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Tanith war mit ihrer Freundin Maria in der Fußgängerzone, als sie eine Gänsefamilie schnurstracks auf Tanith zukommen sehen. Ein kleines Kind wollte eines der kleinen Küken streicheln, doch die Mutter des Kükens schnappte aggressiv nach dem Kind. Alle Fußgänger hatten großen Respekt vor den Gänsen, vor allem vor deren Schnäbeln. Maria sagte zu Tanith, sie sollten jetzt nach Hause gehen, da Taniths Eltern noch weg wollten. Maria hatte Angst. Das konnte man ihr ansehen, doch Tanith blieb ganz ruhig. Sie wollte noch nicht gehen. Sie wollte die Gänse fragen, warum sie hier waren und was sie wollten. Maria drehte sich um und rief zu Tanith, sie gehe jetzt heim. Endlich reagierte Tanith und sie gingen beide nach Hause.
Nachdem Taniths Eltern zum Konzert gefahren waren, hörte sie ein leises Klacken an der Haustüre. Sie war alleine. Ihre Eltern waren weg und ihr großer Bruder übernachtete bei einem Kumpel. Tanith hatte Angst. Ihr kam ein schrecklicher Gedanke. Was, wenn es ein Einbrecher war? Doch den Gedanken verwarf sie gleich wieder, da sie nicht wusste, wer sich die Mühe machen wollte, hier einzubrechen, obwohl es hier im Haus noch nicht einmal einen Fernseher gab. Also nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und ging zur Haustüre. Sie lauschte, ob sie draußen etwas hörte. Doch sie hörte nichts und beschloss wieder ins Bett zu gehen. Gerade, als sie sich umdrehen wollte, hörte sie eine schwache Stimme, die um Hilfe rief. Sie drehte sich abrupt um und horchte. Abermals vernahm sie eine leise Stimme. Es war nur ein Flüstern, wie vom Wind. Doch Tanith war sich sicher, dass sie es sich nicht einbildete. Sie schloss die Haustüre auf. Es war Vollmond, und doch sah sie nichts als Schwärze. Da, wieder das Flüstern. Sie sah nach unten, auf den Kiesweg, der zum Haus führte. Und dort, ganz alleine und verlassen, saß das kleine, graue Küken aus der Fußgängerzone. Es rief, Tanith solle ihm helfen. Da das kleine Ding so stark zitterte, beschloss Tanith es erst einmal in ihr Zimmer zu bringen und dort in ein paar warme Tücher zu wickeln. Als das Küken auf ihrem Bett saß, fragte sie warum es hergekommen sei. Es antwortete, dass es seine Feder verloren hatte. Ein Küken, dass eine Feder verloren hatte und deshalb fast umkommt? Ist doch verrückt!, dachte Tanith. Das Küken hatte wohl gemerkt, dass Tanith es verwirrt betrachtete und erklärte, dass jede Gans eine goldene Feder besitzt, die der Gans ihren Namen gibt. Sie aber habe noch keinen Namen, weil man ihre Feder gestohlen habe. Tanith dachte an alle Fantasy Bücher, die sie jemals gelesen hatte und kam zum Schluss, dass sie verrückt sei. Doch irgendetwas in ihr sagte, dass es wahr sei und sie dem Kleinen helfen müsse. Deshalb fragte sie, wer die Feder gestohlen hätte und wo sie anfangen solle zu suchen. Die kleine Gans fing an zu leuchten und Tanith schreckte zurück. Ebenso plötzlich wie es gekommen war, war das Leuchten wieder verschwunden. Das Küken sagte, es hätte nun endlich die richtige Partnerin gefunden, um ihre Feder zu suchen. Leider wisse es aber auch nicht, wer die Feder gestohlen hatte, aber wo sie suchen müsse: im Königreich der Gänse. Plötzlich klopfte es an Taniths Fenster und davor saßen zwei große, schneeweiße Gänse. Tanith öffnete intuitiv das Fenster und die Gänse flogen anmutig herein. Sie sagten, sie solle keine Angst haben und aufsitzen. Tanith setzte sich auf die Größere und das Küken auf die Andere. Dann flogen sie los. Das Küken erklärte Tanith alles was sie wissen wollte und die Gänse landeten, nach einer Stunde, auf einer großen Wiese. Das Küken und Tanith stiegen ab. Dort stand ein Schloss. Ein riesiges, schönes und doch bescheidenes Schloss. Das Küken und Tanith gingen durch das Eingangsportal und befanden sich ich einem großen Saal, von dem mehrere Gänge abzweigten. Das Küken wählte den dunkelsten Gang aus und sagte, dass in dem Raum, am Ende des Ganges, seine Feder läge. Außerdem erwähnte es noch, dass es die Feder nur in Anwesenheit eines Menschen spüren und nur seine Partnerin die Feder holen könne. Tanith machte sich auf den Weg zu der kleinen Tür, am Ende des dunklen Ganges. als sie die Türe öffnete, fand sie ein leeres, dunkles und muffiges Zimmer vor. Halt, es war nicht leer. In der Mitte des Raumes stand ein kleines Podest. Auf diesem Podest lag ein samtenes Kissen und auf diesem Kissen lag die schönste Feder, die Tanith je gesehen hatte. Sie wollte gerade die Feder nehmen, als ihr die Warnung des Kükens einfiel. Sie solle die Feder unter gar keinen Umständen mit der bloßen Hand anfassen, sonst würde sie versteinert werden und nie mehr nach Hause kommen. Tanith holte ihr Taschentuch aus der Hosentasche und nahm die goldene Feder vom Podest. Es geschah nichts. Und doch war sie erleichtert, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Denn Tanith hatte in dem kleinen Zimmer das Gefühl gehabt, die ganze Zeit beobachtet zu werden. Am Ende des Ganges saß immer noch das Küken. Tanith gab ihm seine Feder und es fing abermals an zu leuchten. Als dieses Leuchten weg war, war es nicht mehr klein und grau, sondern groß und schneeweiß. Die Gans bedankte sich und sagte zu Tanith, dass sie ab jetzt Eona heiße. Draußen wurde es schon wieder hell und Eona flog Tanith nach Hause.
Kaum hatte sie sich hingelegt, klingelte ihr Wecker. Es war Montag. Tanith stand auf und dachte, was für einen komischen Traum sie doch gehabt hatte. Sie hatte einem Gänseküken seine goldene Feder zurückgebracht und dann auf einer großen Gans wieder nach Hause geflogen war. Als sie jedoch eine große, schöne und schneeweiße Feder auf ihrer Fensterbank liegen sah, erinnerte sie sich an Eona. Es war also kein Traum gewesen und Tanith hatte eine neue Freundin gefunden.

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Texte: geist.des.adlers
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2013

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