nicht. Er hatte mit dem Feuerholz zu kämpfen, das er soeben herein gebracht hatte.
„Liebling? Frank?“
„Hm?“, brummte er und schenkte ihr endlich seine Aufmerksamkeit. „Mir auch, Liebes. Vielleicht sollten wir morgen früh ins Dorf fahren und uns umhören. Wir sitzen hier ja völlig auf dem Trockenen, was die Informationen angeht.“

Miriam gab sich mit der Antwort zufrieden und verließ die große, im Landhausstil eingerichtete Wohnküche, um nach ihren beiden Söhnen zu sehen, die sie vorhin ins Bett gebracht hatte und die schon seit mehreren Tagen kränkelten. Sie wusste genau, dass ihr Gefühl sie nicht trog. Irgendetwas stimmte nicht. Nicht nur, dass gestern um die Mittagszeit der Strom ausgefallen war, etwa um die gleiche Zeit funktionierten noch nicht einmal mehr die Handys, geschweige denn ein normales Telefon oder das Radio. Sie ahnte, dass das nichts mehr mit einem normalen Stromausfall zu tun hatte. Das Letzte, was sie in den Nachrichten im Fernsehen gesehen hatten, waren die Ausschreitungen, die das ganze Land zu überschwemmen drohten.

Sie ging mit der Taschenlampe ins obere Stockwerk und spähte durch den Türspalt, der einen schmalen Streifen Licht direkt auf das Bett von Leon warf. Er schlief tief und fest. Und auch Timmi hatte die Augen fest geschlossen. Erleichtert atmete Miriam auf.
Warum mussten sie auch nur so abgeschieden auf diesem Bauernhof leben? Die Idylle, die sie hier umgab, war natürlich unbezahlbar, doch es war hier schon oft etwas einsam. Gerade in dieser Situation wünschte sie sich, sie hätten direkte Nachbarn, mit denen sie Neuigkeiten austauschen konnten.

Als sie wieder nach unten kam, hatte Frank ein paar Kerzen angezündet und eine Flasche Wein geöffnet. Das flackernde Feuer im Ofen warf tanzende Schatten an die mit Familienfotos bedeckten Wände und dem gebohnerten Holzboden. Miriam lächelte und ging langsam auf ihn zu.
„Was hast du denn vor?“, fragte sie und beobachtete, wie er seine Mundwinkel zu einem schelmischen Lächeln verzog.
„Darf ich denn meine Frau nicht ein wenig verwöhnen?“
Sie tat, als müsste sie darüber nachdenken, bevor sie antwortete: „Ich denke, das geht in Ordnung.“
Rittlings setzte Miriam sich auf ihn und küsste ihn, während seine Hände sich tastend unter ihren Pullover schoben.
„Wir müssen morgen dringend runter ins Dorf“, sagte sie leise, während seine Lippen ihren Hals hinunter wanderten.
„Darüber machen wir uns morgen Gedanken.“
„Schatz, ich meine es ernst“, meinte sie und schob ihn ein wenig von sich. „Abgesehen davon, dass ich wissen möchte, wann wir wieder Strom haben, brauchen wir auch ein paar Kleinigkeiten aus dem Laden, sonst kommen wir nicht über die Woche.“
„Schon klar, Liebes“, brummte Frank, der seine Finger nicht von ihr lassen konnte.
Miriam seufzte genervt und ließ sich neben ihn auf das Sofa rutschen. „Du scheinst nicht zu verstehen. Ich mache mir wirklich große Sorgen. Diese Nachrichten gestern in der Früh, die Telefone, die nicht funktionieren…“
„Mach dir doch nicht so einen Kopf!“ Frank legte den Arm um seine Frau und strich ihr mit dem Daumen über die Wange.
Sie lehnte sich an ihn. Ihre Blicke wanderten zu dem Foto, das letztes Jahr im Urlaub an der Ostsee entstanden war. Im Zentrum eine große Sandburg, darum ihre beiden Jungs in Badehosen, Frank lachend mitten im Geschehen, während sie milde lächelnd daneben saß, mit einem Buch in der Hand. Miriam erinnerte sich noch an das ältere Ehepaar, das für sie das Foto geschossen hatte.
Ihre Gedanken wurden von Frank unterbrochen, der sich ein weiteres Glas Wein eingeschenkt hatte. „Ich wette, das alles hat nichts mit den Dingen in den Nachrichten zu tun. Das war doch viel zu weit weg von uns. Du weißt doch, hier haben wir nicht das modernste Stromnetz. Wir hatten hier öfters schon solche Fälle. Das wirst du morgen sehen.“
„Ja“, meinte sich zögerlich. „Ja, wahrscheinlich hast du recht.“
Sie schloss die Augen und ihr Atmen wurde ruhiger.

 

Miriam wusste nur in gedanklichen Bruchstücken, wie sie in ihr Bett gekommen war. Sie musste im Halbschlaf, mit Frank an ihrer Seite, die Treppe hinauf getorkelt sein. Immerhin konnte sie sich noch daran erinnern, dass er ihr geholfen hatte Pullover und Hose auszuziehen und die warme Daunendecke über sie zu werfen.
Sie stützte sich auf den Ellbogen. In den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne konnte sie Franks Profil erkennen. Er hatte den Mund leicht geöffnet und sein Schnurrbart flatterte bei jedem Atemzug leicht. Sie unterdrückte sich ein Grinsen und stieß ihn an.
„Liebling, los, wir müssen aufstehen. Ich will, dass wir zeitig losfahren.“
Leichtfüßig stand sie auf, huschte ins Badezimmer, um anschließend die Kinder zu wecken.

Die zehn Minuten Fahrt ins Dorf verbrachten sie schweigend. Miriam konnte sich nicht helfen. Irgendwie wirkte die ganze Umgebung heute anders, leer, trostlos. Sie schüttelte sich unwillkürlich, als könnte sie so dieses beklemmende Gefühl einfach abstreifen. Sie drehte sich nach hinten, wo Leon und Timmi sich mit ihren Plastikfiguren beschäftigten. Sie lächelte. Was würde sie dafür geben, noch einmal die Unbeschwertheit von vier- und sechsjährigen Kindern erleben zu dürfen.
„Oh Mann, schau mal da.“ Frank drosselte die Geschwindigkeit ein wenig und machte einen Bogen um einen schwankenden Mann, der am Straßenrand entlanglief. „Da hat wohl einer durch gemacht. Ich möchte nicht mit ihm tauschen, wenn er jetzt zu seiner Frau heim geht.“
Miriam drehte sich nach ihm um. „Glaubst du, er braucht Hilfe?“
Frank schnaubte. „Schatz, der Typ ist total besoffen, der kommt schon klar.“
„Wenn du meinst…“
Schon von Weitem hatten sie die Häuser sehen können, die sich eng aneinander schmiegten, doch erst jetzt, wo sie die Dorfgrenze passiert hatten, wurde klar, dass hier etwas nicht stimmte. Miriams Blick fiel auf die wie leer gefegten Straßen.
„Oh, mein Gott“, brachte sie nur heraus. Ein dicker Kloß saß in ihrem Hals fest und eine jähe Angst umklammerte ihr Herz.
Kein Mensch war zu sehen. Es wirkte, als wäre dieser Ort so schnell wie nur irgend möglich verlassen worden. Autos standen mit teilweise offenen Türen  mitten auf der Straße, der Aufsteller mit den Zeitungen und Magazinen, der normalerweise vor dem kleinen Laden stand, war umgekippt und die Stapel Papier waren auf der kompletten Fahrbahn verteilt. Und – war das Blut dort auf dem Gehweg und an der Wand? Frank hielt den Wagen an.
„Willst du mir immer noch sagen, dass hier alles normal ist?“, wisperte sie, um die Jungs nicht zu beunruhigen, doch sie konnte ihre aufkeimende Panik kaum noch unterdrücken, die ihr die Luft abzuschnüren drohte. Solche Bilder kannte sie sonst nur aus dem Fernsehen.
Frank achtete kaum auf sie. Sie konnte das Hirn hinter seiner Stirn geradezu arbeiten hören.
„Wir müssen die Polizei rufen“, sagte er schließlich. „Ich weiß nicht, was hier passiert ist, aber wir müssen es herausfinden.“
„Denkst du, es gab eine Evakuierung?“
„Ich weiß nicht, Liebling.“ Er drehte sich in seinem Sitz hin und her. „Sieht so aus, aber ich kann es mir nicht erklären. Es war in den letzten Tagen kein Unwetter und dass das hier mit den Krawallen im Norden zu tun hat, glaube ich nach wie vor nicht. Bleibt hier sitzen.“
„Was hast du vor?“
Frank legte ihr beruhigend die Hand auf das Bein. „Ich gehe in den Laden und schaue, ob das Telefon funktioniert.“
Miriam nickte und beobachtete unruhig ihre Umgebung. „Gut, aber sei vorsichtig.“
Sie sah ihm hinterher, bis er im Halbdunkel des kleinen Supermarktes verschwunden war.
„Mami, was macht Papa?“ Leon hatte sich abgeschnallt und drückte seine kleinen Finger an die Scheibe.
„Er kommt gleich wieder, Schatz. Setz dich wieder hin.“

Sie merkte, wie ihre Stimme zitterte. Die Angst um ihre Familie wuchs stetig und sie wünschte sich bei ihren Eltern sein zu können, zumindest aber in der Geborgenheit ihres eigenen Hauses. Die ganze Situation hier verunsicherte sie zutiefst.

Fünf Minuten vergingen. Zehn. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in ihr breit. Wo blieb er nur so lange? Sollte sie aussteigen, um ihm zu folgen? Und die Kinder hier im Wagen lassen? Niemals.
Sie kurbelte das Fenster des alten Geländewagens herunter.
„Frank!“
Ihr Ruf hallte gespenstisch durch die Gassen und verursachte ihr eine Gänsehaut. Der kaputte Mechanismus der Scheiben ließ sie einiges an Kraft anwenden, bis das Fenster ganz unten war und sie sich leicht aus dem Wagen beugen konnte.
„Frank?“
Im Seitenspiegel nahm sie eine Bewegung wahr und bemerkte, dass der Betrunkene sich ihnen genähert hatte. Ihre Augen weiteten sich. Genau, ihn hatte sie ganz vergessen. Vielleicht konnte er ihnen sagen, was hier passiert war. Oder war er selbst hier vergessen worden? Sie zögerte, die Tür zu öffnen  und beugte sich dann weiter zum Fenster hinaus. Wohl war ihr bei der Sache nicht.
„Entschuldigung?“, rief sie.
Der Mann kam weiter auf sie zu, doch sie konnte nicht erkennen, ob sie ihn kannte. Die Sonne stand direkt in seinem Rücken und blendete Miriam.
„Entschuldigung, wissen Sie, was hier passiert ist?“
Der Betrunkene gab einen seltsamen Laut von sich und beschleunigte seine Schritte, jedoch ohne ein nennenswertes Tempo zu erreichen. Langsam bezweifelte sie, dass das so eine gute Idee war. Wo war nur Frank?
„Schatz?“ Ihre Stimme überschlug sich beinahe, als sie nach ihm schrie.
Tränen überschwemmten ihre Augen. Sie hielt das nicht länger aus. Der Mann hatte sie beinahe erreicht und sie machte sich daran, das Fenster wieder hochzukurbeln. Doch wieder hing die Kurbel und obwohl sie ihre ganze Kraft aufwendete, schaffte sie es nicht rechtzeitig. Er hatte sie erreicht, packte ihren Arm und zog daran, während er versuchte, seine Schultern durch den Spalt zu zwängen. Die Kinder auf dem Rücksitz schrien in Panik.
„Macht eure Augen zu“, schrie sie und versuchte den Kerl abzuschütteln, doch er ließ sich von keinem ihrer Schläge beeinträchtigen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie versuchte einen klaren Gedanken zu behalten, um den Betrunkenen loszuwerden.
Erst, als sie sich ihm wieder zuwandte, erkannte sie, dass etwas nicht stimmte. Seine Augen. Sie waren so… Wieder wurde sie durch ein Rucken seinerseits abgelenkt und sie konnte nicht weiter darauf achten. Von dem Gezerre war ihr Pullover von der Schulter gerutscht. Ungläubig und wie in Zeitlupe sah sie, wie er ihr immer näher kam und schließlich seine Zähne in ihrem Fleisch versenkte. Sie schrie vor Schmerz auf, zuckte zurück und schaffte es, sich von ihm zu lösen. Doch wieder fassten diese kalten Hände nach ihr. In diesem Moment konnte sie nur noch an ihre Kinder denken. Nicht vorzustellen, was er mit ihnen machen würde, wenn er sie selbst überwältigt hätte. Es musste ein Irrer ein.
„Lauft!“, rief sie ihnen zu. „Lauft zu Papa!“
Leon wimmerte und schnallte seinen kleinen Bruder ab. Sie konnte ihre Angst sehen. Das hatten sie nicht verdient. Es waren doch nur Kinder.
„Schnell!“

Erst, als sie die Tür geöffnet hatten, bemerkte sie ihren Fehler. Aus den Seitengassen kamen weitere schlurfende Gestalten und hielten zielgerichtet auf die flüchtenden Jungen zu, die ihnen direkt in die Arme liefen. Sie bemerkte den Mann vor sich kaum noch. Immer wieder biss er zu, riss ihr Fleisch und Gewebe vom Körper, doch sie hatte nur Augen für Leon und Timmi, die vor ihren Augen von den Frauen, Männern und Kindern gepackt und bei lebendigem Leib zerfleischt wurden. Unbeholfen, aber zielgerichtet rissen sie an den schreienden Kindern, bis sie von der Schar komplett bedeckt waren.
„Nein“, weinte sie mit versagender Stimme. „Nein, bitte nicht!“
Das war das letzte, was sie sagte, bevor die Zähne sich in ihre Kehle bohrten.

1. Kapitel


16. April im Jahr darauf

 

Jenny wusste nicht, wie lange sie schon Gefangene in dem geheimen Forschungslabor war. Auf ihr Zeitgefühl konnte sie sich nicht verlassen. Es fühlte sich an, als wäre sie schon seit Tagen hier, sie wusste aber, dass das nicht sein konnte. Sie schaute sich in ihrem Gefängnis um. Graue Betonwände, eine Leuchtstoffröhre, die kaltes Licht verstrahlte und eine Stahltür mit eingelassenem Gitterfenster. Außer einem schmalen Bett und einer Toilette fehlte jegliche Einrichtung.

Sie hörte auf rastlos in dem kleinen Raum umherzuwandern und ließ sich an der Wand  auf den Boden hinab sinken. Mit ihren Fingern strich sie über den Beton. Sie spürte feine Sandkörner und einen Hauch von Staub auf ihren Kuppen. Irgendwo in der Ferne surrte ein Aufzug und sie hörte das Getrappel von Schritten.

Entnervt presste sie die Augen zusammen und faltete die Hände über ihrem Gesicht. Sie konnte das nicht mehr ertragen. Was hatten sie nur mit ihr gemacht?  Was war das gewesen, was sie ihr da gespritzt hatten? Warum war sie überhaupt noch am Leben?

Nach dem Zombiebiss und den Schüssen, die sie getroffen hatten, hätte sie längt tot sein müssen. Doch stattdessen hatten sich ihre Sinne geschärft, ihr Körper sich verändert. Sie fühlte sich gefangen in der falschen Hülle, als stecke sie in einem Kokon oder der Haut eines Reptils und würde sich jede Sekunde häuten. Doch während dem Prozess musste sie einfach stecken geblieben sein. Gefangen im eigenen Körper auf eine bizarre und widerliche Art und Weise. Sie musste sich nicht nur an die lange, wulstige Narbe gewöhnen, die ihre linke Gesichtshälfte verunzierte. Es fühlte sich so fremd an, so abartig. Sie schaffte es, Dinge in unglaublicher Schärfe zu fokussieren, sah jede Falte im Gesicht eines Menschen und jeden noch so kleinen Riss in der Wand. Sie fühlte die kleinsten Partikel auf einer Oberfläche und hörte weit mehr, als ihr lieb war. All diese Eindrücke, die auf sie einstürzten… Sie schaffte es nicht, sie zu verarbeiten. Es überforderte sie regelrecht. Keine Sekunde konnte sie ihre innerlichen Motoren abschalten und zur Ruhe kommen. Schmerzvoll verzog sie das Gesicht und stieß den Hinterkopf mehrmals gegen die Wand. Sie konnte nicht mehr, sie wollte, dass das endlich ein Ende hatte.

Das Schlimmste war, dass sie jede Sekunde so bewusst wahrnahm, als wäre sie die Ewigkeit selbst. Sie fragte sich, worauf das ganze hinaus führen würde. Seit sie sie hier eingesperrt hatten, hatte sich niemand mehr um sie gekümmert, außer der einen Frau mit Schutzhaube, die ihr alle paar Stunden in Begleitung eines Soldaten das Essen brachte. Sie wusste nicht, was grausamer war: hier diese endlose Einsamkeit oder ihr Aufenthalt in dem Versuchsraum, wo Menschen in Schutzanzügen und Atemmasken um sie herum wuselten und ihr Blutproben entnahmen und noch viele weitere Tests mit ihr machten.

Jenny schaute auf, als sie ganz in ihrer Nähe Türe zuschlagen und Schritte auf sich zukommen hörte. Neugierig lehnte sie sich nach vorne und lauschte. Gedämpfte Stimmen. Ruhige, geschäftsmäßige Tonlage. Die Tür zum Vorraum öffnete sich und Jenny sprang auf. Automatisch ging sie in Kampfstellung. Ihre Knie beugten sich und ihre Hände waren schützend vor ihrem Oberkörper geballt. Sie nahm einen Schatten hinter dem Gitter wahr und wie in Zeitlupe wurde ein Schlüssel im Schloss gedreht, der vierstellige Code im Terminal an der Tür eingegeben und der Riegel schob sich zurück. Ganz langsam wurde ihr die Sicht auf diejenigen frei, die sich Zutritt zu ihrem Gefängnis verschafften. Ein Wissenschaftler in Schutzkleidung und vier Soldaten mit Gesichtsvisieren.

„Na, die junge Dame, die uns ihren Namen nicht verraten will“, dröhnte eine Stimme an ihr Ohr.

Sie antwortete nicht und blieb in ihrer Abwehrhaltung.

„Wir werden dir jetzt die entscheidende Blutprobe entnehmen. Und wenn dann noch die Bilder aus dem Kernspintomographen mit unseren Erwartungen übereinstimmen, hast du, junge Frau, entscheidend zu dem größten wissenschaftlichen Durchbruch seit Jahren beigetragen.“

Jenny hatte nicht den blassesten Schimmer wovon er redete und es interessierte sie auch nicht. Ihr Modus war auf Flucht gestellt. Sie suchte Augenkontakt zu dem Mann, doch hinter seiner sich spiegelnden Schutzbrille konnte sie ihn nur vage blinzeln sehen. An seinem speckigen Nacken lief der Schweiß hinab und sie konnte den Übelkeit erregenden Geruch wahrnehmen, der den seines Fleisches überdeckte.

„Was haben Sie mit mir gemacht?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

„Wir haben dir das Leben gerettet. Du wärst an der Bisswunde gestorben und zu einem der Untoten geworden. Deswegen wäre es sehr freundlich, wenn du etwas Dankbarkeit zeigen und es diesmal unterlassen  würdest, meine Leute zu treten und anzuspucken.“ Er sagte es trocken und ohne Emotionen und Jenny konnte nicht anders, als ihn abgrundtief zu hassen.

Selbstgefälliger, kleiner Pisser, dachte sie und beobachtete weiter jede Bewegung.

Er trat einen Schritt zurück, ließ sie jedoch nicht aus den Augen. „Fesselt sie und bringt sie in den Versuchsraum C-12-4, in die Röhre.“

„Ja, Dr. Koslow“, sagte einer der Soldaten und schon war Jenny umringt von den breitschultrigen Männern, die sie packten, grob nach draußen zerrten und an eine Liege schnallten. Ein Mundschutz wurde ihr umgebunden, doch nicht um sie zu schützen, sondern, wie sie wusste, die anderen Menschen vor ihr. Sie konnte sich nicht rühren, die starren Lederbänder schnitten ihr ins Fleisch und stellten ihr das Blut ab. Sie spürte, wie ihr Puls stieg und ihr heiß wurde. Ein klaustrophobischer Zustand machte sich in ihr breit und engte nicht nur ihren Körper ein. Ihr Herz schlug ihr bis zur Brust, ihre Atmung ging schnell und unregelmäßig. Sie glaubte, ihr Brustkorb würde explodieren, wenn sie sich nicht gleich frei bewegen und aufatmen konnte.

Die Liege setzte sich in Bewegung und andauernd hörte sie die schnarrende Stimme des Wissenschaftlers in ihrem Kopf.

„Du hast hier ziemlich Staub aufgewirbelt. Ein paar gute Männer sind gestorben.“

Während er das sagte, rammte er ihr ungerührt und ohne jegliche Anvisierung eine Spritze in die Armvene. Jenny fühlte, wie sich die eisige Flüssigkeit in ihr ausbreitete. Kurz spürte sie einen Anflug von Schläfrigkeit, doch das Adrenalin in ihrem Blut, oder was auch immer das war, verhinderte, dass sie ihre gewünschte Wirkung zeigte.

Unter ihrem Mundschutz schrie sie auf und riss an den Fesseln, doch Koslow fuhr unbeirrt fort: „Der einzige Trost ist, dass wir dabei auf dich gestoßen sind. Ich weiß nicht warum, aber das Serum hat sich optimal mit deinem Blut verbunden. Und das ohne Nebenwirkungen. Das ist eine Sensation!“

Wenn du wüsstest, dachte Jenny sich und starrte auf die vorbeiziehende Decke, in der in regelmäßigen Abständen weitere Leuchtstoffröhren eingelassen waren und über sie hinwegzogen, wie Lichter in einem Karussell.

„Wir sind nur eine Blutprobe davon entfernt, unser Ziel endgültig zu erreichen.“

Sie hörte ihm nicht weiter zu. Ihre Gedanken drehten sie einzig um allein um eine Sache: Wie komme ich hier raus?

Plötzlich, ohne Vorwarnung, verblassten die Farben um sie herum, als wäre ihre Umgebung in eine blutrote Plastikfolie verpackt worden. Ihr Atem setzte aus und sie riss die Augen auf, so weit sie nur konnte. Ein Film schien sich in ihrem Kopf abzuspielen. Sie sah Maden, die sich in bräunlichen, verwesenden Fleischresten wanden und das Surren fetter Fliegen dröhnte in ihrem Schädel. Blitze zuckten und ließen die Bilder kurz verblassen, bis sie wieder kamen, diesmal umso deutlicher. Und da war er wieder. Dieser seltsame Hunger. Ihre neuen Fähigkeiten, die in den letzten Sekunden in dem Gewusel um sie herum untergegangen waren, kamen nun zurück und die Zeit zog sich zäh wie ein Kaugummi in die Länge. Ihr Atem rauschte laut in ihren Ohren, das Blut, das durch ihre Venen gepumpt wurde, erfüllte ihren Körper und sie spürte es bis in die Fingerspitzen pulsieren. Die Liege schien sich unendlich langsam zu bewegen. Sie atmete ein und aus und ihr Blick glitt auf die Halsvene von einem der Soldaten. Leicht kniff sie die Augen zusammen und nahm ein Vibrieren wahr, das davon zeugte, dass sein Blutkreislauf auf Hochtouren arbeitete. Sie leckte sich mit der Zunge über die Lippen und fletschte dann die Zähne, was unter dem dünnen Schutz verdeckt blieb … bis ihr bewusst wurde, was sie da tat. War sie wahnsinnig? Die Zähne fletschen? Irritiert presste sie die Augenlieder aufeinander und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Sie ballte ihre Fäuste und spürte die Kraft darin. Die Muskeln dort setzten sich in Bewegung und lösten eine Kettereaktion aus, die in ihren Bauchmuskeln endete. Sie konnte förmlich spüren, wie sie sich zusammen zogen und darauf warteten, ihre Kraft endlich freisetzen zu können.

Die Gruppe war in dem Raum angekommen, wo bereits zwei weitere vermummte Labormitarbeiter warteten. Der größte Teil war von einer riesigen, weißen Apparatur ausgefüllt, die sie als die Röhre identifizierte, wie man sie auch aus Krankenhäusern kannte. Sie erkannte ihre Chance sofort, als ihr die Fessel gelöst wurden, um sie auf die sterile Chromablage zu verfrachten. Sie konzentrierte sich auf ihren Körper, auf die Millisekunden, wenn ihr Herz gerade gepumpt hatte und sie ihre Umgebung ohne das störende, laute Klopfen wahrnehmen konnte. Wie in Zeitlupe sah sie, wie eine Schnalle nach der anderen geöffnet wurde. Koslow musste davon ausgehen, dass die Beruhigungsspritze Wirkung zeigte, doch dieser gnadenlose Idiot hatte nicht auf die Zeichen geachtet. Das Spiel ihrer Muskeln, das Zucken ihrer Augenpartie. Was als nächstes passierte, musste sich innerhalb von Sekunden abgespielt haben, doch für sie fühlte es sich wie Stunden an. Ihre Hand fuhr nach oben und griff nach der Gurgel von einem der Soldaten. Sie mobilisierte ihre Kräfte und drückte ihm den Kehlkopf zu, spürte, wie der Knorpel unter ihren Händen nachgab und buchstäblich zu Brei wurde, woraufhin er sofort nach unten sackte. Bis zu diesem Moment hatte noch niemand der anderen Anwesenden die Zeit gehabt zu reagieren. Sie schienen eben noch das Gesehene in ihren Hirnen zu verarbeiten. Eben bemerkte sie, wie Köpfe herum schnellten und Augen erstaunt aufgerissen wurden. Doch bevor die Männer aktiv werden konnten, hatte sie schon einen zweiten mit voller Wucht gegen die Wand geknallt. Der Kopf schlug mit unglaublicher Energie gegen den Beton und sie hörte, wie der Schädel brach und die Gehirnmasse ein flutschendes Geräusch von sich gab, als sie zerquetscht wurde und winzige Blutgefäße förmlich explodierten. In der Zwischenzeit war die Hand des dritten Soldaten an den Griff seiner Waffe gefahren, doch auch hier kam sie zuvor, schlug ihm den Ellbogen ins Gesicht, griff nach dem Sturmgewehr, das noch an dessen Schulter hing und richtete es auf den letzten. Die Kugel drang seitlich an der Nasenwurzel ein und zerfetzte alles, was sich dahinter befand, bevor sie in der Wand dahinter stecken blieb. Der Schuss war so laut, dass er in ihren Ohren dröhnte und durch ihre Sensibilität wurde der Laut umso unerträglicher in ihrem Innern verstärkt. Doch sie ließ sich keinen Augenblick davon ablenken. Jenny riss den Tragegurt los, verpasste einem der Labortypen einen Tritt in den Magen und rannte zur Tür hinaus, wo sie dem langen Flur folgte. Wie in Trance beschritt sie instinktiv den Weg, richtete die Mündung der Waffe auf eine hagere Frau, die den Eingang der Forschungsabteilung kontrollierte und die ihr daraufhin das breite Tor öffnete. Sie hörte trappelnde Geräusche, laute Schläge und alle schienen aus der Wand zu kommen, die die Schallwellen von weit her zu ihr trugen. Sie wusste, dass sich die Soldaten sammelten, um ihr zu folgen, doch die Panik und Angst um ihr Leben, die sie normalerweise in so einer Situation verspürt hätte, blieb gänzlich aus. Sie passierte unbehelligt die Korridore und erst, als sie im Aufzug war, hörte sie draußen in den Fluren den Alarm losgehen. Urplötzlich hielt der Fahrstuhl, das Licht fiel aus und sprang auf Notbeleuchtung um. Jenny federte die Bewegung mit ihren Knien ab und brauchte kurz, um sich klar zu werden, was eben passiert war. Doch sie wusste sofort, wie sie weiter vorzugehen hatte. Geistesgegenwärtig, und mit Hilfe ihrer schier unermesslichen Kraft, stemmte sie die Fahrstuhltüren auseinander und konnte sehen, dass sie auf halber Höhe ihr Ziel erreicht hatte. Der Spalt offenbarte ihr auf Augenhöhe den Fußboden, der sie zum rettenden Ausgang führen würde. Sie nahm leicht Anlauf, winkelte ihre Beine an und katapultierte sich in die schmale Öffnung, wo sie mit Mühe Halt fand und sich durch zog. In dem schmalen Eingangsbereich leuchtete nur das grüne Schild, das den Notausgang markierte. Sie zog an dem Hebel,  der den hydraulischen Vorgang in Bewegung setzte und sie in die Freiheit entließ. Während sie der strahlenden Sonne entgegen rannte, fasste sie einen Entschluss: Niemand würde je von ihren absonderlichen Fähigkeiten erfahren.

 

***

 

Toni blickte auf die Menschen, die sich um den Laster scharrten, auf dessen Ladefläche er stand. Stolz erfüllte seine Brust, als er ihre eifrigen Gesichter sah. Obwohl Frank vor nur wenigen Tagen mit seiner Gruppe zu seinem Dorf gestoßen war, hatte er eindeutig die Oberhand als Anführer erhalten und genoss einen gehörigen Respekt. Und das war auch gut so. Ohne den und der bedingungslosen Loyalität seiner alten Gruppe war es unmöglich, eine so große Gemeinschaft friedlich unter einen Hut zu bringen.

Weiter hinten sah er Alex, die teilnahmslos und mit verschränkten Armen da stand und wartete, dass er anfing zu sprechen. Er konnte sehen, dass sie wieder geweint hatte. Kein Wunder. Auch er war mit Trauer erfüllt. Alex beste Freundin und gleichzeitig eine seiner besten Soldatinnen im Kampf gegen die untoten Mistschweine und aller lebendigen Gefahren, Jenny, war vor zwei Tagen gestorben. Gebissen von einem Zombie und mit letzter Kraft hatte sie ihn und seine Leute aus diesem grässlichen Bunker befreit und die restlichen Minuten ihres Lebens für sie geopfert, um die Soldaten dieser geheimen Söldnertruppe, oder was auch immer sie waren, abzulenken und ihnen selbst so die Flucht gelingen zu lassen. Ihr verdankte er sein Leben und diese Bastarde aus dem Bunker schuldeten ihr das ihre.

Und er wollte seinen Schmerz mindern, auf die einzige Art, die er kannte: Rache. Doch die musste er geschickt verpacken. Kein Mensch würde sein, nun umso kostbareres, Leben opfern, um der blinden Wut anderer nachzugehen.

„Wie ihr alle wisst machen wir uns heute auf den Weg, um einer weiteren Vorratsquelle auf den Grund zu gehen.“

Seine Stimme hallte über die Köpfe der Menge hinweg, doch er sah, wie jeder einzige seine Worte  in sich aufsog.

„Der Bunker ist nicht wie die, die wir aus Science-Fiction-Filmen kennen. Er ist nicht leicht zu finden, aber dafür umso leichter zu knacken. Hochmoderne Zugangsapparaturen und Abwehrmechanismen gibt es nicht. Das größte Problem vor Ort werden die Soldaten aus Fleisch und Blut sein, die die Anlage bewachen. Sie sind gut ausgebildet und ich kann ihre Anzahl nicht annähernd einschätzen, doch mit unserer Bewaffnung, Mannstärke und dem Überraschungsmoment in unserem Rücken, werden wir mit ihnen leichtes Spiel haben.“

Er sah, dass seine Rede langsam Wirkung zeigte und Entschlossenheit in die Gesichter der Kämpfer stieg.

Derartiges hatte er schon als Junge gut gekonnt. Andere zu seinen Vorhaben anzustiften, sie in Schwierigkeiten zu bringen und sie alles für ihn ausbaden lassen.

„Außerdem habt ihr sicher schon von den Gerüchten gehört, die hier kursieren: Angeblich haben die Wissenschaftler dort unten an einem Heilmittel für diese Katastrophe gearbeitet.“

Ein Raunen ging durch die Menge und wurde nach einer Handbewegung Tonis durch erwartungsvolles Schweigen ersetzt.

„Deswegen gilt: Wenn es geht, lasst die Wissenschaftler am Leben, tötet nur die Soldaten. Soweit ich gesehen habe, sind alle anderen Mitarbeiter unbewaffnet und somit nur bedingt für uns gefährlich. Wir werden versuchen von ihnen alle Infos zu erhalten, die wir bekommen können. Wenn es ein Heilmittel oder einen Impfstoff gibt, werden wir ihn in die Finger bekommen!“

Zustimmende Rufe bestätigten seinen Erfolg. Jetzt konnte es los gehen. Er wollte eben die Leute dazu aufrufen, ihre Sachen zu packen, um loszufahren, als ein Ruf von der Wache am Tor erschallte.

„Jemand kommt ans Haupttor“, brüllte eine Frauenstimme. „Noch fünfzig Meter.“

Toni sah, wie Dana, die Wache hatte, das Jagdgewehr hob und durch das Visier spähte. Er rannte zu ihr hin, nahm Anlauf und schwang sich auf die Plattform, die sie schon vor Monaten gebaut hatten.

„Es ist eine Frau“, sagte Dana nun etwas leiser und ließ die Person nicht aus den Augen. Hinter ihnen hatte sich das halbe Dorf auf der Straße versammelt. Toni nahm das Fernglas von der Ablage und schaute hindurch, während Dana neben ihm scharf die Luft einsog.

„Toni!“ Ihre Stimme zitterte leicht. „Toni, ist das Jenny?“

„Jenny ist tot“, sagte Toni unwirsch und stellte die Schärfe richtig ein.

Wahrscheinlich sah Dana schon Gespenster. Auch sie hatte in den letzten Monaten viel durch gemacht.

„Ich weiß“, meinte sie mürrisch. „Aber ich könnte schwören, dass sie eben genauso ausgesehen hatte.“

Endlich hatte auch er die Frau im Blickfeld und fixierte sie. Dana hatte Recht. Sie sah Jenny verdammt ähnlich. Aber sie alle wussten, dass das nicht sein konnte. Selbst wenn Jenny den Zombiebiss so lange überlebt hätte, was unmöglich war, war sie sicherlich im Kugelhagel der Soldaten gestorben. Sie konnte dort unten nicht überlebt haben, dessen war er sich sicher. Aber dennoch…

Er beobachtete, wie die blonde Frau im gleichmäßigen Laufschritt auf sie zukam. Ihre Bewegungen waren abrupt und grobschlächtig, aber dennoch die einer Frau. Durch das Auf und Ab ihrer federnden Schritte geriet ihr Gesicht immer wieder aus dem Fokus des Fernglases und er hatte Mühe, sie immer wieder einzufangen. Er drehte die Schärfe zurück, um sie ganz vor die Linse zu bekommen. Danas Verdacht wurde weiter unterstrichen, als er die plumpen Arbeitsstiefel sah, die auch Jenny immer getragen hatte. Die schwarze Jeans und die langen, leicht gewellten Haare, die sich ihren Bewegungen angepasst hatten, alles sah nach ihr aus. Nur ihre, für sie so typische, Jacke mit der Daunenweste darüber fehlte. Konnte das noch Zufall sein? War es eine Halluzination? Reines Wunschdenken? Doch auch Dana hatte die Ähnlichkeit längst bemerkt. Endlich war sie näher gekommen und nun gab es keine Zweifel mehr: es war Jenny.

Sein Mund war trocken und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. „Dana, geh und hol Chris und Markus!“

Er versuchte sich nicht von Danas Aufregung anstecken zu lassen und hob zögerlich die Hand zu einem Gruß, der sofort erwidert wurde.

„Öffnet das Tor“, befahl er, als er beobachtete, wie die vermeintliche Jenny im Vorbeilaufen einem Zombie zu Fall brachte.

Was wohl Chris sagen würde, wenn seine, nun zum zweiten Mal, totgeglaubte Schwester abermals vor ihrem Tor auftauchte. Dennoch sagte sein Verstand ihm noch immer, dass das, was er da sah, nicht real sein konnte.

Die letzten Meter lief er ihr entgegen und nun waren jegliche Zweifel wie ausgelöscht: Sie war es. Jenny lebte. Gleichzeitig bestätigte es ihm, was er schon geahnt, jedoch nicht für möglich gehalten hatte. Sie musste ein Heilmittel bekommen haben. Das war die einzige Erklärung. Verwunderlich nur, dass diese Bunkertypen sie hatten laufen lassen. War sie geflohen?

Jenny hatte ihn erreicht und er schloss sie in die Arme. Schon auf den ersten Blick sah er, dass sie sich verändert hatte. Ihre Arme und ihr Hals waren sehnig und muskulös, ihr Gesicht wirkte emotionslos und markant und ihre Augen verstrahlten eine unheimliche, markerschütternde Kälte, die man so nicht von ihr kannte. Doch das konnte man ihr schlecht übel nehmen. Dies war die zweite Gefangenschaft innerhalb weniger Wochen. Jede noch so starke Persönlichkeit musste irgendwann daran zerbrechen. Er fühlte ihre kühle Haut und roch den Schweiß auf ihrer Haut. Unwillkürlich musste er sich schütteln. Alles an ihr, schien um eine Nuance anders zu sein.

Markus, sein Bruder, hatte sie zuerst erreicht, schob ihn beiseite und nahm sie seinerseits in den Arm. Er bedeckte sie mit Küssen, doch Toni bemerkte, dass Jenny zwar auf Markus reagierte, aber die eisige Kälte, die sie wie ein Spinnennetz umwob, blieb. Ihre Augen huschten umher und ließen die Umgebung nicht aus den Augen. Einzig, als Chris auftauchte, trat ein vorsichtiger Funken an Stelle der Leere und ließ sie für einen Augenblick wieder menschlich wirken. Wie früher.

Impressum

Texte: Anne Reef
Bildmaterialien: Cover: LynMara
Tag der Veröffentlichung: 12.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Leser, die mich bei Band 1 so wunderbar unterstützt haben! Danke!

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