Innhuman?
Der Wunsch nach Humanität
ist ein rastloser Nomade meiner inneren
Lebensquelle,
doch oft
verschleiern
Tränen die menschlichen Augen der Welt
und die Kummerfalten,
die tiefen Furchen der Wahrheit
opfern sich
wenn ich in meiner Verlorenheit
herumstreifen.
Ich sende dann Boten der Barmherzigkeit aus,
begrüße oft die junge Hand der Lebensfreude und Zuversicht
und habe wieder Hoffnung.
Alfonso C. Fabbri April 2005
Tugend-Mischepoche
Hinter der zu engen Stirn der Spätneandertaler
im Patriotismusrausch
und ethnisch-nationalen Wunsch
brodelt der Volkszorn.
In der Muttersprache verhaftet
Grunzen sie ihre Ur-laute
wenn sie nicht verstanden werden.
„Wir sind deutsch“!
Von neudeutscher Polemik verführt,
stehen die Jünger der Leichtlebigkeit
und Spaßgesellschaft
am Tellerrand und löffeln
die eigene dünn gewordene Suppe aus und
glauben,
„Wir sind die neue deutsche Mitte“!
Die Trostsucher
betreten andächtig ihre Hosiannaschuppen
und besingen die neo-pseudo- germanische Heiligkeit.
Die weltlichen Laster, Unzucht, Völlerei und Gier
werden durch die Beichte vergeben, der Glorienschein
ist zum blenden der Schäfchen aufpoliert.
„Wir sind Papst“!
Großstadtnacht
Betrunken durch Tränenperlen
Spürt die Nacht Schwermut.
Mensch wo bist du
Schreit eine Stimme
In den leeren Straßen
Und der Mond hat sich hinter einer Wolke
Versteckt.
Auf nassen Asphalt
Spiegelt sich die Monotonie der Nacht,
und hier und da bettelt die stille Einsamkeit um Zuneigung
Laternen, gebeugt von der Last Alltäglichkeit
Zeigen sich im fallen Licht ihrer Traurigkeit.
In den Gassen, weitab vom Nabel der Welt
Ist die Stille zuhause,
die Glasaugen haben ihre Lider geschlossen
und träumen von der Vorzeit.
Bachtalo drom !
Ich wünsche dir einen glücklichen Weg!
Bruder und Schwester Mensch, wenn sich unsere Wege kreuzen, an irgendeiner Lebenskreuzung,
haltet ein und lasst uns Höflichkeiten austauschen und Ehrfurcht,
nicht Missachtung
vor uns bekunden
„Bachtalo drom!“
Ich wünsche dir einen glücklichen Weg!
Bruder und Schwester Mensch
Lasst uns tolerant gegenüber treten
und jede auf seine eigene Weise glücklich werden.
Denn oft ist des einen Überheblichkeit
des anderen Leiden.
„Bachtalo drom!“
Ich wünsche dir einen glücklichen Weg!
Bruder und Schwester Mensch
stellt euch nie in eurer Eitelkeit über die anderen,
denn eure Lebensspur hinterlässt dann nichts,
was eure Kinder später mit Stolz erfüllen könnte.
„Bachtalo drom!“
Ich wünsche dir immer Glück bei der Suche nach deinem Weg!
Das Bild
Ich stehe vor ein Bild der
Käthe Kollwitz,
spüre auf einmal in mir das Leiden,
sehe das Elend spüre die Not
sehe die Arbeiterfrauen meiner Geschichte,
höre den Aufschrei gegen die Unmenschlichkeit,
sehe die ausgestreckte Hand
und denke ihre Worte „ Nie wieder Krieg“
Ich fühle die Ängste der werden Mutter
Erkenne in mir ihre Sorge
Und klage mit ihr das Elend der Zeit ihrer Zeit an.
Ich sehe die langen Schlangen vor Wohlfahrtsküchen,
denke an die Arbeitslosen
von Gestern und Heute,
halte mir meine Kindheit vor Augen
und spüre wie die alte Wut
gekrochen kommt!
Die gepflegten Tage der Woche...
haben schon lange ihre eigenen Antagonismen
Ruinengleich
Ohne Bekriegung kommen wohl auch die gepflegten Tage
nicht mehr aus
Fett gedruckt wie die Jahreszahl auf meinen Kalenderblatt
lese ich die
Worte
betreten verboten
Doch was soll ich machen
Werktags freue ich mich noch auf meine gepflegten Tage
nun aber soll ich kein Zutritt mehr haben.
zenesüchtig
immer am big round up
der eitelkeit teil
nehmen,
um das eigene spiegelbild
zu belügen.
jedes gesprochene wort
ist dort in sich schon zweifel.
hervor gehobenes
enttarnt sich als
alltägliches.
wünsche brauchen ihre zeit -
nur träume haben es eilig
und entlarven sich im stimmengewirr der vielfalt,
oft als die
bunten seifenblasen ihrer zeit.
Babystrich
Teenyärsche
im Nuttenoutfit.
Stöckelschuhe
so Dünn und spitz
wie der Telemichel -
perforieren
Nacht für Nacht
den noch sonnenwarmen
Asphalt.
Rauf und runter,
von Koberplatz zu Koberplatz.
Die Straße ist schon
ihren Armen angepaßt.
Einsticht neben einsticht -
kaum ein Stück Haut,
daß noch nicht
von der Nadel
vergewaltigt wurde,
genau wie ihre Körper,
an denen sich die
Gutbürgerlichkeit
vergeht -
Nacht für Nacht -
Stich um Stich -
Seele für Seele.
Der alltägliche Irrsinn
ist vorgegeben
in den
wirren Kneipenaugenblicken.
Selbstgespräche
mit der eigenen
Bierpfützenfratze,
die Flasche
nur noch Krücke
der täglichen Angst.
Der Kater
sitzt als Rettungsschwimmer tatenlos
am Glasrand
und läßt weiße Mäuse
durch Rauchringe
springen.
Nur ein paar Worte
Ich fragte ihren Mund, der gerade Sekt und Austern schlürfte,
ob ich ein paar Worte bei ihr abonnieren dürfte.
Sie sah mich so von oben herab an,
und dann,-
hörte ich
wenn Sie ein besserer Herr
und gut betucht,
sonst aber wäre alles ausgebucht.
Aber sie hätte eine Freundin,
mit Rotgefärbten Haar,
die habe noch ein paar
minderwertige Worte da.
Die sind zwar nicht mehr ganz
jung und frisch
und man verkauft sie nur noch
unterm Ladentisch,
dafür sind sie aber schön, obszön!
Der Zufall
Nachts-am Tresen der kleinen Bierkneipe
sah ich sie zum ersten Mal.
Sie hatte diesen Funken
Großstadthunger in den Augen.
Ihre Beine hatte sie
übereinandergeschlagen,
und sie tat so
als langweilte sie sich.
Doch ich ahnte,
jeder Nerv in ihr
war sensibel genug,
um zu reagieren.
In mir spürte ich
die Unruhe eines Jünglings
und mir wurde auf einmal klar,
ich stand auf übereinandergeschlagenen
Beine
und der versteckten Erotik
in dieser typisch
weibliche Sitzhaltung.
Als unsere Blicke sich trafen,
und wir die sprachliche Distanz
zwischen uns aufhoben,
wußte ich,
diese Nacht wird nicht so einsam bleiben, wie sie angefangen hatte.
Tür an Tür...
mit der stummen Ängstlichkeit
Graue Lederwolken beschatten frisch gestrichene Fenster.
Hier und dort
zaghaftes Fragen,
scheu zittern die barocken Türen,
in der Angst ihr knarren könnte sie verraten.
Das neue Nebenan hört leise Bach und wirkt verschwiegen intellektuell.
„Verdacht-verdächtig“
Schreien die Etagen,
in denen es frisch gebohnert riecht.
Hinter alten Türen
Eeu de Cologne gestraffte Gesichter,
mit frisch gezogenem Wasserscheitel,
pedantisch darauf bedacht
in die für sie
zugeschnittene Unterordnung zu leben.
Die Gescheiterten
Finger, die über Klaviertasten
tanzen.
Nachtbarklänge die
für sprachlos gewordene Träume
die Hintergründe suchen.
„Blue Moon - Blue Moon“
summen auf Barhockern die Nachtwandler
der Einsamkeit alkoholbetäubt.
Wie jede Nacht
sind sie ihren Großstadtzellen entflohen
und später
auf dem Heimweg
suchen sie die Spiegelbilder der Angst
in den Asphaltpfützen
ihrer Trinkertränen
und erkennen,
daß sie wieder einmal
gescheitert sind.
Wie so oft...
wenn Hafenlärm
das schwarzweiß
der nacht am Horizont
in Farben taucht
und die Kräne sich
im Zauber des Lichtermeer’s
wie von Geisterhand
bewegen
nehme ich wie so oft,
Abschied
vom tiefenSchmerz
meines Fernweh’s
und jedes Schiff
das sich nebelhorngewaltig
ausflaggt
und bei Schulau
von meiner Wahlheimatstadt
Aufwidersehen
gesagt bekommt,
hat wünsche von mir
in die Heuerrolle
eingetragen bekommen.
„ALL ZEIT GUTE FAHRT
UND IMMER EINE HANDBREIT
WASSER UNTERM KIEL“
Die Meile (Reeperbahn)
Am Abend...
kommen sie immer wieder,
diese “Mach mir den Hengst“
Typen
mit veredelter Vorstadtgeldbörse
und der verkorksten Moral
aller Kleinbürger.
Diese unbefriedigten
Hanseatengatinnen,
mit ihren
sprecht mich nicht an
Elbvorortgesicht.
Die Spieler, Abenteurer und Luden
in ihren verchromten
Minderwertigkeitsgefühlen,
und ihren Damen,-
die nur Nachts,
für harte Währung
Damen sein dürfen.
Es tummeln sich unterm
Neonhimmel
der Halbweltträume,
Freier die sich einsam fühlen,
Sehleute, mit großen
erstaunten Augen
und solche
die von der Eitelkeit getrieben
einfach nur gesehen werden wollen.
Die allabendlichen Möchtegern
Abenteurer
der Amüsiersucht,
werden all von der gleichen
unheimlichen Kraft der Lebensangst, „Etwas versäumen zu können“ durch die Nächte gejagt.
Trugschluß
Heute , -
in den Neonnächten
meines Singelbardaseins
treffe ich sie oft,
die gealterten Nuttenblicke
mit Atem
der nach Intimspray richt.
Nur ab und zu ,
am Wochenende
klammert sich die Stille,
junge fast noch unschuldige
Melancholie
an einem Cocktailglas
Pink Daiquiri
und sucht ihren Prinzen
im turbobraunen
Rollexgrinsen
und in denen von Tränensäcken
belasteten Trinkeraugen
der Lebemänner.
Irgendwann,
viel später, sehe ich sie dann wieder,-
Ecke Davidstraße-Kastanienallee
an ihrem Koberplatz stehen!
Sie wartet auf Freier,
und nicht mehr auf ihren Prinzen!
Die Mac Donalds Jünger...
der Fast Foot Generation,
predigen auf Gedeih und Verderben
ihre schnelle Plastik
und
Tiefkühlreligion.
Das dummdreiste Lächeln
eines blondgermanischen Medienmenschen
sollte uns auf die Sprünge helfen.
Die Bibel der schnellen
Esskultur
lehrt uns,daß Freizeit
und der Amerikan Way of Live
ihren Preis haben.
Große Freiheit
Gleich unten,
an der Ecke, Große Freiheit,
Schmucksraße,
im Märchenwald der
Neonlampen,
neben den Hallelujaschuppen
des Vatikans
stehen abends,
wenn der Kunsthimmel
hell erleuchtet ist,
die Easy-Going-Girl’s
in ihren
erstarrten Farbmasken
der Unkenntlichkeit
und warten auf Freier.
Abend für Abend, Nacht für Nacht gefangen in den eigenen Alpträumen, bis das Alter sie auf die Straße der Realität kotzt und sie keiner mehr haben will.
Bierkneipe
Banalitäten im Bierschaum
ertränkt,-
gute Miene zur Unverfrorenheit
gemacht.
Das zwanzig Groschen Gebräu
über die Zunge geschüttet,
um mir ein wenig Nebel
ins Hirn zu jagen.
Das Ich abgelegt,- nur noch Maske sein im großen Welttheater der Biertresen.
Das Nebenan ertränkt Alpträume um sich nicht mehr an sie erinnern zu müssen.
Die letzte Zuflucht
In der Mitte,
von Hamburgs Sündenmeile
wird der Hamburger Berg
bestiegen
oder die dort
vor ihren Steigen stehenden Huren.
Dort prügeln sich täglich
die Gegensätze,
die ungewollt aufeinander
prallen.
Oben an der Ecke,
im hanseatisch noblen
Spielcasino,
rollt Tag und Nacht
hoffnungsvoll
die Kugel und der Rubel.
Unten im Honkakeller geht nichts mehr! „ri’n ne v’a plus!“
Flaschengeistabhängige,
Penner,
Weltenbummler,
die gestrandet,
Nutten, die keiner mehr haben will
und Fixer
mit aschgrauen
Rattenkellergesichtern
haben dort
oder im Goldenen Handschuh
ihre letzte Zuflucht.
der augen-blick
von dir
trägt die nasse trauer
in den Wimpern.
den die alltäglich gewordene
verlogenheit
betört
auch schon die lyrik
der Großweltträumer.
Leuchttürme
Bebende Brust,
unzähmbar
ist das Betteln nach Freiheit
in mir!
Sei barmherzig
befreie den Sklave.
Einen Augenblick nur,
schon spüre ich
die leere der lebenden
Welt
und reite auf Wellen
der angeborenen Kinderangst
zum Echo,
damit der Hammer Thorns
diese Welt nicht mehr zum
beben bringt.
Die verlorene Träne
im Auge der Menschheit
ist heute Herrin über Träumer.
Friedenstauben,- still
geworden,
gurren nur noch leise Seufzer
von grünen Dächern.
Zahm ist die Welt
nur noch auf Papier,-
schlaflos ist die Unrast,sucht Leuchttürme am Horizont
der Stunden,
die auf Sturm stehen.
Gesichter,
in Schmerz und Leid
verzerrt.
Das befreite Lachen
der Freude
in der tiefen Dunkelheit
der Angst begraben.
Die Augen geschlossen,
um die Not der Welt
nicht sehen zu müssen.
Wortlos die Seele foltern lassen,
und kein Schrei
flieht über Lippen,
weil die innere Trägheit
wie ein Knebel ist.
Das fremdgewordene
Nebenan
fragt nicht,
ob das katalogisierte Leben
einen Notausgang hat.
kriegsausbruch und die menschliche zwiespalt
die angstträume
der langen dunklen nächte
rauben mir meinen
schlaf der gerechten.
oder
die berechtigten
schuldangsttäume
der vorwurfsvollen
Nächte
rauben mir
gerechterweise
den schlaf.
wenn wir die zeichen
doch nur lesen könnten
und das spiel der spiele
begreifen würden.
wenn wir die wünsche
in uns
doch ausleben
und dabei die regeln
verletzen dürften,
würden wir uns vielleicht
als mensch begreifen lernen.
Texte: Alfons Czeskleba Neuaufgelegte kurzprosa 2008-2009
Tag der Veröffentlichung: 27.10.2008
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Texte, die 64 Jahre Leben geschrieben haben!