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Elf Tage nach Pfingsten, immer am Donnerstag, feiert die katholische Kirche das Fest Fronleichnam. An diesem Tag wird der Leib des Herrn verehrt. Feierliche Prozessionen ziehen durch die Straßen, besser gesagt, zogen durch die Straßen, denn heute kennt man diese Tradition nur noch in kleinem Rahmen in unmittelbarer Nähe katholischer Kirchen, es sei denn, man wohnt in Bayern. Dort werden diese Bräuche noch hochgehalten.
Ansonsten ist dieses Fest als verlängertes Wochenende willkommen oder verkommen, je nachdem wie man es betrachtet.
Als Kind erlebte ich diesen Tag besonders feierlich. Am frühen Morgen streuten wir Kinder,unter Vaters Anleitung Blütenblätter auf den Bürgersteig vor unserem Haus. Dazu wurden am Vortag Blumen aus dem Garten gepflückt und die Blüten nach Farben geordnet und gezupft.

Das Fenster neben der Haustüre wurde zu einem Altar gestaltet, in dessen Mitte ein großes Holzkreuz stand.
Rechts und links geschmückt mit brennenden, dicken weißen Kerzen und gleichfarbenen Blumentöpfen. Meist waren es üppige, rosa, blaue oder weiße Hortensien.

Vor dem Haus saß meine Urgroßmutter, die nicht mehr gehen konnte, auf einem Stuhl und hatte meine kleine Schwester auf dem Schoß. Beide waren festlich gekleidet und frisiert. Die Urgroßmutter betete den Rosenkranz und die kleine Schwester Hiltrud, sie mag etwa zwei Jahre alt gewesen sein, verhielt sich mucksmäuschenstill.

Ich zog mein weißes Kommunionkleid an und im gelockten Haar trug ich einen Blütenkranz.
Bis auf meine Mutter, die zu Hause blieb, gingen wir nun alle zur Kirche. Hier nahmen wir an einem festlichen Gottesdienst teil und danach begann die Prozession, zu der wir uns nach genauen Regeln vor der Kirche aufstellten.
Zuerst kamen die Messdiener in ihren festlichsten Gewändern und schwangen die Weihrauchgefäße, danach vier Männer, die den „Himmel“ trugen. Vier Pfosten wurden von einem goldfarbenen, kunstvoll bestickten Tuch überspannt, wie ein Baldachin. Darunter ging, mit festlichen Messkleidern gewandet, der Pfarrer. In den Händen trug er vor sich, hoch erhoben eine Monstranz, ein aus Gold gearbeitetes Gefäß mit einem Glasbehälter, in welchem eine große Hostie zu sehen war.

Das Wort Monstranz kommt aus dem Begriff „demonstrieren“. Alle Gläubigen sollten den Leib des Herrn, dargestellt durch das „eucharistische Brot“, anschauen können, da es im Mittelalter nicht für alle Frommen möglich war, die Kommunion zu empfangen.
Die erste Fronleichnamsprozession wurde im Jahre 1246 in Köln urkundlich erwähnt.

Rechts und links vom Pfarrer gingen die Kapläne und hielten manchmal stützend seine Arme, denn die Monstranz war schwer und der Weg weit.
Hinter dieser Gruppe ordnete sich der Zug der Gläubigen. Die „weißen Kinder“, die kurz zuvor, am Weißen Sonntag, zur Erstkommunion gegangen waren und von ihren LehrerInnen angeführt wurden. Sie trugen ihre Festkleidung und die Mädchen kleine Blumensträuße in den Händen. Danach gingen die Lehrer mit ihren Schulklassen, alle geordnet, immer zwei und zwei nebeneinander. Es folgte eine Blaskapelle, die die Bitt- und Lobgesänge begleitete, dann die Männer und zum Schluss die Frauen des Ortes, vor ihnen gingen alle Ordensschwestern des Klosters aus unserem Ort. Zwischendurch trugen, hoch erhoben, Fahnenträger aller christlichen Vereine ihre jeweiligen Fahnen.Die Schützenvereine in ihren entsprechenden Anzügen, Pfadfinder in ihrer Tracht. Der Kirchenchor stimmte die Lieder an und alle beteten und sangen.
Vor jeder Gruppe ging ein Vorbeter, der einen langen Stock mit einem oben befestigten kleinen Kreuz trug. Er hatte eine laute Stimme und hob zum Anfang des Gebetes den Stock in die Höhe, damit die Nachfolgenden sahen, wenn ein weiteres Gebet oder Lied angestimmt wurde. Die Anfänge der Gebete rief er ganz besonders laut und lang gezogen: Geeegrüßet seist du, Maria…….
So wurden Rosenkränze und Litaneien gebetet und Kirchenlieder gesungen.

Der Zug war lang und die Sonne brannte heiß. Einige Kinder fielen in Ohnmacht. Ich kann mich nur erinnern, dass es an diesem Tag in jedem Jahr stets heiß und sonnig war.
Trotzdem war es ein Erlebnis, an dieser Prozession teilzunehmen. Die Straßen waren wunderschön geschmückt, Fahnen wehten, Blütenteppiche bedeckten die Wegstrecke, viele Hausaltäre waren liebevoll gestaltet, Blumengirlanden und Fahnen wehten sanft im Wind.

In den vier Himmelrichtungen des Ortes hatten viele Helfer erhöhte Altäre errichtet. Hier verhielten die Gläubigen und der Pfarrer zum Gebet und Segen mit der Monstranz.
Der Verlauf der Prozession durch den ganzen Ort dauerte fast zwei Stunden und endete mit einem feierlichen Einzug in die Kirche und dem Schlusssegen.

In den Zentren der Städte wurden an diesem Tag die Hauptstraßen gesperrt und alle, zur Innenstadt gehörenden Pfarren, beteiligten sich an einer nicht enden wollenden Prozession.
Tausende Menschen standen am Weg und beteten und sangen und knieten nieder und bekreuzigten sich, wenn der Pfarrer mit der Monstranz an ihnen vorüberging.

Heute sind derartige Glaubensbekenntnisse nur zu besonderen Anlässen zu sehen, etwa zu den Kirchentagen der beiden christlichen Konfessionen oder zum Weltjugendtag. Die Prachtentfaltung und perfekte Initiierung von religiösen Festen, die gerade die katholische Kirche bietet, hat sicher auch ihre Kritiker. Aber ich finde, dass zum religiösen Empfinden auch die Sinne angesprochen sein sollten.

Besonders hatte mich im April des Jahres 2005 das Auferstehungsfest zu Ehren des verstorbenen Papstes, Johannes Paul II. berührt. In seiner Schlichtheit und Würde war es auch für nicht katholische Anhänger eine eindrucksvolle Zeremonie

Häufig wird das Argument vorgebracht, die Kirche sei nicht mehr zeitgemäß und gäbe, besonders für junge Menschen, keine Anreize und Glaubwürdigkeit.
Vom 16.8. bis 21.8.2005 fand in Köln der 20. Weltjugendtag der katholischen Kirche statt.
Eine Million junger Menschen aus der ganzen Welt kamen, um mit dem neuen Papst, Benedikt XVI., diese Tage zu feiern. Der deutsche Papst, der erst seit April 2005 im Amt war, konnte trotz seiner 78 Jahre die Jugend begeistern und ich sah dieses Ereignis als ein hoffnungsvolles Zeichen, dass diese Welt noch nicht für alle christlichen Werte unempfänglich zu sein scheint.

In manchen Dingen zeigt die katholische Weltkirche strenge Ansichten .Gleichwohl sehen heute besonders viele junge Menschen hier eine Richtschnur für ihr Leben. Diese Welt hat so viele Werte verloren und erweist sich häufig nur noch oberflächlich und egozentrisch.

In diesen Tagen der Begegnungen der Jugend aus allen Erdteilen, gaben die Teilnehmer ein Bild des Friedens und der Freude.
Ein Zeichen der Hoffnung in dieser zerrissenen Welt!


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Texte: by Annelie Heyer
Bildmaterialien: Wikipedia
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2012

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