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Das Fräulein Grete Meier

Perdita Klimeck bloggt als "DAS FRÄULEIN GRETE MEIER"

Das Fräulein Grete Meier ist die Frau von nebenan.

Die, die auf ihrem Balkon regelmäßig die Blumen gießt, ein Schwätzchen mit den Nachbarn hält und ansonsten recht unauffällig ist. Verheiratet war das Fräulein Grete nie, aber geliebt hat sie schon. Ihre beste Freundin ist Lieschen Müller. Mit ihr trifft sie sich einmal in der Woche im Café um die Ecke. Dann ist Sahnekuchen angesagt mit einer guten Tasse Kaffee. Kein Cappuccino und kein Latte-Macciato. Das ist neumodischer Kram, sagt sie. Mit Lieschen plaudert sie dann den ganzen Nachmittag. Über dies und das und jenes und welches. Das Fräulein Grete ist nämlich sehr belesen. Jeden Tag liest sie neben diversen anderen Zeitungen auch das Handelsblatt. Und natürlich die BILD. Nein, sie schämt sich dafür nicht. Das muss sein, sagt sie immer, schließlich will ich doch mitreden. Lieschen liest nie die BILD. Viel zu seicht, ohne Niveau. Das Fräulein Grete lächelt dann immer nur still. Sie weiß genau, dass Lieschen auch hin und wieder dieses Blatt online liest. So wie viele Menschen, die das natürlich niemals zugeben würden. Das Fräulein Grete ist eben anders. Sie gibt immer alles zu.

 

Lieschen Mueller

Brigitta Wullenweber bloggt als "LIESCHEN MUELER"

Das Lieschen Mueller ist die Frau, die ihren Namen selbst erfunden hat, gerne einfach wäre und in ihrer eigenen Welt lebt.

Sie mag es nicht besonders, wenn Menschen sie betrachten und sich ein Bild von ihr machen.

Lieschen denkt viel und trifft sich einmal in der Woche mit ihrer besten Freundin Fräulein Grete Meier im Café um die Ecke. Natürlich isst sie dort veganen Salat und trinkt ebenfalls veganen Espresso. Grete versteht das nicht. Sie spachtelt Sahnetorte und ihr ist egal, wie viele Menschenopfer die Kaffeebohne auf ihrem Weg in die verschnörkelte VilleroyundBochtasse gefordert hat. Aber Lieschen diskutiert darüber schon lange nicht mehr mit ihr. Hat ja keinen Sinn.
Lieschen hat selbstverständlich einen Mann. Sie nennt ihn Hermann und ungefähr so heißt er auch. Grete mag ihn nicht. Jedenfalls wechselt sie meist das Thema, wenn die Rede auf ihn kommt. Auch das ist Lieschen nicht wirklich wichtig. Gibt ja genügend andere Themen. 
Lieschen mag die wöchentlichen Weltverbesserungsgespräche mit dem Fräulein Grete. Nicht nur, weil diese Routine sie zwingt, wenigstens dafür mal das Haus zu verlassen. Das Fräulein glaubt, die Liese zu kennen. Wenn sie sich da mal nicht täuscht. Auch Lieschen hat ihre Geheimnisse. Noch.

Freitag, 12. Juli 2013

 

20 Prozent auf alles

Handwerklich geschickt war das Lieschen ja schon immer. Selbst ist die Frau. Eben. Und deshalb kauft das Lieschen auch oft im Baumarkt ein. Genau in dem, der jetzt Insolvenz angemeldet hat. Praktisch, da er nicht weit von Lieschens Wohnung liegt. Und Tiernahrung braucht sie eh nicht. Das Fräulein Grete Meier kann das ja überhaupt nicht verstehen. 20 Prozent, immerzu 20 Prozent, das kann doch nichts sein. Das ist bestimmt Billigware aus China. Von Kinderhänden produziert. Da bricht der Hammer bestimmt schon nach dem ersten Schlag. Hach, die Grete ist aber auch immer misstrauisch. Ne, ne, das Lieschen schwört auf die 20 Prozent. Ist doch praktisch, sagt sie immer. Da muss man nie auf ein Sonderangebot warten. So wie bei Aldi und Lidl, oder Saturn.

Nur, dass jetzt der Aktienkurs so gefallen ist, dass mag das Lieschen gar nicht sehen. Hat sie doch 1000 Stück davon und dafür extra ein Depot eröffnet bei ihrer Bank. Ohne Gebühren natürlich. Und ohne Beratung. Einsteigerbonus 50 Euro. Praktisch.  Jetzt will sie einen offenen Brief an Frau Krassny schreiben. Hat diese doch bei der Hauptversammlung letztens erst noch gesagt: Wir schaffen das. Und:  Alles unterbewertet. Dabei war sie ja nicht. Hat die Grete ihr erzählt, stand nämlich im Handelsblatt.

Nun soll es ja noch einen Rettungsplan geben. Lieschen will auch sogleich ein Teil davon sein. Schließlich stehen ihre Aktien auf dem Spiel. Grete, sagt sie, Grete, ab sofort fahr ich mit dem Bus zu dem teureren Baumarkt. Ist eine Tochtergesellschaft. Ist zwar nicht praktisch und es gibt auch keine 20 Prozent, aber was solls. Ich helfe doch immer gerne.

Das ist wohl wahr, das Lieschen ist eine echte Helfernatur. Praktisch, wenn man das weiß. Und gut für eine Freundschaft, findet das Fräulein Grete Meier. Nur ausnutzen sollte man das nicht. Freundschaft und Loyalität vertragen keine 20 Prozent Rabatt.

Gruß vonner Grete

 

Lieschen malt schwarzweiß

Von sich aus hätte Lieschen sich niemals zu Wort gemeldet. Nun hat sie aber kürzlich Fräulein Grete Meiers Blog entdeckt und muss manches richtigstellen, sagt sie. Mit Macht hetzt sie mich an die Tasten.

"Nie wieder 20% auf alles" hatte die Grete schon im August vorletzten Jahres ins Telefon gelacht und sich über Lieschen amüsiert. Sie wusste das aus dem Wirtschaftsteil der Bildzeitung. Online. Sie solle die Aktien verkaufen. "Schnell!", sagte das Fräulein. Aber Liese war das egal. Hermann war es auch egal. "Gibt ja genug Baumärkte und ist ja nur Geld", hat er gemurmelt und weiter geschraubt. An was genau er geschraubt hat weiß Lieschen heute auch nicht mehr zu sagen, aber es ist ja immer irgendetwas kaputt und ihr Hermann liebt das Reparieren. Kann sein, dass er auch damals schon davon gesprochen hat, dass man den Praktiker eh vergessen könne, Hornbach sowieso die besseren Angebote hätte und er im Moment alles hätte, was er brauche. Hermann lebt sehr im Moment. "Morgen ist ein neuer Tag", sagt er oft. "Mit oder ohne Praktiker" hätte er hinzufügen können. Kann sein, er hat es gesagt.

Nun ist es also soweit. Die Aktien sind wertlos und Baumarkt, Obi und Hornbach um eine Konkurrenz ärmer. Und deshalb reicher. Jedenfalls vielleicht. In der Zukunft. Lieschen und Hermann haben nichts verloren. Die Aktien hat Hermann rechtzeitig verkauft. Jetzt "liegt das Geld auf dem Konto". Er hat also Zahlen gegen Zahlen getauscht. Lustig, findet Lieschen das. Grete nimmt das offensichtlich ernster und vermutet, sie würde Energie in die Rettung eines Unternehmens inmitten eines untergehenden Wirtschaftssystems stecken wollen.

Da kennt sie aber das Lieschen schlecht! Sollen die doch machen, was sie wollen. Schade findet sie das nur für die Angestellten. Obwohl sie auch da wieder denkt, es könnte auch Vorteile für sie haben. Ist doch oft so, dass gerade das, was in der Verkleidung einer Katastrophe daher kommt,  sich nach einiger Zeit nicht selten als echtes Glück entpuppt. Lieschen meint so was nicht zynisch. Lieschen denkt so. Aus Erfahrung und als Resümee ihrer Beobachtungen. Jetzt kommt sie ins Schwafeln. Vom Hölzchen aufs Stöckchen. So ist sie. Sie denkt viel und lange. Das schreibe ich jetzt aber nicht mehr alles mit. Nach längeren Verhandlungen ist sie einverstanden.

Sie wird es der Grete beim Kaffee erzählen, direkt nachdem sie sie gefragt hat, wie sie darauf kommt, dass sie …  Aber das hatten wir ja alles schon.

Während des Diktats hat das Lieschen für die Praktikerangestellten ein leuchtendes Schwarzweißbild gemalt. Es soll sie daran erinnern, dass auf jede Dunkelheit das Licht folgen wird und in beidem beides enthalten ist. Ein bisschen helfen will sie schon. Und vielleicht entdeckt ja der ein oder andere das grundsätzliche Leuchten im Bild. Wer weiß.

Euer Lieschen

Samstag, 13. Juli 2013

 

Von Kaffee und Zahnersatz

Natürlich kauft das Fräulein Grete Meier ihren Kaffee nicht im Discounter, sondern in einem Fachgeschäft - für Kaffee. Frisch gemahlen, versteht sich. Und natürlich nutzt die Grete auch mal hie und da ein Angebot und kauft tolle Bettwäsche oder Schmuck. Im "Fachgeschäft für Kaffee". Man gewöhnt sich ja an alles. Auch daran, dass man mittlerweile in dem "Fachgeschäft für Kaffee", neben all dem Schmuck, der Bettwäsche, den Gartengeräten, den Möbeln, der Brotbackmaschine, den Reiseangeboten usw., in der Tat den Kaffee suchen muss.  Immerhin, sie mahlen ihn noch. Einmal hat die Grete sich einen Spaß erlaubt und die Verkäuferin gefragt: "Entschuldigung, führen sie zufällig auch Kaffee?" Die Dame fand das gar nicht lustig. Grete schon.

Doch was das Fräulein Grete Meier heute lesen musste, hat sie fast sprachlos gemacht. Kaffee und Zahnersatz. Naja, nicht so richtiger Zahnersatz. Eine Karte kann man kaufen, im "Fachgeschäft für Kaffee", mit der man dann einen großzügigen Rabatt bekommt auf die "Dritten" oder die Kronen und Brücken, die man irgendwann so braucht. Nicht, dass das bei Grete schon der Fall ist. Aber was nicht ist, könnte ja noch werden. Und Zahnersatz soll ja wirklich teuer sein. Sagt der Mann von der Versicherung immer. Deswegen hat die Grete ja schon lange Jahre so eine Zusatzversicherung. Aber es ist eben nur, wie der Name schon sagt, eine ZUSATZversicherung. Bleibt immer noch ein Restbetrag, den die Grete im Falle eines Falles selber zahlen muss.

Nun, wie die Grete so ist, hat sie sich erstmal das Kleingedruckte durchgelesen. Aha, aha … der Rabatt gilt nur für das Material und die Laborkosten. Und das Labor ist in Manila. Ob es da auch Kaffee gibt?

Also beim nächsten Kaffeekauf wird sie mal genauer nachfragen. Bestimmt wurde das freundliche Personal schon geschult. Wochenendseminar für Kronen, Brücken und Implantate mit einer einstündigen Powerpointpräsentation als Einführung. Die Beratung beim letzten Bettwäschekauf war jedenfalls einwandfrei.

Nach der ganzen Aufregung hat sich das Fräulein Grete Meier ein Nickerchen gegönnt. Gut war das nicht. Denn immer wenn die Grete sich intensiv mit etwas beschäftigt, träumt sie davon. Fast wäre sie vom Sofa gefallen, bei all den herumschwirrenden falschen Zähnen in den Kaffeeregalen zwischen der Bettwäsche, dem Schmuck usw.

Auch der Nachmittagskaffee schmeckt der Grete nicht mehr so richtig. Statt dem arabischen Aroma hat sie Zahnartzgeruch bei jedem Schluck unter der Nase.

Nachher wird sie mal Lieschen anrufen. Das geht samstags immer, weil Lieschens Mann dann außer Haus ist. Den mag sie nämlich nicht so. Warum das so ist, kann sie selber nicht so genau sagen. Mal sehen, was Lieschen so von den Kronen aus der Kaffeerösterei hält.

Gruß vonner Grete

 

 Von Saftpressen im Dienste der Politik und nichts über Zahnersatz ...

Lieschen spricht nicht gerne über Zahnersatz. Den hat sie und gut ist. Abends raus und morgens wieder rein. Mehr ist das nicht. Die Gaumenplatte hält gut und gekostet hat das alles auch nicht die Welt. Obwohl ihrer noch aus einer Zeit stammt, in der es Versicherungen noch nicht beim Discounter gab und die Gebisse noch nicht selbständig durch die halbe Welt flogen. Und doch ist auch ihr Zahnfake aus fernen Landen. Lieschen weiß nicht genau, woher. Hermann hat es ihr damals besorgt. Auch der Flug war billig, sagt er.

Seitdem liebt Lieschen Püriertes und trinkt gerne Saft. Neulich hat sie sich eine dieser Saftpressen im Internet bestellt. Natürlich eine günstige. Noch ein bisschen billiger als beim Discounter. Natürlich presst dieses Ding nicht allen Saft auf einmal aus dem Obst und dem Gemüse. Aber das macht Lieschen nichts. Sie hat ja Zeit. Stopft sie halt den Rest nochmal in die kleine Öffnung. Aus den Resten macht sie dann Frikadellen. Mit Eiern. Also nicht vegan. Eine Ausnahme. Lieschen liebt Ausnahmen und Hermann ist das egal. Er denkt sich sowieso die Tiere selbst ins Essen, das Lieschen ihm jeden Tag vorsetzt. Er weiß vermutlich nicht mal was vegan ist. Hauptsache es schmeckt, sagt er.
Aber zurück zu der Saftpresse. Nach dem Auspacken hat Lieschen auch kurz mal durch die Anleitung geblättert und entdeckt, dass man das Maschinchen nur 2 Minuten am Stück benutzen darf! Ist nicht wahr, hat sie gedacht und begonnen, sich schlau zu machen. Dank Google weiß sie nun, dass die Maschinen heutzutage im großen Stil auf Verschleiß gebaut werden. Es ist nicht mehr so wie früher. Da wurden noch Qualitätsteile in Gebrauchsgegenständen verbaut. Wenn da mal was kaputt ging, konnten das geschickte Menschen einfach wieder reparieren. Heute ist das nicht mehr so. Wegen dem Wachstum. Damit die Wirtschaft floriert sollen wir Kaputtes wegwerfen und neu kaufen, je mehr desto besser. Wenn wir das gemacht haben, sagt Lieschen, kann sich wieder einer dieser Politiker vor irgendeine Kamera, mit Fahne oder hübschem Baum im Rücken, stellen und irgendwas von "Aufschwung", "Nr. 1 in der Welt" und "Erfolg" erzählen. Mag sein, der glaubt daran, weil ihm jemand eine Statistik gezeigt hat und seine Frau auch immer neue Dinge kauft. Lieschen will da nicht mitmachen. Sie kauft nur, was sie braucht. Sie mag diesen Überfluss nicht und macht sich Sorgen über den Verbleib von all dem Müll. Dem Politiker am Mikrofon ist der wohl egal. Vielleicht hat der ja auch noch nie Fotos von verhungerten aufgeschnittenen Fischen gesehen, deren Mägen voll von Plastik waren. 

Lieschen wird die Saftpresse pfleglich behandeln und Grete nochmal ins Gewissen reden. Nicht dass sie beim nächsten Kaffeekauf wieder mit Fußmatten, Espressomaschinen und Mixern in modernsten Farben nach Hause kommt, obwohl die alten noch gehen. Grete liebt Designwechsel und jede Saison neue Farben. Es soll immer alles schön zusammenpassen und perfekt wirken. So ist die Grete. Im Grunde eine gute Politikergattin. Warum das nicht klappt, weiß Lieschen auch nicht. So einer hätte es doch gut bei ihr und könnte glauben, er sagt die Wahrheit, wenn er gefragt wird oder ihm jemand sagt: "Geh mal raus und beruhige die Meute!"

Euer Lieschen

Sonntag, 14. Juli 2013

 

Fräulein Grete Meier und Bushido

Von "Gestern" ist das Fräulein Grete Meier nicht. Dafür sorgen schon die Azubis in ihrer Firma. Manchmal muss sie zwar nachfragen, wenn die mit Begriffen umsichschmeißen von denen die Grete keine Ahnung hat, aber sie lässt sich das gerne erklären. Und weiß dann Bescheid.

Und natürlich kennt sie auch mittlerweile Bushido und weiß was Gangsta-Rap ist. Für sie hat das ja mit Musik nichts zu tun. Leben und leben lassen, sagt sie immer und lässt Bushido links liegen. Aber heute muss sie sich mal Luft machen. Was der da gemacht hat, geht auch der Grete zu weit. Mit Wörtern schmeißt der Bushido in seinem neuesten Rap um sich, da wird es der Grete ganz schlecht. Noch nicht mal vernünftig gereimt, hat sie auf dem Balkon zu ihrem Nachbarn Herrn Heinevetter rübergerufen. Das hat der Herr Wowereit nicht verdient. Und die Frau Roth will er sogar erschießen! Ja wo leben wir denn!

Der Herr Heinevetter war auch empört. Persönlich angegriffen fühle er sich und er überlege eine Sammelklage einzureichen. Ob denn das Fräulein Grete Meier nicht wüsste, dass sein Neffe schwul sei.

Natürlich weiß die Grete das. Schließlich hilft besagter Neffe ihr oft weiter, wenn der Heimcomputer mal wieder Macken hat. Wie schon erwähnt, die Grete ist nicht von "Gestern". Die merkt sowas. Früher hatte sie ja immer gedacht, die laufen alle in Frauenkleidern rum oder in Lederklamotten. Heute weiß sie, dass dem nicht so ist. Freundlich sind die, immer zuvorkommend und sooo hilfsbereit. Das schätzt die Grete.

Herr Heinevetter konnte sich kaum mehr beruhigen. Das ist ein Terrorakt, da muss man mal eine Razzia machen. Der hat auch bestimmt selbstgebaute Bomben irgendwo versteckt. Wahrscheinlich unter dem Kinderbett. Die Grete kam gar nicht mehr zu Wort und war froh, als ihr Telefon klingelte. Jemand hatte sich verwählt, aber dadurch war sie Herrn Heinevetters Redeschwall entkommen.

Natürlich findet die Grete das alles schlimm und ja, sie regt sich auch über Bushido auf. Im Grunde aber, denkt sie, im Grunde ist das doch nur ein Hosenscheißer, mit einem Aufmerksamkeitsdefizit.

Der schlägt mal auf die Schnelle, ne große Welle

Das ist voll crazy abgefahren und  nicht helle

Schüsse aus dem Bauch, aus Dummsdorf aus dem Hinterhalt

Doch hat er sich verrechnet, die letzten Fans, die lässt das kalt

Sie zeigen ihm, die Grete findets geil

Nur noch den Mittelfinger und ein blankes Hinterteil

Drum merke selbsternannta besta Gangsta: Hassen

Füllt nur das Minuskonto auf und nicht die Kassen

Deshalb sagt das Fräulein Grete Meier – einfach ignorieren. Keine Aufmerksamkeit ist das beste Mittel gegen solche Typen. Und deshalb ist die Grete jetzt still und sagt nichts mehr dazu. Abgehakt und gut is. 

Gruß vonner Grete

 

Lieschen ignoriert

Lieschen schüttelt den Kopf und wischt sich mit dem Unterarm die Tränen aus den Augen. Vor Wut hatte sie die Zwiebeln mit dem neuen Messer so malträtiert, dass ihr der beißende Saft mitten in beide Augen gespritzt ist. Jetzt ärgert sie sich nicht nur über die blöden Kommentare im Radio, sondern auch noch über sich selbst.

Stellungnahmen, Artikelzitate aus der Presse, Meinungen, Interviews …  Was muss sie sich da bereits seit einiger Zeit anhören? Hätte es nicht gereicht, den Tuppes stillschweigend anzuzeigen? Hätte man Youtube nicht, ohne große Öffentlichkeit, zur Sperrung des Videos veranlassen können? Hätte Youtube das Video nicht selbst entdecken und sperren können? Wird doch offensichtlich eh alles durchleuchtet? Für irgendwas muss das doch gut sein!

Lieschen schaltet das Radio aus, wischt nochmal mit der Schürze über den Knopf des altersschwachen Dings, setzt sich und befiehlt laut und deutlich Beruhigung. Nicht nur sich selbst.

Der lacht sich doch ins Fäustchen. So wie Fritzchen, der Kleine von der Evelin, wenn er wieder blaue Briefe, Mahnungen und Beschimpfungen bekam, die seine Mutter in Verzweiflung und jede Menge Telefonate stürzten, ihm einen Batzen Aufmerksamkeit brachten und niemals irgendeine echte Konsequenz nach sich zogen. Evelin jammert schon seit Jahren: Alle, alle habe ich auf meiner Seite und nichts ändert sich! Der Fritz ist schwer erziehbar. Lange halte ich das nicht mehr aus.

Dass sie es ist, die immer weitermacht, übersieht sie. Manchmal denkt Lieschen, sie ist froh darüber in Fritzchen einen Sündenbock und Ablenkung von sich selbst zu haben.

Grete sagt, einfach ignorieren! Recht hat sie. Einfach ignorieren. Lieschen will da mitmachen. Beim Ignorieren. Gesagt, getan. Das Kochen kann warten. Die Schürze kommt über die Stuhllehne und Liese rennt durchs ganze Haus und zieht alle Stecker. Auch die von Hermanns Computern und seinem persönlichen Fernseher. Die Zeitungen schleppt sie in den Ofen. Heute, wenigstens heute, macht sie mit beim Ignorieren. Und Hermann natürlich auch.

Lieschen beginnt ein wenig zu tänzeln als sie sich die Kettenreaktion vorstellt, an deren Ende das völlige mediale Ignorieren dieses Herrn steht.

Von wem die Liese hier gesprochen hat? Das sagt sie natürlich nicht. Ihre heutige Mission ist ja das Auslösen einer bahnbrechenden Kettenreaktion. Und natürlich die Fertigstellung des Mittagessens.

Euer Lieschen

Montag, 15. Juli 2013

 

Das Fräulein Grete Meier unter Mordverdacht

Da war das Fräulein Grete Meier heute aber geschockt. Gift im Kräutertee. Ausgerechnet. Wo doch die Grete ihrem Chef jeden Tag eine Kanne Kräutertee kocht. Mal Fenchel, mal Kamille und ab und an sogar auch Brennesseltee.  Sie musste sich erst mal setzen und tief durchatmen, als ihr heute morgen Susi, die Azubine (ausgerechnet aus der Rechtsabteilung!), den Artikel unter die Nase hielt. Fast hätte die Grete dabei die Kanne fallenlassen. Hab ich doch immer gesagt, du bringst den Chef noch um die Ecke mit deinem Kräutertee. Susi lachte zwar bei dem Satz, Grete blieb es dafür im Hals stecken. Das Lachen. Erst nach einer ganzen Weile fühlte sie sich in der Lage den Artikel zu lesen.

Aha, soso, einige Pflanzen bilden also sekundäre Abwehrstoffe gegen natürliche Fressfeinde. Die nennt man Pyrrolizidinalkaloide. Und die sollen sich unter die schönen Kräuter gemischt haben. Krebserregend. Grete schluckte schwer an dem Wort. Sah ihr Chef nicht schon reichlich blass aus in den letzten Wochen?

Grete wurde es heiß und kalt. Nicht auszudenken, wenn sie schuld daran war. Das Fräulein Grete Meier eine Giftmörderin. In fetten Lettern starrte sie schon die Überschrift unter ihrem Konterfei auf der ersten Seite der BILD an. Speiübel wurde der Grete bei dem Gedanken. In hohen Dosen gefährlich. Schwangere, Stillende und Kinder sollten Kräutertee möglichst wenig trinken.Das beruhigte die Grete dann doch. Schwanger war ihr Chef nicht, er stillte nicht und ein Kind … naja, manchmal vielleicht. Sie schmunzelte bei dem Gedanken an den winzigen Basketballkorb in seinem Büro, den er immer mit kleinen Papierkügelchen traktierte. Stolz wie Bolle, wenn er mal traf.

"Was is nu?", wurde sie von Susi unterbrochen. "Bringste nun dem Chef den Tee, oder soll ich das machen?" Grete war sofort wieder bei der Sache. Schnell scheuchte sie Susi aus der Gemeinschaftsküche. Der Tee wanderte in den Ausguss und nach ein paar Minuten waberte köstlicher Kaffeegeruch über den Flur. Besser is, dachte Grete und schob resolut die Tür zum Chefzimmer auf.

Lieschen, dachte sie später noch, Lieschen muss das auch wissen. Die trinkt doch auch immer irgendwelche Kräutertees. 

Gruß vonner Grete

 

Lieschen hat soooo einen Hals!

Und wieder eine Warnung! Iss das nicht, trink das nicht, meide das und tu das! Jeder Depp hält sich im Namen der Wissenschaft für einen Experten und die Übelsten unter ihnen suchen und finden die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse als Hiobsbotschaften unter die Leute zu bringen. Und jetzt machen sie der lieben Grete auch noch solchen Kummer!

Wie sehr wünschte die Liese nun, das Ignorieren nicht beendet zu haben. "Kräutertees sind krebserzeugend!!!" in Riesenlettern. Den Umstand mit den hohen Dosen, die 3! Menschengruppen meiden sollten, liest dann schon keiner mehr. In der Folge brechen die Umsätze der Kräuterteebranche ein, ein komplettes Kräuteranbauverbot wird in Brüssel bereits diskutiert, die Herren der Kaffeebranche reiben sich die Fingerchen, weil ihr Plan prima aufgegangen ist und Lieschen hat "sooooo einen Hals".

Was kommt als nächstes, falls doch noch geringe Dosen von Kräutertees verkauft werden und der Ersatz-Kaffee-Umsatz nicht genügend in die Höhe schnellt? Was verbreiten sie dann? Riesenfotos vom ersten Kräuterteekrebstoten in allen Zeitungen? Experteninterviews in den Tagesthemen und allen vergleichbaren Sendungen? Jubelschreie der Herren und Damen der Pharmaindustrie, die einen Impfstoff aus dem Ärmel zaubern, den sie zufällig in großen Mengen vorrätig haben? Hochwichtig schauende Politiker, die auf dringende Empfehlung der Pharmariesen in einsdreißig ebenso dringend flächendeckende Impfungen empfehlen?

"Was folgt dann?" fragt Lieschen ihren Hermann sehr, sehr laut und bestimmt, vergessend, dass er weder weiß worum es geht, noch irgendetwas damit zu tun hat. Sein erstaunter und wie immer klarer offener Blick bringt sie wieder auf den Boden, erinnert sie an die Notwendigkeit einer ruhigen Atmung für ein friedliches Leben und stoppt die Fokussierung auf diesen Gedankenhurrikan, dem sie vermutlich auch noch mal nachweisen, krebserregend zu sein.

Dass wieder viel zu viele Menschen die Notwendigkeit einer Impfung glauben und genau das für ihre geliebte Sicherheit ihren Körpern antun werden, denkt unser Lieschen dann viel langsamer und sehr still. Schließlich will sie keinen Herzinfarkt verursachen, den dann, der den Tod feststellende Arzt fälschlicherweise als Todesursache in den Schein eintragen würde.

"Todesursache ist IMMER die Geburt! Nix anderes!" erklärt sie zum hundertsten Mal ihrem geduldigen, immer noch nicht über das Thema informierten Hermann und brüht sich einen Baldriantee. Sicher ist sicher.

Euer Lieschen

Dienstag, 16. Juli 2013

 

Was für ein Tag

Heute war viel los bei Fräulein Grete Meier im Büro und überhaupt. In der Frühstückspause (Ja, die gibt es noch in Gretes Firma!) wurden ihr die Themen des Tages nur so um die Ohren geklatscht. Fast schon wörtlich genommen, denn der Chef hatte Fliegenklatschen gekauft, nur so zur Vorsicht. Mückenplage kommt, sagt er. Susi stand an der Tür und hielt jedem, der die Gemeinschaftsküche betrat, Bilder von ausgemergelten Pferden unter die Nase. Ob er wollte oder nicht. Die Grete wollte nicht. Sie kann so etwas nicht gut sehen, da leidet sie immer schrecklich mit. Berta Kalt debattierte heftig mit dem Chef über die Pensionen, die so viel schneller steigen als die Renten. Simon, seines Zeichens Azubi in der kleinen, aber feinen Werbeabteilung, patschte mal wieder hochkonzentriert mit seinen Fingern auf dem Display seines Smartphones herum. Na, hoffentlich passt der auf, was er da so schreibt und wo er seine Likes hinterlässt, kam es von der Heidi Seelig. Dabei tippte sie mit ihren rotlackierten Kunstnägeln der Grete auf den Arm. Heutzutage ist das ja geradezu gefährlich.  Das Fräulein Grete Meier passt nie auf. Ich habe nichts zu verbergen, tönt sie immer, sollen die nur ruhig kommen. Die Grete sieht das alles nicht so eng. Spionage gab es schon immer, heute eben mit anderen und besseren Mitteln. Sogar besser als die von James Bond.

Naja, Grete war jedenfalls froh, als sie am späten Nachmittag allein auf ihrem Balkon saß. Endlich Ruhe um sie herum. Nur in ihrem Kopf nicht. Die Pferde ließen sie nicht los, aber in erster Linie dachte sie darüber nach, wie es wohl einem jungen Teenager gehen mag, der erfährt, dass seine Eltern nicht seine leiblichen Eltern sind. Und er vielmehr seine Existenz einem unbekannten Samenspender und einer Eizellenspenderin, auch unbekannt, aus Tschechien zu verdanken hat.

Grete hätte auch gerne ein Kind gehabt. Früher, mit Rolf, ihrer großen Liebe. Aber so, auf diesem Weg? Bei aller Sehnsucht, so einen kleinen Wurm im Arm halten zu können, sein eigen Fleisch und Blut (welch Ironie!) zu drücken und zu knuddeln, es aufwachsen zu sehen … Nein, das hätte die Grete niemals getan. Grete ist nicht streng gläubig. Das ist Gottes Wille. Sowas käme nie über ihre Lippen. Schicksal, ja, das ist etwas was in Gretes Glaubenswelt schon eher  passt. Viel kann man ja heute schon wirklich medizinisch tun, wenn es denn nicht so klappt mit dem Kinderwunsch. Aber das geht der Grete zu weit. Moralisch für sie nicht zu verantworten. Manches im Leben kann man nicht ändern, man sollte es annehmen, so wie es ist. Ob Lieschen auch gerne Kinder gehabt hätte? Komisch, irgendwie haben sie nie richtig darüber gesprochen. Grete nahm sich vor, das Lieschen morgen beim Kaffeeklatsch mal darauf anzusprechen.

Herr Heinevetter riss sie aus ihren Gedanken. "Haben sie schon gesehen, unten im Hausflur, die künstliche Palme ist weg." Das war der Grete gar nicht aufgefallen. "Wir haben sie entsorgt, damit die Frau Heber ihren Kinderwagen ordentlich abstellen kann. Ist doch eine Zumutung das schwere Ding immer in den dritten Stock zu tragen."

Was für ein schöner Tagesabschluss, dachte die Grete. Es geht doch nichts über eine funktionierende Hausgemeinschaft, in der man nicht immer nur an sich selber denkt, sondern auch mal an andere. 

Gruß vonner Grete

 

 Immer Frühstückspause oder - Natürlich ist das Beste

 Menschenskinder hat die Grete heute viel erlebt. Lieschen mag es, diese Berichte in der Ruhe ihrer vier Wände zu lesen. Wenn ihr die Informationen über den Kopf wachsen und Knoten im Gehirn verursachen, kann sie sich ganz in Ruhe zurücklehnen und alles erst einmal sortieren. So ist ihr das recht. Sie hat ja praktisch den ganzen Tag Frühstückspause. Nur Gottseidank ohne Azubis, Chefs und enge Küchen.

Obwohl sie ja manchmal, selten wohl, aber manchmal so wie Pippi Langstrumpf denkt. Eines Tages wollte die unbedingt mit ihren Freunden Annika und Thomas in die Schule gehen. Und das nicht (!) weil sie, die immer frei hatte, in die Schule wollte, sondern weil sie auch mal Ferien haben wollte. Immer wenn dieser Gedanke kommt amüsiert sich das Lieschen sehr und lässt ihn vorüber ziehen. 

Sie mag ihr Leben so wie es ist. Sie ist froh, dass sie niemals Kinder bekommen hat. Schicksal würde die Grete wohl sagen. Prima Schicksal sagt die Liese! Jetzt ist sie ja auch schon alt. Zu alt, um daran noch was zu ändern. Gottseidank! Manchmal rechnet sie ihr Alter aus. Immer dann, wenn ihr im Fernsehen Menschen ab 40 für alt verkauft werden. Dann rechnet sie und denkt. Uih! Der sieht aber älter aus als ich. In den meisten Fällen bestätigt ihr das der Hermann gerne. 

Hermann hätte vielleicht gerne Kinder gehabt. Aber Lieschen wollte nicht und ohne sie ging das ja nicht. Obwohl es vielleicht doch irgendwie ohne sie gegangen wäre. Ob Leihmütter auch für solche Fälle herangezogen werden? Lieschen weiß das nicht, und eigentlich ist ihr das egal. Sie ist froh so. Nur manchmal denkt sie, wenn sie alte Schulfreundinnen mit ihren schnieken, nun schon sehr erwachsenen Söhnen sieht: och, wenn sie mal aus dem Gröbsten raus sind, kann man sich auch schön mit ihnen schmücken. Aber eigentlich ist die Liese nicht für Schmuck. Natürlich, sagt sie immer. Natürlich ist das Beste.

Für morgen hat die Liese bereits ihr Mittwochskleid zurecht gelegt und dem Hermann vorgekocht. Vielleicht geht sie nämlich ausnahmsweise mal vor dem Kaffetrinken mit dem Fräulein Grete noch ein bisschen durch die Stadt. Sie könnte ein paar neue Schuhe gebrauchen. Ihre sind schon ordentlich abgelaufen. Vielleicht schaut sie mal nach Neuen. Vielleicht. Dafür vorbereitet wäre jedenfalls alles.

Euer Lieschen

Donnerstag, 18. Juli 2013

 

Erdbeereis ganz ohne Sahne

Hach, was war das doch gestern ein schöner Nachmittag mit dem Lieschen. Das Fräulein Grete Meier zehrt heute noch davon. Blauer Himmel mit zarten Federstrichen und Sonne satt. Und was sie für ein Glück hatten mit dem Tisch in ihrem Lieblingscafe. Schön im Schatten. Naja, Glück eher, weil der Besitzer immer einen Platz reserviert. Die Grete will ja ehrlich bleiben.

Sie musste diesmal ein wenig auf Lieschen warten. Die kam reichlich abgehetzt an. War noch shoppen. Und das bei der Hitze.  Ne, das ist nichts für die Grete. Kreislauf und so. Die Wechseljahre verschlimmern das noch. Ständig Hitzewallungen und das bei den Temperaturen! Sahnetorte wollte die Grete nicht. Erdbeereis mit Sahne, so als Ersatz, hörte sich da schon viel besser an.

"Sag mal, wolltest du nicht abnehmen?" Dass es das Lieschen aber auch immer so genau nehmen musste. Das Fräulein Grete hatte schon hundert Ausreden auf der Zunge. Mochte bei anderen funktionieren, aber nicht beim Lieschen. Also nickte das Fräulein Grete Meier nur. So ganz klein, mit Hut.

Dann eben ohne Sahne! Was solls. Schmeckt bestimmt auch. Schmeckt nicht, zumindest nur halb so gut. Aber Lieschen hat ja recht. Immer macht sie die diversen Diäten nur halbherzig. Zwei Tage ankündigen, zwei Tage durchhalten. Und zwei Tage Ausreden erfinden, warum, wieso, weshalb die Grete auch diesmal wieder die Diät unterbrechen muss. Lieschen hat das schon zigmal mitgemacht. Die hat immer gut reden, ist dünn wie eine Bohnenstange. Vernünftig ernähren musst du dich, sagt sie immer zu Grete. Dann brauchste keine Diät.

Vernünftig ernähren! Bei den Gedanken an Lieschens Saftpresse und die komischen "Frikadellen" die sie aus den Überresten zaubert, schüttelte sich die Grete. Gesagt hat sie natürlich nichts. Dafür mag sie das Lieschen viel zu sehr. Auch wenn sie manchmal mit dem ganzen Gesundheitskram nicht viel anfangen kann. Zumindest ein ungesundes Laster teilt sich das Fräulein Grete mit dem Lieschen. Da sind sie sich einig. Es gibt eben doch nichts Schöneres als ab und an, zwischen all der Plauderei, eine Zigarette zu rauchen. Noch geht das ja. Was im Herbst und Winter werden wird, wenn man im Cafe nicht mehr draußen sitzen kann, daran mag das Fräulein Grete gar nicht denken. Das Lieschen auch nicht. Bis dahin werden noch einige Erdbeereisbecher MIT Sahne im Magen von der Grete landen. Ganz bestimmt sogar!

 Gruß vonner Grete

 

 Keine Schuhe, keine Sahne und viel Rauch

 "Blauer Himmel mit zarten Federstrichen" … . So könnte das Lieschen niemals formulieren. Sie würde nicht einmal bemerken, dass da am Himmel etwas ist, das Frau so beschreiben könnte. Aber das Fräulein Grete Meier ist eine Poetin. Dauernd fällt ihr so etwas ein.  Lieschen bewundert das. Sie selbst ist ja viel pragmatischer. Sie sagt und fragt alles immer sehr direkt. Das erschreckt die Grete manchmal.

Dass sie gestern zum Kaffeetrinken zu spät kam, tut ihr leid. Gottseidank hatte Grete den Platz im Schatten organisiert. Das tat gut. Neue Schuhe hatte sie nicht. Dabei hatte sie sich durch 10! Geschäfte gequält und versucht, das Angebot genau unter die Lupe zu nehmen. Aber offensichtlich ist Bequemlichkeit beim Gehen heute kein Kriterium mehr für Schuhhersteller. Oder war sie nur in den falschen Geschäften oder hatte sie im grauenhaften Überangebot all dieser hochhackigen Treterchen übersehen, was sie suchte? Nämlich Schuhe, in denen sie gehen kann. Lieschen ist nicht gut im Einkaufen. Sie mag das nicht. Schon gar nicht bei solcher Hitze. "Aber vorgenommen ist vorgenommen", hat sie am Morgen gedacht und ist losgezogen. Da ist sie ja konsequent.

Anders als die liebe Grete mit ihren ständigen Diäten, die sie eigentlich nicht nötig hätte und sowieso nie durchzieht. Da ist die Grete komisch. Ehrlich will sie sein, sagt sie immer, aber dann belügt sie sich selbst. Lieschen amüsiert das. Nicht nur, weil sie eben gelesen hat, was die Grete über ihren Gesundernährungstick schreibt. Auch wenn die Liebe das noch niemals gesagt hat. Lieschen weiß das eh. Die Art wie Grete den Blick senkt und nichts sagt, wenn Lieschen sich gesundes Zeugs samt Wasser bestellt und übers Essen spricht, erzählt im Grunde Bände. Lieschen macht sich manchmal einen Spaß daraus, diesen wortlosen Gesenktblick zu erzeugen. Ganz sicher klappt das, wenn sie zum tausendsten Mal ihre Bedenken gegenüber Colalight, das die Grete so gerne trinkt, äußert. Am liebsten sagt sie "Guck dich doch mal um unter den Colalighttrinkerinnen und ruf mich, wenn du nur EINE wirklich schlanke darunter findest. Dieses Zuckerersatzzeug ist doch Gift und macht auch noch dick!" Und zack. Das Fräulein Grete senkt den Blick, schweigt und wechselt das Thema. Lieschen provoziert manchmal gerne, liebt Rituale und sie mag die Grete natürlich auch schweigend, Sahne essend, Diäten ankündigend, ab- oder unterbrechend – und überhaupt. So eine lange Freundschaft verträgt leicht alle Unterschiedlichkeiten, Marotten und Gewohnheiten.

Natürlich hat sie es wieder genossen, mit der Grete zu quatschen. So von Frau zu Frau. In vollständiger Freiheit. Nicht nur das Rauchen betreffend. Für den kommenden Winter wird sie wohl SEHR dicke wärmende Mäntel besorgen müssen. Dem kompletten Rauchverbot in Gaststätten sei Dank. Falls das ebenso schwer wird wie der Schuhkauf, fängt sie wohl am besten gleich morgen damit an.

Ob Alkohol trinkende Menschen demnächst auch VOR den Kneipen und Cafés stehen müssen oder ist DAS den Politikern doch zu nah am eigenen Leben? Darüber könnte sich die Liese jetzt noch stundenlang auslassen. Aber sie hat ja zu tun. Die Mäntel müssen besorgt werden und morgen ist ja auch noch ein Tag.

Euer Lieschen

Freitag, 19. Juli 2013

 

Das Fräulein Grete Meier sieht Rot

Einkaufen geht das Fräulein Grete Meier gar nicht gern. Stundenlang nur Gedränge, Geruchsbelästigung und viel zu enge Umkleidekabinen. Das ist purer Stress für die Grete. Also kauft sie, so oft es eben geht, im Internet ein. Einzige Ausnahme – der Drogeriemarkt. Den mag das Fräulein Grete Meier. Da geht sie gerne hin, immer einmal im Monat. Und da nimmt sie sich Zeit. Da riecht es gut, die Verkäuferinnen sind alle nett, die Regale sind aufgeräumt und stehen nicht eng beieinander. Und alles ist übersichtlich sortiert. Und … es gibt dort Nagellack. Wenn die Grete einen Tick hat, dann sind das ihre Fingernägel. Künstliche Nägel, davon hält sie nichts. Hat sie mal in jungen Jahren ausprobiert, war ihr aber viel zu lästig. Ständig diese Termine im Nagelstudio. Ein Graus für die Grete. Und auch viel zu teuer und obendrein schädlich für die Nägel. Das musste das Fräulein Grete Meier schmerzlich feststellen, als sie die Dinger nicht mehr wollte. Wochenlang hatte es gedauert bis die Nägel wieder in einem vorzeigbaren Zustand waren. Tragen sie mal Handschuhe im Sommer!

Na, jedenfalls heute war es wieder soweit. Flugs ist das Fräulein Grete Meier heute Nachmittag in ihren Lieblingsdrogeriemarkt geeilt. Die Grete liebt ihre Badewanne und so war es kein Wunder, dass als erstes neue Badeschaumdüfte im Einkaufskorb landeten. Waschpulver, extra für weiße Wäsche, Shampoo, Duschgel und was man alles sonst noch braucht, wanderte hinterher. Und dann kam er endlich. Der Gang mit den Kosmetikregalen … und somit auch Nagellack. Rot stand diesmal auf der Einkaufsliste. Knalliges Rot. Für die Fußnägel. Doch Rot ist nicht gleich Rot. Das war der Grete ganz schnell klar. Hin und her ist sie gelaufen. Hat Fläschchen mit Fläschchen verglichen und auch die Preise. Denn da ist die Grete eigen. Nachdem sie irgendwann festgestellt hatte, dass Teuer nicht gleichbedeutend mit Gut ist, kauft sie nur die günstigen Marken. Nach einer gefühlten Stunde hat sie sich dann endlich entschieden. Drei verschiedene Rottöne lagen im Korb und ein grüner Nagellack. Der hat es ihr zusätzlich angetan. Und das für keine zehn Euro. Also alle zusammen.

Endlich wieder zuhause, entschloss sich das Fräulein Grete Meier, sich mal einige der Beautyvideos auf Youtube anzusehen, von denen die Susi immer so schwärmt. Natürlich nur welche, in denen es um roten Nagellack geht. Vielleicht kann man da ja noch was lernen. Was war die Grete da aber enttäuscht. So viele Videos und zum größten Teil sah sie rotlackierte Kunstkrallen. Und wenn mal eine Hand mit natürlichen Nägeln gezeigt wurde, dann war entweder der Nagel angeknabbert oder die schöne rote Lackfarbe glänzte auf dem Nagelbett, oder daneben. Und sowas schimpft sich dann Beauty. Nix für die Grete. Die manikürt immer sorgfältig. Mindestens zweimal in der Woche. Trotzdem werden die Fläschchen nie alle.

Irgendwann musste anbauen - nur wegen deiner Lacke, sagt das Lieschen manchmal. Die lackiert sich übrigens ihre Nägel nie. Muss das Lieschen auch nie Rot sehen. Hat auch was.

Gruß vonner Grete

 

Lieschen "cycled up"

Manchmal sieht sich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Perdita Klimeck / Brigitta Wullenweber
Bildmaterialien: Klimeck / Wullenweber - Das Porträtfoto stellt eine unbekannte Person dar und wurde mit freundlicher Genehmigung von www.oldskoolman.de zur Verfügung gestellt
Lektorat: Perdita Klimeck
Tag der Veröffentlichung: 09.09.2013
ISBN: 978-3-7309-4845-3

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wir sagen DANKE, all jenen, die uns fast täglich lesend und mit Kommentaren begleitetet haben und uns hoffentlich auch weiter die Treue halten. Und natürlich auch allen neuen Lesern und Leserinnen.

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