Sie lag am Rande des kleinen Wasserbeckens und ihr war heiß, wie immer.
Trübe plätscherte der Tag so vor sich hin.
Meist lag die Bärin auf dem glatten Beton und schlief.
Wenn sie wach wurde, lief sie ruhelos hin und her. Zu tun gab es nichts, das Fressen wurde ihr gebracht, danach sprang sie in das Becken, planschte ein wenig unlustig hin und her, erkletterte den Felsen ihres Geheges und lag wieder stundenlang dösend in der immer zu heißen Luft.
Die Wesen, die da am Rand ihres Umfeldes standen, nahm sie schon gar nicht mehr wahr.
Früher einmal waren sie ihr ausschließlich lästig vorgekommen. Sie wurde angestarrt und gelegentlich starrte sie zurück. Die kleinen dieser Wesen konnten ihr mit ihren Rufen und Schreien nur selten eine Reaktion entlocken.
Am besten, man knurrte ein bisschen und riss den Rachen zum Gähnen auf. Dann schrieen sie aber noch lauter und brachten damit noch mehr dieser Appetithappen in ihre Nähe.
Nichts, aber auch gar nichts konnte, sie mit ihnen anfangen. Irgendwo, wenn der Wind günstig stand, war da ein Geruch, der ihr sagte, wenn sie denn Hunger hätte, könnte man diese lauten, wohlgenährten Artgenossen gewisslich verwerten können.
In ihren langen Träumen erschien es ihr manchmal, als sei sie hier nicht am richtigen Ort.
Wie kam es nur, dass sie immer wieder riesige, eisige, weiße Berge und Täler sah, weite, schäumende Wasser, eiskalt und voller Nahrung.
Da schwamm sie tagelang und um sie herum waren andere Wasserbewohner, die ihr so schmackhaft in Geruch und Aussehen erschienen.
Dann kletterte sie auf eine Platte, die schwamm dann mit ihr immer weiter und sie konnte auf ihr ausruhen und die weiße Pracht um sie her betrachten.
Etwas, dass sie nie erlebt hatte, erwachte in ihr, der Hunger, ein bohrender, drängender Trieb, der erst ihren Bauch und dann ihr Hirn erreichte.
Ihn zu besänftigen galt es nun. Sie sprang wieder in das kalte Wasser, schwamm weiter und gelangte schließlich ans Ufer und hier, nach langem jagen gab es eine Beute, die mit nichts, was sie bisher kannte, zu vergleichen war: der Geschmack nach eigener Anstrengung und frischem Fleisch, das noch warm war und nach Salz und Meer duftete.
Solche Träume beschlichen sie in letzter Zeit immer häufiger und hatten wohl damit zu tun, dass sie wieder einmal trächtig war.
Das letzte Junge, es war nur eins gewesen, hatte sie einige Zeit aus ihrer Lethargie herausgerissen. Doch dann hatte der größer werdende Sohn sie ständig in Unruhe versetzt.
Zuletzt hatte man ihn weggenommen und das war ihr nur Recht gewesen.
Nun kamen Wehen, aber nicht zu schmerzhafte und plötzlich lagen dort drei winzige Geschöpfe vor ihr.
Eine dumpfe Ahnung beschlich die Bärin, dass ihre Zeit mit diesen Kleinen nur von kurzer Dauer sein würde.
Tief in ihren Gedanken fühlte sie, dass es immer so weitergehen würde, ein totlangweiliges Schleichen und Dämmern ohne Entrinnen.
Da blitzte ein mütterlicher Instinkt in ihr auf, etwas das ihr ureigener Instinkt ihr eingab: du musst deine Jungen beschützen vor allem, was sie bedroht und ihr Leben in Elend und Unnatürlichkeit versinken lässt.
So beugte sie sich nieder und biss blitzschnell und schmerzlos zwei ihrer Kleinen tot.
Das dritte entrissen ihr die Wärter und nahmen es in ihre Obhut.
Texte: by Annelie Heyer
Bildmaterialien: Cover - pixelio
Tag der Veröffentlichung: 08.01.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meinen sehr tierliebenden Enkelkinder - die aus ihren Gefühlen für alle Tiere heraus, seit Jahren nur noch vegetarisch essen.