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Mit siebzehn oder achtzehn Jahren beendete man die Schule und ging zur Universität, mit etwa zweiundzwanzig fing das Arbeitsleben an, mit vierundzwanzig wurden Eheringe ausgetauscht und mit fünfundzwanzig wurden die Titel ‚Familienvater’ bzw. ‚-mutter’ verliehen. So oder ähnlich sah der Lebenslauf eines Menschen vor nicht so langer Zeit aus.

Blickt man auf die Familienstrukturen von damals, so wird einem klar, dass die jetzige Zeit eine Beleidigung für die damalige ist, wenn es vor allem um die soziale Frage geht.

Die Anzahl derer, die bis zum letzten Tag ihres Lebens zusammenhielten und durch enge und breite Wege liefen, übersteigt die der jetzigen um das Vielfache. Während man früher bewusst mit seinem Wort umging und in der schönen Pflicht war, diesem zu folgen, geht man heute so leichtfertig damit um, als könne man ein Wort auch bei einem Billiganbieter kaufen.
Zwischen „ja“ und „nein“ liegen keine Welten mehr, auch keine Dörfer, sondern nur noch Millimeter. Passt dem Mann eine Kleinigkeit nicht, so verlässt er die Frau, als würde er eine leere Wasserflasche wegwerfen. Kommt die Frau auf die Idee, dass es interessant wäre, eine Zeit alleine zu sein, so heißt es: „Wir passen nicht zusammen. Tschüs.“
Im Café unterhält man sich offen darüber, wie viele Partner sein Leben bisher beinhaltete, als sei es eine Sensation, hohe Zahlen anzubieten.

Und denkt nun der Denker, dass dieses Phänomen am Ende der Jugendzeit aufhört, so muss leider eine Enttäuschung folgen. Diese Mir-Egal-Haltung ist zu einem Begleitpartner geworden. Ehen enden wie die Kerzen, Freundschaften erhalten Verfallsdatum.
Es ist eine Generation des Wechsels. Was gewechselt werden kann, wird gewechselt.

Vielleicht sucht man eine passende Erklärung in der Tatsache, dass der Mensch in der heutigen Zeit kaum für längere Zeit an einem Ort bleibt. Durch Beruf, Studium oder andere Umstände gerät man ständig in die Situation des Wechsels. Man muss sich geographisch trennen. Aber ist das eine Entschuldigung dafür, dass zwischenmenschliche Beziehungen so stark an Bedeutung verlieren mussten? Nein. Denn es waren auch Menschen, die für Monate ihre Familien verließen, um ihren Handel zu betreiben. Es waren auch Menschen, die sich in Kutschen setzten und in die Ferne fuhren, um ihre Familien zu ernähren.

Es geht hier nicht darum, die jetzige Zeit schlecht darzustellen, sie hat auch gute Seiten: aus ihrer Peinlichkeit kann man lernen - für die Zukunft. Vielleicht folgt irgendwann ein Wechsel. Ein Wechsel der Wechselgeneration.

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Tag der Veröffentlichung: 04.04.2009

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