Für manche mochte Benjamin Proch Freund, Bruder und Vertrauter sein, für mich war er der absolute Albtraum. Immer im Anzug und mit dieser furchtbaren Strenge im Gesicht. Doch am schlimmsten war, dass er für meinen Vater arbeitete, um sicherzustellen, dass ich mich meinen Studium widmete und nicht den vielen Partys. Gut, ich hatte es in meinen ersten zwei Semestern vielleicht ein wenig übertrieben, aber dass jetzt dieser Möchtegern-Bodyguard bei jedem Schritt nur zwei Meter von mir entfernt war, nervte ziemlich. Dabei sah der Kerl eher aus wie ein Bankmitarbeiter, als ein Security. Elender Spießer, der einem nicht den kleinsten Spaß gönnte. Und genau dieser Mann stand gerade vor mir, während ich mit brummendem Schädel langsam aufwachte, Fabians Arm um meine Hüfte geschlungen. Ich hatte es gestern tatsächlich geschafft, mich wegzuschleichen, in einem kleinen Moment der Unsicherheit. Doch Benjamin hatte mich aufgespürt und jetzt würde er meinem Vater erzählen, dass ich auf Männer stand, das einzige meiner Geheimnisse, dass er noch nicht kannte und dass ich so unbedingt vor ihm verheimlichen hatte wollen. Jetzt würde mein Vater mir jede finanzielle Unterstützung streichen und ich konnte sehen, wo ich blieb. Da wollte ich lieber noch zwei Jahre mit Benjamin überstehen.
„Noah. War es nicht eine ihrer Vorgaben, dass sie unter der Woche nicht mehr trinken?“, fragte mein Stalker und hätte ich mich annähernd dazu in der Lage gefühlt, wäre ich auf ihn losgegangen. Doch es waren wohl ein, zwei Vodka Red Bull zu viel gewesen gestern und jetzt schmerzten mein Kopf und mein Magen und am liebsten würde ich jetzt die Augen wieder schließen, mich an Fabian drücken und weiter schlafen. Das konnte ich jetzt natürlich vergessen.
„Ja.“, brumme ich und versuchte verzweifelt, meinen dröhnenden Kopf dazu zu bringen, eine Ausrede dafür zu finden, warum da ein nackter Mann neben mir lag.
„Dann halten sie sich daran, Noah. Und jetzt stehen sie auf, ihre Vorlesung beginnt in einer Stunde. Sie sollten noch duschen.“
„Hmpf.“, murmelte ich und fuhr mir übers Gesicht. Fabian neben mir regte sich, schlief aber weiter. Vorsichtig schob ich seinen Arm von meiner Mitte.
„Würdest du dich bitte umdrehen?“, fragte ich in Benjamins Richtung und er tat mir den Gefallen. So schnell wie möglich schlüpfte ich in meine Boxer und machte mich auf den Weg ins Bad. Mia stand in der Küche, bestimmt hatte sie Ben herein gelassen, ohne böse Absicht, mit Sicherheit, trotzdem war ich ihr böse. Im Bad überkam mich die Übelkeit, ich stolperte vor die Toilette, mein Magen verkrampfte sich und ich übergab mich. Die Hände waren weich, Finger strichen mir die Haare aus der Stirn, tupften mir das widerliche Zeug aus den Mundwinkeln und reichten mir schließlich ein Glas Wasser, mit denen ich mir den Mund ausspülen konnte. Das war wohl der erste Moment in den letzten Wochen, in denen ich dankbar war, dass sich jemand um mich kümmerte. Aber natürlich folgte die Moralpredigt.
„Noah. Ihr Vater will sie nicht bestrafen. Aber sie wissen, dass sie zwei Mal wegen Alkohol im Krankenhaus gelandet sind. Ein weiteres Mal wollen er und ich verhindern.“
Da stand er, in seinem tollen Anzug in dem unordentlichen WG Bad, passte genau so gut dort hin, wie ein Geheimagent auf einen Bauernhof, und sah mich mit diesem strengen, fürsorglichen Blick an. Moment, Fürsorge? Das war neu.
„Reg dich nicht auf, wir haben nur ein bisschen gezockt und getrunken. Davon landet man schon nicht auf der Intensivstation.“, stöhnte ich, mittlerweile vertraute ich darauf, dass mich meine Beine wieder trugen und erhob mich vorsichtig.
„Nun, um das zu verhindern bin ich ja da.“
Er reichte mir meine restliche Kleidung.
„Ziehen sie sich an, dann fahren wir zu ihrer Wohnung um zu Duschen. Beeilen sie sich, der Professor wartet nicht auf sie.“
Ich stöhnte. Der Mann war ohne Gnade. Also schlüpfte ich in meine Jeans und das schwarze T-Shirt und fuhr mir kurz im Spiegel durch das halblange, blonde Haar. Für die wenigen Schritte würde zu meinem zu Hause würde es reichen.
Benjamin ging vor mir zur Tür. Da tauchte Fabian im Flur auf. Vor lauter Übelkeit hatte ich ihn beinahe vergessen. Er sah süß aus, auch wenn sein rotes Haar verstrubbelt und sein Gesicht verschlafen war. Ich wollte auf ihn zu gehen, mich verabschieden, doch er wehrte ab.
„Is nicht, Dude. Nach einem One night stand braucht man ja nicht mehr so tun, als wäre man sich sympatisch, oder?“
One night stand? Verdammt.
Ich ließ mir meine Enttäuschung nicht anmerken, erstaunt über meine Schauspielkünste am frühen Morgen.
„Klar. War nett. Man sieht sich.“, sagte ich und hätte ihm dabei am liebsten vor die Füße gekotzt.
Benjamin wartete vor der offenen Wohnungstür auf mich, die Hände vor den Körper gefaltet. Kam viel sie hinter mir zu, ließ ich mich auf den Boden gleiten. Das tat weh.
„Erst spielt er den Kumpel, dann legt er einen flach und will einen danach nicht mehr kennen.“ Meine Hand knallte neben mir auf die Fließen. Mit Fabian hätte ich mir wirklich etwas ernstes vorstellen können.
„Er ist süß, stimmt schon, aber ein Arschloch.“, stellte Benjamin fest und mein Blick schnellte zu ihm hoch. Hatte er gerade etwas gesagt, dass nach Mensch und nicht nach Roboter klang?
„Und, verpetzt du mich jetzt meinem Vater?“
„Wegen Fabian? Was gibt es daran zu verpetzten. Dein Vater möchte nur, dass sie glücklich sind, Noah.“
Ja, genau. Und das Christkind gibt es wirklich. Ich rappelte mich hoch, ziemlich unelegant und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Es war erst acht Uhr morgens und trotzdem schon ein Scheißtag.
„Warum bildest du dir eigentlich ein, meinen Dad besser zu kennen als ich?“, knurrte ich. Ben war ein kleines Stückchen größer als ich, doch meine Wut machte mich gerade zum Riesen. Familie war ein wunder Punkt bei mir.
„Weil ich in ihm nicht immer nur den bösen Spaßverderber sehe, Noah.“, antwortete er.
„Du hast doch keine Ahnung davon, was Spaß ist.“, brüllte ich und rannte erstaunlich schnell die Treppen hinunter. Ich musste hier weg. Sofort.
Es waren gerade mal fünf Minuten bis zu meiner Wohnung. Ich duschte, zog frische Kleidung an und als ich aus dem Badezimmer kam, war Benjamin nirgends zu sehen. Ein Glück, dass er manchmal sogar ein Gefühl dafür hatte, wenn man seine Ruhe brauchte. Leider viel zu selten.
Ich ging tatsächlich in die Uni, brachte eine Vorlesung und zwei Seminare hinter mich, mehr schlechte als recht, aber es war besser, als sich mit meinem Beschützer herum schlagen zu müssen.
Der wartete wie zu erwarten auf dem Uniparkplatz auf mich, lehnte da an seinem Auto, mit Sonnenbrille und im dunkelroten Hemd. Und das bei der Hitze.
„Ich kann gerade noch selbst nach Hause fahren. Gibt so was wie U-Bahnen hier.“ Man, manchmal klang ich wie ein eingeschnappter Teenie. Aber bei diesem Mann konnte ich nicht anders.
„Da, wo wir hinfahren werden, nicht.“, antwortete Ben, und öffnete die Beifahrertür für mich. Ich blieb vor dem Wagen stehen.
„Und wo soll das sein?“, fragte ich skeptisch.
„Nun, ich werde ihnen jetzt zeigen, was Spaß ist.“, antwortete er und stieg ein. „Kommen sie, Noah.“
Was blieb mir für eine Wahl? Er würde mich am Ende doch überzeugen. Also ließ ich mich in den Sitz fallen und warf meine Tasche nach hinten. Minuten später waren wir auf der Autobahn, dann auf Landstraßen unterwegs. Es wurde immer ländlicher und ich war zwischenzeitlich eingeschlafen, bis wir an einem kleinen Fluß anhielten. Das Ruckeln des bremsenden Autos weckte mich. Die Sonne hatte sich hinter Wolken verzogen, aber es war immer noch schön warm. Ich stieg aus dem Auto, mein Körper war immer noch nicht wieder im perfekten Zustand und die lange Sitzerei machte es auch nicht besser. Trotzdem musste ich zugeben, dass wir uns an einem wunderschönen Ort befanden, weit weg von der Stadt, um uns nur Grün und das Blau des Wassers. Kein Mensch war zu hören oder zu sehen, nur ein paar Vögel sangen und auf dem Wasser trieben Schwäne. Trotzdem, was war daran jetzt Spaß, bis auf die schöne Landschaft.
„Kommen sie.“
Ich folgte ihm durch das Gras.
„Wenn du mich umbringen willst, hättest wir nicht so weit fahren müssen. Flüsse zum ertränken gibt’s auch in Städten.“, scherzte ich und er grinste über die Schulter.
„Das wird lustig, glauben sie mir.“
Wir gingen eine ganze Weile und ein Rauschen wurde immer lauter. Dann konnte ich den Wasserfall sehen. Er war vielleicht vier, fünf Meter hoch und unter ihm wurde der Fluss für eine Weile breiter, bildete einen kleinen See. Das Wasser war herrlich klar, die Luft roch nach dem Raps, der ganz in der Nähe angebaut wurde.
Benjamin führte mich einen Hügel hinauf, bis wir am oberen Ende des Wasserfalls stehen blieben.
„Als Kinder haben wir Stunden damit verbracht, da runter zu springen.“, stellte Benjamin fest. Ich blickte über die Landschaft. In der Ferne waren vereinzelte Häuser zu erkennen. Es war bestimmt toll gewesen, hier aufzuwachsen.
Erst jetzt begriff ich, dass Benjamin dabei war, sich auszuziehen. Er wollte tatsächlich da runter? Und vermutlich sollte ich es ihm gleich tun. Na Klasse.
„Kommen sie Noah. Machen sie sich locker.“
Locker? Ich? Wer von uns war den der Roboter?
Ich kickte meine Chucks ins Gras, löste die Knöpfe meiner Jeans, pfefferte sie daneben. Ben dagegen stellte seine Schuhe ordentlich neben einen Felsen und knöpfte langsam sein Hemd auf. Darunter kam eine trainierte Brust zum Vorschein, die, genauso wie die Arme, zu meiner Überraschung mit Tätowierungen übersät. Am linken Arm war bis auf die Hand kein Stück Haut mehr zu sehen, über der Brust war der Kopf eines dunklen Wolfes zu erkennen und auf der rechten Seite war innen am Oberarm fünf große Striche zu erkennen, vier davon parallel, einer kreuzte sie diagonal nach oben.
Ich schaute weg, befreite mich von meinem Shirt, bevor Benjamin meine Blicke bemerkte. Man, das hatte ich unter den Spießerklamotten als letztes erwartet. Ich musste zugeben, Männer mit Tattoos fand ich heiß. Sehr sogar.
Benjamin hatte seine Kleidung ordentlich auf dem Stein zusammen gelegt und stand jetzt in Boxern vor mir.
„Sie zuerst.“, sagte er und ich trat an den Rand, etwa einen halben Meter von der Stelle entfernt, an der der Wasserfall in die Tiefe stürzte. Unter mir war das Wasser, verwirbelt und grau vom Aufprall. Ich dachte gar nicht darüber nach, sondern sprang. Es fühlte sich an wie fliegen und war viel zu schnell vorbei. Für Sekunden fühlte ich mich frei. Da gab es keine Uni, keine Familie, keine Sorgen.
Das Wasser war kalt und herrlich erfrischend. Ich tauchte unter und Sekunden später wieder auf.
Neben wir fiel Benjamin von der Klippe. Er schrie vor Freude, tauchte neben mir auf und strich sich die Haare aus der Stirn.
„Man, dafür kann man gar nicht zu alt sein.“ Sein Grinsen war breit, entblößte schneeweiße Zähne. Er schwamm zum Ufer zurück und ich folgte ihm. Das mussten wir sofort wiederholen. Wirklich, im Moment kam ich mir unbeschwert wie ein Kind vor.
Es musste beinahe eine Stunde vergangen sein, als wir zum dutzendsten Mal gesprungen waren und jetzt neben einander im Wasser trieben. Da der Fluss hier so breit war, war die Strömung nicht sehr stark.
„Sehen sie, Noah. Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben.“ Bens Augen wurden wieder streng. Natürlich, darauf hatte ich nur gewartet.
„Ich weiß.“, gab ich kleinlaut zu.
„Sie wissen was dieses Zeug mit ihrer Mutter gemacht hat. Ihr Vater möchte nur nicht, dass das Gleich mit ihnen passiert.“
Ich schluckte. Das war harter Tobak, noch dazu, wo wir halbnackt in einem See schwammen. Nicht das Thema, dass man hier normalerweise führte.
„Aber warum nimmst du diesen Job so ernst. Kann dir doch egal sein, was mit mir ist.“ Inzwischen waren wir nah genug im Ufer, um stehen zu können.
Benjamin hob den Arm und deutete auf das Tattoo mit den Strichen. „Nächsten Monat kommt ein neuer dazu. Das sind die Jahre, die ich jetzt trocken bin.“
Er starrte auf die Wasseroberfläche. „Wünsche nicht mal meinem größten Feind, dass er so was durchmachen muss.“, er stockte, sah mich verunsichert an.
„Außerdem bist du ein netter Kerl. Du kannst wirklich was erreichen im Leben, wenn du nur willst.“
Ich biss mir auf die Unterlippe.
„Ich komm mir ziemlich nutzlos vor.“, gestand ich ein. Er war ehrlich gewesen, also legte ich alle Karten auf den Tisch: „Mein Vater denkt genau so.“
„Dein Vater reißt sich den Arsch auf, um genug Geld zu verdienen, damit sich jemand, ich, um dich kümmern kann. Und um die Kur für deine Mutter zu bezahlen. Weil er euch liebt. Und weil er ein Mann ist, der alles mit Geld lösen möchte. Vielleicht nicht sehr klug, aber das ist seine Art.“
„Hmm.“ Ben hatte recht. So war das schon immer.
„Hör zu, Noah. Ich möchte, dass du Spaß im Leben hast. Viel davon. Aber nicht auf Kosten deiner Gesundheit.“
Er hatte du gesagt.
„Hättest du das vor zwei Monaten gesagt, hätten wir uns viel erspart.“, versuchte ich das ganze ins Lächerliche zu ziehen und ging ans Ufer. Er folgte mir den Hügel hinauf, wir zogen uns schweigend an und gingen zum Auto zurück. Er wollte gerade einsteigen, als ich den Mut fand.
„Danke, Benjamin. Und sorry für das Gezicke in letzter Zeit.“
Er lächelte nur.
„Gerne.“
Wir fuhren zurück. Das Schweigen auf der Rückfahrt war nicht unangenehm, aber irgendwas war anders zwischen uns.
Zwei Stunden später waren wir zurück in der Stadt. Sie kam mir grauer vor, als noch heute Morgen.
Benjamin wohnte auf meinem Sofa.
Wir kochten gemeinsam, wie Mitbewohner. Vielleicht hätte ich gar kein Problem mit ihm, wenn er nicht von meinem Vater bezahlt werden würde.
Die Klingel riss uns aus der gerade entstehenden Harmonie, Fabian stand vor der Tür.
„Hey, Dude. Wollte noch mal reden, wegen vorhin.“
Toll, gerade hatte ich den Trottel vergessen.
„Was gibt’s?“
Ich hatte nicht vor, ihn herein zu lassen.
„Wollte nicht unhöflich sein. Aber ich frühstücke nicht mit Typen, mit denen ich vögel. Ist eine Devise von mir.“
„Ist okay, Fabian. Wars das?“
„Freunde?“
Was bildete der sich eigentlich ein?
„Nein, danke. Belassen wir es dabei.“
Er zuckte mit den Schultern. „Wenn du meinst, Dude.“
Ich kehrte in die Küche zurück und er in seine Wohnung.
Ben saß am Küchentisch und blätterte in der Zeitung vom Morgen. Ein vertrautes Bild. Dabei kannte ich ihn doch seit heute erst richtig.
„Fabian?“, fragte er, ohne aufzusehen. Mit Brille sah er wirklich heiß aus, vor allem jetzt, wo er seine Ärmel hochgekrempelt hatte und seine Tattoos zu sehen waren.
„War die richtige Entscheidung.“, er sah zu mir auf, faltete die Zeitung zusammen und stand auf.
„Triffst irgendwann einen Besseren.“
Er zog die Brille aus und steckte sie in seine Hemdtasche. Dann goss er die Nudeln ab.
„Noch mal danke wegen heute. Hab ich gebraucht.“, murmelte ich und nahm zwei Teller aus dem Schrank.
„Ich dachte, ich komme nie zu dir durch.“, gab er zu, füllte beide mit Nudeln und Soße. Schlichtes Essen, aber immer wieder gut.
„Bin ein Dickkopf.“
Er nickte, lächelte mich an.
Beim Essen unterhielten wir uns über unterschiedlichste Themen. Soweit ich mich erinnern konnte, hatten wir uns noch nie länger als fünf Minuten unterhalten, schon gar nicht über Interessen und Hobbies.
Schließlich spülten wir gemeinsam ab, räumten die Küche auf. Die Sonne war inzwischen untergegangen und langsam kam die Müdigkeit.
„Ich geh dann mal schlafen.“, sagte ich und schloss den Küchenschrank.
„Ja, wird Zeit.“
Benjamin folgte mir in den Flur, bog dann ins Wohnzimmer ab, blieb aber in der Tür stehen. In der Dunkelheit konnte ich nur seine Umrisse sehen, sie machte mich mutig und bevor ich selbst es begriff, presste ich meinen Mund auf seinen. Einen Moment verharrten wir so, dann erwiderte Ben meinen Kuss, sanft und vorsichtig, mehr tastend als wissend, erkundend, nicht erobernd. Wie von Fäden geführt legte ich meine Arme um seinen Nacken, seine Hände strichen über meine Seiten.
Er schmeckte nach Oregano und Tomate, roch noch immer nach dem See. Jede seine Berührungen hatte etwas von dem Gefühl beschützt zu werden in sich. Das war es doch, was er tat. Mich beschützen. Mit ihm konnte ich es aus dem Loch schaffen, in das ich gefallen war.
Wir lösten uns voneinander, unser beider Atem ging schwer.
„Gute Nacht.“, flüsterte ich.
„Schlaf gut.“, murmelte er.
Als ich im Bett lag und an die Decke starrte, stellte ich fest, dass ich keine Angst mehr vor der Zukunft hatte. Benjamin war meine Stärke, mein Fels. Ich musste mich nur an ihn lehnen, wenn das Leben mir Hürden in den Weg legte. So war das in den letzten Monaten immer gewesen, auch wenn ich es nicht bemerkt hatte.
Ich schlief mit einem Lächeln ein.
Die Tür quietschte, als sie geöffnet wurde. Draußen war es noch dunkel.
„Wollte dich nicht wecken.“, flüsterte eine Stimme. Dunkel wie Samt.
Ben schlüpfte unter meine Decke, zog mich an sich. Sein Körper war herrlich warm, seine Hände strichen über meinen Körper, jagten angenehme Schauer über meine Haut. Seine Lippen lagen an meiner Schläfe.
„Das habe ich mir schon lange gewünscht.“, sagte er leise und ich drückte mich näher an ihn.
Alles war möglich.
Tag der Veröffentlichung: 21.07.2015
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